Reisebericht

ReisezielReisezielReisezielReiseziel: : : : Istanbul /SariyerIstanbul /SariyerIstanbul /SariyerIstanbul /Sariyer ReisedauerReisedauerReisedauerReisedauer: 02. bis 04. Februar 2012: 02. bis 04. Februar 2012: 02. bis 04. Februar 2012: 02. bis 04. Februar 2012

TeilnehmerTeilnehmerTeilnehmerTeilnehmer: Eckhard Reis und 2 Mitglieder des ITV Grenzenlos: Eckhard Reis und 2 Mitglieder des ITV Grenzenlos: Eckhard Reis und 2 Mitglieder des ITV Grenzenlos: Eckhard Reis und 2 Mitglieder des ITV Grenzenlos

Außerdem anwesendAußerdem anwesendAußerdem anwesendAußerdem anwesend: Lale Halimoglu und Berrin Olcay: Lale Halimoglu und Berrin Olcay: Lale Halimoglu und Berrin Olcay: Lale Halimoglu und Berrin Olcay

Öffentlicher Tierschutz und private Initiativen zum Schutz der Straßenhunde in Sariyer/Istanbul

Am 2. Februar 2012 sind wir mit einer kleinen Gruppe nach Istanbul gereist, um die Hunde Koruma, Bonus und Snoopy abzuholen, die durch den ITV Grenzenlos in Deutschland vermittelt werden. Wir haben den Besuch natürlich auch genutzt, um neue Kontakte zu knüpfen und unsere Hilfe anzubieten. Istanbul im Schnee Aber zunächst gab es Probleme: Wegen des widrigen Wetters in Istanbul verzögerte sich der Abflug in Hannover bis in den Abend. Um 3 Uhr nachts hatten wir dann endlich unser Hotel erreicht. Ein Abendessen, zu dem uns unsere Freundin Lale Halimoglu zu sich nach Haus eingeladen hatte, fiel deshalb leider aus. Lale hat uns dann während des gesamten Aufenthaltes begleitet. Besuch im Vet.Amt Erste Station des „offiziellen“ Programms war am Morgen des 3. Februar das Veterinäramt von Sariyer. Sariyer ist eine Stadt im Stadtverbund Istanbuls mit immerhin 400 000 Einwohnern. Sariyer liegt im europäischen Teil der Stadt am Ende des Bosporus und grenzt schon an das Schwarze Meer an. Die ausgedehnten Wälder Sariyers führen zu besonderen Problemen beim Tierschutz, wie wir später erfahren sollten.

Beim Vet.Amt wurden wir von Herrn Dr.Aylan Akbulut, dem Chef der Behörde begrüßt. Er bzw. seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für das

städtische Tierheim von Sariyer zuständig. Das Vet.Amt betreut und kontrolliert das Tierheim, führt aber nicht die Behandlungen durch. Dr. Aylan Akbulut (rechts) mit Reisegruppe Meinungsaustausch mit der Stadtverwaltung Von der Veterinärbehörde ging es zur Stadtverwaltung Sariyers. Mit Mehmet Metinli, Assistent des Bürgermeisters, und Prof. Dr. Ayse Gul Bolukbasi, Universtätsdozentin und wissenschaftliche Beraterin der Stadtverwaltung von Sariyer, kam es zu einem angeregten Meinungsaustausch über die Situation der Streunerhunde in Istanbul und die Maßnahmen der Stadt Sariyer. Wir erläuterten dazu zunächst die Philosophie und das Konzept des ITV Grenzenlos in der Auslandstierhilfe. Unsere Gastgeber überraschten uns dann mit sehr interessanten und vor allem erfreulichen Informationen:

- im Tierheim von Sariyer werden keine Tiere getötet, nur weil sie Streuner sind,

- die Stadt verfolgt das Konzept des „neuter and return“, d.h. die eingefangenen Streunerhunde werden kastriert, medizinisch versorgt und überwiegend an ihre alten Plätze zurückgebracht,

- zwischen 2007 und 2011 sind im Tierheim Sariyer 4 702 Hunde und 202 Katzen kastriert worden. 4 863 Hunde und 226 Katzen wurden gegen Tollwut geimpft. 1054 Hunde und 132 Katzen wurden tiermedizinisch behandelt. Aber nur 336 Hunde konnten vermittelt werden.

