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DAS MAGAZIN FÜR MANAGEMENT & KOMMUNIKATION DER FHWIEN DER WKW 01|APRIL 2015 Wie Kulinarik zur Touristenattraktion wird. Keine Panik ohne Titanic Absolvent Michael Ziegelwagner ist Satiriker fernab seines Schiffs Große Renovierung in der kleinen Firma Wenn sich ein Bauunternehmen vom Beton verabschiedet »Die Schnitten-Erzeugung ist nichts Ernstes« Der 85-jährige Carl Manner im Interview über Konstanz, Wandel und Werte Reisen, um zu speisen

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DAS MAGAZIN FÜR MANAGEMENT & KOMMUNIKATION DER FHWIEN DER WKW 01|APRIL 2015

Wie Kulinarik zur Touristenattraktion wird.

Keine Panik ohne TitanicAbsolvent Michael Ziegelwagner ist Satiriker fernab seines Schiffs

Große Renovierung in der kleinen FirmaWenn sich ein Bauunternehmen vom Beton verabschiedet

»Die Schnitten-Erzeugung ist nichts Ernstes« Der 85-jährige Carl Manner im Interview über Konstanz, Wandel und Werte

Reisen, um zu speisen

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Wenn ein Unternehmen abhebt, heißt es: Den Über-blick bewahren!

Auch wenn sich eine Spezialität nicht konservieren lässt – die Erinne-rung daran, sie vor Ort verkostet zu haben, geht nicht so schnell verloren.

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REISEN, UM ZU SPEISEN

bäuerlichen ErzeugerInnen auch Hotels, Gasthöfe, Handwerks- und Handelsbetriebe sowie Ausflugsziele wie Museen. Die lo-kalen Tourismusbüros sind eben-falls Partner. Unter der gemeinsa-men Marke werden Programme, Besichtigungen und Spezialitäten aus regionalen Zutaten angebo-ten; Gäste bekommen Einblick in das Leben und die Geschichte der »Wälder« – und natürlich in die Käseproduktion auf den Alpen und in den Talsennereien.

Most und Moorochsen. Heute gibt es Dutzende ähnliche Initiativen in Österreich, die regionale Schman-kerl in die Auslage stellen und

Ob Strandurlaub, Wanderreise oder Städtetrip: Gutes Essen schätzen alle Reisenden – für manche steht es sogar im Mittelpunkt. Dennoch war das Feld Kulinarik in der Tourismusforschung lange Zeit nicht im Fokus. Jetzt erlebt es einen Boom. VON FLORIAN STREB

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mittlerweile kommen sogar Reisende in den Bregenzerwald, um den Bergkäse vor Ort zu genießen und seine Produktion kennenzulernen.

Den Grundstein dafür legten einige Bergbauernhöfe, Senne-reien und Wirtshäuser, die 1998 mit einem Projekt einen guten Riecher bewiesen: Sie riefen die KäseStrasse Bregenzerwald ins Leben, deren Ziel es ist, die regionale Wertschöpfung und die Kleinstrukturen zu erhalten und zu fördern sowie den Bregenzer-wald als Käseregion zu profilieren. Heute zählt der »Verein KäseStras-se« über 200 Mitglieder – neben

Eassand Käs und nüd das tüür Brod!«, sollen die Bregenzerwälder im

19. Jahrhundert gesagt haben: Esst Käse und nicht das teu-re Brot! Der Bergkäse von den Alpen und aus den Dorfsenne-reien war über Jahrhunderte ein Grundnahrungsmittel – im Lauf der Zeit wurde er zum beliebten Exportgut und zur Spezialität. So verbreitete sich sein Ruf und Duft durch halb Europa. Und

»KULINARIK IST BEI ÖSTERREICH-URLAUBEN IMMER EIN THEMA.« HERMANN PASCHINGER

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im Herbst eine Konferenz auf dem Terminkalender: Die FHWien der WKW veranstaltet gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft e.V. (DGT) und der IMC Fachhochschule Krems vom 21. bis 23. Oktober in Wien die internationale »Culinary and Wine Tourism Conference«. Ziele der Konferenz sind der Erfahrungsaustausch zwischen Theorie und Praxis und den Nut-zen der Forschung aufzuzeigen. »Wissenschaft und Gastronomie, das ist ein spannendes Verhält-nis«, meint dazu Klaus Fritz, »da muss man erst Brücken bauen.«

Parallel zu den Entwicklungen in der Forschung ist Wagner und Fritz aber auch nicht verborgen geblieben, dass es in der Praxis immer mehr Marketingaktivitäten rund um regionale, hochwertige Produkte gibt. »Es gibt viele kuli-narische Highlights in Österreich, die entscheidende Frage ist: Wie kann ich mich positionieren?«, sagt Daniela Wagner. »Wichtig für den Tourismus sind gut zugängli-che Produkte – sie müssen für die Gäste leicht erwerb- und konsu-mierbar sein.« Man dürfe außer-dem nicht nur an Urlaubsgäste denken, sondern müsse auch Angebote für den Tages- und Aus-flugstourismus schaffen. Der ent-scheidende Faktor für den Erfolg eines kulinarischen Tourismus-Angebots sei aber, »dass jemand mit viel Engagement, dicker Haut und Leadership-Kompetenzen alle relevanten Gruppen an einen Tisch bringt.« Das nötige Rüst-zeug dafür könne man sich zum Beispiel im Master-Studium Lea-dership im Tourismus holen, fügt Wagner schmunzelnd hinzu.

damit überregionale Beachtung finden, etwa die Südsteirische Weinstraße, die »Via Culinaria« in Salzburg oder das steirische Vul-kanland. Die Initiative »Genuss Region Österreich«, die seit rund zehn Jahren ErzeugerInnen, Han-del und Gastronomie vernetzt, umfasst mittlerweile 113 Marken vom Alpbachtaler Heumilchkäse bis zum Zickentaler Moorochsen. Zur touristischen Vermarktung tragen auch Kulinarikfeste bei: So haben sich beispielsweise entlang der Moststraße in Niederöster-reich in den letzten zehn Jahren die Übernachtungen verdoppelt, was die Verantwortlichen von Mostviertel Tourismus nicht zu-letzt auf die Mostfeste im Frühling und im Herbst zurückführen.

Kulinarische Events sind auch für Hermann Paschinger ein wichtiges Erfolgskriterium. Er ist Obmann der Plattform für kulinarische Entdeckungsreisen durch Österreichs Regionen www.genussreisen-oesterreich.at, die Pauschalangebote mit kuli-narischem Schwerpunkt anbietet. »Der Grundgedanke ist, über die Kulinarik die Nächtigungen zu steigern«, erklärt er. »Kulinarik ist bei Österreich-Urlauben immer ein Thema. Wir erkennen da-bei einen Trend, dass die Gäste neben Qualität auch Regionalität suchen, spezielle Produkte und Zubereitungsarten.« Neben den Spezialitäten selbst sei aber auch wichtig, darüber Geschichten zu erzählen – das ist nicht nur Aufga-be der Tourismusbüros, sondern auch der einzelnen Betriebe: »Der Gastronom ist ein Kenner der gu-ten Produkte seiner Region, er hat eine hohe Multiplikatorfunktion.

»IN DER TOURISTIKFORSCHUNG HAT MAN SPÄT ERKANNT, WELCHES POTENZIAL IM ESSEN STECKT.« KLAUS FRITZ

Es gibt Wirte und Hoteliers, die gemeinsam mit Gästen zu Liefe-ranten fahren und die Qualität der Produkte unter Beweis stellen.«

Wissenschaftliches Neuland. Wenn Delikatessen ein primärer Reise-zweck sind, sprechen Fachleute von Culinary Tourism. »Das Forschungsfeld Kulinarik im Tourismus geht aber darüber hin-aus – es beschäftigt sich auch mit Reisenden, die Kulinarik nicht in den Mittelpunkt stellen«, erklä-ren Daniela Wagner und Klaus Fritz vom Institut für Tourismus-Management der FHWien der WKW, die sich mit diesem Thema wissenschaftlich beschäftigen. »Die Kombination Tourismus/Kulinarik ist ein relativ junges Forschungsfeld«, sagt Wagner. »Andere Disziplinen haben sich schon lange mit dem Thema Es-sen und Trinken beschäftigt, aber gerade in der Touristikforschung hat man spät erkannt, welches Potenzial im Faktor Essen steckt, wenn man es als Erlebnis insze-niert.« Erst seit der Jahrtausend-wende wachse das Bewusstsein dafür, jetzt sei es jedoch umso intensiver.

Für das Institut ist Kulinarik ein Forschungsschwerpunkt, zuletzt wurde etwa eine Typologie der Gäste in Wiener Gastronomiebe-trieben erstellt. Demnächst sind Arbeiten zur Regionalentwicklung und zum kulinarischen Angebot in Wien geplant. Außerdem steht

Daniela Wagner ist Bereichsleite-rin Touristisches Berufsfeld an der FHWien der WKW.

Klaus Fritz ist Bereichsleiter Tourismus-Forschung an der FHWien der WKW.

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Hermann Paschinger ist Obmann der Plattform Genuss Reisen Österreich.

Ulrike Rauch- Keschmann ist Unternehmens-sprecherin der Österreich Wer-bung.

Wein bringt Wachstum. Laut Öster-reich Werbung geben 3 % aller SommerurlauberInnen »Wein und Kulinarik« als gewählte Urlaubsart an. Dieser Anteil sei in den letzten Jahren relativ konstant geblieben, sagt Ulrike Rauch-Keschmann, Unternehmenssprecherin der Österreich Werbung. Wie viele der übrigen 97 % das kulinarische Angebot in ihrer Reiseplanung be-rücksichtigen, hängt stark von der konkreten Fragestellung ab. »Sieht man sich die Urlaubsaktivitäten an, ist es so, dass laut unserer Ur-lauberbefragung T-MONA bereits mehr als ein Drittel unserer Gäste den Genuss typischer Speisen und Getränke aus der Region zu den Urlaubsaktivitäten zählt«, berich-tet Rauch-Keschmann.

Nur wenige bezeichnen

sich selbst als Kulinarikgäste – die Hälfte davon kommt aus dem

Inland.

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Reise-SchmankerlUnsere InterviewpartnerInnen verraten ihre persönlichen kulinarischen Lieblingsdestinationen.

Skandinavien und seine Küche beeindrucken Leo Bauernberger, wenn er seine Heimat Oberösterreich (»Das sucht seinesgleichen!«) verlässt: »Ich liebe Fisch, ob Salzwasser oder Süßwasser.« Die seit einigen Jahren international umjubelte Nordic Cuisine gefällt ihm auch aus einem zweiten Grund: »Die starke Rückbesinnung auf regionale Gegebenheiten – Ausgangspunkt ist ein ehrliches, solides Produkt, das mit wenig Transportwegen auf den Teller kommt.«

Ins Burgenland fährt Josef Bitzinger für »eine breite Palette« an kulinarischen Genüssen: »Neusiedl liegt quasi vor der Haustür. Dort gibt es zum Beispiel das Landgasthaus am Nyikospark mit bodenständiger Küche und tollen regionalen Weinen oder die Mole West mit dem schönsten Sonnenuntergang Ostösterreichs.«

Griechenland und seine Küche empfiehlt Klaus Fritz für den nächsten Urlaub: »Ich mag die leichte und unkomplizierte Küche, mit viel Gemüse und Olivenöl.« So zieht es ihn immer wieder nach Kreta und auf andere Inseln, um traditionelle Tavernen zu besuchen und alle Spezialitäten zu probieren.

Die Südsteiermark verführt mit ihren Spezialitäten Daniela Wagner und Hermann Paschinger. »Für mich ist sie ein Potpourri aus kulinarischen Erinnerungen«, sagt Wagner. Kernöl steht bei ihr immer in der Kühlschranktür, aber auch vom Backhendlsalat und steirischen Wein schwärmt sie – »besonders vom Welschriesling.« Die Weine und regionale Besonderheiten sind es auch, die Hermann Paschinger immer wieder in den Süden locken.

