Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie...

205
Relativistische Theorie offenschaliger Atome Auf dem Wege zur Kombination der Multikonfigurations Dirac–Fock Methode mit der Vielteilchenst¨ orungstheorie Stephan Fritzsche Universit¨ at Kassel Habilitationsschrift Kassel, Oktober 1996

Transcript of Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie...

Page 1: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Relativistische Theorieoffenschaliger Atome

Auf dem Wege zur Kombination derMultikonfigurations Dirac–Fock Methode

mit der Vielteilchenstorungstheorie

Stephan FritzscheUniversitat Kassel

HabilitationsschriftKassel, Oktober 1996

Page 2: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. Auf dem Wege zur Kombination der Multikonfigurations Dirac-Fock Methode mit der Vielteilchenstörungstheorie. Universität Gesamthochschule Kassel, Habilitation, 1996

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtschutzgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 3-933146-02-X © 1998, Kassel University Press GmbH, Kassel

Page 3: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung 1

2 Grundlagen der relativistischen Atomstruktur 11

2.1 Die Dirac–Gleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.2 Naherungslosungen mit endlichen Basissatzen . . . . . . . . 16

2.3 Die Elektron–Elektron Wechselwirkung. . . . . . . . . . . . 20

2.4 Relativistischer Hamiltonoperator. . . . . . . . . . . . . . . 25

2.5 Das”Standardmodell“ der Atomstruktur. . . . . . . . . . . . 34

2.6 Atomare Basissatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.7 Matrix Dirac–Fock Gleichungen. . . . . . . . . . . . . . . . 45

3 Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode 49

3.1 Einordnung der Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

3.2 N–Elektronen Konfigurationsfunktionen. . . . . . . . . . . . 54

3.2.1 Konstruktion der CSF inj jKopplung . . . . . . . . 54

3.2.2 Matrixelemente spharischer Tensoren . . . . . . . . . 57

3.3 Das Strukturprogramm GRASP. . . . . . . . . . . . . . . . 59

3.4 Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen . .. . . . . 67

3.4.1 Energiefunktionale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

3.4.2 Integrale der Elektron–Elektron Wechselwirkung . . . 72

3.4.3 Winkelkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

3.4.4 Orthonormale Basisspinoren. . . . . . . . . . . . . . 79

3.4.5”Drehung“ der Orbitalbasis. . . . . . . . . . . . . . . 81

Page 4: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

ii Inhaltsverzeichnis:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

3.4.6 Implementierung und erste Ergebnisse. . . . . . . . . 85

3.4.7 Beispiele algebraischer SCF Losungen. Konvergenz-verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

3.4.8 Zusammenfassung und Urteil . . . . . . . . . . . . . 95

3.5 Schwierigkeiten und Grenzen der MCDF Methode .. . . . . 100

4 Atomare Vielteilchenstorungstheorie 103

4.1 Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

4.2 Rayleigh–Schrodinger’sche Storungstheorie. . . . . . . . . . 108

4.2.1 Die verallgemeinerte Bloch–Gleichung . . .. . . . . 108

4.2.2 Zweite Quantisierung. Das Teilchen–Loch Bild. . . . 117

4.2.3 Feynman–Goldstone Diagramme. . . . . . . . . . . 123

4.2.4 DasLinked–DiagramTheorem . . . . . . . . . . . . . 126

4.3 Storungstheorie fur offenschalige Atome. . . . . . . . . . . . 128

4.3.1 Erweiterte Modellraume . . . . . . . . . . . . . . . . 129

4.3.2 Feyman–Goldstone’sche Storungsreihen . . .. . . . . 131

4.3.3 Vakuumamplituden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

4.3.4 Winkelreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

4.4 Herleitung atomarer Storungsreihen . . . . . . . . . . . . . . 140

4.4.1 Grundschritte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

4.4.2 Computeralgebraische Losungen. . . . . . . . . . . . 142

4.4.3 Energiekorrekturen fur Atome mit abgeschlossenerSchalenstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

4.4.4 Energiekorrekturen fur offenschalige Atome .. . . . . 153

4.4.5 Andere atomare Eigenschaften. . . . . . . . . . . . . 157

4.5 Konvergenz der Storungsreihen. Anmerkungen . . .. . . . . 162

5 Zur Kombination der MCDF und MBPT Methoden 171

5.1 Wege zur Verflechtung der Methoden. . . . . . . . . . . . . 172

5.2 Ein Beispiel: Der Grundzustand von Beryllium . . .. . . . . 176

6 Zusammenfassung und Ausblick 181

Literaturverzeichnis 185

Page 5: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

1Einfuhrung

Die Elektronenstruktur freier Atome gilt nach Meinung vieler Physiker alspraktisch vollstandig verstanden. Diese Ansicht wird vor allem dadurch ge-pragt, daß die Wechselwirkung der Elektronen untereinander sehr gut erforschtist und in der Quantenelektrodynamik ein solides theoretisches Fundamentbesitzt. Zudem liefern oftmals einfache Schalenmodelle bereits ein qualitativrichtiges Bild zu vielen Prozessen, die in der Atomhulle stattfinden. Auf denallerersten Blick hin laßt sich daher dem bekannten Wissen scheinbar nur we-nig Neues hinzufugen.

Diese haufig geaußerte Ansicht ist leider viel zu optimistisch und wird unseremtatsachlichen Verstandnis der atomaren und molekularen Elektronenstrukturkeineswegs gerecht. Die Untersuchung freier Atome wirft auch heute noch vie-le Fragen auf, die sich mit den gegenwartig verfugbaren theoretischen Metho-den und Werkzeugen nicht oder nuraußerst unzureichend beantworten lassen.Viele (wenn auch keineswegs alle) dieser Abweichungen zwischen den expe-rimentellen Ergebnissen und deren theoretischer Vorhersage lassen sich dabeiauf Einflusse zuruckfuhren, die durch die

”relativistische Bewegung“ der Elek-

tronen verursacht werden. Dies fuhrte in den vergangenen Jahren dazu, daßverstarkt relativistische Methoden bei derab–initioBeschreibung von Atomen(und eingeschrankter auch von Molekulen) untersucht und weiterentwickeltwurden. — Wir wollen in dieser Arbeit die wichtigsten dieser relativistischenMethoden, die sich in einem breiteren Rahmen auch praktisch anwenden las-sen, darstellen und jungere Beitrage auf diesem interessanten Gebiet kritischbeurteilen und zusammenfassen.

Tatsachlich sind freie Atome die einfachsten (quantenmechanischen) Vielteil-chensysteme, die in der Natur vorkommen und in denen dennoch die Zahl

Page 6: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2 Kapitel 1. Einfuhrung:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

der”Teilchen“, d.h. die Anzahl der Elektronen, jedem Atom eine charakte-

ristische Signatur verleiht. Diese beiden Charakteristika haben den Atomenstets einen besonderen Platz beim Studium komplexerer Systeme eingeraumt.Sie sind deshalb auch heute noch ein wichtigesTestfeldbei der Untersuchungvon Vielteilcheneffekten und der Entwicklung theoretischer Methoden. Die imVergleich mit Molekulen oder komplexeren Vielteilchensystemen relative Ein-fachheit der Atome ermoglicht es zum Beispiel, derenab–initio Beschreibungrelativistische oder teilweise sogar strenge feldtheoretische Methoden zugrun-de zu legen.

Ein wesentliches Anliegen derab–initio Theorie ist es, die Eigenschaften derAtome prazis vorherzusagen, ohne daß dafur weitere experimentelle Ergebnis-se (mit Ausnahme weniger gemessener Naturkonstanten) in die Theorie einf-ließen. Dabei sind zuverlassige Vorhersagen offensichtlich umso wunschens-werter, je schwieriger sich diese Eigenschaften experimentell bestimmen oderaus anderen bekannten Großen der Atome herleiten lassen. Allerdings laßt sichdieses Anliegen bisher meist nur fur Wasserstoff–ahnliche Ionen tatsachlichverwirklichen. Dagegen konnen Vorhersagen fur Vielelektronenatomen nur inwenigen Ausnahmefallen mit einer spektroskopisch relevanten Genauigkeitgetroffen werden. Dies liegt vor allem daran, daß eine systematischere Berech-nung freier Atome zum Einen erst in den allerletzten Jahren moglich wurdeund andererseits auch gegenwartig noch auf recht einfache Schalenstrukturenbeschrankt ist.

Der letztere Grund gilt insbesondere fur alle Methoden, die sich — mit denheute verfugbaren Rechnern — auch praktisch auf Mehrelektronenatome an-wenden lassen. Zum Beipiel konnen bereits fur so einfache Atome wie Alumi-nium, Silizium oder die in vieler Hinsicht wichtigen Elemente der Eisengruppebisher keine prazisenab–initio Rechnungen durchgefuhrt werden. Eine ganzahnliche Beschrankung trifft auch auf die Berechnung nahezu aller angeregtenAtomzustande zu. Ein Ziel der gegenwartigen Forschung ist es darum, einenAusweg aus dieser Situation zu finden. Bevor wir uns jedoch der Darstellungeiner relativistischen

”Atomstrukturtheorie“ zuwenden, wollen wir bereits an

dieser Stelle die grundlegenden Methoden, die in dieser Arbeit ausfuhrlicherdargestellt werden, kurz charakterisieren.

Hauptpfeiler der ab–initio Atomstruktur : : :

Die Erfolge der relativistischenab–initio Atomstruktur ruhen heute auf zweiPfeilern, die in den vergangenen 30 Jahren weitgehend unabhangig voneinan-der errichtet wurden. Den einen Pfeiler bilden verschiedene Variationsverfah-ren zur totalen Energie, wobei die Variation in der Multikonfigurations Dirac–Fock (MCDF) Methode am konsequentesten ausgefuhrt wird. Diesem Ansatzzur Losung der atomaren Schrodinger–Gleichung(H Ψ = E Ψ) stehen die Me-

Page 7: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

thoden der Vielteilchenstorungstheorie (MBPT —MANY–BODY PERTURBA-TION THEORY) als zweiter wichtiger Grundpfeiler gegenuber. Auf beiden Ge-bieten sind inzwischen vielfaltige Erfahrungen gesammelt worden. Dabei sindsowohl die MCDF Methode wie auch die Vielteilchenstorungstheorie jeweilsin dem Sinne vollstandig, daß formal mit ihnen (nahezu) alle Wechselwirkun-gen der Elektronen, die in offenschaligen Atomen und Ionen von Interessesind, systematisch erfaßt werden konnen. Beide Naherungsverfahren sind inihrem Limit (in einem spater noch zu erklarenden Sinne)aquivalent zur FCILosung (FULL CONFIGURATION INTERACTION), die innerhalb einer (vorge-gebenen) Basis bestimmt werden kann. In den meisten Fallen jedoch ist eineFCI Losung mit einer physikalisch angemessenen Einelektronenbasis naturlichnicht erreichbar. — Dies unterstreicht bereits an diesem Punkt die grundlegen-de Bedeutung, geeignete Naherungsmethoden zu erarbeiten.

Wir betrachten zunachst kurz die MCDF Methode. Diese ist das am einfach-sten und haufigsten verwendete Verfahren beim Studium offener Schalenstruk-turen. In ihrer Grundidee folgt sie der aus der nichtrelativistischen Theorie be-kannten Hartree–Fock Methode. In den vergangenen Jahren wurden MCDFWellenfunktionen haufig zur Interpretation atomarer (

”optischer“) Spektren1

sowie zur Berechnung atomarer Anregungs– und Zerfallseigenschaften einge-setzt. Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen Entwick-lung leistungsfahiger Programme begrundet. Die bekanntesten Programmpa-kete sind das Atomstrukturprogramm GRASP (Grantet al 1980, Parpiaetal 1996) und eine weiterentwickelte Version des Desclaux–Programmes (De-sclaux 1975, Indelicato 1995). Allerdings verwenden beide Strukturprogram-me finite–Differenzen Methoden zur Losung der gekoppelten, radialen Ein-teilchengleichungen. Dies fuhrt zu nenneswerten Schwierigkeiten, wenn dieMCDF Methode in andere Losungsverfahren eingebunden werden soll.

Den zweiten Pfeiler bei der Beschreibung von Mehrelektronenatomen bildetdie Vielteilchenstorungstheorie. Sie wurde in ihrer ursprunglichen Form in den50er Jahre zur Berechnung von Kernstrukturen (siehe z.B. De–Shalit und Talmi1963) entwickelt und zu Beginn der sechziger von Kelly (1963, 1964) erstmalsauf Atomeubertragen. Seitdem sind mit den Methoden der MBPT fur eineVielzahl verschiedener Eigenschaften prazise theoretische Vorhersagen getrof-fen und vom Experiment bestatigt worden. Wir wollen eine Aufzahlung dermit diesen Methoden bislang untersuchten atomaren Eigenschaften auf spater(Kapitel 4) verschieben und zunachst nur kurz das Herangehen dieser Theo-rie umreißen. Deren Ziel ist es, eine gesuchte physikalische Große (gewohn-lich) als Storungsreihe darzustellen, zu deren Berechnung schließlich allein dieLosungen einereffektivenEinteilchengleichung ausreichen. Diese Reihe sollnaturlich schnell genug konvergieren, so daß in praktischen Rechnungen nur

1Der Begriff des”optischen“ Spektrums wird hier sehr weitl¨aufig verwendet und umfaßt Wel-

lenlangen, die vom infraroten bis hinein in den R¨ontgenbereich geh¨oren.

Page 8: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4 Kapitel 1. Einfuhrung:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

sehr wenige Glieder berucksichtigt werden mussen. — Neben der traditionel-len Storungstheorie, die die Korrekturen zu einer untersuchten Große schritt-weise in einzelnen Ordnungen bestimmt (bisher allerdings kaumuber die 3.Ordnung hinaus), wurde in den letzten Jahren auch die Coupled–Cluster Nahe-rung (CCA — COUPLED–CLUSTER APPROXIMATION) erfolgreich auf Ato-me angewandt. In dieser Naherung werden die starkeren Wechselwirkungender Elektronen in Form von ein–, zwei–,: : : ; nTeilchen Anregungen iterativin allen Ordnungenberucksichtigt. Die gegenwartig am haufigsten genutzteNaherung (CCSD, deren physikalischen Inhalt wir spater diskutieren) schließtin diesen Ansatz alle Single– und Doubleanregungen ein und vernachlassigtdie daruberhinausgehenden Mehrelektronenanregungen.

Nahezu alle bisherigen Anwendungen der Vielteilchenstorungstheorie betref-fen allerdings Atomzustande mit einer sehr einfachen Schalenstruktur. Der ent-scheidende Grund dafur ist, daß die Storungsreihen mit jedem Elektron bzw.Loch, die die Schalenstruktur der Atome weiter

”offnen“, deutlich komplizier-

ter werden. Deshalb fehlen bislang auch genauere Rechnungen fur atomareZustande mit

– mehr als zwei offenen Schalen,– mehr als zwei Elektronenund/oderLochern und schließlich,– falls die untersuchten Eigenschaften neben den dominanten Coulomb-Korre-

lationen von mehr als einer weiteren (kleinen) StorungV =V1+V2+ : : : abhangen.

Die letztere Einschrankung tritt dabei oftmals bereits auf, falls die relativisti-schen Korrekturen zur Elektron–Elektron Wechselwirkung storungstheoretischmit einbezogen werden sollen. Daruberhinaus bereiten in der Atom– und Mo-lekulstruktur insbesondere die relativ geringe Aufspaltung der Feinstrukturni-veaus nennenswerte Probleme. Eine solche (Quasi–)Entartung der atomaren(Vielelektronen–)Zustande kann es bei der theoretischen Beschreibung erfor-dern, von Beginn an von mehrdimensionalen Modellraumen auszugehen.

Diese beiden Saulen der modernen Atomstruktur, die MCDF Methode und dieVielteilchenstorungstheorie, stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit. Wir werdensie spater beide ausfuhrlich darstellen und diskutieren. Zunachst wollen wirhier nur einige wichtige Charakteristika miteinander vergleichen. Betrachtenwir beispielsweise denAufwand, der in diesen beiden Methoden fur genauereStrukturrechnungen erforderlich ist, so bleiben die meisten Anwendungen derMCDF Methode aufgrund desUmfanges der Hamilton–Matrixund der Wel-lenfunktionen beschrankt. Dagegen bildet auf Seiten der MBPT derUmfangder Storungsreihendas wesentliche Hindernis, um diese Methoden auf einehohere Ordnung bzw. auf offenschalige Atome zuubertragen. — Aber auchdie Vorteiledieser beiden Saulen unterscheiden sich deutlich; sie sind beson-ders pragnant bei Morrison und Froese Fischer (1987) zusammengefaßt:

Page 9: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

5:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Although accurate calculations can be performed with either scheme, the-se methods are clearly at their best under quite different circumstances.The MCHF [MCDF] method is most effective in capturing the dominantcorrelation effects: : : : : : : : : ; however, one often encounters difficultieswithin the method in dealing with a series of weakly interacting states.

Perturbation theory, on the other hand, has exactly the opposite characte-ristics — large correlation effects are difficult to incorporate but a largenumber of small effects can readily be included.

Diese verschiedene Merkmale der MCDF und MBPT Methoden haben in denvergangenen Jahrenofter zu dem Vorschlag gefuhrt, die beiden Saulen engerzu kombinieren. Allerdings sind zu einer solchen Kombination wichtige Vor-aussetzungen zu erfullen, die bislang kaum in Angriff genommen wurden. Diesliegt sowohl an den auftretenden Schwierigkeiten als auch an der Tatsache, daßdie Entwicklung dieser Methoden in recht verschiedenen

”Schulen“ verlief. So

fanden allgemeingultigere Konzepte zu einer Kombination dieser Methodenletztlich auch nur wenig Aufmerksamkeit. Wir wollen in dieser Arbeit eini-ge Neuentwicklungen vorstellen, die diese Kombination zukunftig zum Zielehaben und die dafur notwendigen Voraussetzungen schaffen.

: : : und die Voraussetzungen zu ihrer Verknupfung

Die wesentlichen Schwierigkeiten bei der Verknupfung der MCDF Methodemit der Vielteilchenstorungstheorie sind:

Es gibt bislang keine gemeinsame mathematische Sprache. Wahrend die Varia-tionsmethoden der Atomstruktur geradezu traditionell finite–Differenzen Ver-fahren zur Losung dereffektivenEinteilchengleichungen verwenden, setzt dieStorungstheorie praktisch immer die Kenntnis eines vollstandigen und ange-paßten Einelektronenspektrums voraus. Dieses konnen die bekannten relativi-stischen Strukturprogramme nicht bereitstellen.

Bei allen Variationsansatzen wird der Modelloperator, zu dem die Elektronen-orbitale selbstkonsistente Losungen sind, erst im Verlaufe des SCF Prozessesfestgelegt. Dies erschwert oftmals die Partionierung des Hamiltonoperators,die einer Storungsrechnung normalerweise vorausgeht.

Fur offenschalige Atome und die dabei auftretenden, erweiterten Modellraumesind die Storungsreihen der MBPT allgemein sehr aufwendig und wurden ausdiesen Grunde bislang kaum untersucht.

Diese drei Schwierigkeiten sind bisher keineswegs umfassend gelost. Aller-dings wurden in den letzten Jahren wichtige Entwicklungen durchgefuhrt,die bei derUberwindung dieser Schwierigkeiten helfen. Fur einegemeinsa-me Spracheder MCDF und MBPT Methoden sind zum Beispiel atomare Ba-sissatze recht gut geeignet. Sie fuhren bei einem Variationsansatz mit einer

Page 10: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

6 Kapitel 1. Einfuhrung:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

einzelnen Determinante zu einer Matrixdarstellung der Dirac–Fock Gleichun-gen. Solche Matrix–Dirac–Fock Rechnungen wurden bereits von Kim (1967)durchgefuhrt. Allerdings boten diese Matrixrechnungen anfangs keine echteAlternative zur Verwendung der schon damals etablierten finiten–DifferenzenVerfahren. Oftmals waren die (algebraischen) Losungen keine oberen Schran-ken zu den gesuchten Energien und traten teilweise sogar vollig spuriosauf.Dieser sogenannte

”Variationskollaps“ wurde spater in den 80er Jahren sehr

ausfuhrlich untersucht, wobei die Schwierigkeiten schließlich durch eine stren-gere mathematische Diskussion der Randbedingungen, die an die radialen Ei-nelektronenfunktionen zu stellen sind (Sucher 1980, Grant 1986), ausgeraumtwerden konnten. Seitdem sind eine Vielzahl algebraischer Singlekonfigura-tionsrechnungen durchgefuhrt worden, deren Losungen in ihrer Genauigkeitmit denen aus finiten–Differenzen Verfahren vollkommen vergleichbar sind.Matrix–Dirac–Fock Programme fur Atome mit abgeschlossenen Schalen wur-den u.a. von Quineyet al(1987a,b; 1989) und Parpiaet al(1992) erarbeitet undauch zur BerechnungkonfigurationsgemittelterGesamtenergien fur offenscha-lige Atome eingesetzt.

Atomare Basissatze konnen auch einem Multikonfigurationsansatz zugrundegelegt werden. Allerdings ist bis heute kein algebraisches MCDF Programmverfugbar, das fur offenschalige Atome verwendet werden kann. — Multikonf-igurationsgleichungen wurden in der Vergangenheit von Leclercq (1970) undKagawa (1980) hergeleitet, jedoch nur fur sehr wenige Spezialfalle auch prak-tisch angewendet. Beide Arbeiten nutzen (in enger Analogie zu den finiten–Differenzen Verfahren) explizite Lagrange–Multiplikatoren, um die Orthogo-nalitat der Einteilchenfunktionen im Multikonfigurationsansatz zu gewahrlei-sten. Die aus diesem Vorgehen erhaltenen Gleichungen lassen sich allerdingsnur schwer umsetzten. Ein alternatives Verfahren, das wir hier vorstellen wer-den, beruht dagegen auf einer

”Drehung“ der Einteilchenbasis und ist beson-

ders in der Quantenchemie seit langerem bekannt.

Atomare Basissatze haben dabei fur die relativistische Atomstruktur drei ganzentscheidende Vorteile:

(i) Die Breitwechselwirkungen, d.h. die relativistischen Korrekturen zur elek-trostatischen Elektron–Elektron Abstoßung, konnen damit vglw. einfach auchin das selbstkonsistente Feld einbezogen werden; in den traditionellen MCDFProgrammen ist dies nachweislich zu aufwendig.Der Vorteil einer iterativen Berucksichtigung der Breitwechselwirkung ist, daßdadurch alle relativistischen Effekte (αZ)2 bereits im atomaren SCF Poten-tial berucksichtigt werden.

(ii) Die Losung der Matrixgleichungen fuhrt praktisch automatisch zu einerdiskretisierten Darstellung eines vollstandigen Einteilchenspektrums.

(iii) Und wie wir schließlich bereits hervorhoben, nutzt die algebraische Dar-stellung eine mathematische Sprache, die die Kombination des Variationsan-

Page 11: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

7:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

satzes im MCDF Modell mit der Vielteilchenstorungstheorie erleichtert. Ins-besondere konnen die Losungen des MCDF Modells dazu verwendet werden,um spater in der Storungstheorie einen angepaßten ModelloperatorHo zu kon-struieren.

Die letzte der eingangs genannten Schwierigkeiten betrifft die Erweiterung derStorungstheorie auf offenschalige Atome. Eine solche Erweiterung ist sowohlim Rahmen dertraditionellenFormulierung, in der die Losungen nach einzel-nen Ordnungen klassifiziert werden, als auch fur die Coupled–Cluster Nahe-rung von großem Interesse. Die Feynman–Goldstone Diagramme, die in dertraditionellen Form der Storungstheorie in den einzelnen Ordnungen hergelei-tet werden, sind dabei sehrahnlich zu den Feynman–Graphen der QED. Da-von weicht die Coupled–Cluster Naherung durch ihre Einteilung der Storungin Ein–, Zwei– und Mehrteilchenanregungen bereits von Beginn etwas ab. Inallen MBPT Methoden fuhren offene Schalen jedoch grundsatzlich zu deut-lich komplizierteren Storungsreihen, so daß selbst graphische Methoden viel-fach zu aufwendig werden. Einen Ausweg bieten hier computeralgebraischeWerkzeuge, die von uns entwickelt wurden und deren Leistungsfahigkeit wirin Kapitel 4 demonstrieren.

Die erfolgreiche Verknupfung der Variations– und storungstheoretischen Me-thoden setzt voraus, daß die dominanten Mehrelektronenanregungen (Drei–,Vier–, nElektronen Anregungen) bereits mit Hilfe eines Multikonfigurati-onsansatzes zum atomaren

”mean–field“ erfaßt werden. Aufgrund ihres Mehr-

teilchencharakters sind diese Anregungen energetisch vorzugsweise auf tiefer-liegende Schalen beschrankt. Dies bestatigen Multikonfigurationsrechnungenmit den traditionellen Programmpaketen. Auf einem MCDF Ansatz aufbau-end, sollte es daher kunftig moglich sein, sowohl die traditionelle Vielteil-chenstorungstheorie als auch die Coupled–Cluster Methode effizient fur of-fenschalige Atome einzusetzen. Dies bedeutet jedoch nichts anderes als dieVerknupfung der eingangs von Morrison und Froese Fischer (1987) zitiertenVorteile: Die dominanten Korrelationen werden im Multikonfigurationsraumbereits durch die Variation erfaßt, wahrend im dazu komplementaren Raumdann nur noch die schwacheren Korrelationen storungstheoretisch zu beruck-sichtigen sind.

Anspruch und Ziele dieser Arbeit

Ein derartiges Konzept, die Vielteilchenstorungstheorie auf MCDF Wellen-funktionen aufzubauen, setzt umfangreiche Vorarbeiten voraus. Wir werdenim folgenden daher vor allem die wesentlichen Schritte diskutieren, die unsan diese Zielsetzung heranfuhren. Ein erster Schritt ist die Formulierung und(spatere) Umsetzung der MCDF Methode mit endlichen, relativistischen Spi-norbasen. Dabei stehen zur Diskretisierung des Dirac’schen Einteilchenspek-

Page 12: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

8 Kapitel 1. Einfuhrung:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

trums verschiedene Spinorbasen zur Verfugung. Wir werden uns in dieser Ar-beit hauptsachlich aufglobal definierte, spharische Basissatze beschranken,die in den letzten Jahren von Grant und Mitarbeitern entwickelt und propagiertwurden. Ein solcher algebraischer Ansatz fuhrt im MCDF Modell zu einer(quadratisch–integrierbaren) Einteilchenbasis, die schließlich auch zur Berech-nung der Diagramme der Vielteilchenstorungstheorie verwendet werden kann.Endliche Spinorbasen vermeiden die Schwierigkeiten, die bei den finiten–Differenzen Methoden auftreten, da die Integrationuber das kontinuierlicheSpektrum auf eine (weit einfachere) Summationuber quadratisch–integierbare

”Wellenpakete“ zuruckgefuhrt wird. Gleichzeitig laßt sich damit auch dieno–

pair Naherung, die der relativistischen Atomstruktur eine definierte Grundlagegibt, einfach realisieren: Allein das Abzahlen der Einteilchenzustande ist beider Integrationuber das Dirac’sche Spektrum dann namlich ausreichend, umden in der Natur vollstandig besetzten

”Dirac–See“ korrekt zu berucksichtig-

ten.

Der zweite Schwerpunkt dieser Arbeit ist auf die Herleitung der Storungs-reihen offenschaliger Atome gerichtet. Bei dieser Herleitung wollen wir dieComputeralgebra als neue und wertvolle Alternative den bisher verwendetengraphischen bzw. algebraischen Methoden gegenuberstellen. Computeralge-braische Hilfsmittel werden zukunftig — ahnlich zum heute geradezu alltagli-chen Einsatz von Rechnern, ohne die keine erfolgreichen Strukturberechnun-gen mehr denkbar sind — eine ganz entscheidende Rolle spielen. Wir wollendiesen computeralgebraischen Methoden in dieser Arbeit einen breiteren Zu-gang zur Atom– und Molekulstruktur ebnen helfen. Dazu stellen wir in Kapitel4 sowohl jungere (Programm–)Entwicklungen zur Herleitung der Feynman–Goldstone’schen Storungsreihen als auch zur Racah–Algebra vor.

Diese Arbeit mochte schließlich auch den Aufbau einer neuen Arbeitsgruppefordern. Wie wir bereits sahen, wurde das Gebiet der

”relativistischen Atom-

struktur“ vor allem im Verlaufe der letzten drei Jahrzehnte entwickelt und in ei-ner Vielzahl von Veroffentlichungen dargestellt. Die Gesamtzahl der Veroffent-lichungenuber relativistische Strukturrechnungen ist inzwischen auf mehr als8.500 angewachsen (Pykko 1986, 1993) und nimmt noch laufend zu. Das Ge-samtgebiet laßt sich fur Studenten daher nur schrittweise verstehen unduber-schauen. Unter der großen Zahl von Veroffentlichungen gibt es sehr guteUber-sichtsartikel, ein zusammenfassendes Buch zu den Grundlagen und Metho-den der relativistischen Atomstruktur ist bisher allerdings nicht erschienen.Die vorliegende Arbeit kann in ihrer bewußt selektiven Auswahl diese Luckenaturlich nicht schließen; sie soll Studenten jedoch helfen, dieses Gebiet vonzwei wichtigen Seiten her kennenzulernen und sie an aktuelle Fragestellungenheranzufuhren.

Wir werden die grundlegenden Methoden daher (zumindest teilweise) ausfuhr-licher darstellen, als es allein fur eine Zusammenfassung jungerer Forschungs-

Page 13: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

9:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

ergebnisse notwendig ist. Dabei sollen die beiden Hauptsaulen, die unabhangigvoneinander entwickelt wurden, als zwei verschiedene Seiten derselben Theo-rie dargestellt werden. Erst ein solcher Vergleich erlaubt es gewohnlich, dieVorteile und Schwachen dieser Methoden besser beurteilen zu lernen. VieleDetails und Verweise auf die jungere Literatur sind in einer Reihe von Infor-mationskasten zusammengefaßt, um das Herangehen der verschiedenen Me-thoden nicht zu sehr zu unterbrechen.

Im nachsten Kapitel stellen wir zunachst wichtige Grundlagen zusammen, diezur Formulierung einer relativistischen Theorie benotigt werden. Wir betrach-ten dazu die Bewegung eines einzelnen Elektrons in einemaußeren Zentral-feld und die Klassifizierung der darin erlaubten Zustande. Zur Darstellung derWellenfunktionen verwenden wir dabei Spinorbasen, die sich spater auch zurBeschreibung von Vielelektronenatome eignen. Im Gegensatz zur nichtrelativi-stischen Theorie jedoch wird ein

”relativistisches Atom“ nur naherungsweise

durch einen Hamiltonoperator charakterisiert. Den meisten Strukturrechnun-gen wird derno–pair Hamiltonoperator zugrundegelegt. Wir verzichten hierallerdings auf eine strengere Herleitung dieses Operators aus der QED undwollen stattdessen nur die in diesem Operator enthaltenen Wechselwirkungenetwas ausfuhrlicher diskutieren.

Kapitel 3 beschreibt die Grundideen der MCDF Methode. Neben einer kur-zen Zusammenfassung der gegenwartig haufig eingesetzten Strukturprogram-me, formulieren wir im Hauptteil dieses Kapitels diese Methode neu mit Hil-fe atomarer Basissatze. Dies fuhrt uns zu einem diskretisierten Einteilchen-spektrum, wie es von der Storungstheorie in Kapitel 4 meist schon voraus-gesetzt wird. Zur Herleitung der Storungsreihen diskutieren wir Methodender zweiten Quantisierung und die Darstellung dieser Reihen mit Hilfe vonFeynman–Goldstone Diagrammen. Zur Herleitung der Storungsreihen offen-schaliger Atome verwenden wir jedoch computeralgebraische Werkzeuge, diewir an dieser Stelle vorstellen. Beide Kapitel, 3 und 4, formulieren die Vor-aussetzungen, die fur eine engere Verknupfung der beiden genannten Saulenzu erfullen sind. Diese Voraussetzungen wurden bisher nicht vollstandig um-gesetzt. Zwei Wege, die zu einer engeren Verbindung der MultikonfigurationsDirac–Fock Methode mit der Vielteilchenstorungstheorie fuhren, werden an-schließend in Kapitel 5 dargestellt. Eine erfolgreiche Implementierung dieserKonzepte fur offenschalige Atome wird allerdings sicher noch einige weitereJahre intensiver Forschungsarbeit erfordern. Die in Kapitel 3 und 4 beschrie-benen Entwicklungen sind notwendige Markierungssteine auf diesem Wege.

Page 14: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

10 Kapitel 1. Einfuhrung:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Page 15: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2Grundlagen der relativistischen Atomstruktur

Bevor wir die beiden genannten Pfeiler der relativistischen Atomstruktur de-taillierter formulieren, wollen wir zuerst einige wichtige Grundlagen darstel-len, auf die wir spater Bezug nehmen. Wir betrachten daher zunachst die durchdie Dirac–Gleichung beschriebene Bewegung eines Elektrons in einem sta-tischenaußeren Feld. Mit Hilfe eines algebraischen Ansatzes zur Losung derDirac–Gleichung erreichen wir eine Diskretisierung des Einteilchenspektrums,die uns weit mehr Information bereitstellt, als wir sieublicherweise mit finiten–Differenzen Verfahren erhalten. Das so diskretisierte Einteilchenspektrum istin dem (durch die Basis aufgespannten) Unterraum des Hilbert–Raumesvoll-standigund kann spater unmittelbar zur Losung der Vielelektronenatome her-angezogen werden. Fur einen algebraischen Losungsansatz stehen uns dabeiverschiedene Basissatze zur Verfugung. Wir diskutieren hier hauptsachlichglobale Spinorbasen, die einfach und flexibel genug sind, und die sich bereitsbei der Beschreibung geschlossenschaliger Atome sehr gut bewahrt haben.

Der atomaren Elektronenstruktur legen wir hierbei denno–pairHamiltonope-rator zugrunde. Dieser kann als Naherung aus der Quantenelektrodynamik her-geleitet werden und enthalt bereits alle dominanten relativistischen Effekte.Unter Berucksichtigung der korrekten Randbedingungen fur die Einelektro-nenlosungen und einer Projektion auf das positive Spektrum stimmt derno–pair Operator mit dem Dirac–Coulomb–Breit Operator, der naturlichen Verall-gemeinerung des Hamiltonoperators der nichtrelativistischen Theorie auf denrelativistischen Fall, vollkommenuberein. Der Dirac–Coulomb(–Breit) Ha-miltonoperator kann daher auch in einem Variationsansatz verwendet werden.Dies erlaubt uns schließlich, sehr viele Schritte aus der nichtrelativistischenAtomstruktur weitgehend unverandert zuubernehmen.

Page 16: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

12 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

2.1 Die Dirac–Gleichung

Jede relativistische Theorie zur Atomstruktur muß der Bewegung der Elektro-nen naturlich die Dirac–Gleichung zugrunde legen. Die physikalische Interpre-tation dieser relativistischen Wellengleichung sowie ihre mathematischen Ei-genschaften und Besonderheiten wurden in der Vergangenheit in zahlreichenMonographien und Lehrbuchern dargestellt [siehe bspw. Messiah (1974)]. Da-bei kann eine Diskussion zur Dirac–Gleichung sowohl aus der Sicht eines ein-zelnen Elektrons wie auch feldtheoretisch orientierter im Rahmen der Quan-tenelektrodynamik (QED) gefuhrt werden. Wir wollen daraus nur wenige Ein-zelheiten wiederholen, auf die wir uns spater beziehen werden. Grant (1993)gibt beispielsweise eine recht ausfuhrliche Darstellung der Dirac–Gleichung,die auch auf die formale Existenz der Losungen und die Eigenschaften desSpektrums dieser Gleichung eingeht.

In der Dirac’schen Wellengleichung fur freie Elektronen

(cααα p + βmc2)ψ = i h∂ψ∂t

(2.1)

treten nur Differentialoperatoren erster Ordnung symmetrisch in den Raum–und Zeitkoordinaten auf. In dieser Gleichung istp = ih∇∇∇ der Impulsoperatorundmdie Masse eines Elektrons. Die Konstanten

ααα =

σσσ 00 σσσ

; β =

1 00 1

(2.2)

in dieser Wellengleichung sind die bekannten Dirac–Matrizen, die sich mitHilfe der 22 Pauli’schen Spinmatrizen und der Einheitsmatrix

σx =

0 11 0

; σy =

0 ii 0

;

σz =

1 00 1

; 1 =

1 00 1

(2.3)

darstellen lassen. Die vier Dirac–Matrizenααα = (αx; αy; αz) und β antikom-mutieren paarweise miteinander

fαi; α jg = fαi; βg = 0 fur i 6= j und i; j = (x;y;z)

α2x = α2

y = α2z = 1

und gewahrleisten durch diese Eigenschaft, daß die Losungen der Dirac–Glei-chung auch der Klein–Gordon–Gleichung

E2p2m2

ψ = 0 genugen.

Gleichung (2.1) ist die in der Atomstrukturubliche Darstellung der Dirac’schen

Page 17: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.1. Die Dirac–Gleichung 13:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Wellengleichung; sie kann symmetrischer in Bezug auf die Raum– und Zeit-koordinaten auch in einer relativistisch kovarianten Form geschrieben werden.

Der Einfachheit halber verwenden wir in allen nachfolgenden Formeln dieHartree’schenatomaren Einheiten. Bei diesen wird (willkurlich) m = h =e2=4πεo = 1 gesetzt, womit einer atomaren Energieeinheit 27.21 ... eVentsprechen und die Lichtgeschwindigkeit in diesen Einheiten den Wertc =1=α = 137:0360 annimmt. In diesem Kontext bezeichnetα die Feinstruktur-konstante.

Wir benotigen im weiteren nur die stationaren Losungen der Dirac–Gleichungin einemaußeren elektrostatischen ZentralpotentialV(r). Ein solches Potentialwird beispielsweise durch die sich am Koordinatenursprung befindende Kern-ladung hervorgerufen. Daneben zeigt der Erfolg des atomarenSchalenmodellsbei der Beschreibung von Vielelektronenatomen, daß sich jedes der Elektro-nen zumindest naherungsweise in einem Zentralfeld bewegt. In einem solchenaußeren Feld ist dieEinteilchenDirac–Gleichung (in atomaren Einheiten)

hD ψ(r) (cααα p + βc2 + V(r))ψ(r) = εψ(r):(2.4)

Diese Gleichung hat gebundene Losungen(ε < c2), freie Elektronenlosungen(ε > c2) und freie Positronenlosungen(ε <c2). Eine Seperation der raumli-chen Koordinaten gelingt mit dem Ansatz

ψ(r) =1r

Pεκ(r)Ωκm(θ;φ)

i Qεκ(r)Ωκm(θ;φ)

;(2.5)

wobei

κ = ( j +1=2) fur l = j1=2(2.6)

die relativistische Drehimpulsquantenzahl undm die magnetische Quanten-zahl heißt. Anstelle vonε wird im Falle gebundener Losungen im Ansatz (2.5)haufig auch die (ganzzahlige) Hauptquantenzahln zur Klassifizierung der Ein-elektronenlosungen verwendet.

Die in (2.5) vorkommenden (zweikomponentigen) spharischen Spinoren sind

Ωκm(θ;φ) = ∑µhl mµ1=2µj jmiYl ;mµ χµ :(2.7)

Darin bezeichnenYl ;ml die Kugelflachenfunktionen undχµ die zweikomponen-tigen Eigenfunktionen zur Pauli–Matrixσz. Die Großenhl mµ1=2µj jmisind die Clebsch–Gordon Koeffizienten, die fur praktische Berechnungenzweckmaßiger jedoch mit Hilfe der Wigner’schen 3 j Symbole ausgedrucktwerden. Die spharischen SpinorenΩκm(θ;φ) sind Eigenfunktionen zum Pa-ritatsoperatorπ, zum (Einteilchen–)Gesamtdrehimpulsj2 = (l + σσσ=2)2 undzu dessenzKomponentejz, wobei l der Bahndrehimpuls des Elektrons ist.

Page 18: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

14 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Gleichzeitig sind diese spharischen Spinoren aber auch Eigenfunktionen zumOperator

K = l σσσ 1(2.8)

mit

K Ωκm = κ Ωκm:(2.9)

Damit stehen zur Klassifizierung der Einteilchenlosungen (2.5) in einem Zen-tralfeld mit

hD; βπ; j2; jz

bzw. [hD; K; jz] aquivalent zwei verschiedene

Satze von Operatoren zur Verfugung, die miteinander kommutieren und beidevollstandig sind. Wir verwenden im folgenden hauptsachlich die Quantenzah-len fε;κ;mg bzw. fn;κ;mg des zweiten Satzes[hD; K; jz], bei dem der Ge-samtdrehimpuls und die Paritat der Einelektronenzustande gemeinsam durchdie Quantenzahlκ charakterisiert werden. Die mit Hilfe dieser Quantenzah-len klassifizierten Einteilchenlosungen (2.5) werden haufig in Anlehnung anvereinfachte Atommodelle als Dirac–Orbitale oder kurz Orbitalfunktionen be-zeichnet.

Die radialen FunktionenPεκ(r) undQεκ(r) im Ansatz (2.5) sind Losungen zuden beiden gekoppelten Radialgleichungen"

V(r) c

ddr κ

r

c

ddr +

κr

2c2+V(r)

# "Pεκ(r)

Qεκ(r)

#= ε

"Pεκ(r)

Qεκ(r)

#(2.10)

und heißen die große und kleine Komponente eines Dirac–Orbitals. Wir habenauf der linken Seite in beiden Gleichungen noch die Ruheenergiec2 abgezogen,so daß nun fur alle gebundenen Losungenε < 0 gilt. Analytische Losungenzu (2.10) konnen fur ein CoulombpotentialV(r) = Z

r im allgemeinen rechteinfach angegeben werden (Messiah 1974).

In Mehrelektronenatomen bewegt sich jedes Elektron (naherungsweise) eben-falls in einem Zentralpotential, das vom — endlich ausgedehnten — Kern undallen ubrigen Elektronen hervorgerufen wird und daher allgemein keine Cou-lombform besitzt. In diesem Falle mussen die gekoppelten Radialgleichungenentweder auf einem Gitter integriert oder mit Hilfe einer endlichen Basis in einalgebraisches Gleichungssystemuberfuhrt werden. Die Integration auf einem(radialen) Gitternetz stand in der relativistischen Atomstruktur als Losungs-verfahren viele Jahre im Vordergrund und wird in der Literatur kurz als finite–Differenzen Methode (FDM —FINITE–DIFFERENCE–METHOD) bezeichnet.Wir wollen auf die Einzelheiten der FDM hier nicht naher eingehen. UnserInteresse ist stattdessen auf algebraische Losungsansatze gerichtet, denen end-liche Basissatze zugrundegelegt werden. Wir kommen spater aber noch mehr-fach auf den Vergleich und die Bewertung dieser beiden Methoden zur Losungder (radialen) Dirac–Gleichung (2.10) zuruck.

Page 19: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.1. Die Dirac–Gleichung 15:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die radiale Aufenthaltsdichte der Einelektronenzustande (2.5) istD(r) =P2(r) + Q2(r). Es leuchtet daher sofort ein, daß fur gebundene Zustande auchdie Integrale

Z ∞

0D(r)dr(2.11)

Z ∞

0D(r)V(r)dr(2.12)

existieren mussen. Diese beiden Bedingungen und das Verhaltnis der großenund kleinen Komponente in der Nahe des Ursprunges(r ! 0) sind fur das kor-rekte Verhalten der Einteilchenlosungen zu (2.10) entscheidend. Sie musseninsbesondere bei allen algebraischen Losungsansatzen sehr genau beachtetwerden (Grant 1986). Dies folgt letztlich aus den Eigenschaften des nach un-tenunbeschranktenDirac–OperatorshD. Dieser Operator stellt an die erlaubteForm analytischer Basisfunktionen konkrete Forderungen, wie sie so bei derLosung der (nichtrelativistischen) Schrodinger–Gleichung nicht auftreten.

Aus der Struktur der Losungen (2.5) laßt sich sofort ablesen, daß alle Orbi-tale mit gleicher Drehimpulsquantenzahlκ aber verschiedenen magnetischenQuantenzahlenm auch die gleichen RadialfunktionenPεκ(r) undQεκ(r) besit-zen. Alle 2j +1 Orbitalfunktionen mit gleichen Indizes(εκ) werden gewohn-lich zusammenen als eine (Unter–)Schale bezeichnet und die sich darin bewe-genden Elektronenaquivalentgenannt. Wir werden die durch den Ansatz (2.5)gegebene Radial– und Winkelabhangigkeit der Einteilchenlosungenstets be-wußt beibehaltenund damit zunachst im Abschnitt 2.4 die Matrix–Dirac–FockGleichungen fur geschlossenschalige Atome herleiten.

Die Faktorisierung der Atomorbitale (2.5) in die radialen KomponentenPεκ(r)und Qεκ(r) sowie die raumlich feststehenden SpinorenΩκm(θ;φ) ist die Vor-aussetzung, daß bei der Berechnung von Vielelektronenmatrixelementen dieIntegrationuber samtliche Winkelvariablenθ undφ analytisch ausgefuhrt wer-den kann. Dafur mussen jedoch auch alle atomaren Wechselwirkungen, wiebeispielsweise die statische Coulombabstoßung der Elektronen, in der Formspharischer Tensoren dargestellt werden. Die Komponenten solcher Tensorenbesitzen bei einer Drehung der Koordinaten die gleichen Transformationsei-genschaften wie die Kugelflachenfunktionen.

Spharische Tensoren werden gewohnlich mit Hilfe der normierten Kugelfla-chenfunktionen

C(L)M (θ;φ) =

r4π

2L+1YLM(θ;φ);(2.13)

multipliziert mit entsprechenden Radialfunktionen, ausgedruckt. Wir wollenabschließend noch ein paar nutzliche Formeln zu diesen auch als spharischen

Page 20: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

16 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

C(L) Tensoren bekannten Funktionen zusammenstellen, auf die wir spater zu-ruckgreifen. Die Matrixelemente der spharischen Spinorenjκmi Ωκm(θ;φ)mit den normierten Kugelflachenfunktionen sindD

κama

C(L)M

κbmb

E=

ZdΩ Ω†

κama(θ;φ) C(L)

M (θ;φ) Ωκbmb(θ;φ)

= (1) jbmb

ja L jb

ma M mb

Dκa

C(L) κb

E(2.14)

mit den reduzierten MatrixelementenDκa

C(L) κb

E= (1) ja+1=2 [ ja; jb]

1=2

ja jb L1=2 1=2 0

Πe(κa;κb;L)(2.15)

und [ ja; jb; : : :] = [(2 ja+1)(2 jb+1) : : : ] . Der Faktor

Πe(κa;κb;L) =

1 fur la+ lb+L gerade0 sonst

(2.16)

ist Ausdruck der Paritatserhaltung der Einelektronenlosungen im Zentralfeld.Die Quantenzahlenla und lb sind die zu den Drehimpulsquantenzahlenκa undκb zugehorigen

”Bahndrehimpulse“ aus (2.6), die im relativistischen Falle je-

doch letztlich nur die Paritat der Dirac–Orbitale (2.5) kennzeichnen.

2.2 Naherungslosungen mit endlichen Basissatzen

Beim algebraischen Ansatz zur Losung der radialen Dirac–Gleichung (2.10)wird die große und kleine Komponente durch eineUberlagerung endlich vielerBasisfunktionen

Pnκ(r) =NL

κ

∑j=1

XL jnκ gL

κ j(r)(2.17)

Qnκ(r) =NS

κ

∑j=1

XS jnκ gS

κ j(r):(2.18)

approximiert. In diesem Ansatz konnen wir die Losungen aufgrund der endlichgewahlten Dimension der Basis stets einfacher auch anhand der Einteilchen-energien durchnumerieren. Wir haben deshalb in (2.17) und (2.18) den Indexε durch den (ganzzahligen) Indexn ersetzt. Fur die weitere Diskussion in die-sem Abschnitt lassen wir vorubergehend die beiden Indizesn und κ ganzweg und beschranken uns auf die tiefste gebundene Losung einer vorgegebe-nen Symmetryκ. Wir weisen jedoch darauf hin, daß die Naherungslosungen

Page 21: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.2. Naherungsl¨osungen mit endlichen Basiss¨atzen 17:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(2.17) und (2.18) allgemein naturlich von der Zahl der verwendeten Basisfunk-

tionen abhangen werden, d.h. es istPn = P(NL)n und Qn = Q(NS)

n . Allerdingsbetrachten wir im folgenden nur Basissatze, fur die NL = NS = N gilt. Diemathematischen Vorteile einer solchen Wahl wurden ausfuhrlicher bei Grant(1986, 1989) besprochen; wir folgen seinen Arbeiten an dieser Stelle.

Die radialen FunktionengLj (r) undgS

j (r) in (2.17–2.18) konnen als die Kom-ponenten eines Spinors

Sj =

"gL

j

gSj

#(2.19)

aufgefaßt werden, wobei die Menge der SpinorenfSj ; j = 1; : : : ;Ng eineSpi-norbasis der Dimension Ngenannt wird. In der gleichen Weise fassen wir diebeiden Radialkomponenten (2.17–2.18)

uN =

PN

QN

(2.20)

als Spinor zusammen. Mit diesen Bezeichnungen konnen die Losungen zurradialen Dirac–Gleichung (2.10) aus der Forderung bestimmt werden, daß derRayleigh–Quotient

E [uN] =huN jhD juNihuN j uNi

(2.21)

stationar ist bzgl. der unabhangigen Variation der KoeffizientenXL j ; XS j; ( j =1; : : : ;N). Anders ausgedruckt bedeutet dies jedoch, daß die Koeffizientenvek-torenXL und XS Losungen der Eigenwertgleichung

VL cΠΠΠLS

cΠΠΠSL 2c2 SS+VS

XL

XS

= ε

SL 0

0 SS

XL

XS

(2.22)

sind. Dabei sind die Matrixelemente der in dieser Eigenwertgleichung auftre-tenden Matrizen

SLi j =

Z ∞

0gL†

i (r)gLj (r)dr SS

i j =

Z ∞

0gS†

i (r)gSj (r)dr(2.23)

VLi j =

Z ∞

0gL†

i (r)V(r)gLj (r)dr VS

i j =Z ∞

0gS†

i (r)V(r)gSj(r)dr(2.24)

ΠLSi j =

Z ∞

0gL†

i (r)

d

dr+

κr

gS

j (r)dr(2.25)

ΠSLi j =

Z ∞

0gS†

i (r)

ddr

+κr

gL

j (r)dr :(2.26)

Page 22: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

18 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die letzteren beiden Matrizen sind genau dann hermitesch,ΠΠΠLS= ΠΠΠSL†, wenndie Basisfunktionen die korrekten Randbedingungen fur gebundene Zustandeerfullen (Grant 1989).

Entscheidend fur die Wahl einer globalen Spinorbasis ist nun, daß die Matrix-gleichung (2.22) im Grenzfallc! ∞ in die entsprechende Matrixgleichungder Schrodinger’schen Theorieubergeht. Zudem sollen die Naherungslosun-gen fur N ! ∞ naturlich gegen die exakten Losungen konvergieren. Diesebeiden Grenzfalle wurden ausfuhrlich von Grant (1986, 1993) untersucht undbesprochen. Seine mathematische Analyse zeigt, daß die Basisfunktionen dergroßen und kleinen Komponente dafur die Bedingung

gSj (r) !

d

dr+

κr

gL

j (r) j = 1; : : : ;N(2.27)

c! ∞

erfullen mussen. Diese Forderung (2.27) wird von Grant alsnichtrelativisti-sches Grenzwerttheorem fur Spinorbasenbezeichnet. Eine zu (2.27)ahnlicheBeziehung wird aus Symmetriegrunden aber oftmals auch umgekehrt zwischender großen und kleinen Komponente gestellt.

In praktischen Rechnungen wird das Grenzwerttheorem (2.27) meist mit Hilfeder Bedingung derkinetischen Balance

gSj (r) =

d

dr+

κr

gL

j (r) j = 1; : : : ;N(2.28)

gewahrleistet (Stanton und Havriliak 1984). Diese Bedingung folgt unmittelbaraus der Pauli–Naherung zur Radialgleichung (2.10), bei der die kleine Kompo-nente durch die große ausgedruckt und dabei alle Beitrage, die klein gegenuberder Ruheenergiec2 sind, vernachlassigt werden

Q(r) =c

2c2+ εV(r)

ddr

+κr

P(r)(2.29)

12c

ddr

+κr

P(r) fur jε V j 2c2 :(2.30)

Wird diese Naherung (2.30) in die obere der Gleichungen (2.10) eingesetzt, sofolgt daraus gerade die radiale Schrodinger–Gleichung zum Bahndrehimpulsl (der uber (2.6) mit der relativistischen Drehimpulsquantenzahlκ verknupftist).

Genaugenommen gilt zwischen der kleinen und großen Komponente jedochdie Beziehung (2.29). Die kinetische Balance (2.28) stellt daher eine mathema-tisch zu strenge Einschrankung dar, insbesondere bei der Beschreibung stark

Page 23: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.2. Naherungsl¨osungen mit endlichen Basiss¨atzen 19:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

relativistischer Systeme. Der Vorteil der kinetischen Balance zwischen den bei-den radialen Komponenten liegt jedoch darin, daß die aus den nichtrelativisti-schen Strukturrechnungen bekannten Methoden dafur weitgehend unverandertauf den relativistischen Fallubertragen werden konnen. Dies gilt insbesonde-re fur die sehr aufwendige Berechnung der Matrizen zur Elektron–ElektronWechselwirkung. Wir kommen auf diese Zweielektronenbeitrage und derenBerechnung fur Mehrelektronenatome spater zuruck.

Unter den Voraussetzungen, daß die Basisfunktionen die Forderung (2.27)erfullen und das PotentialV(r) keine extreme Bindung verursacht1, konnendie Eigenwerte der Gleichung (2.22) stets eindeutig in einpositivesundnega-tivesSpektrum

E =

ε j <2c2; j = 1; : : : ;N

E+ =

ε j >2c2; j = 1; : : : ;N

unterteilt werden, wobei in beiden Teilspektren jeweils dieselbe Anzahl vonLosungen auftreten. Dadurch existiert fur die Eigenwerte zuE+ jedoch eben-falls eine (absolute) untere Schranke, so daß auch zum Dirac’schen OperatorhD eine Rayleigh–Ritz’sche Variation durchgefuhrt werden kann, ohne daß diegebundenen Zustande ins negative Kontinuum eintauchen. Daneben konver-gieren bei einer systematisch vergroßerten Dimension der Spinorbasis die Ei-genwerte von oben her gegen die exakten Energien. — Unter Vernachlassigungdes korrekten Randverhaltens und der kinetischen Balance konnen andererseitsaber auch tieferliegende Energien auftreten, die sich nicht sinnvoll interpretie-ren lassen (Stanton und Havriliak 1984).

Kernpotentiale der Atomstruktur: Haufig werden die Matrixelemente (2.24)gerade zum kugelsymmetrisch angenommenen KernpotentialVnuc(r) benotigt.Wir wollen hier die in der Atomstrukturublicherweise verwendeten Kernpo-tentiale namentlich aufzahlen, um uns in der spateren Diskussion verschie-dener durchgefuhrter Rechnungen darauf beziehen zu konnen. Die analytischeinfachste Form besitzt (i) einpunktformigerKern,Vnuc(r)=Z

r . Realistischersind jedoch spharisch verschmierte Kernladungen. Fur (ii) einenhomogen ge-ladenenKern ist das Potential

Vnuc(r) =

8<: Z2Rnuc

3 r2

R2nuc

r Rnuc

Zr r > Rnuc;

(2.31)

wobei der KernradiusRnuc = 1:2 A1=3 [ f m] und A die Massenzahl sind. Die-ses Kernmodell ist fur alle leichten und mittelschweren Atome(Z 50) rechtgut geeignet und fuhrt in diesemZBereich zu sehrahnlichen Ergebnissen,

1Dieser Forderung gen¨ugen ohne Einschr¨ankung alle Atomen im gesamten Periodensystem;diese Bedingung wird mathematisch strenger bei Grant (1986, 1993) diskutiert.

Page 24: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

20 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

wie auch (iii) eineFermiverteilungder Kernladung. Eine Fermiverteilung soll-te jedoch der Berechnung schwerer Atome zugrunde liegen. Das Kernpotentialwird in diesem Falle am einfachsten numerisch integriert. Daneben konnen dieMatrixelemente (2.24) mit global definierten Basisfunktionen aber auch durchhohere transzendente Funktionen (bspw. die unvollstandige Gammafunktionγ(a;x) ) ausgedruckt werden. Allerdings erfordert auch deren effiziente Be-rechnung dann einige Sorgfalt. Neben der Kernausdehnung kann die Polari-sierbarkeit mancher Kerne zu einer weiteren kleinen Unsicherheit bei der Be-rechnung von totalen undUbergangsenergien beitragen. Fur die meisten dergegenwartig interessanten Fragestellungen zu offenschaligen Atomen ist diePolarisierbarkeit der Kerne allerdings ohne jeden Belang.

2.3 Die Elektron–Elektron Wechselwirkung

Bisher untersuchten wir die Bewegung eines einzelnen Elektrons in einem Zen-tralfeld. Tatsachlich bewegen sich die Elektronen im Atom allerdings nicht ineinem rein spharisch–symmetrischen Potential, sondern im Feld des Kernesundaller ubrigen Elektronen. Wir mussen daher auch die paarweise Wechsel-wirkung der Elektronen untereinander berucksichtigen.

Im (nichtrelativistischen) Grenzfall einer sehr langsamen Elektronenbewegungtritt zwischen jedem Elektronenpaar nur die Coulombabstoßung

1r12

1jr1 r2j

(2.32)

auf2. Jedoch bereits in der klassischen Elektrodynamik kommen fur bewegteLadungen auch Terme einer Strom–Strom Wechselwirkung hinzu. Diese re-lativistischen Beitrage zur Wechselwirkung werden in der Atomphysik kurzals Breitwechselwirkungbezeichnet. Sie mussen bei der relativistischen Be-schreibung der Elektronenbewegung zur elektrostatischen Coulombabstoßung(2.32) hinzugefugt werden. Der effektive Operator zur Breitwechselwirkungkann storungstheoretisch (bzgl. der Zahl der virtuell ausgetauschten Photonen)aus der Quantenelektrodynamik hergeleitet werden (Sapirstein 1987, Grantund Quiney 1988). Wir verzichten hier auf diese strengere Herleitung und ge-ben stattdessen nur einige heuristische Argumente an, die schließlich zu dengleichen Ausdrucke fuhren. Dabei folgen wir der Argumentation von Betheund Salpeter (1957) und Johnson (1995).

2Der auf den ersten Blick verbl¨uffend einfache Operator zur Coulombabstoßung h¨angtnaturlich mit der getroffenen Wahl der atomaren Einheiten zusammen. Mathematisch f¨uhrt je-doch gerade die Coulombabstoßung in Mehrelektronensystemen zu weitreichenden Komplika-tionen, da sie vom inversen Abstand jedes Elektronenpaares abh¨angt.

Page 25: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.3. Die Elektron–Elektron Wechselwirkung 21:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Wir betrachten zunachst zwei Elektronen in den Zustandena und b mit denzugehorigen Energienεa und εb . Die Wechselwirkungsenergie dieser beidenElektronen kann als Differenz aus dem direkten und dem Austauschmatrix-element zum Potential

Vtr = 12π

Zd3k

k2ω2ei k(r1r2)

3

∑i; j=1

δi j

kikj

k2

α1i α2 j(2.33)

bestimmt werden, wobeiα1i die ite Komponente derααα Matrix (2.2) desElektrons ist, das sich am Orter1 befindet und

ω =

(0 im direkten Matrixelement

jεaεb jc im Austauschmatrixelement

(2.34)

den Impuls des ausgetauschten Photons bezeichnet. Das Austauschmatrixele-ment zum PotentialVtr ist komplex; dabei beschreibt der Realteil eine Energie-verschiebung und der Imaginarteil dieUbergangsrate fur den Zerfalla! bfur εa > εb bzw. b! a im umgekehrten Falle. Die Integrationuber k kannin Vtr analytisch ausgefuhrt werden und liefert fur den Realteil

Vtr = 3

∑i; j=1

cos(ω r12)

r12 ∂2

∂1i ∂2 j

cos(ω r121)ω2 r12

α1i α2 j :(2.35)

Bei der Berechnung des direkten Matrixelementes ist dagegen der Limesω ! 0 zu betrachten. Dies zusammen liefert diefrequenzabhangigeBreit-wechselwirkung3, die meist in der Form

b12 =ααα1 ααα2

r12+ (ααα1 ∇∇∇1)(ααα2 ∇∇∇2)

cos(ω r121)ω2 r12

(2.36)

angegeben wird. Daraus folgt fur ω ! 0 die (frequenzunabhangige) Breit-wechselwirkung

bo12 = 1

2r12

ααα1 ααα2 +

(ααα1 r12)(ααα2 r12)

r212

;(2.37)

in der alle Beitrage α4Z3 (und in hoherer Ordnung inαZ) vernachlassigtwerden. Die explizite Abhangigkeit der Wechselwirkung von der Differenz derEinteilchenenergien liefert gewohnlich nur sehr kleine Korrekturen; wir wer-den daher haufig allein von derBreitwechselwirkungsprechen, und die kon-krete Form (2.36) bzw. (2.37) nur dann angeben, wenn wir dies besonders her-vorheben wollen.