Das Tierheim von Sariyer Nach der Theorie folgte die Praxis. Wir fuhren ins Tierheim der Stadt.

Der Weg dorthin war aufgrund des vom Schnee aufgeweichten Bodens ziemlich abenteuerlich. Aber die Fahrt lohnt schon wegen der landschaftlichen Eindrücke: Das Tierheim liegt fast am Schwarzen Meer, von einem Strand blickt man auf die Einfahrt des Bosporus in Richtung Istanbul. Das Heim besteht aus einem Gebäude mit Büro, OP- Raum mit medizinischem Nebenraum und Wirtschafts- und Aufenthaltsräumen. Getrennt davon steht eine große Halle, die wie eine Lagerhalle aussieht. Sie beherbergt in

zahlreichen Zwingern den Großteil der Hunde des Tierheims. In zwei Außenanlagen mit Zwingern und Hundehütten leben weitere Hunde. Die Hütten sind überwiegend neu. In den Außenzwingern leben auch die „Problem-Hunde“: Pittbulls und Staffs, die nicht mehr vermittelt werden dürfen. Auch

Dobermänner und Rottweiler sind darunter. Überhaupt war auffallend, wie viele große Hunde im Tierheim Sariyer untergebracht sind, davon viele und schöne Kangals Ein unvermittelbarer Staffordshire- Terrier an der Kette

Insgesamt wirkt die Anlage recht sauber und aufgeräumt. Die Mitarbeiter waren während unseres Besuches allerdings kaum aktiv. Die Zwinger sind nicht sehr groß. Viele Hunde liefen aber frei herum.

° Wie in Beykoz: Hunde aus anderen Teilen Istanbuls werden in

Sariyer „entsorgt“ Der Leitende Tierarzt des Heims ist Vet.Cihan Yasar. Er erläuterte uns die drängendsten Probleme: Weil Sariyer – ebenso wie Beykoz auf der asiatischen Seite – am Rand Istanbuls liegt, (noch) vergleichsweise dünn besiedelt ist und über ausgedehnte Wälder verfügt, werden hier immer wieder in Frei laufende Hunde. Vet.Cihan Yasar und

Helferin Sibel Bileke

großer Zahl Hunde aus anderen Teilen Istanbuls „abgeladen“. Auch sie werden im Tierheim aufgenommen, behandelt und kastriert. Wir haben dem Assistenten des Bürgermeisters gesagt, dass dafür eigentlich ein finanzieller Ausgleich der anderen Stadtbezirke geleistet werden müsste. Die Stadt Istanbul müsste für diesen Ausgleich sorgen. Die Stadt Sariyer sieht das auch so – die anderen Stadtbezirke wohl nicht.

° Quarantänestation und „Offenes Tierheim“ Als nächste Investition plant das Tierheim eine neue Quarantänestation. Die fehlt derzeit noch, weshalb alle Tiere, vor allem Welpen, die eigentlich in Quarantäne müssten, mit in der großen Halle untergebracht sind, was zu Gefahren für sie selbst führt, z.B. weil die Halle für frisch operierte Hund nicht geeignet ist. Auch die Tiere in der Halle können durch Krankheiten angesteckt werden.

Insgesamt befinden sich aktuell ca. 150 Tiere im Heim von Sariyer. Täglich werden ca. 5-10 neue Hunde aufgenommen. Da aber die meisten Hunde nach der Kastration wieder freigelassen werden, wirkt das Heim nicht überfüllt. Wenn man weiß, wo sie hergekommen sind, werden die Hunde im Sinne des „neuter und return“ an ihre alten Plätze zurückgebracht. Für die anderen Tiere soll angrenzend an das Heim ein offener Bereich in Natur belassenem Umland eingerichtet werden. Der Plan erinnert an das „Offene Tierheim“ von Robert Smith im Rumänien oder das Waldtierheim in Istanbul.