Das Salzkammergut ist aktueller Favorit von Ulrike Rauch-Keschmann: »Eine Region, die für mich vor allem mit Fischgenuss verbunden ist.« Vor allem die Reinanke hat es ihr angetan – »ein richtiges kulinarisches Juwel. Die Wasserqualität der Seen ist hervorragend, das schmeckt man auch am Teller.«

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Viel Potenzial sieht Rauch- Keschmann auch im Thema Wein: »Auch wenn die Weinreise in Österreich noch ein Nischen-produkt ist, so stehen die Zeichen in diesem Bereich doch ganz ein-deutig auf Wachstum. Zum Wein zu reisen und damit auch ein ganz bestimmtes Lebensgefühl zu genießen, entspricht genau dem Zeitgeist unserer Gäste.« Statistisch unterscheiden sich Wein- und KulinarikurlauberIn-nen übrigens kaum von anderen Gästen: Weder beim Alter noch beim Beruf oder Bildungsgrad gibt es markante Unterschiede. Nur eines fällt auf: Mit Speis und Trank kann man Herrn und Frau Österreicher gut zu einem Urlaub im eigenen Land bewegen (siehe Grafik Seite 5).

Stadt mit Küche. Zu den beliebtes-ten Aktivitäten von Österreich-Reisenden gehört übrigens ein Besuch im Kaffeehaus. Ganz besonders trifft das auf Wien zu. »Es ist ein internationaler Trend, dass Urlauber ein großes Inter-esse an den Restaurants und der regionalen Küche ihrer Destinati-on zeigen«, stimmt Josef Bitzinger, Spartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschafts-kammer Wien, in den Tenor ein. »Deshalb sind die Wiener Kaf-feehäuser und der Wiener Wein schon seit Jahren fixer Bestandteil der Wien-Werbung.«

Wien stehe vor der Herausfor-derung, bei Spezialitäten aus der Landwirtschaft mit anderen Regionen nur begrenzt mithalten zu können. »Wir haben eben kein Pinzgauer Rind oder Tullnerfelder Schwein«, sagt Bitzinger. Die Mar-ke »Wiener Gemüse« sei schwerer zu transportieren als Fleischspe-zialitäten. Dafür kann er auf eine andere Stärke bauen: »Die Wiener Küche ist die einzige Küche, die

der man sich individuell etwas zusammenstellen kann.« Man sehe auch an den Gästezahlen der eingebundenen Betriebe, dass dieses Angebot gut angenommen wird. »Es gibt auch einen schönen Nebeneffekt, den wir ursprüng-lich gar nicht beabsichtigt haben«, berichtet Leo Bauernberger: »Die Restaurants und Gasthöfe haben eine zusätzliche Plattform für Spitzenproduzenten gefunden und neue Produkte kennengelernt – die Vernetzung entwickelt eine Eigendynamik. Das hilft mit, den Agrarstandort abzusichern.« ■

»ZUM WEIN ZU REISEN, ENTSPRICHT GENAU DEM ZEITGEIST UNSERER GÄSTE.« ULRIKE RAUCH-KESCHMANN

nach einer Stadt benannt ist. Das alleine ist schon ein Programm.«

Dynamisches Netzwerk. Das Pinzgau-er Rind steht auf der Speisekarte, wenn man den »Genussweg für Fleischtiger« in Salzburg bereist. Dort hat man ein Konzept für kulinarische Reisen geschaffen, wie Leo Bauernberger, Geschäfts-führer von SalzburgerLand Tourismus, schildert: »Wir haben analysiert, in welchen Bereichen wir stärker in die Angebotsent-wicklung investieren wollen, und sind schnell daraufgekommen, dass die guten Produkte der Land-wirtschaft eine echte Stärke sind.« Im Land Salzburg gebe es jeweils ca. 10.000 touristische und land-wirtschaftliche Betriebe, mit der höchsten Dichte an Biobauern in

Europa – »über 50 % der Bauern produzieren zertifiziert vollbio-logisch«. Dazu komme eine be-achtliche Zahl an Haubenlokalen. »Wir haben überlegt: Wie können wir diese Facetten in einer Marke präsentieren?«, berichtet Bauern-berger.

Das Ergebnis heißt Via Culinaria und umfasst sieben Genusswege zu bestimmten Themen – zum Beispiel für Schnaps- und Bier-verkoster, für Fischfans oder für Naschkatzen. Heuer wird ein neu-er Weg rund um Kräuter und Heil-pflanzen dazukommen. »Mit den Genusswegen heben wir nicht nur die Spitzenlokale hervor, sondern auch die ausgezeichnete Qualität der Almhütten und der Produ-zenten regionaler Spezialitäten«, sagt Bauernberger. »Das Kon-zept kommt gut an, weil es den Gästen eine Reiseidee liefert, aus

WELTREISE NACH MAILANDVom 1. Mai bis 31. Oktober findet in Mailand die Weltausstellung EXPO statt, die unter dem Motto »Feeding the Planet, Energy for Life« steht. Dementsprechend stellen viele Nationen in ihren Pavillons auch die nationale Küche vor. So kann man bei einer Reise zur EXPO etwa Spezialitäten von Afghanistan bis Zambia entdecken. Gleichzeitig sollen die Gäste aber auch zum Nachdenken über ihren Konsum angeregt werden – zum Beispiel im Pavillon der Schweiz: Dort stehen mit Lebensmitteln gefüllte Türme. Die Besucherinnen und Besucher können beliebig viele Produkte mitnehmen oder konsumieren – aber die Türme werden nicht nachgefüllt. Die Ressourcen sind nicht unendlich, und wenn nichts mehr da ist, ist nichts mehr da.www.expo2015.org

Josef Bitzinger ist Spartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschafts-kammer Wien.

Leo Bauernberger führt die Geschäfte des Salzburger-Land Tourismus.

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geradeheraus

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MICHAEL HERITSCHGESCHÄFTSFÜHRER DER FHWIEN DER WKW

Seit über zehn Jahren baut er die FHWien der WKW zur führenden

Fachhochschule für Management und Kommunikation auf. Davor war er in

der Industrie im Bereich Technik und Controlling tätig.

LIEBE LESERINNEN UND LESER,die Reisesaison rückt wieder näher. Rechtzeitig bevor sie richtig losgeht, beschäftigen wir uns mit einem Aspekt der Tourismusbranche, der immer mehr Beachtung findet: der Kulinarik.

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass regionale Spezialitäten in den vergangenen Jahren immer intensiver und prominenter präsentiert werden, oft in Verbindung mit Reise- oder Ausflugtipps. Dieser Entwicklung gehen wir in unserer Coverstory nach. Aber nicht nur dort, sondern auch in der wissenschaftlichen Arbeit unseres Instituts für Tourismus-Management, das sich mit dem Feld Kulinarik im Tourismus intensiv beschäftigt.

Dabei hat die FHWien der WKW in Österreich durchaus eine Führungsrolle eingenommen. So veranstaltet das Institut für Tourismus-Management im Oktober in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft e.V. und der IMC Fachhochschule Krems in Wien eine internationale Konferenz zum Thema „Culinary and Wine Tourism“.

Ziel der Konferenz ist der Erfahrungsaustausch zwischen WissenschafterInnen, dem akademischen Nachwuchs und interessierten PraktikerInnen. Ganz wie in unserer Lehre, wo die Verknüpfung von Theorie und Praxis schon immer im Mittelpunkt steht. Dass die AbsolventInnen unserer Studien für Tourismus-Management und Leadership im Tourismus international gefragt sind, bestätigt unseren Ansatz.

Ausgewählte Erfolgsgeschichten der Alumni unseres Hauses werden Sie natürlich auch in dieser Ausgabe von »studio!« wiederfinden. Sollten wir damit Ihre Motivation wecken, auf deren Wegen zu wandeln, zögern Sie nicht: Bis Mitte Mai können Sie sich um einen Studienplatz an der FHWien der WKW bewerben.

Michael Heritsch Geschäftsführer der FHWien der WKW

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Vergessen Sie den Heuhaufen.Konzentrieren Sie sich auf die Nadel.

Ohne Umweg zum passenden Job.Jobsuche im STANDARD. Die erste gemeinsame Entschei dung mit Ihrem zukünftigen Arbeitgeber. DER STANDARD verbindet. Rund um die Uhr auf derStandard.at/Karriere und jeden Samstag im STANDARD.

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alumni&co

WAS MACHT EIGENTLICH …

... EIN LERNARCHITEKT?

In Trainings bekommen Mitarbeiter Kompetenzen

vermittelt, um in Unternehmen neue Aufgaben bewältigen zu können. Sinnvollerweise ist diesem Prozess ein Lernarchitekt vorgelagert. Konkret sieht das so aus: Wenn wir eine Anfrage erhal-ten, dann analysiere ich die kon-kreten Herausforderungen des Unternehmens und entwickle in der Folge individuelle Lösungen. Dabei achte ich vor allem auch darauf, wie das vermittelte Wissen im Unternehmen umgesetzt werden kann, damit es nach dem Training nicht gleich wieder ver-gessen wird. Das geschieht zum Teil in einem Co-Creation-Prozess gemeinsam mit meinen Kolle-gen, zudem halte ich bei Bedarf Rücksprache mit Trainern des jeweiligen Fachbereichs. Parallel dazu stimme ich mich laufend mit dem Kunden ab, bevor ich ihm am Ende dieses Prozesses die fertige ›Lernarchitektur‹ präsen-tiere. Fachliche Voraussetzung für diese Tätigkeit ist in erster Linie

... EIN HR EXPERT?

In größeren Unternehmen versteht man darunter eher

einen Spezialisten, der für einen be-stimmten Teilbereich im Personal-management zuständig ist. Bei uns mit rund 120 Mitarbeitern handelt es sich um eine Generalistenfunk-tion. Vormittags bin ich tendenziell eher mit zahlenlastigen Aufga-ben beschäftigt, am Nach mittag kommen dann mehr Anfragen von Mitarbeitern herein. Die möchten dann etwa Informationen zum

neuen Bonussystem, haben Probleme mit ihrem Vorgesetzten oder haben – personal-rechtliche – Fragen zu einer Schwangerschaft. Auch im Jahresablauf gibt es unterschiedli-che Schwerpunkte: So sind im ersten Quartal beispielsweise die Bonusausschüttungen

zu berechnen. Im zweiten Quartal erstellen wir die Personalkosten-planung für das kommende Jahr – wie viele Mitarbeiter benötigen wir, wie viel werden die kosten usw. Ende des Jahres geht es an den Jahresabschluss mit der Be-rechnung von Rückstellungen für Abfertigungen und Ähnliches. Und zwischendurch werden individuelle Gehaltserhöhungen verhandelt, wird das Bonussystem neu struk-turiert oder werden neue Arbeits-zeitmodelle für bestimmte Bereiche im Unternehmen entwickelt. Bei so viel Abwechslung kann mein Motto nur lauten: Habe immer einen Plan, aber sei auch stets bereit, ihn über Bord zu werfen.« ■

Claudia RetzlHR Expert bei EconGas GmbH

»

» fundiertes Wissen über Trainings- und Interventionsmethoden, das ist quasi unser Einmaleins. Außerdem muss man sich in ein Unternehmen, seine Kultur und seine Herausforderungen hinein-denken können. Und man muss gerne mit Menschen zusam-menarbeiten. Das ist das Privileg dieses Jobs: Jeden Tag habe ich mit anderen interessanten Leuten zu tun und gewinne Einblicke in andere Unternehmen.« ■

Bernhard CapekLernarchitekt, Trainer und Projekt­manager bei der GfP Gesellschaft für Personalentwicklung GmbH

... jemand, der Personal & Organisation studiert hat? Wir stellen Berufe vor, die Absolventinnen und Absolventen der FHWien der WKW ergriffen haben. VON GERHARD MESZAROS

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... EIN HR COORDINATOR?