3In der Literatur wird diese Form h¨aufig auch alstransversaleBreitwechselwirkung bezeich-net, da durch die getroffene Wahl der Eichung der longitudinale Coulombterm (2.32) als un-abhangiger Summand auftritt.

Page 26: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

22 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Der erste Summand in (2.37) wird auch als Gaunt–Wechselwirkung (Gaunt1929) bezeichnet. Er ist Ausdruck der durch die Elektronenbewegung hervor-gerufenen (Kreis–)Strome und liefert in geschlossenschaligen Atomen etwa90 % zur Gesamtverschiebung der atomaren Energieniveaus. Der zweite Sum-mand beschreibt dagegen die (relativistische) Retardierung der Wechselwir-kung und tragt die verbleibenden 10 % bei. Im nichtrelativistischen Grenz-fall konnen aus diesen Termen die Spin–Spin, Bahn–Bahn und Spin–andere–Bahn Operatoren hergeleitet werden, die in der Breit–Pauli Naherung auftreten(Armstrong, jr. und Feneuille 1974).

Fur viele Elemente des Periodensystems sind die Korrekturen (2.36) klein imVergleich zur dominanten Coulombabstoßung (2.32). Dies gilt insbesonderefur deren Beitrage zur Korrelation der Elektronen. Erst fur schwerere Elemente(Z 50) werden zumindest die magnetischen Korrelationsbeitrage der Inner-schalenelektronen mit den elektrostatischen Korrelationen vergleichbar (Gor-ceix, Indelicato und Desclaux 1987). Fur viele physikalische Fragestellungenreicht es daher aus, die Breitwechselwirkung storungstheoretisch in niedrigsterOrdnung zu berucksichtigen. Die beiden Terme der Coulomb– und Breitwech-selwirkung

v12 =1

r12+ b12(2.38)

sind formal jedoch vollig gleichberechtigt und integrale Bestandteile derElektron–Elektron Wechselwirkung. Die oftmals zitierte

”Regel“ von Bethe

und Salpeter (1957), daß die Breitwechselwirkung allein storungstheoretischin erster Ordnung verwendet werden darf, ist in dieser Form nicht gultig. Die-se Regel wurde historisch so allein aufgrund ihrer speziellen Herleitung (miteinem Grenzubergangω ! 0) formuliert. Um die Korrelation der Elektronenin schweren Atomen zu untersuchen, mussen beide Beitrage stattdessen ge-meinsam behandelt werden.

Wir wollen die Breitwechselwirkung spater fur genauere Strukturrechnungenauch in die Variation der totalen Energie mit einbeziehen. Dabei wirdin pra-xis gewohnlich nur die frequenzunabhangige Form (2.37) im SCF (SELF–CONSISTENT–FIELD) Potential beachtet. Die (kleinen) Korrekturen zur Fre-quenzabhangigkeit konnen anschließend dann noch storungstheoretisch hinzu-gefugt werden.

Matrixelemente zur Coulomb– und Breitwechselwirkung

Die Berechnung der Matrixelemente der Elektron–Elektron Wechselwirkungerfordert in allen Strukturprogrammen den numerisch großten Aufwand. Da-her verdienen diese Integrale auch noch unsere weitere Aufmerksamkeit. Einenennenswerte Vereinfachung bei der Integration folgt aus der Zerlegung der

Page 27: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.3. Die Elektron–Elektron Wechselwirkung 23:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Operatoren (2.32) und (2.36) in spharische Tensoren. Allgemein lassen sich inder Atom– und Molekulstruktur alle Operatoren zur Elektron–Elektron Wech-selwirkung in der Form

g12 g(r1; r2) = ∑L

gL(r1; r2)

T (L)(θ1;φ1) T (L)(θ2;φ2)

(2.39)

darstellen. Mit Hilfe dieser Zerlegung konnen die Matrixelemente zur Elek-tron–Elektron Wechselwirkung stets recht einfach faktorisiert werden

hnaκama(1) nbκbmb(2) j g12 jncκcmc(1) ndκdmd (2)i

= ∑LM

(1)LM+ jama+ jbmb

ja L jcma M mc

jb L jd

mb M md

XL(abcd)(2.40)

wobei die magnetischen Quantenzahlen, d.h. die Richtungsabhangigkeit derMatrixelemente, nur in dem Phasenfaktor und den Wigner’schen 3 j Symbo-len auftreten. Die durch den Operator beschriebene (physikalische) Wechsel-wirkung ist dagegen in den FaktorenXL(abcd) enthalten, die auch alseffektiveWechselwirkungsstarkeder OrdnungL bezeichnet werden. Es ist diese Formder Matrixelemente, die wir bei der Berechnung offenschaliger Atome nochhaufig benotigen werden.

Fur die Coulombabstoßung (2.32) lautet die Zerlegung (2.39)

1r12

=∞

∑L=0

UL(r;s)PL(cos(ϑ))

=∞

∑L=0

UL(r;s)

C(L)(θ1;φ1) C(L)(θ2;φ2)

(2.41)

mit

UL(r;s) =

(r L

sL+1 r < ssL

r L+1 r > s:(2.42)

Darin bezeichnetPL(x) ein Legendre–Polynom undϑ = r s=rs den von denbeiden Elektronenkoordinaten eingeschlossenen Winkel. Die zugehorige ef-fektive Wechselwirkungsstarke der Coulombabstoßung ist

XLCoulomb(abcd) = δ( ja; jc;L) δ( jb; jd;L) Πe(κa;κc;L) Πe(κb;κd;L)

(1)LD

κa

C(L) κc

E Dκb

C(L) κd

ERL(abcd) ;(2.43)

wobei die Vorfaktoren

δ( ja; jb; jc) =

8<: 1j ja jbj jc j ja+ jbjund zyklisch vertauscht

0 sonst(2.44)

Page 28: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

24 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Tab. 1: Definition der IntegraleSLµ (abcd) undT ν

µ (abcd)

Sν1(abcd) = Sν [acjjbd] Sν

2(abcd) = Sν [bdjjac]

Sν3(abcd) = Sν [cajjdb] Sν

4(abcd) = Sν [dbjjca]

Sν5(abcd) = Sν [acjjdb] Sν

6(abcd) = Sν [dbjjac]

Sν7(abcd) = Sν [cajjbd] Sν

8(abcd) = Sν [bdjjca]

T ν1 (abcd) = T ν [acjjbd] T ν

2 (abcd) = T ν [cajjdb]

T ν3 (abcd) = T ν [acjjdb] T ν

4 (abcd) = T ν [cajjbd]

und Πe(κ;κ0;L) aus (2.16) die Auswahlregeln zum Drehimpuls und der Pa-ritat nochmals deutlich machen. Das relativistische Slater–Integral ist definiertdurch

RL(abcd) =

Z ∞

0dr

Z ∞

0ds (Pnaκa(r)Pncκc(r) + Qnaκa(r)Qncκc(r))

UL(r;s) (Pnbκb(s)Pndκd(s) + Qnbκb(s)Qndκd(s)) :(2.45)

Eine zu (2.41)ahnliche Zerlegung in spharische Tensoren laßt sich auch fur diefrequenzabhangige Breitwechselwirkung finden (Grant und Pyper 1976, Grant1988). Wir wollen hierfur allerdings nur die Wechselwirkungsstarke

XLBreit (abcd) = (1)L

Dκa

C(L) κc

E Dκb

C(L) κd

E"

Πo(κa;κc;L1)Πo(κb;κd;L+1)8

∑µ=1

sLµ(abcd) SL

µ(abcd)

+L+1

∑ν=L1

Πo(κa;κc;ν)Πo(κb;κd;ν)4

∑µ=1

t ν;Lµ (abcd) T ν

µ (abcd)

#:(2.46)

mit

Πo(κa;κb;L) =

1 falls la+ lb+L ungerade

0 sonst(2.47)

angeben. Die (konstanten) KoeffizientensLµ und t ν;L

µ sind nur von den Quan-tenzahlenfκa; κb; κc; κd; ν; Lg abhangig und bspw. bei Grant (1988; in denTabellen 3 und 4, wobei in dieser Arbeitt ν;L

µ r ν;Lµ ist) aufgefuhrt. Die Radial-

integrale SLµ(abcd) und T ν

µ (abcd) sind verschiedene Kombinationen (sieheTabelle 1) der beiden Integrale

Page 29: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.4. Relativistischer Hamiltonoperator 25:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Sν [acj bd] =Z ∞

0dr

Z ∞

0ds Pnaκa(r)Qncκc(r)

12[Wν1;ν+1;ν(r;s;ωac)

+ Wν1;ν+1;ν(r;s;ωbd) ] Pnbκb(s)Qndκd(s)(2.48)

T ν [acj bd] =Z ∞

0dr

Z ∞

0ds Pnaκa(r)Qncκc(r)

12[Vν(r;s;ωac)

+ Vν(r;s;ωbd) ] Pnbκb(s)Qndκd(s) ;(2.49)

mit

Vν(r;s;ω) =

((2ν+1) jν(ωr)nν(ωs) r < s

(2ν+1) jν(ωs)nν(ωr) r > s(2.50)

und

Wν1;ν+1;ν(r;s;ω) =

((2ν+1) jν1(ωr)nν+1(ωs)+

2ν+1

ω

2 rν1

sν+2 r < s

(2ν+1)ω jν1(ωs)nν+1(ωr) r > s:(2.51)

Darin sind jν und nν die spharischen Besselfunktionen undωac = jεa εc jdie Differenz der entsprechenden Einteilchenenergien.

2.4 Relativistischer Hamiltonoperator.Die no–pairNaherung

Bislang betrachteten wir unabhangig die Bewegung eines einzelnen Elektronsin einem stationaren,außeren (Zentral–)Feld und die paarweise Wechselwir-kung der Elektronen untereinander. Es liegt daher nahe, der Beschreibungvon Vielelektronenatomen — analog zur nichtrelativistischen Quantentheorie— nun einen Hamiltonoperator zugrunde zu legen, der die Summe der Ein-elektronen Dirac–OperatorenhD in (2.4) mit V(r) = Vnuc(r) und die gesam-te Elektron–Elektron Wechselwirkung enthalt. Dies fuhrt uns mit (2.38) zumDirac–Coulomb–BreitHamiltonoperator

HDCB = ∑i

hD(r i) + ∑i< j

1ri j

+ bi j

(2.52)

bzw. zumDirac–CoulombOperator

HDC = ∑i

hD(r i) + ∑i< j

1ri j

;(2.53)

Page 30: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

26 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

falls die relativistischen Korrekturen zur Elektron–Elektron Wechselwirkungvernachlassigt werden. Wir werden uns spater auf beide Formen beziehen. Al-lerdings sehen wir sofort, daß diese Hamiltonoperatoren (auch naherungswei-se) nur unter Vorbehalt verwenden werden durfen. Betrachten wir namlich dasbekannteAufbauprinzipzur Konstruktion eines atomaren Grundzustandes, sobenotigen wir bereits eine unendliche Zahl von Elektronen, um die Zustandedes negativen Kontinuums zu fullen. Einen Ausweg aus dieser Situation bietetdie Dirac’sche These, daß die Zustande des negativen Kontinuums im Vakuumbereits gefullt sind (der sogenannte

”Dirac–See“) und daher von denatoma-

ren Elektronen nicht besetzt werden konnen. Die”Elektronen“ aus dem ne-

gativen Kontinuum konnen selbst erst nach Anregung ins positive Spektrumbeobachtet werden, wobei die dabei auftretende Vakanz als Positron interpre-tiert werden muß. DieErzeugungeines solchen Elektron–Positron Paares setztallerdings eine Anregungsenergie von der Große 2c2 ' 1 MeV voraus, wes-halb das negative Kontinuum in allen niederenergetischen, atomaren Prozessenpraktisch vernachlassigbar ist. Sehen wir jedoch von der moglichen Erzeugungsolcher Elektron–Positron Paare einmal ab, so wird die Bewegung einesTest-elektronsim Atom nur vom Feld des Kernes und deratomaren ElektroneninZustanden mitε > 2c2 bestimmt. Diese Naherung, die das negative Konti-nuum bei der Beschreibung der Elektronenstruktur ausschließt, wird alsno–virtual–pair oder kurzer alsno–pair Naherung bezeichnet. Sie kann in einermathematisch strengeren Argumentation auch aus der QED hergeleitet wer-den. Da in einer relativistischen Theorie genaugenommen nur die Gesamtla-dungerhaltenbleibt, treten (virtuelle) Elektron–Positron Paare jedoch zumin-dest bei der storungstheoretischen Beschreibung der Atome in den

”Zwischen-

zustanden“ auf.

Die grundlegende Theorie zur atomaren Elektronenstruktur ist die QED. Inderen mathematisch strengen Rahmen sind Strukturrechnungen bisher aller-dings nur fur Helium–artige Ionen ausgefuhrt worden. Dabei wurden in denfruhen Rechnungen (Brown und Ravenhall 1951, Araki 1957) sogar alle relati-vistischen Korrekturen gemeinsam als

”klein“ angenommen und rein storungs-

theoretisch behandelt. In schwereren Ionen und Vielelektronenatomen ist dieseAnnahme sicher nicht gerechtfertigt. In diesem Falle ist es weit zweckmaßiger,vom Furry’schen Wechselwirkungbild der QED(Furry 1951) auszugehen. Indiesem Bild bewegen sich bereits die (nichtwechselwirkenden) Elektronen ineinem realistischen, atomaren Potential. — Wir wollen im weiteren hier nunkeine Details dieser Theorie diskutieren, sondern nur die wesentlichen Ge-danken und Schritte bei der Herleitung desno–pair Operators aus der QEDzusammenstellen; diese Schritte lassen sich kurz wiefolgt charakterisieren:

Die Energien (und Wellenfunktionen) atomarer Zustande werden in der QEDam einfachsten storungstheoretisch bzgl. der Wechselwirkung mit dem (Max-well’schen) Strahlungsfeld bestimmt. Im Furry–Bild bewegen sich dabei im

Page 31: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.4. Relativistischer Hamiltonoperator 27:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

”ungestorten“ Atom zunachstN unabhangige Elektronen in einem vorgege-

benen ZentralpotentialV(r) ; d.h., diese Elektronen besetzen (Einteilchen–)Zustandefϕk(r)g, die in diesem Potential die Losungen der zugehorigenDirac–Gleichung (2.4) sind, und die alle zum positiven Spektrum gehoren.Daneben treten im ungestorten System keine weiteren Positronen oder freienPhotonen auf. Die Energie eines solchen wechselwirkungsfreien Elektronen-systems ist daher gerade gleich der Summe der entsprechenden Einteilchen-energien.

Die storungstheoretischen Herleitungen der QED lassen sich sehrubersicht-lich mit Hilfe der zweiten Quantisierung formulieren. Dazu werden fur dieElektronenzustandeϕk(r) des positiven Kontinuums die Erzeugungsoperato-ren a†

k und die Vernichtungsoperatorenak eingefuhrt

jϕki = a†k jo0i hϕkj = ho0j ak ;(2.54)

die die fur Fermionen bekannten Antikommutatoren

fak; alg = akal al ak = 0

fa†k; a†

l g = a†k a†

l a†l a†

k = 0

fa†k; alg = a†

k al al a†k = δkl

(2.55)

erfullen. Wir konnen uns anhand dieser Antikommutatoren leichtuberzeugen,daß sowohlak ak = a†

k a†k = 0 ist als auch nur die BesetzungszahlenNk = 0

bzw. Nk = 1 in Frage kommen. DenPositronenzustandenaus dem negativenKontinuum werden dagegen die Operatorenb†

k und bk zugeordnet, die zu(2.55) analoge Antikommutatoren erfullen und auch mit den Elektronenope-ratorena†

k und ak antikommutieren.

Die Energieverschiebung, die durch die Wechselwirkungen der Elektronen imAtom hervorgerufen wird, folgt aus einer Verallgemeinerung der Gell–Mann–Low Formel (Gell–Mann und Low 1951, Sucher 1957)

∆E =i ε2

limε!0

limλ!0

∂∂λ

lnSε;λ;(2.56)

wobei

Sε;λ = T (ei λR

dxo H(xo)eε jxoj)

die Streumatrix undT der Zeitordnungsoperator ist. Der Dampfungsparameterε wird darin explizit

”eingefuhrt“, damit das Integral im Exponenten der Streu-

matrix existiert; die Ausdehnung des Integrationsbereiches auf die gesamteRaum–Zeit wird anschließend durch den Grenzubergangε! 0 sichergestellt.Die Entwicklung des Erwartungswertes der Streumatrix in (2.56) fuhrt auf eineStorungsreihe, die gewohnlich mit Hilfe von Feynman–Graphen veranschau-licht wird. Dabei brauchen zur Bestimmung der obigen Wechselwirkungsener-gie ∆E nur die zusammenhangenden (CONNECTED) Feynman–Diagramme

Page 32: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

28 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

berucksichtigt werden. Eine ausfuhrlichere Diskussion zu dieser Storungsrei-he fuhren Grant und Quiney (1988) und Labzowsky (1993). Die Feynman–Graphen schließen sowohl Beitrage zur Elektron–Elektron Wechselwirkungals auch dieStrahlungskorrekturender Elektronenselbstenergie und der Po-larisation des Vakuums ein. In den Graphen zur Elektron–Elektron Wechsel-wirkung wird die Ordnung dabei durch die Zahl der (virtuell) ausgetauschtenPhotonen(linien) bestimmt. Zusatzliche Beitrage in dieser Storungsreihe tretenferner infolge des im Furry–Bild vorgegebenen PotentialsV(r) auf.

Im Falle derno–pair Naherung werden in der Storungsreihe zu (2.56) alleBeitrage der Strahlungskorrekturen und des negativen Kontinuums (d.h. solcheTerme, die die Operatorenbk und b†

k enthalten) weggelassen. Dies fuhrt zueiner Reihenentwicklung, die exakt die gleiche Struktur besitzt, wie sie auch inder nichtrelativistischen Storungstheorie aus demeffektivenHamiltonoperator

H 0NP = H 0

o+V 01+V 0

2

=(+)

∑i

a†i ai εi +

(+)

∑i j

a†i aj hi jV(r) j ji

+12

(+)

∑i jkl

a†i a

†j al ak hi j jv12jkli(2.57)

hergeleitet werden kann. In (2.57) laufen dabei alle Summationsindizes nuruber die (Elektronen–)Zustande des positiven Spektrums (+) ; ferner istV(r)das bei der Berechnung des Dirac’schen Spektrums im Furry–Bild inhD zu-grundegelegte Potential, wahrend dieεi die zugehorigen Eigenwerte kenn-zeichnen. Die Matrixelementehi j jv12jkli in dritten Term des effektiven Ha-miltonoperators enthalten die (vollstandige) Elektron–Elektron Wechselwir-kung (2.38).

Fur alle (antisymmetrisierten) Produktfunktionen, die nur (Elektronen–) Zu-stande aus dem positiven Spektrum enthalten, sind die jeweiligen Matrixele-mente zumno–pairOperator (2.57) und zum Dirac–Coulomb–Breit Hamilton-operator (2.52) ganz offensichtlich identisch. Daher wird derno–pairOperatormitunter auch kurz in der Form

H 0NP = Λ+HDCB Λ+ ;(2.58)

bzw. bei der Vernachlassigung der relativistischen Korrekturen zur Elektron–Elektron Wechselwirkung

HoNP

0 = Λ+HDC Λ+(2.59)

geschrieben, wobei der OperatorΛ+ die Projektion auf das positive Spek-trum gewahrleistet. Allerdings sind diese Formen nur dann vollstandigaqui-valent, wenn gleichzeitig auch das Dirac’sche Spektrum festgelegt wird; eine

Page 33: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.4. Relativistischer Hamiltonoperator 29:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Projektion erfolgt dann einfach durchΛ+ = ∑(+)k jϕkihϕk j . — Beide Formen

(2.58) und (2.59) sind inzwischen vielen Atomstrukturrechnungen zugrunde-gelegt worden. Die Entscheidung fur die eine oder andere Form hangt dabeivor allem von der Zielsetzung und dem konkret betrachteten Atom ab.

Der no–pair Hamiltonoperator (2.57) vernachlassigt alle Paarerzeugungspro-zesse sowie die Strahlungskorrekturen der QED. Dies bedeutet physikalischjedoch nichts anderes, als daß alle negativen Zustande — wie auch im Bildeines gefullten

”Dirac–Sees“— bereits besetzt sind und auf die Elektronen-

bewegung im Atom keinen Einfluß nehmen. Das atomare Feld wird folglichnur vom Kern und denbesetzten Elektronenzustanden (des positiven Spek-trums) gebildet. Die Herleitung der QED, die das Spektrum des Dirac–Feldesin Elektronen– und Positronenzustande aufspaltet, erklart zugleich das in derLiteratur alsBrown–Ravenhall Effekt(Brown und Ravenhall 1951) oderCON-TINUUM DISSOLUTION bekannte Paradoxon, daß der Dirac–Coulomb (2.53)bzw. Dirac–Coulomb–Breit Hamiltonoperator (2.52) formal keine gebundenenLosungen besitzt: Konnten die Elektronen (des positiven Spektrums) namlichauchUbergange in die Zustande des negativen Spektrums ausfuhren, so gibt eszu jedemgebundenenElektronenzustand unendlich viele energetisch entarteteZustande mit einem Elektron im positiven Kontinuum und dem anderen im ne-gativen Kontinuum. Aufgrund der Elektron–Elektron Wechselwirkung wurdefolglich jeder gebundene Zustand fruher oder spater

”zerfallen“. In der Natur

wird davon nichts beobachtet. Dieser scheinbare Widerspruch verschwindetsofort, wenn der Dirac’schen These entsprechend das negative Spektrum alsbesetztangenommen wird. — Das Fehlen normierbarer Losungen zum Dirac–Coulom(–Breit) Hamiltonoperator (so, wie er unmittelbar aus der Verallge-meinerung der nichtrelativistischen Theorie hervorgeht) wurde von Mittleman(1972), Sucher (1980, 1983) und anderen ausfuhrlich zu Beginn der 80er Jahrediskutiert.

Der no–pairHamiltonoperator enthalt bereits alle dominanten relativistischenEffekte. Damit wird die Annahme fruher durchgefuhrter Untersuchungenuber-flussig, daß alle relativistischen Korrekturen zusammen klein sind. Allerdingsbesitzt derno–pairOperator die Nachteile, daß er (i) relativistisch nicht kova-riant ist und (ii) in schwereren Elementen keine genauen Bindungsenergien derInnerschalenelektronen liefert. Die (fehlende) Kovarianz kann durch das Hin-zufugen der Breitwechselwirkung zum haufig verwendeten Dirac–CoulombHamiltonoperator zumindest deutlich verbessert werden. Daneben konnen furdie genauere Beschreibung der totalen Energien und der Innerschalenbin-dungsenergien (in schwereren Atomen) auch die Beitrage der Strahlungskor-rekturen und virtueller Elektron–Positron Paare berucksichtigt werden, indemdie zunachst vernachlassigten QED Graphen zusatzlich ausgewertet werden.

Page 34: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

30 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kasten I

Test der QED in hochgeladenen schweren Ionen

Der no–pairHamiltonoperator (2.57) f¨uhrt uns zu einer Theorie, bei der die Zahlder Elektronen streng erhalten bleibt und es keine Photonen gibt. Alle ¨uber dieseNaherung hinausgehenden Prozesse — einschließlich der dabei m¨oglichen Erzeu-gung reeller und virtueller Elektron–Positron Paare — werden vomno–pairOpe-rator nicht erfaßt und m¨ussen getrennt untersucht werden. Nat¨urlich laßt sich dieseformale Aufspaltung der Theorie in einenpair und einenno–pair Anteil experi-mentell nicht beobachten. Daher st¨oßt die Frage, inwieweit wir dietatsachlichenatomaren Wechselwirkungen auch theoretisch verstehen, stets neu auf lebhaftes In-teresse. Diese Frage nach den fundamentalen Wechselwirkungen im Atom wirdkurzer oft alsTest der QEDbezeichnet. Sie ist haupts¨achlich darauf gerichtet, obexperimentelle Abweichungen von den Vorhersagen der Quantenelektrodynamikbeobachtbar und verifizierbar sind. Diese Frage ist weitgehend unabh¨angig davon,daß die meisten atomaren Eigenschaften in Vielelektronenatomen zweifelsohne be-reits sehr genau durch dieno–pairNaherung beschrieben werden.

Besondere Aufmerksamkeit bei der Untersuchung atomarer QED Beitr¨age ist da-bei naturlich auf die schweren Elemente gerichtet. Bei diesen Elementen sind dieinneren Elektronen so extremen Feldern ausgesetzt, wie sie im Labor ansonstennicht realisiert werden k¨onnen. Daneben stellen hochgeladene Ionen aufgrund derbekanntenZ4 Abhangigkeit der Lamb–Shift im Vergleich zu dem in etwa quadra-tischen Anstieg der Bindungsenergien der Elektronen auch etwas geringere Anfor-derungen an die relative Meßgenauigkeit, die in den Experimenten erreicht werdenmuß. Das starke Anwachsen der QED Beitr¨age mit der Kernladung f¨uhrt dazu,daß die Lamb–Shift in (Wasserstoff–¨ahnlichen) Uran–Ionen nahezu 1 % der Bin-dungsenergie betr¨agt. Dagegen entfallen in leichten Elementen nur Bruchteile einesPromilles der Bindungsenergie auf die Lamb–Shift.

Uber viele Jahre blieben experimentelle Tests zu den QED Beitr¨agen in starkenFeldern auf Wasserstoff–¨ahnliche Ionen in einem (mehr oder minder starken) Cou-lombfeld beschr¨ankt. Erst kurzlich konnten derartige Messungen auf Helium– undLithium–artige Ionen ausgedehnt werden, die inzwischen zu einem deutlich verbes-serten Verst¨andnis des Wechselspiels der Korrelationen sowie der relativistischenund QED Einflusse in Wenigelektronensystemen gef¨uhrt haben. Dabei wurden inden letzten beiden Jahren sowohl auf theoretischer wie auch experimenteller Seitedie Unsicherheiten deutlich verringert.

Neuere Messungen an hochgeladenen Helium–artigen Ionen erlauben es heute, dieZweielektronenbeitr¨age zur Bindungsenergieexperimentellvon den dominantenEinelektronenbeitr¨agen zu trennen (Marrset al1995). An der Super–EBIT (SUPER

ELECTRON–BEAM–ION–TRAP) in Livermoore konnen beispielsweise Ionen inverschiedenen Ladungszust¨anden gleichzeitig von einem hochenergetischen Elek-tronenstrahl lokal gefangen gehalten werden. Der Zweielektronenbeitrag zur Bin-dungsenergie im Grundzustand der Helium–¨ahnlichen Ionen ergibt sich damit di-rekt aus der Energiedifferenz der Photonen, die bei der Rekombination in die 1s

Page 35: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.4. Relativistischer Hamiltonoperator 31:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Schale der nackten bzw. Wasserstoff–¨ahnlichen Ionen emittiert werden. DieseEnergiedifferenz entspricht n¨amlich gerade der Differenz der Ionisationspotentialedes H– und He–¨ahnlichen Ions. Dabei heben sich neben den Dirac’schen Bindungs-energien praktisch auch alle Einelektronenbeitr¨age zur Selbstenergie und zur Kor-rektur des endlich ausgedehnten Kernes heraus. Erste Experimente von Marrs undMitarbeitern wurden an den Elementen Ge, Xe, Dy, W, Os und Bi durchgef¨uhrt. Fursolche Untersuchungen ist auch der Experimentierspeichering der GSI in Darm-stadt geeignet. Damit sollen k¨unftig sowohl eine verbesserte Z¨ahlstatistik erreichtals auch Ionen mit noch h¨oherer Kernladung untersucht werden (St¨ohlker et al1996).

Fur den Test und die theoretische Vorhersage der QED Beitr¨age sind vor allemauch genaue L¨osungen zurno–pair Naherung erforderlich. Die in dieser N¨ahe-rung enthaltenen starken Terme der Elektron–Elektron Wechselwirkung stellen da-bei entsprechend hohe Anforderungen an die Genauigkeit bei der Berechnung der(totalen) Energien. Diese Anforderungen sind relativ gesehen umso h¨oher, je ge-nauer die experimentelle Aufl¨osung gelingt. Dieno–pair Beitrage zur Elektron–Elektron Wechselwirkung wurden sowohl im Rahmen der relativistischen Vielteil-chenst¨orungstheorie (Johnson und Sapirstein 1992, Planteet al 1994) als auch mitCI (CONFIGURATION INTERACTION) Methoden (Chenet al 1993) sehr genau f¨urnahezu alle Helium–artigen Ionen mitZ 100 berechnet.

Bei den sehr schweren Ionen ist die Bindungsenergie der Elektronen bereits ein be-trachtlicher Bruchteil derjenigen Energie, die zur Erzeugung von Elektron–PositronPaaren ben¨otigt wird. Dies bedeutet jedoch, daß auch die QED Korrekturen nichtmehr als Potenzreihe inαZ berechnet werden k¨onnen. Stattdessen werden nume-rische Methoden erforderlich, die im Furry–Bild das Coulombfeld des Kernes unddessen Abschirmung durch die ¨ubrigen Elektronen von Beginn an ber¨ucksichtigen.

Im Rahmen der QED (in zweiter Ordnung) vollst¨andige Rechnungen wurden imvergangenen Jahr erstmals von der G¨oteborger Gruppe f¨ur Helium–artige Ionenim Grundzustand durchgef¨uhrt (Perssonet al 1996). Diese Rechnungen schließendabei sowohl die Zweielektronen Lamb–Shift im abgeschirmten 1s2 Hartree–FockPotential als auch den sogenannten Araki–Sucher Term ein. Die von dieser Gruppeabgesch¨atzte Gesamtunsicherheit in den Energien betr¨agt nunmehr 0.2 eV und istgegenwartig um eine Gr¨oßenordnung besser als die experimentell daf¨ur verfugba-ren Daten. Damit stehen nun auch f¨ur Helium–artige Ionen theoretische Bindungs-energien zur Verf¨ugung, die in ihrer absoluten Genauigkeit mit den Werten f¨urdie Wasserstoff–¨ahnlichen Ionen vergleichbar sind. F¨ur die 6 oben genannten Io-nen stimmen die theoretischen Zweielektronenbeitr¨age aus den Rechnungen vonPerssonet al sehr gut mit den bisher gemessenen ¨uberein. Kann in den kommen-den Jahren folglich die Meßgenauigkeit um etwa einen Faktor 2 – 10 verbessertwerden, so wird damit erstmals ein direkter Test der Vorhersagen der QED zurElektron–Elektron Wechselwirkung m¨oglich sein.

Ahnlich vollstandige Rechnungen, wie es sie inzwischen zu den Grundzust¨andengibt, wurden fur die angeregten 1snl Zustande Helium–artiger Ionen bislang nochnicht durchgef¨uhrt. Fur diese Zust¨ande sind gegenw¨artig nur die Beitrage desno–pair Operators genauer erfaßt (Chenet al 1993, Planteet al1994).

Page 36: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

32 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Interessant sind hier vor allem dieUbergange zwischen den 1s2l Niveaus(∆n= 0),da diese nicht nur empfindlich auf die QED Beitr¨age sind, sondern in diesem Falldie Storungstheorie auch auf nahezu entartete Niveaus anzuwenden ist. — An-derseits erm¨oglichen die inzwischen vermessenenUbergangsenergien zwischenden 1s2l 1;3S und 1;3P Zustanden nun auch einen Test der QED zu diesen Ni-veaus. Die 1s2s 3S1 1s2p 3P0;2 Feinstrukturubergange in Ar16+ wurden vonKuka et al (1995) so genau vermessen, daß der Meßfehler nur etwa 5 % der ab-geschatzen 2–Elektronen QED Beitr¨age entspricht.Vergleichbar genaue Informa-tionen fur schwerere Helium–artige Ionen sind gegenw¨artig allerdings noch nichtverfugbar. Verschiedene Experimentiervorschl¨age zur genauen Messung der Term-aufspaltung Helium–artiger Ionen diskutieren St¨ohlker und Livingston (1996).

Der Ubergang 1s2s1S01s2p 3P0 wurde in der Vergangenheit bereits im Zusam-menhang mit parit¨atsverletzenden Experimenten an hochgeladenen Ionen disku-tiert (Soff 1991). DieserUbergang erf¨ullt die dafur wichtige Voraussetzung, daßbeide Zust¨ande denselben (elektronischen) GesamtdrehimpulsJ = 0 aufweisen.Fur derartige Experimente muß jedoch zun¨achst die Energieaufspaltung sehr pr¨azisbestimmt werden. Die genaue Messung der1S0

3P0 Termaufspaltung ist damitder allererste Schritt zu einer Messung derelektromagnetischen Paritatsverlet-zungbei schweren Helium–artigen Ionen. Eine systematische Untersuchung dieserUbergange konnte dabei ebenfalls am Experimentierspeicherring der GSI durch-gefuhrt werden.

Uber dieno–pair Naherung hinaus liefern die (erste–Ordnung) Selbstener-gie und Vakuumpolarisation die großten Korrekturbeitrage. Diese Beitragekonnen auch in Vielelektronenatomen recht gut abgeschatzt werden, wenn zujedem Innerschalenelektron die (tabellierten) QED–Beitrage Wasserstoff–ahn-licher Ionen fur eine geeignet gewahlte,effektiveKernladung interpoliert wer-den. Fur die Wasserstoff–ahnlichen Ionen des gesamten Periodensystems wur-den die Selbstenergie und Vakuumpolarisation von Mohr (1982) und Johnsonund Soff (1985) berechnet.

Strengere atomare QED Berechnungen sind bisher auf Ionen mit nur (sehr)wenigen Elektronen beschrankt geblieben. Daran wird sich auch in der nahenZukunft kaum etwasandern. Die meisten Integrale der QED erfordern einen sohohen Aufwand, daß sie fur

”Standardrechnungen“ zu Mehrelektronenatomen

nicht in Betracht kommen. — Neben den (relativ einfachen) Strahlungskor-rekturen in erster Ordnung wurden fur Helium–artige Ionen im Grundzustandinzwischen jedoch auch alle Graphen der zweiten (QED–)Ordnung ausgewer-tet (Blundellet al1993, Lindgrenet al1995). Dabei treten in zweiter Ordnungauch solche Diagramme auf, in denen Selbstenergiebeitrage eines Elektronsmit dem Austausch eines Photons zwischen zwei verschiedenen Elektronenverkoppeltsind. Diese dominanten Zwei–Photonen Beitrage konnen als Kor-rekturen zum Wellenoperator interpretiert werden und wurden von Blundell(1992) bereits in eine detaillierte Berechnung der Alkaliatome einbezogen.

Page 37: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.4. Relativistischer Hamiltonoperator 33:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Zwei weitere wichtige Zwei–Photonen Beitrage gehoren zu den sogenanntenladder und crossed–ladderDiagrammen. Diese Diagramme beschreiben so-wohl Korrelationskorrekturen der Elektronen untereinander, die deshalb auchin den Storungsreihen zumno–pair Operator vorkommen, als auch Beitragevirtueller Elektron–Positron Paare der Großenordnung(αZ)3 a.u. , die umeinen Faktor 1=Z gegenuber der Lamb–Shift in Wasserstoff–ahnlichen Ionenunterdruckt sind. Die numerische Berechnung auch dieser Diagramme hat inden beiden letzten Jahren die theoretische Unsicherheit bei der Vohersage derBindungs– undUbergangsenergien in hochgeladenen Ionen deutlich verklei-nert. Einige experimentelle und theoretische Fortschritte beim Studium hoch-geladener schwerer Ionen sind im Kasten I zusammengefaßt. Angesichts derheute bereits erreichten Auflosung bei der Spektroskopie freier Atome und Io-nen werden solcheEffekte der Vielteilchen–QEDzukunftig sicher auch fur Sy-steme mit einer komplizierteren Elektronenstruktur interessant.

Der weiteren Darstellung legen wir in dieser Arbeit nun jedoch denno–pairHamiltonoperator (2.57) bzw. unter Berucksichtigung der notwendigen Pro-jektion auf das positive Spektrum den Dirac–Coulomb (2.59) oder Dirac–Coulomb–Breit Operator (2.58) zugrunde. Wie unsere Diskussion zeigte, stel-len diese Operatoren einenwohl definiertenAusgangspunkt fur die relativi-stische Beschreibung freier Atome und Molekule dar. Derno–pair Hamilton-operator gewahrleistet eine klare Trennung zwischen den Beitragen der

”re-

lativistischen Atomstruktur“ (die wir just auf der Grundlage dieses Operatorserhalten) und den Beitragen der

”QED“. Unser Ziel ist im folgenden, fur offen-

schalige Atome gute Naherungslosungen zumno–pairOperator zu bestimmen.Bei der MCDF Methode, die von einer Variation ausgeht, suchen wir dabei vorallem Naherungen zur totalen Energieund den atomaren Wellenfunktionen,mit deren Hilfe wir spater ganz verschiedene Eigenschaften berechnen konnen.Im Falle der Vielteilchenstorungstheorie dagegen werden diese Eigenschaftengewohnlich ohne den Umweg einer expliziten Darstellung der Vielelektronen–Wellenfunktion mit Hilfe von Storungsreihen bestimmt. Fur die Vorhersagesehr vieler Observablen bei der Anregung, Ionisation und dem Zerfall freierAtome ist dieno–pair Naherung vollkommen ausreichend. Die daruber hin-ausgehenden

”QED–Korrekturen“ konnen — falls tatsachlich erforderlich —

meist genau genug durch Interpolation in der schon beschriebenen Weise ausden QED Ergebnissen zu den Wasserstoff–ahnlichen Ionen fur eine geeigne-teeffektiveKernladung abgeschatzt werden. Wir werden diese Korrekturen imweiteren jedoch gewohnlich nicht betrachten.

Page 38: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

34 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

2.5 Das”Standardmodell“ der Atomstruktur

Die Dirac–Fock Gleichungen spielen bei der relativistischen Beschreibung vonAtomen und Molekulen eine zentrale Rolle. Sie werden gewohnlich — in en-ger Analogie zur Hartree–Fock Methode in der nichtrelativistischen Theorie— aus einer Variation des Erwartungswertes des HamiltonoperatorsHDC her-geleitet. Dabei erscheint es auf den ersten Blick geradezu unmoglich, einer sol-chen Variation einen nach unten formal unbeschrankten Operator zugrundezu-legen. Ganz allgemein jedoch werden die Losungen einer Variationsgleichungnicht allein durch das Funktional, sondern auch durch die zusatzlich gestelltenRandbedingungen bestimmt. Dies bedeutet, daß letztlich aber erst die Rand-bedingungen das Variationsproblem (bzw. den Funktionenraum zur Variation)vollstandigfestlegen.

Im Grundzustand eines Atoms sind die Elektronen im Potential des Kernes(und der anderen Elektronen)gebunden. Dabei besetzten sie die energetischtiefsten (Elektronen–)Zustande. Tatsachlich gewahrleistet die Forderung nachgebundenenEinelektronenlosungen in den Dirac–Fock Gleichungen, daß kei-ne nichtnormierbaren Zustande weder aus dem negativen noch positiven Kon-tinuum hineinmischen konnen. Insofern wird die in Abschnitt 2.4 diskutier-te Annahme eines gefullten

”Dirac–Sees“ bereits durch die Randbedingungen

gebundener Zustande korrekt erfullt. Die Variation kann daher unmittelbar denvon der Hartree–Fock Methode her bekannten Schritten folgen:

Gesucht wird dabei ein stationarer Wert des ErwartungswerteshΦ jHDC jΦibzgl. der Variation der besetzten Einteilchenfunktionenfjϕkig

δfϕkg hΦ jHDC jΦi = 0(2.60)

unter den Nebenbedinungen

hΦ jΦi = 1(2.61)

hϕk j ϕ li = δkl ;(2.62)

wobei als TestfunktionenjΦi nur antisymmetrisierte Produktfunktionen zuge-lassen werden. Diese Produktfunktionen werden aus den Elektronenorbitalenfjϕkig konstruiert und sind im einfachsten Falle Slater–Determinanten. Außerden beiden Nebenbedingungen (2.61–2.62) mussen in der Hartree–(Dirac–)Fock Methode zusatzlich aber auch die Quantenzahlen der besetzten Elektro-nenorbitale vorgegeben werden, um die Iterationsvorschrift zu einem selbst-konsistenten Potential schließlich vollstandig festzulegen.

Die Losungen des Dirac–Fock Modells konnen aber auchohne die Variationeines Erwartungswertes der totalen Energie hergeleitet werden; dieser Zugang

Page 39: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.5. Das”Standardmodell“ der Atomstruktur 35

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

folgt dem Herangehen der Vielteilchenstorungstheorie und kann am einfach-sten mit Hilfe der zweiten Quantisierung und dem Teilchen–Loch Formalis-mus veranschaulicht werden. Wir werden dieses Kalkul spater ausfuhrlicher inKapitel 4 kennenlernen. Zunachst erinnern wir hier nur daran, daß die Hartree–(Dirac–)Fock Losungen das Brillouin’sche Theorem erfullen. Dieses Theorembesagt, daß im Hartree–Fock Modell alle Einteilchenanregungen identisch ver-schwinden. Dahinter verbirgt sich ausfuhrlicher die sogenannteHartree–FockBedingung

hΦ jHDC jΦ rai = 0 fur alle a und r ;(2.63)

wonach in der Hartree–(Dirac–)Fock Naherung alle Nichtdiagonalelementemit solchen Determinanten, die sich nur ineinemder besetzten Einteilchen-orbitale unterscheiden, Null sein mussen. In (2.63) kennzeichnetjΦi dieHartree–Fock Losung und jΦ r

ai eine Determinante, in der eines der Elek-tronenorbitalejϕai aus jΦi durch ein virtuelles Orbitaljϕ ri ersetzt wurde.

Die gleiche Bedingung (2.63) kann nun auch mit Hilfe des Teilchen–LochFormalismus’ gestellt werden. Dies setzt zunachst eine

”Neudefinition“ des

Vielteilchen–Vakuums voraus. Das in (2.54) zugrundegelegte Vakuumjo0ienthalt weder Elektronen noch Positronen oder Photonen. Wir brauchten daherim no–pair Operator (2.57) bisher auch nicht weiter auf die Normalordnungder Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren der Elektronen achten, die imFormalismus der zweiten Quantisierung allgemein jedoch eine sehr wichtigeRolle spielt. In der oben angegebenen Form desno–pair Hamiltonoperators(2.57) sind alle Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren bereits normalge-ordnet. Bei dieser an sich sehr naturlichen Definition des Vakuums liegt dieFermi–Kante, bis zu der alle Einteilchenzustande besetzt sind, gerade ober-halb des negativen Spektrums. Fur die storungstheoretische Beschreibung vonVielelektronenatomen ist es dagegen sinnvoller, die Fermi–Kante (des Vaku-ums) bis zudemElektronenorbital zu verschieben, welches im betrachtetenAtom gerade noch besetzt ist4. Bei einer solchen

”Neudefinition“ des Vakuum-

zustandesjoi werden die besetzten Elektronenorbitale als Core–Orbitale undalle unbesetzten als virtuelle Orbitale bezeichnet. In den Formeln werden denCore–Orbitalen die Indizesa;b;c; : : : und den virtuellen Orbitalenr;s;t; : : :zugeordnet. Wir verwenden außerdem die Indizesi; j;k; : : : , wenn ein Sum-mationindex sowohluber alle Core– als auch alle virtuellen Orbitale laufensoll.

Die Neudefinition des Vakuums fuhrt auch zu einer modifizierten Form desno–pair Hamiltonoperators (2.57). Wir verschieben die Herleitung dazu auf

4Um die Symmetrie freier Atome ausnutzen zu k¨onnen, ist es allerdings erforderlich, daßdieses neudefinierte

”Vielteilchenvakuum“ mit einerEdelgaskonfigurationzusammenf¨allt. Wir

werden in Kapitel 4 noch sehen, daß daf¨ur am zweckm¨aßigsten der am n¨achsten benachbarte,geschlossenschalige Zustand verwendet wird. Ein offenschaliges Atom kann dann bzgl. diesemVakuumzustand von vornherein sowohl L¨ocher als auch zus¨atzliche Elektronen aufweisen.

Page 40: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

36 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kapitel 4 und geben hier zunachst nur das Ergebnis an

HNP = Ho+Vo+V1+V2

= ∑i

fa+i aigεi

+ ∑a

εa + ∑a

hajV(r) jai + 12∑

ab

[habjv12jabi habjv12jbai ]

+ ∑i j

fa+i ajg

∑a

[hia jv12j jai hia jv12ja ji] + hi jV(r) j ji

+12 ∑

i jkl

fa+i a+j al akg hi j jv12jkli :(2.64)

Die geschweiften Klammern um die Erzeugungs– und Vernichtungsoperatorenzeigen darin an, daß (nur) die normalgeordneten Produkte dieser Operatorenzu verwenden sind. Neben dem konstanten SummandenVo tritt infolge derNeudefinition des Vakuums imno–pair OperatorHNP nun auch ein effekti-ves, nichtlokales PotentialV1 auf, daß ebenfalls von den Matrixelementen derElektron–Elektron Wechselwirkung (2.38) abhangt. Die Bedingung (2.63) andas Hartree–(Dirac–)Fock Potential entspricht bei dieser Herleitung nun gera-de der Forderung, daßV1 0 ist. Diese Forderung legt das PotentialV(r)eindeutig fest; dessen Matrixelemente sind dann

iVV10(r)

j

= ∑a

[hia jv12j jai hia jv12ja ji] hi jVDF j ji(2.65)

identisch mit den Matrixelementen des Dirac–Fock Potentials, so wie es auchaus der Variation der totalen Energie hergeleitet werden kann. In diesem Falltragt in den Storungsreihen nur der TermV2 des Operators (2.64) zu allenhoheren Ordnungen bei. Diese Herleitung des Hartree–Dirac–Fock Potentials(und der daraus folgenden Losungen) besitzt den Vorteil, daß sofort klar wird,wie die Dirac–Fock Losungen (storungstheoretisch) systematisch verbessertwerden konnen. Mit Hilfe desno–pair Hamiltonoperators (2.64) konnen dieStorungsreihen zu allen atomaren Eigenschaften namlich anschließend volliganalog zur nichtrelativistischen Theorie aufgestellt und berechnet werden. —Damit erfullt sich jedoch eines unserer eingangs genannten Anliegen, die rela-tivistische Theorie so zu formulieren, daß wir moglichst Vieles aus der nicht-relativistischen Theorie ohne wesentlicheAnderungenubernehmen konnen.

Im folgenden Kapitel besprechen wir die naturliche Erweiterung der Dirac–Fock Methode auf einen Multikonfigurationsansatz. Allerdings erfullen dieEinteilchenlosungen, die wir in der MCDF Methode erhalten, dann nicht mehrdas Brillouin’sche Theorem, d.h.V1 6= 0. Dennoch konnen auch diese Elek-tronenorbitale (soweit es uns gelingt, ein vollstandiges, diskretisiertes Dirac–Spektrum herzuleiten) zu einer (Matrix–)Darstellung desno–pair Operators

Page 41: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.6. Atomare Basiss¨atze 37:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(2.64) verwendet werden. Die MCDF Gleichungen fuhren dabei (im wesent-lichen) allein zu einer unitaren Transformation des positiven Spektrums. Derno–pairOperator ist bzgl. einer solchen Transformation invariant. Das zusatz-liche Auftreten von Einteilchenanregungen (V1 6= 0) bei der MCDF Methodewird allerdings durch den Vorteil kompensiert, daß die Elektronenorbitale das

”atomare Feld“ in niedrigster Ordnung bereits besser beschreiben, als es eine

einfache Dirac–Fock Basis vermag. Dies fuhrt zu der berechtigten Hoffnung,daß spater auch die Storungsreihen schneller konvergieren.

Bevor wir die MCDF Methode nun ausfuhrlicher darstellen werden, beschrei-ben wir zunachst atomare Basissatze, die sich auch in Vielelektronenatomenzur Losung der Dirac–Gleichung (2.4) in einem Zentralfeld verwenden lassen.

2.6 Atomare Basissatze

Der Erfolg der algebraischen Losungsmethoden ist bei komplexeren Atomenganz entscheidend von der Wahl geeigneter Basisfunktionen abhangig, diezur Darstellung der Einteilchenlosungen (2.17–2.18) verwendet werden. Dafursind nicht allein nur die mathematischen Forderungen aus Abschnitt 2.2 aus-schlaggebend. Besondere Rucksicht ist auch auf einen einfachen Umgang mitdiesen Basissatzen sowie auf deren angestrebte Implementierung in Struktur-programmen zu nehmen. Wie wir sahen, kommen dabei den Eigenschaftendes Dirac’schen OperatorshD aus (2.4) bei der Konstruktion geeigneter Ba-sissatze eine im Vergleich mit der nichtrelativistischen Theorie weit großereRolle zu. Wir wollen hier vor allemglobale Basisfunktionen vorstellen, diebisher hauptsachlich fur die Berechnung geschlossenschaliger Atome einge-setzt wurden, und die wir spater im Kapitel 3 auch zur algebraischen Formu-lierung der MCDF Methode verwenden. Daneben diskutieren wir kurz einigealternative Diskretisierungen der Gleichung (2.10), die von anderen Gruppenerfolgreich genutzt werden. Aufgrund der Seperation der Dirac–Orbitale (2.5)im einem Zentralfeld, brauchen wir im folgenden nur die Radialfunktionen zubetrachten.

Wir fassen zunachst nochmals die Forderungen an eine Spinorbasis zusammen,die sich aus den mathematischen Untersuchungen (Grant 1982; 1986) ergeben:

a) Um die Symmetrie zwischen dem positiven und negativen Spektrum desDirac’schen OperatorshD zu erhalten, werden zur Darstellung der gro-ßen und kleinen Komponente stets die gleiche Zahl von Basisfunktionenfgj(r); j = 1; : : : ;Ng verwendet.

b) Diese Basisfunktionen erfullen paarweise die Bedingung derkinetischen Ba-lance(2.28). Diese Bedingung gewahrleistet trotz der physikalisch zu starken

Page 42: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

38 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Beschrankung des Grenzwerttheorems (2.27) auch fur schwere relativistischeAtome eine stabile Naherung zum vollstandigen Dirac–Spektrum.

c) Als Testfunktionen in einem Variationsansatz mussen die Basisfunktionen fer-ner die korrekten Randbedingungen der gebundenen Zustande erfullen, und siesollen schließlich

d) systematisch zu einer vollstandigen Spinorbasis hin erweitert werden konnen.Die Kenntnis des Konvergenzverhaltens der Energien und Erwartungswerte inAbhangigkeit der Zahl der verwendeten Basisfunktionen ist wichtig, da das

”Abschneiden“ der Basis gewohnlich den großten Fehler bei der Berechnung

von Atomen und Molekulen liefert.

Von Grant (1989, 1993) und Mitarbeitern wurden in den vergangenen Jah-ren vor allem dreiglobale Spinorbasenausfuhrlich untersucht und dargestellt.Wir wollen daraus die Form der Basisfunktionen und einige wichtige Eigen-schaften wiederholen. Sie werden in der Literatur als L–, S– und G–Spinorenbezeichnet, wobei die letzteren beiden Typen eng mit den aus der nichtrela-tivistischen Theorie bekannten Slater– bzw. Gauß–Funktionen verwandt sind.Auf einige ausgewahlte Strukturrechnungen, die bisher mit diesen Spinorbasendurchgefuhrt wurden, kommen wir dann im folgenden Abschnitt zu sprechen.Mit den globalen Basisfunktionen konnen auch die Einteilchenintegrale (2.23–2.26) und die Beitrage zur Elektron–Elektron Wechselwirkung mit Hilfe trans-zendenter Funktionen geschlossen dargestellt werden. Die dabei auftretendenFormeln wurden (teilweise) in die bestehenden Programme implementiert. Al-lerdings sind dies meist langere Ausdrucke, die wir hier nicht wiederholen.Wir verweisen stattdessen auf die jeweilige Literatur; leider sind darin die Dar-stellungen fur die einzelnen Spinorbasen oft unvollstandig und die verwen-deten Bezeichnungen verschieden. In einer etwas vereinfachten Sprechweisebezeichnen wir diese Beitrage der Einteilchenintegrale (2.23–2.26) sowie derElektron–Elektron Wechselwirkung in diesem und dem folgenden Abschnittkurz als dieEinteilchen–bzw.Zweiteilchenmatrizen.

L–Spinoren

Die L–Spinoren sind die ins Relativistischeubertragenen Coulomb–SturmFunktionen, die von Hylleraas Ende der 20er Jahre eingefuhrt wurden. Siekonnen mit Hilfe der Laguerre–Polynome (daraus entstammt ihr Name) ge-schrieben werden und besitzen fur einen punktformigen Kern das korrekteVerhalten am Ursprung. Sie werden in ihrer Form sehr ausfuhrlich bei Grant(1993) besprochen. L–Spinoren erfullen im Limes c! ∞ das Grenzwert-theorem (2.27). Fur Vielelektronenatome spielt diese Spinorbasis (bisher) je-doch keine Rolle, da die Berechnung der Ein– und Zweiteilchenintegrale sehrkompliziert ist. Ihr — vermutlich — großeres Potential liegt bei den atoma-ren QED Rechnungen (bei denen die Kernausdehnung vernachlassigbar ist),

Page 43: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.6. Atomare Basiss¨atze 39:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

da die L–Spinoren sehr gut zur Darstellung der Dirac–Coulomb Green’schenFunktionen geeignet und zudem vollstandig sind.

S–Spinoren

Weit einfacher lassen sich die Beitrage der Elektron–Elektron Wechselwirkungmit S–Spinoren berechnen. Diese sind sehr eng mit den L–Spinoren niedrigsterOrdnung zur jeweils gleichen Symmetryκ verwandt. Sie konnen aber auch alseine Verallgemeinerung der nichtrelativistischen Slater–Funktionen (STO —SLATER TYPE ORBITALS) aufgefaßt werden und sind fur alle Berechnungenmit einem punktformig angenommenen Kern geeignet. Die S–Spinoren sindfur alle Symmetrienκ < 0

gTκ j(r) = Nκ j r

γ eα j r j = 1; : : : ;N(2.66)

mit γ =p

κ2Z2=c2 und der Normierungskonstanten

Nκ j =

(2α j)

(2γ+1)

Γ(2γ +1)

1=2

:

Wir benutzen den SuperskriptT = (L; S) , wenn die angegebenen Formeln so-wohl fur die große als auch kleine Komponente gelten;α j sind die Basissatz-parameter, die wir weiter unten noch besprechen werden. Fur κ > 0 ist

gTκ j(r) = NT

κ j (ATκ rγ + α j r

γ+1)eα j r j = 1; : : : ;N(2.67)

mit

ALκ =

(κ+1K)(2γ +1)2(Kκ)

; K2 = 1+2γ +κ2

bzw.

ASκ =

(κ1K)(2γ +1)2(Kκ)

und

NTκ j =

AT

κ2 Γ(2γ +1)(2α j)(2γ+1)

+ 2ATκ α j

Γ(2γ +2)(2α j)(2γ+2)

+ α2j

Γ(2γ +3)(2α j)(2γ+3)

1=2

:

Fur κ< 0 kann die gleiche Basis zur Darstellung der großen und kleinen Kom-ponenten genutzt werden. Im anderen Falle (κ> 0) fuhrt die Bedingung der ki-netische Balance (2.28) jedoch zu einer etwas verschiedenen Gestalt der Basis-funktionen. Die mit den S–Spinoren berechneten Einteilchenmatrizen (2.23–2.26) werden fur einen punktformigen und homogen geladenen Kern beispiels-weise von Grant (1989, 1993) angegeben. Eine zu (2.66) und (2.67) etwas all-gemeinere Schreibweise, die zwei verschiedene KoeffizientenpaareAT und

Page 44: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

40 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

BT verwendet, fuhrt ferner auf den Vorteil, daß bei der Berechnung der Zwei-teilchenmatrizen nicht zwischen den beiden Darstellungen fur κ< 0 undκ> 0unterschieden werden muß. In Matrix–Dirac–Fock Rechnungen fur geschlos-senschalige Atome genugen ca. 20: : : 30 dieser Spinoren, um die totaleEnergie auf etwa 7 oder 8 Stellen genau zu berechnen. Sie haben sich dadurchfur alle leichten und mittelschweren Atome als ein nutzlicher Funktionensatzerwiesen. — Slater–Funktionen in nichtrelativistischen Atomstrukturrechnun-gen wurden in der Vergangenheit insbesondere im Programm CIV3 (Hibbert1975) implementiert.

G–Spinoren

Die in der nichtrelativistischen Theorie haufig verwendeten spharischen Gauß–Funktionen (GTO — GAUSSIAN TYPE ORBITALS) konnen ebenfalls zu ei-ner flexiblen Spinorbasis zusammengefaßt werden (Grant 1993). Die unterBerucksichtigung der kinetischen Balance (2.28) auf diese Weise gebildetenBasisfunktionen heißen G–Spinoren und sind besonders fur alle Untersuchun-gen mit endlich ausgedehnten Kernmodellen geeignet. Ihre großen Komponen-ten sind definiert durch

gLκ j(r) = NL

l j rl+1eα j r2

j = 1; : : : ;N(2.68)

wobei (im nichtrelativistischen Sinne)l erneut die Bahndrehimpuls–Quanten-zahl bezeichnet und die Normierungskonstante

NLl j =

"22l+7=2 αl+3=2

j

(2l +1)!!p

π

#ist. Die zugehorigen kleinen Komponenten sind

gSκ j(r) = NL

l+1; j r l eα j r2κ < 0(2.69)

gSκ j(r) = NL

l+1; j

l +1=2

α jr l r l+2

eα j r2

κ > 0 :(2.70)

Die verschiedenen Ein– und Zweiteilchenmatrizen konnen mit G–Spinorenrecht einfach bestimmt werden. Parpia und Mohanty (1991a) geben dazu um-fangreiche Formeln an, die auch verschiedene Kernmodelle betreffen. Aller-dings nehmen die Einteilchenmatrizen zum Kernpotential (2.24) eine rechtkomplizierte Form an, wenn der Kernladung eine Fermi–Verteilung zugrun-de gelegt wird (Parpia und Mohanty 1992). Diese Matrizen werden dann weiteinfacher numerisch integriert.

Die Wahl der Basissatzparameterfα jg kann fur die S– und G–Spinoren sehrahnlich getroffen werden; wir kommen auf diese Frage sofort zuruck. Auf-grund des asymptotisch zu raschen Abfalls eα r2

wird bei der Verwendung

Page 45: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.6. Atomare Basiss¨atze 41:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

von G–Spinoren jedoch oftmals eine etwas großere Basis benotigt. Uber Atom-strukturrechnungen hinaus, die wir in dieser Arbeit besprechen wollen, sind G–Spinoren aber insbesondere fur die meisten quantenchemischen Entwicklun-gen von Interesse, bei denen auch Mehrzentrenintegrale zur Elektron–ElektronWechselwirkung auftreten.

Temperierte Funktionensatze

In der Vergangenheit wurden die Parameterfα jg haufig anhand einer vorgege-benen Zahl von Basisfunktionen optimiert. Fur eine so festgelegte Basis sindAussagenuber die Vollstandigkeit und Konvergenz der Ergebnisse allerdingsnahezu unmoglich. Aussagen daruber sind jedoch gerade fur eine strengereDiskussion relativistischer und QED Beitrage in Atomen entscheidend. Es istdaher oftmals wichtig, die Konvergenzeigenschaften der Basis im zugrundelie-genden Funktionenraum naher zu analysieren.