° Mehr Werbung tut not Dem Tierheim Sariyer fehlen vor allem freiwillige Helfer. Auch deshalb werden bei Vermittlungen selten Vor- oder Nachkontrollen durchgeführt. Manchmal werden vermittelte Tiere dann nach kurzer Zeit und in schlechtem Zustand wieder ausgesetzt. Insgesamt sei das Verhältnis der Bevölkerung zu den Streunerhunden in den letzten Jahren jedoch wesentlich besser geworden, sagt Lale. Sie führt das auch auf den Einsatz der Tierschützer in den Schulen zurück. Wenig passiert in Sariyer in Sachen Werbung, weder zur Vermittlung von Hunden noch zum Gewinnen Freiwilliger. Artikel in regionalen Zeitungen etwa, die Hunde vorstellen oder zur freiwilligen Mitarbeit aufrufen, sind unbekannt. Immerhin hat die Diskussion mit uns an diesem Freitag dazu geführt, dass dieses Thema ernsthaft angegangen werden soll. Weil die Stadtverwaltung fürchtet, gegen sie werde der Vorwurf erhoben, ihre Arbeit nicht zu tun, wenn sie selbst für freiwillige Helfer wirbt, haben wir vorgeschlagen, dass der Reporter, der uns bei dem Besuch begleitet hat, z.B. die Mitarbeit freiwilliger Helfer wie Sibel Bileke, die ebenfalls anwesend war, in einem Artikel vorstellt und zeigt, welche Aufgaben freiwillige Helfer im Tierheim übernehmen könnten. Hundevorstellungen in Zeitungen sind bekannt, aber nicht gewünscht, weil viele Vermittlungen in der Vergangenheit fehlschlugen (schlechte Hundehaltung, keine Vor- und Nachkontrollen wegen Personalmangel).

° Wünsche des Teams vom Tierheim Zum Abschluss des Aufenthaltes im Tierheim Sariyer haben wir den Tierheim-leiter danach gefragt, was am dringendsten benötigt wird. Er hat uns eine Liste

mitgegeben, auf der vor allem medizinisches Gerät steht. Der Rundgang durch den OP hatte uns bereits gezeigt, dass hier Mangel besteht: Der OP-Tisch wirkt ziemlich heruntergekommen und instabil, und operiert wird unter einfachem Neonlicht. Eine Infrarotlampe zur Erzeugung von Wärme gibt es auch nicht.

Wir haben versprochen zu helfen, soweit es die finanziellen Möglichkeiten des ITV Grenzenlos zulassen.

Auf Einladung der Stadt Sariyer haben wir den Besuch mit einem gemeinsamen Essen beendet.

Besuch bei Berrin

Am 2. Tag unseres Besuches haben wir das private Tierschutzprojekt von Berrin Olcay

Eckhard Reis und Berrin Olcay

kennen gelernt. Berrin ist eine gute Freundin von Lale. Sie investiert einen

großen Teil ihrer Zeit und sehr viel Geld in die Rettung und Versorgung von Straßenhun-den und auch Katzen. Berrin hat ein Stück Land in Beykoz gepachtet, auf dem sie mit 2 Mitarbeitern mit einfachen Mitteln, aber sehr engagiert und effektiv ihre Tiere betreut und versorgt. Berrin vermittelt ihre Hunde ins Ausland, nachdem sie medizinisch versorgt, auf Tollwut getestet und kastriert worden sind. Die größte Zahl kommt nach Deutschland, andere in die Niederlande. Zusätzlich zu dem Areal hat Berrin das Untergeschoss eines ehemaligen Tierartikelgeschäfts für ihre Zwecke umgebaut. Etwa 8 Einzelzwinger für kranke Tiere gibt es dort. Auch die Hunde, die vor der Ausreise stehen, sind hier witterungsunabhängig untergebracht.

Für uns war es beeindruckend, zu sehen, mit welchem Engagement und welcher Zuneigung Berrin und ihr Mitarbeiter Bilal dieses Projekt betreiben.

Bilal mit Hündin Kav (wird vom ITV Grenzenlos vermittelt)

Zum Abschluss unserer Istanbulreise haben wir gemeinsam mit Lale und Berrin den großen Bazar in der Altstadt besucht. Ein faszinierender Ort!

Wohlbehalten wieder in Hannover Um Mitternacht startete unser Rückflug nach Hannover – mit an Bord Koruma, Bonus und Snoopy, die jetzt über den ITV Grenzenlos eine neue Heimat finden. (www.itvgrenzenlos.de „unsere Hunde“)