Am Anfang hab ich mich auch gefragt, was ein HR

Coordinator eigentlich macht. Diese Funktionsbezeichnung ist im englischen Sprachraum gän-giger als bei uns. Nichtsdestotrotz passt diese Bezeichnung sehr gut auf meine Arbeit. Es handelt sich um eine Generalistenposition, an der vieles zusammenläuft. Gemeinsam mit meinem Chef bin ich für das Personalmanagement in Österreich, den CEE-Ländern und neuerdings auch in China zuständig. Da wir ein internati-onal agierendes Unternehmen sind, ist unsere Firmensprache Englisch. Konkret kümmere ich mich zum Beispiel um das Recrui-ting, gestalte und veröffentliche Stellenausschreibungen, treffe Vorselektionen, führe und beglei-te Bewerbungsgespräche, bereite Dienstverträge vor und kümmere mich um das Onboarding, also um die ›Integration‹ der neuen Mitarbeiter. Außerdem plane ich Weiterbildungsmaßnahmen, de-ren Notwendigkeit unter anderem in den Mitarbeitergesprächen festgestellt wird, auch die Orga-nisation von Ausflügen und sons-tigen Aktionen für das Teambuil-ding zählen zu meinen Aufgaben. Ein großes Projekt momentan ist die Integration der Daten unserer chinesischen Mitarbeiter in un-sere SAP-Datenbank. Da geht es zum Beispiel darum, die Hierar-chien und Strukturen im System korrekt abzubilden. Außerdem kommen laufend Anfragen un-serer CEE-Standorte herein, die unsere Unterstützung in Perso-nalangelegenheiten wünschen. Beispielsweise wenn sie neue Mitarbeiter benötigen oder mit

»

arbeitsrechtlichen Fragen kon-frontiert sind. Ich bin auch immer wieder beruflich unterwegs und besuche unsere Niederlassungen, zum Beispiel für Bewerbungsge-spräche oder für Einschulungen. Da wir nicht nur in Hauptstäd-ten, sondern auch in peripheren Gebieten präsent sind, kann das zum Teil herausfordernd sein. Der internationale Charakter meines

Jobs ist sehr spannend und benö-tigt auch eine gewisse Sensibilität für interkulturelle Unterschiede. Die Formulierung ›as soon as possible‹ wird zum Beispiel sehr unterschiedlich verstanden und kann manchmal zu Missverständ-nissen führen.« ■

Jasmin GrünstäudlHR Coordinator bei KWS Services East GmbH

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empfehlenswert

Fred Luks warnt vor den Gefahren des Ökologie-Po-pulismus, der zu einfache

Lösungen für unsere komplexe Welt off eriert. Vergessen werde hierbei allzu oft auf Aushand-lungsprozesse (z. B. zwischen Freiheit und Nachhaltigkeit), ExpertInnenwissen und Min-derheitenschutz – so etwa in der Gemeinwohlökonomie. Post-wachstum setze zu stark auf die individuelle Verantwortung und vergesse auf die benötigten ord-nungspolitischen Rahmenbedin-gungen inklusive Systeminnova-tion. Luks weist darauf hin, dass der derzeitige sozioökonomische Kontext nicht Richtung Nach-haltigkeit gepolt ist. Die Tiefe und der Umfang der ökologisch wie auch ökonomisch erforder-lichen Reduktion werden eine große Transformation erfordern, wofür eine gute Kenntnis des zu verändernden Umfelds nötig ist. Mentale »Infrastrukturen« müs-sen geändert werden, kulturelle und soziale Innovationen sind erforderlich. Essenziell erscheint auch Humor, der Abstand ge-winnen lässt und so Refl exion ermöglicht: Er hilft dabei, mit Unsicherheiten, Ambiguitäten, Widersprüchen und Paradoxien besser umzugehen. ■

Müsste man das Th e-ma der vorliegenden Publikation in einem

Wort zusammenfassen, dann wäre dies wohl der Umgang mit » Ambivalenz«. Peter Winkler analysiert dazu eingangs die aktuelle mediale und sozia-le Wandlungsrhetorik in der Online-PR und stellt überhöh-te Erwartungen, Unschärfen und Vermischungen durchaus gekonnt heraus. Im Anschluss entwickelt er in drei Abschnitten alternative Überlegungen zu den jeweiligen Ambivalenzen einer PR im medialen, kulturel-len sowie strukturellen Wandel. Medial wird auf dem Weg von der massen- zur computermedialen PR für ein inhaltlich und tech-

ÖKO-POPULISMUSREZENSIERT VON NIKOLAI HARING

EINE PR DER NÄCHSTEN GESELLSCHAFTREZENSIERT VON MANFRED J. SCHIEBER

rezensionen

Fred Luks, Metropolis, 2014

Peter Winkler, Springer Gabler Verlag, 2015

nisch gleichwertig informiertes Medienverständnis plädiert. Kulturell lässt sich eine Entwick-lung von einer konsistenz- zu einer fl exibilitätsorientierten PR ableiten, die sich auch in einer zunehmenden Ausrichtung auf Wechselseitigkeit im Kont-rollanspruch ausdrückt. Der strukturelle Wandel manifestiert sich schließlich im Übergang von einer öff entlichkeits- zu einer netzwerkorientierten PR. »Eine PR der nächsten Gesell-schaft« versteht sich weniger als Lehrbuch im Sinne des Beleh-rens, sondern vordergründig als Analysewerkzeug zum besseren Verstehen und Hinterfragen bzw. als Impulsgeber für alter-native Ansätze. ■

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empfehlenswerttermine

Essen und Trinken sind mehr als nur ein mensch-liches Grundbedürfnis. Sie

sind wesentlicher Bestandteil wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Strukturen. Beim Essen kommen die Leute zusammen – das gilt insbesondere auch für die Gastronomie. Eine dynami-sche, sich ständig in Veränderung befindliche Branche, wo die Beschäftigung mit Essen und Trinken nicht nur Küchen- und Serviceleistungen umfasst: Nach-haltigkeit, Ernährungsverhalten, Trends, Ambiente, Inszenierung und Erlebnis, Authentizität, Produkt-Know-how, Culinary Tourism und Gästemanagement sind nur einige der Themen, welche die Gastronomie be-schäftigen. Klaus-Peter Fritz und Daniela Wagner gehen in ihrem Buch der grundsätzlichen Frage nach, welchen Stellenwert Forschung in der Gastronomie hat und wo die Herausforderungen für Theorie und Praxis liegen. Ver-schiedene Autoren beleuchten in ihren Beiträgen unterschiedliche Perspektiven und präsentieren aktuelle Forschungsergebnisse zum Spannungsfeld Tourismus und Gastronomie. ■

FORSCHUNGSFELD GASTRONOMIEREZENSIERT VON BIRGIT REITBAUER

Klaus Fritz, Daniela Wagner, Springer Gabler, 2015

SPANNENDE FINANZKENNZAHLENWie man die Kommunikation von Finanzkennzahlen spannend gestaltet, ist das Th ema der Veranstaltung »Ge-schäftsbericht ≠ langweiliger Finanzreport«. Ein auf den Punkt gebrachtes Finanzreporting verdient Aufmerksam-keit und erfordert konkretes Fachwissen. Manuela Renner, Geschäftsführerin von Unverblümt Consulting, beleuchtet das Th ema Geschäftsbericht aus verschiedenen Blick-winkeln, gespickt mit Ergebnissen einer Marktstudie. »Sie werden feststellen, dass Abteilungen wie Marketing bzw. Unternehmenskommunikation und Finanz mehr gemein-sam haben, als Sie dachten«, kündigt Renner an.

Wann: 23. April 2015, 18 bis ca. 19.30 UhrWo: FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien (Raum B420)Anmeldung & Info: www.fh­wien.ac.at/nc/events/anmeldung/geschaeftsbericht­langweiliger­fi nanzreport­2302/ Kosten: für Alumni&Co­Mitglieder kostenlos, für andere 50 Euro

ROLLENVERTEILUNG IM ONLINE-VERTRIEBJacqueline Resch von willhaben.at spricht in ihrem Vortrag »Spannungsfelder in der Online-Werbebran-che« über die Aufgaben von Vertriebsabteilungen bei österreichischen Internetportalen. Der Vortrag richtet sich vor allem an Jungunternehmer, die sich für die Th emen Marketing und Verkauf interessieren.

Wann: 12. Mai 2015, 18–20 UhrWo: FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien (Raum B420)Anmeldung & Info: www.fh­wien.ac.at/nc/events/anmeldung/vortrag­spannungsfelder­in­der­onlinewerbebranche­2366/ Kosten: für Alumni&Co­Mitglieder kostenlos, für andere 50 Euro

JETZT AN DER FHWIEN DER WKW BEWERBEN! Die Bewerbungsfrist für einen der 1.000 Studienplätze an der Fach­hochschule Wien der WKW läuft noch bis 12. Mai 2015. Interes­sierte registrieren sich vorab online unter www.fh­wien.ac.at/bewerben und senden den ausgefüllten Bewerbungsbogen samt allen Unter­lagen an das Studienzentrum. Nach Prüfung der Unterlagen werden die BewerberInnen eingeladen, einen Termin für den EDV­Test auszuwäh­len. Die weiteren Schritte sind für jeden Studiengang spezifi sch.

LETZTE CHANCE AUF EIN MBA-STIPENDIUM Alumni&Co vergibt ein Vollstipendium im Wert von 13.000 Euro (verbleiben­der Selbstbehalt 5.000 Euro) und ein Teil stipendium über 6.000 Euro für die Ausbildung zum International MBA in Management & Communications. Möglich ist eine Bewerbung noch bis 30. April 2015 für alle, die über mindestens 6 Jahre Berufserfahrung verfügen, zumindest Teile davon in leitender Funktion. Ein Vorstudium ist wünschenswert, aber kein Muss. Für Informationen wenden Sie sich an alumni@fh­wien.ac.at; Bewerbungen für die Stipendien (Motivationsschreiben plus Lebenslauf) senden Sie mit dem Betreff »MBA Stipendium«.

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jenseits von währing

Ferien, die bis Ende Februar dauern, vor der Tür.

Großeltern flohen im Zweiten Weltkrieg. Warum wählte sie dann gerade die Alpenrepublik, in der es in diesem Zeitraum eher frostig ist? »Ich wollte zu den Wurzeln meiner Familie zu-rückkehren. Meine Großeltern stammen aus Österreich und lebten vor dem Zweiten Welt-krieg in Linz«, so die 26-Jährige. Aus Angst vor Verfolgung – Veros Großmutter war jüdischer Abstammung – floh das Ehepaar nach Adolf Hitlers Machtüber-nahme nach Santiago, wo die Familie noch heute lebt.

Gemeinsam mit ihrer Mutter und drei Geschwistern lebt Vero neben einer Schokoladen- und Süßwaren-Manufaktur. Auch das hat mit ihren Großeltern zu tun: Beide waren gelernte Zuckerbäcker und eröffneten den Betrieb nach Kriegsende. Die Manufaktur und drei Shops sind nach wie vor im Besitz der Familie.

Industriedesign oder Journalismus?Auch wenn Vero noch gele-gentlich bei der Produktion feiner Pralinés und bunter Fruchtgummis mithilft, will sie

»SEIT MEINEM JAHR IN WIEN HABE ICH GELEGENTLICH EIN BISSCHEN FERNWEH.« VERÓNICA GUTIÉRREZ

Der Zeitunterschied zu ihrer Heimat macht vielen Auslandsreisenden

zu schaffen. So auch Verónica Gutiérrez aus Chile, die Anfang 2014 für ein Jahr nach Wien kam. Gerade am Anfang war es ihr wichtig, oft mit Freunden und der Familie zu telefonieren. Und das war nur in einem Zeitfenster möglich, als Österreich schon tief im Schlaf versunken war. »Am Ende einer langen Nacht auf Skype ging die Sonne gerade auf, ich war aber noch voller Energie. Also spazierte ich zum Ring und ging in den Volksgarten mit sei-nen wunderschönen Rosen. Kein Geräusch. Niemand war da, nur ich. Das war der Moment, an dem ich mich in die Stadt verliebte«, erzählt Verónica, die von allen nur Vero genannt wird.