Bei den temperierten Funktionensatzen laßt sich die Dimension der Basis ein-fach vergroßern. Dazu werden die Exponenten

α j = αN β j1N j = 1; : : : ;N(2.71)

als Elemente einer geometrischen Reihe gewahlt, der die beiden ParameterαN und βN zugrundeliegen. Allerdings tritt bei diesen Funktionensatzen dieSchwierigkeit auf, daß eine so konstruierte Basis im Hilbertraum fur N!∞nicht vollstandig wird (Klahn und Bingel 1977). Dieses Problem kann (nur) da-durch umgangen werden, indem eineFolge temperierter Funktionensatze derDimensionN mit

αN ! +0 und βN ! +1(2.72)

fur N ! ∞ betrachtet wird. Dies wird beispielsweise durch die Folge vonSchmidt und Ruedenberg (1979; siehe Grant 1989)

αN =

βN1

βN11

1=2

αN1 ln βN =

N

N1

1=2

ln βN1

gewahrleistet, die in mehreren Rechnungen untersucht wurde. Fur unser In-teresse an Mehrelektronenatomen spielen diese Art von Fragen nach einergeeigneten Folge fur die Basisparameter bisher jedoch eine untergeordneteRolle, da eine streng systematische Vergroßung der Zahl der Basisspinorengewohnlich zu aufwendig ist. In den meisten praktischen Rechnungen wirddaher βN = 1:2 : : : 1:5 und αN = Z= βN1

N gewahlt. Ausfuhrlicher werdendie temperierten Funktionensatze im Kontext nichtrelativistischer Rechnungenbei Wilson (1980, 1987) diskutiert. Ein weiterer Vorteil dieser Funktionen ist,daß sehr effiziente Algorithmen zur Berechnung der Ein– und Zweielektronen-matrizen genutzt werden konnen, die auf bekannten Rekursionseigenschaften

Page 46: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

42 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

aufbauen. Oftmals konnen dabei die gleichen Basisparameterα; β fur alleSymmetrienκ gewahlt werden. Diese Beschrankung ist jedoch keinesfalls not-wendig, so daß mit verschiedenen Parametern fur verschiedene Symmetrienmitunter auch eine flexiblere Basis erreicht werden kann.

Alternative Basissatze

In der Vielteilchenstorungstheorie wurden in den vergangenen zehn Jahren vorallem stuckweise definierte Polynome (B–Splines) und numerische Basissatzesehr erfolgreich verwendet. Wir wollen auf diese beiden Alternativen kurzeingehen, obwohl sie fur das weitere Verstandnis dieser Arbeit keine Rollespielen.

B–Splines wurden von Johnson und Sapirstein (1986) in die relativistischeAtomstruktur eingefuhrt. Sie eignen sich zur Beschreibung gebundener Atom-zustande, da in diesem Falle alle Wechselwirkungen lokalisiert in der Nahe desKernes auftreten. Wir berucksichtigten diesen Tatbestand bereits bei den globa-len Spinorbasen durch den exponentiellen Abfall jeder Basisfunktion fur r !∞. Aus diesem Grunde reicht es auch aus, die Wechselwirkungen nur innerhalbeines endlichen Volumens mit RadiusR zu untersuchen. Fur die Berechnungdes Grundzustandes und der niedrig angeregten Zustande ist gewohnlich einVolumen mit RadiusR 40=ZIon geeignet, wobeiZIon = ZN+1 die ver-bleibende Rumpfladung ist, die einaußeres Elektron sieht (Johnson 1995). Esist naturlich offensichtlich, daß alle physikalischen Ergebnisse schließlich un-abhangig von der konkreten Wahl vonR sein mussen.

Innerhalb des endlichen Volumens werden die Losungen zu (2.10) durch einenSatz vonn B–Splines der Ordnungk dargestellt. Die rekursive Konstruktiondieser stuckweisen Polynome ist naher bei deBoor (1977) und angewendet aufdie Losungen zur Dirac–Gleichung bei Johnsonet al (1988) beschrieben. Einewichtige Eigenschaft der Splinefunktionen ist, daß sie nur in einem endlichenRaumgebiet (positiv) von Null verschieden sind und außerhalb dieses Inter-valls identisch verschwinden. Dadurch erhalten die Einteilchenmatrizen einerecht einfache diagonale Bandstruktur, die bei den weit aufwendigeren Zwei-elektronenbeitragen jedoch aufgrund der langreichweitigen Wechselwirkungder Elektronen leider verloren geht. Bei der Berechnung gebundener Zustandewerden die Knoten der Splinefunktionen innerhalb der Kugel mit RadiusRmit exponentiell wachsendem Gitterabstand definiert, um dem Abfall der elek-tronischen Ladungsdichte Rechnung zu tragen.

B–Splines haben den Vorteil —ahnlich zu den globalen Spinorbasen —, daßsie selbst bei einer kleineren Zahl von Basisfunktionen relativ vollstandigbei der Darstellung gebundener Zustande sind (Johnson und Sapirstein 1986,Landtman und Hansen 1993). Johnsonet al (1988a) beispielsweise zeigten,

Page 47: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.6. Atomare Basiss¨atze 43:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

daß bereits mitn= 40 Splines der Ordnungk= 7 die relativistische Thomas–Reiche–Kuhn Summenregel mit einem relativen Fehler von 107 erfulltwird. Berechnung mitn = 50 Splines der Ordnungk = 9 fuhren zu einer re-lativen Abweichung von 109. Nichtrelativistische Rechnungen (Landtmanund Hansen 1993) bestatigten ferner, daß sich auch Rydbergserien zu offen-schaligen Atome mit einer eingeschrankten Basis von etwa 40 – 60 Spline-funktionen recht gut approximieren lassen.

Wir erwahnen abschließend zu den alternativ nutzbaren Basissatzen fur Atom-strukturrechnungen die Entwicklungen der Goteborger Arbeitsgruppe, bei de-nen das Einteilchenspektrum zu (2.10) mit Hilfe finiter–Differenzen Formelnauf einem endlichen Gitter diskretisiert wird (Salomonson undOster 1989a,b;1990). In diesernumerischenDarstellung fallen die Koeffizienten der Ba-sisfunktionen praktisch mit den an den raumlichen Gitterpunkten definiertenFunktionswerten zusammen. Dies erlaubt eine effektive Berechnung der Ein-elektronenbeitrage sowie auch der Matrizen zur Elektron–Elektron Wechsel-wirkung. Diese Methode liegt den meisten der im Kasten VII zusammenge-stellten Rechnungen zugrunde. Allerdings sind typischerweise ca. 100 odermehr Gitterpunkte notwendig, um eine angemessene Genauigkeit zu erreichen.In Multikonfigurations Dirac–Fock Rechnungen und in sehr schweren Atomenwurde eine solchenumerischeBasis bislang nicht untersucht.

Diskussion der Basissatze

Allen in diesem Abschnitt zusammengefaßten Diskretisierungen des Ein-teilchenspektrums zur radialen Dirac–Gleichung (2.10) ist gemeinsam, daßdie tiefliegenden gebundenen Zustande sehr gut dargestellt werden. DieseZustande fallen praktisch mit den numerisch integrierten Losungen zur Dirac–Gleichung zusammen. Fur erfolgreiche MCDF Rechnungen muß die Basisdeshalb mindestens so groß gewahlt werden, daß alle spektroskopisch besetz-ten Orbitale genau genug beschrieben werden. Die hoher angeregten diskretenZustande und auch alle Kontinuumszustande werden durch die quadratisch in-tegrierbaren Pseudozustande (

”Wellenpakete“) andererseits nur genahert. Die-

ses Vorgehen ist in praktischen Rechnungen weit wirtschaftlicher als der Ein-satz von finiten–Differenzen Verfahren, vorausgesetzt naturlich, daß die unter-suchten Eigenschaften bei einer systematisch vergroßerten Basis schnell ge-nug gegen den physikalisch korrekten Grenzwert konvergieren. Ein zusatzli-cher Vorteil liegt in der bei Basissatzen stets deutlich einfacher durchfuhrbarenVektorisier– und Parallelisierbarkeit der zugrundeliegenden Strukturprogram-me.

Strenge mathematische Beweise zur Konvergenz allgemeiner Matrixelemen-te und Erwartungswerte in Abhangigkeit der Dimension der Basis und derenEigenschaften sind fur Vielelektronensysteme nicht verfugbar. Sie waren mit

Page 48: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

44 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

der Forderung nach mathematischer Strenge sicher fur praktische Rechnungenauch wenig aussagekraftig. Unsere Kenntnisuber die erreichbare Annaherungan diephysikalischen Wertebaut daher vor allem auf die Erfahrungen auf, diein vielen Einzeluntersuchungen gewonnen werden. Jede verwendete Basis iststets endlich und unvollstandig; dies muß fur gebundene Atome jedoch kei-nerlei Schwierigkeiten bereiten. Wir wollen der Diskussion zur Konvergenzder Ergebnisse bei der Verwendung analytischer, globaler Basissatze hier nochetwas weitere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Von diesen Funktionen, de-ren mathematische Eigenschaften von Grant (1989, 1993) diskutiert wurden,bilden insbesondere die S– und G–Spinoren die Grundlage des in Kapitel 3beschriebenen, algebraischen MCDF Programmes (GRASP–B).

Viele Rechnungen bestatigen heute, daß Basissatze, die die Bedingung der ki-netischen Balance (2.28) erfullen, einenVariationskollaps, so wie er in den60er und 70er Jahren gefunden wurde, verhindern. WeitereVorkehrungen,wie sie beispielsweise bei Kutzelnigg (1984) ausfuhrlicher diskutiert werden,sind im allgemeinen unnotig. Dennoch sind damit bei Atomen mit sehr ho-her Kernladung besonders fur die Einteilchensymmetrienκ < 0 nicht alleProbleme ausgeraumt. Wir sahen bereits, daß die Bedingung (2.28) in diesenFallen eine zu starke Einschrankung an das Verhalten der Losungen vorgibt.Es mussen dann zumindest die relativistischen Korrekturen zur kinetischenBalance O (1=c2) auch in der Spinorbasis berucksichtigt werden. Mit sol-chen korregierten Basissatzen werden fur sehr schwere Atome totale Energienerhalten, die weniger als 1µHartree von den entsprechenden FDM Ergebnis-sen abweichen (Quineyet al 1989a). Eine sehr guteUbereinstimmung wurdeneben den totalen Energien auch fur die Einelektronenbindungsenergien undverschiedenerk Erwartungswerte (k ganzzahlig) gefunden. Dies zeigt, wel-chen Einfluß die korrekten Randbedingungen bei einer algebraischen Losungder Dirac–Fock Gleichungen besitzten. Sie mussen moglichst prazis beruck-sichtigt werden.

Werden andererseits die genannten, globalen Spinorbasen, die die kinetischeBalance streng erfullen, auf sehr schwere Atome angewandt, so konnen fureinen punktformigen Kern die erhaltenen Einteilchenenergien auch etwas zutief liegen (in der Großenordnung einer atomaren Einheit). Ein vollstandigerZusammenbruch der Variation tritt jedoch nicht auf. Die Schwierigkeit ist, daßbei einem punktformigen Kern die Losungen zu (2.10) fur r ! 0 und κ =1 singular werden. Diese Singularitat wird durch eine Spinorbasis, derengroße und kleine Komponenteuber die Bedingung (2.28) verbunden sind, nichtkorrekt beschrieben. Ein solches fehlerhaftes Verhalten bei der Variation wirdallerdings mit Hilfe von G–Spinoren und einer ausgedehnten Kernladung (fast)vollstandig vermieden. In allen bisherigen Untersuchungen waren die mit G–Spinoren gefundenen totalen Energien jeweils obere Schranken zu den finiten–Differenzen Werten.

Page 49: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.7. Matrix Dirac–Fock Gleichungen 45:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Ein abschließendes Urteiluber die kunftige Bedeutung der in diesem Abschnittbesprochenen Basissatze zur Berechnung der Elektronenstruktur freier Ato-me ist bisher noch nicht gefallen. Wahrend B–Splines und numerische Ba-sissatze vorrangig in Storungsrechnungen eingesetzt werden, lag die Aufmerk-samkeit bei den von der Oxforder Gruppe propagierten globalen Spinorbasenhauptsachlich auf Singlekonfigurations Dirac–Fock Rechnungen zu den tota-len Energien. Dabei richtete sich der Blick bei diesen globalen Funktionen vonBeginn an darauf, die Methoden sowohl auf Multikonfigurationsansatze alsspater auch auf molekulare Berechnungen auszudehnen. Wir werden unsereweitere Darstellung im folgenden auf die global definierten Basisfunktionenbeschranken, da eine algebraische Losung des MCDF Modells bereits teilwei-se mit Hilfe der S– und G–Spinoren implementiert wurde (vgl. Kapitel 3).

2.7 Matrix Dirac–Fock Gleichungen furgeschlossenschalige Atome

Beim”Standardvorgehen“ werden die Gleichungen fur ein selbstkonsistenstes

atomares Feld aus der Variation des Energieerwartungswertes (2.60) gewon-nen, wobei wir dieser Variation entweder den Dirac–Coulomb oder Dirac–Coulomb–Breit Hamiltonoperator zugrunde legen konnen. Da es unser Zielist, die relativistischen Korrekturen zur Elektron–Elektron Wechselwirkungbereits im atomarenmean–fieldPotential zu berucksichtigen, verwenden wirin (2.60) von Beginn an den Dirac–Coulomb–Breit Operator (2.52), gehen derEinfachheit halber jedoch von der frequenzunabhangigen Form der Breitwech-selwirkung (2.37) aus. Die frequenzabhangigen Korrekturen (die die Energie-differenz der Einelektronenlosungen explizit enthalten) sind gewohnlich kleinund konnen anschließend storungstheoretisch erfaßt werden.

Die Matrixform der Dirac–Fock(–Breit) Gleichungen wurde ursprunglich vonKim (1967) aufgestellt. Zur Berechnung relativistischer Atome wird dieseForm jedoch haufiger erst seit den jungeren Arbeiten der Oxforder Gruppe(Quiney et al 1987a,b; Grant und Quiney 1988) verwendet. Als Testfunk-tionen zur Variation von (2.60) dienen dabei einzelneNElektronen Slater–Determinanten. Daruberhinaus sollen gewohnlich alle Einelektronenlosungenin den Determinanten diefaktorisierte Form (2.5) besitzen, damit wir dieDirac–Fock Gleichungen schließlich nur ineiner (radialen) Variablen erhal-ten (RESTRICTEDDIRAC–FOCK). Unter diesen beiden Einschrankungen undfur eine symmetrische Spinorbasis ergibt sich fur geschlossenschalige Atomeaus der Variation (2.60) ein Satz gekoppelter Matrixgleichungen

Fκ Xκ = Eκ Sκ Xκ ;(2.73)

Page 50: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

46 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

worin κ auf die Drehimpulsquantenzahl der jeweiligen Elektronen verweist.Fur jede Symmetrieκ besitzt die zugehorige Matrixgleichung (2.73) die Di-mension 2Nκ und damit ebenso viele verschiedene (orthogonale) Einteil-chenlosungenX j

κ; j = 1; : : : ;Nκ ; wir bezeichnen einen solchen Satz der 2NκLosungen, die alle zur gleichen Einelektronensymmetrie gehoren, oftmals auchkurz als einenSymmetrieblock. Die Gleichungen (2.73) zu verschiedenen Sym-metrieblocken sind durch die FockmatrizenFκ miteinander verkoppelt, derenDimensionen(2Nκ) auch gerade gleich der Gesamtzahl der Basisfunktionenzur Darstellung der großenund kleinen Komponente sind. Ferner bezeichnenin (2.73) Eκ eine Diagonalmatrix der 2Nκ Einteilchenenergien und

Sκ =

SLL

κ 0

0 SSSκ

(2.74)

die blockdiagonaleUberlappmatrix. Die oberen IndizesTT0 weisen erneutdarauf hin, welche der Basisfunktionen der großen bzw. kleinen Komponentezur Berechnung dieser Matrizen zu verwenden sind. Die Fockmatrix ist

Fκ = hκ + gκ + bκ ;(2.75)

wobei vollig analog zu (2.22)

hκ =

V LL

κ cΠΠΠLSκ

cΠΠΠSLκ V SS

κ 2c2 SSSκ

(2.76)

die Matrixdarstellung des Einteilchen Dirac–OperatorshD in der Spinorbasisder Symmetrieκ ist. Diese Matrix beschreibt die Bewegung der Elektronenim reinen Kernpotential und wurde von uns zuvor bereits alsEinteilchenmatrixbezeichnet, ohne daß wir uns naher um deren konkrete Form kummerten; ent-sprechend sindgκ und bκ spezielle Darstellungen derZweiteilchenmatrizen.In der Fockmatrix (2.75) istgκ die Matrixdarstellung zur Coulombabstoßung,

gκ =

"JLL

κ K LLκ K LS

κ

K SLκ JSS

κ K SSκ

#(2.77)

und

bκ =

"BLL

κ BLSκ

BSLκ BSS

κ

#(2.78)

die entsprechende Matrix zur (frequenzunabhangigen) Breitwechselwirkung.Ausfuhrlicher sind deren Matrixelemente bei Grant und Quiney (1988) undbei Quineyet al (1990) dargestellt. Wir wollen hier darauf nicht naher ein-gehen, da diese so einfache Struktur einer (verallgemeinerten) Eigenwertglei-chung (2.73) in einem Multikonfigurationsansatz fur offenschalige Atome lei-der verloren geht. Dies wirkt sich entsprechend auch auf die Aufteilung und

Page 51: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

2.7. Matrix Dirac–Fock Gleichungen 47:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Darstellung der Matrizen aus, die wir im Kapitel 3 weiterhin betrachten wer-den. Die Matrizen zur Elektron–Elektron Wechselwirkung verursachen dabeiden Hauptaufwand in allen numerischen Untersuchungen, so daß fur deren Be-rechnung besondere Sorgfalt notwendig ist. Dagegen ist der Aufwand fur dieEinteilchenmatrizenhκ meist vollkommen vernachlassigbar. Die Aufspaltungder Elektron–Elektron Wechselwirkung in die Matrizengκ und bκ in (2.75)ist weitgehend willkurlich und beruht vornehmlich auf historischen Grunden.

Sehrahnliche Matrixgleichungen zu (2.73) konnen in Singlekonfigurations-rechnungen unmittelbar auch auf offenschalige Atome angewandt werden. Al-lerdings bleibt bei einem Singlekonfigurationsansatz5 oder gar einerKonfigu-rationsmittelungdie Feinstrukturaufspaltung unberucksichtigt. Die Wechsel-wirkung mit den offenen Schalen wird stattdessen anhand einer Artstatisti-schen Besetzungeinbezogen. Fur Rechnungen im Konfigurationsmittel wur-den entsprechende Koeffizienten zu den direkten und Austauschintegralen beiLindgren und Rosen (1974) sowie bei Mohantyet al (1991) angegeben.

Zur Losung der Matrix Dirac–Fock Gleichungen (2.73) wurden bisher Pro-gramme von verschiedenen Arbeitsgruppen entwickelt. Darin werden die ge-koppelten Gleichungen fur alle besetzten Symmetrieblocke κ solange itera-tiv gelost, bis alle Einteilchenfunktionen selbstkonsistent bestimmt sind. Diesliefert neben den spektroskopisch besetzten Orbitalen gleichzeitig auch alleunbesetzten Orbitalfunktionen der gleichen Symmetrie. Dieubrigen (virtuellbesetzten) Einteilchensymmetrien ergeben sich anschließend dann einfach alsLosungen der Eigenwertgleichung (2.22) im spharischen Potential des Kernesund aller besetzten Elektronenorbitale.

Wir fassen schließlich noch einige der jungeren Untersuchungen und die da-bei auffalligen Besonderheiten zusammen. Dies betrifft zum einen die totaleEnergie, die sich wahrend der Iteration der gekoppelten Gleichungen (2.73)nicht notwendigerweise von oben gegen den auskonvergierten Wert annahernmuß. Dies wird dadurch verursacht, daß die im positiven Spektrum besetztenOrbitale im Verlaufe der Interation allgemein naturlich keine Losungen zumHartree–Dirac–Fock Potential sind. Bei einer vollstandigen Entwicklung die-ser intermediar im SCF Prozeß auftretenden Einteilchenfunktionen werden da-her auch Beimischungen aus dem negativen Kontinuum des Dirac–Fock Poten-tials auftreten. Diese werden nur schrittweise eliminiert. Eine genauere Ana-lyse dazu zeigte jedoch (Quineyet al 1989a), daß die negativen Energiekom-ponenten schneller unterdruckt werden als etwaige Anregungen ins positive,virtuelle Spektrum. Somit konvergieren in einem spateren Stadium der Itera-tion der Gleichungen (2.73) gewohnlich sowohl die Einteilchenenergien alsauch die totale Dirac–Fock Energie von oben gegen ihre Endwerte.

5Bei einem solchen Ansatz wird gew¨ohnlich eine festgehaltene Linearkombination von De-terminanten variiert, die zu einemgutenGesamtdrehimpulsJ gekoppelt sind.

Page 52: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

48 Kapitel 2. Grundlagen der relativistischen Atomstruktur:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Das zuerst mit globalen Basisfunktionen entwickelte Programm SWIRLESvon Quineyet al (1987a,b) baut auf S–Spinoren auf und diente hauptsachlichzur Demonstration der algebraischen Dirac–Fock Methode. Damit wurden vorallem einfachere Modelluntersuchungen fur Helium– und Beryllium–ahnlicheIonen durchgefuhrt. G–Spinoren bilden dagegen die Grundlage eines MatrixDF Programmes von Parpia und Mohanty (1991a, 1992). Mit diesem Pro-gramm wurde sowohl der Einfluß einer gleichformigen Ladungsverteilung imKern als auch der einer Fermiverteilung neu untersucht. Eine FermiverteilteKernladung fuhrt dabei zu recht komplizierten MatrizenV TT

κ . Fur deren ana-lytische Berechnung entwickelten Parpia und Mohanty verschiedene Algorith-men und wendeten diese anschließend auf Helium–ahnliche Ionen an. Weite-re Untersuchungen mit G–Spinoren wurden auch von Ishikawaet al (1991)durchgefuhrt. Ferner wurdenuniverselleBasisparameter fur G–Spinoren vonMalli et al (1993) vorgestellt; allerdings sind diese bislang nicht detaillier-ter untersucht worden. Daruberhinausgehende Optimierungsstrategien, die dieDarstellung von hoher angeregten Orbitalen und von Streuwellen zum Zielhaben, wurden bisher dagegen nur in nichtrelativistischen Anwendungen ana-lysiert (Kaufmannet al1987, 1989).

Eine identische Form der Matrix Dirac–Fock Gleichungen (2.73) ergibt sichnaturlich auch dann, wenn B–Splines der Diskretisierung der Einteilchenlosun-gen zugrunde gelegt werden. Die Elemente der FockmatrixFκ undUberlapp-matrix Sκ wurden dazu bei Johnsonet al (1988a) angegeben.

Page 53: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode

Die Multikonfigurations Dirac–Fock (MCDF) Methode ist das gegenwartig amweitesten verbreitete und erfolgreichsteab–initio Verfahren bei der relativisti-schen Beschreibung offenschaliger Atome. Dies liegt vor allem an der kon-zeptionellen Einfachheit der Methode, die bereits vor mehr als 20 Jahren zurEntwicklung recht leistungsfahiger Programme fuhrte. Diese Programmpaketewurden bis in die Gegenwart hinein schrittweise immer effizienter gestaltet.Damit konnen inzwischen bei einem mittlerem Aufwand auch fur angeregteAtome mit (mehreren) offenen Schalen gute Naherungen zu den Energien undden Wellenfunktionen bestimmt werden. Genauere und systematische Unter-suchungen sind bisher allerdings nur in ausgewahlten Fallen moglich.

Die Grundzuge des MCDF Verfahrens sind eng mit der bekannteren Hartree–(Dirac–)Fock Methode verknupft. Der wesentliche Unterschied zwischen die-sen beiden Variationsverfahren betrifft die (bei der Variation) zugelasseneForm der Testfunktionen. Wir erlautern in diesem Kapitel daher zunachst dieim MCDF Ansatz vorgenommene Erweiterung des Raumes der Testfunktionensowie die grundlegenden Schritte, die uns zur Bestimmung eines selbstkonsi-stenten atomarenmean fieldsfuhren. Die Umsetzung dieser Schritte setzt dannallerdings einige Kenntnisseuber die Wahl einer angepaßten Vielteilchenba-sis voraus, die wir in Abschnitt 3.2 zusammenfassen. Der Erfolg der MCDFMethode bei der Beschreibung schwererer Atome und dieublicherweise nochhinzugefugten Korrekturen lassen sich in 3.3 dann am einfachsten anhand desbekannten Strukturprogrammes GRASP (Grantet al 1980, Parpiaet al 1996)darstellen. Dieser Abschnitt umfaßt auch einen kurzenUberblick zu den inunserer Gruppe in Kassel erarbeiteten Erweiterungen zu GRASP, die sich vorallem auf die Berechnung verschiedener Ionisations– und Zerfallseigenschaf-ten richten. Die drei ersten Abschnitte fassen somit nochmals die gegenwarti-

Page 54: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

50 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

ge Darstellung und Implementierung der MCDF Methode zusammen. EinenausfuhrlicherenUberblick zu einigen technischen Aspekten bei der Realisie-rung eines atomaren MCDF Programmes gibt beispielsweise Grant (1988).

Der Schwerpunkt dieses Kapitels ist in Abschnitt 3.4 dann jedoch auf diealgebraische Formulierung der MCDF Methode gerichtet. Darin werden diegroßen und kleinen Komponenten (2.17–2.18) der besetzten Elektronenorbita-le mit Hilfe endlicher Basissatze approximiert. Wir leiten in diesem Abschnittdie Multikonfigurations Matrix–Dirac–Fock Gleichungen fur allgemeine of-fenschalige Atome her. Diese Gleichungen wurden in der angegebenen Formbislang noch nicht untersucht bzw. programmtechnischuberhaupt umgesetzt.Sie sind weit schwieriger zu implementieren als die entsprechenden Gleichun-gen fur Atome mit abgeschlossenen Schalen, die wir im Abschnitt 2.7 bespra-chen. Eine erste Programmversion dazu, die in den kommenden Jahren wei-ter ausgebaut werden soll, wird in 3.4.6 vorgestellt und diskutiert. Der Ansatz(2.17–2.18) fur die (radialen) Orbitalfunktionen fuhrt auch bei offenschaligenAtomen zu einem diskretisierten Einteilchenspektrum, wie wir es in Kapitel 4bei der Berechnung atomarer Storungsreihen benotigen.

3.1 Einordnung der Methode

In Abschnitt 2.5 sahen wir, daß in der Hartree–(Dirac–)Fock Methode die SCFGleichungen aus der Variation des Erwartungswertes des Hamiltonoperatorsfolgen. Dabei werden zur Variation aber nur solche Testfunktionen zugelassen,die normierbar und in Form einer einzelnen Slater–Determinante darstellbarsind. Ohne weitere Einschrankung des gewahlten Funktionenraumes konnendiese Determinanten dann auch stets aus orthonormierten Elektronenorbita-len konstruiert werden. Damit schließlich die Dirac–Fock Gleichungen nur(gewohnliche) Ableitungen ineinerVariablen aufweisen (RHF —RESTRIC-TED HARTREE–FOCK), verwenden wir zum Aufbau der Determinanten diein ihren Symmetrieeigenschaften (bzgl. einer Drehung der Koordinaten) festvorgegebenen Dirac–Orbitale (2.5). Variiert werden im RHF–Ansatz die (ra-dialen) Komponenten dieser Elektronenorbitale, wobei es in relativistischenRechnungen besonders wichtig ist, daß die Orbitalfunktionen die fur gebun-dene Elektronen korrekten Randbedingungen erfullen. Dies gewahrleistet, wiewir schon sahen, die eindeutige Trennung der Losungen der SCF Gleichungenin einen positiven und einen negativen Zweig des Spektrums. Die zusatzlicheAnnahme, daß alle Zustande im negativen Spektrum bereits besetzt sind (d.h.eines vollstandig gefullten

”Dirac–Sees“), verhindert dann automatisch das

Hineinmischen des negativen Kontinuums und damit einen Zusammenbruchder Variation. In Abschnitt 2.2 betrachteten wir die Bedingungen ausfuhrli-

Page 55: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.1. Einordnung der Methode 51:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

cher, die bei der Darstellung der gebundenen Elektronenorbitale mittels einerendlichen Basis zu erfullen sind.

Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode erweitert das DF Verfahren voneinerDeterminante auf einen Satz linear unabhangiger Determinanten, die sichin ihrer inneren Symmetrie (d.h. den Quantenzahlenfni;κi;mig) unterschei-den. Wie wir bereits hervorhoben, wollen wir dabei stets die Form (2.5) derElektronenorbitale beibehalten. Die aus den verschiedenen Orbitalfunktionenkonstruierten Determinanten sind — bei einer vorgegebenen Gesamtzahl derlinear unabhangigen Funktionen — dabei so auszuwahlen, daß sie die gesuch-ten atomaren Zustande moglichst prazis beschreiben konnen. Allerdings sindSlater–Determinanten mit nicht voll besetzten Elektronenschalen dann allge-mein keine Eigenfunktionen mehr zum GesamtdrehimpulsoperatorJ2 der NElektronen im Atom. Daher ist es oftmals zweckmaßiger, von vornherein alsTestfunktionen nur solche Linearkombinationen von Determinanten zuzulas-sen, die gleichzeitig Eigenfunktionen zum Paritatsoperator und zu den Drehim-pulsoperatorenJ2 und Jz sind. Diese Funktionen werden gewohnlich als Kon-figurationszustande (CSF —CONFIGURATION STATE FUNCTION) bezeichnetund in der relativistischen Atomstruktur mitjγ PJMi abgekurzt. Sie bilden ei-ne orthonormierte Basis in einem (endlichen) TeilraumHs desNElektronenHilbert–Raumes und konnen in verschiedener Weise explizit konstruiert wer-den. Wir werden die in den relativistischen Strukturprogrammenubliche De-finition der CSF im folgenden Abschnitt naher betrachten. Wir halten zunachstnur fest, daß die globale Symmetrie dieserNElektronen Funktionen anhandder Quantenzahlen zur Paritat und zum Drehimpuls, d.h. durchP; J und M,charakterisiert wird. Das Symbolγ umfaßt ferner einen Satz weiterer Quan-tenzahlen, der die Zustande mit gleicher Paritat und Drehimpuls eindeutig un-terscheidet.

Im MCDF Ansatz wird eine atomare gebundene Wellenfunktion (ASF —ATO-MIC STATE FUNCTION) nun durch eine (endliche)Uberlagerung solcher Kon-figurationsfunktionen approximiert

jψα(PJM)i =nc

∑r

cr(α) jγr PJMi :(3.1)

Aufgrund der Symmetrie freier Atome bzgl. einer Inversion und Rotation derKoordinaten ist es dabei ausreichend, in (3.1) nur CSF mit gleicher Gesamt-symmetrie(PJM) zu berucksichtigen. In diesem Ansatz wird der Vektor derMischungskoeffizientenc(α) = (c1(α); c2(α); : : : ; cnc(α)) haufig auch als ei-neDarstellungdes atomaren Zustandes in der CSF Basis bezeichnet.

Fur den atomaren Zustandα ist der Erwartungswert des HamiltonoperatorsH

E(cα) = ctα H cα ;(3.2)

Page 56: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

52 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

wobei ct den zuc transponierten Koeffizientenvektor und

H = (Hrs) = (hγr PJMjH jγsPJMi δPP δJJ δMM )(3.3)

die reell–symmetrische Hamiltonmatrix kennzeichnet. Diese Form ist un-abhangig vom konkret gewahlten Hamiltonoperator. Wir konnen an dieser Stel-le spater sowohl den Dirac–Coulomb (2.53) als auch Dirac–Coulomb–BreitOperator (2.52) zugrundelegen.

In der MCDF Methode wird ein gesuchter, atomarer Zustandjψαi so be-stimmt, daß das Funktional (3.2) sowohl bzgl. einer Variation der Mischungs-koeffizientencα als auch bzgl. der Variation der Einelektronenlosungen einenstationaren Wert annimmt. Dies fuhrt zu einem gekoppelten Gleichungssy-stem, in dem (i) die Mischungskoeffizientencα die Losung einer Sakular–Gleichung und (ii) die radialen Orbitalfunktionen Losungen der SCF (SELF–CONSISTENT–FIELD) Gleichungen sind. Die letzteren beschreiben einen Satzgekoppelter, effektiver Einteilchengleichungen fur die Radialfunktionen derbesetzten Orbitale, die im Falle eines algebraischen Losungsansatzes (2.17–2.18) als gekoppelte (nichtlineare) Matrixgleichungen auftreten. Wir werdendiese im Abschnitt 3.4.5 herleiten.

Das gekoppelte System der Sakular– und SCF–Gleichungen kann allgemeinnur iterativ gelost werden. Dabei werden auf jeder Stufe dieser Iteration dieElektronenorbitale zu einem festgehaltenen Koeffizientenvektorc selbstkon-sistent bestimmt. Diese Losungen fuhren mit Hilfe der Sakular–Gleichung,d.h. der Berechnung und Diagonalisierung der Hamiltonmatrix (3.3), in ei-nem zweiten Schritt dann zu einem modifizierten Mischungsvektorcneu. —Im Vergleich mit der reinen CI (CONFIGURATION INTERACTION) Methode,bei der die Sakular–Gleichung nur einmalig mit einem vorgebenen Satz vonOrbitalfunktionen gelost wird, erlaubt die parallele Variation von (3.2) bzgl.den Mischungskoeffizientenundden Orbitalen, einen gesuchten atomaren Zu-stand oftmals bereits mit Hilfe einer weit

”kleineren“ CSF Basis darstellen.

Ferner erleichtert die Auswahl eines moglichst optimalenmean–fieldPoten-tials, zu dem sowohl die besetzten wie auch alle virtuellen Orbitale Losun-gen sind, die Konvergenz einer darauf aufbauenden Storungsrechnung1. Damitverbindet sich schließlich die Erwartung, daß storungstheoretisch bereits einekleinere Ordnung ausreichen mag, um atomare Eigenschaften mit einer vorge-gebenen Genauigkeit zu berechnen.

Die Variation des Funktionals (3.2) erfolgt unter den beiden Nebenbedingun-gen (2.61) und (2.62). Die Verwendung orthonormierter Orbitalfunktionengewahrleistet (per Konstruktion), daß auch alle CSF normiert und paarweiseorthogonal sind. Fur einen festgehaltenen Satz von Konfigurationszustanden

1Diese Konvergenz ist damit freilich nicht garantiert. Wir werden diese Problematik etwasausfuhrlicher in Abschnitt 4.5 und Kapitel 5 diskutieren.

Page 57: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.1. Einordnung der Methode 53:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

fuhrt die Variation von (3.2) nachc unmittelbar zur bekannten Sakular–Gleichung

det(H E (nc)α I ) = 0 fur alle α = 1; : : : ; nc ;(3.4)

deren EigenwerteEα(PJ) und Eigenvektorencα(PJ) im aufgespanntennc–dimensionalen Raum der CSF die gesuchten Naherungen fur die atomarenEnergien und Wellenfunktionen sind. Da die Hamiltonmatrix (3.3) reell undsymmetrisch ist, sind alle Zustande fur Eα 6= Eβ orthogonal bzw. konnen furEα = Eβ orthogonal gewahlt werden.

Werden nun weitere (linear unabhangige) CSF in der Enwicklung (3.1) hin-zugefugt2, so gilt fur die erhaltenen Eigenwerte des Gleichungssystems (3.4)dasHylleras–Undheim Theorembzw. E (nc+1)

α E (nc)α . Ausfuhrlicher bedeutet

dies, daß die Folge dieser Eigenwerte unter der Nebenbedingung (2.61) mono-ton (von oben) gegen die LosungenE der Schrodinger–Gleichung konvergiert,falls die gewahlte CSF Basis im Teilraum der gesuchten Losungsfunktionenvollstandig ist (Grant 1983).

Bei der Herleitung der SCF Gleichungen muß in (3.3) noch die Form desHamiltonoperators festgelegt werden. Dabei ist es zumindest in schwererenAtomen notwendig, die Terme der Breitwechselwirkung bereits im Funktional(3.2) einzuschließen. Als integraler Bestandteil der Elektron–Elektron Wech-selwirkung (vgl. Abschnitt 2.3) fuhren diese Terme — ganz analog zur Cou-lombabstoßung — dann lediglich zu weiteren Beitragen in den direkten undAustauschpotentialen der effektiven Einelektronengleichungen. Schwierigkei-ten, diese Beitrage tatsachlich in das atomaremean–fieldPotential einzubezie-hen, werden allein durch die Anzahl der zusatzlichen Integrale verursacht, diein der Iteration der SCF Gleichungen in jedem Schritt neu zu berechnen sind.Bei der Verwendung finiter–Differenzen Methoden zur Losung der SCF Glei-chungen ist dies sehr aufwendig. Daher liegt allen bisher entwickelten MCDFProgrammen nur der Dirac–Coulomb Hamiltonoperator zugrunde; dem entge-gen wird die Breitwechselwirkung in diesen Programmpaketen schließlich nurals

”Storung“ hinzugefugt.

Die Integrale der Breitwechselwirkung konnen weit einfacher jedoch in einerMatrixdarstellung der SCF Gleichungen bestimmt werden. Wir diskutiertendiese Matrixgleichungen fur Atome mit abgeschlossenen Schalen in Abschnitt2.7. Fur eine solche einfache Schalenstruktur wurde die (frequenzunabhangi-ge) Breitwechselwirkung zuerst von Quineyet al (1987b) im atomarenmean–field Potential berucksichtigt. Fur offenschalige Atome ist die Struktur dieserMatrixgleichungen weit komplizierter; wir wollen sie im Abschnitt 3.4 herlei-ten und diskutieren.

2die aus dem gleichen Satz der Einelektronenorbitalef jϕkig konstruiert wurden

Page 58: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

54 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

3.2 N–Elektronen Konfigurationsfunktionen

Zur Variation des Energiefunktionals (3.2) mussen die Konfigurationsfunktio-nen in ihrer Struktur eindeutig festgelegt werden. Dies betrifft vor allem dieAbhangigkeit von den Winkelvariablen der Elektronen, da schließlich nur die(Koeffizienten der) großen und kleinen Komponenten der Dirac–Orbitale (2.5)zur Variation zur Verfugung stehen. Wir werden die

”Konstruktion“ der CSF

hier etwas naher erlautern. Wir begegnen diesen Konfigurationsfunktionen so-wohl bei der Herleitung der SCF Gleichungen als allgemeiner auch bei derAuswertung und Vereinfachung der Vielteilchen–Matrixelemente zu verschie-denen spharischen Tensoren.

Allerdings setzen wir in diesem Abschnitt bereits einige Kenntnisse zur (quan-tenmechanischen) Theorie des Drehimpulses voraus. Sie werden benotigt,um die Vereinfachung (

”Zerlegung“) der Matrixelemente nachvollziehen zu

konnen. Dabei werden die Matrixelemente zu allen spharischen Tensorenin Produkte aus sogenanntenWinkelkoeffizientenund Radialintegralen zer-legt. Die Winkelkoeffizienten (ANGULAR COEFFICIENTS) sind die analytischausgefuhrten Integraleuber samtliche elektronische Winkelvariablen. Eineausfuhrlichere Darstellung des Kalkuls des Drehimpulses enthalten die Buchervon Brink und Satchler (1968), El–Baz und Castel (1972) sowie von Lindgrenund Morrison (1986). Grant (1988) beschreibt die Berechnung der Winkel-koeffizienten mit den hier eingefuhrten j jgekoppelten CSF. Fur das weite-re Verstandnis dieser Arbeit ist es jedoch ausreichend, die bei der Zerlegungder Matrixelemente auftretendeStruktur der verschiedenen Beitrage zu ken-nen. Die tatsachlich benotigten Winkelkoeffizienten konnen dann mit Hilfeverfugbarerblack–boxProgramme recht einfach berechnet werden.

3.2.1 Konstruktion der CSF in j jKopplung

Zu einer gegebenen offenschaligenElektronenkonfiguration

(n1κ1)q1 (n2κ2)

q2 : : : (nrκr)qr(3.5)

gehoren verschiedene Slater–Determinanten, die sich nur in den magnetischenQuantenzahlen der besetzten Dirac–Orbitale (2.5) unterscheiden. Diese Deter-minanten sind vollstandig antisymmetrische Funktionen bzgl. einer paarweisenVertauschung der Elektronenkoordinaten und bilden eine reduzible Darstel-lung der Drehgruppe SO3. — Aufgrund der Vertauschbarkeit des Hamilton-operators mit den Drehimpulsoperatoren

H; J2

= [H; Jz] = [H; P] = 0 ist

es jedoch oftmals vorteilhafter, stattdessen eine irreduzible Basis zu verwen-den, die durch die Eigenwerte des GesamtdrehimpulsesJ; M und der ParitatP klassifiziert werden. Die CSFjγPJMi aus (3.1) formen eine solche Basis.

Page 59: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.2. N–Elektronen Konfigurationsfunktionen 55:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Sie erfullen die fur die Paritat P und den DrehimpulsJ2 und Jz bekanntenEigenwertgleichungen und konnen mit einer noch festzulegenden Phase so de-finiert werden, daß die meisten der physikalisch interessanten Matrixelementeschließlich reell sind. Damit zerfallt jedoch auch die Hamiltonmatrix in einzel-ne, unabhangige Blocke, die gerade durch diese Quantenzahlen charakterisiertwerden. In jγPJMi bezeichnetγ ferner einen vollstandigen Satz von Quan-tenzahlen, der die Zustande mit gleicher Paritat und Drehimpuls klassifiziert.Diese Quantenzahlen charakterisieren sowohl die Aufteilung der Elektronenauf die verschiedenen Schalen als auch die schrittweise Kopplung der Drehim-pulse der Elektronen.

Die”Konstruktionsvorschrift“ der CSF laßt sich in folgenden Punkten zusam-

menfassen:

Die N Elektronen werden entsprechend der zugrundeliegenden Elektronen-konfiguration (3.5) auf die relativistischen (Unter–)Schalen aufgeteilt. Fur dieBesetzungszahlen gilt infolge des Pauli–Prinzipsqa 2 ja + 1.

Innerhalb jeder Schalea werden dieqa aquivalenten Elektronen zu einemvollstandig antisymmetrischen Zustand verkoppelt. Dieser Zustand wird durchdie Eigenwertgleichung

J2a j(naκa)

qa νaPaJaMai = Ja(Ja+1) j(naκa)qa νaPaJaMai(3.6)

definiert, wobei

Ja =qa

∑i=1

j i

der Operator zum Gesamtdrehimpuls dieser Schale ist. In (3.6) sindJa und Ma

die zugehorigen Eigenwerte des Drehimpulses undPa = (1)qala der Eigen-wert der Paritat; νa ferner bezeichnet die Senority–Quantenzahl (siehe Grant1988), die jedoch nur beiaquivalenten Elektronen mitjκ j 5 zusatzlichzur Unterscheidung benotigt wird. DiesevollstandigeKlassifizierung der anti-symmetrischen Schalenzustande (einschließlich der Senority–Quantenzahl) istbislang allerdings in keinem der bekannten Strukturprogramme implementiertworden, so daß bei den MCDF Rechnungen alle Schalen mitj > 7=2 stetsnur mit maximal zwei Elektronen besetzt werden durfen. Fur j 9=2 sind diedurchν; J; M klassifizierten und erlaubten Zustande bei Grant (1988) aufgeli-stet.

Die Definition der antisymmetrisierten Zustande j(naκa)qa νaPaJaMai einer

Schalea beruht auf dem Konzept der”Elternschaft“. Wir werden hier nicht

weiter auf dieses Konzept eingehen. Es spielt jedoch eine wichtige Rolle beider Berechnung der Matrixelemente mit CSF und fuhrt fur die Winkelkoef-fizienten zu ganz bestimmten

”Auswahlregeln“.

Page 60: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

56 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die antisymmetrisierten Zustande der einzelnen Schalen werden in der durchdie Elektronenkonfiguration (3.5) festgelegten Reihenfolge schrittweise anein-ander gekoppelt. Das Standardschema inj jKopplung ist

( : : : (((J1J2)X12J3)X123J4)X1234 : : :)JM :(3.7)

Die dabei auftretenden intermediaren DrehimpulseX12; X123; : : : sind fur dieso konstruierten Konfigurationszustande ebenfallsgute Quantenzahlen. Dieschrittweise Kopplung (3.7) wird solange fortgesetzt, bis alle Elektronenscha-len zu den Gesamtdrehimpulsen(J;M) verknupft sind. Da oftmals aber nurdie reduzierten Matrixelemente zu den Konfigurationszustanden interessieren,wird die magnetische ProjektionM in der Bezeichnung gewohnlich weggelas-sen.

Mit dieser Konstruktionsvorschrift sind die CSF fur einen gegebenen Satz or-thogonaler Elektronenorbitale bis auf ein Vorzeichen eindeutig bestimmt. Die-ses Vorzeichen wird durch die Phasenkonvention der Clebsch–Gordan Ko-effizienten bei der Kopplung der Drehimpulse festgelegt. In der relativisti-schen Atomstruktur wird hierfur meist die Wigner’sche Konvention (1959)ubernommen. Zur Charakterisierung der Winkelabhangigkeit der Konfigura-tionszustande dienen somit die Besetzungszahlenfqag, die Quantenzahlenfna; κa; νag sowie alle intermediaren und totalen Drehimpulse. In der Bezeich-nung jγPJMi stehtγ stellvertretend fur diesen vollstandigen Satz von Quan-tenzahlen.

Aus der obigen Konstruktion der CSF wird sofort klar, daß die Konfigura-tionsfunktionen nur Eigenfunktionen zu einem ModelloperatorHo sind, derals Summe von effektiven Einelektronenoperatoren geschrieben werden kann.Erst dieuber Ho hinausreichende RestwechselwirkungHHo im Hamilton-operator fuhrt auf eine nichtdiagonale Hamiltonmatrix, aus deren Diagona-lisierung die atomaren Zustande als Linearkombinationen der CSF gleicherSymmetrie(PJM) hervorgehen. Dies verdeutlicht nochmals den Ansatz (3.1)des MCDF Modells: Die CSF spannen einen beschrankten Funktionenraumauf, und die durch die Variation frei zu bestimmenden Mischungskoeffzientenfcr(α)g liefern gerade eine genaherte Darstellung der atomaren Zustande indieser Basis.

Sowohl die symmetrieangepaßten CSF als auch die (fur freie Atome in ihrerSymmetrie nicht weiter angepaßten) Slater–Determinanten konnen jeweils alsBasis (in einem Teilraum) desNElektronen Hilbert–Raumes verwendet wer-den. Symmetrieangepaßte Funktionen besitzen jedoch die wichtigen Vorteile,daß (i) die Hamiltonmatrix in einer solchen Basis blockdiagonal ist, und daßdiese Funktionen (ii) die Berechnung viele atomarer Eigenschaften stark ver-einfachen. Der Preis dafur ist allerdings eine mathematisch deutlich kompli-ziertere Struktur dieserNElektronen Funktionen. Bei der Berechnung von

Page 61: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.2. N–Elektronen Konfigurationsfunktionen 57:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Ubergangs–Matrixelementen, bei denen die Wellenfunktionen im Anfangs–und Endzustand aus nicht vollstandig zueinander orthogonalen Orbitalfunktio-nen aufgebaut sind, ist es oftmals einfacher, Slater–Determinanten zugrunde zulegen (Lowdin 1955). Slater–Determinanten spielen außerdem bei der Herlei-tung der Storungsreihen eine vorherrschende Rolle. Sie liegen der Diskussionin Kapitel 4 zugrunde. Allgemein sind die CSFuber eine orthogonale Transfor-mation mit einem entsprechenden Satz von Slater–Determinanten verknupft.

3.2.2 Matrixelemente spharischer Tensoren

Die Verwendung der symmetrieangepaßten Konfigurationsfunktionen verein-facht erheblich die Berechnung der Matrixelemente, falls die Operatoren dieKomponenten eines spharischen TensorsT (L)

M sind. Diese Tensoren besitzendie Eigenschaft, daß sich ihre Komponenten bei einer Drehung (der Koordina-ten) wie die Eigenfunktionen des Drehimpulses transformieren. Zudem lassensich (reduzible) Produkte spharischer Tensoren sehr einfach in eine Summeirreduzibler Anteile zerlegen. Das fur uns zunachst wichtigste Beispiel sinddie MatrixelementeHrs des Hamiltonoperators. Da in einem freien Atom zwi-schen den Elektronen nur innere Wechselwirkungen auftreten, ist der Hamil-tonoperator naturlich ein Skalar, d.h. ein Tensor nullten Ranges. Allerdings tre-ten bei der Faktorisierung der Elektron–Elektron Wechselwirkung (2.39) auchTensorkomponenten mit einem von Null verschiedenen Range auf.

Wir betrachten nun dieZerlegung der Vielteilchenmatrixelementezu sphari-schen Tensoroperatoren. Dabei kommt es uns vor allem auf die Form der Zer-legung an. Bei deren Herleitung, auf die wir hier nicht naher eingehen konnen,werden gewohnlich sowohl graphische Verfahren zur Kopplung der Drehim-pulse als auch die Methoden der zweiten Quantisierung verwendet. DieseZerlegung der Matrixelemente wurde fur (nichtrelativistische)LSgekoppelteKonfigurationsfunktionen zuerst von Fano (1965) erarbeitet. Die Darstellungund Kopplung der Drehimpulse mit Hilfe von Diagrammen geht vor allem aufYutsis, Levinson und Vanagas (1962) zuruck. Seitdem wurden diese graphi-schen Methoden von mehreren Gruppen weiterentwickelt. Die Berechnungder Matrixelemente von Einelektronen– und skalaren Zweielektronenopera-toren mit denj jgekoppelten Konfigurationszustanden ist bei Grant (1988)skizziert; wir fassen hier seine Ergebnisse kurz zusammen. Dabei setzen wirvoraus, daß alle CSF aus einem Satz paarweiseorthonormalerDirac–Orbitaleaufgebaut sind.

In den Matrixelementen spharischer Tensoren kann die Richtungsabhangigkeitmit Hilfe des Wigner–Eckardt TheoremsD

γPJMT (L)

M0

γ PJME

= (1)JM

J L JM M0 M

DγPJ

T (L) γ PJ

E(3.8)

Page 62: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

58 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

sehr einfach von den”Großen“ abgespalten werden, die die physikalisch inter-

essanten Wechselwirkungen enthalten. Wir begegneten einer solchen Aufspal-tung bereits bei den Matrixelementen (2.14) der spharischen Spinorenjκmizu den Kugelflachenfunktionen. Wir brauchen daher im weiteren, nur die redu-zierten Matrixelemente

γPJ

T (L) γ PJ

zu analysieren. Fur einen symme-

trischen EinelektronenoperatorT (L) = ∑Ni=1 t (L)(r i) mit dem RangL konnen

diese MatrixelementeDγr PJ

T (L) γsPJ

E= ∑

a;b

VLrs(a;b) RL(a;b)(3.9)

stets als Summe von Produkten geschrieben werden, die sich jeweils aus ei-nem WinkelkoeffizientenVL

rs(a;b) und einem (eindimensionalen) Radialinte-gral RL(a;b) zusammensetzen. Die Summationuber a bzw. b in (3.9) lauftzunachstuber alle Unterschalen, die in den beiden CSF auf der linken bzw.rechten Seite des Matrixelementes besetzt sind. In der Bezeichnung der Win-kelkoeffizienten haben wir ferner noch die Indizesr und s hinzugefugt, umkonkret darauf hinzuweisen, daß dieVL

rs naturlich auch von den”inneren“

Quantenzahlen der CSF abhangen. Eine zu (3.9) sehrahnliche Zerlegung giltauch fur alle (skalaren) spharischen Operatoren, die in zwei Elektronenkoordi-natenr1 und r2 symmetrisch sindD

γr PJ T (0) (r1; r2)

γsPJE

= ∑a;b;c;d;ν

Vνrs(a;b;c;d) Rν(a;b;c;d) :(3.10)

Dies betrifft z.B. alle Terme der Elektron–Elektron Wechselwirkung (2.38).Die Summation lauft in diesem Falle formal jedochuber zwei Paarea; b undc; d der auf der linken und rechten Seite besetzten Schalen; eine zusatzliche(endliche) Summation tritt aufgrund der irreduziblen Zerlegung der Wechsel-wirkung (2.39) auf. In (3.10) bezeichnen wir diesen Summationindex (demublichen Gebrauch folgend) mitν.

DieseZerlegung der reduzierten Matrixelementegilt f ur alle spharischen Ten-soren; wahrend die WinkelkoeffizientenV ν

rs (a;b; : : :) dabei von der konkretenForm der CSF abhangen, werden die RadialintegraleRν (a;b; : : :) allein durchdie Wechselwirkungen bestimmt.

Oftmals verbleiben aufgrund der Symmetrie der Konfigurationsfunktionen vonden prinzipiell moglichen Kombinationena; b; : : : bei der Zerlegung der Ma-trixelemente (3.9) und (3.10) allerdings nur sehr wenige Summandenubrig.Bei der praktischen Implementierung solcher Formeln werden daher gewohn-lich alle Summationenuber die Elektronenschalen (und den Rang der ein-zelnen Tensorbeitrage) durcheinenlaufenden Summationsindex ersetzt. Wirkonnen das bisher Gesagte somit nochmals in der etwasubersichtlicherenForm

Page 63: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.3. Das Strukturprogramm GRASP 59:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Dγr PJ

T (L) γsPJ

E= ∑

tWinkelkoeffizientt Radialintegralt

= ∑t

V νtrs (at;bt; : : :) Rνt (at;bt; : : :)(3.11)

zusammenfassen. Diese Form tritt fur jedes Paar von Konfigurationsfunktio-nen r; s auf. Von der auszufuhrenden Integrationuber alle radialen und alleWinkelvariablen derN Elektronen, wie sie in dem Matrixelement auf der lin-ken Seite von (3.11) auftritt, verbleiben nach dieser Zerlegung nur die auf derrechten Seite weit einfacheren RadialintegraleRνt(at;bt ; : : :) zu berechnen. DieDimension dieser Radialintegrale wird dabei durch den Charakter der Wech-selwirkung bestimmt. Wir weisen in diesem Zusammenhang noch darauf hin,daß bei der BerechnungnichtdiagonalerMatrixelemente oftmals nur die Ra-dialfunktionen zu den Elektronenschalen auftreten, die sich in der Besetzungder Elektronen auf der linken und rechten Seite unterscheiden.

Wir verwenden die Zerlegung (3.11) bei der Herleitung und Implementierungder Matrix SCF Gleichungen im Abschnitt 3.4. Dabei mussen die Matrixele-mente des Dirac–Coulomb–Breit HamiltonoperatorsHDCB in (2.52) verein-facht werden. Fur die Berechnung der Winkelkoeffizienten werden wir im we-sentlichen auf verfugbare Programme zuruckgreifen; wir wollen hierfur keineweiteren Details angeben. Die Radialintegrale konnen insbesondere mit Hilfeeiner algebraischen Darstellung recht effizient bestimmt werden. Allerdings istdafur die Aufspaltung der Integrale neu zu analysieren; wir beschreiben einegeeignete Aufteilung im Abschnitt 3.4.2.

3.3 Das Strukturprogramm GRASP

Offene Elektronenschalen bereiten der MCDF Methode keine praktischenSchwierigkeiten. Tatsachlich konnen die Elektronen bei der Konstruktion derCSF jγPJMi , abgesehen von wenigen technischen Einschrankungen, nahe-zu beliebig auf verschiedene Schalen verteilt werden3. Bei einer systemati-schen Vergroßerung des Variationsraumes, d.h. der Zahlnc der CSF in (3.1),werden die abgeschlossenen Schalen sogar schrittweise immer weiteraufge-brochenund die Elektronen aus diesen Schalen in angeregte Orbitale gesetzt.Die MCDF Methode kann daher recht einfach auch auf die Berechnung hoher

3In der Vielteilchenst¨orungstheorie spielt die Schalenstruktur dagegen eine ungleich wichti-gere Rolle. Offene Schalen f¨uhren dort zu St¨orungsreihen, deren Umfang und Komplexit¨at mitjeder weiteren Abweichung von einem zugrundeliegenden (geschlossenschaligen)

”Vakuumzu-

stand“ drastisch anw¨achst.

Page 64: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

60 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

angeregter Zustande angewandt werden. Zwar wachst bei offenen Schalen dernumerische Aufwand ebenfalls erheblich an, die Konstruktion der CSF und dieForm der SCF Gleichungen bleiben davon jedoch unberuhrt. Dies begrundetden Erfolg und die inzwischen nahezu unuberschaubare Zahl der Anwendun-gen dieser Methode auf offenschalige Atome.

Die beiden bekanntesten Programmpakete, die auf der MCDF Methode auf-bauen, sind das Strukturprogramm GRASP (Grantet al 1980, Parpiaet al1996) sowie eine weiterentwickelte Version desDesclaux–Programmes (De-sclaux 1975, Indelicato 1995). Beide Programme verwenden die Methodender finiten–Differenzen zur Losung der SCF Gleichungen. Wir werden hiernicht naher auf die Details der SCF Gleichungen eingehen, so wie sie bei denfiniten–Differenzen Verfahren auftreten; sie sind bei Grantet al (1980) undbei Dyall et al (1989) ausfuhrlich angegeben. In Abschnitt 3.4 leiten wir statt-dessen eine Matrixformulierung dieser effektiven Einteilchengleichungen her.Wir wollen an dieser Stelle jedoch bereits das

”physikalische Modell“ erlautern

und hervorheben, das in diesen beiden Programmpaketen verwirklicht wurde,um die nachfolgenden Entwicklungen besser einordnen zu konnen. Dabei be-schranken wir uns auf einige Kommentare zu GRASP (GENERAL–PURPOSE

RELATIVISTIC ATOMIC STRUCTURE PROGRAM), das urspruglich in derGruppe von Grant in Oxford entwickelt wurde. DasDesclaux–Programm (De-sclaux 1975) ist sehrahnlich dazu aufgebaut. Es ist hierbei vielleicht bemer-kenswert, daß diese Programme ihre Leistungsfahigkeit bei der Vorhersageatomarer Energien und Wellenfunktionen bereits bewiesen hatten, bevor zuBeginn der 80er Jahre die Diskussionuber die Existenz eines relativistischenVariationsprinzips neu entfacht wurde (Sucher 1980). Wie wir sahen, wurdejedoch die Bedeutung derRandbedingungen, die die Einteilchenlosungen ins-besondere fur r ! 0 erfullen mussen, erst infolge dieser Diskussion so be-wußt herausgearbeitet, daß diesselben Losungen nunmehr auch algebraisch be-stimmt werden konnen.

In allen bisherigen Programmen, die in einem breiteren Rahmen einge-setzt wurden, werden die Multikonfigurations–SCF Gleichungen zum Dirac–Coulomb Hamiltonoperator (2.53) gelost. Zusatzlich konnen in GRASP (undahnlich imDesclaux–Programm) einige weitere Korrekturen zur Breitwech-selwirkung und den dominanten QED Beitragen bestimmt werden. Wir wol-len dieseStandardkorrekturenzum Dirac–Coulomb Operator hier kurz zusam-menfassen, um das in den verfugbaren Strukturprogrammen tatsachlich reali-sierte Modell besser zu verstehen:

a) Die (transversale) Breitwechselwirkung(2.36) wird zur SCF Losung, dieauf dem Dirac–Coulomb Hamiltonoperator (2.53) basiert, gewohnlich als

”Storung“ hinzugefugt. Dazu wird die Hamiltonmatrix zuHDCB (einmalig)

berechnet und und anschließend neu diagonalisiert. Dies bedeutet, daß dieBreitwechselwirkung zwar in den Mischungskoeffizientenfcr(α)g im Ansatz

Page 65: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.3. Das Strukturprogramm GRASP 61:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(3.1) berucksichtigt ist, nicht aber in der Form der Dirac–Orbitale selbst. Furdie Feinstrukturaufspaltung und andere atomare Eigenschaften konnen jedochauch die Beitrage der Breitwechselwirkung zum SCF Potential eine durchausnennenswerte Rolle spielen.

b) Strahlungskorrekturen. Die fur freie Atome dominierenden Anteile der QEDsind die Selbstenergie der Elektronen und die Vakuumpolarisation durch dasexterne Kernfeld. Sie sind in ihrem Gesamtbeitrag oftmals mit der Breitwech-selwirkung vergleichbar. Ihr Einfluß auf solche Prozesse, die nur in derauße-ren Elektronenhulle stattfinden, ist allerdings gering. Wie wir bereits in Kapi-tel 2 festhielten, konnen die QED Korrekturen fur die Elektronen derK undLSchale mit Hilfe einer geeignet gewahlten effektiven Kernladung recht ein-fach aus den tabellierten Werten fur Wasserstoff–ahnliche Ionen abgeschatztwerden. Fur die energetisch hoherliegendenM; N; : : : Schalen werdendann analoge Beitrage nach einer semiempirischenn3 Regel skaliert. DieseKorrekturen werden in den MCDF Programmen meiststandardmaßighinzu-gefugt; sie sind jedoch insbesondere bei kleinen Termaufspaltungen mit großerSorgfalt zu interpretieren.