Eigentlich war die Chilenin aber nach Österreich gekommen, um ein Jahr lang am Institut für Journalismus & Medienmana-gement der FHWien der WKW zu studieren. Das Schul- und Studienjahr endet im langgezo-genen Andenstaat nämlich kurz vor Weihnachten. Der Dezember ist in Chile überhaupt ein ganz besonderer Monat: Neben dem Christkind stehen dann auch der Sommeranfang und die langen

Verónica Gutiérrez tauschte einen Sommer am Meer gegen einen Winter in Wien, um an der FHWien der WKW zu studieren. Dennoch verliebte sich die Chilenin schneller in die Stadt, als sie dachte. VON STEFAN GRAMPELHUBER

Wenn weiße Flocken Glücks-gefühle auslösen: Verónica Gutiérrez aus Chile erlebte in Wien erstmals Schnee aus der Nähe.

VON DEN ANDEN IN DIE ALPEN

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beruflich eine andere Richtung einschlagen. Ursprünglich wollte sie Industriedesignerin werden, schwenkte aber mit 23 Jahren auf Journalismus um. »Meine ersten Studienjahre waren nicht sehr erfolgreich. Aber ein Professor war von meinem Schreibstil recht angetan und riet mir zu diesem Wechsel. Und den bereue ich bis heute nicht«, sagt Vero.

An der FHWien der WKW be-suchte sie ein Jahr lang Speziali-sierungsmodule zum Themen-kreis Public Relations. »Großen Eindruck hat bei mir das Seminar von Clive Cashman über Krisen-PR und Kampagnen-Management hinterlassen. Bei ihm verging die Zeit wie beim Lesen eines span-

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jenseits von währing

nenden Romans, ich fieberte immer dem nächsten Kapitel entgegen«, so Vero über ihren Favoriten. In ihrem Heimatland besuchen Studierende pro Semes-ter sechs bis acht Lehrveranstal-tungen. In Wien sind es durch-schnittlich zwölf, also deutlich mehr. Vero: »An meiner Uni-versität in Santiago müssen wir außerhalb der regulären Unter-richtszeiten viele Vor-Ort-Recher-chen erledigen oder Personen zu Interviews treffen.« Dadurch lerne man, sich selbst zu organi-sieren. Und das sei wiederum eine ideale Jobvorbereitung, allerdings dauere das Studium deshalb auch etwas länger. Chile gilt in vielen Punkten als Musterland Südame-rikas und kann gerade wirtschaft-lich mit stabilen Zahlen aufwar-ten. Mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von 19.000 US-Dollar pro Jahr liegt der Andenstaat sogar an der Spitze in Lateinamerika. Das lockt viele europäische, vor allem spanische GastarbeiterInnen an. Sie suchen wegen der Finanzkrise hier nach neuen Jobs – und finden sie auch.

Teure Bildung in Chile. Doch vom Aufschwung profitieren nicht alle. Schule und Studium sind nirgends so teuer wie hier. »Unser Bildungssystem ist weitgehend

privatisiert. Nicht selten zahlen Studierende mehrere Tausend Euro pro Jahr an Gebühren«, sagt Vero. Nur wohlhabende Familien können es sich leisten, ihre Kinder auf eine Hochschule zu schicken. Vor allem von einem Auslandsse-mester können viele nur träumen. Vero ist deshalb besonders dank-bar, dass sie diese Chance bekam, denn »meine Zeit in Wien hat einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen«, wie sie betont.

Auch wenn es nicht immer leicht war. Vor allem am Anfang: Sie musste eine Bleibe für die kommenden Monate und neue Freunde finden. Und als Gast in einem fremden Land passiert es schnell, dass man in kulturelle Fettnäpfchen tritt. »Das beginnt schon beim Hallo-Sagen«, wie Vero feststellt, die Lateinamerikas umfangreiches Begrüßungsritual gewohnt war.

Kulturelle Eigenheiten. Wie auch in Mitteleuropa schütteln sich Bekannte und Freunde in Chile zunächst einmal die Hände. So weit, so normal. »Aber damit ist es nicht getan: Danach umarmen wir uns, klopfen uns auf die Schul-ter und küssen uns gegenseitig auf die Wangen«, so Vero weiter. In Österreich laufe die Sache

deutlich distanzierter ab. Irritiert hat die Chilenin besonders, dass sich selbst Frauen manchmal nur per Handschlag begrüßen. Das komme in Südamerika nicht vor. Ende 2015 möchte Vero, die in ihrer Freizeit gerne Holzschnitte anfertigt, ihr Studium abschlie-ßen. Derzeit arbeitet sie an ihrer Bachelorarbeit. Danach will sie sich um einen Job in einer PR-Agentur oder in der Pressestelle eines Unternehmens kümmern. Auch eine weitere Auslandsreise steht im Raum, wie Vero betont, »denn seit meinem Jahr in Wien habe ich gelegentlich ein bisschen Fernweh. Japan steht ganz oben auf meiner Liste.« ■

Von Santiago aus kann man Schnee sehen – das Klima in der Stadt ist aber milder als in Wien.

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Herr Manner, Sie haben Mitte der 50er-Jahre die Firma Ihres Groß-vaters übernommen, bis heute leiten Sie den Aufsichtsrat. Wollten Sie eigentlich jemals etwas anderes machen?Manner: Wollen nicht, aber ich habe etwas anderes studiert. Das war zu einer Zeit, wo es politi-sche Schwierigkeiten gab. In der unseligen Nazizeit waren wir als schwarzer, katholisch geprägter Betrieb suspekt, weil sich die Nazis ja selbst als Heilsbringer sa-hen. Die Nachkriegszeit war auch nicht einfach, niemand wusste, wie es weitergeht.

Wer derzeit studiert, tut dies auch in wirtschaftlich turbulenten Zeiten …Manner: Das zu vergleichen ist aber ein Scherz!

Es war nicht als Vergleich gemeint ...Manner: Das ist wie 1 zu 1.000. Natürlich wird auf der Welt auch

heute viel Unfug betrieben. Aber wenn man Krieg und Diktatur selbst erlebt, die Brutalität, das Unmoralische … das prägt. Hel-denverehrung ist mir heute noch verdächtig. Ich gehe gerne in die Oper, aber der Wagner hat mich nie gewonnen. Mir sind diese Helden verdächtig, die bei ihm verehrt werden.

Manner wirbt mit Skispringern. Sind das keine Helden?Manner: Mag sein. Aber friedli-che, freundliche Helden. Es gibt Millionen potenzielle Kunden, die man nur übers Marketing, über die Werbung erreichen kann. Im deutschen Markt tun wir uns relativ schwer. Waffeln sind eher dort populär, wo früher die österreichische Monarchie war. In Deutschland regieren auf dem Waffelsektor noch Billigprodukte. Wie hochwertig unsere Schnit-ten sind, das müssen wir unse-ren nördlichen Nachbarn erst beibringen. Deshalb sponsern

wir auch deutsche Skispringer. Ein Skispringer steht hoch oben auf der Schanze, da bekommt das Produkt ein hochwertiges Image. Wenn ein Deutscher dann gut springt, haben wir Glück. Weil

befehlen kann ich ihnen ja nicht, dass sie gewinnen. Die Österrei-cher dürfen aber nicht zu sehr versagen, sonst bekommen wir die Schuld (lacht). Man muss sich im-mer etwas Neues einfallen lassen. Nur von Tradition allein kann man nicht leben.

Zur Jahrtausendwende gab es Product Placement in Hollywood-Filmen. Wie haben Sie das geschafft?Manner: Naja, der Hollywood-Star Schwarzenegger hatte insofern

Mit 85 Jahren leitet Carl Manner noch

den Aufsichtsrat des Familienbetriebs.

Im studio!-Interview spricht Carl Manner anlässlich des 125-jährigen Firmenjubiläums über Konstanz und Wandel

im Familienunternehmen, die harte Seite der Verantwortung und darüber, warum ihm der Slogan »Manner mag man eben«

anfangs gar nicht gefallen hat. VON WOLFGANG KNABL

»DIE SCHNITTEN-ERZEUGUNG

IST NICHTS ERNSTES«

»WAFFELN SIND EHER DORT POPULÄR, WO FRÜHER DIE ÖSTERREICHISCHE MONARCHIE WAR.« CARL MANNER

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Affinität zur Firma, als er gerne Manner Schnitten isst. Jemand von unserer Familie hat damals das Marketing gemacht, den Kontakt hergestellt. Dann hat es dieses Product Placement in ein paar Filmen gegeben. Das ist al-lerdings nicht das, womit wir un-seren Export forcieren. Der Markt in den USA funktioniert sehr protektionistisch, da kommt man nicht leicht rein. Aber wir müssen in Bewegung bleiben. Als ich be-gonnen habe, lag der Exportanteil bei unter 10 Prozent. Heute sind es 60 Prozent. Wir versuchen, das weiter auszubauen. Die Maschi-nen werden immer größer und leistungsfähiger, das muss man dann auch absetzen. Ich habe ja Verantwortung gegenüber dem Unternehmen und den Mitarbei-tern. Natürlich ist das manchmal schwierig. Wir haben ein großes Investitionsprogramm laufen, das Konzentration bedeutet. Da müssen wir leider einen Betrieb in Oberösterreich schließen. Das ist die harte Seite der Verantwor-tung. Da muss man durch. Aber wir engagieren uns sehr, dass dort ein Nachfolgebetrieb – nicht von uns – installiert wird, in dem die Mitarbeiter beschäftigt werden.

Vor uns steht die Manner-Werte-pyramide. Neben »Verantwor-tung« steht darauf »Teamwork«. Wie konstant, wie wichtig sind diese Werte in einer Welt, die sich schnell ändert?Manner: Diese symbolische Dar-stellung habe nicht ich erfun-den. Ich beschäftige mich eher mit konkreteren Dingen. Aber natürlich ist das wichtig, was da draufsteht. Externe Orien-tierung, dazu braucht man ein ordentliches Team. Auch Team-work ist sehr wichtig. Wenn man nicht zusammenhält, erreicht man nichts. Da muss man von waagerecht bis senkrecht gute Verhältnisse schaffen. Das ist ein wichtiger Wert unserer Firma. Wir versuchen, unsere Mitarbeiter möglichst gut zu behandeln und auch zu beschäftigen. Man muss natürlich schauen, dass man wei-terkommt auf der Welt. Das geht

Christentum verbreitet werden, sind für die Gesellschaft sehr wichtig. Das sollte man forcieren. Mir persönlich hilft es auch, in die Kirche zu gehen. Die Kirche bringt uns zudem gute Kontakte.

»Manner mag man eben«: Der Slogan ist seit den 70ern Kult. Standen damals andere Slogans zur engeren Wahl? Manner: Ja, aber die waren nicht so gut. Wobei ich gestehen muss: Mir hat »Manner mag man eben« am Anfang gar nicht gefallen. Ich war durch den Zweiten Welt-krieg ein bisserl verschreckt. Der Stabreim hat ja altgermanischen Ursprung, wurde auch von der NS-Propaganda gerne verwendet – daher war mir der Stabreim sehr verdächtig und unsympathisch. Aber jetzt geht das über die Ideo-logie hinaus.

Wird der Slogan für die östlichen Exportländer übersetzt?Manner: Nein. Das funktioniert nur auf Deutsch. Im Ausland werben wir mit »The taste of Vienna«. Wir positionieren uns als Süßwa-renbotschafter. Die Wertigkeit, die Geschichte, der Wien-Faktor,

oft nur über Optimierung. Die Personalanzahl bleibt trotzdem in etwa gleich. Es verschiebt sich. Wir hatten früher keine Presse-referentin, kein Marketing-Team. Dafür haben mehr Techniker an den Maschinen geschraubt. Wie ich eingetreten bin, haben wir mit 700 Mitarbeitern 3.000 t erzeugt. Heute erzeugen wir mit 700 Mitar-beitern 45.000 t. Ohne Computer würden wir lieb ausschauen.

Als Nächstes steht Leistung auf der Pyramide …Manner: Ja, wenn man sich zurück-lehnt, kommt nichts Neues. Es ist aber wichtig, dass es gelegentlich etwas Schöpferisches, Neues gibt. Wir arbeiten auch an Program-men, die Mitarbeiter noch mehr einzubinden. Aus einem Potenzial von 700 Leuten kann unter Um-ständen allerhand herauskom-men. Das muss man natürlich forcieren. Man kann nicht immer selber Einfälle haben.

Hinter Ihnen hängt ein Kruzifix. Wie wichtig ist der Glaube für Ihre Werte?Manner: Die moralischen Wer-te, die in Europa auch über das

CARL MANNER wurde 1929 in Wien geboren. Nach seinem Studium der Mathematik und Physik an der Universität Wien mit abschließender Promotion stieg er 1953 in das 1890 gegründete Unternehmen seiner Familie ein. 2008 wechselte er in den Aufsichtsrat, in dem er bis heute den Vorsitz innehat. Geleitet wird das Unternehmen von vier Vorständen. Manners ethische Grundsätze sollen auch in Zukunft erhalten bleiben – dazu führt er ein Projekt mit dem Center for Governance & Business Ethics der FHWien der WKW durch (siehe Seite 26).

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wir uns dann markentech-nisch absichern lassen, sind ihr treu geblieben. Die Gefahr der Konstanz liegt darin, dass man langweilig wirken könnte. Da braucht man jugendlichere Ideen. Ich muss mich dann manchmal verstecken (lacht). Wollen wir jugendlich wirken, können wir nicht mit einem 85-Jährigen werben. Deshalb haben wir Ski-springer, die sind normalerweise bedeutend jünger als ich.

Ihr Tipp für FH-Studierende?Manner: Spezialisierung wird immer wichtiger. Es gibt gewisse Bereiche, die übergibt man heut-zutage besser den Profis. Zum Beispiel haben wir die Logistik ziemlich ausgelagert: Die Vertei-lung unserer Produkte muss nach wie vor über den Handel erfolgen, aber dessen Strukturen ändern sich laufend. Mein Großvater hat noch an einzelne Geschäfte aus-

geliefert. Ich bin 1953 mit kleinen Lastautos zu jedem einzelnen Geschäft gefahren. Das waren ein paar Hundert Adressen in Wien, und jedes hat einen Karton Manner Schnitten bekommen. Dann sind Großhändler ge-kommen, haben sich zu noch größeren Gruppen zusammenge-schlossen – international ist das besonders krass. Haben Sie noch eine Botschaft für unsere Leserinnen und Leser?Manner: Botschaft? Bitte nicht so hochtrabend. Richten Sie den Studenten aus: Es kann manch-mal durchaus zweckmäßig sein, die Dinge locker anzugehen. Man sollte sich selbst nicht zu wichtig nehmen. Wir Österreicher können ja von unserem Image profitieren, dass wir eher lockere Typen sind. Man sollte nicht alles so ernst nehmen. Auch die Schnitten-Erzeugung ist nichts Ernstes. Aber wir leben davon. ■

damit punkten wir. Schon mein Großvater hat den Stephansdom auf die Verpackung gedruckt, über den Dom und unter den Manner-Schriftzug hat er »Wien« geschrieben. Wien ist natürlich die viel größere Marke als Man-ner. »The taste of Vienna« passt zum Stephansdom. Ausnahmen machen wir nur, wenn wir in den arabischen Raum exportieren, da müssen wir den Dom weglassen. Ansonsten sind wir konstant. Der Stephansdom beschützt uns seit 125 Jahren, dem bleiben wir treu.

Welche Gefahren birgt die Konstanz?Manner: Wir sind eine Marke mit Geschichte, machen jeden Design-Relaunch sehr sanft. Es gab auch nie die Verlockung, das Rezept bei den Schnitten zu ändern. Wenn die Haselnüsse teurer werden, hätte man zwar gerne manchmal etwas verän-dert. Aber da fühlen wir uns der Qualität verpflichtet. Bei unserem optischen Auftritt haben wir das Glück, dass mein Großvater die Idee hatte, alles rosa zu machen. Ich war schon als Baby von viel Rosa umgeben. Die Farbe haben FO

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»WIR HABEN DAS GLÜCK, DASS MEIN GROSSVATER DIE IDEE HATTE, ALLES ROSA ZU MACHEN.« CARL MANNER

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blitzlicht

Eines wusste er: Er wollte nie wieder früh aufstehen, nachdem er sein Journa-

lismus-Studium abgeschlossen hatte. Wenngleich der fixe Stun-denplan an der FHWien der WKW ihm sehr entgegengekommen war: »Wenn man chaotisch ist, so wie ich, hilft das sehr.« Beim deut-

Sinne alles dürfe, weicht er ein wenig aus: »Sie darf alles, was der Journalismus und andere Kunstfor-men auch dürfen. Wer beleidigt ist, darf ja klagen.« Er versteht nicht, warum Satire oft verurteilt wird: »Schlimm ist die Realität – nicht die Satire, die darauf reagiert«, meint er. Die Faszination besteht für Zie-gelwagner darin, »dass Satire sich nie ganz auflösen lässt. Sie lebt vom Schillernden, vom Ambivalenten«.

Zurück in Wien. Ihm gehen satiri-sche Texte leichter von der Hand als klassisch journalistische wie bei den Praktika (u. a. bei »Presse« und »Kurier«) seiner Anfangszeit. Auch sein zweiter, im Vorjahr erschienener Roman »Der aufblas-bare Kaiser« (Rowohlt Berlin) hat satirischen Background. Das Werk schaffte es bis auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis; ein großer Erfolg für den 32-jährigen Nieder-österreicher, der nach sechs Jahren in Frankfurt jetzt wieder in Wien lebt. Was nicht bedeutet, dass er das sinkende Schiff verlässt: Für »Titanic« kann er auch von Penzing aus schreiben. Über sein nächstes Buch verrät er, dass es in Wien spielt, viel mehr ist ihm selbst noch nicht klar: »Ich wurschtle da so vor mich hin.« Was auch immer dabei herauskommt, sein Ziel hat er ja bereits erreicht: Seit 2008 musste er kein einziges Mal mehr früh aufstehen. ■www.titanic­magazin.de

KEINE PANIK OHNE TITANIC

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Der Niederösterreicher Michael Ziegelwagner heuerte 2009 beim deutschen Satire-Magazin »Titanic« an. Kürzlich übersiedelte der Literat nach Wien. VON EVA WOSKA-NIMMERVOLL

Wien hat Ziegel-wagner wieder. Auch sein nächster Roman wird hier spielen.

»SCHLIMM IST DIE REALITÄT — NICHT DIE SATIRE.« MICHAEL ZIEGELWAGNER

schen Satiremagazin »Titanic« in Frankfurt, wo Michael Ziegelwag-ner seit 2009 Redaktionsmitglied ist, geht man den Tag gemütlicher an. »Auch stundenlanges Zei-tunglesen gehört zum Jobprofil.« Wie man es als junger Journalist von St. Pölten nach Frankfurt am Main schafft, ist leicht erklärt: »Einfach was hinschicken.« Bei Ziegelwagner begann es mit einer Anekdotenreihe über Papst Be-nedikt XVI. Innerhalb eines Tages kam die Zusage zur Veröffentli-chung, ein Jahr später war er als Redaktionsmitglied mit an Bord, 2014 wurde er Leiter des Ressorts »Humorkritik«. Das Magazin sieht sich als eine Art Jugendzeitschrift, »die wir für uns selbst machen«, so Ziegelwagner. Wer beim Schreiben ans Publikum denkt, »ist schon auf dem Weg in die Hölle«. Ein Wechsel der Chefre-daktion alle fünf Jahre soll dafür sorgen, dass die »Titanic« nicht in eine Flaute manövriert. Der Erfolg gibt dem angriffslustigen Maga-zin recht: Die Abozahlen steigen kontinuierlich.

Schillernd & ambivalent. Der An-schlag auf »Charlie Hebdo« in Paris hat die Satire wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Sind wir nun alle »Charlie Hebdo«? »Bestimmt nicht«, so der Autor, die »kleine subversive Par-tie« der SatirikerInnen habe kein Interesse daran, von der breiten Masse vereinnahmt zu werden. In seinen Augen war der Anschlag gezielt gegen die Satire gerichtet – und nicht gegen die Meinungs-freiheit. Der Frage, ob Satire im viel zitierten Tucholsky’schen

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STUDIO! IM ABOVersäumen Sie ab sofort keine Ausgabe dieses Magazins mehr!

Schicken Sie Name und Adresse an: studio@fh­wien.ac.at oder per Post an studio!­Magazin, FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien

Ihre Daten werden vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Unter allen, die sich für das kostenlose Abo anmelden, verlosen wir diesmal drei Exemplare »Forschungsfeld Gastronomie« von Klaus Fritz und Daniela Wagner (siehe Seite 13).

GewinnerInnen der letzten Ausgabe: Melanie Samec, Sonja Zellhofer, Walter Hoffmann

Die aktuelle Ausgabe von studio! gibt es zum Lesen und Downloaden unter: www.fh-wien.ac.at/downloads

YPD-Initiator Hannes Jagerhofer (Mitte) mit

dem Moderations-Duo Barbara Fleissner

und Florian Rudig

Der Bus der FHWien der WKW tourte durch Österreich.

STUDIERENDE BEI YPD CHALLENGEDrei Studierende der FHWien der WKW aus den Fächern Kommunikationswirtschaft und Unterneh-mensführung sind seit 9. April in der High-Potential-Show »Die YPD-Challenge – Gewinn gegen die Besten!« auf ServusTV zu sehen. Die Live-Show läuft jeweils donnerstags um 20:15, das Finale findet am 7. Mai statt. YPD steht für young, powerful und dyna-mic. 100 karriere- und erfolgshungrige KandidatInnen zwischen 17 und 28 Jahren treten in der Quizshow gegeneinander an, gefragt sind ihre Fähigkeiten, um die Ecke zu denken, genauso wie ihr logisches Denken und Allgemeinwissen. Zu gewinnen gibt es eine Karrierechance: fünf Wochen bei fünf Unter-nehmen rund um den Globus oder eine gemeinsame Woche mit einem Top-CEO. Das Publikum kann zuhause live miträtseln. Wir drücken Philip Mair (Studiengang Unter-nehmensführung), Stefanie Sommer und Maximilian Zwinz (beide Studiengang Kommunikationswirt-schaft) die Daumen. ■

INFORMATION ONLINE UND ON THE ROAD Die FHWien der WKW veranstaltete im April zum zweiten Mal in Folge ihre Onlinebe-ratungstage: Interes-sierte konnten sich in Online-Chats live und aus erster Hand über die Studiengänge und das Weiterbildungsangebot informieren. Die wesentli-chen Informationen sind als Videoprotokoll unter www.fh-wien.ac.at/onlineberatungstag abruf-bar; dort findet sich auch eine um die gestellten Fragen erweiterte FAQ-Liste. Ebenfalls im April tourte der Bus der FHWien der WKW: Auf einer Roadshow durch fünf österreichische Städte sowie München informierte die Fachhochschule über ihr umfangreiches Bildungsangebot. ■

MARKUS SCHOLZ ZU GAST IM EU-PARLAMENTDer Stiftungsprofessor für Corporate Governance & Business Ethics der FHWien der WKW, Markus Scholz, hielt am 5. März einen Vortrag vor EU-Abgeordneten in Brüssel. Als einer von drei inter-nationalen Experten referierte Scholz zum Thema »Was kann die Privatwirtschaft zur Erreichung der UN Millennium Development Goals (MDGs) beitragen?«. Sein Vortrag, wie anhand des »Crea-ting Shared Value«-Ansatzes die internationalen Entwicklungsziele der EU besser erreicht werden können, findet Eingang in die Expertenpapiere der EU. ■