Die Vakuumpolarisation beschreibt dieAnderung des effektiven Kernpoten-tials, daß von den Elektronen infolge virtuell erzeugter Elektron–Positron Paa-re verspurt wird. Diese polarisierte Vakuumladung wird in einfachster Nahe-rung durch das sogenannte Uehling–Potential beschrieben. Die daraus erhalte-nen Energiekorrekturen werden ebenfalls in GRASP berechnet und der Hamil-tonmatrix des Atoms hinzugefugt.

c) Kernbewegung und Kernausdehnung.In den Rechnungen mit GRASPkonnen die drei im Abschnitt 2.1 beschriebenen, kugelsymmetrischen Kern-potentiale wahlweise zugrundegelegt werden. Ein ausgedehntes Kernmodellist fur alle mittleren und schweren Atome wichtig, bei denen dies undpElektronen bereits im Bereich des Kernes eine nennenswerte Aufenthalts-wahrscheinlichkeit besitzen.

Die Mitbewegung des Kernes wird in GRASP in einer nichtrelativistischenNaherung mittels der reduzierten Masse der Elektronen berucksichtigt. DieBeitrage der Massenpolarisation sind darin jedoch nicht enthalten. Eine neueProgrammkomponente von GRASP (Jonssonet al1996) erlaubt daruberhinausinzwischen auch die Berechnung der Hyperfeinstruktur der atomaren Niveaus.Dagegen werden Abschatzungen zu den Isotopieverschiebungen in atomarenUbergangsenergien (gegenwartig noch) nicht unterstutzt.

Das Programm GRASP wurde auch in den letzten Jahren kontinuierlich wei-terentwickelt und bildet heute ein sehr leistungsfahiges Werkzeug. Die jungsteVersion GRASP–92 (Parpiaet al 1996) zeichnet sich im Vergleich zu ihrenVorgangern vor allem durch eine sehr nutzerfreundliche, interaktive Steuerungzu Beginn der Programmausfuhrung und einedynamische Speicherverwaltung

Page 66: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

62 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

aus. Dadurch wird der bei einem Programmlauf intern benotigte Speicherplatzdeutlich vermindert. Die Speicherzuweisung zu allen großeren Arrays erfolgtnun uber Pointervariablen. Damit wurde die maximale Zahl der Konfigura-tionszustande, die in den Rechnungen berucksichtigt werden konnen, um etwaeinen Faktor 10 vergroßert. Auf einer typischen Workstation sind heute Rech-nungen bis zu ca. 20.000 CSF realistisch.

Wir wollen hier nicht alleAnderungen aufzahlen, die in den vergangenen Jah-ren neu in GRASP implementiert wurden. Jedoch konnen mit den jungerenProgrammversionen nun auch relativistischeOPTIMAL–LEVEL Rechnungen4

durchgefuhrt werden. Dazu wurden verbesserte Verfahren zur Iteration derSCF Gleichungen, die zunachst von Froese Fischer (1986) in einem nicht-relativistischen Multikonfigurations Hartree–Fock Programm eingebaut undgetestet wurden, nun auch in GRASPubernommen.OPTIMAL–LEVEL Rech-nungen waren aufgrund von Konvergenzschwierigkeiten in den fruheren Pro-grammversionen oftmals leider nicht moglich. Sie werden jedoch benotigt, umauch mit GRASPahnlich systematische Rechnungen durchfuhren zu konnen,wie sie bisher vor allem aus nichtrelativistischen Untersuchungen her bekanntsind.

Die gegenwartig verfugbaren MCDF Programme eignen sich sehr gut zur Be-rechnung der Energieniveaus und Wellenfunktionen von (hohergeladenen) Io-nen. Sie werden daher vor allem bei der Identifikation und Interpretation expe-rimenteller Spektren verwendet. Daneben konnen die Wellenfunktionen rechteinfach zur Abschatzung weiterer Eigenschaften, wie beispielsweise Hyper-feinstrukturen, Oszillatorstarken und Lebensdauern genutzt werden. DieseWellenfunktionen wurden von mir wahrend der Promotion auch zur Berech-nung von Augerraten und Energieverschiebungen eingesetzt, die aufgrund derWechselwirkungen angeregter Atomzustande mit dem Kontinuum auftreten.Daraus ist inzwischen ein umfangreiches, eigenstandiges Programmpaket RA-TIP entstanden, mit dem verschiedene atomare Ionisations– und Zerfallseigen-schaften berechnet werden konnen. Dieses Programm wird naher in Kasten IIvorgestellt; wir fassen darin auch einige jungere Fallstudien zusammen, die mitRATIP in den letzten Jahren durchgefuhrt wurden.

4Wir werden die in den MCDF Rechnungen ¨ublicherweise zugrundegelegten Energiefunktio-nale naher im Abschnitt 3.4.1 er¨autern.

Page 67: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.3. Das Strukturprogramm GRASP 63:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kasten II

Berechnung atomarer Ionisations– und Zerfallseigenschaften

Viele Modelle der Astro– und Plasmaphysik setzen pr¨azise atomare Daten voraus.Solche Daten sind jedoch f¨ur (hochgeladene) Ionen experimentell oft nur schweroder uberhaupt nicht zug¨anglich. In diesen F¨allen sind zuverl¨assige theoretischeVorhersagen notwendig.Eine wichtige Rolle sowohl bei allen astro– wie auch plasmaphysikalischen Diag-nosen spielt die Wechselwirkung der Atome und Ionen mit dem Strahlungsfeld.Diese Wechselwirkung wird in ihrer St¨arke bspw. durch Photoionisationsquer-schnitte und Oszillatorst¨arken charakterisiert. Aus der Wechselwirkung mit demStrahlungsfeld und atomaren Stoßprozessen gehen dabei angeregte Zust¨ande her-vor, die bereits nach (sehr) kurzer Zeit unter der Emission von (Auger–)Elektro-nen und spontanen Photonen zerfallen. Typische Zerfallszeiten angeregter Atom-zustande reichen von 1016 : : : 106 Sekunden.Zur Vorhersage vieler dieser Eigenschaften k¨onnen Multikonfigurations Hartree–(Dirac–)Fock Wellenfunktionen recht einfach genutzt werden. Dabei ist f¨ur alleschwereren Elemente und h¨oher geladenen Ionen eine relativistische Beschreibunghaufig von vornherein erforderlich. Mit den MCDF Wellenfunktionen des Atom-strukturprogrammes GRASP (Grantet al 1980) wurde deshalb in unserer Kasse-ler Arbeitsgruppe in den vergangenen f¨unf Jahren ein recht umfangreiches Pro-grammpaket zur Berechnung verschiedener Ionisations– und Zerfallseigenschaftenentwickelt. Wir wollen an dieser Stelle einige mit dieser Programmentwicklungverbundene Arbeiten vorstellen.Einsteinkoeffizienten und Oszillatorst¨arken konnen mit GRASP seit l¨angerem be-rechnet werden, da hierf¨ur nur die Wellenfunktionen gebundener Zust¨ande erfor-derlich sind. Dagegen m¨ussen bei der Ionisation oder dem Einfang von Elektronennaherungsweise auch Streuzust¨ande im Kontinuum beschrieben werden. In einemvereinfachten Modell bewegt sich das emittierte bzw. absorbierte (freie) Elektronim gemeinsamen Potential des Kernes und der(N1) zum Ionenrumpf geh¨oren-den Elektronen. Eine entsprechende Erweiterung des GRASP Programmes auf dieBerechnung von Augerraten und strahlungslosen Lebensdauern wurde von mirwahrend der Promotion erarbeitet. Damit konnte f¨ur hochgeladene Neon–¨ahnli-che Ionen gezeigt werden, daß auch die Breitwechselwirkung einen nennenswertenBeitrag zu den individuellen und den totalen Augerraten liefern kann (Fritzscheetal 1991).Physikalisch exakter muß die Autoionisation angeregter Zust¨ande oftmals aller-dings als (halbseitiger) resonanter Streuprozeß aufgefaßt und beschrieben werden(Aberg und Howat 1982). Diese N¨aherung ist weit komplizierter als die Annah-me eines mittleren Potentials, da die atomaren Streuzust¨ande mit einem der Elek-tronen im Kontinuum nun die L¨osungen einer Lippmann–Schwinger Gleichungsind. Die bisher durchgef¨uhrten Rechnungen dazu (Karimet al 1985, Fritzscheetal 1992) sind allgemein sehr aufwendig und brechen eine Reihenentwicklung zurLippmann–Schwinger Gleichung in der Regel nach dem zweiten Glied ab. Derar-

Page 68: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

64 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

tige Falluntersuchungen umfassen in ihrer theoretischen Modellierung damit je-doch zumindest die st¨arkeren Korrelationen zwischen dem emittierten und den amIonenrumpf verbleibenden Elektronen.Das experimentelle Interesse an der Augerelektronenspektroskopie konzentriertesich in den letzten Jahren nun haupts¨achlich auf die Winkelverteilungen und dieSpinpolarisation der emittierten Elektronen. Diese Eigenschaften sind sehr em-pfindlich von den Korrelationen sowie den (asymptotischen) Streuphasen abh¨angigund geben daher einen tieferen Einblick in die G¨ute der bei der Berechnung ver-wendeten Wellenfunktionen. In einem Zwei–Stufen Modell wird die Winkelvertei-lung der Augerelektronen in Dipoln¨aherung durch einen Parameterα2 charakteri-siert. Die Berechnung dieses Parameters wurde in das bestehende Augerprogrammimplementiert und damit das resonant angeregte 4d16p Augerspektrum in Xe-non (Fritzsche 1993a) sowie dieKLL Augerspektren der Alkaliatome (Lohmannund Fritzsche 1994, Lohmannet al1996) detaillierter untersucht.Die getrennte Optimierung der Anfangs– und Endzust¨ande eines atomarenUber-gangs fuhrt im MCDF Modell zu zwei S¨atzen von Einteilchenorbitalen, dienicht mehr vollstandig zueinander orthogonal sind. DieseAnderung der Einteil-chendichten kann auch als die Relaxation der Elektronenh¨ulle infolge desUber-gangs interpretiert werden. Der Einfluß dieser Relaxation auf dieKα;β Rontgen–Emissionslinien wurde mit recht einfachen Wellenfunktionen bereits vor mehr als20 Jahren von Scofield (1969, 1974) analysiert. Bei fast allen j¨ungeren Berechnun-gen mit MCDF Wellenfunktionen galt diese Relaxation jedoch als vernachl¨assig-bar. In zwei Falluntersuchungen zu verschiedenen Interkombinationslinien zeigtenwir, daß fur eine genauere Vorhersage der Einstein–Koeffizienten die Umordnungder Elektronenh¨ulle auch bei (quasi–optischen) Elektronen¨ubergangen ber¨ucksich-tigt werden muß (Fritzsche und Grant 1994a,b).Alle hier erwahnten Einzeluntersuchungen sind sehr eng mit der Entwicklung desProgrammes RATIP (RELATIVISTIC ATOMIC TRANSITION AND IONIZATION

PROPERTIES) verknupft. Dieses Paket verwendet die atomaren Zustandsfunktio-nen aus GRASP und besitzt eine zu diesem Programm sehr ¨ahnliche Struktur. Nachder Veroffentlichung der neuen Version GRASP–92 (Parpiaet al 1996) ist die ge-genwartige Entwicklungsarbeit nun vor allem auf die Anpassung der verschiede-nen Module an diesen Standard gerichtet. Abb. II.1 zeigt einenUberblick zu deneinzelnen verf¨ugbaren Programmkomponenten von RATIP.Mit CESD (Fritzsche und Grant 1995) k¨onnen die atomaren Wellenfunktionen ineiner Vielteilchenbasis aus Slater–Determinanten dargestellt werden. Diese Dar-stellung kann anschließend im Programm REOS verwendet werden, um die Ein-steinkoeffizienten und Oszillatorst¨arken auch mit nichtorthogonalen (relaxierten)Einteilchenorbitalen zu berechnen (Fritzsche und Froese Fischer 1997). Dar¨uber-hinaus eignet sich REOS auch f¨ur die Untersuchung seltener auftretender Elek-tronenubergange, bei denenzweiElektronen aktiv an der EmissioneinesPhotonsbeteiligt sind (TEOP —TWO–ELECTRON–ONE–PHOTON). Storungstheoretischtreten dieseUbergange erstmals in zweiter Ordnung auf, da neben der Wechselwir-kung mit dem Strahlungsfeld noch mindestens eine Wechselwirkung zwischen denElektronen notwendig ist.

Page 69: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.3. Das Strukturprogramm GRASP 65:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

PHOTOI ESPH

COWF AUGR

RATIP

CESD REOS

LATP

Photoionisationsquer-schnitte

Spinpolarisation bei derelastischen Elektronen-streuung

Kontinuumsorbitale imZentralfeld, Streuphasen

Augerraten, Winkel-verteilungs– und Spin-polarisationsparameter

Darstellung der atoma-ren Vielteilchenzust¨andedurch Slater–Determi-nanten

Oszillatorstarken undEinsteinkoeffizientenmit relaxierten (nicht-orthogonalen) Ein-teilchenorbitalen

Bibliothek der von deneinzelnen Komponentengemeinsam genutzenUnterprogramme

""""

bb

bb

bbbb

""

""

bbbb

""

""

Abb. II.1: Gegenw¨artige Programmstruktur von RATIP. Das Gesamtpaket gliedertsich in einzelne Komponenten, die unter Mithilfe verschiedener Mitarbeiter ent-wickelt wurden. Jedes Modul kann praktisch unabh¨angig von allen anderen ver-wendet werden. Die unteren vier Komponenten sind bisher allerdings noch nichtan die aktuelle Version GRASP–92 angepaßt worden.

Die vier unteren, im Abb. II.1 nicht fett hervorgehobenen Programmkomponentenbenutzen gegenw¨artig noch die Wellenfunktionen aus ¨alteren GRASP Versionen.COWF und AUGR bilden die wesentlichen Teile des urspr¨unglichen Augerpro-grammes. Dieses Programm wurde inzwischen auch von anderen Arbeitsgruppen(Koike 1994, von Busch 1995) eingesetzt. Ein zu COWF sehr ¨ahnliches Programmzur Integration der Kontinuumsorbitale im (eingefrorenen) Potential des Ionen-rumpfes wurde auch von Pergeret al (1993) entwickelt. Mit beiden Programmenlassen sich die Phasenverschiebung der Partialwellen gegen¨uber einem reinen Cou-

Page 70: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

66 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

lombpotential bestimmen. Diese Streuphasen werden insbesondere bei der Berech-nung winkelabh¨angiger Eigenschaften ben¨otigt.Das Modul PHOTOI zur Berechnung von Photoionisationsquerschnitten wurde inunserer Arbeitsgruppe von Finkbeiner (1996) erarbeitet. Gemeinsam mit Sienkie-wicz und Grant (1995) wurde mit dem Programm ESPH schließlich die Spinpola-risation der Elektronen bei der Streuung an neutralen Xenon Atomen analysiert.

Nach der vollst¨andigen Umstellung aller Programmteile auf die aktuelle VersionGRASP–92 wird unserer Gruppe in Kassel damit ein leistungsf¨ahiges, interaktivesProgrammsystem zur Verf¨ugung stehen. Mit diesem Programm k¨onnen die genann-ten Ionisations– und Zerfallseigenschaften f¨ur ein breites Spektrum von Atomenund Ionen untersucht werden. Weiterf¨uhrende Entwicklungen bspw. zur Winkel-verteilung und Spinpolarisation von Photoelektronen sowie zur inelastischen Elek-tronenstreuung sind w¨unschenswert und konkrete Aufgaben f¨ur die Zukunft.

Trotz ihres sicher hervorzuhebenden Erfolges weisen die gegenwartig zurVerfugung stehenden Multikonfigurations Dirac–Fock Programme auch eini-ge wesentliche Nachteile auf. Wir wollen diese kurz zusammenfassen, bevorwir im folgenden Abschnitt die alternative, algebraische Form der MCDF Me-thode darlegen:

Die Breitwechselwirkung laßt sich in den existierenden finiten–DifferenzenProgrammen aufgrund eines zu hohen Aufwandes nicht (so einfach) in die Ite-ration der SCF Gleichungen einbeziehen.

Bei der Berechnung angeregter (virtueller) Elektronenzustande wird ferner oft-mals nur eine recht schlechte oder gar keine Konvergenz erzielt. Dies wirdvor allem dadurch verursacht, daß die verschiedenen Orbitalfunktionen in of-fenschaligen Atomen nicht mehr Losungen zum gleichen Potential sind. DieAnregungen in virtuelle Zustande werden jedoch zur Beschreibung der Elek-tronenkorrelationen im Atom dringend benotigt.

Mit Hilfe finiter–Differenzen Verfahren werden die Losungen der SCF Glei-chungen stets nur fur die (teilweise) besetzten Elektronenorbitale bestimmt.Eine diskretisierteDarstellung des vollstandigen, atomaren Einteilchenspek-trum kann somit nicht erhalten werden.

Diese Schwierigkeiten werden mit einem algebraischen Ansatz (2.17–2.18) furdie Einelektronenfunktionen praktisch fastautomatischausgeraumt. Wir wer-den diese algebraische Formulierung nun ausfuhrlicher vorstellen, da sie in derLiteratur bisher kaum diskutiert und nicht weiter ausgearbeitet wurde. Zusatz-lich beschreiben wir hier ein sich in der Entwicklung befindendes Programm-paket zur Losung der algebraischen Gleichungen, das in den kommenden Jah-ren weiter ausgebaut werden soll.

Page 71: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 67:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

3.4 Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen

Uns interessieren nun die Gleichungen, die auch in offenschaligen Atomen diemittlere Ladungsverteilung der Elektronen fur einen oder mehrere gesuchteAtomzustanden beschreiben. Dies sind die gekoppelten Matrix–Dirac–Fock(–Breit) Gleichungen, falls die besetzten Elektronenorbitale mit Hilfe einerendlichen Basis dargestellt werden. Zunachst fassen wir hier jedoch die Vortei-le zusammen, die ein algebraischer Ansatz bei der Beschreibung der atomarenElektronenstruktur liefert.

1. Der Ansatz (2.17–2.18) fur die Radialfunktionen der besetzten Orbitale fuhrtunmittelbar zu einer Diskretisierung des

”vollstandigen“ Einteilchenspek-

trums.

2. Dies erfullt eine notwendige Voraussetzung, um die Wechselwirkungen mitsolchen Konfigurationszustanden, die nicht im Multikonfigurationsansatz (3.1)enthalten sind, storungstheoretisch zu berucksichtigen. Wir kommen darauf imKapitel 5 zuruck.

3. Der Einschluß der Breitwechselwirkung im atomarenmean–fieldgelingt in ei-ner algebraischen Formulierung ohne zu großen Mehraufwand. Dies vermeidetdann spater auch das Auftreten

”doppelter“ Storungsreihen. Bei der Wahl ei-

ner Dirac–Fock–Breit Basis verschwinden alle Einteilchenanregungen, selbstwenn die Breitwechselwirkung im StoroperatorV berucksichtigt wird (Bril-louin’sches Theorem).

4. Matrixgleichungen konnen auf vielen Rechnern oftmals deutlich einfachervektorisiert und parallelisiert werden. Dies liegt neben ihrer einfachen Struk-tur hauptsachlich daran, daß sich in der Vergangenheit ein Großteil der For-schung zur angewandten Numerik auf die Entwicklung effizienter Matrix–Algorithmen richtete.

Diese Vorteile legen nahe, auch auf der Basis einer algebraischen Formulie-rung zukunftig leistungsfahige Programmwerkzeuge zur Berechnung atomarerElektronenstrukturen zu entwickeln.

In der MCDF Methode soll der Erwartungswert des Hamiltonoperators (3.2)schließlich sowohl stationar bzgl. einer Variation der Mischungskoeffizientenfcr(α)g in (3.1)als auchbzgl. der Variation der (radialen) Elektronenorbitalesein. Zur Variation der radialen Form der Orbitale (2.5) stehen bei einem alge-braischen Ansatz die EntwicklungskoeffizientenfXL j ; XS jg in (2.17–2.18) zurVerfugung. Der Erwartungswert des Hamiltonoperators (3.2) ist daher streng-genommen eine Funktion von allen diesen Koeffizienten

E EfXL j ; XS jg; fcr(α)g

= ∑

r;s

drsHrs(3.12)

Page 72: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

68 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

mit

drs = cr (α)cs(α) :

Die Variation der Mischungskoeffizientenfcr(α)g fuhrte uns in Abschnitt 3.1bereits zur Sakular–Gleichung (3.4). Da die HamiltonmatrixHrs(fXL; XSg)selbst nur implizit von diesen Koeffizienten abhangt, treten diese bei der Va-riation der Radialfunktionen in (3.12) nur als Parameter auf, die wir im folgen-den in den Formeln auch weglassen konnen. Bei der Herleitung der Sakular–Gleichung wurde ferner vorausgesetzt, daß alle besetzten Elektronenorbitaleund damit auch die CSF in (3.1) normiert und paarweise orthogonal sind. Die-se Nebenbedingungen werden im Energiefunktional gewohnlich mit Hilfe vonLagrange–Multiplikatoren gewahrleistet. Allerdings ergeben sich aus diesemVorgehen fur die Orbitalfunktionen inhomogene, gekoppelte Matrixgleichun-gen (siehe z.B. Kagawa 1980), die nur sehr schwerfallig zu losen sind. Wirwollen auf diese fruheren Losungsansatze hier nicht naher eingehen.

Unser Ziel sind stattdessen Matrixgleichungen, die die Nebenbedingung ortho-normaler Einelektronenorbitale praktisch automatisch erfullen. Dies gelingt,indem wir im Funktionenraum der Elektronenorbitale nur regulare

”Drehun-

gen“ zugelassen. Diese recht anschauliche Idee einer Drehung der Orbital-funktionen (METHOD OF ROTATION) ist in der Quantenchemie seit lange-rem bekannt und wurde zum Beispiel von Werner und Meyer (1980) furnichtrelativistische Molekulrechnungen verwirklicht. Diese Methode ist vonmir in Oxford analysiert und auf den relativistischen Fallubertragen wor-den. Daraus ergeben sich fur die Drehmatrizen der Orbitalfunktionen zu je-der (Einelektronen–)Symmetrieκ quadratische Matrixgleichungen, die itera-tiv gelost werden konnen.

Eine Implementierung dieser Matrixgleichungen kann verschiedenen Strate-gien folgen. In 3.4.6 stellen wir dazu ein Losungskonzept vor, das in sei-ner Struktur eng an das GRASP Programm angelehnt ist. Die SCF Poten-tiale offenschaliger Atome konnen darin sowohl mit Slater– als auch Gauß–Funktionen berechnet werden. Die Verwendung von Basisfunktionen mit ver-schiedener Globalstruktur ermoglicht oftmals einen recht einfachen Einblickin die geforderteVollstandigkeit der Basis. Wir bezeichnen diese neue Pro-grammentwicklung im folgenden als GRASP–B (mit

”Basissatzen“). Bevor

wir jedoch auf die Matrixgleichungen und ihre programmtechnische Umset-zung zu sprechen kommen, sollen zunachst verschiedene Komponenten, diebei der Herleitung der SCF Gleichungen auftreten, naher erklart werden.

Die Abhangigkeit der Energiefunktion (3.12) von den Entwicklungskoeffizien-ten der großen und kleinen KomponentenfXL j ; XS jg steckt allein in den Ma-trixelementen des HamiltonoperatorsHrs , die mit den in 3.2 beschriebenenKonfigurationsfunktionen zu berechnen sind. Wir legen in weiteren dieses Ka-pitels der Hamiltonmatrix stets den Dirac–Coulomb–Breit Operator (2.52) zu-

Page 73: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 69:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

grunde. Im Verlaufe der Herleitung der Matrixgleichungen wird dann schnellklar, welche (additiven) Terme wegzulassen sind, falls das

”physikalische Mo-

dell“ — wie auch in der Vergangenheit — stattdessen auf den Dirac–CoulombOperator (2.53) beschrankt werden soll.

Die MatrixelementeHrs = hγr PJMjHDCB jγsPJMi des Dirac–Coulomb–BreitOperators haben (vgl. 3.2.2) die allgemeine Form

Hrs = ∑t

V Trs (atbt) I(atbt)

+ ∑t

VCrs (νt;atbtctdt) Rνt(atbtctdt) Coulombwechselwirkung

+ ∑t

V Brs (νtµt;atbtctdt) Sνt(µt;atbtctdt)

(transversale)Breitwechselwirkung;

(3.13)

wobeia= (na; κa); b= (nb; κb); : : : verschiedene, in den Konfigurationsfunk-tionen besetzte Elektronenschalen bezeichnen. DieVrs sind die Winkelkoeffi-zienten, die zu den verschiedenen (Ein– und Zweielektronen) Termen des Ha-miltonoperators (2.52) gehoren. Alle drei Summationen laufenuber einen In-dex t = 1;2; : : : ;tmax, der zu jedem Paarr; s der CSF die verschiedenen Pro-dukteWinkelkoeffizient Radialintegral einfach durchnumeriert. Wir wollendie verschiedenen Terme und die jeweiligen Radialintegrale in (3.13) nun ein-zeln besprechen.

Die Einelektronenintegrale

I (ab) = hnaκama jhD jnbκbmbi

= δκaκb

Z ∞

0dr

cQa

ddr

+κa

r

Pb + cPa

d

dr+

κa

r

Qb

2c2QaQb + Vnuc(r)(PaPb + QaQb)

(3.14)

beschreiben die Energie der Elektronen bei ihrer Bewegung im Potential desKernes. Sie konnen bei einem algebraischen Ansatz (2.17–2.18) mit Hilfeder Matrizen (2.23–2.26) aus Abschnitt 2.2 berechnet werden. Da das Inte-gral (3.14) nur von einer (radialen) Elektronenkoordinate abhangt, bezeich-neten wir diese Matrizen auch als

”Einteilchenmatrizen“. Der Wert des Inte-

grals folgt aus der Multiplikation der Matrizen mit den entsprechenden Koeffi-zientenvektoren der großen und kleinen Komponenten. In der MCDF Metho-de sind die Integrale (3.14) aufgrund der unterschiedlichen Besetzungen dereinzelnen Konfigurationsfunktionen mitunter auch mit verschiedenen Orbital-funktionen (der gleichen Symmetrieκ) auszuwerten. Die Berechnung dieserMatrizen und Integrale bereitet allgemein keine Schwierigkeiten. Sie sind imProgramm GRASP–B fur verschiedene Basissatze implementiert.

Page 74: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

70 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die Operatoren der Coulomb– und Breitwechselwirkung sind beide skalar undsymmetrisch in den Elektronenkoordinaten. Die Unterscheidung der zweitenund dritten Summe in (3.13) beruht daher allein auf praktischen Grunden.Gewohnlich werden die konstanten Faktoren in deneffektivenWechselwir-kungsstarken (2.43) und (2.46) namlich bereits mit in die Winkelkoeffizienten

”ubernommen“.Rνt(atbtctdt) sind dann die Slater–Integrale (2.45), die bei der

spharischen Entwicklung der Coulombabstoßung auftreten. Bei den Termenzur Breitwechselwirkung mussen neben der Ordnungν genaugenommen nochverschiedene Typen der Radialintegrale berucksichtigt werden. Dabei sind ver-schiedene Aufspaltungen der effektiven Wechselwirkungsstarke ublich (z.B.die Zerlegung in die beiden Integrale (2.48) und (2.49) aus Abschnitt 2.3). Wirverwenden hier zur Unterscheidung der Integraltypen den weiteren Indexµund kommen spater auf die konkrete Aufspaltung zuruck. Es ist jedoch klar,daß uns die Darstellung (3.13) der Hamiltonmatrix noch Freiheit bei der Zer-legung der Radialintegrale laßt. Eine veranderte Aufspaltung fuhrt allgemeinnur zu einer neuen Anzahltmax der in den einzelnen Summen vorkommendenTerme. Wir werden diese Freiheit in 3.4.2 und 3.4.3 nutzen, um eine fur diealgebraische Formulierung geeignetere Aufspaltung zu finden, als sie bisher inden finiten–Differenzen Programmen verwendet wurde.

3.4.1 Energiefunktionale

In vielen physikalischen Fragestellungen ist das Interesse nicht allein auf eineneinzelnen atomaren Zustand gerichtet. Beispielsweise sollen bei der Berech-nung von Zerfallsraten und Lebensdauern sowohl der angeregte Atomzustandals auch die Endzustande in vergleichbar guter Naherung beschrieben werden.Neben dem Energiefunktional (3.2), das nur aus dem Erwartungswert einesZustandesα besteht, werden den SCF Gleichungen daher haufig auch andereFormen zugrundegelegt. Wir wollen hier die in der MCDF MethodeublichenFunktionale zusammenfassen und kurz charakterisieren. Sie unterscheiden sichzunachst nur in den Koeffizientendrs in (3.12) und konnen daher in den Pro-grammen sehr einfach parallel implementiert und wahlweise verwendet wer-den.

1. Die OL Form (OPTIMIZED LEVEL) optimiert die totale Energie (3.12) eineseinzelnenZustandesjψα(PJM)i , d.h.

drs = cr (α) cs(α) :(3.15)

Die Mischungskoeffizientenfcr(α)g und die (Koeffizienten der) Orbitalfunk-tionen sind in diesem Falle wechselseitig voneinander abhangig und musseniterativ bestimmt werden (vgl. Abschnitt 3.1). Diese Abhangigkeit hat daruber-hinaus die folgenden Konsequenzen:

(a) Jedes Energieniveau erfordert eine unabhangige Rechnung.

Page 75: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 71:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(b) Die so bestimmten Orbitalfunktionen konnen strenggenommen nichtzur Darstellung anderer Losungenfβ 6= α ; β = 1; : : : ;ncg der Sakular–Gleichung herangezogen werden.

(c) Die OL Losungen verschiedener atomarer Zustande sind allgemein nichtorthogonal zueinander. Diese unvollstandige Orthogonalitat kann als Re-laxation der Elektronenhulle interpretiert werden und spielt insbesonderebei der Vorhersage genauerUbergangseigenschaften eine wichtige Rolle(siehe Kasten II).

(d) Die fehlende Orthogonalitat der Orbitalfunktionen zu verschiedenen ato-maren Zustanden erschwert die Berechnung der zugehorigenUbergangs-amplituden, z.B. bei der Wechselwirkung der Atome mit dem Strahlungs-feld.

2. Eine naturliche Erweiterung des OL Energiefunktionals ist dieEOL Form(EXTENDED OPTIMIZED LEVEL). Dieses Funktional verwendet anstelle einesErwartungswertes die Summe mehrerer Erwartungswerte ausgewahlter Ener-gieniveaus. Fur nl < nc Energieniveaus ist

E =1nl

nl

∑i

Eαi ;

woraus in (3.12) fur die Koeffizienten

drs =1nl

nl

∑i

cr (αi)cs(αi)(3.16)

folgt. Die Auswahl der atomaren Zustande kann anhand der globalen Symme-trie der Zustande und ihrer energetischen Reihenfolge getroffen werden. Furnl = 1 ergibt sich daraus naturlich erneut die OL Form.

Die OL/EOL Losungen erfordern einen recht hohen Rechenaufwand und kon-vergieren oftmals nur schlecht. Sie besitzen zudem den Nachteil, daß alleubri-gen Naherungslosungen zum gleichen Multikonfigurationsansatz (3.1) meistnur schlecht beschrieben werden.

3. DieAL Form (AVERAGE LEVEL) benotigt dagegen deutlich geringere Rechen-zeit und fuhrt bei kleineren Multipletts zu einer guten Abschatzung allernc

Energieniveaus. Dies gilt insbesondere, wenn dienc Zustande in (3.1), die ausder Diagonalisierung der Hamiltonmatrix folgen, energetisch nicht zu starkaufspalten. Fur nl = nc in (3.16) ergibt sich aufgrund der Orthogonalitat derMatrix (cri) = (cr(αi)) der Mischungskoeffizienten

drs =δ rsp

nc:(3.17)

Das Energiefunktional

E =1nc

nc

∑r

Eαr =1nc

nc

∑r

Hrr

Page 76: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

72 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

hangt in diesem Falle selbst nicht von den Mischungskoeffizienten ab, so daßauch die SCF Gleichungen nureinmalselbstkonsistent zu losen sind. Dienc

Energieniveaus und atomaren Zustande folgen dann unmittelbar aus der Dia-gonalisierung der Hamiltonmatrix.

Fur systematische Untersuchungen ist diese Form allerdings ungeeignet, dasich bei einer Vergroßerung der CSF Basis diekonfigurationsgemittelteEnergieoffensichtlich sehr rasch von der totalen Energie der untersuchten Zustandeentfernt.

4. EAL (EXTENDED AVERAGE LEVEL) Form. Treten im Ansatz (3.1) Konfigu-rationsfunktionen mit verschiedenen DrehimpulsJ auf, so ist es sinnvoll, dieEnergieniveaus anhand ihrer Entartung zu wichten. Damit sind das Energie-funktional

E =∑nc

r wr Hrr

∑ncs ws

mit wr = 2Jr +1 und die zugehohrigen Koeffizienten in (3.12)

drs =δ rs

∑ t wt:

Fur nc = 1 ist dies mit der AL Form identisch.

Die AL/EAL L osungen besitzen ferner mehrere Vorteile, deren Aufzahlungunsere kurze Diskussion der verschiedenen Energiefunktionale abschließensoll:

(a) Sie sind gewohnlich sehr einfach zu berechnen.(b) Die in den SCF Gleichungen auftretenden Potentiale sind von den einzel-

nen Zustandenαr (r = 1; : : : ;nc) unabhangig.(c) Alle Losungen im Multiplett sind automatisch orthogonal und werden

durch die gleichen Orbitalfunktionen beschrieben.(d) Die Ubergangsamplituden spharischer Tensoren konnen in der in 3.2 be-

schriebenen Weise zerlegt und einfach berechnet werden.Diese beiden Formen wurden daher den meisten fruheren MCDF Rechnungenzugrundegelegt. Erst die jungeren Programmentwicklungen (Parpiaet al1996)ermoglichen nun auch systematische Untersuchungen, die auf den OL/EOLAnsatzen aufbauen.

3.4.2 Integrale der Elektron–Elektron Wechselwirkung

Die Wechselwirkung der Elektronen verursacht in allen Strukturrechnungenden dominanten Zeitaufwand. Daher mussen die zugehorigen Matrixelementemit großer Sorgfalt analysiert und in den Programmen umgesetzt werden. Diesgilt insbesondere fur alle relativistischen Strukturrechnungen, in denen auchdie Breitwechselwirkung in das atomaren SCF Feld einbezogen werden soll.

Page 77: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 73:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die Verwirklichung dieser Idee scheiterte bisher in den bereits verfugbarenfiniten–DifferenzenProgrammen vor allem daran, daß die Zahl der Integrale,die in jedem Iterationsschritt neu zu berechnen sind, selbst fur Wenigelektro-nenatome viel zu groß ist.

Vor diesem Hintergrund wurde die in der Atomstrukturubliche Zerlegung derElektron–Elektron Wechselwirkung (Grant 1988) neu analysiert. Zur Iterationder Breitwechselwirkung im SCF Feld wollen wir uns dabei allerdings auf diefrequenzunabhangigen Anteile (2.37) beschranken. — Allgemein treten bei derBerechnung der Zweielektronenintegrale mit Basisfunktionen (vierdimensio-nale) Matrizen auf, die wir im folgenden kurzIntegralbereichenennen. Dieeinzelnen Elemente dieser Matrizen haben die Form

wνµ;i jkl (κa;κc;κb;κd) =

Z ∞

0dr

Z r

0ds gTai

κa(r)gTc j

κc(r)

r ν+1gTb k

κb(s)gTd l

κd(s)(3.18)

wobei wir fur die Basisfunktionen die Bezeichnungen aus Kapitel 2 verwen-den. Darin konnen die einzelnen Basisfunktionen sowohl zur Darstellung dergroßen als auch kleinen KomponentenT = (L; S) der entsprechenden Sym-metrieblocke κ gehoren. Unterschiedliche Kombinationen der Komponenten(d.h. der vier SuperskripteTa; Tb; : : : in (3.18)) fuhren dann zu verschiede-nen Integraltypen, die wir anhand des Index’µ unterscheiden. Die gesuchtenRadialintegrale zur Elektron–Elektron Wechselwirkung ergeben sich schließ-lich durch Vektormultiplikation der Integralbereiche mit den Koeffizienten-vektoren (XL j) und (XS j) der beteiligten Elektronenorbitale. Die gleichenIntegralbereiche tragen dabei zu allen Radialintegralen bei, die sich allein inden Hauptquantenzahlen der Orbitalfunktionen unterscheiden. Aufgrund derAbhangigkeit der Integralbereiche N4 von der Dimension der Basis ist dieBedeutung einer effizienten Zerlegung sofort evident. Das Ziel ist es daher, diein den SCF Potentialen und in der Hamiltonmatrix auftretenden Beitrage derElektron–Elektron Wechselwirkung so zusammenzufassen, daß (i) nur wenigedieser Integralbereiche tatsachlich zu berechnen sind und dabei (ii) die Zahlder verschiedenen Integraltypenµ moglichst klein bleibt. Diese Forderungenfuhren zu einer vollkommen anderen Zerlegung der Coulomb– und Breitinte-grale, als sie infiniten–DifferenzenProgrammen sinnvoll ist.

In der”Standardzerlegung“ der Hamiltonmatrix (3.13) bezeichnetRν(abcd)

das Slater–Integral (2.45), das wir zunachst noch einmal etwasubersichtlicher

Rν(abcd) =Z ∞

0dr

Z ∞

0ds [PaPc + QaQc](r) Uν(r;s) [PbPd + QbQd](s)(3.19)

mit Uν(r;s) aus (2.42) aufschreiben. Die den eckigen Klammern nachgestell-ten Indizes(r) und (s) verweisen auf die Abhangigkeit der Komponentenbzgl. der beiden Integrationsvariablenr und s. Die Symmetrie dieses Integralsist aus der Definition (3.19) sofort ablesbar

Rν(abcd) = Rν(cbad) = Rν(adcb) = Rν(badc) :(3.20)

Page 78: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

74 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Den Beitragen der BreitwechselwirkungSν(µ;abcd) in (3.13) liegen dagegendie beiden RadialintegraleSν [acj bd] und T ν [acj bd] in (2.48) und (2.49)zugrunde. Im Falle der frequenzunabhangigen Breitwechselwirkung(ω! 0)sind diese beiden Integrale (Superskript0)

S0;ν [acj bd] =Z ∞

0dr

Z ∞

0ds [PaQc](r)

1

2(2ν+1)

Uν1(r;s)

Uν+1(r;s)

[PbQd](s)(3.21)

und

T 0;ν [acj bd] =Z ∞

0dr

Z ∞

0ds [PaQc](r) Uν(r;s) [PbQd](s) ;(3.22)

mit

Uν (r;s) =

(Uν (r;s) r < s

0 r > s;(3.23)

wobei wir derUbersichtlichkeit halber die Abhangigkeit der Orbitalfunktionenvon den Integrationsvariablen erneut den eckigen Klammern als Indizes(r)und (s) nachstellen.

Aufgrund desKernes Uν (r;s) zerfallen die beiden Integrale (3.19) und (3.22)in jeweils zwei SummandenZ ∞

0dr

Z ∞

0ds F(r;s) =

Z ∞

0dr

Z r

0ds F(r;s) +

Z ∞

0dr

Z ∞

rds F(r;s) ;

die allgemein getrennt berechnet werden mussen. Allerdings konnen beideSummanden auf der rechten Seite durch

”Umbenennen“ der Integrationsva-

riablenZ ∞

0dr

Z ∞

rds F(r;s)

Z ∞

0ds

Z ∞

sdr F(s; r) =

Z ∞

0dr

Z r

0ds F(s; r)

sehr einfachuber dem gleichen Integrationsgebiet ausgewertet werden. MitHilfe dieser Umbenennung konnen wir uns leichtuberzeugen, daß alle Inte-grale der Elektron–Elektron Wechselwirkung allein durch die funf, in Tabelle2 definiertenBasisintegraledarstellbar sind. Im Detail gelten dabei die folgen-den Zerlegungen

Rν(abcd) =4

∑µ=1

µ (acbd) + Wνµ (bdac)

(3.24)

und

S0;ν [acj bd] =12(2ν+1)

Wν+1

5 (acbd) Wν5 (acbd)

(3.25)

T 0;ν [acj bd] = Wν5 (acbd) + Wν

5 (bdac) :(3.26)

Page 79: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 75:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Tab. 2: Definition und Symmetrie der Basisintegrale

Wν1 (acbd) =

Z ∞

0dr

Z r

0ds [PaPc](r)

r ν+1[PbPd](s)(3.27)

Wν2 (acbd) =

Z ∞

0dr

Z r

0ds [PaPc](r)

r ν+1[QbQd](s)(3.28)

Wν3 (acbd) =

Z ∞

0dr

Z r

0ds [QaQc](r)

r ν+1[PbPd](s)(3.29)

Wν4 (acbd) =

Z ∞

0dr

Z r

0ds [QaQc](r)

r ν+1[QbQd](s)(3.30)

Wν5 (acbd) =

Z ∞

0dr

Z r

0ds [PaQc](r)

r ν+1[PbQd](s)(3.31)

Die ersten vier IntegraleWν1 (); : : : ;Wν

4 () erfullen die Symmetrien

Wνµ (acbd) = Wν

µ (cabd) = Wνµ (acdb) = Wν

µ (cadb) :(3.32)

Das IntegralWν5 (acbd) besitzt dagegen keine weitere Symmetrie.

Der Zusammenhang zwischen den funf BasisintegralenWνµ (acbd) aus Tabelle

2, die jeweils verschiedene Kombinationen der großen und kleinen Komponen-ten der Elektronenorbitale enthalten, und den zugehorigen Integralbereichenwν

µ;i jkl (κa;κc;κb;κd) in (3.18) ist offensichtlich und braucht hier nicht im De-tail angegeben werden. Der Vorteil des algebraischen Ansatzes ist nun, daßdiese Integraleuber die BasisfunktionengT j

κ gewohnlich analytisch ausgewer-tet werden konnen. Wir geben die analytischen Ausdrucke fur die S– und G–Spinoren aus Abschnitt 2.6 an, wobei wir uns der Einfachheit halber auf die so-genanntenElementarintegralebeschranken. Die Berechnung der vollstandigenIntegralewν

µ;i jkl (κa;κc;κb;κd) fuhrt dann zu etwas langeren Ausdrucken, indenen jedoch nur die Elementarformen mit verschiedenen Parametern immerwiederkehren. Die S– und G–Spinorbasen sind die Grundlage der Programm-entwicklungen zu GRASP–B, auf die wir in 3.4.5 naher zu sprechen kommen.Die Berechnung der Integralbereiche sowie der Basisintegrale ist darin imple-mentiert und getestet.

Die Elementarintegrale der S–Spinoren sind

εS(m;a;n;b) =Z ∞

0dr rmear

Z r

0ds sn ebs

= a(m+1)b(n+1) Γ(m+n+2) B

n+1;m+1;

ba+b

(3.33)

worin Γ(x) die Gamma–Funktion undB(m;n;x) die (nichtnormierte) unvoll-

Page 80: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

76 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

standige Beta–Funktion ist. Ein sehrahnlicher Ausdruck gilt auch fur die G–Spinoren (Malli und Oreg 1979)

εG(ν;m;a;n;b) =Z ∞

0dr rmν1ear2

Z r

0ds sn+ν ebs2

=Γ [(m+n+1)=2]

4am2+

14 b

n2+

14

ab

ν2+

14

B

n+ν+1

2;mν

2;

aa+b

:(3.34)

Darin ist es allerdings (ublich und) zweckmaßig, die Ordnungν der Integral-bereiche getrennt als Parameter beizubehalten. Die Definitionen der Gamma–und Beta–Funktionen sind gemeinsam mit vielen nutzlichen Formeln zu ihrerBerechnung bei Abramowitz und Stegun (1964) angegeben. Da diese Integra-le sehr haufig benotigt werden, mussen diese Funktionen besonders effizientbestimmt werden. Zur Berechnung der (vollstandigen) Gamma– und Beta–Funktionen stehen in vielen ProgrammbibliothekenoptimierteUnterprogram-me zur Verfugung. Etwas aufwendiger ist die unvollstandige Beta–Funktion.Fur deren stabile Berechnung konnen jedoch verschiedene Hilfen und ma-thematische Tricks verwendet werden, die auf (siehe Abramowitz und Stegun1964, Quiney 1989b)

Reihenentwicklungen,

Kettenbruchdarstellungen sowie

Rekursionsformeln und der Symmetrie dieser Funktionen

beruhen. Einige dieser Tricks sind auch in GRASP–B implementiert. Fur dieBerechnung der (vierdimensionalen) Integralbereiche ist die geeignete Anwen-dung von Rekursionsformeln ganz entscheidend. Eine noch effektivere Berech-nung dieser transzendenten Funktionen und insbesondere der unvollstandigenBeta–Funktion verdient sicher aber auch bei der weiteren Entwicklung des Pro-grammes noch einige Aufmerksamkeit.

Parpia und Mohanty (1991a) beschreiben verschiedene Techniken zur inter-nen Speicherung der Integralbereiche, die einer algebraischen Formulierungangepaßt sind. Allerdings sind in dem Matrix–Dirac–Fock(–Breit) Programmfur geschlossenschalige Atome, das von diesen Autoren erarbeitet wurde, dieIntegrale zur Breitwechselwirkung noch unmittelbar an die in GRASP imple-mentierte Form (McKenzieet al 1980) angelehnt. Diese Form ist bei einer al-gebraischen Darstellung der Elektronenorbitale — auch angesichts der obigenZerlegung der Radialintegrale (3.21) und (3.22) — fur Multikonfigurations-rechnungen mit einer großeren CSF Basis wenig geeignet.

Unsere hier gefuhrte Diskussion zeigt, daß sich die Coulomb– und Breitwech-selwirkung auf nur wenige Basisintegrale (mit eineruberdies recht einfachenForm) zuruckfuhren lassen. Daher konnen zumindest die frequenzunabhangi-gen Anteile zur Breitwechselwirkung mit vergleichsweise geringem Mehr-

Page 81: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 77:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

aufwand in die SCF Iteration einbezogen werden. In den traditionellen Struk-turprogrammen konnte dies bisher nicht (befriedigend) realisiert werden. Dievorgestellte Zerlegung ist schließlich auch auf die volle, frequenzabhangigeWechselwirkung erweiterbar, solange die Integralkerne (2.50) und (2.51) in dereffektiven Wechselwirkungsstarke mit nur geringem Aufwand nach Potenzenvon ω entwickelt werden konnen.

Der Umfang der Integralbereiche und die Zahl der Multiplikation bei den Inte-graltransformationen, die beide mit der vierten Potenz( N4) der Dimensionder Einteilchenbasis anwachsen, erfordert naturlich eine gezielte Ausnutzungder Hardware. Dies kann bspw. durch die Vektorisierung der Matrixmultipli-kationen erreicht werden, ohne daß die Anwendung der Programme deswe-gen von vornherein auf spezielle Rechnersysteme beschrankt wird. Allerdingswurde eine moglichst optimaleprogrammtechnische Umsetzung der obigenBasisintegrale in GRASP–B bislang noch nicht ausfuhrlicher untersucht.

3.4.3 Winkelkoeffizienten

Die KoeffizientenV Trs ; VC

rs und V Brs in der Hamiltonmatrix (3.13) sind vor al-

lem das Ergebnis der analytisch ausgefuhrten Integration zu den Winkelva-riablen derN Elektronenkoordinaten. Diese Integration wird gewohnlich mitHilfe der Racah–Algebra durchgefuhrt, in derem Kalkul die einzelnen Inte-grationsschritte allerdings weitgehend verborgen bleiben. Wir konnen dieseWinkelkoeffizienten in den Summationen von (3.13) daher formaler auch alsGewichtezu den jeweiligen Radialintegralen ansehen. Ihre konkreten Wertehangen dabei sowohl von der Wahl des Funktionals (3.12) als auch von derAufspaltung der effektiven Wechselwirkungsstarken und der Radialintegraleab. Daruberhinaus sind diese Koeffizienten aber fur jede festgelegte CSF Basisgeometrischeindeutig und brauchen deshalb in jeder

”Strukturrechnung“ nur

einmalzu Beginn der Programmausfuhrung bestimmt werden.

Bei einer Implementierung der MCDF Methode werden die Winkelkoeffizien-ten in zwei verschiedenen Schritten benotigt: (i) Bei der Berechnung der (ver-allgemeinerten) Potentiale der Matrix–Dirac–Fock Gleichungen und (ii) zurAufstellung der Hamiltonmatrix, aus deren Diagonalisierung schließlich dieDarstellung der atomaren Zustande folgt. Nur im letzteren Falle ist zu beach-ten, zu welchem konkreten Paarr; s der CSF die einzelnen Beitrage gehoren.Anderenfalls konnen die Koeffizienten, die sich auf das gleiche Radialinte-gral beziehen und von verschiedenen Matrixelementen stammen, einfach zu-sammengefaßt werden. Ferner ergibt sich oftmals eine weitere Verringerungder Gesamtzahl der Produktbeitrage, falls die Symmetrien der Slater–Integrale(3.20) bzw. der Basisintegrale in Tabelle 2 berucksichtigt werden. Daraus er-geben sich folglich recht verschiedene Anforderungen bei der (internen) Spei-cherung der Koeffizienten innerhalb eines MCDF Programmes.

Page 82: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

78 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Im Programm GRASP werden die Winkelkoeffizienten zur Coulomb– undBreitwechselwirkung vollkommen unabhangig in den Modulen MCP (Grant1973) und MCBP (McKenzieet al 1980) berechnet. Dies hat hauptsachlichhistorische Grunde, da die Unterschiede in der Anzahl und den Werten die-ser Koeffizienten allein aus den konstanten Faktoren resultieren, die von deneffektiven StarkenXν(abcd) in (2.43) und (2.46) abgespalten werden.

Fur unser genanntes Ziel, die beiden Anteile der Elektron–Elektron Wechsel-wirkung gemeinsam in das atomaren SCF Potential einzuschließen, scheint esdagegen zweckmaßiger, die beiden Programme zu einer einheitlichen Schnitt-stelle zu vereinfachen. Dazu wurde das Programm ANCO (Fritzsche 1993b)erarbeitet, daß nur diereinenWinkelkoeffizienten berechnet und zunachst kei-ne weiteren Gewichtsfaktoren aus den effektiven Wechselwirkungsstarken hin-zufugt. Diese Faktoren mussen spater gemeinsam mit den Radialintegralen be-stimmt werden. Dadurch wird jedoch die Zahl der extern zu speichernden Win-kelkoeffizienten deutlich verringert, ein Vorteil, der insbesondere fur Rech-nungen mit einer großen Konfigurationsbasis sehr wichtig ist. Die ProgrammeANCO und GRASP–B sind voneinander unabhangig und nuruber die Da-tei der Winkelkoeffizienten miteinander verkoppelt. Fur die Konstruktion derKonfigurationszustande gelten in dem neuen Winkelmodul allerdings die glei-chen Einschrankungen wie auch in GRASP: Insbesondere durfen alle Schalenmit jκj 5 nur mit jeweils maximal zwei Elektronen besetzt sein.

Bei der Berechnung der”Potentiale“5 werden die ProdukteWinkelkoeffizient

Radialintegral nur anhand der Orbitalfunktionena; b; : : : ausgewahlt. Derengenauer Ursprung in der Hamiltonmatrix(Hrs) ist dagegen ohne Belang. Beider Variation der Radialfunktionen treten in diesem (Programm–)Schritt ja ge-rade nur die Ableitungen nach den Entwicklungskoeffizienten der großen undkleinen KomponentenfXL j ; XS jg der Elektronenorbitale auf. Daher konnenalle Winkelkoeffizienten, die sich auf die gleichen Radialintegrale beziehen, ineinemArray

”zusammenaddiert“ werden, dessen Indizes allein von den Elek-

tronenschalen abhangen. Jeder der in diesem Array zusammenfaßtenWinkel-koeffizientenbezieht sich im Programm GRASP–B auf eines der funf in Tabelle2 definierten Basisintegrale (3.27) – (3.31).

Fur die Aufstellung der Hamiltonmatrix (3.13) werden dagegen die im Pro-gramm ANCO berechneten Koeffizienten, die in einer Datei zwischengespei-chert sind, neu eingelesen. DiesereinenWinkelkoeffizienten enthalten dannnaturlich auch alle Informationenuber die Indizesr; s der CSF, zu deren Ma-trixelementen die verschiedenen Beitrage gehoren.

5Wir behalten hier diesen in der Atom– und Molek¨ulstruktur haufig verwendeten Begriff bei,um in den SCF Gleichungen den Einfluß des Kernes und der (¨ubrigen) Elektronen zu charakteri-sieren. In der algebraischen Formulierung in 3.4.5 f¨uhrt die Wechselwirkung eines Elektrons mitder verbleibenden Rumpfladung allerdings zu wenig anschaulichen Beitr¨age in den gekoppeltenMatrixgleichungen.

Page 83: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 79:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die Implementierung der Winkelkoeffizienten hat auf die Effizienz der Pro-gramme entscheidenden Einfluß. Die Neuaufteilung dieser Koeffizienten undRadialintegrale, die wir in diesem und dem vorausgehenden Abschnitt erlauter-ten, ist besonders auch fur umfangreichere Rechnungen geeignet. Dieser Pro-grammteil ist in GRASP–B vollstandig implementiert und bedarf keiner wei-terenAnderung. — Wir brauchen schließlich auch nicht hervorzuheben, daßdiesselbe Implementierung genauso auch fur Rechnungen effektiv ist, denennur der Dirac–Coulomb OperatorHDC zugrundeliegt.

3.4.4 Orthonormale Basisspinoren

Im Ansatz (2.17–2.18) beziehen sich die KoeffizientenfXL jg und fXS jg derbeiden Radialkompontenen der Dirac–Orbitale (2.5) auf einen gegebenen Satzvon BasisfunktionenfgT

κ j g. Diese sind im allgemeinen naturlich nicht ortho-gonal zueinander. Eine Folge davon ist, daß auch im (radialen)

”Skalarprodukt“

zweier Elektronenfunktionen (der gleichen Symmetrie)

N(ab) =Z ∞

0drPa(r)Pb(r) + Qa(r)Qb(r)

= X L†

a SL X Lb + X S†

a SSX Sb

= XLi a SL

i j XL j

b + XSia SS

i j XS j

b(3.35)

die UberlappmatrizenSL und SS aus (2.23) explizit auftreten. In der letz-ten Zeile dieses Vektorproduktes nutzen wir dabei die implizite (Einstein’sche)Summenkonventionuber die Indizesi; j;k; l ; : : : , die wir in diesem und demnachsten Abschnitt noch haufiger anwenden werden. Aufgrund der Symme-trie freier Atome konnen fur die großen und kleinen Komponenten naturlichstets reelle Funktionen gewahlt werden. Wir werden daher in den folgendenAusdrucken die adjungierten Vektorkomponenten ohne komplexe Konjugie-rung angeben. Schließlich lassen wir bei den Einteilchenmatrizen zur besserenUbersicht auch die Angabe der Symmetrieκ zunachst weg. Wir geben dieseEinteilchensymmetrie spater nur dann an, wo sie zur Unterscheidung erforder-lich ist.

Fur viele Anwendungen ist es gunstiger, eineorthonormaleBasis zu wahlen,deren Koeffizientenvektoren die einfachere Beziehung

N(ab) = hYa jYbi =Y L†

a ; Y S†a

Y Lb

Y Sb

= Y j

a Y jb(3.36)

erfullen. Die SpaltenvektorenYa =

Y L

aY S

a

enthalten darin 2N Koeffizien-

ten, von denen die erstenj = 1; : : : ; N Koeffizienten zu den (transformier-ten) Basisfunktionen der großen Komponente und die Koeffizienten mitj =

Page 84: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

80 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(N+1); : : : ; 2N zu denen der kleinen Komponente gehoren. Jede dieser Basis-funktionen ist dabei eine Linearkombination der(gT

κ1; : : : ; gTκN ) der ursprung-

lichen Basis der entsprechenden Komponenten.

Der Zusammenhang zwischen den beiden Darstellungen derX und YVek-toren laßt sich am einfachsten mit Hilfe einer Hauptachsentransformation derUberlappmatrizen herstellen. Beide MatrizenSL und SS in (2.23) sind reell–symmetrisch und konnen daher durch eine solcheAhnlichkeitstransformationstets auf Diagonalform gebracht werden. Wir bezeichnen die orthogonalen Ma-trizen zu diesen Transformationen mituL und uS:

uL† SL uL = DL(3.37)

uS† SSuS = DS:(3.38)

Darin sindDL = (DLik) undDS= (DS

ik) die entsprechenden Diagonalmatrizen,die positiv–definit sind und sich folglich sofortfaktorisierenlassen

dL = (dLik) = (

qDL

ik)

dS = (dSik) = (

qDS

ik) :

Offensichtlich gilt mit T = (L; S)

DT = dT† dT = dT dT† und dT† = dT

sowie fur die inversen Matrizen

dT1

=

((1=dik) fur i = k

0 sonst:(3.39)

Aus dem Vergleich der”Skalarprodukte“ (3.35) und (3.36) konnen die Trans-

formationsvorschriften zwischen den beiden Darstellungen mit (3.37–3.39)nun unmittelbar abgelesen werden

Ya =

Y L

a

Y Sa

!=

dL uL† X L

a

dSuS† X Sa

!(3.40)

Y †a =

Y L†

a ; Y S†a

=

X L†a uL dL; X S†

a uSdS

bzw. die dazu inversen Beziehungen

Xa =

X L

a

X Sa

!=

uL (dL)1 Y L

a

uS(dS)1 Y Sa

!

υυυL Y La

υυυSY Sa

!(3.41)

X†a =

X L†

a ; X S†a

=

Y L†a υυυL†; Y S†

a υυυS†:(3.42)

Page 85: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 81:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Zur besserenUbersicht haben wir in (3.41) noch die MatrizenυυυL und υυυS de-finiert, um die folgenden Formeln weiter zu vereinfachen. Die konkrete Formder Spinorbasis, die den KoeffizientenvektorenYa zugrundeliegt, bleibt andieser Stelle etwas verborgen; allerdings kann sie mit (3.37) und (3.38) einfachangegeben werden. Wir benotigen diese Form im weiteren nicht. Fur uns istes nur wichtig, daß in dieser transformierten Basis die Koeffizientenvektorenorthonormaler Elektronenorbitale ebenfalls orthonormal sind.

Die Transformationen (3.41) und (3.42) verwenden wir nun, um auch dasEnergiefunktional (3.12) mit Hilfe derYaVektoren darzustellen. Wir wol-len dieses Funktional6 noch etwas vereinfachen, indem wir dieGewichte drsin (3.12) mit in die Winkelkoeffizienteneinbeziehenund solche Koeffizien-ten, die die gleichen Radialintegrale betreffen, zusammenfassen (vgl. 3.4.3).Gleichzeitig ordnen wir die Winkelkoeffizienten zur Elektron–Elektron Wech-selwirkung anhand der in 3.4.2 besprochenen Zerlegung in die BasisintegraleWν

µ aus Tabelle 2 neu an. Die Struktur des Energiefunktionals wird von diesenUmordnungen naturlich nicht betroffen; es ist mit diesenAnderungen

E = ∑t

V T(at;bt)Yiat

Ii j Yj

bt

+ ∑t

VW(νt;µt ;at ;bt ;ct ;dt)Yiat

Y jct

Wνµ;i jkl (κa; κb; κc; κd)Yk

btY l

dt:(3.43)

Darin ist die Matrix

I = (Ii j ) =υυυL†; υυυS†

V L cΠΠΠLS

cΠΠΠSL V S 2c2SS

! υυυL

υυυS

!;(3.44)

wobei sich alle Einteilchenmatrizen (2.23–2.26) auf den gleichen Symme-trieblock κat = κbt beziehen. Die Matrizen zur Elektron–Elektron Wechsel-wirkung gehen mit der Transformation (3.41) unmittelbar aus den (vierdimen-sionalen) Integralbereichen (3.18)

Wνµ;i jkl (κa; κc; κb; κd) = υTµ

κa;ii 0υTµ

κc; j j 0wν

µ;i 0 j 0k0l 0 υTµ

κb;k0kυTµ

κd;l 0l(3.45)

hervor. Die Kombination der richtigen SuperskripteTµ kann dabei aus der Ta-belle 2 fur µ = 1; : : : ; 5 unmittelbar abgelesen werden.