DIE GRENZE ZWISCHEN JOURNALISMUS UND PRAm 19. und 20. März 2015 diskutierten PraktikerIn-nen und WissenschafterInnen auf der Fachkonferenz »Verschwimmende Grenzen zwischen Journalismus, Public Relations, Marketing und Werbung«, die vom Institut für Journalismus & Medienmanagement und dem Institut für Kommunikation, Marketing & Sales der FHWien der WKW veranstaltet wurde. In Refera-ten und einer Podiumsdiskussion behandelten sie Berufsbilder, -praxis und -ethik der betroffenen Dis-ziplinen. Eine Konferenznachlese findet sich unter www.journalismusdreinull.at/de/konferenz, die Veranstalterinnen Nicole Gonser und Uta Rußmann bereiten einen Tagungsband vor. ■

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GROSSE RENOVIERUNG IN DER KLEINEN FIRMABesonders kleineren Betrieben fehlen oft die Ressourcen, um auf einen veränderten Markt angemessen reagieren zu können. Das Projekt »KMU in Veränderung« der FHWien der WKW erforscht, wie es trotzdem klappt, und hilft auch gleich – zum Beispiel, wenn eine Baufirma sich vom Beton verabschiedet. VON LILLIAN SIEWERT

Was tun, wenn man seit Jahrzehnten in einem Bereich arbeitet, in dem

nun die wachsende Konkurrenz zum Preisgefecht auffordert? Wei-termachen wie bisher, Umsätze einbüßen und womöglich ban-krott gehen? Martin Zagler ent-scheidet sich für einen radikalen Schritt. Der 45-Jährige krempelt das nördlich von Wien behei-matete Familienunternehmen Artbau nach 60 Jahren in der Bau-branche komplett um – zu groß waren die Umsatzeinbußen durch günstige Konkurrenz aus dem Ausland. Zagler möchte seine 102 MitarbeiterInnen mitnehmen. Statt Fliesen zu verlegen und Beton anzurühren, sollen sie nun Rohre sanieren und Leitungen reparieren. Weg vom klassischen Baugewerbe, hin zu Hightech-Arbeiten, bei denen chemisches Wissen und mathematisches Verständnis gefordert sind.

Eine wahre Mammutaufga-be – sowohl strukturell als auch personell und finanziell. Unter-stützung bekommt Martin Zagler

von der FHWien der WKW im Rahmen des Projekts »KMU in Veränderung«. Das auf vier Jahre angelegte Kooperationsprojekt analysiert die Veränderungsfähig-keit von kleinen und mittelständi-schen Unternehmen (KMU) und entwickelt Methoden, mit denen sich Veränderungsprozesse mit realistischem Aufwand planen und umsetzen lassen.

Die Relevanz liegt auf der Hand. Unternehmen sind heute mehr denn je gefordert, sich an eine Vielzahl von Veränderungen in ihrer Umwelt anzupassen: neue Technologien, veränderte Kun-denwünsche, geöffnete Märkte ... KMU sind zwar dank ihrer meist schlanken Struktur flexibler als große Unternehmen, in denen Entscheidungen durch mehrere Instanzen laufen, gleichzeitig fehlt es ihnen oft schlichtweg an Geld und Personal, um Maßnahmen außerhalb ihres Kerngeschäfts durchzuführen. Das können zum Beispiel Weiterbildungen oder die Entwicklung eines neuen Produktes sein.

Neues mit Plan. »Große Unterneh-men haben in der Regel eigene Marktforschungsabteilungen, die sich mit Innovationen beschäftigen. Bei KMU fehlen solche verankerten Prozesse für Innovationen. Neues geschieht dann eher zufällig oder bleibt ganz aus«, erklärt Barbara Kump vom Institut für Personal und Organisation der FHWien der WKW. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Christina Schweiger

vom Institut für Unternehmens-führung initiierte sie das Projekt »KMU in Veränderung«. »Wir haben Methoden entwickelt, mit denen wir herausfinden können, wie veränderungsfähig mittel-ständische Unternehmen sind«, sagt Kump. Dazu gehören etwa ein Online-Fragebogen sowie ein

Martin Zagler baut sein Bau-unternehmen zu einem Umbau–unternehmen um.

»BEI KMU FEHLEN VERANKERTE PROZESSE FÜR INNOVATIONEN. NEUES GESCHIEHT EHER ZUFÄLLIG.« BARBARA KUMP

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23APRIL 2015

alles neu

Interviewverfahren, mit denen Stärken und Schwächen der Un-ternehmen festgestellt werden.

Im Fall von Artbau hat das Projektteam intensive Analysen zur Veränderungsfähigkeit des Unternehmens gemacht, sich die internen Prozesse angeschaut und mit der Belegschaft über Ängste und Wünsche gesprochen. »Anfangs fehlte die Bereitschaft vieler Arbeiter, sich mit dem Un-ternehmen weiterzuentwickeln«, sagt Martin Zagler. Lediglich zwei der ArbeiterInnen erklärten sich sofort bereit. Der Umbau forderte von ihnen Lernbereitschaft für komplett neue Methoden und Techniken. »Das war ein langwie-riger Prozess und eine echte Her-ausforderung«, erklärt Zagler. Die vielen Gespräche, die stets ehrli-che und offene Kommunikation, aber auch die klare Zielvorgabe zahlten sich schließlich aus. Von den ursprünglich 102 Mitarbeite-rInnen ziehen insgesamt 65 mit.

Nischen-Falle. Einer neuen Situati-on in der Branche kann man auf unterschiedliche Weisen begeg-nen. »Es gibt nicht den einen richtigen Umgang«, sagt Barbara Kump. Verändert man sein Unter-nehmen, kann das auf Kosten der MitarbeiterInnen oder Kunden-bindung gehen. Wartet man, ist man weniger innovativ und droht womöglich den Anschluss zu verlieren. Wer nicht aufpasst, setzt bisweilen seine Existenz aufs Spiel. »Die Gefahr betrifft be-sonders Unternehmen, die nicht breit aufgestellt, sondern auf eine Nische konzentriert sind. Bricht dort ein wichtiger Kunde oder eine Kundin weg, kann das im schlimmsten Fall zu einer Insol-venz führen«, sagt Barbara Kump. Deshalb seien Wachsamkeit und Reflexionsvermögen über die eigenen Stärken und Schwächen umso wichtiger.

Hilfe zur Selbsthilfe. Rund zehn Un-ternehmen begleitete das Projekt »KMU in Veränderung« in den

vergangenen zwei Jahren – meist über einen Zeitraum von drei bis zwölf Monaten. Bis 2017 können bis zu 15 weitere Unternehmen teilnehmen. Die Erfahrungen und Ergebnisse aus der Zusammen-arbeit mit den teilnehmenden Unternehmen sollen zukünftig in Modelle münden, die anderen Unternehmen frei zugänglich sind und die sie selbstständig anwen-den können.

Für die Teilnahme an dem Projekt zahlen Unternehmen derzeit einen Unkostenbeitrag von rund 5.000 Euro. Die restlichen Kosten deckt die Förderungssumme von etwa 640.000 Euro der nationalen Förderstelle für wirtschaftsnahe Forschung in Österreich der Ös-terreichischen Forschungsförde-rungsgesellschaft (FFG). Artbau-Geschäftsführer Martin Zagler ist sich in seinem Fall sicher – der Aufwand und die zusätzliche Ar-beit haben sich allemal gelohnt: »Als Unternehmen muss man auch einmal was riskieren, um später Erfolge zu ernten.« ■

... und Christina Schweiger vom Institut für Unter-nehmensführung initiierten das Projekt »KMU in Veränderung«.

Barbara Kump vom Institut für Personal und Organisation der FHWien der WKW ...

Für KMU sind Veränderungen oft ein großer Brocken.

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Schon am Tag nach dem Triumph von Conchita Wurst beim Eurovision

Song Contest 2014 waren in zahl-reichen Hotels in Wien sämtliche Maiwochenenden 2015 gebucht. Nur wenig später liefen die Vorbereitungen für den ersten Song Contest aus Österreich seit

Anna Grassler (links) war mit

dem Song-Contest-Fanclub schon mehrmals

live dabei.

Die Vorbereitungen zum ersten Eurovision Song Contest aus Österreich seit Jahrzehnten laufen auf Hochtouren. Drei AbsolventInnen bzw.

Studierende der FHWien der WKW fiebern der 60. Auflage des europäischen Wettsingens am 23. Mai besonders entgegen ... VON FLORIAN SEDMAK

BUILDING BRIDGES: OSTERREICH IM

SONG-CONTEST-FIEBER

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25APRIL 2015

ins netz gegangen

vision Song Contest anschauen lassen. Ihr zweiter Song-Contest-Mittelpunkt wird neben den beiden Semifinali und der großen Show in der Stadthalle voraus-sichtlich das OGAE-Fancafé sein. Dieses betreibt der österreichi-sche Song-Contest-Fanclub als Treffpunkt für die zahlreichen or-ganisierten Fans aus ganz Europa. Eben für solche wie Grassler und Bauer, die dort – wie auch beim Fanmagazin 2015 – ehrenamtlich mitarbeiten. Sie selbst haben schon mehrere ESC-Auflagen an Ort und Stelle live miterlebt: Düs-seldorf 2011, Baku 2012 und Ko-penhagen 2014. Grassler hat bei einem Urlaub in Belgrad schon 2008 erstmals Song-Contest-Luft geschnuppert.

Der Song-Contest-Virus. Die 28- jährige FH-Magistra in Jour-nalismus, die als freiberufliche Journalistin unter anderem für »Universum« und »ServusTV« arbeitet, hat sich so wie die meisten glühenden Fans bereits im Kindesalter mit dem Virus angesteckt: »Ich habe schon als Kind geschaut. Daraus hat sich ein netter Brauch entwickelt, bei dem ich mich mit Freunden treffe – wir wetten und stimmen ab.« An der FHWien der WKW hat sie einen weiteren Song-Contest-Virus-Infizierten kennengelernt: ihren Alterskollegen Maximilian Bauer, der nach abgeschlossenem Bachelorstudium Journalismus & Medienmanagement nun als Redakteur Fernsehberichte, vor allem für W24, gestaltet.

Wie Ster- und Grissemann. Mehrere Jahre in Serie haben es Grassler und Bauer den Herren Stermann & Grissemann gleichgetan und Sendungen zum Song Contest moderiert – wenn auch nicht auf FM4, so doch im Ausbildungsra-dio der FHWien der WKW, Radio NJOY. Von dort war es nur mehr ein kleiner Schritt zur gemeinsa-men Fahrt nach Düsseldorf, wo Bauer von der »rivalitätsfreien Länderspielatmosphäre« und dem leibhaften Erleben eines vereinten Europa fasziniert war.

So sehr, dass weder er noch Grassler den Song Contest in Baku ausließen, wohin sie mit einer Handvoll anderer Getreuer aus dem österreichischen Song-Contest-Fanclub als viel bestaunte ExotInnen reisten.

Der Fanclub boomt. Seit dem Sieg von Conchita Wurst hat der österreichische Fanclub einen ähnlichen Aufschwung erlebt wie das öffentliche Interesse am Song Contest hierzulande. »Ich hatte nicht erwartet, das über-

haupt erleben zu dürfen«, bringt Anna Grassler die Stimmung von damals auf den Punkt. »Wer hätte gedacht, dass Österreich noch mal gewinnt? Das klang vor ein paar Jahren gleich unwahrscheinlich wie ein Weltmeistertitel der öster-reichischen Fußballmannschaft.« Im Fanclub hat sich seither die Mitgliederzahl auf über 400 ver-doppelt. »Unter den begeisterten Eurovision-Fans findet man auch in Österreich einen hohen Anteil schwuler Männer. Nach Conchitas Erfolg interessieren sich aber ganz unterschiedliche Menschen für den Fanclub. Nur die Liebe zum Song Contest ist allen gemein-sam«, sagt Maximilian Bauer.

Stressfreie Anreise. Seine Leiden-schaft für den Song Contest lebt er inzwischen auch akademisch aus: In seiner gerade entstehenden Masterarbeit in Politikwissen-schaft beforscht er die Song-Con-test-Fangemeinde in Österreich. Neben zahlreichen Tiefeninter-views hat er auch eine Umfrage mit über 600 Beteiligten durch-geführt. Das Ergebnis arbeite er gerade heraus, sagt Bauer. An Ort und Stelle wird er sich nochmals am 23. Mai in sein Studium vertie-fen: »Ich freu mich riesig darauf, einmal mit der U-Bahn zum Song Contest fahren zu können.« ■

Peter Fetz bewirtet die akkreditierten Gäste in der Ottakringer Brauerei.