3.4.5 ”Drehung“ der Orbitalbasis

Die Idee zur Formulierung und Losung der Matrix SCF Gleichungen laßt sichnun sehr einfach zusammenfassen: Dazu setzten wir zunachst einen bekanntenSatz orthonormaler Elektronenorbitale voraus, wie wir sie bspw. als Losun-gen der (konfigurationsgemittelten) Matrix–Dirac–Fock Gleichungen (2.73)

6Wir behalten hier den Begriff des”Energiefunktionals“ bei, auch wenn es sich strenggenom-

men nur um eine gew¨ohnliche Funktion der KoeffizientenfYL ja ; YS j

a g handelt.

Page 86: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

82 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

oder der Eigenwertgleichungen (2.22) in einem reinen Kernpotential bestim-men konnen. Diesen Elektronenorbitalen werden zur Minimierung der totalenEnergie (3.12) dann nur noch solcheAnderungen erlaubt, die die Funktionenjedes (besetzten) Symmetrieblockesκ untereinander orthogonal transformie-ren. Diese Methode wird in quantenchemischen Rechnungen sehr haufig ver-wendet. In der Atomstruktur fand sie dagegen bisher keine großere Aufmerk-samkeit. Wir wollen deshalb von dieser Methode der

”Drehung der Orbitale“

hier die wichtigsten Grundlagen zusammenfassen. Im Programm GRASP–Bist dieses Verfahren bisher allerdings noch nicht vollstandig umgesetzt wor-den, so daß wir auf weiterfuhrende numerische Details verzichten.

Bevor wir diese Idee auf die Herleitung geeigneter Matrixgleichungen anwen-den, wollen wir das prinzipielle Herangehen bei der Suche eines (lokalen) Mi-nimums zunachst kurz anhand einer 1–dimensionalen Funktionf (y) erlautern.Unsere Vorgehensweise ist dabei aus der Mathematik sehr gut bekannt (New-ton’sches Verfahren). Wir nehmen fur die betrachtete Funktion zunachst an,daß wir irgendwo in der Nahe des Minimums an einer Stelleyo sowohl denFunktionswertf (yo) als auch deren erste Ableitungenf 0(yo); f 00(yo); : : : ken-nen. Wir konnen daher die Funktion umyo herum in einer Taylor–Reihe ent-wickeln

f (y) = f (yo+∆y) = f (yo) + f 0(yo)∆y+ : : :

und naherungsweise mit∆y = τ yo mit Hilfe der (neuen) Funktion

f (2)(τ) = f (yo) + f 0(yo)yo τ + f 00(yo)y2o τ2(3.46)

darstellen, wobei wir hier von der ursprunglichen Funktionf (y) nur die Glie-der bis zur zweiten Ordnung berucksichtigt haben. Das Minimum zu der Nahe-rungsfunktion f (2) folgt nun unmittelbar aus der Forderung

d f (2)

dτ= f 0(yo)yo + 2 f 00(yo)y2

o τ = 0;

deren Losung fur τ uns zu einem verbesserten Startwertyo ! (1 + τ)yo

fuhrt. In dieser Form konvergiert das Verfahren linear, nehmen wir hingegen inder Naherungsfunktion (3.46) auch Glieder hoherer Ordnung mit, so finden wirin der Nahe des Minimums sogar ein verbessertes Konvergenzverhalten. DieseMethode zur iterativen Bestimmung eines Minimums laßt sich nun einfachauch auf den mehrdimensionalen Fallubertragen. Dabei werden wir jedoch nursolcheAnderungen∆y = τyo zulassen, bei denen die Norm und Orthogonalitatder im Verlaufe der Iteration bestimmten

”Ausgangswerte“yo erhalten bleibt.

Die Methode der”Drehung der Orbitale“ wurde von Werner und Meyer (1980)

fur nichtrelativistische Molekulrechnungen ausfuhrlich diskutiert. Wir folgenden grundlegenden Schritten dieser Arbeit, wobei wir die dabei auftretenden

Page 87: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 83:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

orthogonalen Transformationmatrizen jedoch unmittelbar auf die Koeffizien-tenvektoren anwenden. Bei der Variation des Funktionals (3.43) gehen wirzunachst von einem Satz orthogonaler VektorenfYag aus. Geeignete

”Start-

werte“ ergeben sich zum Beispiel als Losungen der Eigenwertgleichung (2.22)im Potential des Kernes oder eines anderen Modellpotentials, die wir fur jedenSymmetrieblockκ getrennt losen. Diese Koeffizientenvektoren entsprechennun dem Wertyo im obigen 1–dimensionalen Fall. Die erlaubtenAnderungendieser Vektoren sollen allerdings aus einer unitaren Transformation

Ya ! UYa (1 + T )Ya = Ya + ∆Ya(3.47)

mit U† U = U U† = 1 hervorgehen. Da wir alle Koeffizientenvektoren reellwahlen (konnen), sind auch die MatrizenU und T reell undU sogar eine Or-thogonalmatrix. Eine solche Beziehung (3.47) gilt unabhangig fur jeden der imAtom (besetzten) Symmetrieblockeκ , d.h.T = T(κ) . Wir werden im weiterennun Gleichungen fur diese MatrizenT(κ) herleiten.

Wir setzen die Transformation (3.47) der Koeffizientenvektoren zunachst indas Energiefunktional (3.43) ein, behalten allerdings nur diejenigen Terme bei,in denen die TransformationsmatrizenT(κ) hochstens quadratisch auftreten.Aus Grunden derUbersichtlichkeit beschranken wir uns in den folgenden Aus-drucken ferner auf den ersten Summanden7 von (3.43); die herzuleitenden For-meln lassen sich jedoch auch einfach auf die Beitrage der Elektron–ElektronWechselwirkung erweitern

E (2)(fYa+∆Yag) = ∑t

VT(at bt) (Yat + T Yat)i Ii j (Ybt + T Ybt)

j

+ ∑t

VW(µt;νt ;at ;bt;ct ;dt) : : :

= E(fYag) + ∑t

VT(at;bt)n

Yiat

Ii j Tjk Ykbt

+ Tik Ykat

Ii j Yj

bt+ Tik Yk

atIi j Tjl Y

lbt

o+ ∑

tVW(µt;νt ;at ;bt;ct ;dt) : : : :(3.48)

Wir konnen diese NaherungsfunktionE (2) zur totalen Energie nun sowohl inAbhangigkeit derAnderungen der Koeffizientenvektoren∆Ya als auch derAnderung der TransformationsmatrizenT(κ) auffassen, wobei wir so wie bis-her den Indexκ zur Kennzeichnung der Symmetrie weglassen. An der Stelleder KoeffizientenvektorenYa haben die beiden Energiefunktionale (3.43) und(3.48) naturlich denselben Wert. In enger Anlehnung an den 1–dimensionalen

7Ohne Einschr¨ankung treten in diesem Summanden dieT Matrizen von vornherein nur qua-dratisch auf.

Page 88: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

84 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Fall suchen wir das Minimum vonE(2) als Funktion der MatrixelementeTik

der Transformationsmatrizen und unter Beachtung der Nebenbedingung, daßdie Matrix U = (1 + T ) orthogonal ist

∂∂Tmn

E (2) εεε (U†U 1)

= 0

fur alle m;n undalle Symmetrienκ :(3.49)

Die Forderung einer orthogonalen Transformation gewahrleisten wir in (3.49)mit Hilfe der Lagrange–Multiplikatorenεεε = (εi j ) = (ε ji ), wobei deren Sym-metrie εεε = εεε† unmittelbar aus der Orthogonalitat von U folgt. Allerdingswerden wir diese Lagrange–Multiplikatoren in einem spateren Schritt wiedereliminieren. Gleichung (3.49) kann schließlich auf die einfache Form (Wernerund Meyer 1980)

B(κ) 2(1 + T(κ) ) εεε(κ) = 0(3.50)

mit

(B(κ);mn) = ∑t

VT(at;bt) δκa κ

nYi

atIimYn

bt+ Yn

atIm jY

jbt+

+Ynat

Im j T(κ); jl Ylbt+ T(κ);ikYk

atIimYn

bt

o+ ∑

t

VW(µt;νt ;at ;bt ;ct ;dt) : : :(3.51)

gebracht werden. Eine solche Gleichung gilt fur jeden Symmetrieblockκ ,wobei die verschiedenen Einteilchensymmetrien besonders bei der Ableitung

der Zweielektronenbeitragen

Wνµ;i jkl (κa;κc;κb;κd)

zu beachten sind. Durch

Multiplikation mit U†(κ) folgt aus (3.50) schließlich

U†(κ)B(κ) B†

(κ)U(κ) = 0

bzw.

B(κ) B†(κ) + T†

(κ)B(κ) B†(κ)T (κ) = 0 fur alle κ :(3.52)

Dies sind die gesuchtenMatrix–Dirac–Fock(–Breit) Gleichungen fur offen-schalige Atome, dieahnlich zu (2.73) iterativ gelost werden mussen. Allerdingssind die MatrizenB(κ) = B(κ) (fT(κ 0)g) selbst von den Transformationsmatri-zenaller besetzten Symmetrieblocke abhangig, so daß die obigen Matrixglei-chungen letztlich quadratisch in denT (κ) sind. Die Losungen dieser Gleichun-gen fuhren mit (3.47) zu einemneuenSatz fYag von Koeffizientenvektorensowie zu einer (modifizierten) NaherungsfunktionE! E(2) , die in der Nahedes gesuchten Minimums besser mit (3.43)ubereinstimmt. An dem (lokalen)Minimum der Energiehyperflache selbst gilt schließlichT (κ) = 0 fur alle κals eine notwendige und gleichzeitig hinreichende Bedingung fur die Losungdes SCF Feldes.

Page 89: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 85:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Wir wollen hier die numerischen Verfahren zur Losung der gekoppelten, qua-dratischen Matrixgleichungen (3.52) nicht weiter besprechen. Eine ausfuhrli-chere Diskussion geben Werner und Meyer (1980). Die einfachsten Losungs-methoden verwenden eine linearisierte Form von (3.52) bzw. das (statische)Gauß–Seidel Verfahren, bei dem die Matrix der zweiten Ableitungen vonE (2)

nach den TransformationsmatrizenTmn allerdings positiv–definit sein muß.Modifizierte Verfahren konnen den Konvergenzradius fur eine Losung der Ma-trixgleichungen dagegen vergroßern und auch solche StartwertefYag zur Kon-vergenz fuhren, die sich in der Nahe eines Sattelpunktes der Energiehyper-flache (3.43) befinden. Die Gleichungen (3.52) und numerische Verfahren zurihrer Losung wurden in GRASP–B bisher jedoch noch nicht (vollstandig) im-plementiert und getestet.

Nicht alle ElementeTmn der Transformationsmatrizen sind bei der Variationwirklich unabhangige Parameter. Dies fuhrt zu einer Redundanz, die streng-genommen der wahlfreien Transformation derunbesetztenElektronenorbitaleuntereinander zuzuordnen ist. Orthogonale Transformationen im unbesetztenEinteilchenspektrum fuhren naturlich zu keinerAnderung der totalen Ener-gie (3.43). Diese Redundanzen mussen jedoch beachtet werden, um Konver-genzschwierigkeiten wahrend der iterativen Losung der Matrixgleichungen zuvermeiden; sie konnen (teilweise) recht einfach abgelesen werden, wenn dieGleichung (3.52) fur T (κ) 0

∂ E (2)

∂Tmn

T=0

=

B(κ) B†(κ)

mn; T=0

betrachtet wird. Diejenigen Ableitungen, die auch entfernt vom Minimum sehrklein sind bzw. verschwinden, weisen darauf hin, daß die zugehorigen Matrix-elementeTmn bei der Tranformation der Koeffizientenvektoren unnotig sindund (willkurlich) auf Null gesetzt werden konnen.

3.4.6 Implementierung und erste Ergebnisse

Wir stellen nun ein Programmkonzept zur Losung der MCDF Matrixgleichun-gen (2.73) und (3.52) vor, das wahrend meiner Arbeit in Oxford (1992/93)entstand. Dabei lag die Aufmerksamkeit vor allem in der Entwicklung einerflexiblen und anwenderfreundlichen Programmumgebung. Aufgrund des rechthohen Entwicklungsaufwandes solcher Programme sind gezielte methodischeUntersuchungen oftmals nur dann sinnvoll, wenn sich diese Programment-wicklungen spater systematisch ausbauen lassen.

Dem gegenwartigen Entwurf liegt die Version GRASP–2 (Parpia und Grant1990) des im Abschnitt 3.3 besprochenen Strukturcodes zugrunde. In den vor-hergehenden Abschnitten bezeichneten wir das daraus hervorgegangene Ar-beitsprogramm deshalb als GRASP–B (mit

”Basissatzen“). Die Zugrundele-

Page 90: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

86 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

gung von GRASP gestattet, wichtige Programmteile, die vor allem zur Be-schreibung der Elektronenhulle und zur Klassifizierung der Konfigurations-zustande dienen, mit nur geringenAnderungen zuubernehmen. Dieser Vorteilbetrifft schließlich (zumindest teilweise) sogar die Berechnung der Winkel-koeffizienten, wobei die in 3.4.3 erwahnte Verknupfung dieser Koeffizientenzur Coulomb– und Breitwechselwirkung im Programm ANCO implementiertwurde. Neu erarbeitet wurden in GRASP–B dagegen alle Programmteile, diemit der Radialdarstellung der Dirac–Orbitale und der Losung der Matrixglei-chungen verbunden sind. Diese Programmentwicklung ist bisher allerdingsnicht abgeschlossen; sie soll in Zusammenarbeit mit Studenten in den kom-menden Jahren fortgesetzt werden. Wir wollen die verschiedenen programm-technischen Aufgaben bei einer solchen Entwicklung hier nicht im Detail be-sprechen, sondern nur die wesentlichen Schritte nochmals kurz zusammenfas-sen.

Schritte zur Implementierung eines algebraischen MCDF Programmes

1. Eine erste Voraussetzung ist die Beschreibung dergesuchtenatomaren Zu-stande, d.h. der Elektronenhulle des Atoms und des erlaubten Variationsrau-mes. Der zur Variation zugelassene Funktionenraum wird dabei insbesonderedurch die Besetzungs– sowie die Quantenzahlen der einzelnen Konfigurations-zustande (vgl. 3.2) und durch die konkrete Wahl des Energiefunktionals (3.12)eindeutig festgelegt. Die fur diese Aufgabe bereits in GRASP enthaltenen Un-terprogramme zur Eingabe der Daten und zur Klassifizierung der CSF konnenweitgehend unverandert nach GRASP–Bubernommen werden.

2. Berechnung der Winkelkoeffizienten und aller zugehorigen Integralbereichezur Elektron–Elektron Wechselwirkung. Zur Realisierung dieser Aufgabe soll-te dabei fur offenschalige Atome eine geeignete Aufspaltung der Einzelbei-trage der Hamiltonmatrix (3.13) verwendet werden, wie wir sie in 3.4.2 und3.4.3 besprachen. Diese Aufspaltung wurde in GRASP–B neu implemen-tiert. Besondere Aufmerksamkeit kommt daruberhinaus einer effektiven Be-rechnung und Speicherung der (vierdimensionalen) Integralbereiche zu. Die-ser Schwierigkeit wird in GRASP–B dadurch Rechnung getragen, daß einebestimmte, (in der Eingabe wahlweise festzulegende) maximale Anzahl die-ser Matrizeneinmalig vor Beginnder eigentlichen SCF Iteration berechnetund in einer direkt–adressierbaren Datei zwischengespeichert wird. Diese Ma-trizen konnen spater bei Bedarf jeweils neu eingelesen und verarbeitet wer-den; alleubrigen, in den Einteilchensymmetrien verschiedenen Integralberei-che, die aufgrund fehlenden Speicherplatzes nicht zwischengespeichert werdenkonnen, sind bei ihrem Aufruf andererseits jeweils neu zu berechnen.

3. Bestimmung geeigneter Startkoeffizienten fur die besetzten ElektronenorbitalefYL j

a ;YS ja g und fur die Mischungskoeffizientenfcr(α)g im Energiefunktional

(3.12). Die Wahl der”Startorbitale“ entscheidetuber die Anzahl der spater

Page 91: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 87:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

notwendigen SCF Iterationen. Diese Startwerte werden vor der Iteration derMatrixgleichungen (3.52) sinnvollerweise in zwei Einzelschritten erzeugt: (a)Als Losungen der Einteilchengleichungen (2.22) in einem reinen Kernpoten-tial (BARE NUCLEUS APPROXIMATION) und (b) als Losungen derkonfigura-tionsgemitteltenMatrix Dirac–Fock Gleichungen (2.73); vgl. Punkt (4–a). Imletzteren Fall folgen die entsprechenden Einelektronengleichungen aus einerstatistischen Wichtung der Elektronenorbitale bzw. aus einer Mittelunguberderen magnetische Quantenzahlen.

4. Variation des Energiefunktionals und Losung der entsprechenden Matrixglei-chungen. Dabei konnen im SCF Prozeß zwei wesentliche Stufen unterschiedenwerden.

(a) Losung der Matrix–Dirac–Fock(–Breit) Gleichungen (2.73) fur einen ge-schlossenschaligen Core. Im Konfigurationsmittel gilt eine weitgehendanaloge Form auch fur offenschalige Atome. Die seperate Berechnungder Einteilchenorbitale in dieser Naherung erscheint vorteilhaft, da das sobestimmte Dirac–Spektrum bereits als Grundlage fur storungstheoretischeUntersuchungen verwendet werden kann. Diese Alternative gewinnt auchan Bedeutung, wenn bei mehreren offenen Schalen Konvergenzschwierig-keiten im nachfolgenden Schritt (4–b) auftreten. Allerdings wird das ei-gentliche Potential der MCDF Methode mit dieser Naherung keineswegsausgeschopft. In GRASP–B wurde bisher nur diese Naherung implemen-tiert.

(b) Die vollstandige Umsetzung der MCDF Methode erfordert andererseitsdie Losung der gekoppelten, nichtlinearen Matrixgleichungen fur die

”Drehmatrizen“T TT

κ in (3.52). Zur Losung dieser Gleichungen kann bei-spielsweise das Gauß–Seidel Verfahren angewandt werden, wofur einigenumerische Bibliotheken Unterprogramme anbieten. Bisher wurden dieseGleichungen zwar weitgehend implementiert, ihre Losung und die SCFIteration aber noch nicht in GRASP–B umgesetzt. Eine effiziente Berech-nung der Drehmatrizen ist besonders bei offenschaligen Atomen dringenderforderlich, da die Anzahl der einzelnen Potentialbeitrage mit der Dimen-sion der CSF Basis in (3.1) drastisch zunimmt.

5. Aufstellung und Diagonalisierung der Hamiltonmatrix. Dies liefert die Dar-stellungfcr(α)g der gesuchten atomaren Zustande in der CSF Basis. WahrendGRASP–2 hierfur noch die vollstandige Matrix diagonalisiert, werden in derjungeren Version GRASP–92 nur noch die erforderlichen Zustande mittels desDavidson–Algorithmus’ (Davidson 1989) bestimmt.

Die selbstkonsistente Losung eines atomaren Zustandes erfordert die Iterationder Schritte (4–b) und (5). Im Falle der AL/EAL–Funktionale dagegen werdenauch diese beide Schritte nur jeweils einmal durchlaufen. Ein algebraischesMCDF Programm unterscheidet sich von den etablierten Strukturprogrammenim wesentlichen nur in der Form der SCF Gleichungen; wir werden deshalb

Page 92: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

88 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

hier nicht naher darauf eingehen. Bei der Entwicklung von GRASP–B wurdenbisher die zu den Punkten (1–4a) gehorigen Programmteile implementiert undgetestet. Die verbleibenden Schritte sollen in den kommenden Jahren gemein-sam mit einem Doktoranden realisiert werden. Alle Programmentwicklungenwurde bisher allein auf skalaren Rechnern durchgefuhrt. Viele der verwende-ten Algorithmen sind jedoch einfach zu vektorisieren und somit auch effektivfur umfangreichere Rechnungen einzusetzen.

In GRASP–B konnen alle Ein– und Zweielektronenmatrizen sowohl in ei-ner Slater–Basis (S–Spinoren) als auch einer Gauß–Basis (G–Spinoren) be-rechnet werden. Beide Spinorbasen sind von verschiedenen Gruppen auf ge-schlossenschalige sowie auf die Grundzustande (einiger) offenschaliger Ato-me, allerdings ohne Multikonfigurationsansatz, angewandt worden. Basissatzemit verschiedener Globalstruktur erlauben oftmals einen guten Einblick in dieVollstandigkeit der Basis. Wir diskutieren das Potential und die Flexibilitat derverschiedenen Basissatze anhand einiger aus der Literatur bekannter Beispieleim nachsten Abschnitt.

Unser hauptsachliches Ziel zu GRASP–B ist die Entwicklung eines breit an-wendbaren und auch robusten Atomstrukturprogramms auf der Grundlageatomarer Basissatze — so, wie es mit GRASP seit langerem zur Verfugungsteht. Einige recht naheliegende Anwendungen einer solchen Entwicklung zuGRASP–B werden wir abschließend in Abschnitt 3.4.8 aufzahlen. Zunachststellen wir hier jedoch einige Testergebnisse vor und vergleichen diese mitverfugbaren Werten aus der Literatur.

Dirac–Fock Grundzustandsenergien und Orbitaleigenschaften

Tabelle 3 zeigt die mit Slater–Funktionen (S–Spinoren) berechneten totalenDirac–Fock Energien fur den Grundzustand von Argon in Abhangigkeit vonder Dimension der Basis. Wir vergleichen darin die Werte aus GRASP–B mitdenen von Quineyet al(1989a), die in ihrer Basis jedoch auch zusatzliche Kor-rekturenO

1c2

einschlossen. Diese relativistischen Korrekturterme erklaren

die (kleine) Differenz in den auskonvergierten Werten. Sie sind fur leichtereAtome allerdings von geringer Bedeutung, da sie vorwiegendadditiv in dietotalen Energien einfließen. Die von Quineyet al in der Literatur angegebe-nen Daten wurden alle mit dem Programm SWIRLES berechnet, das allein furSlater–Funktionen konzipiert wurde. Zum Vergleich zeigen wir in dieser undden folgenden Tabellen jeweils auch die mit dem verfugbaren GRASP–Code(Parpiaet al 1996 bzw. mit fruheren Versionen dieses Programmes) berechne-ten Werte, die in der Literatur mitunter als numerischexaktzitiert werden. Beider Wahl geeigneter Basisparameter und unter Berucksichtung relativistischerKorrekturterme in der Basis wird bereits mit wenigen Basisfunktionen oftmalseine sehr gute Konvergenz 1µHartree erreicht. Dabei wahlten Quineyet al

Page 93: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 89:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

die BasisparameterαN und βN empirisch so, daß fur N ! ∞ die beidenBedingungen (2.72) erfullt werden.

Tab. 3: Matrix–Dirac–Fock Grundzustandsenergien f¨ur Argon in Abhangigkeit von der Dimen-sion N der Spinorbasis. Zur Berechnung wurden temperierte S–Spinoren (2.66) und(2.67) verwendet, deren Exponenten die Basisparameterα und β zugrundeliegen.

Energie (in Hartree)

N α β SWIRLESa GRASP–B

9 0.500 1.550 -528.643 94810 0.484 1.516 -528.683 364 -528.683 34111 0.470 1.486 -528.684 31112 0.458 1.462 -528.684 289 -528.684 26513 0.447 1.440 -528.684 43014 0.437 1.421 -528.684 43215 0.429 1.404 -528.684 449 -528.684 43116 0.421 1.389 -528.684 450 -528.684 43417 0.413 1.376 -528.684 451 -528.684 435

GRASP -528.684 450

a Die Basisparameter und die mit SWIRLES berechneten Wertewurden der Arbeit von Quineyet al (1989a) entnommen.

Wahrend der Iteration der Matrix–Dirac–Fock Gleichungen mussen die totalenEnergien, wie wir es in Kapitel 2 bereits ansprachen, nicht notwendigerweisestreng von oben gegen die DF Energie konvergieren. Dies beweisen die Wer-te von Quineyet al (1989a) in der Tabelle 4. Zu tiefe totale Energien werdendabei durch Beimischungen aus dem negativen Kontinuum (bzgl. dem selbst-konsistenten Dirac–Fock Potential) verursacht, die erst im Verlaufe des SCFProzesses aus der Darstellung der im positiven Zweig gebundenen Elektro-nenzustande herausfallen. Allerdings werden diese Beimischungen aus dem

”Dirac–See“ (aufgrund der großen Energiedifferenz) gewohnlich weit schnel-

ler eleminiert als etwaige Anregungen ins positive Spektrum, so daß die totalenEnergien im fortgeschrittenen Verlaufe der Iteration monoton von oben konver-gieren. Dies laßt sich dann mit (nichtrelativistischen) Hartree–Fock Rechnun-gen vergleichen, wo jede Abweichung von der exakten HF Losung grundsatz-lich zu einer hoheren Energie fuhrt.

In den Matrix–Dirac–Fock Rechnungen stimmen nicht allein die totalen Ener-gien hervorragend mit den numerisch bestimmtenuberein, sondern auch dieEnergien und Erwartungswerte der einzelnen Elektronenorbitale, die in Tabel-le 5 aufgefuhrt sind.

Page 94: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

90 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Tab. 4: Folge der Dirac–Fock Grundzustandsenergien f¨ur Argon im Verlaufe der ersten 10 Itera-tionsschritte (aus Quineyet al, 1989a; Tabelle 2). In dieser Rechnung mit dem ProgrammSWIRLES wurdenN = 15 relativistisch korregierte S–Spinoren mit den in Tabelle 3angegebenen Basisparametern verwendet, wobei die Iteration mit einem reinen Kernpo-tential fur die Dirac–Orbitale beginnt.

Iterationsschritt Energie (in Hartree)

1 -598.077 5632 -543.663 5183 -524.411 7454 -528.429 8075 -528.645 6996 -528.676 6157 -528.682 7288 -528.684 0459 -528.684 34910 -528.684 423

GRASP -528.684 450

Zur besseren Beurteilung der Matrix–Dirac–Fock Methode wollen wir im fol-genden Abschnitt nun noch einige Beispiele aus der Literatur diskutieren. Die-se Beispiele konnen mit der gegenwartigen Version von GRASP–B bislangnur teilweise bestatigt werden. Insbesondere wurden mit GRASP–B aufgrundder benotigten Rechenzeiten bislang keine schwereren Atome untersucht. Diefolgenden Beispiele sind daher auch fur die weitere Programmentwicklung un-seres algebraischen MCDF Programmes von Interesse.

3.4.7 Beispiele algebraischer SCF Losungen. Konvergenzverhalten

Neben dem Programm SWIRLES der Oxforder Arbeitsgruppe, dem Slater–Funktionen zugrundeliegen, sind aus der Literatur zwei weitere Matrix–Dirac–Fock(–Breit) Programme (Ishikawaet al 1990; Parpiaet al 1992) mit globa-len Basisfunktionen bekannt. Beide Programme verwenden Gauß–Funktionen(2.68–2.69) mit strenger kinetischer Balance8. Diese G–Spinoren haben (imVergleich zu S–Spinoren) den Vorteil, daß auch eine etwas großere Dimensionder Basis zu keiner (nennenswerten) linearen Abhangigkeit der Basisspinorenfuhrt. Bei S–Spinoren tritt diese Schwierigkeit oftmals bereits bei einer mitt-leren AnzahlN 30 : : : 50 auf. Allgemein setzt die Verwendung von G–Spinoren jedoch oftmals eine großere Basis voraus, insbesondere, wenn Ato-

8Das von Parpiaet al (1992) entwickelte Matrix Dirac–Fock–Breit Programm wird in derLiteratur (und in den Tabellen 6 und 7) gew¨ohnlich mit GDFB abgek¨urzt.

Page 95: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 91:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Tab. 5: Vergleich der Erwartungswerterk

(in atomaren Einheiten). Den in SWIRLES mitrelativistisch korregierten Slater–Funktionen berechneten Werten liegt die gleiche Spi-norbasis wie in Tabelle 4 zugrunde. Diese Tabelle wurde von Quineyet al (1989a)uber-nommen.

Orbital Programmr1

hrir2

1s SWIRLES 1.770 2703(+1) 8.562 4368(-2) 9.863 2408(-2)GRASP 1.770 2703(+1) 8.562 4368(-2) 9.863 2404(-2)

2s SWIRLES 3.588 9604 4.099 5689(-1) 1.991 1171(-1)GRASP 3.588 9603 4.099 5686(-1) 1.991 1158(-1)

3s SWIRLES 9.679 1574(-1) 1.416 1573 2.331 1066GRASP 9.679 1579(-1) 1.416 1572 2.331 1063

2p1=2 SWIRLES 3.480 1127 3.730 5374(-1) 1.724 2852(-1)GRASP 3.480 1127 3.730 5375(-1) 1.724 2851(-1)

3p1=2 SWIRLES 8.188 2804(-1) 1.655 6322 3.282 1863GRASP 8.188 2802(-1) 1.655 6322 3.282 1885

2p3=2 SWIRLES 3.451 4965 3.753 3805(-1) 1.744 0375(-1)GRASP 3.451 4965 3.753 3805(-1) 1.744 0372(-1)

3p3=2 SWIRLES 8.133 3205(-1) 1.655 3948 3.321 6177GRASP 8.133 3205(-1) 1.655 3947 3.321 6172

me mit einem punktformig modellierten Kern zu berechnen sind. Da bei denGauß–Funktionen (2.68) und (2.69) nur ganzzahlige Potenzen vonr vorkom-men, sind diese zur Darstellung des (relativistischen)CUSP rγ in einem reinenCoulombpotential fur r ! 0 nur wenig geeignet.

Tabelle 6 zeigt die von Mohantyet al (1991) mit dem Programm GDFB be-rechnete Konvergenz der Dirac–Fock Grundzustandsenergie fur Xenon, wenndie Dimension der Gauß–Basis systematisch vergroßert wird. In dieser Tabellewerden in Spalte 3 und 4 die DF Energien fur einen homogen ausgedehntenund einen punktformigen Kern miteinander verglichen. Wichtig ist vor allemdie Flexibilitat der Basis zur Darstellung der inneren Elektronen. Wir wir er-warten, konvergieren die Dirac–Fock Energien besonders gut fur einen ausge-dehnten Kern. Dagegen kann fur einen Punktkern selbst im Falle einer deutlichgroßeren Basis mit G–Spinoren keine wesentlich verbesserte Konvergenz er-zielt werden.

Erste Matrix–Dirac–Fock–Breit Rechnungen wurden von Quineyet al (1987a,b) fur Helium– und Beryllium–ahnliche Ionen durchgefuhrt. NennenswerteUnterschiede zur Breitwechselwirkung, falls diese nicht nur storungstheore-tisch, sondern unmittelbar in die Variation des SCF Potentials einbezogen wird,

Page 96: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

92 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Tab. 6: Konvergenz der Dirac–Fock Grundzustandsenergien in Xenon in Abh¨angigkeit von derZahl der Basisfunktionen (aus Mohantyet al 1991). Diese Rechnung wurde mit tem-perierten G–Spinoren und den Basisparameternα =0.014 3013 undβ =1.977 8445durchgefuhrt. Dabei wurde schrittweise die Dimension der Basis ders1=2 und p1=2

Dirac–Orbitale vergr¨oßert. Die Zahl der Basisspinoren f¨ur alleubrigen (besetzten) Sym-metrieblocke blieb dagegen konstant:Np3=2 = 26, Nd3=2

= 20 und Nd5=2= 20. Der

Radius des ausgedehnten Kernes istRnuc = 2:2677105 A1=3.

hHDCiNs3=2 Np1=2 Endlicher Kern Punktkern

28 26 7446.852 770 7447.066 01431 26 7446.897 507 7447.142 33633 26 7446.897 690 7447.151 98133 28 7446.899 177 7447.153 55533 30 7446.899 510 7447.153 97534 30 7446.899 511 7447.155 75935 30 7446.899 512 7447.156 71135 31 7446.899 548 7447.156 78735 32 7446.899 556 7447.156 82735 33 7446.899 557 7447.156 848

GRASP–2 7446.900 18 7446.158 56

ergeben sich dabei fur alle schwereren Ionen mitZ > 50. Typische Differen-zen betragen von 109 Hartree fur Atome mit kleinemZ bis zu etwa 103

Hartree fur sehr schwere Kerne. Ganz allgemein wird bei der Iteration dieserMatrixgleichungen jedoch nur der frequenzunabhangige Anteil berucksichtigt.

Ein ausfuhrlicher Vergleich der totalen Dirac–Fock und Dirac–Fock–BreitGrundzustandsenergien fur verschiedene Elemente wurde vom Parpiaet al(1992) mit Gaußfunktionen und einem ausgedehnten Kernmodell durch-gefuhrt. Wir zeigen einen Auszug aus diesen Ergebnissen in Tabelle 7. Darinsind die Werte aus den beiden Programmen GDFB (G–Spinoren) und GRASP–2 (finite–Differenzen) nebeneinandergestellt. Zusatzlich geben wir die Diffe-renzen∆ = hHDCBi hHDCi hHBi zur Breitwechselwirkung an, die infolgeder Variation vonHDCB auftreten und storungstheoretisch erst in einer hoherenOrdnung vorkommen.

Page 97: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4.A

lgebraischeF

ormulierung

derS

CF

Gleichungen

93:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Tab.7:Vergleich

dertotalen

Dirac–F

ockhHD

Ci

undD

irac–Fock–B

reithHD

CBi

Energien

furverschiedene

Atom

edes

Periodensystem

s(aus

Parpiaet

al1992).

Es

werden

diem

itG

–Spinoren

berechnetenW

erteaus

demP

rogramm

GD

FB

mit

dennum

erischenaus

GR

AS

P–2

verglichen. hHBi

bezeichnetdenm

itDirac–F

ockW

ellenfunktionenberechne-

tenE

rwartungsw

ertzurBreitw

echselwirkung

(2.37);∆=hH

DC

BihH

DCihH

Bi.M

itA

usnahme

derletzten

beidenE

lemente

wurden

f¨ur

alleR

echnungendie

Basisparam

eteraus

Chakravortye

tal(1989)verw

endet.F¨

urweitere

Einzelheiten

sieheText;E

nergienin

Hartree;die

Werte

inden

Klam

mern

kennzeichnendie

Zehnerpotenzen:

a(b)

=a

10b.

GRASP–2 (FDM) GDFB (G–Spinoren)

Massenzahl hHDCi hHBi hHDCi hHBi hHDCBi ∆

Be 9 -1.457 5892(+1) 7.024 9027(–4) -1.457 5891(+1) 7.024 9027(–4) -1.457 5189(+1) -4.903(–7)Mg 24 -1.999 3508(+2) 3.183 3564(–2) -1.999 3506(+2) 3.183 3554(–2) -1.999 0323(+2) -3.554(–6)Ca 40 -6.797 1031(+2) 1.910 6167(–1) -6.797 1022(+2) 1.910 6158(–1) -6.795 1922(+2) -6.158(–5)Sr 88 -3.178 0821(+3) 1.719 7222 -3.178 0820(+3) 1.719 7223 -3.176 3634(+3) -1.122(–3)Ba 138 -8.135 6540(+3) 6.551 9474 -8.135 6438(+3) 6.551 9220 -8.129 0983(+3) -6.422(–3)Ra 226 -2.502 8063(+4) 3.195 7227(+1) -2.502 8061(+4) 3.195 7237(+1) -2.499 6153(+4) -4.924(–2)

Zn 64 -1.794 6138(+3) 7.614 5780(–1) -1.794 6134(+3) 7.614 5728(–1) -1.793 8524(+3) -4.573(–4)Cd 114 -5.593 3242(+3) 3.842 1649 -5.593 3228(+3) 3.842 1651 -5.589 4849(+3) -4.265(–3)Hg 202 -1.964 8880(+4) 2.266 4992(+1) -1.964 8872(+4) 2.266 4976(+1) -1.962 6239(+4) -3.198(–2)

He 4 -2.861 8133 6.377 7443(–5) -2.861 8133 6.377 7439(–5) -2.861 7495 -2.256(–8)Ne 20 -1.286 9194(+2) 1.664 3639(–2) -1.286 9193(+2) 1.664 3637(–2) -1.286 7529(+2) -3.637(–6)Ar 40 -5.286 8386(+2) 1.323 6472(–1) -5.286 8379(+2) 1.323 6468(–1) -5.285 5147(+2) -4.468(–5)Kr 84 -2.788 8623(+3) 1.426 8063 -2.788 8622(+3) 1.426 8064 -2.787 4362(+3) -8.064(–4)Xe 132 -7.446 9035(+3) 5.775 3381 -7.446 9032(+3) 5.775 3388 -7.441 1333(+3) -5.439(–3)Rn 222 -2.360 2015(+4) 2.939 6798(+1) -2.360 2012(+4) 2.939 6806(+1) -2.357 2660(+4) -4.481(–2)

Yb 174 -1.406 7689(+4) 1.414 8337(+1) -1.406 7664(+4) 1.414 8256(+1) -1.405 3534(+4) -1.826(–2)

No 259 -3.674 0389(+4) 5.524 6267(+1) -3.674 0384(+4) 5.524 6297(+1) -3.668 5237(+4) -9.930(–2)

Page 98: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

94 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Mit Ausnahme von Barium und Ytterbium stimmen die aus den beiden Pro-grammen GRASP–2 und GDFB berechneten Werte in allen Fallen mit einerrelativen Genauigkeit 5 108 uberein. Diesselben relativen Abweichungenkonnen auch den totalen Dirac–Fock–Breit EnergienhHDCBi zugrundegelegtwerden, selbst dann, wenn die BreitkorrekturenhHBi, die storungstheoretischmit den Dirac–Fock Wellenfunktionen bestimmt wurden, in den Spalten 4 und6 etwas schlechterubereinstimmen. Dies beeinflußt jedoch nicht die Interpre-tation der in der letzten Spalte angegebenen Differenz∆.

Tab. 8: Vergleich der Einteilchenenergien aus Dirac–Fock (DF) und Dirac–Fock–Breit (DFB)Rechnungen f¨ur Quecksilber202

80 Hg (aus Parpiaet al 1992). Fur Einzelheiten siehe Ta-belle 7.

DF DFB

GRASP–2 GDFB GDFB

ε1s1=2 -3.074 2345(+3) -3.074 2322(+3) -3.063 2688(+3)ε2s1=2 -5.502 5212(+2) -5.502 5187(+2) -5.490 2238(+2)ε3s1=2 -1.331 1330(+2) -1.331 1329(+2) -1.328 8577(+2)ε4s1=2 -3.064 8312(+1) -3.064 8285(+1) -3.060 1630(+1)ε5s1=2

-5.103 0535 -5.103 0494 -5.096 0218ε6s1=2

-3.280 3462(–1) -3.280 3508(–1) -3.275 7799(–1)

ε2p1=2 -5.268 5461(+2) -5.268 5471(+2) -5.247 8744(+2)ε3p1=2

-1.226 3884(+2) -1.226 3891(+2) -1.222 4558(+2)ε4p1=2 -2.612 4038(+1) -2.612 4045(+1) -2.604 0673(+1)ε5p1=2

-3.537 8823 -3.537 8827 -3.525 7567

ε2p3=2-4.551 5651(+2) -4.551 5662(+2) -4.538 5177(+2)

ε3p3=2 -1.065 4506(+2) -1.065 4513(+2) -1.063 1045(+2)ε4p3=2 -2.218 8546(+1) -2.218 8546(+1) -2.214 4954(+1)ε5p3=2

-2.841 9494 -2.841 9475 -2.837 1219

ε3d3=2-8.943 6766(+1) -8.943 6861(+1) -8.926 6037(+1)

ε4d3=2-1.479 6711(+1) -1.479 6728(+1) -1.477 3752(+1)

ε5d3=2-6.500 6563(–1) -6.500 6442(–1) -6.498 2409(–1)

ε3d5=2-8.602 0075(+1) -8.602 0171(+1) -8.591 0297(+1)

ε4d5=2-1.405 2551(+1) -1.405 2567(+1) -1.404 3006(+1)

ε5d5=2-5.746 4876(–1) -5.746 4758(–1) -5.757 3887(–1)

ε4 f5=2-4.472 9115 -4.472 9572 -4.478 7654

ε4 f7=2 -4.311 7106 -4.311 7554 -4.323 2381

hHDCi -1.964 8880(+4) -1.964 8872(+4)hHDCBi -1.962 6239(+4)

Page 99: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 95:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

G–Spinoren fuhren fur die totalen Energien stets zu oberen Schranken. Dieszeigt eine ausfuhrliche Tabelle bei Mohantyet al (1991, Tabelle IV), die dieDirac–Fock Energien aus GRASP und GDFB fur alle Elemente 2 Z 86miteinander vergleicht. Diese Rechnungen bestatigen ferner, daß temperierteGauß–Funktionen fur praktisch alle Elemente Ergebnisse liefern, die sehr gutmit den finiten–Differenzen Wertenubereinstimmen. Dies betrifft nicht alleindie totalen und Einelektronenenergien, sondern erneut auch die Erwartungs-werte

rk; k=1;1;2 der Elektronenorbitale. Tabelle 8 vergleicht dazu die

Einteilchenenergien aus Dirac–Fock (DF) und Dirac–Fock–Breit (DFB) Rech-nungen fur Quecksilber202

80 Hg. Der Einfluß der in der Iteration mitgenomme-nen Breitwechselwirkung auf die Einteilchenenergien ist darin deutlich zu er-kennen.

Wir zahlen nun abschließend noch einige Fakten und Schlußfolgerungen zurVerwendung atomarer Basissatze auf, die sich anhand der hier vorgestelltenBeispiele sowie weitergehender Untersuchungen ziehen lassen (vgl. Mohantyet al 1991).

1. Fur alle Atome des Periodensystems sind heute Basissatze bekannt, mit denendie totalen Energien auf wenige mHartree genau berechnet werden konnen.

2. Die mit G–Spinoren berechneten totalen Dirac–Fock Energien liegen (bisher)stets oberhalb derjenigen Werte, die mit finiten–Differenzen Verfahren be-stimmt wurden.

3. Mohantyet al geben fur alle Atome 72 Z 86 eineuniverselleGaußbasisan, mit der die totalen Energien ebenfalls nur mHartree von den GRASP Wer-ten abweicht. Mit einer anderenuniversellenBasis, die von Malliet al (1993)entwickelt wurde, lassen sich recht genaue Dirac–Fock Energien von Helium(Z = 2) bis Nobelium(Z = 102) berechnen. Deren Genauigkeit wurde bisherallerdings nur fur ausgewahlte Elemente getestet.

4. Außer den totalen Energien werden auch die Erwartungswerte der Elektronen-orbitale im Vergleich mit FDM Rechnungen sehr gut reproduziert.

5. Andere atomare Eigenschaften (Oszillatorstarken, Lebensdauern,: : : ) wurdenbisher allerdings noch nicht mit algebraischen Dirac–Fock(–Breit) Wellen-funktionen berechnet und eingehender analysiert.

3.4.8 Zusammenfassung und Urteil

Fur geschlossenschalige Atome wurde bereits vor etwa 10 Jahren gezeigt, daßdie Breitterme (2.36) ein integraler Bestandteil der relativistischen Wechsel-wirkung der Elektronen sind und ohne Schwierigkeiten in die Variation dertotalen Energie einbezogen werden konnen. Dies geschieht in engerUberein-kunft mit der QED, aus der der Dirac–Coulomb–Breit Hamiltonoperator (2.52)als ein naheliegender Startpunkt einer relativistischen Vielelektronentheorie

Page 100: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

96 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

hergeleitet werden kann. Viele der aus der nichtrelativistischen Theorie be-kannten Verfahren konnen daher vollig analog auch in relativistischen Struk-turrechnungen eingesetzt werden. Fur Atome mit geschlossener Schalenstruk-tur diskutierten wir die Dirac–Fock(–Breit) Gleichungen im Kapitel 2.

Denselben Variationsansatz auf der Grundlage vonHDCB haben wir in die-sem Abschnitt nun auch auf offenschalige Atome angewandt. Offene Scha-len fuhren nicht nur auf eine veranderte Form der Matrix–Dirac–Fock(–Breit)Gleichungen, sondern beeinflussen zudem auch die Aufspaltung der Winkel-koeffizienten und die Zerlegung der Integrale zur Elektron–Elektron Wechsel-wirkung. Dabei ist die hier vorgestellte Formulierung fur praktisch beliebig of-fene Schalenstrukturen gultig. Unsere Analyse zeigt, daß durch eine geeigneteZerlegung der Einzelbeitrage zumindest die frequenzunabhangige Breitwech-selwirkung ohne zu großen Mehraufwand in der SCF Iteration berucksichtigtwerden kann. Die selbstkonsistente Verteilung der Elektronen enthalt somitbereits physikalische Effekte, die storungstheoretisch ansonsten erst in einerhoheren Ordnung hinzutreten. Gleichzeitig erlaubt das erhaltene,vollstandigeEinteilchenspektrum die engere Verknupfung des Multikonfigurationsansatzesmit den Methoden der Vielteilchenstorungstheorie.

Die (teilweise) besetzten Elektronenzustande, die bei der Konstruktion derCSF in (3.1) verwendet werden, gehoren alle zum positiven Zweig des Dirac–Spektrums. Fur den untersuchten atomaren Zustandjψαi , der dem Funktional(3.12) zugrundegelegt wurde, beschreiben diese Orbitale dieoptimaleNahe-rungslosung, die in dem durch (3.1) aufgespannten Raum der Testfunktionengefunden werden kann. Die verwendete CSF Basis sollte daher in praktischenAnwendungen bereits alle diejenigen Konfigurationszustande enthalten, die zujψαi starker beitragen. — Zur Berucksichtigung der starkeren Korrelationenist die MCDF Methode, wie wir bereits eingangs hervorhoben, tatsachlich gutgeeignet. Die schwacheren Korrelationen konnen anschließend dagegen leich-ter storungstheoretisch erfaßt werden.

Den meistenab–initio Berechnungen, die heute fur offenschalige Atome undIonen durchgefuhrt werden, liegt das Atomstrukturprogramm GRASP zugrun-de. Die jungeren Entwicklungen zur Version GRASP–92 haben die Akzep-tanz und den (vorwiegend technologisch und in der Nutzerfreundlichkeit be-grundeten) Vorsprung dieses Programmes sowohl bzgl. alternativer Verfah-ren als auch in Bezug auf andere MCDF Programme sicher noch weiter ver-großert. Dies wirft die Frage auf, womit sich dann noch parallele Programm-entwicklungen, wie sie hier vorgestellt werden, rechtfertigen lassen. Die ent-scheidenden Vorzuge einer algebraischen Formulierung wurden zu Beginnvon 3.4 sowie auch in diesem Abschnitt bereits genannt. Diese Vorteile alleinmogen solche methodischen Neuentwicklungen bereits legitimieren. Daruber-hinaus mussen sich derartige Entwicklungen, die oftmals eine mehrjahrige For-schungsarbeit voraussetzen, aber auch an der Zahl, der Einfachheit und dem

Page 101: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 97:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(zu erwartenden) Erfolg ihrer Anwendungen messen lassen. Hierbei hat sichgerade dieReduktiondes atomaren

”Vielelektronenproblems“ auf die Losung

effektiverEinteilchengleichungenuber viele Jahre hinweg bewahrt. Der alge-braische MCDF Ansatz ist die konsequente Fortfuhrung dieses Bemuhens.— Praktisch alle bekannten, alternativen Losungsverfahren, die dieses

”Ein-

fachheitsprinzip“ aufgaben, blieben (bislang) auf Atome mit nur sehr weni-gen Elektronen beschrankt. Die dieser Arbeit zugrundeliegendenglobalenBa-sissatze ermoglichen dagegen zahlreiche Anwendungen bis hin zu (polyato-maren) Molekulen, fur die entsprechend angepaßte Koordinaten, wie sie bspw.alle finiten–Differenzen Methoden erfordern, nur sehr schwer gefunden wer-den konnen.

Die verfugbaren Matrix–Dirac–Fock Programme (Quineyet al 1987a; Ishi-kawa et al 1991; Parpiaet al 1992; GRASP–B) konnen bei denublichenStandardrechnungen bisher allerdings nicht ernsthaft mit GRASP konkurrie-ren. Dies liegt vor allem daran, daß die Effizienz solcher umfangreichen Pro-gramme oft nur schrittweise verbessert werden kann. Dennoch enthalt hierfurgerade die Matrixformulierung ein recht großes Potential, da die Operatio-nen der linearen Algebra traditionell auf vielen Rechnerarchitekturen beson-ders schnell ausgefuhrt werden konnen. Meist fuhrt die Verwendung geeigneterBibliotheks–Programme zu einer nennenswerten Geschwindigkeitssteigerung.Insbesondere konnen die Integraltransformationen (im Vergleich zu den vonden Herstellern angegebenen Nennleistungen der Prozessoren) gewohnlich miteiner sehr hohen Durchsatzrate durchgefuhrt werden.

Bei der Entwicklung des Programmes GRASP–B wurden diese Moglichkei-ten zur Optimierung bisher allerdings kaum untersucht. Unser Ziel bestehtvielmehr zunachst in einer lauffahigen Version, die die nichtlinearen Matrix–Dirac–Fock Gleichungen korrekt lost. Die gegenwartige Implementierung vonGRASP–B verwendet dabei wie erwahnt globale S– und G–Spinoren, derenEigenschaften wir in Abschnitt 2.4 diskutierten. An diesem Punkt wiesen wirauch kurz auf B–Splines hin, die sich in sehr vielen atomaren Storungsrech-nungen gut bewahrt haben. Es ist daher ferner sicher wunschenswert (und einekurzerfristige Aufgabe), die Eigenschaften der Spline–Funktionen in MCDFRechnungen ebenfalls zu untersuchen und diese mit den Eigenschaften derglobalen Basissatze zu vergleichen. Das vorgestellte Programmkonzept zuGRASP–B ermoglicht die einfache Implementierung weitererBasissatze.

Eine gewisse Schwierigkeit globaler Basisfunktionen betrifft die Wahl geeig-neter Basissatzparameter (z.B. derαN und βN aus (2.71)). Fur alle leichterenAtome sind sehr gut geeignete Basisatze vor allem aus der Quantenchemie be-kannt. Wir sahen in 3.4.7, daß mit solchen Basissatzen auf algebraischem Wegevollig gleichwertige Ergebnisse gewonnen werden konnen, so wie sie auch mitfiniten–Differenzen Methoden zu erzielen sind. Fur hochgeladene Ionen undAtome mit Innerschalenanregungen sind vergleichbar gute Basissatze bisher

Page 102: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

98 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

jedoch nicht so leicht verfugbar. Hierfur sind sicherlich weiterfuhrende Un-tersuchungen in Abhangigkeit von der Kernladung und der besetzten Schalen-struktur erforderlich. Einen ersten Ausgangspunkt bilden die von Mohantyet al(1991) und von Malliet al (1993) verwendetenuniversellenBasissatzparame-ter fur Gauß–Funktionen (G–Spinoren). Diese liefern oftmals totale Energien,die nur wenige mHartree von den numerisch bestimmten Energien abweichen.

Mit einem algebraischen MCDF Programm konnen sehr viele physikalisch in-teressante und verschiedene Fragestellungen detaillierter untersucht werden.Ein naheliegendes Ziel ist die Untersuchung hochgeladener Ionen, in denendie Breitwechselwirkung von Beginn an selbstkonsistent in die Elektronenver-teilung einbezogen werden muß. In Kasten I erwahnten wir bereits moderneIonenquellen zur Spektroskopie hochgeladener Ionen und nannten als ein Bei-spiel die EBIT in Livermoore, mit der recht einfach quasi–nackte Kerne (mitkeinem oder nur sehr wenigen Elektronen) bis hin zu Uran hergestellt werdenkonnen. Alle gegenwartigen Programme, die die Breitwechselwirkung selbst-konsistent berucksichtigen konnen, sind (mehr oder minder) jedoch auf Ionenmit geschlossener Schalenstruktur beschrankt. Der wechselseitige Einfluß vonrelativistischen und Korrelationsbeitragen in einfacheren offenschaligen Ato-men (z.B. den Lithium– bis Kohlenstoff–ahnlichen Ionen) wurden bisher nurwenig untersucht.

Ein algebraisches MCDF Programm eignet sich daruberhinaus hervorragendzum Studium vieler atomarer Eigenschaften, die empfindlich von der Struk-tur der Wellenfunktionen abhangen. Eine kurze Aufzahlung verschiedener An-wendungsgebiete genauer MCDF Wellenfunktionen enthalt die nebenstehendeTabelle. Einige dieser Eigenschaften sind naturlich bereits in den traditionel-len Programmen implementiert. Weitere Anwendungen, die beispielsweise dieDoppel–Photoionisation bzw. die meisten sekundaren Prozesse betreffen, set-zen dagegen die engere Kombination mit der Vielteilchenstorungstheorie prak-tisch von Beginn an voraus. Wir geben diese Tabelle hier vorrangig zur Moti-vation und als

”Ausblick“ auf kunftige Untersuchungen an und wollen daher

nicht naher darauf eingehen.

Im MCDF Modell werden zunachst naturlich nur die Einteilchenspektren zuden besetzten Symmetrieblockenκ bestimmt. Dagegen treten bei der Darstel-lung des zu (3.1) komplementaren Raumes auch alle weiteren Einteilchensym-metrien auf. In Storungsrechnungen werden diese beiden Klassen der — be-setzten und unbesetzten — Einteilchensymmetrien daher auch gar nicht unter-schieden; der Begriff derbesetztenOrbitale bezieht sich in der Storungstheoriedagegen vielmehr auf den Referenzzustand (das sogenannte

”Vielelektronen–

Vakuum“, siehe Kapitel 4). Neben den Matrixgleichungen, die sich aus demMultikonfigurationsansatzes (3.1) herleiten lassen, mussen fur ein vollstandi-ges Einteilchenspektrum daher analoge Gleichungen auch fur alle unbesetztenSymmetrieblocke gelost werden. Dieser zweite Teil ist allerdings deutlich ein-

Page 103: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.4. Algebraische Formulierung der SCF Gleichungen 99:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Anwendungen atomarer MCDF Wellenfunktionenauf der Grundlage finiter Basissatze

Struktureigenschaften Totale undUbergangsenergien; Fein– undHyperfeinstrukturaufspaltungen;(frequenzabhangige) Polarisierbarkeiten.

Zerfallseigenschaften Einsteinkoeffizienten und Oszillatorstarken;Augerraten; Augerwinkelverteilungen;dielektronische Rekombinationsraten;Fluoreszenzausbeuten.

Photoionisation partielle und totale Querschnitte; Winkel-verteilungsparameter; Doppel–Photoionisation;Alignment.

Sekundarprozesse Strahlender Augerzerfall; Zwei–Photonen–Zer-fall; TEOP (TWO–ELECTRON–ONE–PHOTON)Ubergange.

Verknupfung mit derStorungstheorie

Verwendung des diskretisierten, vollstandigenEinteilchenspektrums.

QED in komplexenAtomen

Berechnung der Feynman–Graphen im Furry–Bild.

FundamentaleWechselwirkungen

PNC (PARITY NON–CONSERVATION);Schranken zu den elektronischen undatomaren Dipolmomenten.

Benchmark’s Full–CI; Test von Basissatzen.

facher, da sich dievirtuellenElektronen (ohne eigene Ruckwirkung) im festge-haltenen Potential des atomaren Zustandes bewegen. Die entsprechenden virtu-ellen Zustande sind daher ebenfalls Losungen der Matrix–Dirac–Fock(–Breit)Gleichungen (2.73) aus Abschnitt 2.6, wobei die Wechselwirkung mit den offe-nen Schalen einfach anhand deren mittleren Besetzung gewichtet werden kann.In GRASP–B ist die (wahlweise) Losung der virtuellen Einteilchenspektrenbisher allerdings noch nicht programmtechnisch umgesetzt worden.

Eine vollstandige, algebraische Implementierung der MCDF Methode schaffteine wesentliche Voraussetzung zur Kombination dieses Ansatzes mit derStorungstheorie:Beide Methoden verwenden nun die gleiche Sprache, d.h.ein vollstandiges Einteilchenspektrum, so wie es letztlich (fast) allen rela-tivistischen Storungsreihen zugrunde liegt. Wir werden die Grundlagen der

Page 104: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

100 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Storungstheorie und jungere Entwicklungen, die sich fur offenschalige Atomeals notwendig erweisen, im nachsten Kapitel kennenlernen. Die Kombinati-on dieser beiden Hauptsaulen diskutieren wir anschließend in Kapitel 5. Ne-ben der traditionellen Storungstheorie scheint die Verknupfung mit der CCSD(COUPLED–CLUSTER SINGLE–DOUBLE) Naherung besonders attraktiv, beider außerhalb des Multikonfigurationsraumes dann nur noch virtuelle Ein– undZweiteilchenanregungen berucksichtigt werden (siehe Kasten III).

3.5 Schwierigkeiten und Grenzen der MCDF Methode

Der Multikonfigurationsansatz (3.1) ist in der hier beschriebenen Form streng-genommen nur zu Darstellung gebundener (stationarer) Zustande geeignet.Oftmals konnen die mit diesem Ansatz genaherten Wellenfunktionen daruber-hinaus aber auch erfolgreich zur Beschreibung anderer Eigenschaften herange-zogen werden, die mit der Anregung und dem Zerfall einzelner Atomzustandeoder noch allgemeiner mit atomaren Streuprozessen verbunden sind. Aller-dings stehen dann der Berechnung und Interpretation dieser Eigenschaftenauch einige grundlegende Schwierigkeiten entgegen, die innerhalb des Modellsnicht oder nur unvollstandig gelost werden konnen. Wir wollen zur abschlie-ßenden Bewertung dieser Methode noch kurz darauf hinweisen.

Schwierig ist dabei vor allem die Beschreibung von

Prozessen, die mit einer (Auto–)Ionisation des Atom verknupft sind sowie

die Vorhersageadditiver Eigenschaften, die nicht allein von einem oder vonnur wenigen Atomzustanden abhangen.

Bei der Ionisation beispielsweise kann die Wechselwirkung des emittier-ten Elektrons mit dem am Ionenrumpf verbleibenden Elektronen gewohnlichnur in einer recht grobenZentralfeldnaherungerfaßt werden. Diese enthaltbzgl. dem Kontinuumselektron keinerlei Korrelation und liefert daher oftmalsnur etwas unbefriedigende Ergebnisse. Bekanntermaßen sind aber gerade dieIonisations– und Streueigenschaften oftmals extrem auf die Korrelationen derElektronen empfindlich. Fur die bei diesen Prozessen auftretenden atoma-ren Kontinuumszustande muß exakter eine Lippmann–Schwinger Gleichunggelost werden (Aberg und Howat 1982). Ein solcher streutheoretischer Ansatzwurde von uns auf der Grundlage von GRASP–Wellenfunktionen anhand we-niger Beispiele fur den Augerzerfall untersucht (Fritzsche und Fricke 1992;Fritzscheet al 1992); allgemein ist dieses Herangehen jedoch viel zu auf-wendig und nur fur Atome und Ionen mit sehr einfachen Schalenstrukturenmoglich. Ganzahnliche Probleme bereitet auch die theoretische Beschreibung

Page 105: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

3.5. Schwierigkeiten und Grenzen der MCDF Methode 101:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

inelastischer (resonanter) Streuprozesse von Elektronen an Atomen, wofur bis-lang allerdings (aufgrund der Komplexitat der atomaren Elektronenstruktur)nur sehr seltenuberhaupt MCDF Wellenfunktionen verwendet wurden.

Bei Atomen mit offener Schalenstruktur liegen die einzelnen Energieniveausoftmals so dicht beieinander, daß sie experimentell nicht aufgelost werdenkonnen. Dies trifft teilweise bereits auf dieUbergangsmetalle mit einer offe-nendSchale zu und gilt praktisch uneingeschrankt fur alle Atome mit offenenf odergSchalen9. In diesem Falle ist die moglichstoptimaleBeschreibungeinzelner Atomzustande, wie sie im MCDF Modell angestrebt wird, vollig oh-ne Belang. Jedes experimentell aufgenommene Spektrum besteht hier vielmehraus eine (zunachst unbekannten)Uberlagerung sehr vieler Einzelbeitrage.

Dies gilt auch fur die Vorhersage von Lebensdauern und vielen Zerfallspa-rametern (z.B. Fluoreszenzausbeuten), fur die sich die MCDF Methode eherweniger eignet. Die Vorhersage eines oder nur weniger (Zahlen–)Werte setzthier ebenfalls die quantenmechanische Kenntnis der (vollstandigen) Wellen-funktionen zu einer Vielzahl verschiedener, stationarer Zustande voraus.