»ICH FREU MICH RIESIG DARAUF, EINMAL MIT DER U-BAHN ZUM SONG CONTEST FAHREN ZU KÖNNEN.« MAXIMILIAN BAUER

Langem an. Nicht nur der ORF gibt sich größte Mühe, mit dem Spektakel unter dem Motto »Buil-ding Bridges« zu brillieren. Auch an anderen Stellen wird alles daran gesetzt, sich dem internati-onalen Publikum so sympathisch und liebenswert wie nur möglich zu präsentieren.

Bewirtung à la V-Style. So steckt etwa Peter Fetz im Vorberei-tungsstress für den Song Con-test. Der 25-jährige Absolvent des Bachelorstudiengangs für Tourismus-Management an der FHWien der WKW studiert ge-genwärtig im Masterstudiengang Leadership im Tourismus. Als stellvertretender Geschäftsführer des Eventcatering-Spezialisten V-Style Events GmbH ist der 25-jährige Gastromanager mit seinen Partnern und rund 45 Mit-arbeiterInnen für die Bewirtung während des gesamten Rahmen-programms für die Song-Contest-Akkreditierten verantwortlich. Das spielt sich inklusive Eröff-nungs- und After-Show-Party in den Hallen der Ottakringer Brau-erei ab, in der die V-Style Events fix als Caterer zuhause sind.

Tausende Partygäste. Die Bewirtung der anlässlich des Song Contests erwarteten Tausenden Gäste in der Ottakringer Brauerei un-terscheide sich infrastrukturell nicht wesentlich vom regulären Geschäft, doch »der organisa-torische Aufwand für den Song Contest ist gigantisch«, sagt Fetz, »da wird alles bis ins letzte Detail besprochen und an alles gedacht. Das genaue Produktportfolio wurde noch nicht festgelegt, wir werden uns aber sicher gemein-sam mit den Veranstaltern ein paar lustige Drinks überlegen.« Musikalisch sei der Song Contest nie seines gewesen, gesteht Fetz, »aber ich freue mich schon auf die internationalen Gäste in der Ottakringer Brauerei.«

Internationaler Fantreff. In der Ottakringer Brauerei werden sich auch Anna Grassler und Maximi-lian Bauer während des Euro-

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herausforderung

WERTE MAG MAN EBEN

Für Kunden der ÖBB und für soziale Randgruppen bietet der neue Wiener Haupt-

bahnhof im Vergleich zu seinem Vorgänger, dem vor einigen Jahren abgerissenen Südbahnhof, einige Verbesserungen. Das mo-derne Gebäude ist hell, sauber, es gibt Geschäfte, Restaurants – und SozialarbeiterInnen: Teams der mobilen Sozialarbeit (SAM) sowie der Caritas versorgen im und um den Hauptbahnhof obdachlose Menschen mit Schlafsäcken und warmer Kleidung, informieren über freie Quartiere, beraten Suchtkranke, vermitteln Quartie-re, schlichten Streit, zeigen Wege zur Verbesserung der momen-tanen Lebenssituation. Die ÖBB tragen das Pilotprojekt mit und übernehmen bis Ende März die Kosten. »Das ist eine Premiere für die ÖBB, vor allem in diesem Ausmaß, die Kosten bewegen sich in einem sehr hohen fünfstelligen

Bereich«, sagt Christopher Seif, ÖBB-Pressesprecher. »Auch wenn die ÖBB ein Unternehmen sind, das wirtschaftlich denken und nach betriebswirtschaftlichen Kri-terien arbeiten muss, wollen wir nicht von vornherein bestimmte Gruppen ausgrenzen. Wir sind an einem funktionierenden Mitei-nander, wo sich alle sicher und wohlfühlen können, interessiert. Außerdem verursacht auch ein Sicherheitsdienst Kosten.« Ein restriktiverer Weg wäre zudem weniger gut für das Image der ÖBB.

Theorie und Praxis. Es gibt mehrere Gründe, warum das Zusammen-führen von unternehmerischen mit gesellschaftlichen Interes-sen zunehmend an Bedeutung gewinnt: »Zum einen haben viele Unternehmen mehr Macht und Möglichkeiten, etwas zu ver-ändern. Vor allem aber werden

CCGBE WIEN: INTERNATIONAL VERNETZT »Das Center for Corporate Governance & Business Ethics (CCGBE) hat einen klaren Forschungsauftrag. Gemeinsam mit Wissenschafterinnen und Wissen­schaftern aus unserem ausgeprägt internationalen universitären Netzwerk arbeiten wir primär zu angewandten Themen im Bereich Corporate Gover­nance und Business Ethics«, erklärt Markus Scholz. Der Leiter des CCGBE Wien ist neben seiner Tätigkeit an der FHWien der WKW Senior Fellow am Zick­lin Center for Business Ethics Research der Wharton University in Pennsylvania. Im Zuge der Konferenz »Normative Business Ethics in a Global Economy« präsentierte er kürzlich gemeinsam mit Prof. Craig Smith (INSEAD) und Prof. Gaston de los Reyes (George Washing­ton University) ein Paper zum Thema »Unternehmen als Corporate Citizen«. www.ccgbe.at

Wie kann man unter-nehmerischen Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung ver-knüpfen? Das erforscht ein Team der FHWien der WKW – nicht nur in der Theorie, sondern auch im Rahmen von Projekten mit Unter-nehmen wie Manner. VON WOLFGANG KNABL

Ihre Wirkung auf Menschen und

Umwelt wird für Unternehmen im-mer bedeutender.

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die Stakeholder-Gruppen der Unternehmen anspruchsvoller und aufgeklärter«, erklärt Markus Scholz. »Managerinnen und Manager müssen den Ansprü-chen dieser Stakeholder zum Beispiel in ökologischen oder in gesellschaftspolitischen Themen gerecht werden – und gleichzeitig auch den Profit im Auge behal-ten.« Scholz leitet das Center for Corporate Governance & Business Ethics (CCGBE) der FHWien der WKW, das sich intensiv mit dieser Herausforderung beschäftigt.

Ein zentraler Punkt in Forschung und Lehre ist für Scholz das Shared-Value-Konzept. Das Management Framework »Crea-ting Shared Value« – entwickelt an der Harvard Business School, mit der das Wiener CCGBE über diverse Projekte zusammenar-beitet – beinhaltet Richtlinien und Praktiken, die die Konkur-

renzfähigkeit eines Unterneh-mens erhöhen und gleichzeitig wirtschaftliche und soziale Bedingungen verbessern sollen. »Beim Shared-Value-Konzept geht es nicht darum, erwirtschaf-tetes Kapital der Gesellschaft zurückzugeben, sondern darum, durch die Unternehmensaktivität selbst einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen«, erklärt Scholz. Gesellschaftliches und ökologisches Engagement sind für viele führende Unternehmen weltweit mehr als eine Frage der Einhaltung von Vorschriften und der Ressourceneffizienz. Vielmehr geht es auch darum, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Paradebeispiel: Coca-Cola hat das Ziel, mit sei-nem »5by20«-Programm bis 2020 fünf Millionen Frauen weltweit mit kleinen Kiosken, hauptsäch-lich in Entwicklungsländern, zu Unternehmerinnen zu machen.

Das eröffnet Frauen wirtschaft-liche Perspektiven, verbessert die Versorgungslage in struktur-schwachen Regionen – und bringt Coca-Cola möglicherweise Millio-nen neue Vertriebspartnerinnen. Ein Pilot-Kiosk im südafrikani-schen Heidelberg wurde bereits eröffnet.

Gemeinsam forschen. »Um in einem ausgesprochen interdisziplinären Fach wie der Unternehmens-ethik reüssieren zu können, brauchen wir starke Netzwerke«, weiß Markus Scholz. In enger Zusammenarbeit mit vielen Partnerorganisationen aus Zi-vilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft forscht das CCGBE an Grundlagenprojekten, ge-

»DIE STAKEHOLDER-GRUPPEN WERDEN ANSPRUCHSVOLLER.« MARKUS SCHOLZ

Markus Scholz ist Stiftungs-professor an der FHWien der WKW.

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neriert Fallstudien und transfe-riert Forschungsergebnisse in anwendungsbezogene Kontexte. In diversen Anschlussprojekten werden die Ergebnisse in umsetz-bare Handlungsempfehlungen überführt, welche die Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter des CCGBE in Auftragsprojekte von Unternehmen implementieren.

Werte für die Ewigkeit. So wird in Kooperation mit der Josef Manner AG eine Werteanalyse des öster-reichischen Traditionsunterneh-mens durchgeführt. Ziel ist die Erstellung eines »Wertekatalogs«, der zukünftigen Management-generationen als Anhaltspunkt für strategische Entscheidungen dienen kann. »Wer bei Manner arbeitet, spürt den Spirit des Un-ternehmens. Da schwingen auch die Werte des Gründers mit, der vor 125 Jahren den Grundstein für das größte rein österreichische Süßwarenunternehmen gelegt hat. Diese Werte, diesen Spirit wollen wir konservieren«, erklärt Albin Hahn, Vorstand für Finan-zen und Personal bei Manner. Carl Manner, Aufsichtsratsvorsit-zender und Enkel des Gründers, verkörpert diesen Spirit (siehe dazu auch das Interview auf Seite 16). 2008 zog sich der heute 85-Jährige aus dem operativen Geschäft zurück und vertraute das Familienunternehmen einem Team von ausgewählten Mana-gern an. »In Interviews mit Dr. Manner, internen und externen Befragungen wird das FH-Team die Manner-Werte herausarbei-ten und in einem Kompendium zusammenfassen«, so Hahn.

Dieses Kompendium soll Richt-linien für strategische Entschei-dungen bieten. »Die moralischen Erwartungen, gerade an ein Familienunternehmen mit dem Stephansdom auf der Verpa-ckung, sind sehr hoch«, weiß Hahn. Das Unternehmen hat in

den vergangenen Jahren Nachhal-tigkeitsprojekte ins Leben gerufen, verwendet etwa teureren, mit dem UTZ-Gütesiegel für nachhaltigen Anbau von Agrarprodukten zerti-fizierten Kakao; die Casali Scho-kobananen tragen ab sofort das Fairtrade-Siegel. »Das ist natürlich ein gutes Gefühl. Vor allem aber wäre es fatal, wenn wir als Famili-enbetrieb in das Fahrwasser von Kinderarbeit, Ausbeutung oder Umweltzerstörung kommen wür-den.« Manner wurde bei Marken-Umfragen, unter anderem durch das Linzer Market Institut, von KonsumentInnen zur beliebtes-ten Marke Österreichs gewählt. Die Marke wird mit Begriffen wie »Qualität« und »Vertrauen« asso-ziiert. »Das müssen wir erhalten«, meint Hahn. »Wir sind jetzt sehr nahe an den Werten der Manners – und wollen ihnen auch künftig treu bleiben.«

Fragen & Werkzeuge. Was würde also Carl Manner tun, wenn zum Beispiel ein anderes Unterneh-men den Betrieb aufkaufen will? »Solche Angebote hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben«, so Hahn. Carl Man-

ners Antwort lautet: »Es ist kein Lebenszweck, eine Firma zu ver-kaufen. Eine Firma sollte man gut führen, damit sich die Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter weiter entwickeln können und einen sicheren Arbeitsplatz haben.«

Die WissenschafterInnen des CCGBE können durch die enge Verzahnung mit Unternehmen ihre Forschungsergebnisse in ei-nen unmittelbaren Anwendungs-kontext bringen, das eröffnet auch Zugang zu neuen Fragestellun-gen. »Wir interessieren uns sehr für die Frage, wo die wachsende Verantwortung der Unternehmen beginnt und wo sie endet«, so Scholz. »Es kann für die meisten Managerinnen und Manager auch künftig nicht primär darum gehen, die Welt zu verbessern. Aber wir geben ihnen die Fähigkeit und die Werkzeuge, die sie für erfolgrei-ches Wirtschaften im Sinne des Shared Value brauchen.« ■

Manners Werte sollen einen langen Schatten werfen.