Daher sind in diesen beiden Fallen theoretische Methoden vorteilhafter, diedie gesuchten Eigenschaften auf einemdirekterem Wegeund in schrittwei-ser Naherung bestimmen. Diese Idee liegt der Vielteilchenstorungstheorie, diewir nun im nachsten Kapitel darstellen, sehr nahe. Allerdings ist diedirek-te Berechnungsolcher additiver Eigenschaften wie beispielsweise Lebensdau-ern und die Linienformenuberlagerter Spektren auch in der Storungstheoriebislang praktisch nicht untersucht worden. Der Grund hierfur liegt (erneut)hauptsachlich in der Offenschaligkeit der entsprechenden Atome. Wir disku-tieren diesen Aspekt in Kapitel 4 und besprechen dabei auch, welche Voraus-setzungen zuvor erfullt werden mussen. DieUbertragung und Anwendung be-kannter Methoden der Vielteilchenstorungstheorie auf verschiedene atomareEigenschaften erscheint jedoch eine sehr naheliegende Aufgabe und Heraus-forderung.

In den beiden etablierten MCDF Programmen aus Abschnitt 3.3 konnen selbst-konsistente Losungen zum OL Funktional (3.15) oftmals nur schwer oder garnicht gefunden werden. Diese Schwierigkeiten verursachen nicht nur einen ho-hen Rechenaufwand, sondern warfen in der Vergangenheit gelegentlich dieFrage nach der mathematischen Existenz und Eindeutigkeit dieser Losungenauf. Eine endgultige Antwort ist darauf nicht bekannt. Allerdings konnte hierdie begonnene Programmentwicklung zu GRASP–B zu neuen Kenntnissenfuhren — namlich insofern, daß darin zur Losung der SCF Gleichungen ein al-ternatives Losungsverfahren verwendet wird. Konvergenzschwierigkeiten sindin der Vergangenheit besonders bei den angeregten, atomaren Zustanden auf-

9Genauer mit mehr als einem Elektron bzw. einem Loch in einer solchen Schale.

Page 106: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

102 Kapitel 3. Die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

getreten. Die Untersuchung entsprechender Problemfalle ist daher eine weitereZielsetzung bei der Entwicklung eines leistungsfahigen, algebraischen MCDFProgrammes.

Page 107: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4Atomare Vielteilchenstorungstheorie

Die Vielteilchenstorungstheorie (MBPT —MANY–BODY PERTURBATION

THEORY) ist der zweite, alternative Pfeiler zur genauenab–initio Beschrei-bung von Vielelektronenatomen. In der Vergangenheit sind deren Methodenbesonders auf solche Atome angewandt worden, in denen keine starken Bei-mischungen aus verschiedenen Konfigurationen auftreten. Dies sind vor al-lem die Grundzustande der Edelgase und Atomzustande mit einem Elektronund/oder Loch in ansonsten abgeschlossenen Elektronenschalen. Eine beson-dere Rolle bei der Beschreibung offenschaliger Atomen kommt der Rayleigh–Schrodinger’schen (RS) Storungstheorie zu. Wir wollen in diesem Kapitel dieGrundlagen dieser Theorie ausfuhrlicher diskutieren. Dabei wahlen wir alsAusgangspunkt die verallgemeinerte Bloch–Gleichung in einem mehrdimen-sionalen Modellraum. Fur eine vorgegebene Zahl physikalischer Zustande (de-ren Projektionen in einem noch festzulegenden ModellraumM liegen) ist die-se Operatorgleichungaquivalent zur Schrodinger–GleichungH jψi = E jψi.Oftmals wird die Bloch–Gleichung graphisch mit Hilfe sogenannter Feynman–Goldstone Diagramme veranschaulicht und manipuliert. Wir werden hier je-doch nur kurz auf die graphische Darstellung der Operatoren und Matrixele-mente mit Hilfe solcher Diagramme eingehen. Unser Augenmerk richtet sichstattdessen auf die Einfuhrung computeralgebraischer Methoden bei der Her-leitung der atomaren Storungsreihen. Diese bilden neben der rein algebrai-schen und der graphischen Herleitung dieser Reihenentwicklungen einen wich-tigen Alternativzugang. Wir stellen dazu das Computeralgebra–ProgrammAPEX vor, daß auch fur offenschalige Atome zur Herleitung der Storungs-reihen verwendet werden kann.

In den vergangenen Jahren wurden fur Atome auch zahlreiche relativistischeStorungsrechnungen durchgefuhrt. Diese Untersuchungen haben schnell die

Page 108: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

104 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Notwendigkeit eines effizienten Umganges mit komplizierteren Storungsrei-hen verdeutlicht. Wir wollen deshalb insbesondere die grundsatzlichen Schrittezusammenfassen, die bei der Herleitung allgemeiner atomarer Storungsreihenauftreten. Der Einfachheit halber werden wir uns bei der expliziten Darstel-lung dieser Reihenentwicklungen dann allerdings auf die Energiekorrelationenzu Atomen mit abgeschlossenen und einfachen offenen Schalenstrukturen be-schranken.

4.1 Uberblick

Die Vielteilchenstorungstheorie ermoglicht vor allem einesystematischeBe-schreibung. Diese Systematik im theoretischen Zugang ist strenger als beider im Kapitel 3 besprochenen MCDF Methode, bei der die Theorie nichtsuber die konkrete Auswahl der Konfigurationszustande im Ansatz (3.1) aus-sagt. In der Storungstheorie hingegen sollte (bei der Auswahl eines geeigneten

”ungestorten Modellsystems“) durch hinzufugen weiterer Ordnungen stets ein

Weg zur genaueren Vorhersage atomarer Eigenschaften moglich sein.

Wir setzen zunachst eine Partitionierung des Hamiltonoperators der untersuch-ten Atome in einenungestorten Modelloperator(Ho) und eine Storung (V)voraus

H = Ho + V :(4.1)

Darin ist der ModelloperatorHo ublicherweise eine Summe von Einelektro-nenoperatoren, in denen die (mittlere) Wechselwirkung der Elektronen un-tereinander naherungsweise durch ein geeignet gewahltes ZentralfeldV(r)approximiert wird. In der relativistischen Theorie sind diese Einelektronen–Hamiltonoperatoren gewohnlich die Dirac–OperatorenhD aus (2.4). Wir wol-len ferner annehmen, daß zum ModelloperatorHo auch ein vollstandiger undorthonormierter Satz von Eigenfunktionen

Ho jφαi = Eoα jφαi(4.2)

mit φα j φβ

= δαβ(4.3)

bekannt ist. Diese Eigenfunktionen definieren eine Basis imNElektronenHilbert–Raum und werden spater auch zur Definition eines ModellraumesMverwendet, innerhalb dessen wir alle Wechselwirkungen exakt berucksichti-gen. Wir werden im nachsten Abschnitt darauf noch ausfuhrlicher eingehen.Auch werden wir dort besprechen, welche Partitionierungen (4.1) sinnvoll sind

Page 109: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.1. Uberblick 105:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

undhaufig verwendet werden. Dabei soll der ModelloperatorHo sowohl einegute Naherung zum HamiltonoperatorH sein, als auch Eigenfunktionen undEigenwerte (4.2) besitzen, die einfach zu bestimmen sind.

Ausgehend von der Partitionierung (4.1) des Hamiltonoperators werden in derMBPT gewohnlich zwei verschiedene Storungsentwicklungen unterschieden:die Brillouin–Wigner’sche (BW) und die Rayleigh–Schrodinger’sche (RS)Storungstheorie. Wir werden nur hier an dieser Stelle kurz auf die Unter-scheidung dieser beiden grundlegenden Ansatze eingehen. Im weiteren Ver-lauf beschranken wir uns dann auf die RS Storungstheorie, die heute nahezuallen Berechnungen komplexerer Systeme zugrundeliegt. In den meisten prak-tischen Anwendungen erlaubt die Rayleigh–Schrodinger’sche Storungstheorienamlich einen direkteren Zugang und eine deutlich einfachere Umsetzung derStorungsentwicklungen.

Der Vorteil der Brillouin–Wigner’schen Storungsentwicklung ist vor allem de-ren einfache formale Struktur. In diesem Formalismus werden die exaktenZustande mit Hilfe einer Resolvente

”gelost“. Diese Darstellung besitzt jedoch

den wesentlichen Nachteil, daß die gesuchten Eigenenergien des Vielteilchen-systems selbst explizit in der zugehorigen Resolvente auftreten. Die entspre-chenden Korrekturbeitrage zu den gesuchten atomaren Energien und Wellen-funktionen lassen sich folglich nur iterativ bestimmen. Da die Resolventen je-doch von den exakten EnergienEα der betrachteten Vielelektronenzustandeabhangen, sind zudem auch alle effektiven Operatoren (vgl. 4.2) explizit ener-gieabhangig und konnen ebenso nur iterativ fur jeweilsein Energieniveau be-stimmt werden. Die Energieabhangigkeit der Brillouin–Wigner’schen effek-tiven Operatoren kann zwar nachtraglich mit Hilfe einer Reihenentwicklungeliminiert werden, dennoch ist es in den meisten Fallen weit gunstiger, direktvon der Rayleigh–Schrodinger’schen Storungstheorie auszugehen.

Die konkrete Darstellung der RS Storungsreihen ist im Detail sicher kom-plizierter und umfangreicher als in der Brillouin–Wigner’schen Theorie. Al-lerdings treten darin nur die bereits als bekannt vorausgesetzten EigenwertefEo

α g zum ModelloperatorHo auf. Die ersten Herleitungen der Rayleigh–Schrodinger’schen Storungstheorie wurden von Kato (1949, 1950) und Bloch(1958) durchgefuhrt. Dabei wurden anfangs auch im Falle einer Entartung (derungestorten Zustandefjφαig ) nur die Eigenfunktionen zu einem einzelnenEigenwert berucksichtigt. Allgemein darf jedoch eine schnellere Konvergenzeiner Storungsentwicklung erwartet werden, wenn bereits von Beginn an eingroßerer Anteil der gesuchten Losungen im ModellraumM enthalten ist, d.h.darin exakt berucksichtigt wird. Die Wechselwirkungen inM werden dabeiin allen Ordnungen(durch das Losen einer Sakulargleichung) eingeschlossen.In diesem Falle brauchen dann nur die schwacheren Wechselwirkungen mitZustanden außerhalb des Modellraumes storungstheoretisch behandelt werden.Eine solche Erweiterung des Modellraumes auf Eigenzustande, die zu energe-

Page 110: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

106 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

tisch verschiedenen Eigenwerten gehoren (konnen), wurde zu Beginn der 70erJahre vor allem von Lindgren (1974) diskutiert. Diese Modellraume werden inder Literatur mitunter auch Multikonfigurations–Modellraume genannt. Wirwollen diese Bezeichnung hier jedoch nicht weiter verwenden, bevor wir imnachsten Kapitel nicht eine engere Verknupfung der Vielteilchenstorungstheo-rie mit der MCDF Methode diskutieren.

Storungsentwicklungen, die von der Brillouin–Wigner’schen Formulierungausgehen und die explizite Energieabhangigkeit der dabei erhaltenen Formelnmit Hilfe von Reihenentwicklungen eliminieren, wurden von Brandow (1967)und zu Beginn der 70er Jahre vor allem in der theoretischen Kernphysik un-tersucht. — Die im folgenden dargestellte RS Storungstheorie, in der die ge-suchten Energien selbstnicht in den Storungsreihen auftreten, hat dagegen dennennenswerten Vorteil, daß darin keinerlei Summationenuber unendliche Rei-hen vorkommen. Die Schwierigkeiten, die bei der Ausfuhrung solcher Sum-mationen auftreten, wurden vor allem von Weidenmuller und Mitarbeitern un-tersucht (Schucan und Weidenmuller 1972, 1973; Hoffmanet al1973).

Die Methoden der Vielteilchenstorungstheorie wurden lange Zeit nur im Rah-men der nichtrelativistischen Schrodinger–Theorie entwickelt und erst spaterauf relativistische Systeme angewandt. DieUbertragung dieser Methoden aufdie relativistische Theorie ist sehr einfach, wenn dieno–pairNaherung zugrun-degelegt und dadurch der Einfluß des negativen Kontinuums von vornhereinvernachlassigt wird. Die Korrekturen, die aufgrund des (besetzten) negativenDirac–Spektrums auftreten, mussen dann spater — falls wirklich erforderlich— gemeinsam mit den dominierenden Strahlungskorrekturen berucksichtigtwerden.

Alle bisher entwickelten praktischen Verfahren und Programme zur Rayleigh–Schrodinger’schen Storungstheorie basieren auf der verallgemeinerten Bloch–Gleichung in intermediarer Normierung. Diese Operatorgleichung ist fur einenSatz gesuchter atomarer Vielteilchenzustande aquivalent zur Schrodinger–Gleichung. Mit Hilfe der Bloch–Gleichung konnen aber auch zu allen atoma-ren Eigenschaften Storungsreihen formuliert und z.B. mit Hilfe der Feynman–Goldstone Diagramme dargestellt werden. Jedem dieser Diagramme entsprichtdabei ein eindeutiger, algebraischer Ausdruck, der als Summe verschiedenerEin– und Zweielektronenmatrixelemente dargestellt werden kann1. Wir wer-den dieses Herangehen der RS Storungstheorie im folgenden Abschnitt genau-er besprechen, um auch fur offenschalige Atome Storungsreihen herleiten zukonnen. Als Storungsreihe bezeichnen wir hierbei die (algebraische oder gra-phische) Darstellung irgend einer Observablen mit Hilfe der Ein– und Zwei-elektronenintegrale, die sich bei Vorgabe eines

”vollstandigen“ Einteilchen-

spektrums unmittelbar berechnen lassen.1Etwas genauer entspricht jedes Diagramm einer Summe von Produkten solcher Matrixele-

mente.

Page 111: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.1. Uberblick 107:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die RS Storungstheorie ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten auf vie-le verschiedene Atome angewandt worden. Auf der Grundlage dieser Theo-rie wurden dabei fur eine Vielzahl atomarer Eigenschaften genaue Vorhersa-gen getroffen und auch von Experiment sehr gut bestatigt. Eine kurze, unvoll-standige Aufzahlung umfaßt beispielsweise Grundzustands– und Anregungs-energien, Hyperfeinstrukturparameter,gFaktoren, strahlendeUbergangsra-ten, Auger–Zerfallswahrscheinlichkeiten, Isotopieverschiebungen, Photoioni-sationsquerschnitte u.a. Wir geben dazu eine etwas umfangreichere Aufstel-lung mit Bezug auf die Fachliteratur der letzten Jahre im Abschnitt 4.4.5 an.— Trotz der vielen verschiedenen Anwendungen ist in diesen Jahren aber nurvergleichsweise weniguber das Konvergenzverhalten der RS Storungsreihenherausgefunden worden. Dies hat zwei wesentliche Ursachen:

a) Die Summationenuber das vollstandige (positive) Spektrum erfordern einenhohen Aufwand, falls drei oder gar mehr dieser unendlichen Summen auftre-ten. Durch die inzwischen weit einfacher verfugbare Computerleistung — alssie noch vor wenigen Jahren genutzt werden konnte — sind hierbei aber auchnennenswerte Fortschritte eingetreten.

b) Der vermutlich noch wichtigere, zweite Grund ist jedoch die Komplexitat derStorungsreihen, wenn eine hohere Ordnung oder offene Schalen betrachtetwerden. In beiden Fallen namlich wachst die Zahl der (Feynman–Goldstone)Terme drastisch an.

Vor allem der letztere Grund zwingt uns, nach alternativen Wegen bei der Her-leitung der Storungsreihen zu suchen. Diesem Grund begegnen wir insbeson-dere auch beim Studium atomarer Anregungen. Solche Anregungen fuhrensehr schnell auf offene, komplexe Schalenstrukturen, die mit den heute aus-gearbeiteten Methoden und verfugbaren Programmen nicht untersucht wer-den konnen. Dies betrifft nahezu alle Anregungs–, Ionisations– und Zerfalls-eigenschaften, die ja gerade von mehr als nureinemAtomzustand abhangen.In diesen Fallen wird die Herleitung und Implementierung der erforderlichenStorungsreihen schnell so aufwendig, daß auch die in den vergangenen 30 Jah-ren entwickelten graphischen Methoden schließlich nur wenig hilfreich sind.Zur Uberwindung dieser Schwierigkeiten mussen neue Herangehensweisenentwickelt und getestet werden. Einen recht erfolgversprechenden Ausweg bie-ten die in den vergangenen Jahren starker ins Blickfeld getretenen, computeral-gebraischen (CA) Programme (Maple, Mathematica,: : : ), die sehr effektiv zurAufstellung der spater numerisch zu berechnenden Formeln eingesetzt werdenkonnen. Dazu wurde mit Maple ein interaktives Programmpaket erarbeitet. Wirwerden diese neuen Entwicklungen anschließend in Abschnitt 4.3 ausfuhrli-cher besprechen.

Page 112: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

108 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

4.2 Rayleigh–Schrodinger’sche Storungstheorie

4.2.1 Die verallgemeinerte Bloch–Gleichung

Besonders beim Studium offenschaliger Atome ist es gewohnlich notwendig,mehrere physikalische Zustande gleichzeitig zu untersuchen. Wir betrachtendaherd verschiedene Losungen der (Vielelektronen–) Schrodinger–Gleichung

H jψαi = Eα jψαi α = 1; : : : ; d ;(4.4)

die gemeinsam einenddimensionalen Unterraum desNElektronen Hil-bert–Raumes aufspannen. Unser Ziel ist es zunachst, fur diesed herausge-griffenen Zustande eine Gleichung herzuleiten, die wir dann mit Hilfe derStorungstheorie losen konnen.

Wir beginnen mit der Partitionierung des Hamiltonoperators (4.1) und demzum ModelloperatorHo zugehorigen, orthonormierten Satz von Eigenfunktio-nen

Ho jφαi = Eoα jφαi ;

die bei der Herleitung beide als bekannt vorausgesetzt werden. Wir verwendenferner die Eigenfunktionen zuHo , um den Hilbert–RaumH des vollstandi-gen HamiltonoperatorsH in zwei Teilraume aufzuspalten: In den ModellraumM namlich, der die Eigenfunktionen vonHo zu einem oder mehreren Eigen-werten enthalt, und in den dazu komplementaren Raum. Wir ordnen diesenTeilraumen die Projektionsoperatoren

P = ∑jφαi2M

jφαihφαj(4.5)

Q = 1 P = ∑jφβi 62 M

φβ

φβ(4.6)

zu, die die bekannten Relationen

P = P† = PP ; PQ = QP = 0(4.7)

und

[P; Ho ] = [Q; Ho ] = 0(4.8)

erfullen.

Wir betrachten hier nun einenddimensionalen ModellraumM , fur den wirannehmen wollen, daß zu jeder der in (4.4) gesuchtend Losungen bereits einwesentlicher Anteil innerhalb dieses Teilraums liegt. Wir bezeichnen diese mit

Page 113: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 109:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

M verbundenen”Projektionen“ der gesuchten Zustande jψαi kurz als Mo-

dellfunktionen jψoαi . Alle diesed Modellfunktionen seien ferner linear un-

abhangig2. Diese beiden Voraussetzungen werden besser verstandlich, wennwir ein

”adiabatisches Abschalten“ der Storung V betrachten. Genau dann

namlich gehen died Eigenfunktionen zuH in die (orthogonalen) Basisfunk-tionen jφαi des Modellraumesuber. Bei einem erneuten

”Anschalten“ der

Wechselwirkung kommt es nun zwar zu einerAnderung der projizierten Ei-genfunktionen inM , dennoch durfen wir durchaus erwarten, daß die Modell-funktionen untereinander verschieden bleiben. DiesereineindeutigeZusam-menhang, der normalerweise zwischen den Eigenfunktionen des vollstandigenHamiltonoperatorsH und deren Projektionen in einem geeigneten gewahltenModellraum gilt, wurde zuerst von Kuoet al (1971) diskutiert.

Die Unterscheidung der Modellfunktionenfjψoαi ; α = 1; : : : ; dg erlaubt uns,

einen WellenoperatorΩ zu definieren, der die Modellfunktionen auf die exak-ten Zustande abbildet

jψαi = Ω jψoαi :(4.9)

Ein solcher Wellenoperator wurde erstmals von Møller (1945, 1946) ein-gefuhrt. Er erfullt in unserer zeitunabhangigen Formulierung eine vergleichba-re Funktion wie der ZeitentwicklungsoperatorU(0;∞) in einer zeitabhangi-gen Theorie. Wir definieren hier außerdem eineneffektivenHamiltonoperatorHeff Ho+Veff , der angewandt auf die Modellfunktionen

Heff jψoαi = (Ho + Veff ) jψo

αi = Eα jψoαi :(4.10)

gerade die exakten Eigenenergien liefert. Der OperatorVeff wird darin auchals die effektive Wechselwirkung bezeichnet; wie werden fur beide effektivenOperatoren noch konkrete Darstellungen herleiten. Entsprechend ihrer Defini-tion sind diese Operatoren jedoch nur innerhalb des ModellraumesM erklart.Durch das Multiplizieren der Eigenwertgleichung (4.10) von links mitΩ er-gibt sich

Ω Heff jψoαi = Eα jψαi = H jψαi = H Ω jψo

αi

bzw.

Ω Heff P = H Ω P:(4.11)

Nutzen wir zusatzlich noch die Aufspaltung des Hamiltonoperators (4.1), sofolgt schließlich

[Ω; Ho ] P = (V Ω ΩVeff )P:(4.12)

2Im weiteren Verlaufe sehen wir jedoch, daß diejψoαi nur im Falle einerintermediarenNor-

mierung diereinenProjektionenjψoαi = P jψαi auf den ModellraumM sind. Bei Verwendung

anderer Normierungen gilt diese einfache Beziehung dann nicht mehr.

Page 114: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

110 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Dies ist dieverallgemeinerte Bloch–Gleichung(GENERALIZED BLOCH EQ-UATION), eine Bestimmungsgleichung fur den WellenoperatorΩ . Ihr physi-kalischer Inhalt ist fur die gesuchten Zustandefjψαi ; α = 1; : : : ; dg vollkom-menaquivalent zur Schrodinger–Gleichung (4.4). Die hier angegebene Form(4.12) gilt unabhangig von der Wahl der Normierung der Zustande. Allerdingsentscheidet die Art der Normierung schließlich daruber, ob der effektive Ha-miltonoperatorHeff hermitesch ist oder nicht.

Intermedi are Normierung (IN): Nahezu alle Anwendungen der Vielteil-chenstorungstheorie verwenden als Modellfunktionen

jψoαi = P jψαi ;(4.13)

d.h. die Projektionen der exakten Zustande auf den Modellraum. Dies fuhrt mit(4.9) auf

P = PΩ P;(4.14)

bzw. mit (4.11) fur die effektiven Operatoren zu

Heff P = P H Ω P ; Veff P = PV Ω P(4.15)

und

[Ω; Ho ] P = (V Ω Ω P V Ω)P:(4.16)

Dies ist die”Standardform“ der Bloch–Gleichung, die gemeinsam mit (4.14)

in den meisten Arbeiten als Ausgangspunkt der Diskussion gewahlt wird. Siegilt im gesamten Modellraum, worauf wir in (4.16) durch den Projektionope-rator P auf der rechten Seite explizit hinweisen. Diese Form der Blochglei-chung (4.16) ist jedoch weniger allgemeingultig als (4.12) und besitzt zudemden Nachteil, daß der effektive Hamiltonoperator und die effektive Wechsel-wirkung (4.15) nicht hermitesch sind. Gleichzeitig sind die Modellfunktionenjψo

αi , d.h. die Eigenfunktionen zuHeff , im allgemeinen nicht mehr orthogonalzueinander. Die fehlende Hermitizitat wird besonders bei der Berechnung vonUbergangsmatrixelementen deutlich, da in diesem Falle die atomaren Zustandeauf der linken und rechten Seite der Matrixelemente nicht mehraquivalentbzgl. der StorungV beschrieben werden.

Der ProjektionsoperatorP und der WellenoperatorΩ lassen sich (in IN ) ein-fach veranschaulichen:P projiziert aus einem beliebigen Zustandjψi 2 Hden Anteil heraus, der im ModellraumM liegt. Der WellenoperatorΩ an-dererseits transformiert jede beliebige Funktion mit der Projektionjψo

αi imModellraum auf den exakten Zustandjψαi zuruck. Dies ist in Abb. 1 ge-zeigt. Dabei ist in intermediarer Normierung (wegenΩP = Ω und ΩQ = 0)die Transformation des Wellenoperators unabhangig von dem im komple-mentaren Raum(H M ) liegenden Anteil. Eine zu (4.14) vollkommenaqui-valente und haufig verwendete Bedingung zur intermediaren Normierung isthψα jψo

αi = 1.

Page 115: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 111:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

-

6

-

6

?

6

H M H M

M M

P Ωjψαi jψαi

jψoαi jψo

αi*

*

- -

Abb. 1: Vereinfachte Darstellung der OperatorenP und Ω in IN. Der ProjektionsoperatorPtransformiert einenddimensionalen Teilraumfjψαi ; α = 1; : : : ; dg des Hilbert–Raumes in einen ModellraumM der gleichen Dimension. Der WellenoperatorΩ fuhrtdiese Transformation in umgekehrter Richtung aus. Dies bedeutet allerdings nicht, daßP und Ω zueinander inverse Operatoren sind.

Hermitesche Formulierung: Die beiden effektiven Operatoren (4.15) konnenhermitesch gewahlt werden, wenn die Normierungsbedingung (4.14) durch

P = Pن ٠P(4.17)

ersetzt wird; diese Form heißt auchisometrischeNormierung oder die Jør-genson–Bedingung (Jørgenson 1975). Der effektive Hamiltonoperator ist mitdieser Bedingung

Heff P = Pن H ٠P ;(4.18)

da er hermitesch ist, sind seine Eigenfunktionen inM naturlich orthogonal.Diesselbe Form (4.18) gilt auch fur die effektiven Operatoren zu jeder zusatz-liche Storung heff P = P Ω† h Ω P, wie sie zum Beispiel bei der Berech-nung vonUbergangs–Matrixelementen (Hyperfeinstrukturaufspaltungen, Os-zillatorstarken,: : : ) auftreten.

Die verallgemeinerte Bloch–Gleichung (4.12) ist die Grundlage der Rayleigh–Schrodinger’schen Storungstheorie. Sie fuhrt zu einer von der Energie der un-tersuchten Zustande unabhangigen Storungsreihe und gilt auch dann, wenn imModellraum mehrere, teilweise entartete Zustande jφαi auftreten. Insbeson-dere gilt (4.12) auch fur einen vollstandig entarteten Modellraum. Wir werdenim weiteren nun jedoch von der Standardform (4.16) inintermediarer Normie-rungausgehen und ersetzen darin

Ω = Ω(0) + Ω(1) + Ω(2) + : : : ;(4.19)

wobei Ω(n) n Wechselwirkungen der StorungV enthalten soll. Ordnen wir diemit Hilfe dieses Ansatzes erhaltene Gleichung nach

”Potenzen vonV “, dann

Page 116: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

112 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

gilt f ur die niedrigsten Ordnungen (Lindgren 1974)hΩ(1); Ho

iP = QV P(4.20) h

Ω(2); Ho

iP = (QV Ω(1) Ω(1)V )P(4.21) h

Ω(3); Ho

iP = (QV Ω(2) Ω(1)P V Ω(1) Ω(2)P V )P(4.22)

...

bzw. allgemeinerhΩ(n); Ho

iP = (QV Ω(n1)

n1

∑m=1

Ω(nm)P V Ω(m1) )P:(4.23)

Die Gleichungen (4.23) konnen formal mit Hilfe einer geeignet definiertenResolvente

”gelost“ werden. Eine solche Losung erleichtert den algebraischen

Umgang mit den Storungsreihen und mitunter deren Diskussion. Zur Berech-nung konkreter Eigenschaften ist diese Form allerdings wenig nutzlich. Wirwollen daher nicht naher darauf eingehen. In allen praktischen Rechnungenwird stattdessen eine geeignete Einelektronenbasis vorausgesetzt und daraufaufbauend das Kalkul der zweiten Quantisierungverwendet. Wir betrachtendie zweite quantisierte Form der Operatoren und der Bloch–Gleichung imnachsten Abschnitt; die wesentliche Schwierigkeit besteht dann darin, die Ope-ratorprodukte auf der rechten Seite von (4.23) soweit zuvereinfachen, daßsie fur konkrete Beispiele berechnet werden konnen. Genauer gesagt erfordertdies, die in den Operatorprodukten auftretenden Erzeugungs– und Vernich-tungsoperatoren in eine solche (Normal–)Ordnung zuuberfuhren, aus der sichdie

”Wirkung“ der Operatoren sofort abgelesen laßt.

Auch wenn der effektive Hamiltonoperator (4.15) in IN nicht hermitesch ist,kann die verallgemeinerte Bloch–Gleichung ohne Schwierigkeiten gelost wer-den. Insbesondere sind die Eigenwerte der im Modellraum berechneten Matrixdes effektiven HamiltonoperatorsHeff reell, da sie ja schließlich die gesuchtenexakten Energien sind.

Die Gleichungen (4.23) besitzen die FormhΩ(n); Ho

i= A:

Wir konnen den Kommutator auf der linken Seite unmittelbar vereinfachen, in-dem wir dessen Matrixelemente mit den Eigenfunktionen zum ModelloperatorHo berechnenD

φρ

hΩ(n); Ho

iφα

E= (Eo

ρ Eoα)D

φρ

Ω(n)φα

E=φρ jAjφα

:(4.24)

Page 117: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 113:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Algebraische Umformung

Computeralgebra

Graphische Methoden

CCCCCC

CCCCCC

VerallgemeinerteBlochgleichung

Coupled–ClusterGleichungen

AtomareStorungsreihen

Formale Theorie - Numerik

Abb. 2: Verschiedene Wege bei der Herleitung atomarer St¨orungsreihen. Alle diese Wege verfol-gen das Ziel, die formalen Gleichungen auf der linken Seite auf konkrete Systeme anzu-wenden und daf¨ur Formeln herzuleiten, die auch numerisch ausgewertet werden k¨onnen.Unsere Aufmerksamkeit hier ist vor allem auf die Entwicklung von Computeralgebra–Programmen gerichtet.

Aufgrund der obigen Definition des Wellenoperators in intermediarer Normie-rung Ω P = Ω und Ω Q = 0 sind nur solche Matrixelemente ungleich Null,fur die jφαi 2 M und

φρ62 M gilt. Die Energiedifferenz(Eo

ρ Eoα) ist

daher stets von Null verschieden, und die Matrixelemente des Wellenoperatorssind folglich D

φρ

Ω(n)φα

E=

φρ jAjφα

(Eo

ρ Eoα )

:(4.25)

Wir werden diese Matrixelemente im nachsten Abschnitt naher untersuchen.Wir wollen hier zunachst nur festhalten, daß die in der RS Storungstheorie auf-tretendencharakteristischen Energie–Nennerstets gleich der Energiedifferenzvon zwei

”ungestorten“ Eigenwerten sind. Deren zugehorige Eigenzustande

liegen dabei einmal außerhalb und einmal innerhalb des Modellraumes.

Bei der Auswertung von Operatorprodukten in zweiter Quantisierung stehendrei Wege zur Verfugung, die im Abb. 2 zusammengefaßt sind. Neben (i) derschrittweisen, algebraischen Vertauschung der Erzeugungs– und Vernichtungs-operatoren mit Hilfe der Antikommutator–Regeln (2.55) fur Fermionen wur-den in der Vergangenheit (ii) vor allem verschiedene graphische Methodenentwickelt (Goldstone 1957; fur eine ausfuhrlichere Darstellung siehe Lind-gren und Morrison 1986). Eine neuere Alternative bieten heute (iii) schließlichcomputeralgebraische Programme, die in dieser Arbeit im Vordergrund stehen.Alle drei Wege verfolgen das gleiche Ziel, die Operatorprodukte in zweiter

Page 118: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

114 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Quantisierung auf Normalordnung zu bringen und damit die Matrixelementezu den Funktionen des Modellraumes zu berechnen. Die direkte algebraischeVertauschung der Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren in (i) bietet all-gemein (selbst unter Ausnutzung des Wick’schen Theorems) keinen praktischgangbaren Weg. Daher wurden bereits sehr fruhzeitig graphische Methodenentworfen; wir gehen darauf kurz in Abschnitt 4.2.2 ein. Unser Schwerpunktist jedoch auf die Entwicklung computeralgebraischer (CA) Werkzeuge gerich-tet, die wir in Abschnitt 4.4 ausfuhrlicher vorstellen und diskutieren wollen.

Fast alle Rechnungen im Rahmen der Rayleigh–Schrodinger’schen Storungs-theorie, die den Wellenoperator (4.19) nach der Zahl der

”Storungen“V auf-

spalten, blieben bisher auf die zweite und (nur in wenigen Ausnahmen) dritteOrdnung beschrankt. Auch wenn die Beitrage in den einzelnen Ordnungen oft-mals eine glattverlaufende Konvergenz nahelegen, kann ein solches Verhaltenerst dann als gesichert gelten, wenn auch hohere Ordnungen berechnet wurden.Das Studium dieses Konvergenzverhaltens ist ein weiterer wichtiger Grund,warum die Herleitung auch komplizierterer Storungsreihen wunschenswert ist.

Eine andere Zerlegung des Wellenoperators, als sie in (4.19) angegeben ist,liegt der Coupled–Cluster Methode zugrunde. Darin wirdΩ nach Ein–, Zwei–,: : : ; nTeilchenanregungen

”aufgespalten“. Dies fuhrt schließlich zu entspre-

chenden Ein–, Zwei–,: : : ; nTeilchen Gleichungen, die iterativ gelost wer-den mussen; eine kurze Zusammenfassung zu dieser Methode enthalt der Ka-sten III. Der Coupled–Cluster Ansatz hat sich besonders bei der Berechnungder Korrelationsenergien undUbergangseigenschaften in (nahezu) neutralenAtomen mit einfacher Schalenstruktur bewahrt. Die in 4.4 diskutierten CAProgramme konnen auch fur diese Methode effektiv angewandt werden. ImRahmen dieser Arbeit wollen wir jedoch nicht naher auf den Coupled–ClusterFormalismus eingehen.

Page 119: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 115:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kasten III

Die Coupled–Cluster Methode

Bei neutralen und schwachionisierten Atomen konvergiert die traditionelle St¨o-rungstheorie, die den Wellenoperator (4.19) schrittweise in einzelnen Ordnungenbestimmt, oftmals nur recht langsam. Zur genaueren Vorhersage atomarer Eigen-schaften m¨ussen die St¨orungsreihen dann ¨uber die zweite oder gar dritte Ordnunghinaus fortgesetzt werden. In diesen F¨allen ist es sinnvoller, den Wellenoperator

Ω = 1 + Ω1 + Ω2 + : : :(4.26)

nach Ein–, Zwei–,: : : ; nElektronen Anregungen aufzuspalten. Eine besonderseffiziente Aufteilung des Wellenoperators gelingt mit dem Exponentialansatz

Ω = fexp(S)g = 1 + S+12!

S2 +

13!

S3 + : : : ;(4.27)

mit dem trotz einer Beschr¨ankung des ClusteroperatorsS auf Ein– und Zweielek-tronenanregungen praktisch auch alle dominanten Mehrelektronenanregungen er-faßt werden. Der Exponentialansatz wurde urspr¨unglich (in der Kernphysik) vonHubbard (1957) und Coster und K¨ummel (1960) fur geschlossenschalige Systemevorgeschlagen und in der Form des normalgeordneten Ansatzes (4.27) von Lind-gren (1978) auf offenschalige erweitert. Durch die mit den geschweiften Klam-mern angezeigte Normalordnung werden in der Reihenentwicklung der Exponen-tialfunktion alle Kontraktionen zwischen den Clusteroperatoren und damit unn¨oti-ge (

”spuriose“) Beitrage ausgeschlossen. DerExponentialansatzwird heute auch in

der (nichtrelativistischen) Quantenchemie von vielen Arbeitsgruppen verwendet.

Der ClusteroperatorS= S1 + S2 + : : : erfullt in IN eineahnliche Bloch–Gleichung(4.16) wie der Wellenoperator (Lindgren 1978)

[S; Ho ] P = (V Ω ΩVeff )connected;openP

Veff = P V Ω P;

die in derselben Form einzeln auch f¨ur jeden nElektronen ClusteroperatorSn

gilt. Damit wird ferner gleichzeitig auch dasLinked–DiagramTheorem erf¨ullt, so-lange nur verbundene(connected)Diagramme auf der rechten Seite ber¨ucksichtigtwerden (Lindgren 1987). Eine f¨ur praktische Rechnungen sehr wichtige N¨aherung,die als Coupled–Cluster Single–Double (CCSD) Approximation bezeichnet wird,beschrankt den Clusteroperator auf Ein– und Zweielektronenanregungen

S S1 + S2 = ∑i j

na†

i aj

osi

j + ∑i jkl

na†

i a†j alak

osi jkl :

Die dabei in der zweiten quantisierten Form auftretenden Koeffizientensij und si j

klheißen die (Ein– und Zweielektronen) Clusteramplituden. Wird diese N¨aherungnun in (4.27) eingesetzt, so ergeben sich f¨ur S1 und S2 zwei (etwas langere)

Page 120: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

116 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

gekoppelte Gleichungen, deren vollst¨andige Form bei Lindgren (1987) und bei Sa-lomonson undOster (1989a) angegeben sind. Diese Gleichungen k¨onnen erneutauch graphisch mit Hilfe von Feynman–Goldstone Diagrammen veranschaulichtwerden (siehe Lindgren 1987, 1992). Aus dem Vergleich der beiden Aufspaltungendes Wellenoperators (4.26) und (4.27) wird außerdem schnell deutlich, daß im letz-teren Falle mitS1 und S2 auch alle solchen Drei– und Mehrelektronenanregungeneingeschlossen sind, die sich in Ein– und Zweiteilchenanregungenfaktorisierenlassen.

Alle bisherigen atomaren Berechnungen mit dem Exponentialansatz wurden invollstandigenModellraumen (vgl. Abschnitt 4.3.1) durchgef¨uhrt. Diese Wahl ver-einfacht die Form der Coupled–Cluster Gleichungen; eine ausf¨uhrlichere Diskus-sion der Coupled–Cluster Theorie und ihrer Merkmale insbesondere bei der Ver-wendung allgemeinerer Modellr¨aume fuhren Lindgren und Mukherjee (1987) undLindgren (1991a).

Die Ein– und Zweielektronen Clusteramplituden sind die (gesuchten) L¨osungender gekoppelten Gleichungen zuS1 und S2 und werden gew¨ohnlich iterativ be-stimmt. Eine zu den Clusteramplituden alternative Schreibweise, wie sie beispiels-weise von der G¨oteborger Arbeitsgruppe verwendet wird, faßt diese Koeffizientenzu den sogenannten Brueckner–Korrekturen der besetzten Einteilchenorbitalejai

jδai = ∑r

sra jri

bzw. zu den Paarfunktionen

jUabi = ∑rs

srsab jrsi

zusammen, wobei die Summationen in beiden F¨allen uber alle Teilchenzust¨andelauft.

Relativistische (atomare) Coupled–Cluster Programme wurden in den Arbeits-gruppen in G¨oteborg (Salomonson undOster 1990), Notre Dame (Blundelletal 1991a,b; 1992) und in Tel–Aviv (Eliavet al 1994) entwickelt. Damit wurdenbislang vor allem Helium– und Beryllium–¨ahnliche Ionen (G¨oteborg) sowie ei-ne Reihe superschwerer Elemente (Tel–Aviv) untersucht. Von Blundellet al wur-den ferner recht aufwendige relativistische Coupled–Cluster Rechnungen f¨ur Ca-sium zu den 6s1=2; 7s1=2; 6p1=2; 7p1=2; 8p1=2 und 9p1=2 Zustanden durchgef¨uhrt.Derartige genaue Untersuchungen zur Elektronenstruktur in C¨asium werden bei-spielsweise bei der Analyse der atomphysikalischenExperimente zur Paritatsver-letzung(Noeckeret al 1988) ben¨otigt. Haufig wird jedoch auch in den relativi-stischen Rechnungen nur die Coulombwechselwirkung tats¨achlich in allen Ord-nungen eingeschlossen. Die Ein– und Zweiteilchenanregungen, die aufgrund derBreitwechselwirkung auftreten, werden wegen des Aufwandes dann anschließendnur storungstheoretisch in niedrigster Ordnung hinzugef¨ugt.

Die mit der Coupled–Cluster Methode beschriebenen Zustandsfunktionenjψαi=

fexp(S)g jψoαi konnen nat¨urlich auch zur Berechnung von atomarenUbergangs-

amplituden und Erwartungswerten verwendet werden. F¨ur normierte Anfangs–

Page 121: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 117:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

und Endzust¨ande aus dem Modellraum ist dieUbergangsamplitude zu einem Ope-ratorA D

ψof

fexp(S†f )gA fexp(Si)g

ψoi

ED

ψof

fexp(S†f )gfexp(Sf )g

ψof

E1=2 Dψo

i

fexp(S†i )gfexp(Si)g

ψoi

E1=2:(4.28)

Bei der Berechnung von Erwartungswerten muß im Ausdruck (4.28) stattdessenψof

E jψo

i i gesetzt werden. Die Berechnung solcher Matrixelemente f¨ur Atome

mit zwei Valenzelektronen war der Gegenstand meinerpost–docArbeit in Gote-borg. Erste Ergebnisse dieser Arbeit zu den Resonanz– und Interkombinationsli-nien Beryllium–ahnlicher Ionen werden wir dazu im Kasten VIII diskutieren. Ei-nige weitere Anwendungen relativistischer Coupled–Cluster Wellenfunktionen beider Berechnung atomarer Eigenschaften sind im Kasten VII aufgef¨uhrt.Coupled–Cluster Rechnungen f¨ur offenschalige Atome blieben bisher auf Atomemit einem oder zwei Valenzelektronen beschr¨ankt. Eine Erweiterung auf Atome,die gleichzeitig sowohl Valenzelektronen als auch L¨ocher enthalten, sind in derLiteratur bislang nicht bekannt. Eine solche Erweiterung erfordert nicht nur einenhoheren numerischen Aufwand, sondern zun¨achst vor allem das Aufstellen und dieWinkelreduktion der zugeh¨origen Gleichungen (Diagramme). Die im Abschnitt 4.4beschriebenen computeralgebraischen Programme sind die ersten Schritte auf die-sem sicherlich w¨unschenswerten Wege. Allerdings treten in solchen offenschaligenAtomen oftmals auch wichtige Drei– und Mehrteilchenanregungen auf, die zu nochsehr viel komplizierteren Gleichungen f¨uhren.

4.2.2 Zweite Quantisierung. Das Teilchen–Loch Bild

Der no–pair HamiltonoperatorHNP0 = Ho

0 + V 0 in (2.57) ist normalgeord-net bzgl. demanschaulichenVakuum jo0i , in dem zunachst keinerlei Elek-tronen (oder Positronen) auftreten. In Abschnitt 2.4 besprachen wir die grund-legenden Schritte, wie dieser Operator naherungsweise aus der QED herge-leitet werden kann. In diesem Zusammenhang wiesen wir bereits darauf hin,daß es fur Vielelektronenatome jedoch oftmals gunstiger ist, eine neues

”Viel-

teilchenvakuum“ joi zu definieren. Allerdings sollte dabei dieser neue Re-ferenzzustandjoi jΦi mit einer Slater–Determinante zusammenfallen, diezu irgendeiner benachbarten (abgeschlossenen) Edelgaskonfiguration gehort.Dies ist notwendig, um spater auch die Symmetrie freier Atome einfach aus-nutzen zu konnen. Gleichzeitig werden wir jedoch schnell erkennen mussen,daß selbst eine solche Neudefinition des

”Vakuums“ noch immer zu recht kom-

plizierten Storungsreihen fuhrt, sobald die Zahl der Elektronen im Atom deut-lich von diesernachsten geschlossenen Schalenstrukturabweicht. — Dem ge-

Page 122: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

118 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

genuber steht jedoch der nennenswerte Vorteil, daß wir bei dieser Wahl desVakuums alle Integrationenuber die elektronischen Winkelvariablen stets ana-lytisch ausfuhren konnen.

Aufgrund dieser Neudefinition des Vakuums mussen wir im Folgenden zwi-schenbesetztenund unbesetztenElektronenorbitalen injΦi unterscheiden.In der Sprache der Vielteilchenstorungstheorie werden die besetzten Orbitaledabei gewohnlich als Lochzustande und die unbesetzten als Teilchenzustandebezeichnet. In den (nachfolgenden) Formeln ordnen wir den Lochzustandendie Indizesa; b; c; : : : und den Teilchenzustanden die Indizesr; s; t; : : : zu;wir verwenden ferner wie bisher die Indizesi; j; k; : : : , falls wir (in den Sum-mationen) nicht zwischen Loch– und Teilchenzustanden unterscheiden wer-den. Diese Einteilung der Elektronenzustande (im positiven Zweig des Dirac–Spektrums) wird alsTeilchen–Loch–Bild(PARTICLE–HOLE FORMALISM ) be-zeichnet. In diesem Bild konnen anstelle der Erzeugungs– und Vernichtungs-operatorenak; a†

k der Elektronen nun entsprechende Teilchen–Loch Opera-toren eingefuhrt werden. Dies wird in vielen Lehrbuchern (siehe z.B. Lind-gren und Morrison 1986) ausfuhrlich erklart. Wir werden hier jedoch fur dieTeilchen–Loch Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren keine neuen Symbo-le einfuhren. Physikalisch bedeutet deren Definition namlich nichts anderes,als daß wir dieNormalordnungder Erzeugungs– und Vernichtungsoperato-ren der Elektronen, die aufgrund der

”Verschiebung“ des Vakuums entsteht,

neu erklaren. Allgemein heißt eine Folge von Erzeugungs– und Vernichtungs-operatorennormalgeordnet, wenn alle

”Erzeugungsoperatoren“links von al-

len”Vernichtungsoperatoren“ auftreten. Dabei konnen wir naturlich nur Teil-

chen/Locher in solchen Zustanden”vernichten“, die bereits besetzt sind; ein

”besetztes Loch“ ist jedoch nichts anderes, als daß sich in diesem Lochzustand

gerade kein Elektron aufhalt.

Fur daswahreVakuum jo0i sehen wir unmittelbar, daß fur alle Indizesk

ak jo0i 0 und ho0j a†k 0

ist. Diese Beziehungen gelten so allerdings nicht mehr, wenn wirjo0i ! jΦiersetzen, da wir in dem neudefinierten Referenzzustand naturlich ohne weite-res ein Elektron in einem Lochzustand

”vernichten“ konnen. Erinnern wir uns

daran, daß jeder Elektronenzustand nur einfach besetzt sein darf, so gilt offen-bar (mit den oben schon erklarten Indizes der Teilchen– und Lochzustande)

ar jΦi = a†c jΦi = 0

und

hΦj a†r = hΦj ac = 0:

Dies bedeutet, ein Operator in zweiter Quantisierung ist bzgl. dem Referenz-

Page 123: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 119:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

zustandjΦi genau dann normalgeordnet, wenn

alle Erzeugungsoperatoren von Teilchenzust¨anden

und

alle Vernichtungsoperatoren von Lochzust¨anden

9>=>;

alle Teilchen–Loch

Erzeugungs-

operatoren

links von

allen Vernichtungsoperatoren von Teilchenzust¨anden

und

allen Erzeugungsoperatoren von Lochzust¨anden

9>=>;

allen Teilchen–Loch

Vernichtungs-

operatoren

stehen. Die Reihenfolge der Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren inner-halb jedes dieser beiden Blocke ist zunachst beliebig, da alle Operatoren inner-halb eines solchen Blockes miteinander antikommutieren. Insbesondere ist

fa†r ; acg = far ; a†

cg = 0:

Die Zahl der Permutationen, die benotigt wird, um einen Operator in eine vor-gegebene Form zuuberfuhren, bestimmt jedoch das Vorzeichen. Jede paarwei-se Vertauschung in der Reihenfolge der Erzeugungs– und Vernichtungsopera-toren fuhrt zu einem Phasenfaktor(1) . Fur praktische Anwendungen ist esdeshalb sogar sinnvoll, eineNormalordnungsfolgezu definieren; wir schreibendiese symbolisch

(a†r ) (ac) (a†

c) (ar )(4.29)

und verwenden dazu die folgende Sprechweise: Die Erzeugungs– und Ver-nichtungsoperatoren erfullen genau dann eine Normalordnungsfolge, wenn al-le Vernichtungssoperatoren von Lochzustanden links von allen Erzeugungs-operatoren von Teilchenzustanden links von: : : stehen. Erneut ist damit nochnicht die Reihenfolge der Operatoren innerhalb jedes Teilblockes, z.B. desBlockes der Erzeugungsoperatoren von Teilchenzustanden, festgelegt.

Um nun denno–pair Hamiltonoperator (2.57) in eine Normalordnung bzgl.dem ReferenzzustandjΦi zu uberfuhren, sind alle Summanden einzeln mitHilfe von (2.55) umzuformen. Wir wollen dies nur fur die

”Einteilchenopera-

toren“

V10 = ∑

i j

a†i aj υ i

j ;(4.30)

vorfuhren, wobeiυ ij = hi jV(r) j ji die Einteilchenamplituden aus (2.57)

sind. Wir unterscheiden zunachst die Summationsindizesi und j nach demTyp der Einteilchenorbitale als Teilchen– bzw. Lochzustande

Page 124: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

120 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

V10 = ∑

ab

a†aabυa

b + ∑ar

a†aar υa

r + ∑ra

a†r aaυ r

a + ∑rs

a†r asυ r

s

= ∑ab

(δab aba†a)υa

b + : : :

= ∑a

υaa + ∑

ab

fa†aabgυa

b + : : :

= ∑a

υaa + ∑

i j

fa†i ajgυ i

j :

In den letzten beiden Zeilen verwenden wir geschweifte Klammern um dieErzeugungs– und Vernichtungsoperatoren herum, um anzuzeigen, daß nur dieNormalproduktedieser Operatoren bzgl. dem ReferenzzustandjΦi gemeintsind. In einem solchen Normalprodukt mussen die Erzeugungs– und Vernich-tungsoperatoren in ihre Normalordnung gebracht werden,bevorder Operatorauf einen Zustand angewendet werden darf. Die geschweiften Klammern sinddaheraquivalent zur Annahme, das alle Operatoren innerhalb dieser Klam-mern miteinander antikommutieren. Außer einer zu (4.30) vollkommen analo-gen Summeuber alle Teilchenindizesi und j , tritt in der Normalordnung zum

”Vielteilchenvakuum“ nun jedoch der erste Summand als ein konstanter Term

hinzu.Ahnliche Schritte fur V20 aus (2.57) fuhren zu einem (zusatzlichen)ef-

fektivenEinteilchenpotential, wie wir es bereits in (2.64) angegeben haben.Wir fassen hier die verschiedenen Beitrage desno–pair Hamiltonoperators inihrer Normalordnung bzgl. dem Vielteilchenvakuumjoi jΦi schließlichnochmals etwasubersichtlicher zusammen

Ho = Eo + ∑i

fa†i aigεi ; Eo = ∑

a

εa(4.31)

V = Vo + V1 + V2(4.32)

mit

Vo = ∑a

hajV(r) jai + 12 ∑

ab

habjjabi(4.33)

V1 = ∑i j

fa†i ajg hi jv j ji

= ∑i j

fa†i ajg

hi jV(r) j ji + ∑

a

hia jj jai

(4.34)

V2 =12 ∑

i jkl

fa†i a

†j al akg hi j jv12 jk li :(4.35)

In diesen Formeln verwenden wir die (oftmalsubliche) Abkurzung

hi j jjk li = hi j jv12jk li hi j jv12j l ki ;(4.36)

Page 125: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 121:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

um die direkten und Austausch–Matrixelemente zur Elektron–Elektron Wech-selwirkung (2.38) zusammenzufassen. Der zweite Term vonV1 in (4.34) ist dasDirac–Fock Potential des ReferenzzustandesjΦi . Das gesamte effektive Ein-teilchenpotentialV1 ist daher geradegleich der Differenz des Dirac–Fock Po-tentials und desjenigen Potentials, das (additiv zum Kernpotential) der Berech-nung der Elektronenzustande zugrundegelegt wird.Bei der Verwendung derDirac–Fock Orbitale des ReferenzzustandesjΦi verschwinden folglich alleEinteilchenanregungen identisch, d.h.V1 0. Storungsentwicklungen, die vondieser Wahl des Einteilchenpotentials ausgehen, werden in der Quantenchemiehaufig als Møller–Plesset’sche Storungsreihen bezeichnet; in der Atomphysikist dieser Name allerdings weniger gebrauchlich. Die strengeUbertragung die-ses Verfahrens auf den relativistischenno–pair Hamiltonoperator (2.64) setztferner voraus, daß gleichzeitig auch die Breitwechselwirkungen im atomaren

”mean–field“ enthalten sind.

In vielen Rechnungen werden die beiden Anteile (2.32) und (2.36) derElektron–Elektron Wechselwirkung nicht vollig gleichberechtigt behandelt.Fur die schwacheren Beitrage der Breitwechselwirkung ist es meist ausrei-chend, sie storungstheoretisch

”in erster Ordnung“ zu berucksichtigen. Zur

Formulierung der Storungsreihen, in denen eine solche Unterscheidung vor-genommen wird, werden oftmals die Abkurzungen

gi jkl =

i j

1r12

k l

; gi jkl = gi jkl gi jlk = hi j jjk liCoulomb(4.37)

bi jkl = hi j jb12 jk li ; bi jkl = bi jkl bi jlk = hi j jjk liBreit(4.38)

verwendet. Mit diesen Bezeichnungen ist das Dirac–Fock Potential

(VDF)i j = ∑ahia jj jaiCoulomb = ∑

a(gia ja giaa j ) = ∑

agia ja :(4.39)

wobei die Summationuber den Indexa uber alle Orbitale lauft, die im Refe-renzzustandjΦi besetzt sind.

In der Herleitung der normalgeordneten Operatoren (4.31–4.35) (und auchspater bei der Aufstellung der Storungsreihen) bleibt die konkrete Form desPotentialsV(r) , daß zur Berechnung des Dirac’schen Einteilchenspektrumsverwendet wird, zunachst weitgehend unbeachtet. Aus unserer Argumentationin Abschnitt 2.4 ist jedoch klar, daß dieses Potential sowohl die statische Cou-lombabstoßung (2.32) als auch die (frequenzabhangige) Breitwechselwirkung(2.36) enthalten kann.

Wir geben nun auch dem Wellenoperator eine analoge, normalgeordnete Dar-stellung in zweiter Quantisierung

Ω = 1 + ∑i j

fa†i ajgxi

j +12 ∑

i jkl

fa†i a

†j al akgxi j

kl + : : : :(4.40)

Page 126: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

122 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Da der Wellenoperator allerdings nur auf dem Modellraum definiert ist, d.h.stets als OperatorproduktΩP auftritt, verschwinden folglich einige der Termevon vornherein: Insbesondere kann (i) kein Teilchenzustand vernichtet werden,der in allen Determinantenjφαi α= 1; : : : ; d des Modellraumes unbesetzt ist.Dasselbe gilt (ii) fur die Erzeugung von Lochzustanden, die in allenjφαi 2Mbereits besetzt sind. Eine geeignete Einteilung der Teilchen– und Lochzustandein Modellraumen, die bei offenschaligen Atomen vorkommen, besprechen wirzu Beginn von Abschnitt 4.3.

Die wesentliche Schwierigkeit beim Umgang mit Operatoren in zweiter Quan-tisierung ist, daß das Produkt von zwei solchen Operatoren (oder gar meh-reren) zunachst naturlich nicht normalgeordnet ist. Eine Normalordnung derErzeugungs– und Vernichtungsoperatoren ist jedoch erforderlich, um Matrix-elemente einfach berechnen zu konnen oder um die Terme einer Gleichungauf beiden Seiten miteinander zu identifizieren. Dazu mussen die Erzeugungs–und Vernichtungsoperatoren solange — paarweise — antikommutiert werden,bis die Normalordnung in allen Termen hergestellt ist. Bei dieser Umordnungtritt (abgesehen von einem trivialen Vorzeichenwechsel) jedesmal dann einzusatzlicher Term auf, wenn die Reihenfolge der Erzeugungs– und Vernich-tungsoperatoren des gleichen Orbitals vertauscht wird(aka

†k = a†

kak + 1) .Auch diese

”Zusatzterme“ mussen im folgenden dann auf Normalform ge-

bracht werden. Bei mehreren, in einer beliebigen Reihenfolge vorgegebenenErzeugungs– und Vernichtungsoperatoren konnen aus diesem Umordnungpro-zeß sehr leicht eine Vielzahl von Einzeltermen hervorgehen. Die

”Buchhal-

tung“ der verschiedenen Terme ist heute gewissermaßen das Haupthindernis,die Vielteilchenstorungstheorie haufiger auch auf Atome mit offenen Schalenanzuwenden.

Eine nennenswerte Vereinfachung bei der Umordnung der Erzeugungs– undVernichtungsoperatoren auf Normalform folgt aus demWick’schen Theorem:Dieses sagt, daß neben dem Normalproduktf : : :g der Operatoren auch dieNormalprodukte aller moglichen Kontraktionen dieser Operatoren zu beruck-sichtigen sind. Oft wird das Wick’sche Theorem fur zwei normalgeordneteOperatorenfAg undfBg in zweiter Quantisierung symbolisch durch

fAg fBg = fABg + fcABg(4.41)

ausgedruckt. Kontraktiert werden dabei alle Paare von Operatoren, bei denenein Teilchen–Loch Vernichtungsoperator ausfAg links von einem Teilchen–Loch Erzeugungsoperator ausfBg steht. Außer den einfachen Kontraktionensind auch alle erlaubten zwei–, drei–,: : : ; nfach Kontraktionen einzubezie-hen. Der Beweis des Wick’schen Theorems wird in vielen Lehrbuchern derQuantenfeldtheorie angegeben; er ist auch bei Lindgren und Morrison (1986)enthalten. Das Theorem kannuberdies auch graphisch formuliert werden undist insbesondere in dieser Form oft bei der Herleitung der Storungsreihen der

Page 127: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 123:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

MBPT angewandt worden. Wir kommen darauf im nachsten Abschnitt nochkurz zu sprechen.

4.2.3 Feynman–Goldstone Diagramme

Jeder Operator in zweiter Quantisierung kann auch graphisch dargestellt wer-den. Wir wollen hier kurz die in der atomaren MBPT sehr haufig verwendetenFeynman–Goldstone Graphen vorstellen. Die diagrammatische Darstellung hatden Vorteil, daß die Beitrage einer Storungsreihe oftmals einfacher und vor al-lem ubersichtlicher herzuleiten sind. Daneben erhalten die in den Storungsrei-hen auftretenden Korrekturterme eine

”bildliche“ Interpretation, die haufig in

der physikalischen Diskussion einer Strukturrechnung verwendet wird. Ver-schiedene graphische Darstellungen wurden von Goldstone (1957), Hugen-holtz (1957), Brandow (1967), Sandars (1969) und anderen eingefuhrt. DieGoldstone‘schen Diagramme sind den ursprunglich von Feynman (1949) ein-gefuhrten Graphen amahnlichsten. Die Darstellungen von Hugenholtz undBrandow sind dagegen kompakter, sie lassen sich aus diesem Grunde aberauch nur schwer auf

”neue Fragen“ anwenden. Heute werden in der Atom-

struktur vor allem die Goldstone’schen Diagramme (mit einigen spater hin-zugefugten graphischen Regeln) verwendet; wir werden diese im folgendenals Feyman–Goldstone Diagramme bezeichnen. Diese Diagramme wurden invielen verschiedenen Falluntersuchungen angewandt und sind insbesondere indem Buch von Lindgren und Morrison (1986) sehr gut dargestellt. Graphi-sche Methoden werden jedoch nicht allein bei der Herleitung der einzelnenTerme einer Storungsreihe benutzt, sondern auch bei der analytischen Integra-tion uber die elektronischen Winkelvariablen. Diese sogenannteWinkelreduk-tion (ANGULAR REDUCTION) muß fur jedes Feynman–Goldstone Diagrammim allgemeinen getrennt durchgefuhrt werden, bevor eine Storungsreihe zu ir-gend einer atomaren Eigenschaft numerisch ausgewertet werden kann. — DerNachteil graphischer Methoden ist, daß bei komplexeren Herleitungen haufig(irrtumlicherweise) falsche Phasen und Gewichtsfaktoren eingefuhrt werden,die sich spater nur schwer erkennen und eliminieren lassen.

Wir werden die graphischen Darstellungen und Methoden — im Gegensatzzu den meisten in der Literatur verfugbarenUbersichtsarbeiten — hier nichtweiter in den Vordergrund stellen. Unser bereits genanntes Ziel ist, diessel-ben (und daruberhinausgehende) Herleitungen mit Hilfe computeralgebrai-scher Programme durchzufuhren. In Abb. 3 geben wir zur Illustration dahernur die graphische Darstellung des ModelloperatorsHo und der Storung Vaus (4.31–4.35) an.

Jeder Erzeugungs– und Vernichtungsoperator ist in der diagrammatischen Dar-stellung allgemein mit einem freien Ende eines gerichtetenTeilchenpfadesver-

Page 128: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

124 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Abb. 3: Graphische Darstellung des ungest¨orten HamiltonoperatorsHo und der St¨orung V inNormalform [vgl. (4.31–4.35), aus Lindgren (1978)]. Darin bezeichnen den Eigenwertεi der Elektronenorbitale, das Matrixelement des effektiven Einelektronenpo-tentialsυ und die Elektron–Elektron Wechselwirkungv12. In vielen Darstellun-gen wird allein fur die Coulombabstoßung verwendet und den Breittermen einefett durchgezogene Wechselwirkungslinie zugeordnet. Besondere Sorgfalt ist notwen-dig, wenn die beiden Anteile der Elektron–Elektron Wechselwirkung als

”unabhangige“

Storungen betrachtet werden sollen. Die Wechselwirkungslinien stehen in den Golsto-ne’schen Diagrammen allein f¨ur die Operatoren, d.h. die direkten und Austauschmatrix-elemente werden graphisch unterschieden.

knupft. Solche Teilchenpfade konnen verschiedene Vertices (Wechselwirkun-gen) anlaufen; jeder dieser Pfade muß dabei entweder zwei freie Enden besit-zen oder in sich geschlossen sein. D.h., ein Teilchenpfad darf niemals an einemVertex enden. Allen Abschnitten eines Teilchenpfades werden bestimmte Ein-teilchenzustande zugeordnet, die in den algebraischen Ausdrucken gerade mitden entsprechenden Elektronenorbitalen zusammenfallen. Eine in einen Ver-tex einlaufende Teilchenlinie beschreibt die Vernichtung des Elektrons im zu-geordneten Einteilchenzustand, die auslaufende Linie dagegen die Erzeugungdes Elektrons in einem anderen Zustand. Dies bedeutet, jeder Vertex verursachtallgemein dieAnderung eines Einteilchenzustandes. Die Teilchenlinien allerLochzustande werden abwarts und die aller Teilchenzustande aufwarts gerich-tet. Mit diesen

”graphischen Regeln“ laufen alle Linien, die mit der Vernich-

tung eines Teilchen–Loch Zustandes verknupft sind von unten in die Verticesein, wahrend alle Teilchenlinien, die zur Erzeugung eines Teilchen–Loch Zu-standes gehoren, vom Vertex nach oben weglaufen. Jeder Vertex ist ferner miteiner Wechselwirkungslinie verknupft, die das entsprechende Matrixelement

Page 129: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 125:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

reprasentiert. Wir wollenuber diesenersten Eindruckeiner graphischen Dar-stellung der Operatoren hinaus keine weiteren Details nennen und verweisenstattdessen auf Kelly (1969) und die Bucher von Lindgren und Morrison (1986)sowie von Harriset al (1992).

Haufig werden die einem Operator zugeordneten Diagramme alsFragmen-te bezeichnet. Bei derBerechnung von Operatorprodukten, d.h. der Umfor-mung des Operatorproduktes in eine Summe normalgeordneter Operatoren,werden diese Fragmente dann nach strengen graphischen Regeln zusammen-gesetzt. Betrachten wir beispielsweise zwei OperatorenA und B, die jeweilsnur aus einem Fragment bestehen, so lautet die graphische Formulierung desWick’schen Theorems (4.41), daß im Normalprodukt der OperatorenfABgbeide Diagramme ohne jede Verknupfung einfach nebeneinander geschriebenwerden. Bei einer einfachen Kontraktionen vonfAg undfBg wird dagegen einauslaufender Teilchenpfad vom FragmentB mit einem einlaufenden Pfad vonA so verknupft, daß der Richtungssinn des zusammengesetzten Pfades erhaltenbleibt. Einernfachen Kontraktion entspricht folglich die Verbindung vonnTeilchenpfaden ausB und A. Wird ein Operator dahernach rechtsauf einenZustand angewandt, so spielen stets nur die einlaufenden Teilchenpfade eineRolle.

Die Zuordnung der Feynman–Goldstone Diagramme und Fragmente zu denalgebraischen Ausdrucken ist eineindeutig. Die graphischen Herleitungenkonnen zur numerischen Berechnung der Storungsreihen daher schließlichauch in die entsprechenden algebraischen Formenuberfuhrt werden. Die fol-gendenGoldstone’schen Regeln(Goldstone 1957, Lindgren und Morrison1986) helfen, ausgehend von einem (graphisch hergeleiteten) Diagramm, denzugehorigen algebraischen Ausdruck aufzustellen.

1. Zu jedem freien (nicht in sich geschlossenen) Teilchenpfad gehort ein Erzeu-gungs– und ein Vernichtungsoperator, der mit der aus– bzw. einlaufenden Linieverknupft ist. Im algebraischen Ausdruck tritt das Normalprodukt dieser Paarevon Operatoren

f(a†a)1(a†a)2 : : :g

auf.

2. Zu jeder Wechselwirkungslinie gehort ein Matrixelement, wobei die Art derWechselwirkung durch die graphische Form dieser Verbindungslinie charak-terisiert wird. Die Einteilchenfunktionen in den Matrixelementen entsprechenden an den Vertices ein– und auslaufenden Teilchenlinien. Derublichen Kon-vention folgend stehen die einlaufenden Orbitale auf der rechten und die aus-laufenden Orbitale auf der linken Seite der Matrixelemente.

3. Zu jedem internen Abschnitt eines Teilchenpfades, der zwei Vertices mit-einander verbindet, gehort eine Summationuber alle Orbitale dieser Klasse.

Page 130: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

126 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(Fur Atome mit abgeschlossenen Schalen reicht es dabei aus, allein zwischenTeilchen– und Lochzustanden zu unterscheiden; in Abschnitt 4.3 stellen wirjedoch zu Beginn eine allgemeinere Einteilung der Elektronenorbitale vor, dieauch zur Beschreibung offenschaliger Atome geeignet ist.)

4. In den Diagrammen zum WellenoperatorΩ und zu den effektiven Operato-ren Heff und Veff muß zu jedem Paar benachbarter Wechselwirkungslinien ein

”charakteristischer“ Energie–Nenner

∑ ε (Teilchen) ∑ ε (Locher)(4.42)

hinzugefugt werden. Dabei lauft die Summationuber aller Teilchen– und Lo-chindizes, die an einer gedanklich gezogenen Schnittliniezwischenden Wech-selwirkungslinien abgelesen werden konnen.

5. Die Phase des Diagrammes ist(1)h+l ; wobei h die Zahl der internen

”Locher“–Linien undl die Zahl der in sich geschlossenen Teilchenpfade

(LOOPS) bezeichnet.

6. Werden in einer Storungsreihe allein die topologisch verschiedenen Diagram-me betrachtet, so gehort zu jedem vertauschbaren Vertex bzw. zu jeder ver-tauschbaren Gruppe von Vertices ein Gewichtsfaktor 1=2. Bei komplizierterenGraphen unterlaufen insbesondere bei der Anwendung dieser Regel rasch Feh-ler.

Fur offenschalige Atome ist es oftmals bei Weitem nicht einfach, diese — aufden ersten Blick recht simpel erscheinenden — Regeln fehlerfrei umzusetz-ten. Praktisch treten bei der graphischen Herleitung der Storungsreihen insbe-sondere bzgl. der Phasen und Gewichte der Diagramme schnell Irrtumer auf.Auch ist die fehlerlose graphische Umsetzung des Wick’schen Theorem beimehreren freien Enden der Teilchenlinien nicht gerade trivial. In der Fachlite-ratur werden daher mit diesen Methoden nur selten Herleitungen vorgefuhrt,die uber eine einfache Schalenstruktur und die zweite Ordnung (der Storungs-reihen) hinausgehen.

4.2.4 DasLinked–DiagramTheorem

DasLinked–DiagramTheorem (LDT) fuhrt bei der Herleitung von Storungs-reihen oftmals zu einer deutlichen Verminderung des Aufwandes. Dieses Theo-rem3 sagt aus, daß die Storungsreihe zum WellenoperatorΩ nur offene, zu-sammenhangendeDiagramme (OPEN AND LINKED DIAGRAMS) enthalt. Al-le ubrigen (UNLINKED ) Diagramme, die nur zu Anregungen innerhalb des

3In der Festk¨orpertheorie wird diesselbe Aussage h¨aufig als Linked–Cluster–Theorem be-zeichnet; sie wird dort gew¨ohnlich jedoch nur f¨ur eindimensionale Modellr¨aume formuliert, diedann gerade mit dem Referenzzustand zusammenfallen. In diesem Falle ist eine Unterscheidungin Systeme mit

”geschlossener“ und

”offener“ Struktur nicht notwendig. Diese erforderliche Un-

terscheidung bei der Beschreibung von Atomen kommt haupts¨achlich durch die gew¨unschte Aus-nutzung der Drehsymmetrie zustande.

Page 131: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.2. Rayleigh–Schr¨odinger’sche St¨orungstheorie 127:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Modellraumes fuhren, heben sich dagegen in jeder einzelnen Ordnung derStorungstheorie vollkommen auf. Diese Diagramme brauchen folglich bei derHerleitung der Storungsreihen gar nicht weiter beachtet werden. Das LDT wirdmitunter kurz mit Hilfe eines zusatzlichen Index’ auch in der verallgemeinertenBloch–Gleichung (4.12)

[Ω; Ho ] P = (V Ω ΩVeff )linkedP

ausgedruckt. Da dieses Theorem in jeder Ordnung einzeln erfullt ist, konnenwir auch h

Ω(n); Ho

iP = (V Ω ΩVeff )

(n)linkedP(4.43)

schreiben. Eine ganzahnliche Formulierung dieses Theorems gilt daruberhin-aus auch fur die Coupled–Cluster Naherung (vgl. Kasten III).

Das Linked–Diagram Theorem wird in der atomaren Storungstheorie oft-mals graphisch veranschaulicht. Dazu mussen die Diagramme zunachst nachverschiedenen Kriterien, wie zum BeispielCONNECTED, DISCONNECTED,OPEN, CLOSED, LINKED , UNLINKED , : : : klassifiziert werden. EinemUN-LINKED Diagramm entspricht dabei ein algebraischer Ausdruck, der (i) selbstkeine Erzeugungsoperatoren besitzt, die zu virtuellen Orbitalen gehoren, oderin dem (ii) ein solches Fragmentfaktorisiertwerden kann. Allerdings setzt dieobige Formulierung des LDT voraus, daß die Unterscheidung zwischeninter-nen und externenAnregungen fur den gewahlten Modellraum eindeutig ist.Wir kommen auf die Einteilung der Modellraume, die einer solchen eindeu-tigen Unterscheidung Rechnung tragt, noch im folgenden Abschnitt zu spre-chen. Wir halten hier nur fest, daß das LDT in dieser Formulierung zumindestimmer gilt, wenn der Modellraum gerade aus allen Determinanten besteht, diezu einer einzelnen Elektronenkonfiguration (3.5) gehoren.

Bei der computeralgebraischen Herleitung der Storungsreihen spielt das LDTeine etwas untergeordnete Rolle, da die einzelnen algebraischen Ausdruckeim Verlaufe der Umformungen oftmals nicht weiter klassifiziert werden. DieUNLINKED Diagramme heben sich dannexplizit aufgrund der korrekten Be-rechnung der Phasen und Gewichtsfaktoren heraus.

Das Linked–Diagram Theorem wird induktiv bewiesen; einen Beweis fuhrenz.B. Lindgren und Morrison (1986) zur obigen Form (4.43) und Lindgren(1978) fur die Coupled–Cluster Naherung. Das LDT wurde urspruglich vonGoldstone (1957) fur geschlossenschalige Systeme (d.h. in Singlekonfigura-tion und ohne Entartung der Basisfunktionen des Modellraumes) aufgestelltund spater von Brandow (1967) auch fur entartete Niveaus bewiesen. Bran-dow zeigte, daß die nichtzusammenhangenden (UNLINKED ) Diagramme sichin allen Ordnungen jeweils gegenseitig aufheben. Allerdings mussen in denoffenschaligen Atomen dann auch sogenannte gefaltete Diagramme (FOLDED

OR BACKWARD) berucksichtigt werden.

Page 132: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

128 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

4.3 Storungstheorie fur offenschalige Atome

Offenschalige Atome werden gegenuber Atomzustanden mit einer geschlosse-nen Schalenstruktur haufig durch kompliziertere Modellraume charakterisiert.Wir brauchen hier nicht weiter darauf hinweisen, daß fur offenschalige Atomedie Basisfunktionenjφαi des Modellraumes allgemein nicht mit dem Refe-renzzustandjΦi zusammenfallen werden (vgl. Abschnitt 4.2.2). Neben den(a) unbesetzten Teilchen– und den (b) vollstandig besetzten Lochzustandentreten in den Modellraumen offenschaliger Atome allgemein auch (c) Valenz-zustande auf, die in einigen Determinantenjφαi 2 M besetzt und in anderenunbesetzt sind. Fur praktische Rechnungen ist es allerdings zweckmaßiger, dieValenzzustande (c) in Abhangigkeit des ReferenzzustandesjΦi von vornher-ein in zwei Klassen zu unterteilen. Wir wollen hier die Bezeichnungen der ver-schiedenen Klassen der Orbitale, die wir im folgenden noch nutzen werden,zusammenfassen:

(i) Core–Orbitalebezeichnen die Lochzustande (bzgl. dem VakuumjΦi ),die in allen Determinantenjφαi 2M besetzt sind.

(ii) Valenz–Core Orbitalesind alle die Lochzustande, die zumindest ineiner der Determinantenjφαi 2M unbesetzt sind.

(iii) Valenz–Orbitalesind Teilchenzustande, die in einigen (oder allen)Determinantenjφαi 2M besetzt sind.

(iv) Virtuelle Orbitalesind schließlich Teilchenzustande, die im gesamtenModellraumM unbesetzt sind.

Diese Einteilung ist in Abb. 4 nochmals veranschaulicht. Vollkommen unbe-setzte Elektronenschalen zu den Valenz–Core Orbitalen oder vollstandig be-setzte Elektronenschalen zu den Valenzorbitalen durfen im Grunde genommenzwar auftreten, konnen durch eine geeignete

”Neudefinition“ des Referenz-

zustandesjΦi jedoch stets eliminiert werden. Die Unterscheidung der Va-lenzzustande in Valenz–Core und Valenz–Orbitale hat den Vorteil, daß wir dieWahl des

”Vielteilchenvakuums“ bei der Herleitung der Storungsreihen und

in der spateren Diskussion nicht immer als zusatzliche Bedingung beachtenmussen.

Ein Ausdruck der Neudefinition des”Vakuums“ ist der sogenannteeffektive

Teilchencharakter eines Systems (oder auch genauer eines festgelegten Mo-dellraumes). In der spateren Diskussion werden wir die betrachteten Atom-zustande, d.h. die zugehorigen Determinanten im Modellraum, gewohnlichanhand der Anzahl der besetzten Valenz–Orbitale und der unbesetzten Valenz–Core Orbitale charakterisieren und kurz als(m;n) Zustande bezeichnen. DerGrundzustand eines Beryllium–ahnlichen Ions kann dann entweder in einem(0;0) Modellraum mit den beiden Core–Schalen 1s und 2s beschrieben wer-den oder bei neutralem Beryllium, in dem eine Quasi–Entartung der 2s und 2p

Page 133: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.3. Storungstheorie f¨ur offenschalige Atome 129:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

VirtuelleOrbitale

———————————————

Teilchenzust¨ande

Valenz–Orbitale

———————————————

Fermi–Niveau

Valenz–CoreOrbitale

———————————————

Lochzustande

Core–Orbitale

———————————————

Abb. 4: Klassifizierung der Elektronenorbitale. Jede”Spalte“ kann als Besetzung einer De-

terminantejφαi 2 M interpretiert werden. Links: In offenschaligen Atomen werdenzweckmaßigerweise vier verschiedene Klassen von Orbitalen unterschieden; rechts: DieDefinition des Fermi–Niveaus unterteilt die Orbitale in Teilchen– und Lochzust¨ande.

Einteilchenenergien auftritt, auch vorteilhafter in einem(2;0) Modellraum. Inletzteren Falle gehoren nur die 1s Elektronenorbitale zum Core, wahrend 2sund 2p als die Valenz–Orbitale auftreten. Ein Neon–Atom andererseits, beidem ein Elektron von der 2p in die 3s Schale angeregt wurde, wird dann auchalseffektives Ein–Teilchen–ein–Loch(1;1) Atom bezeichnet.

4.3.1 Erweiterte Modellraume

Fur offenschalige Atome mussen meist mehrdimensionale Modellraume ver-wendet werden, um der Entartung der

”ungestorten“ Losungenfjφαig zum

ModelloperatorHo Rechnung zu tragen. Wir betrachten zunachst die Anwen-dung des WellenoperatorsΩ in zweiter Quantisierung (4.40) auf eine Deter-minantejφαi 2 M . Jeder einzelne Term des Wellenoperators fuhrt darin all-gemein zu einer Anregung der besetzten Elektronenorbitale, wobei wir sehreinfach zwischen zwei verschiedenen Klassen von Anregungen unterscheidenkonnen:

– Internen Anregungen, die zu einem anderen Zustand des Modellraumesφβ2M fuhren sowie

– externe Anregungen, die aus dem betrachteten Modellraum herausfuhren.

Dabei ist unmittelbar klar, daß z.B. eine Anregungvon einem Core–Orbitalbzw. die Anregungin ein virtuelles Orbital (gemaß unserer obigen Definitio-

Page 134: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

130 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

nen dieser Orbitalfunktionen) stets aus dem Modellraum herausfuhren. Dage-gen konnen die Terme des Wellenoperators, die nur Erzeugungs– und Vernich-tungsoperatoren zu den Valenz– und/oder Valenz–Core Orbitalen enthalten,allgemein sowohl interne als auch externe Anregungen hervorrufen, wobei derspezielle Charakter einer Anregung schließlich sogar von der jeweiligen Ba-sisfunktionjφαi 2M abhangen wird.

Fur eineubersichtliche Formulierung der RS Storungstheorie ist es wunschens-wert, daß ein und derselbe WellenoperatorΩ auf dem gesamten Modellraumdefiniert ist. Diese Forderung hangt nun allerdings eng damit zusammen, in-wieweit wir die Anregungen des Wellenoperatorseindeutigals internoderex-tern klassifizieren konnen, und zwar so, daß diese Unterscheidung gleicher-maßen fur alle jφαi 2 M gilt. Dieser Zusammenhang laßt sich sehr einfacherkennen. Wir sehen uns dazu den zweiten Term auf der rechten Seite derBloch–Gleichung (4.16) an, der das OperatorproduktPVΩP enthalt. Der Pro-jektionsoperatorP auf der linken Seite dieses Termes eliminiert alle Beitragevom ProduktV Ω , die selbst aus dem Modellraum herausfuhren. Diese Pro-jektion darf bei einer eindeutigen Unterscheidung jedoch fur verschiedene De-terminantenjφαi 2M nicht verschieden sein, wenn derselbe WellenoperatorΩ im gesamten Modellraum gelten soll. Wir erkennen daher unmittelbar, daßeine eindeutige Aufteilung in interne und externe Anregungen sowohl notwen-dig als auch hinreichend ist, damit diese Forderung tatsachlich erfullt bleibt(Lindgren 1985).

Fur offenschalige Atome konnen verschiedene Modellraume gewahlt werden,in denen die Unterscheidung in interne und externe Anregungen eindeutig, d.h.fur alle Determinantenjφαi 2 M gleich ist. Wir wollen hier die wichtigstenKlassen solcher Modellraume nochmals zusammenstellen — so, wie sieubli-cherweise auch den meisten praktischen Anwendungen zugrundeliegen (Lind-gren 1985).

Wir gehen dazu zunachst von einer Aufteilung der Valenzschalen in einzelneBlocke (A; B; : : :) aus. Ein Modellraum heißt dannquasi–vollstandig, wenndarin alle Determinanten eingeschlossen werden, in denen die Besetzungszah-len jedes Blockes(NA; NB; : : : ) jeweils konstant gehalten wird. Ein solcherModellraum fuhrt zu einer eindeutigen Aufteilung in interne und externe An-regungen. Jede Anregung, die die Besetzungszahlen konstant halt, ist intern,wahrend alle verbleibenden Anregungen extern sind. Aus der Menge allerquasi–vollstandigen Modellraumen sind ferner einige Spezialfalle besondershervorzuheben.

Wir nennen einen Modellraum beispielsweisevollstandig, wenn alle Valenz-schalen zueinemder obigen Blocke zusammengefaßt werden. VollstandigeModellraume umfassen daheralle Determinantenjφαi , die aus einer beliebi-gen Verteilung der Valenzelektronen auf die Valenz– und Valenz–Core Orbitalehervorgehen. In einem solchen Modellraum sind alle Anregungen intern, die

Page 135: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.3. Storungstheorie f¨ur offenschalige Atome 131:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

allein Valenzelektronen enthalten, da solche Anregungen ja gerade nur einerUmordnung der Valenzelektronen untereinander entsprechen.

Eine einzelne Elektronenkonfiguration (3.5) ist ebenfalls stets quasi–vollstan-dig. Jede der relativistischen (Unter–)Schalen entspricht dabei einem separatenBlock.

Ein weiterer, interessanter Spezialfall umfaßt die Menge aller Determinanten,bei der die Zahl der besetzten Valenz–Orbitale und die Zahl der unbesetztenValenz–Core Orbitale fur sich genommen konstant gehalten werden. In diesemFall sind m und n in der Bezeichnung(m;n) deseffektivenSystems fur alleDeterminantenjφαi 2M gleich.

Um stets einen Wellenoperator definieren zu konnen, der im gesamten Mo-dellraum gilt, werden wir uns im weiteren Verlauf auf quasi–vollstandige Mo-dellraume beschranken. Nur fur solche Modellraume namlich gilt auch dasLDT in der oben angegeben Form (4.43). Diese Form gilt dagegen nicht fureinen beliebigen, unvollstandigen Modellraum.

4.3.2 Feyman–Goldstone’sche Storungsreihen

Mit unseren Kenntnissen aus dem Abschnitt 4.2 konnen wir nun das praktischeHerangehen der Rayleigh–Schrodinger’schen Storungstheorie in drei Teilauf-gaben kurz zusammenfassen:

a) Darstellung und Auswertung des Wellenoperators,

b) Darstellung und Auswertung der Matrix zum effektiven HamiltonoperatorHeff

bzw. zur effektiven StorungVeff sowie

c) die (evtl.) Herleitung der Storungsreihen zu anderen, vom Wellenoperatorabhangigen Eigenschaften.

Diese Aufgaben skizzieren den Weg, wie wir von der verallgemeinertenBloch–Gleichung (4.16) — einer Operatorgleichung — schließlich zur Be-rechnung der gesuchten Energien und atomaren Eigenschaften gelangen. Alledrei Aufgaben konnen sowohl graphisch als auch algebraisch formuliert undumgesetzt werden.

Jeder dieser Schritte fuhrt zur Aufstellung einer (oder mehrerer) Feynman–Goldstone’schen Storungsreihen, in denen entweder ein Operator oder ein Ma-trixelement [zwischen den Determinantenjφαi 2 M ] als Summe von Pro-dukten verschiedener Einelektronen– oder Zweielektronen–Matrixelementegeschrieben wird. DieseStorungsreihensind die

”gesuchten Formeln“ der

Rayleigh–Schrodinger’schen Theorie. Sie konnen anschließend mit Hilfe deseingangs vorausgesetzten Einelektronen–(Dirac–) Spektrums sofort berechnetwerden. Wir wollen nun zunachst einige allgemeinere Bemerkungen zu die-sen drei Aufgaben voranstellen, bevor wir in den folgenden Abschnitten dieSchritte, die wir dazu im einzelnen durchfuhren mussen, weiter detaillieren.

Page 136: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

132 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Mit Hilfe des Modelloperators (4.31) und des Wellenoperators (4.40) in zwei-ter Quantisierung konnen wir den Kommutator auf der linken Seite der Bloch–Gleichung nun einfach auf Normalform bringen

[Ω; Ho ] = ∑i j

fa†i ajg (εi ε j)xi

j

+12 ∑

i jkl

fa†i a

†j al akg(εi + ε j εk ε l)xi j

k l + : : : :(4.44)

Eine vollig analoge Darstellung gilt naturlich auch fur den WellenoperatorΩ(n) in jeder einzelnen Ordnungn. Gelingt es uns nun, die Operatorproduk-te auf den rechten Seiten der entsprechenden Bloch–Gleichungen (4.20–: : :)ebenfalls auf Normalform zu bringen, so konnen wir die Terme auf der lin-ken und rechten Seite einfach miteinander identifizieren. Dies fuhrt uns (a)in jeder Ordnungn zu den Bestimmungsgleichungen fur die Koeffizientenx(n) i

j ; x(n) i jkl ; : : : . Jede dieser Bestimmungsgleichungen kann dabei sowohl al-

gebraisch als auch graphisch hergeleitet und geschrieben werden.

Aus (4.44) erkennen wir ferner unmittelbar den Ursprung der in der (traditio-nellen) Rayleigh–Schrodinger’schen Storungstheorie — in der der Wellenope-rator nach einzelnen Ordnungen (4.19) aufgespalten wird — auftretenden, cha-rakteristischen Energie–Nenner der einzelnen Beitrage, die wir bei den Gold-stone’schen Regeln bereits erwahnten.

Auf der rechten Seite der Bloch–Gleichung treten die ProjektionsoperatorenPin verschiedener Weise auf. Der Projektor rechts außen zeigt an, daß der Wel-lenoperator allein im ModellraumM definiert ist. Großere Schwierigkeitenbereitet hingegen der ProjektionsoperatorP, der im zweiten OperatorproduktzwischenΩ und V auftritt. Dieser Term auf der rechten Seite der Bloch–Gleichung fuhrt in der graphischen Darstellung des Wellenoperators fur of-fenschalige Atome zu den sogenanntengefaltetenDiagrammen (FOLDED OR

BACKWARD), die das LDT zu verletzen scheinen. Die”Ruckfaltung“ der Teil-

chenpfade in den entsprechenden Diagrammen ist jedoch gerade Ausdruck die-ses Projektionsoperators, dessen korrekte Berucksichtigung einige Sorgfalt er-fordert.

Fur die weitere Diskussion ist es nun sinnvoll, auch dem ProjektionsoperatorP eine Darstellung in zweiter Quantisierung zuzuordnen

P = ∑α2M

jφαihφαj = ∑α2M

(a†)(a†)(a†)α joihoj (a)(a)(a)α :(4.45)

Darin bedeutet(a†)(a†)(a†)α eineKettevon Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren(OPERATOR STRING), die den Zustandjφαi

jφαi = (a†)(a†)(a†)α joi(4.46)

Page 137: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.3. Storungstheorie f¨ur offenschalige Atome 133:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

aus dem Vielteilchenvakuumjoi jΦi heraus”erzeugt“.(a)(a)(a)α bezeichnet den

dazu adjungierten Operator. Aus der obigen Klassifizierung der Elektronenor-bitale folgt sofort, daß in den Operatoren(a†)(a†)(a†)α , die gemeinsam mit Hilfe von(4.46) den ModellraumM

”aufspannen“, nur Vernichtungsoperatoren zu den

Core–Valenz Orbitalen und Erzeugungsoperatoren zu den Valenz–Orbitalenvorkommen konnen. Entsprechend der in 4.2.2 definierten Normalordnungs-folge stehen ferner die Erzeugungsoperatoren zu den Valenz–Orbitalenlinksvon den Vernichtungsoperatoren der Valenz–Core Orbitale. Wir werden dazuin Abschnitt 4.4.3 noch eineerweiterte Normalordnungsfolgefestlegen, dieder Einteilung der Elektronenorbitale bei offenschaligen Atomen aus Abb. 4gerechter wird. Aus (4.45) wird jedoch deutlich, daß jeder ProjektionsoperatorP, der in irgend einem Operatorprodukt zwischen anderen Operatoren vor-kommt, eine (intermediare) Projektion auf das Vakuum hervorruft.

Das Auftreten einer solchen (intermediaren) Projektion auf das Vakuum kannselbst verwendet werden, um den Wellenoperator (und andere Storungsrei-hen) in einer zu (4.19) verschiedenen Weise zu klassifizieren. In der Bloch–Gleichung (4.16) und im effektiven HamiltonoperatorsHeff wird die Ordnungeinzelner Terme der Storungsreihen durch die Zahl der auftretenden Wechsel-wirkungenV bestimmt. Eine andere Einteilung wird im sogenannten

”Q–box“

Formalismus mitunter in der Kernstrukturtheorie vorgenommen. Darin wer-den die

”Ordnungen“ einer Storungsreihe anhand der Zahl der

”Faltungen“,

d.h. der Projektionenjoihoj , gegliedert. In jeder dieser Gruppen konnen da-her eine verschiedene Anzahl von Wechselwirkungslinien auftreten. Dieses inder Kernphysik ausfuhrlicher untersuchte Herangehen (Kuo und Osnes 1990,Hjorth–Jensenet al 1994) wurde fur die Berechnung von Atomen bisher je-doch nicht naher analysiert.

Der Wellenoperator kann (b) zur Berechnung sowohl des effektiven Hamil-tonoperatorsHeff als auch anderer Eigenschaften verwendet werden. Dabei istHeff nur im ModellraumM definiert. Anstelle einer expliziten Darstellungdes effektiven Hamiltonoperators ist es gewohnlich jedoch zielstrebiger, mitden Funktionenjφαi 2 M die Matrix zu H (n)

eff = P H Ω(n) P zu berechnen.Aus der Diagonalisierung der (bis zur Ordnungn vollstandigen) Matrix zumeffektiven Hamiltonoperator folgen dann sowohl die gesuchten Energien biszur OrdnungE (n+1)

α als auch die Modellfunktionenjψoαi in nter Ordnung.

Zum Wellenoperator innter Ordnung gehoren dabei die Energiekorrekturenin (n+1)ter Ordnung. Ganzahnlich zum Ansatz (3.1) aus Kapitel 3 sind inintermediarer Normierung die Modellfunktionen

jψoαi = ∑

β2Mcαβ

φβ

(4.47)

Linearkombinationen derfφβg , die im Modellraum eine

”Basis“ aufspan-

nen.

Page 138: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

134 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(c) Mit dem WellenoperatorΩ und den Modellfunktionenjψoαi stehen uns

(in der Ordnungn, bis zu der wir die Schritte (a) und (b)”gelost“ haben)

nun auch die gesuchten Atomzustande jψαi zur (evtl.) Berechnung andererStruktur– und Zerfallseigenschaften der Atome zur Verfugung. Aus der Line-arkombination (4.47) der Modellzustande laßt sich unmittelbar ablesen, daßwir alle diese Eigenschaften letztlich auf Matrixelemente zwischen den Funk-tionen jφαi 2M zuruckfuhren konnen.

4.3.3 Vakuumamplituden

Die Teilaufgaben (b) und (c) aus 4.3.2 erfordern die Auswertung und Verein-fachung der Matrixelemente effektiver Operatoren

φα jAeff jφβ

=D

o(a)(a)(a)α Aeff (a

†)(a†)(a†)β

oE(4.48)

mit den Funktionenfjφαig des Modellraumes. Wir wir erkennen, konnen allediese Matrixelemente sehr einfach auf die Berechnung von Vakuumamplitudenzuruckgefuhrt werden, wenn wir die zugehorigen Erzeugungs– und Vernich-tungsoperatoren in(a)(a)(a)α und (a†)(a†)(a†)β auf die effektiven Operatoren

”uberwer-

fen“. Dieser einfache Zusammenhang erleichtert vor allem die computeralge-braische Herleitung der entsprechenden Storungsreihen. Bringen wir namlichden effektiven Operator(a)(a)(a)α Aeff (a†)(a†)(a†)β erneut auf Normalform, dann ver-schwinden alle Terme identischD

oa†

i aj : : : ak

oE 0;

in denen die Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren nicht vollstandig kon-traktieren4. Dieses Herangehen verdeutlicht nochmals unser anfangliches Be-muhen, die Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren in den Operatorproduk-ten stets auf Normalordnung zu bringen.

Bei der Berechnung der totalen Energien bzw. Energiekorrekturen sind die zu-gehorigen effektiven Operatoren

Aeff = Heff und Aeff = Veff

der effektive Hamiltonoperator bzw. die effektive Storung aus (4.15). BeimStudium anderer atomarer Eigenschaften interessieren uns in der Atomstruk-tur ferner vor allem Matrixelemente zu symmetrischen EinteilchenoperatorenF = ∑N

i f (r i) oder ZweiteilchenoperatorenG = ∑Ni< j g(r i; r j) . Darin lau-

fen die Summationen jeweilsuber alleN Elektronenkoordinaten. Die zweitequantisierte Form dieser (symmetrischen) Operatoren ist ganz analog zur Dar-stellung der StorungenV1 und V2 in (4.34–4.35)

4Der Vakuumzustand wird dabei als normierthoj oi = 1 vorausgesetzt.

Page 139: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.3. Storungstheorie f¨ur offenschalige Atome 135:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

F = ∑i j

a†i aj hi j f j ji = ∑

i j

fa†i ajg hi j f j ji + ∑

a

haj f jai(4.49)

G =12 ∑

i jkl

a†i a

†j al ak hi j jgjk li

=12 ∑

i jkl

fa†i a

†j al akg hi j jgjk li + ∑

i j

fa†i ajg∑

a(hia jgj jai hia jgja ji)

+12 ∑

ab

(habjgjabi habjgjbai)(4.50)

Allgemein benotigen wir die Matrixelemente dieser Operatoren mit den atoma-ren Zustandenjφαi (und sicher nicht mit irgendwelchen Funktionen außerhalbdes Modellraumes, die durch die Bloch–Gleichung ja gar nicht beschriebenwerden). Die entsprechenden effektiven Operatoren sind dann

Aeff = Ω† F Ω und Aeff = Ω† GΩ :(4.51)

Fassen wir das Ergebnis der letzten beiden Abschnitte nochmals kurz zusam-men, so konnen wir den WellenoperatorΩ(n) , jeden effektiven OperatorAeff

sowie jedes Matrixelement stets als Storungsreihe darstellen. In den meistenFallen interessieren uns schließlich jedoch nur die Vakuumamplituden auf derrechten Seite von Gleichung (4.48). Dabei

”uberleben“ aus den Storungsreihen

des zugehorigen Operatorproduktes(a)(a)(a)α Aeff (a†)(a†)(a†)β — nachdem wir dieses zu-erst auf Normalform gebracht haben — nur die vollstandig kontraktierten Ter-me. Mit diesen Schritten haben wir (auf unserem vorerst noch abstrakten Ni-veau) jedoch bereits das Ziel erreicht, alle physikalischen Großen als Summe(von Produkten) von Einelektronen– und Zweielektronen–Matrixelementendarzustellen. Jede dieser Storungsreihen ist oftmals ein langerer Ausdruck,dessen Komplexitat bei offenen Schalenstrukturen, d.h. der Zahl der in(a)(a)(a)αund (a†)(a†)(a†)β vorkommenden Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren, raschanwachst. — Anders als im MCDF Modell ist die konkrete Gestalt der(genaherten) atomaren Zustande jψαi in den hergeleiteten Summen nichtmehr erkennbar. Zugleich wird aus unserer Argumentation hier aber auch deut-lich, daß ein einfacher und zielgerichteter Umgang mit solchen Storungsreihenletztlich daruber entscheidet, mit welchem Erfolg sich die RS Storungstheorieauf offenschalige Atome anwenden laßt.

4.3.4 Winkelreduktion

Die in ihren Symmetrieeigenschaften bzgl. einer Drehung und Spiegelung derKoordinaten fest vorgegebenen Elektronenorbitale (2.5) erlauben, die (nume-rische) Berechnung der Feynman–Goldstone Graphen deutlich zu vereinfa-chen. Alle Integrationenuber die Winkelkoordinaten der Elektronen, die in den

Page 140: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

136 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Einelektronen– und Zweielektronen–Matrixelementen vorkommen, konnenanalytisch ausgefuhrt werden. Dies erfolgt ganzahnlich zur Vereinfachungder Matrixelemente zur Elektron–Elektron Wechselwirkung in Abschnitt 2.3.Zusatzlich lassen sich mit Hilfe der Racah–Algebra auch alle Summationenuber die magnetischen Quantenzahlen der Dirac–Orbitale (2.5) analytisch ver-einfachen, wenn fur den ReferenzzustandjΦi eine Determinante mit abge-schlossenen Elektronenschalen verwendet wird. Diese beiden Schritte wer-den wieder als dieWinkelreduktion(ANGULAR REDUCTION) der Feynman–Goldstone Terme bezeichnet. Praktisch werden dafur meist graphische Metho-den zur Racah–Algebra eingesetzt; diese ersetzten die fur die Clebsch–GordanKoeffizienten und Wignern j Symbole bekannten Orthogonalitatsrelationenund Summenregeln. Wir wollen darauf nicht naher eingehen (einige hilfreicheLiteratur dazu wurden bereits in 3.2 angegeben) und bemerken nur, daß auchbei der Verwendung graphischer Methoden bereits ab zweiter Ordnung derStorungstheorie ein nennenswerter Aufwand verbunden ist. Dieser Aufwandnimmt mit hoherer Ordnung schnell zu.

Um die Winkelreduktion auch komplexerer Feynman–Goldstone Graphen zuerleichtern, wurde ein computeralgebraisches Konzept entworfen (siehe Ka-sten IV). Dieses Konzept wurde bisher noch nicht vollstandig implementiert.In einer ersten Version (Fritzsche 1997) konnen damit charakteristischeRa-cahausdruckenumerisch ausgewertet werden. Kasten IV zeigt die typischeStruktur eines Racahausdruckes und einige ausgewahlte Anwendungsbeispie-le. Zur Vereinfachung der Feynman–Goldstone’schen Storungsreihen mussenin einem Folgeschritt ferner die fur Vielteilchenanwendungen wichtigen Or-thogonalitats– und Summenregeln einbezogen werden.

Ein Beispiel zur Reduktion der Winkelvariablen betrachteten wir bereits inAbschnitt 2.3 bei der Berechnung der Matrixelemente zur Elektron–ElektronWechselwirkung. Darin sahen wir, daß sich die Matrixelemente zur Coulomb–und Breitwechselwirkung mit den Dirac–Orbitalen (2.5) einfach faktorisierenlassen

gi jkl = ∑L

JL (i jkl ) XLCoulomb(i jkl )(4.52)

bi jkl = ∑L

JL (i jkl ) XLBreit(i jkl )(4.53)

mit

JL (i jkl ) = ∑M

(1) j i+ j j+LmimjM

ji L jk

mi M mk

j j L jl

mj M ml

(4.54)

und den effektiven Wechselwirkungsstarken aus (2.43) und (2.46). Mit Hilfeder Identitat

Page 141: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.3. Storungstheorie f¨ur offenschalige Atome 137:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kasten IV

Maple Prozeduren zur Racah Algebra

Spharische Tensoren und die Kopplung von Drehimpulsen spielen bei der Beschrei-bung quantenmechanischer Vielteilchensysteme eine entscheidende Rolle. In vie-len Fallen werden quantitative Aussagen ¨uber das Verhalten solcher Systeme erstdadurch m¨oglich, daß alle Wechselwirkungen und Operatoren durch irreduzibleTensoren ausgedr¨ucked werden. Dabei beruht das Kalk¨ul der spharischen Tenso-ren auf den bekannten Vertauschungsrelationen der Drehimpulsoperatoren und gehtvor allem auf die fruhen Arbeiten von Racah Anfang der 40er Jahre zur¨uck. Heutewird diese Kalkul oft kurz als Racah–Algebra bezeichnet. Deren Methoden wurdenin den 50er und 60er Jahren zun¨achst in enger Anlehnung an die Kern– und Atom-struktur entwickelt. Dar¨uberhinaus gibt es inzwischen aber auch zahlreiche weitereAnwendungen, die von der Streuung niederenergetischer Elektronen an Atomenund Molekulen uber das Studium verschiedenster Winkelabh¨angigkeiten bis hinzur Hochenergiephysik reichen.

Der Vorteil der Racah–Algebra ist die analytisch ausf¨uhrbare Integration ¨uber dieWinkelvariablen eines Systems. Im Abschnitt 4.3.4 bezeichneten wir die entspre-chende analytische Vereinfachung der St¨orungsreihen daher auch als Winkelre-duktion der Feynman–Goldstone Diagramme. Oft f¨uhrt diese analytische Integra-tion jedoch zu recht komplizierten Ausdr¨ucken, die in der Racah–Algebra ent-weder durch verallgemeinerte Clebsch–Gordan Koeffizienten oder mit Hilfe Wig-ner’schern j Symbole dargestellt werden. In der j¨ungeren Literatur werden dieWigner’schen Symbole heute oftmals wegen ihrer weit h¨oheren Symmetrie bevor-zugt. Abb. IV.1 veranschaulicht die allgemeine Form solcher algebraischen Aus-drucke, die wir im folgenden kurz alsRacahausdruckbezeichnen wollen.

Abb. IV.1: Typische Struktur eines Racahausdruckes.

Racahexpr := ∑j1; j2; :::

(1)2 j1 j2+ ::: j3=21 [ j2] : : :

: : j1j2 : J

8<:

: : :

j1 : :

: : j2

9=; : : :

Racahausdr¨ucke lassen sich gew¨ohnlich mit Hilfe bekannter Orthogonalit¨ats– undSummenregeln erheblich vereinfachen. Allerdings kann die Anwendung dieser Re-geln gerade aufgrund der hohen Symmetrie dern j Symbole und der Vielzahlder bekannten Regeln sehr m¨uhsam sein. Daher wurden in den vergangenen Jahr-zehnten verschiedene graphische Methoden entwickelt (El–Bazel und Castel 1972,Lindgren und Morrison 1986). Einen alternativen Weg bieten heute jedoch com-puteralgebraische (CA) Programme. Wir wollen hier einen kurzenUberblick zueinem interaktiven CA Programm geben , das von mir in den vergangenen Jah-ren entworfen wurde und gegenw¨artig entwickelt wird (Fritzsche 1997). DiesesProgrammpaket soll sowohl bei der Berechnung einzelnern j Symbole hel-fen als auch k¨unftige eine engere Verbindung mit der Vielteilchenst¨orungstheoriegewahren. Die gegenw¨artige Version erlaubt die numerische Berechnung komple-

Page 142: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

138 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

xer Racahausdr¨ucke sowie deren Vereinfachung mit Hilfebesonderer n j Symbo-le (SPECIAL VALUES).

Eine Beschreibung der bislang definierten Datenstrukturen und der bereits imple-mentierten Regeln ist bei Fritzsche (1995,1997) enthalten. Insgesamt umfaßt dasgegenwartige Programm etwa 60 einzelne Maple Prozeduren, von denen die wich-tigsten in Tabelle IV.1 zusammengefaßt und kurz erkl¨art sind. Eine alphabetischeErlauterung zu allen Kommandos, ¨ahnlich zu der in Kasten V vorgestellten Be-schreibung zum Programm APEX, ist imReference Manual for the Racah package(Fritzsche 1995) verf¨ugbar. Zur Unterscheidung von den internen Maple Komman-dos beginnen alle neu entwickelten Prozeduren mit dem Pr¨afix Racah .

Zur Illustration, wofur sich das Racah Programm verwenden l¨aßt, zeigen wir dieBerechnung zweier Wigner’schern j Symbole. Wie gehen dabei von einer be-kannten Beziehung zwischen den 9 j und 6 j Symbolen aus (Rotenberget al1959) 8<

:a b ec d ef f 0

9=;=

(1)b+c+e+ f

[ (2e+1)(2 f +1) ]1=2

a b ed c f

:(4.55)

Wir berechnen beide Seiten dieser Identit¨at unabh¨angig fur die Parameterwertea=

3=2; b= 7=2; c= 2; d = 3; e= 4; f = 3=2. Wir beginnen zun¨achst mit der linkenSeite

> w9j := Racah set( w9j,3/2,7/2,4,2,3,4,3/2,3/2,0):> Racah compute(w9j);

-.008132500612

wobei die beiden Einzelschritte sofort verst¨andlich sind. Die erste Zeile definiertdas 9 j Symbol und weist es der Variablenw9j zu. In der zweiten Zeile wirdder numerische Zahlenwert berechnet und auf dem Bildschirm angezeigt. Ganzanaloge Schritte f¨uhren unabh¨angig auch f¨ur die rechte Seite der Gleichung (4.55)ans Ziel. Wir weisen deren (numerischen) Wert der Variablenrhs zu.

> w6j := Racah set( w6j,3/2,7/2,4,3,2,3/2):> rhs := Racah set( Racahexpression,w6j):> rhs := Racah add( phase,3/2+2+4+3/2,rhs):> rhs := Racah add( factor,1/sqrt((2*4+1)*(2*3/2+1)),rhs):

Das Ergebnis

> Racah compute(rhs);

-.008132500610

bestatigt unmittelbar die urspr¨ungliche Identitat. Ganz ¨ahnlich kann auch eine ex-plizite Summation ¨uber verschiedene Quantenzahlen in nur wenigen interaktivenSchritten ausgef¨uhrt werden.

Damit wird nach der weiteren Implementierung aller der f¨ur Vielteilchenanwen-dungen wichtigen Orthogonalit¨ats– und Summenregeln ein sehr praxisorientier-tes Hilfsmittel zur Vereinfachung typischer Ausdr¨ucke der Racah–Algebra zurVerfugung stehen.

Page 143: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.3. Storungstheorie f¨ur offenschalige Atome 139:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Tab. IV.1: Wichtige Prozeduren des Racah–Programmes.

Racahadd() Fugt ein n j Symbol, einen Summationsindex,einen Phasen– bzw. Gewichtsfaktor, etc. zu einenzuvor definierten Racahausdruck hinzu.

Racahcompute() Berechnet den numerischen Wert eines Racahaus-druckes. Alle explizit auftretenden Summationenwerden intern im richtigen Parameterbereich aus-gefuhrt.

Racahdelete() Entfernt einn j Symbol, einen Summationsindex,etc. von einem bereits definierten Racahausdruck.

Racahevaluate() Versucht, einen allgemeinen Racahausdruck schritt-weise zu vereinfachen. Daf¨ur wird der Ausdruckzunachst auf

”special values“ ¨uberpruft; spater sol-

len hier auch die Orthogonalit¨ats- und Summenre-geln einbezogen werden.

Racahhelp() Zeigt eine Liste der verf¨ugbaren Kommandos.Racahprint() Schreibt einen Racahausdruck in gut lesbarer Form.Racahrecursionforw3j() Wendet wahlweise verschiedene Rekursionformeln

auf ein 3 j Symbol an.Racahset() Dient der Eingabe eines Racahausdruckes. G¨ultige

Eingaben sind Wigner’schen j Symbole,Clebsch–Gordan Koeffizienten oder allgemeinereRacahausdr¨ucke.

JL0 (i jlk ) = ∑L

[L]

ji jl L0

j j jk L

JL0 (i jkl )(4.56)

konnen dann auch die antisymmetrisierten Coulomb– und Breitintegrale

gi jkl = ∑L

JL (i jkl ) ZLCoulomb(i jkl )

bi jkl = ∑L

JL (i jkl ) ZLBreit(i jkl )(4.57)

ZL (i jkl ) = XL (i jkl ) + [L] ∑L0

j j jl L0

ji jk L

XL0

(i jlk )(4.58)

geschlossen ausgedruckt werden. In diesen Formeln kennzeichnen die ge-schweiften Klammernf : : :g die Wigner’schen 6 j Symbole.

Abgesehen von diesem Beispiel konnen aber auch weit kompliziertere Feyn-man–Goldstone Graphen auf eine niederdimensionale (Radial–)Integration(gewohnlich eine 1– oder 2–dimensionale Integration) zuruckgefuhrt werden.

Page 144: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

140 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

4.4 Herleitung atomarer Storungsreihen

In den Abschnitten 4.3.2 und 4.3.3 erkannten wir, daß sich sowohl der Wel-lenoperatorΩ als auch die Matrixelemente jedes effektiven Operators, die mitden Eigenfunktionen des ModelloperatorsHo berechnet werden, allgemein aufeine Summe verschiedener Feynman–Goldstone Graphen (bzw. ihrer zugeord-neten algebraischen Ausdrucke) zuruckfuhren laßt. Wir bezeichneten eine sol-che Reduktion als atomare Storungsreihe. Wir wollen nun die wichtigsten Ein-zelschritte erklaren, die bei der Herleitung der Storungsreihen auftreten. Wirverwenden dabei Sprechweisen, die sich bereits nahe an der computeralge-braischen Manipulation der Operatoren und Matrixelemente orientieren. An-schließend beschreiben wir ein Computeralgebra (CA) Programm, daß auchzur Herleitung der Storungsreihen in offenschaligen Atomen geeignet ist. Beider Diskussion einzelner Storungsreihen beschranken wir uns der Einfachheithalber jedoch hauptsachlich auf die Energiekorrekturen zu geschlossenschali-gen und einfachen offenschaligen Atomen. Fur andere atomare Eigenschaftengeben wir spater in Kasten VII nur eine Aufstellung einiger, bisher in der Lite-ratur untersuchter Systeme an.

4.4.1 Grundschritte

Die Herleitung der Storungsreihen kann in vier Schritten zusammengefaßt wer-den. Dabei setzten wir voraus, daß alle Operatoren eine Darstellung in zweiterQuantisierung besitzen. Die Matrixelemente zu diesen Operatoren berechnenwir mit den Funktionenjφαi 2M , die im Modellraum eine orthogonale Basisaufspannen.

1. Auswertung der Operatorprodukte,die auf der rechten Seite der Bloch–Gleichungen (4.20–: : : ) bzw. in den effektiven Operatoren (4.15) und (4.51)auftreten. Dazu muß die Folge der Erzeugungs– und Vernichtungsoperatorenin ihre Normalformuberfuhrt werden. Fur diesen Schritt konnen sowohl diein 4.2.3 genannten graphischen Methoden als auch ein computeralgebraischesProgramm verwendet werden, das wir im nachsten Abschnitt besprechen. DasErgebnis ist eine Summe normalgeordneterOperatorterme.

2. Definition und Darstellung des Modellraumes.Zur Charakterisierung des Mo-dellraumes (bzw. der Funktionenjφαi 2 M ) wird dabei die Zahl der be-setzten Valenz–Orbitale sowie die Zahl der unbesetzen Valenz–Core Orbita-le genutzt. DieseBesetzungszahlenbestimmen die

”Gestalt“ des Projektions-

operators (4.45), d.h. die Anzahl der Erzeugungs– und Vernichtungsopera-toren, legen ihn aber allerdings noch nicht endgultig fest. Die Basisfunktio-nen jφαi 2M werden bzgl. dem Referenzzustand als Fock–Raum Funktionen(4.46) beschrieben. Diese Darstellung ist besonders einfach, solange nur(1;0)

Page 145: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 141:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

und (0;1) Zustande auftreten. Bei zwei oder mehreren besetzten Valenz–Orbitalenund / oderunbesetzten Valenz–Core Orbitalen ist es dagegen (mit-unter) sinnvoller, die Basisfunktionen des Modellraumes bereits von Beginnan zugutem Drehimpulszu koppeln. Fur einen(1;1) Atomzustand (z.B. ei-nem einfach angeregten Edelgasatom) kann ein 1–dimensionaler Modellraumdurch den gekoppelten Zustand (Avgoustoglouet al1992)

joph; JMi = Fana†naa joi(4.59)

definiert werden. Darin ist (wieublich) a†n a†

nnκn mn; aa anaκa ma und

Fan = ∑mamn

(1) jama h jnmn; ja majJ Mi :(4.60)

Die zu denjφαi 2M dualen Funktionensind dann mit Hilfe der adjungiertenErzeugungs– und Vernichtungsoperatoren in vertauschter Reihenfolge einfachdarzustellen.

3. Berechnung der Vakuumamplituden (4.48).Darin sindAeff der normalgeord-nete Operator aus Schritt (1) und(a)(a)(a)α sowie (a†)(a†)(a†)β die Fock–Raum Darstel-lungen der Basisfunktionen des Modellraumes. Wir weisen darauf hin, daß mitden Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren, die in (4.46) vorkommen, kei-nerlei implizite Summation verknupft ist. Dies steht im Gegensatz dazu, wiedie Indizes gewohnlich in deneffektivenOperatoren auftreten. Wir besprechendeswegen im folgenden Abschnitt eine Festlegung, die die in den Storungsrei-hen auftretenden Summationen unmittelbar mit der Bezeichnung der Indizesverknupft. Eine solche Festlegung erleichtert die Herleitung der Storungsrei-hen wesentlich.Bei der Auswertung der Vakuumamplituden (4.48) liefern naturlich nur dievollstandig kontraktierten Terme von Null verschiedene Beitrage. Wir erhal-ten mit diesem Schritt somit schließlich als Ergebnis eineUberlagerung ver-schiedener Einelektronen– und Zweielektronen–Matrixelemente. Mitunter istes auch sinnvoll, die beiden Schritte (1) und (3) zusammenzufassen.

4. Winkelreduktion.In diesem Schritt werden in den Matrixelementen alle Orbi-talfunktionen als Dirac–Orbitale (2.5) dargestellt und die Operatoren in sphari-sche Tensoren zerlegt. Zur Integrationuber die elektronischen Winkelvariablenwerden die magnetischen Quantenzahlen mit Hilfe des Wigner–Eckardt Theo-rem abgespalten und alle Summationen daruber mit den Regeln zur Racah–Algebra vereinfacht. Neben den bisherublichen graphischen Methoden sollenzukunftig auch bei diesem Schritt computeralgebraische Programme weiter-entwickelt und eingesetzt werden (vgl. 4.3.4 und Kasten IV).

Nach diesen vier Schritten verbleiben nur Ein– und Zweielektronen Radialinte-grale, die gewohnlich numerisch berechnet werden mussen. Diese Radialinte-grale sind mit den entsprechenden Winkelkoeffizienten zu multiplizieren undanschließend aufzusummieren. Die Berechnung der Radialintegrale benotigt

Page 146: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

142 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

die meiste Rechenzeit und muß daher in einer der traditionellen, algorithmi-schen Programmiersprachen umgesetzt werden. Bei komplizierteren Storungs-reihen treten oftmals jedoch sehrahnliche Radialintegrale auf, die bereits aufalgebraischer Ebene zusammengefaßt werden konnen. Graphisch werden dazugewohnlich neue

”Fragmente“ definiert, die in einer Storungsreihe diegemein-

samen Anteileverschiedener Feynman–Goldstone Diagramme”zusammenfas-

sen“. Dies kann durch computeralgebraische Hilfsmittel ebenfalls erleichtertwerden.

4.4.2 Computeralgebraische Losungen

Die Computeralgebra (CA) hat sich in den vergangenen Jahren zu einem sehrwichtigen Hilfsmittel in der Physik und den technischen Wissenschaften ent-wickelt. Ihre gegenwartig weiteste Verbreitung in der Physik betrifft die Ten-soralgebra und Analysis in der Allgemeinen Relativitatstheorie. Dafur wurdensehr umfangreiche Programme entwickelt (Soleng 1995). In der Atomphysikist die CA bisher nur wenig eingesetzt worden. Dies wird sich in den kommen-den Jahren aber sicherandern. Erfolgversprechende Anwendungen sind dieHerleitung der Storungsreihen, die Vereinfachung komplizierterer Ausdruckeder Racah–Algebra oder auch die Untersuchung der Winkelabhangigkeit inatomaren und molekularen Streuprozessen. Wir wollen hier die Entwicklungdes Programmpaketes APEX (ATOMIC PERTURBATION EXPANSIONS) vor-stellen, das auch fur die Herleitung der Storungsreihen offenschaliger Atomegenutzt werden kann.

Zunachst fassen wir jedoch einige wichtige Vorteile des Einsatzes computeral-gebraischer Programme zusammen; diese Werkzeuge gewahrleisten beispiels-weise:

Die Verwendung einer der mathematischen Formulierung eng angelehnte Sym-bolik und Sprache.

Transparenz bei der Aufstellung einer Storungsreihe wobei

die wesentlichen Einzelschritte, die bei der Herleitung einer Storungsreihe aus-gefuhrt werden mussen, praktisch unabhangig von der konkret untersuchtenEigenschaft sind.

Eine hohere Zuverlassigkeit bei der Vielzahl der notwendigen,aquivalentenUmformungen, als sie manuell gewohnlich erreichbar ist.

Einfache Manipulationen von Storungsreihen.

Interaktive Arbeitsweise.

Die Zuverlassigkeit der CA Programme bei der Herleitung von atomarenStorungsreihen betrifft vor allem den Umgang mit den Phasen und den Ge-wichtsfaktoren, die zu den einzelnen Termen gehoren. Ferner geht bei einer

Page 147: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 143:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

großeren Anzahl der Feynman–Goldstone Graphen aber auch schnell derUber-blick uber die gesamte Storungsreihe verloren; CA Programme ermoglichenhier eine deutlich zuverlassigere

”Buchhaltung“.

Die genannteTransparenzbei der Herleitung mag auf den ersten Blick er-staunlich wirken. Sie laßt sich dadurch begrunden, daß sich auch in umfang-reicheren Anwendungen der CA Programme alle Zwischenschritte sehr ein-fach nachvollziehen lassen. Wir konnen uns bei der Herleitung daher auf diewesentlichen Details konzentrieren, ohne daß alle notwendigen Umformun-gen tatsachlich manuell ausgefuhrt werden mussen. — Dies ist vergleichbarmit der Entwicklung numerischer Algorithmen und Programmbibliotheken inder Vergangenheit, die dem Physiker und Ingenieur inzwischen helfen, vielemathematische Aussagenmehr oder weniger

”synonym“ zur Umsetzung ei-

ner entsprechenden Aufgabe zu verwenden. Ein einfaches Beispiel einer sol-chenAussageist der aus der linearen Algebra bekannte Satz, daßjede nichtsin-gulare, reell–symmetrische Matrix durch eine Hauptachsentransformation aufDiagonalform gebracht werden kann. Die Nutzung geeigneter Programmbib-liotheken, die heute praktisch auf allen Rechnern verfugbar sind, erspart demAnwender dann alle weitergehenden Kenntnisse, wie sich eine solche Diago-nalisierung fur großere Matrizen auch tatsachlich realisieren laßt.

Die vier Grundschritte des letzten Abschnittes konnen recht einfach automa-tisiert werden. Dazu wurde das interaktive Programm APEX mit Maple5 er-arbeitet (Fritzsche 1995). Mit APEX konnen sowohl allgemeine Operatorpro-dukte in zweiter Quantisierung vereinfacht als schließlich auch die (von deratomaren Schalenstruktur und der konkreten Wahl der Modellraume abhangi-gen) algebraischen Losungen der Bloch–Gleichung bestimmt werden. Das Ge-samtpaket besteht gegenwartig aus mehr als 140 Einzelprozeduren, die aufverschiedenen Ebenen hierarchisch zusammenwirken. Auf Nutzerebene sindjedoch etwa 20 dieser Kommandos ausreichend, um die gesuchten Storungs-reihen schrittweise herzuleiten. Die Ergebnisse werden analog zu einer Dar-stellung mit Feynman–Goldstone Graphen als algebraische Summen bereitge-stellt. Konkret unterscheiden wir in APEX vier Klassen von Prozeduren, diesich intern wechselseitig aufrufen:

a) Logische (Bool’sche) Funktionen, die fur einen Vergleich einen Werttrueoderfalsezuruckliefern,

b) Hilfsprozeduren, die eine kleinere, oftmals haufig wiederkehrende Aufgabe be-arbeiten,

c) Kommandos zur Definition der Operatoren und zur Kommunikation der Pro-zeduren untereinander sowie schließlich

d) Anwendundskommandos auf hoher Abstraktionsebene.

5Maple ist eines der am weitesten verbreiteten Computeralgebra–Programme und ein Waren-zeichen von Waterloo Maple Software Inc.

Page 148: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

144 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kasten V

Das Programm APEX

APEX (ATOMIC PERTURBATION EXPANSIONS) ist ein leistungsf¨ahiges Pro-grammpaket zur interaktiven Erstellung und Vereinfachung atomarer St¨orungsrei-hen. Dieses computeralgebraische Programm wurde in den beiden vergangenenJahren mit Maple entwickelt und umfaßt gegenw¨artig etwa 140 Einzelprozedu-ren. Diese Prozeduren bilden dieBausteinedes Systems, die auf recht verschie-denen Ebenen zusammenwirken. F¨ur die Herleitung einer St¨orungsreihe muß derBenutzer aufgrund der VerwendunggenerischerNamen allerdings nur ca. 20 die-ser Prozeduren kennen. Dem mit Maple bereits erfahrenen Anwendern wollen wirhier einen kurzen Auszug aus der Nutzerbeschreibung zu APEX (Fritzsche 1996b)zeigen. Der Umgang mit dem Programm wird im Kasten VI am Beispiel der Kor-relationsenergien geschlossenschaliger Atome vorgestellt.