»WIR SIND JETZT SEHR NAHE AN DEN WERTEN DER MANNERS — UND WOLLEN IHNEN TREU BLEIBEN.« ALBIN HAHN

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29APRIL 2015

lernpunkt

Sophie Lenz leitete bis vor Kurzem das Kompetenzteam E-Learning.

Thomas Wala versteht sich als Lernpartner und Coach.

Neue Medien eröffnen neue Lehrmöglich-keiten.

KLASSENZIMMER Inverted Classrooms stellen herkömmliche Lehrmethoden auf den Kopf: Studierende bereiten sich individuell per Lehrvideo vor, um in der Präsenzvorlesung mit den Vortragenden vertiefend zu üben und zu diskutieren. An der FHWien der WKW engagiert sich Thomas Wala besonders für dieses wegweisende »Blended Learning«. VON FLORIAN SEDMAK

Bei herkömmlichen Vorle-sungen bleibt kaum Zeit übrig, um das Vorgetragene

einzuüben und anzuwenden«, sagt Thomas Wala nüchtern. Vor allem dann, wenn die Vortragen-den in die Vollständigkeitsfalle tappen und auf mehreren Hun-dert Folien kein Detail unerwähnt lassen wollen. Als Leiter des Studiengangs Unternehmensfüh-rung/Entrepreneurship und des Instituts für Unternehmensfüh-rung an der FHWien der WKW weiß Wala auch nur zu gut, dass aufgetragene Hausaufgaben kaum erledigt werden. Der Grund: nur selten wird Heimarbeit in der Leistungsbewertung gewürdigt. »Die aufgeschobene Auseinan-dersetzung wird dann mit hek-tischem Lernen vor der Prüfung nachgeholt«, beschreibt Wala die von Studierenden sarkastisch »Bulimielernen fürs Kurzzeitge-dächtnis« getaufte Praxis.

Gegen das »Bulimielernen«. Daher experimentiert Wala derzeit mit einem Anti-Bulimie-Programm: dem Inverted Classroom, in dem er seinen Studierenden vorab online informatives Material wie Lehrvideos zum Selbststu-dium zur Verfügung stellt. Sein Vorbild, das er in Sachen neuer Lern- und Vermittlungsmodelle auch für einen Vortrag bei der

letzten Lektorenkonferenz seines Instituts gewonnen hat, ist Jür-gen Handke von der Philipps Uni Marburg. »Heute redet man nicht mehr so viel über Inhalte, denn die Inhalte sind woanders, die sind im Internet«, bestätigt Handke. Längst hat er für das Vermitteln von Inhalten ein neues Medium gewählt: »Ich rede jetzt im Video.« Die Unterrichtszeit an der Uni gehöre vor allem aktiven Plena, Gruppenarbeiten sowie Video- und White-Board-Präsentationen von Studierenden.

Lerncoach auf Augenhöhe. Wie Handke versteht sich auch Thomas Wala verstärkt als Lernpartner und Coach auf Augenhöhe für seine Studierenden: »Meine Lektorinnen und Lektoren und ich sind um eine didaktisch anspruchsvolle und motivierende Unterrichtsgestal-tung bemüht; wir haben bereits verschiedene innovative Lehrfor-men wie die Case-Study-Methode, Problem Based Learning, Planspie-le und Praxisprojekte im Einsatz.« Lehrvideos zu produzieren sei dank simpler Software nicht mehr schwer, betont Sophie Lenz, die das Kompetenzteam E-Learning an der FHWien der WKW bis vor Kurzem leitete. Lehrvideos seien im Haus zwar noch nicht flächendeckend im Einsatz, doch »über 75 Prozent aller Lehrveranstaltungen werden

von Inhalten auf der E-Learning-Plattform Moodle begleitet.«

Trauen und ausprobieren! Die Akti-vitäten der verschiedenen Fach-bereiche seien auch schwer zu vergleichen. »Die Möglichkeiten, die digitale Instrumente beispiels-weise im Bereich Fremdsprachen bieten, sind ganz anders ausge-prägt als in ›informationslastigen‹Grundlagenfächern oder bei Social Skills«, betont Lenz. Vielfach fehle es noch am Wissen, wie wirksam man mit Lehrvideos arbeiten kön-ne. Daher ermutigte sie die Leh-renden an der FHWien der WKW, es Thomas Wala gleichzutun: »Man muss sich einfach einmal drübertrauen und etwas auspro-bieren – viele Lehrende merken dann, dass es ihnen auch Spaß macht, zu experimentieren.« ■

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da war doch noch …

NUR WIR KLINGEN SO!Als größtes Ausbildungsradio Österreichs ist Radio NJOY 91.3 das akustische Aushängeschild der FHWien der WKW. Ein hochmotiviertes Team um Radiobereichsleiterin Karina Schwann vom Institut für Journalismus & Medienmanagement gestaltet online und on air ein ambitioniertes Programm in Sachen Wissenschaft, Bildung und Stadtleben. VON FLORIAN SEDMAK

Nur wir klingen so«, lautet die selbstbewusste Ansa-ge des FH-Radiosenders

NJOY 91.3. Seit 2011 ist der Informations- und Bildungssen-der der Studierenden in Wien auf der Frequenz 91.3 zu hören. Der Rest der Welt kann dem »Radio für junge, weltoffene und urbane Menschen« online via Livestream lauschen. Jung wird das Radio dank der permanenten Fluktu-ation in den Redaktionsräumen wohl auch immer bleiben. Recht gesetzt ist hingegen das theore-tische Fundament, auf dem die Praxis von Radio NJOY 91.3 ruht. »Wir sind ein Kommunikations-apparat im Sinn der Radiotheorie von Bert Brecht«, sagt Radioche-fin Karina Schwann zum Selbst-verständnis des weitum einzigen Ausbildungssenders, den die

BRECHT UND DAS RADIODer deutsche Dramatiker und Lyriker und überzeugte Kommunist Bertolt Brecht (1898–1956) erlebte den Aufstieg des Radios zum Massen­medium, das auch als Propaganda­instrument missbraucht wurde. Als Gegenentwurf zum Ein­Sender­an­viele­HörerInnen­Modell entwickelte Brecht eine kritische Radiotheorie und formulierte: »Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommu­nikationsapparat des öffentlichen Lebens (...) wenn er es verstünde (...) den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn auch in Beziehung zu setzen.«

angehenden RadiomacherInnen selbst gestalten können. Denn von den Studierenden stam-men nicht nur die Beiträge – sie entwickeln auch eigene Formate wie etwa die »Kulturcollage« und die »Tonwerkstatt«.

Brecht goes crossmedia. Seit Brechts in den 1930er-Jahren angestellten Überlegungen zu einem dialogischen Radio hat sich einiges getan, und so betreibt das Ausbildungsteam parallel zum akustischen Inhalt zusätzlich die vergangenen Herbst runderneuerte Web-seite wien.njoyradio.at sowie den obligatorischen Auftritt auf Facebook und Twitter. Ganz im Sinne von Brecht verfügt NJOY 91.3 über das, was der audio-phile Marxist wohl als »Produk-tionsmittel« bezeichnet hätte: »Wir haben eine eigene Sende-anlage, ein eigenes Radiostudio und Redaktionsräume«, erklärt Schwann. Im Studio arbeiten drei bis vier LektorInnen, die mit den Studierenden Nachrichten und erste Beiträge produzie-ren. Externe Lehrende aus den Studios von Radio Wien, FM4 und Ö1 ergänzen Schwanns Lehrteam. Mit ihnen am Werk sind jeweils 50 bis 60 Teilneh-merInnen der drei Studiengänge des Instituts für Journalismus & Medienmanagement.

Pflicht und Kür. Schreibwerkstätten fürs Radio, Sprachausbildungen, Vertiefungen zur Nachrichtenbe-richterstattung oder Aufnahme- und Studiotechnik seien die Basis des studentischen Radiomachens, wie Karina Schwann sagt. Die Kür bestünde in Moderations- und Dramaturgieschulungen sowie im Erarbeiten packender Live-Einstiege. »Mit der Gestaltung von Audiobeiträgen und ihrer cross-medialen Umsetzung sowie mit den Fortschritten in der Modera-tion bin ich zufrieden«, freut sich Schwann über das bisher Erreich-te. »Das Entwicklungspotenzial liegt natürlich im Detail.« ■

Die Bachelor-Studierenden Daniela Krenn und Pedram Seidi sammelten schon NJOY-Erfahrung.

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im bilde

FOTO-GEN Nach dem Abschluss eines Journalismus­Studiums an der FHWien der WKW (2010) machte Alexander Müller (geboren 1988) seine Leidenschaft Fotografie zum Beruf und gibt nun hauptberuflich Fotokurse für AnfängerInnen und Fortgeschrittene. Dabei greift er auch selbst zur Kamera: Dieses eindrucksvolle Bild (es zeigt Marie­Luise Schottleitner) entstand während eines Shooting­Workshops am Alberner Hafen. www.alexander­mueller.at

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coverstory

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herausforderung Werte mag man eben – Wie kann man unternehmerischen Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung verknüpfen? SEITE 26–28

lernpunkt Klassenzimmer andersrum – Neue Lehrmethoden stellen herkömmliche Lernkonzepte auf den Kopf. SEITE 29

da war doch noch … Nur wir klingen so! – Radio NJOY 91.3 ist das größte Ausbildungsradio Österreichs. SEITE 30

im bilde Foto-Gen – Alexander Müller machte seine Leidenschaft zum Beruf. SEITE 31

geradeheraus SEITE 8

empfehlenswert SEITE 12–13

fhwien.ticker SEITE 21

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impressumMedieninhaber, Herausgeber: FHWien Fachhochschul-Studiengänge Betriebs- und Forschungseinrichtungen der Wiener Wirtschaft GmbH (FHW GmbH), Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, E-Mail: [email protected], Tel.: 01/476 77-5731Chefredaktion: Christa Danner, Carina WeissRedaktion: Stefan Grampelhuber, Wolf-gang Knabl, Gerhard Meszaros, Florian Sedmak, Lilian Siewert,

Florian Streb, Eva Woska- NimmervollFotos: Michael Krebs (S. 1, 2, 5, 6, 9, 20), Shutterstock (S. 23, 15, 29), Philipp Tomsich (S. 17, 18, 19), Corbis (S. 27, 28), Alexander Müller (S. 31)Corporate Publishing: Egger & Lerch, 1030 Wien, www.egger-lerch.at (Artdirektion und Layout: Elisabeth Ockermüller; Bild bearbeitung: Michael Krebs, Reinhard Lang) Korrektorat: Ewald SchreiberDruck: Berger, Horn

inhalttourismus Reisen, um zu speisen – Wie Kulinarik zur Touristenattraktion wird. SEITE 2–7

alumni&co Was macht eigentlich ... jemand, der Organisations­ und Personal­entwicklung studiert hat? Drei Berufs­Porträts. SEITE 10–11

jenseits von währing Von den Anden in die Alpen – Wien ist anders als Chile, merkte die Studen­tin Verónica Gutiérrez. SEITE 14–15

dialog »Die Schnitten-Erzeugung ist nichts Ernstes« – Der 85­jährige Carl Manner im Interview über Konstanz, Wandel und Werte. SEITE 16–19

blitzlicht Keine Panik ohne Titanic – Absolvent Michael Ziegelwagner ist Satiriker fernab seines Schiffs. SEITE 20

alles neu Große Renovierung in der kleinen Firma – Wenn sich ein Bauunter­nehmen vom Beton verabschiedet. SEITE 22–23

ins netz gegangen Building Bridges: Österreich im Song-Contest-Fieber – Drei AbsolventInnen bzw. Studierende der FHWien der WKW fiebern dem Wettsingen besonders entgegen. SEITE 24–25

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