Das Programm APEX baut auf einer Reihe verschiedener interner Datentypenauf, von denenopterm und opsum die beiden wichtigsten sind. Die Strukturopterm bspw. dient der Darstellung eines einzelnen Diagramms (OPERATOR

TERM), wahrendopsum mehrere solche Diagramme oder auch eine ganze end-liche Storungsreihe in einer Maple Liste umfassen kann. Wir verwenden diese Be-zeichnungen, um den Datentyp der jeweiligen Argumente und Ergebnisse der Pro-zeduren zu charakterisieren. Dagegen verwenden wir den Begriffoplist , wennin den gezeigten Beispielen beide Datentypen auftreten k¨onnen. Eine ausf¨uhrlicheBeschreibung der in APEX definierten Datenstrukturen ist im Anhang A der Nut-zerbeschreibung zusammengestellt. Von der ben¨otigten Rechenzeit und dem Spei-cheraufwand einmal abgesehen treten in APEX keine zus¨atzlichen Einschr¨ankun-gen bzgl. der Zahl oder der Komplexit¨at der Diagramme auf.

Abb: V.1: Auszug aus der Nutzerbeschreibung. Jede der Prozeduren wird in ihrerFunktion und Argumenten kurz erl¨autert.

vs apply Wicks theorem(oplist)

Applies Wick’s theorem to the first creation or annihilation operator which is notin normal–orderwith respect to all other operators on its left–hand side. oplist canbe either of type opsum or opterm.

Output: An opsum is returned.

Additional information: Wick’s theorem is independently applied to the firstnon–orderedoperator in each opterm.* All contracted terms are included in the output.Because Wick’s theorem is applied just to the firstnon–orderedoperator (by goingfrom the left side to the right) onlysingle–contractionscan occur. * oplist mayalso contain some projection operatorjoihoj onto the vacuum in the operator string.* Some string of creation and/or annihilation operators is said to be non–orderedif this string does not form a normal–order sequence.* See appendix A for thedefinition of anormal–order–sequence.

Page 149: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 145:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

vs isnormalordered(opterm)

Returns true if all creation and annihilation operators in opterm form a normal–order–sequence and false otherwise.

Output: A boolean value of true or false is returned.

Argument options: (opterm,nfirst) to return the position nfirst of the first creationor annihilation operator (in opterm[4][nfirst]) which is not in normal–order. This,of course, applies only if the command return false.

Additional information: The normal–order–sequenceof the particle and holecreation and annihilation operators is defined bya†

r a†m ab ac a†

c

a†b am ar . * If, furthermore, also the orbital types ‘n‘ and ‘a‘ (from the de-

finition of the model space functions) appear, anextended normal–order–sequenceis defined by

a†r a†

m a†n aa ab ac a†

c a†b a†

a an am ar .

* The extended list allows to study multi–dimensional model spaces and to specifyzero–order functions of the model space in terms of valence–particle and valence–hole creation and annihilation operators.* In the given sequence above, orbitalindices ’m’, ’n’ describe valence–particle states and the indices ’a’, ’b’ valence–hole states. An implicit summation is assumed for all ’m’ and ’b’ indices, whereas’n’ and ’a’ denote some fixed orbitals, for instance from specified model states.* A creation or annihilation operator is callednon–orderedif the operator stringdoes not form a normal–order–sequence.* If false is returned, the second argu-ment nfirst points to the first creation or annihilation operator which is not normal–ordered.

vs operatorproduct(oplist1,oplist2,: : : ,oplistn)

Evaluates the operator product of oplist1oplist2 : : : oplistn including all con-tractions where oplisti can be either of type opsum or opterm.

Output: An opsum is returned.

Additional information: The output contains usually more than(n1n2 : : :

nn) opterms whereni is the number of diagrams in oplisti. * Besides the normal–order part of the product all terms which result from the contraction of then ope-rators are also included.

vs solvenextorder energy()

Solves the energy diagramsE (n+1) of the order–by–order Bloch equations (4.20–: : : ) by starting from thenth order solution of the wave operatorΩ(n).

Output: An opsum is returned.

Additional information: The last order n for which the Bloch equation has al-ready been solved before is obtained fromvs lastorderofBlochequation() . This

procedure also supplies the solution of the last orderh

E (n); Ω(n)i

. * The result

of type opsum contains all diagrams of the order(n+1) . * These diagrams arecalculated by the evaluation ofE (n+1) = P Heff Ω(n) P.

Page 150: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

146 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Zur Verdeutlichung dieser Unterscheidung wollen wir hier einige fur die Her-leitung von Storungsreihen notwendigeFunktionenaufzahlen, die sich auchaus den oben genannten vier Grundschritten unmittelbar ablesen lassen.

– Definition der elementaren OperatorenV; Ω; : : : in zweiter Quantisierung.– Festlegung des Modellraumes, d.h. der Basisfunktionenjφαi bzgl. dem

ReferenzzustandjΦi .– Berechnung einfacher Operatorprodukte bzw. der Normalprodukte von

zwei oder mehreren Operatoren in zweiter Quantisierung.– Klassifizierung der Operatorterme; Identifizierung mit verschiedenen

Klassen von Feynman–Goldstone Diagrammen.– Transformation der Darstellungen, wie z.B. derUbergang von der

”Orbi-

taldarstellung“ in eine”spharische“ Darstellung der Orbitalfunktionen.

– Ausgabe der Zwischen– und Endergebnisse.

Andere Funktionen wirken hingegen nur auf einer dem NutzerverborgenenProgrammebene. Um in den Operatorprodukten die Erzeugungs– und Vernich-tungsoperatoren der Elektronen in eine Normalordnungsfolge zuuberfuhren,wurde auch das Wick’sche Theorem in Maple implementiert. Ferner konnenadjungierte Wellenoperatoren, wie sie bei einer hermiteschen Formulierungvorkommen, mit APEX ebenfalls korrekt behandelt werden.

Zum Programm APEX ist auch eine ausfuhrliche Dokumentation verfugbar.Kasten V auf Seite 144 zeigt daraus einen kleinen Ausschnitt. Um den Umgangmit dem Programm zu erleichtern, orientiert sich der Aufbau der Dokumenta-tion dabei am Maple–Handbuch von Darren Redfern (1994). Den Einsatz vonAPEX demonstrieren wir in Kasten VI (Seite 149) anhand der Energiekorrek-turen zu den geschlossenschaligen Atomen in zweiter und dritter Ordnung derMBPT. Wir wahlen in diesem Beispiel — entgegen unserem Hauptanliegen indieser Arbeit — eine geschlossene Schalenstruktur, damit die Ergebnisse derHerleitung einfachuberschaubar bleiben.

Fur die Herleitung komplizierterer Storungsreihen ist es schließlich zweck-maßig, eineerweiterte Normalordnungsfolgefestzulegen. Diese soll einerseitsder in Abschnitt 4.3 getroffenen Einteilung der Orbitale gerecht werden. Da-neben sollen andererseits die in den Feynman–Goldstone Graphen gewohnlichmit den meisten Indizes implizit verbundenen Summationen, die haufig nuruber einzelne Klassen der besetzten oder unbesetzten Orbitale laufen, einfachzu berucksichtigen sein. Wir unterscheiden daher im Programm APEX die fol-genden sechs verschiedene Typen von Indizes:

r1; r2; : : : Alle virtuelle undValenz–Orbitale,uber die gemeinsam implizitsummiert werden muss.

m1; m2; : : : Nur Valenz–Orbitale,uber die implizit summiert werden muss.

n1; n2; : : : Einzelne Valenz–Orbitale;uber diese Indizes tritt keineSummation auf.

Page 151: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 147:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

c1; c2; : : : Alle Core–OrbitaleundValenz–Core Orbitale,uber diegemeinsam implizit summiert werden muss.

b1; b2; : : : Nur Valenz–Core Orbitale,uber die implizit summiert werdenmuss.

a1; a2; : : : Einzelne Valenz–Core Orbitale;uber diese Indizes tritt erneutkeine Summation auf.

Die impliziten Summationen laufen dabei jeweilsuber alle Orbitale dieserKlasse(n). Wahrend beispielsweise in der Definition der Operatoren in zwei-ter Quantisierung nur Indizes auftreten, die i.a. mit einer Summation verknupftsind, werden die Fock–Raum Funktionen (4.46) dagegen mit Hilfe einzelnerValenz– und Valenz–Core Orbitalen1; n2; : : : a1; a2 : : : spezifiziert. — Mitdiesen zusatzlichen Festlegungen zu den (in APEX verwendeten) Indizes sa-gen wir nun, daß eine Kette von Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren eineerweiterte Normalordnungsfolge

(a†r ) (a†

m) (a†n) (aa) (ab) (ac)

(a†c ) (a†

b) (a†b) (an) (am) (ar)(4.61)

genau dann erfullt, wenn alle Erzeugungsoperatoren von Teilchenzustandenlinks von allen Erzeugungsoperatoren von Valenz–Orbitalen (mit impliziterSummation)links von : : : stehen. Eine solche Anordnung erlaubt es unmit-telbar, die Wirkung eines ProjektionsoperatorsP auf der linken oder rech-ten Seite einer Operatorkette abzulesen. Jeder einzelne Operatorterm in denStorungsreihen tragt selbst zudem ferner samtliche Informationenuber die dar-in auftretenden Summationen.

4.4.3 Energiekorrekturen fur Atome mit abgeschlossener Schalenstruktur

Wir wollen abschließend nun einige Beispiele atomarer Storungsreihen be-trachten. Wir beginnen der Einfachheit halber mit den Energiekorrekturenzu geschlossenschaligen Atomen. Bei einer abgeschlossenen Schalenstrukturkann stets ein 1–dimensionaler Modellraumjoci gewahlt werden, der mitdem Referenzzustandjoci = jΦi zusammenfallt. Neben den Energiekorrektu-ren zur Coulombabstoßung (2.32) werden wir dabei auch die entsprechendenKorrekturen zur Breitwechselwirkung betrachten.

Die totale Energie in erster Ordnung ist gleich dem Erwartungswert des nor-malgeordnetenno–pairHamiltonoperatorsHNP = Ho + V

E (0) + E (1) = hoc jHNPjoci

= ∑a

εa + ∑a

12(VDF)aa + hajV(r) jai

Page 152: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

148 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

= ∑a

acααα p + βc2 + Vnuc(r)

a +12 ∑

ab

habjjabiCoulomb(4.62)

wobei wir hier nur die Coulombabstoßung in der Elektron–Elektron Wechsel-wirkung berucksichtigten. Wie wir es auch erwarten, hangt die totale Energienaturlich nicht von der (willkurlichen) Wahl des PotentialsV(r) ab. Nutzenwir zur Berechnung dieses Ausdruckes insbesondere Dirac–Fock Orbitale, d.h.V(r) = VDF , so erhalten wir (in erster Ordnung) die totale Energie

EDF = ∑a

εa 12 ∑

a(VDF)aa :

Wir konnen nun auch unmittelbar die Breitkorrekturen zu (2.36) fur geschlos-senschalige Atome angeben

B(1) = hoc jHBreit joci

=12 ∑

ab

habjjabiBreit = 12 ∑

ab

habjb12jbai = 12 ∑

ab

babba:

Die Summation lauft darin erneutuber alle besetzten (Core–) Orbitalea undb. Aufgrund der Symmetrie der Dirac–Orbitale verschwinden allerdings diedirekten Matrixelemente identisch.

In zweiter Ordnung folgen die Energiekorrekturen aus dem Erwartungswertoc

V Ω(1)oc

der effektiven Storung Veff , die mit dem Wellenoperator inerster Ordnung berechnet werden muß

E (2) = 12 ∑

abrs

gabrsgrsab

εr + εs εa εb+

12 ∑

abrs

gabrsgsrab

εr + εs εa εb:(4.63)

In dieser Formel vernachlassigen wir die Breitwechselwirkung. DiesselbeForm gilt fur diese Energiekorrektur jedoch auch, wenn die Breitterme (2.36)mit in die Rechnung einbezogen werden. Allerdings treten dann aus dem effek-tiven Einteilchenpotential der Breitwechselwirkung (in zweiter Quantisierung)Korrekturen hinzu; wir kommen darauf weiter unten noch zu sprechen. Wirkonnen dasselbe Ergebnis (4.63) auch aus Kasten VI auf der gegenuberliegen-den Seite ablesen, worin wir fur Atome mit abgeschlossener Schalenstrukturdie Energiekorrekturen in zweiter und dritter Ordnung mit Hilfe des Program-mes APEX hergeleitet haben. Wir verwenden dieses einfache Beispiele, umdenUberblick nicht zu erschweren. In offenschaligen Atomen sind entspre-chende Storungsreihen (insbesondere) in dritter Ordnung deutlich umfangrei-cher.

Page 153: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 149:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kasten VI

Korrelationsenergien fur geschlossenschalige Atome

Der Umgang mit dem Programm APEX l¨aßt sich am einfachsten anhand eines Bei-spieles erl¨autern. Wir wollen dazu f¨ur geschlossenschalige Atome und eine Dirac–Fock Einteilchenbasis die Korrelationskorrekturen (Feynman–Goldstone Terme) inzweiter und dritter Ordnung herleiten. Wenige Erkl¨arungen gen¨ugen, um den nach-folgenden Dialog einer Maple Sitzung zu verstehen. Der ¨ublichen Aufforderung(>) von Maple folgt jeweils eine interaktive Eingabe und an manchen Stellen eineErwiderung des Programms. Das Ausschreiben der Zwischenergebnisse kann da-durch vermieden werden, daß die Eingabe mit einem Doppelpunkt anstelle einesSemikolons abgeschlossen wird. Die vom Programm in seinen Ergebnissen ver-wendeten Indizes entsprechen der im Abschnitt 4.3 besprochenen Unterscheidungder Einteilchenfunktionen in Core–, Core–Valenz, Valenz– und virtuelle Orbitale.Dabei wird ferner in allen Termen eine (Einstein’sche) Summation ¨uber doppeltauftretende Indizes angenommen.

Wir laden zuerst das Programm APEX in den internen Speicher und definieren dieRestwechselwirkung im Sinne einer Dirac–Fock Einteilchenbasis. Dieser St¨orope-rator V wird der VariablenVHFzugewiesen und kann sp¨ater unter diesem Namenangesprochen werden.

> v0 := vs setoperator(V0):> v2 := vs setoperator(V2):> VHF := vs addoperators(v0,v2):

Zur Herleitung einer St¨orungsreihe ben¨otigen wir ferner die Besetzung des Mo-dellraumes (d.h. die Abweichungen von einer geschlossenen Schalenstruktur, die— auf den ReferenzzustandjΦi bezogen — anhand der auftretenden

”Teilchen“

und”Locher“ angegeben werden).

> vs setmodelspaceoccupation(0,0);Occupation numbers nvp = 0 and nvc = 0

Wir konnen mit diesen Definitionen der Variablen nun schrittweise die Energiekor-rekturen (e n) und Wellenoperatoren (wn) in den einzelnen Ordnungen l¨osen. Dazuwerden zur EnergieE (n) alle Wellenoperatoren bis zur Ordnung(n1) benotigt.

> e1 := vs solve nextorder energy(VHF):> w1 := vs solve nextorder Omega(VHF):> e2 := vs solve nextorder energy(VHF):> w2 := vs solve nextorder Omega(VHF):> e3 := vs solve nextorder energy(VHF):

Wir betrachten zun¨achst das Ergebnise2 mit Hilfe des Kommandos

> vs print(e2):

===> (-1) 0 1 V0 V0 X0----------------------------------------------------1===> (-1) 0 -1 V0 V0 X0----------------------------------------------------2

Page 154: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

150 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

===> (-1) 3 1/4 v2(c1;c2|r3;r4) v2(r4;r3|c2;c1) X01 / ( ( + Er4 + Er3 - Ec1 - Ec2 ) )----------------------------------------------------3===> (-1) 2 1/4 v2(c1;c2|r3;r4) v2(r4;r3|c1;c2) X01 / ( ( + Er4 + Er3 - Ec2 - Ec1 ) )----------------------------------------------------4===> (-1) 2 1/4 v2(c1;c2|r3;r4) v2(r3;r4|c2;c1) X01 / ( ( + Er3 + Er4 - Ec1 - Ec2 ) )----------------------------------------------------5===> (-1) 1 1/4 v2(c1;c2|r3;r4) v2(r3;r4|c1;c2) X01 / ( ( + Er3 + Er4 - Ec2 - Ec1 ) )----------------------------------------------------6Jeder der am Zeilenende durchlaufend numerierten Terme kann dabei graphischdurch ein Feyman–Goldstone Diagramm veranschaulicht werden. Wir sehen je-doch unmittelbar, daß sich diese Terme teilweise aufheben bzw. noch weiter zu-sammenfassen lassen. Dies gelingt mit den Kommandos

> e2 := vs simplifyoperator bypermutation(e2):> e2 := vs reorder indices(e2):> vs print(e2):

===> (-1) 3 1/2 v2(c1;c2|r3;r4) v2(r4;r3|c2;c1) X01 / ( ( + Er4 + Er3 - Ec1 - Ec2 ) )----------------------------------------------------1===> (-1) 2 1/2 v2(c1;c2|r3;r4) v2(r4;r3|c1;c2) X01 / ( ( + Er4 + Er3 - Ec2 - Ec1 ) )----------------------------------------------------2

und fur die Korrelationsenergien in dritter Ordnung

> e3 := vs simplifyoperator bypermutation(e3):> e3 := vs reorder indices(e3):

Bevor wir nun jedoch die Endergebnisse zue2 und e3 anzeigen, wollen wir siedirekt in LATEX ausdrucken lassen. Dies geschieht, indem wir die Ausgabe zu einemexternen File umlenken und diesen anschließend in den Text einbinden.

> vs print latex(‘header‘,‘out.tex‘):> vs print latex(e2):> vs print latex(e3):> vs print latex(‘end‘):

12hc1c2 jv12j r3r4i h r4r3 jv12j c2c1i Ω0 Ω0

(εr4 + εr3 εc1 εc2)

12hc1c2 jv12j r3r4i h r4r3 jv12j c1c2i Ω0 Ω0

(εr4 + εr3 εc2 εc1)

12hc1c2 jv12j r3r4i V0 V0 h r4r3 jv12j c2c1i Ω0 Ω0

(εr4 + εr3 εc1 εc2) (εr4 + εr3 εc1 εc2)

Page 155: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 151:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

12hc1c2 jv12j r3r4i V0 V0 h r4r3 jv12j c1c2i Ω0 Ω0

(εr4 + εr3 εc2 εc1) (εr4 + εr3 εc2 εc1)

12hc1c2 jv12j r3r4i h r4r3 jv12j r5r6i h r6r5 jv12j c2c1i Ω0 Ω0

(εr6 + εr5 εc1 εc2) (εr4 + εr3 εc1 εc2)

12hc1c2 jv12j r3r4i h r4r3 jv12j r5r6i h r6r5 jv12j c1c2i Ω0 Ω0

(εr6 + εr5 εc2 εc1) (εr4 + εr3 εc2 εc1)

hc1c2 jv12j r3r4i h r4c5 jv12j r6c1i h r3r6 jv12j c5c2i Ω0 Ω0

(εr3 + εr6 εc2 εc5) (εr4 + εr3 εc1 εc2)

hc1c2 jv12j r3r4i h r4c5 jv12j r6c2i h r3r6 jv12j c5c1i Ω0 Ω0

(εr3 + εr6 εc1 εc5) (εr4 + εr3 εc2 εc1)

hc1c2 jv12j r3r4i h r4c5 jv12j r6c1i h r3r6 jv12j c2c5i Ω0 Ω0

(εr3 + εr6 εc5 εc2) (εr4 + εr3 εc1 εc2)

hc1c2 jv12j r3r4i h r4c5 jv12j r6c2i h r3r6 jv12j c1c5i Ω0 Ω0

(εr3 + εr6 εc5 εc1) (εr4 + εr3 εc2 εc1)

hc1c2 jv12j r3r4i h r4c5 jv12j c1r6i h r3r6 jv12j c5c2i Ω0 Ω0

(εr3 + εr6 εc2 εc5) (εr4 + εr3 εc1 εc2)

hc1c2 jv12j r3r4i h r4c5 jv12j c2r6i h r3r6 jv12j c5c1i Ω0 Ω0

(εr3 + εr6 εc1 εc5) (εr4 + εr3 εc2 εc1)

hc1c2 jv12j r3r4i h r4c5 jv12j c1r6i h r3r6 jv12j c2c5i Ω0 Ω0

(εr3 + εr6 εc5 εc2) (εr4 + εr3 εc1 εc2)

hc1c2 jv12j r3r4i h r4c5 jv12j c2r6i h r3r6 jv12j c1c5i Ω0 Ω0

(εr3 + εr6 εc5 εc1) (εr4 + εr3 εc2 εc1)

12hc1c2 jv12j r3r4i hc5c6 jv12j c2c1i h r4r3 jv12j c6c5i Ω0 Ω0

(εr4 + εr3 εc5 εc6) (εr4 + εr3 εc1 εc2)

12hc1c2 jv12j r3r4i hc5c6 jv12j c1c2i h r4r3 jv12j c6c5i Ω0 Ω0

(εr4 + εr3 εc5 εc6) (εr4 + εr3 εc2 εc1)

Diese”Energiediagramme“ f¨ur geschlossenschalige Atome k¨onnen unmittelbar mit

den entsprechenden Ausdr¨ucken bei Blundellet al (1987) verglichen werden. Inintermediarer Normierung ist in den obigen Termen daf¨ur der WellenoperatorΩ0

1 zu setzen.

Page 156: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

152 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die Integrationuber die Winkelvariablen der Elektronenkoordinaten kann ana-lytisch ausgefuhrt werden. Dadurch vereinfacht sich die Berechnung der Kor-relationsenergien auf eine (gewichtete) Summation von Radialintegralen. Wirgeben zur Veranschaulichung einer solchen Winkelreduktion den Ausdruck zurCoulomb–Korrelation in zweiter Ordnung an (siehe beispielsweise Johnson1995)

E (2) = 12 ∑

Labrs

(1) jr+ js ja jb 1[L]2

XLCoulomb(rsab) ZL

Coulomb(abrs)εr + εs εa εb

;

wobei die effektiven Wechselwirkungsstarken aus (2.43) und (4.58) einzuset-zen sind. Alle Summationenuber die

”Teilchen“– und

”Loch–Indizes“ a; b; r

und s laufen nun unabhangig uber die Haupt– und Drehimpulsquantenzah-len der entsprechenden besetzten bzw. unbesetzten Elektronenschalen. Auf-grund der vollstandig ausgefuhrten Winkelreduktion gibt es jetzt jedoch kei-ne weiteren Summationen mehruber die magnetischen Quantenzahlen (die zueiner vollstandigen Charakterisierung der Dirac–Orbitale (2.5) gehoren). DieSummationenuber die Hauptquantenzahlen wird in den Rechnungen durchdie Zahl der Basisfunktionen beschrankt, die zum jeweiligen Symmetrieblockκ verwendet werden. Die Summationenuber die Drehimpulsquantenzahlenκ = 1; 1;2; : : : ;κmax muß dagegen fur ein hinreichend großen Wertκmax

abgebrochen werden. In den meisten Anwendungen wird dafur l (κ) 11gewahlt; dies entspricht dann einer Gesamtzahl von 21 verschiedenen Symme-trieblockenκ .

Wird die Berechnung der EnergiekorrekturenE (1); E (2); : : : fur eine ver-schiedene Zahl von Basisfunktionen und verschiedene Maximalwerteκmax

wiederholt, so konnen die Ergebnisse (zumindest prinzipiell) fur N ! ∞und jκ j ! ∞ extrapoliert werden. Allerdings sind jedoch fur die meistenVielelektronenatome keine strengen

”Extrapolationsvorschriften“ bekannt, die

auch allen relativistischen Korrekturen Rechnung tragen. Eine mehrfach wie-derholte Berechnung ein– und desselben Korrekturterms mit verschiedenen(endlichen) Basissatzen ist zudem sehr aufwendig. In vielen praktischen Rech-nungen ist es daher sinnvoller, anhand zweier Rechnungen mit verschiedenenWerten N und κmax einen verbleibenden Restfehler, der aufgrund des

”Ab-

schneidens“ der Basis auftritt, abzuschatzen.

Die Breitwechselwirkung der Elektronen gewinnt innerhalb einer isoelektro-nischen Folge bei hoheren Ladungszustanden rasch an Bedeutung. In ersterOrdnung sind die Beitrage sehrahnlich zur Coulomb–Abstoßung zu berech-nen. In zweiter und hoherer Ordnung ist es dagegen oftmals ausreichend,nur eineBreitwechselwirkung kombiniert mit einer oder mehrerer Coulomb-abstoßungen einzubeziehen. Das bedeutet, daß die vollstandigen Storungsrei-hen bzgl. den Breitamplitudenbi jkl aus (4.38) linearisiert werden. Wird nureine (reine) Dirac–Fock Einteilchenbasis verwendet, so treten allerdings be-reits ab zweiter Ordnung Zusatzterme auf, die durch das nichtverschwindende

Page 157: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 153:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

effektive Einteilchenpotential

B1 = ∑i j

fa†i ajg hi jυ j jiBreit

hervorgerufen werden. Diese dominanten Terme zur Korrelationsenergie kon-nen andererseits in hochgeladenen Ionen jedoch auch mit linearisierten Dirac–Fock Gleichungen (analog zu den RPA–Gleichungen —RANDOM–PHASE–APPROXIMATION) iterativ in allen Ordnungen gelost werden (siehe Johnson1995).

4.4.4 Energiekorrekturen fur offenschalige Atome

Die einfachsten offenschaligen Atome (Atomzustande) haben ein zusatzlichesElektron (bzw. Loch) außerhalb abgeschlossener Schalen. Zur Beschreibungsolcher Zustande ist ebenfalls ein 1–dimensionaler Modellraum ausreichend,da die Entartung bzgl. der magnetischen Quantenzahl des Valenzelektrons bzw.des Loches verschiedene globale Symmetrien der Zustande betrifft. Fur eineneffektiven(1;0) Atomzustand ist die Fock–Raum Darstellung

jopi = a†n joi ;(4.64)

wobei n den Index fur ein vorgegebenes Valenz–Orbital bezeichnet.

Wir wollen hier nur die Korrelationskorrekturen zur Bindungsenergie des Va-lenzelektrons in den ersten beiden Ordnungen angeben und dafur annehmen,daß den Storungsreihen Dirac–Fock–(Breit–) Orbitale zugrundegelegt werden.Die (in Klammern geschriebene) Einbeziehung der Breitwechslwirkung meint,daß wir diese relativistischen Korrekturen nur insofern mitnehmen, als sie furdie untersuchten Atome auch physikalisch relevante Beitrage liefern. In dennachfolgenden Formeln sind die Terme der Breitwechselwirkung allerdingsvernachlassigt. In vielen Fallen ist die notwendige Erweiterung beim Einschlußder Breitterme sofort evident. Etwas mehr Sorgfalt ist jedoch bzgl. dem im letz-ten Abschnitt angesprochenen effektiven EinteilchenpotentialB1 notwendig,das immer dann auftritt, wenn die Breitwechselwirkung selbst nicht im SCFPotential eingeschlossen wurde.

Fur eine Dirac–Fock–(Breit–) Orbitalbasis verschwinden aufgrund des Bril-louin’schen Theorems alle Beitrage zur Bindungsenergie des Valenzelektronsin erster Ordnung

E (1)n = 0 :

Dies ist der Grund, warum die Einteilchenenergieεn (aus einer Dirac–FockRechnung) gewohnlich eine recht gute Naherung zum Ionisationspotential ist.Eine Korrektur zu diesen Ionisationsenergien tritt erst in zweiter Ordnung auf

Page 158: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

154 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

E (2)n = ∑

brs

grsnb(gnbrs gnbrs)

εr + εs εn εb+ ∑

abr

gnrab(gabnr gabrn)

εr + εn εa εb:(4.65)

Die Winkelreduktion dieser beiden Feynman–Goldstone Terme ergibt

E (2)n = ∑

Lbrs

(1) jr+ js jn jb 1[ jn][L]2

XLCoulomb(rsnb) ZL

Coulomb(nbrs)εr + εs εn εb

+ ∑Labr

(1) jn+ jr ja jb 1[ jn][L]2

XLCoulomb(nrab) ZL

Coulomb(abnr)εr + εn εa εb

:(4.66)

Sie kann sowohl graphisch als auch algebraisch noch recht einfach durch-gefuhrt werden.

Charakteristischerweise weichen die Dirac–Fock Einteilchenenergien fur dieAlkali–Atome und Alkali–ahnlichen Ionen um ca. 1 – 10 % vom Experimentab. Die Korrelationskorrekturen in zweiter Ordnung verbessern dieUberein-stimmung um etwa eine Großenordnung. Johnson (1995) zeigt dazu einen Ver-gleich der theoretischen IonisationsenergienεDF + E (2) mit experimentel-len Daten fur die Alkali–Metalle Lithium, Natrium, Kalium und Rubidium.Die dominanten Beitrage der verbleibenden Abweichungen1 % konnenstorungstheoretisch in einer hoheren Ordnung erfaßt werden; dabei sind furdie (nahezu) neutralen Atome nur die Coulombabstoßung wirklich maßgeb-lich, wahrend fur hochgeladene Ionen hingegen die Breit– und QED Korrek-turen die dominanten Korrekturbeitrage liefern. — Vollstandige Rechnungenzu den Ionisationspotentialen bis in dritter Ordnung der MBPT wurden vonJohnson und Mitarbeitern (1988a,b; 1990) fur die isoelektronischen Lithium–,Natrium– und Kupfer–Folgen ausgefuhrt.

Die meisten der bisherigen Rechnungen wurden mit einer Hartree–(Dirac–)Fock Einteilchenbasis ausgefuhrt. Wie wir in 4.2 sahen, hat dies den entschei-denden Vorteil, daß alle Beitrage (Diagramme) verschwinden, die die Ampli-tuden des effektiven Einteilchenpotentialshi jυ j ji aus (4.34) enthalten. Diesreduziert die Gesamtzahl der Beitrage deutlich. Allerdings haben die in einerDirac–Fock Einteilchenbasis

”uberflussigen“ Terme meist eine recht einfache

Struktur. Dies meint, daß auch ohne Dirac–Fock Basis (zumindest in der Re-chenzeit) kein wesentlicher Mehraufwand hinzukommt.

Fur (1;0) Atome mit einem Valenzelektron außerhalb abgeschlossener Scha-len wurde eine vollstandige Zusammenstellung der Feynman–Goldstone Ter-me zu den Energiekorrekturen und zu einem symmetrischen Einteilchen–Uber-gangsoperatorF = ∑ i f (r i) bis zur dritten Ordnung der MBPT bei Blundellet al (1987) angegeben. Dafur wird der WellenoperatorΩ in zweiter Ordnungbenotigt. Fur eine allgemeine Einteilchenbasis(V 6= VDF) enthalt in diesemFall der Wellenoperator 4 Terme in erster Ordnung aber bereits 44 Terme in

Page 159: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 155:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

zweiter Ordnung. — In der Aufstellung von Blundellet al sind auch die Bei-trage fur geschlossenschalige Atome (vgl. Kasten VI) als Teilmenge einge-schlossen. Wahrend die Anteile der

”Core–Korrelationen“ in den Storungs-

reihen stets separiert werden konnen, ist eine entsprechende Aufteilung derKorrekturen der effektiven Valenz–Teilchen bei mehreren Valenzelektronenund / oder Lochern weniger nutzlich.

Bei der Berechnung der Matrixelemente zu den symmetrischen Ein– und Zwei-teilchenoperatoren ist esublich, die dabei auftretenden Terme in verschiedeneGruppen einzuordnen. Wir wollen darauf nicht im Detail eingehen, da die-se Einteilung hauptsachlich durch verschiedene alternative Naherungsverfah-ren, die in der Vergangenheit entwickelt wurden, motiviert ist. Wir wollen hiernur die beiden wichtigsten Klassen von Diagrammen nennen: die sogenann-ten RPA Diagramme und BO Diagramme. Die Beitrage der RPA Diagrammekonnen (gemeinsam mitahnlichen Korrekturbeitragen in hoherer Ordnung)auch mit Hilfe der RPA Naherung (RANDOM–PHASE APPROXIMATION) er-halten werden. Die BO Diagramme (BRUECKNERORBITALS) ließen sich da-gegen bereits in erster Ordnung berucksichtigten, wenn anstelle von Dirac–Fock Orbitalen die Brueckner Orbitale verwendet werden. Diese beiden Klas-sen dominieren gewohnlich die Beitrage in dritter Ordnung fur effektive Ein-elektronenatome. Untersuchungen fur symmetrische Zweiteilchenoperatorensind bis zu dieser Ordnung bisher nicht durchgefuhrt worden.

Die Komplexitat der Storungsreihen nimmt mit jedem weiteren Elektron bzw.Loch außerhalb abgeschlossener Schalen deutlich zu.Uber die Energiekor-rekturen zu den effektivenEin–Elektronen–ein–LochAtomzustanden hinaus,sind daher bislang auch keine systematischen Untersuchungen vorhanden. Die(1;1) Zustande gehen zum Beispiel aus einer einfachen (resonanten) Anre-gung der Edelgasatome hervor. Diese Zustande wurden zuerst von Avgou-stoglouet al (1992) untersucht, die sowohl die algebraischen Terme als auchdie zugehorigen Feynman–Goldstone Diagramme fur die Energiekorrekturenbis in dritter Ordnung angeben. Dabei kann mit Hilfe der zu gutem Dre-himpuls gekoppelten Zustande (4.59) ebenfalls ein eindimensionaler Modell-raum joph; JMi zugrundegelegt werden. Erste Testrechnungen zu diesen(1;1) Zustanden wurden fur die Ubergangsenergie

(2p53s) J = 2

!(2p6) J = 0

in Neon ausgefuhrt (Avgoustoglouet al1995). Die zugehorigenStorungsreihen konnen auch mit dem Programm APEX reproduziert werden.

Durch die Entwicklung der Super–EBIT in Livermoore sind viele neuartigeExperimente moglich geworden. In einem der ersten Experimente wurden die2s1=22p3=2 Ubergangsenergien fur Lithium– bis Neon–ahnliches Uran sehrgenau vermessen (Beyersdorferet al 1993). Alle dieseUbergange haben eineEnergie von etwa 4 keV; sie wurden experimentell mit einer Genauigkeit von0.3 eV oder besser bestimmt. Von Johnson und Mitarbeitern (1994) wurdendaraus die folgenden 5Ubergange auch theoretisch analysiert

Page 160: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

156 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Li–ahnlich: 2s1=2 – 2p3=2

Be–ahnlich: (2s2)J=0 – (2s1=22p3=2)J=1

C–ahnlich: (2s22p21=2)J=0 – (2s1=22p2

1=22p3=2)J=1

F–ahnlich: (2s22p21=22p3

3=2)J=3=2 – (2s1=22p21=22p4

3=2)J=1=2

Ne–ahnlich: (2s22p21=22p3

3=23s1=2)J=1 – (2s1=22p21=22p4

3=23s1=2)J=0

Mit Ausnahme von Sauerstoff–ahnlichem Uran (das zunachst nicht betrach-tet wurde) treten bei diesenUbergangen offenbar nur(1;0) , (0;1) und (1;1)Atomzustande auf. Diese Klassifizierung ist fur hochgeladene Ionen erfolg-reich, da diepElektronen deutlich inp1=2 und p3=2 Elektronen aufspalten.Erste Vergleichsrechnungen zu diesenUbergangen wurden von Chen (sieheBeyersdorferet al) mit dem Strukturprogramm GRASP in einer recht ein-geschrankten Konfigurationbasis (3.1) durchgefuhrt. Eine genauere Storungs-rechnung in zweiter Ordnung MBPT wurde spater von Johnsonet al (1994,1995) ausgefuhrt. Aufgrund der hohen Kernladung im Uran konvergieren dieStorungsreihen zu denUbergangsenergien sehr schnell. Dabei wurden zweiSatze von Elektronenorbitalen verwendet, die in verschiedenenlokalenPoten-tialen VA und VB (jeweils 6= VDF) erzeugt wurden. Obwohl sich die zu diesenbeiden Potentialen gehorigen Einelektronenenergien um bis zu 30 eV un-terscheiden, sind die entsprechendenUbergangsenergien in zweiter Ordnungpraktisch gleich und stimmen mit Ausnahme von Beryllium–ahnlichem Uraninnerhalb der experimentellen Fehlergrenzen auch mit den gemessenen Ener-gien uberein. Betrachten wir allerdings die Storungsreihen6 zu den Energie-korrekturen der Ein–Teilchen–ein–Loch Atome (Be–, C– und Ne–ahnlichesUran in den oben genanntenUbergangen), so wird der Aufwand in der Herlei-tung und der Berechnung der Storungsreihen bereits deutlich sichtbar. Tabel-le 9 vergleicht die theoretischen und experimentellenUbergangsenergien furdie genannten funf Elektronenubergange. Neben den hier diskutierten Ener-giekorrekturen in zweiter Ordnung der MBPT sind darin auch alle dominantenBeitrage der QED eingeschlossen. Die QED Korrekturen tragen bei den Uran–Ionen etwa 1 % zu denUbergangsenergien der inneren Elektronen bei.

Fast alle bisherigen Rechnungen zur Vielteilchenstorungstheorie gehen von ei-ner Einteilchenbasis aus, die mit Hilfe von B–Splines (Johnson und Mitarbei-ter) oder numerisch auf einem (radialen) Gitter dargestellt wird. Quadratisch–integrierbare, globale Basisfunktionen wurden bisher dagegen nur selten furatomare MBPT Untersuchungen verwendet. Als Beispiel sind die Berechnun-gen verschiedener superschwerer Elemente von Kaldor und Mitarbeitern (Eliavet al 1994a–c, 1995) zu nennen. Wir wollen hier nur kurz auf diese relati-vistischen Coupled–Cluster Rechnungen hinweisen. Einige andere Coupled–Cluster Berechnungen wurden bereits im Kasten III erwahnt.

6Wir geben diese St¨orungsreihen hier nicht im Detail an und verweisen stattdessen auf diegenannte Literatur.

Page 161: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 157:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Tab. 9: Korrelationskorrekturen in hochgeladenen Uran–Ionen. Theoretische MBPT Ergebnissein zweiter Ordnung werden mit experimentellen Daten von der Super–EBIT am LLNLin Livermoore verglichen (Beyersdorferet al (1993); aus Johnson (1995, Tabelle 10).

VA VB MCDF Experiment ∆VA ∆VB ∆MCDF

Li–ahnliche 4459.49 4459.13 4461.7 4459.37 0.27 0.12 –0.24 2.3Be–ahnliche 4502.65 4504.03 4505.3 4501.72 0.21 0.93 2.31 3.6C–ahnliche 4528.21 4547.75 4552.3 4548.32 0.16 –0.11 –0.57 4.0F–ahnliche 4594.31 4594.02 4599.8 4593.83 0.12 0.48 0.19 6.0

Ne–ahnliche 4630.71 4630.52 4638.9 4630.93 0.26 –0.22 –0.41 8.0

Fur das ElementZ = 111 (bisher noch ohne festgelegten Namen) wurde ei-ne CCSD Rechnung auf der Grundlage des Dirac–Coulomb–Breit Operatorsund mit Hilfe von G–Spinoren ausgefuhrt (Eliavet al 1994c). Dieses Elementist ein effektives(0;1) Atom. Der in CCSD Naherung berechnete Grundzu-stand ist 6d97s2 2D3=2 und liegt etwa 2.7 eV unterhalb des ersten angeregten6d97s2 2D5=2 Zustandes. Eine andere, jungere Untersuchung betraf Ruther-fordium (Rf ; Z = 104), ein effektives(2;0) Atom mit zwei Valenzelektronenaußerhalb der abgeschlossenen 5f 147s2 Schalen.Ahnliche Rechnungen wiebereits fur Z = 111 ergeben fur Rf den Grundzustand 5f 147s26d2 3F2 . DasStudium der superschweren Elemente hat durch die jungeren Erfolgen bei derSynthese der Elemente 111 und 112 an der GSI in Darmstadt neue Impulseerhalten.

4.4.5 Andere atomare Eigenschaften

Neben der Berechnung der Korrelationskorrekturen zur totalen Energie und zudenUbergangsenergien in Atomen mit einer einfachen Schalenstruktur wur-den die Methoden der Vielteilchenstorungstheorie auch auf eine Reihe andererStruktur– und Zerfallseigenschaften angewandt. Wir wollen darauf kurz einge-hen. In Abschnitt 4.3.3 sahen wir, daß sich das Studium solcher Eigenschaf-ten auf die Berechnung der Matrixelemente zu verschiedenen effektiven Ope-ratoren reduzieren laßt. Bei Energieverschiebungen und Linienaufspaltungen,die im HamiltonoperatorH = Ho + V + h aus einer zusatzlichen Storungh hervorgehen, ist der effektive Hamiltoperator in intermediarer Normierungheff = PhΩP (siehe (4.15)). Diese Korrekturen mussen strenggenommen zurMatrix des effektiven Hamiltonoperators (4.15) hinzuaddiert und diese Matrixanschließend neu diagonalisiert werden. Bei einer hinreichend kleinen Storungkann stattdessen naturlich auch der Erwartungswert

ψo

αΩ† hΩ

ψoα

zurModellfunktion jψo

αi genommen werden.

Ein Beispiel fur eine solche zusatzliche Storung ist die Mitbewegung des Ker-nes, die bei einer genaueren Vorhersage der atomaren Energien berucksichtigt

Page 162: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

158 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

werden muß. Der dominante Korrekturterm ergibt sich dabei, wenn die Ruhe-masse der Elektronen (in einer nichtrelativistischer Naherung) durch die redu-zierte Masse (RM) ersetzt wird

∆ERM = 1M

E (0) + E (1) + : : :

:

Diese Korrektur wird gewohnlich von Beginn an mit Hilfe eines geeig-net gewahlten Umrechnungsfaktors (von den atomaren in die SI Einheiten)berucksichtigt. Daneben tritt jedoch auch ein weiterer Korrekturterm der soge-nannten Massenpolarisation (MP) auf. Wird die Kernbewegung nichtrelativi-stisch behandelt, so ist der zugehorige Storoperator

hMP =1M ∑

i< j

pi p j ;

der als (kleiner) Korrekturterm zumno–pair Hamiltonoperator hinzugefugtwerden muß.

Zwei moderne experimentelle Entwicklungen haben die Ausarbeitung der re-lativistischen Atomstruktur in den letzten 10 Jahren besonders mitbestimmt.Dies sind zum einen die im letzten Abschnitt besprochenen Fortschritte beider Spektroskopie an hochgeladenen schweren Ionen. Viel Interesse haben an-dererseits aber auch die Experimente zur Paritatsverletzung (PNC —PARI-TY NON–CONSERVATION) in schweren neutralen Atomen hervorgerufen. Indiesen Experimenten erfordert die Interpretation der Meßdaten sehr praziseVorhersagen seitens der Atomstruktur, um die Paritatsverletzungen aufgrundder elektroschwachen Wechselwirkungen von der Dynamik der Elektronen imAtom zu trennen. Dabei tritt in neutralen Atomen die Schwierigkeit auf, daßdie Korrelationen der Elektronen allgemein keiner 1=ZEntwicklung folgenund daher nur sehr schwierig zu beschreiben sind. Dies fuhrte schließlich so-gar zur Entwicklung der relativistischen Coupled–Cluster Programme, in de-nen die Korrelation der Elektronen nach der Zahl der (gleichzeitig) angeregten

”Teilchen“ klassifiziert wird, und die wir im Kasten III ansprachen.

Die experimentelle Untersuchung paritatsverletzenderUbergange dient vorallem dem besseren Verstandnis der elektroschwachen Wechselwirkung derElektronen und der Erforschung anderer, fundamentaler Effekte. Die grundle-gende Große in den Experimenten zur atomaren PNC ist dabei die schwacheLadungQW , die im Hamiltonoperator (Bouchiat und Bouchiat 1974)

hW =GFp

8QW ρnuc(r)γ5

die Starke der (paritatsverletzenden) Wechselwirkung beschreibt. Kann daherdie atomare Elektronenstruktur genau genug berechnet werden, so erlaubt dieMessung der Paritatsverletzung eines atomaren Zustandes die unmittelbare Be-stimmung der schwachen LadungQW .

Page 163: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 159:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kasten VII

Anwendungen der relativistischen Vielteilchenstorungstheorieauf atomare Struktureigenschaften

Das”Verstandnis“ der atomaren Elektronenstruktur wird in der Literatur h¨aufig

allein daran gemessen, wie genau wir die Bindungs– undUbergangsenergien imVergleich zum Experiment vorhersagen k¨onnen. Andere EigenschaftengebundenerAtomzustandesind jedoch oftmals weit empfindlicher von der Struktur der Wellen-funktionen und den in der theoretischen Beschreibung verwendeten N¨aherungenabhangig. Wir wollen solche physikalischen Gr¨oßen hier kurz alsStruktureigen-schaftenbezeichnen. Darin sind bspw. die Fein– und Hyperfeinstrukturaufspaltung,Isotopieverschiebungen, Oszillatorst¨arken aber auch Parameter zur Parit¨atsverlet-zung in Atomen eingeschlossen. Andererseits sind damit keine Eigenschaften ge-meint, die mit Streu– und Kontinuumszust¨anden der Atome verkn¨upft sind.

Obwohl die relativistische Vielteilchenst¨orungstheorie sicher noch am Beginn ih-rer Entwicklung steht, sind mit ihren Methoden bereits eine Reihe verschiedenerSysteme recht ausf¨uhrlich untersucht worden. Wir wollen deshalb f¨ur einen erstenUberblick wichtige Falluntersuchungen mit einigen wenigen Kommentaren dazuzusammenstellen. Die aufgef¨uhrten Beispiele werden zun¨achst anhand ihreseffek-tivenTeilchencharakters und erst danach chronologisch am Jahre ihrer Ver¨offentli-chung geordnet. Eine vollst¨andige Aufzahlung wird hierbei allerdings nicht ange-strebt.

Eigenschaft Literatur Bemerkungen

Ein–Elektronen Atome

Hyperfeinstruktur Lindgren (1985) Li, 2s und 2p Zustande; nichtrelati-vistische CCSD Wellenfunktionen;Hyperfeinstrukturkonstanten.

Photoionisation Salomonsonet al He; nichtrelativistische 2.–Ordnung(1985, 1989) MBPT; PI–Querschnitte;

Photoionisation mit Anregung undWinkelverteilungsparameter.

Atomare elek- Martensson–Pendrill Cs, Xe und Hg; nur Einelektronen-trische Dipolmomente undOster (1987) anregungen in allen Ordnungen;

Abschatzung oberer Schranken.

Paritatsverletzung Johnsonet al 6s 7s in Cs; paritatsverletzende(1988) Ubergangsamplituden (PNC —

PARITY–NON CONSERVATION).

Paritatsverletzung Dzubaet al (1989) 6s 7s in Cs; paritatsverletzendeUbergangsamplituden.

Page 164: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

160 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(fortgesetzt:)

Eigenschaft Literatur Bemerkungen

Hyperfeinstruktur, M˚artensson–Pendrill Li; 2s 2p;Oszillatorstarken und Ynnerman CCSD Wellenfunktionen.

(1990)

Hyperfeinstruktur, Martensson–Pendrill K; 2.–Ordnung MBPT.Isotopieverschiebungenet al (1990)

Paritatsverletzung, Hartleyet al (1990) 6s 7s in Cs; 6p1=2 7p1=2 undatomare elektrische 6p1=2 6p3=2 in Tl; 2.–OrdnungDipolmomente MBPT; parit¨atsverletzende

Ubergangsamplituden.

Isotopieverschiebungen Hartleyet al (1991) Cs und Tl; 6s;6p1=2;6p3=2;7p1=2;2.–Ordnung MBPT.

Paritatsverletzung Blundellet al 6s 7s in Cs; CCSD(1991a) Wellenfunktionen; parit¨atsver-

letztendeUbergangsamplituden;Ubersichtsartikel.

Paritatsverletzende M˚artensson–Pendrill Cs und Tl; Absch¨atzung obererElektron–Nukleon und Lindroth (1991) Schranken.Wechselwirkung

Hyperfeinstruktur, Martensson–Pendrill 6sund 6p Zustande in Ba+ ;Isotopieverschiebungen und Ynnerman CCSD Wellenfunktionen;

(1992) Dipol– und Quadrupolparameterzur Hyperfeinstruktur.

Isotopieverschiebungen M˚artensson–Pendrill 4s 4p1=2;3=2 Ubergang in Ca+ .et al (1992)

Paritatsverletzung Blundellet al 6s 7s in Cs; paritatsverletztende(1992) Ubergangsamplituden.

gjFaktoren Lindroth und Li, Be+ und Ba+ ; CCSD Wellen-Ynnerman (1993) funktionen; Coulomb– und Breit

korrelationen sind darineingeschlossen.

Hyperfeinstruktur, Martensson–Pendrill Yb+ ; 6s 6p Resonanzlinie;Isotopieverschiebungenet al (1994) CCSD Wellenfunktionen.

E1 Oszillatorst¨arken, Dzubaet al (1995) Fr; Greensfunktionen.Paritatsverletzung

Oszillatorstarken Johnsonet al Alkali–Atome, Li–ahnlich,(1996) Na–ahnlich; vollst. 3.–Ordnung

MBPT; sehr detaillierteTabellen

Page 165: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.4. Herleitung atomarer St¨orungsreihen 161:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

(fortgesetzt:)

Eigenschaft Literatur Bemerkungen

Zwei–Elektronen Atome

Oszillatorstarken, Johnsonet al He–ahnliche Ionen; CCSD Wellen-Interkombinationsraten (1995) funktionen; sehr umfangreich;

Vergleich mit Experiment.

Oszillatorstarken, Fritzscheet al Be–ahnliche IonenInterkombinationsraten (1995) (vgl. Kasten VIII).

Diese Zielsetzung setzt jedoch die prazise Berechnung derUbergangsampli-tuden zuhW voraus. Dazu wurden detailliertere Untersuchungen bisher ins-besondere fur das Element Casium vorgenommen. Genaue Berechnungen zurElektronenstruktur dieses Elementes wurde sowohl in Notre Dame als auchin Novosibiersk durchgefuhrt (Dzubaet al 1989, Blundellet al 1991, 1992).Da die Ladungsverteilungρnuc(r) in Casium stark von der Neutronenvertei-lung abhangt, werden in diesem Element genauere Rechnungen zur Elektro-nenstruktur gegenwartig vor allem durch fehlende Kenntnisseuber den Kernbehindert. Die Untersuchung weiterer schwerer Elemente und Verbindungenwird andererseits dadurch erschwert, daß die gegenwartig verfugbaren Pro-gramme sich nicht oder nur muhsam auf kompliziertere Systeme anwendenlassen.

Beim Studium vonUbergangseigenschaften (Anregung, Zerfall, Sekundarpro-zesse,: : : ) werden ganz allgemein die (Quotienten der) MatrixelementeD

ψoαΩ† F Ω

ψoβ

ED

ψoα jΩ† Ω jψo

β

E und

Dψo

αΩ† G Ω

ψoβ

ED

ψoα jΩ† Ω jψo

β

Ezu verschiedenen (symmetrischen) Einelektronen– und Zweielektronenopera-toren (4.49–4.50) benotigt. Es ist hier außerhalb unseres Anliegens, die ent-sprechenden Storungsreihen fur verschiedene Eigenschaften und Modellsyste-me im einzelnen aufzufuhren. Stattdessen zahlen wir im Kasten VII auf Seite159 nur einige jungere Falluntersuchungen auf, die in den vergangenen Jahrenin der Literatur erschienen sind. Eine vollstandige Bibliographie dieser Fall-studien ist dies allerdings nicht.

Wir geben nun noch einen Hinweis auf eigene Arbeiten. In den vergangenenbeiden Jahren wurde von mir ein bestehendes Coupled–Cluster Programm (in

Page 166: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

162 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

CCSD Naherung aus der Goteborger Arbeitsgruppe; Martensson–Pendrill undYnnerman 1990) auf die Berechnung vonUbergangs– und Struktureigenschaf-ten fur effektive Zweielektronenatome erweitert. Damit wurden zunachst dieResonanz– und Interkombinationsubergange in Helium– und Beryllium–ahn-lichen Ionen untersucht. Derartige Rechnungen liefern fur Helium–ahnlicheIonen Ergebnisse, die im gesamtenZBereich des Periodensystems sehr gutmit verfugbaren experimentellen Datenubereinstimmen (siehe Johnsonet al1995). Erste Ergebnisse fur nahezu neutrale Beryllium–ahnliche Ionen werdenim Kasten VIII auf Seite 163 vorgestellt und diskutiert.

4.5 Konvergenz der Storungsreihen. Anmerkungen

Bisher ist uber das Konvergenzverhalten der Storungsreihen in Mehrelek-tronenatomen insgesamt nur wenig bekannt. Harriset al (1992; p. 266)außern, daß in nichtrelativistischen MBPT Rechnungen auf der Grundlage ei-ner Hartree–Fock Basis

almost no atomic or molecular calculation are adequately described atsecond order, but third order results can be useful in a number of appli-cations. In many systems the low–order contributions are not even quali-tatively adequate, and for some (e.g. the electron gas) the low–order con-tributions even diverge. These facts indicate the relevance of modifyingthe most popular approach [Møller–Plesset perturbation theory] in threeways, one of which is to use a different partitioning of the Hamiltonian,which might enhance the order–by–order convergence. A second modif-ication is simply to group the terms by some criterias other than order. Athird and well–explored technique is that of partial summation, in whichappropriate group of terms are summed to high, or even to infinite order.

Diese generelle und vereinfachte Sicht scheint angesichts der in den letztenAbschnitten diskutierten Ergebnisse etwasubertrieben pessimistisch. Insbe-sondere fur (hohergeladene) Ionen wird im allgemeinen eine recht befriedi-gende Konvergenz beobachtet (vgl. Kasten I und 4.4.4). Zwei Bemerkungensind dazu jedoch wichtig:

1. In hochgeladenen Ionen sind die Bindungsenergien der Elektronen (αZ)2,wahrend die Abstoßung zweier Elektronen α2Z ist. Fur schwere Ionen laßtsich damit zeigen (Doyle 1969), daßE (0) Z2 a.u., E (1) Z a.u., E (2) 1a.u.,E (3) 1=Z a.u., : : : , wobei alle Korrekturen in atomaren Einheiten (a.u.)angegeben sind. Dies ist ein Beispiel fur eine 1=Z Entwicklung der totalenEnergie; der zusatzliche Faktor 1=Z fur jede weitere Ordnung sichert fur hoch-geladene Ionen eine sehr schnelle Konvergenz dieser Entwicklung. Fur nahezu

Page 167: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.5. Konvergenz der St¨orungsreihen. Anmerkungen 163:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Kasten VIII

2s2 1S02s2p 3P1 Interkombinationslinienfur Beryllium– ahnliche Ionen

In leichten Atomen treten einige auffallend langlebige Zust¨ande auf, die nur unterAnderung ihres Gesamtspins in einen energetisch tieferliegenden Zustand zerfal-len konnen. Diese spin–verletzendenUbergange sind in der nichtrelativistischenTheorie

”verboten“. Sie werden durch eine relativistische Mischung verschiedener

Spinsymmetrien verursacht und zeigen, daß auch in leichten Atomen strenggenom-men nur der Gesamtdrehimpuls erhalten bleibt.

Die genaue Vorhersage der Lebensdauer solcher metastabiler Zust¨ande gilt seitlangem als eine Herausforderung derab–initio Theorie. Die Zerfallsraten derInterkombinations¨ubergange sind dabei sowohl empfindlich auf die relativisti-schen Wechselwirkungen als auch auf die Korrelationen zwischen den Elektro-nen. Eine in der Vergangenheit h¨aufig untersuchte Serie vonUbergangen sind die2s2 1S0 2s2p 3P1 Interkombinationslinien der Beryllium–¨ahnlichen Ionen. Die-se Linien spielen eine wichtige Rolle in der Astrophysik bei der Analyse stellarerAtmospharen. Die 1909A Interkombinationslinie der C2+ Ionen wurde beispiels-weise bereits in sehr verschiedenen astrophysikalischen Objekten beobachtet (Do-schek 1985). F¨ur eine zuverl¨assige Diagnose solcher Atmosph¨aren mussen dabeipraziseUbergangsenergien und Zerfallsraten bekannt sein.

Verschiedene, nunmehr bereits einige Jahre zur¨uckliegende Rechnungen (Glassund Hibbert 1978, Chenget al1979, Cowanet al1982) verwendeten — aus heuti-ger Sicht — recht eingeschr¨ankte CI Wellenfunktionen. Neueres theoretisches In-teresse weckte vor allem eine Lebensdauermessung der metastabilen3P1 Zustandean C2+ Ionen, die von Kwong und Mitarbeitern (1993) an einer Ionenfalle durch-gefuhrt wurden. Seither sind die 2s2 1S02s2p1;3P1 Resonanz– und Interkombina-tionslinien auch in sehr umfangreichenab–initio Rechnungen untersucht worden.In Breit–Pauli Naherung verwendeten Fleminget al (1994) CI und Froese Fischer(1994) Multikonfigurations Hartree–Fock Wellenfunktionen. Ynnerman und Froe-se Fischer (1995) dagegen nutzten sehr umfangreiche MCDF Wellenfunktionen.

Eine wertvolle Alternative bieten Coupled–Cluster Wellenfunktionen (vgl. KastenIII, Seite 115). Deren Anwendung auf die Berechnung vonUbergangsamplitu-den blieb bislang jedoch auf Atome mit einem einzelnen Elektron außerhalb an-sonsten abgeschlossener Schalen besch¨ankt (Martensson–Pendrill und Ynnerman1990). Diese Methode wurde von mir w¨ahrend meiner Arbeit in G¨oteborg erstmalsauch auf die BerechnungeffektiverZweielektronenatome (bspw. Beryllium–¨ahn-liche Ionen) erweitert. Wir wollen hier deshalb einige (vorl¨aufige) Ergebnisse zuden 2s2 1S02s2p 3P1 Interkombinationslinien vorstellen (Fritzscheet al 1995b)und kurz diskutieren. Unsere Untersuchung unterstreicht die Leistungsf¨ahigkeit desCoupled–Cluster Ansatzes, verdeutlicht gleichzeitig aber auch den Aufwand unddie konkreten Schwierigkeiten bei der Implementation dieser Methode f¨ur offen-schalige Atome.

Page 168: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

164 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Zur Berechnung der Coupled–Cluster Wellenfunktionen in CCSD N¨aherung wur-de das relativistische Programm von Salomonson undOster (1990) verwendet. Da-mit werden die Brueckner Korrekturen zu den besetzten Einteilchenfunktionen unddie Paarfunktionen (siehe Kasten III) in intermedi¨arer Normierung bestimmt. ZurBeschreibung der angeregten1;3P1 Zustande wurden die starken Korrelationen zwi-schen den nahezu entarteten

(2s2p1=2) J = 1

und(2s2p3=2) J = 1

Konfigura-

tionszustanden (in niedrigster Ordnung) in einem zweidimensionalen Modellraum(2s2p) 1P1

= a1

(2s2p1=2) J = 1+ b1

(2s2p3=2) J = 1

(2s2p) 3P1

= a2(2s2p1=2) J = 1

+ b2

(2s2p3=2) J = 1:

erfaßt, wobei die Mischungskoeffizientenfai; big aus der Diagonalisierung der22 Matrix des effektiven HamiltonoperatorsHeff = P H fexp(S)g P hervorge-hen. DieUbergangsamplituden zu einem spontanen E1 Zerfall wurden anschlie-ßend mit der oben beschriebenen eigenen Programmentwicklung berechnet.

Energien und Zerfallsraten der 2s2 1S02s2p 1;3P1 Resonanz– und Interkombina-tionslinien wurden f¨ur die funf Beryllium–ahnlichen Ionen C2+ , N3+ , O4+ , F5+

und Si10+ untersucht. Tab. VIII.1 vergleicht die Interkombinationsraten aus unse-rer Rechnung (Fritzscheet al1995) mit den Ergebnissen der anderen Theorien unddem experimentellen Wert von Kwonget al. Die kurzlich von Fleminget al (1994)sowie von Ynnerman und Froese Fischer (1995) ausgef¨uhrten Berechnungen zeig-ten dabei bereits die Schwierigkeit, eine engeUbereinstimmung der L¨angen– undGeschwindigkeitsform der Raten dieser recht schwachenUbergange zu erzielen.Diese Schwierigkeit wurde auch durch unsere Rechnungen mit Coupled–ClusterWellenfunktionen best¨atigt, obwohl die beiden Eichformen bereits etwas besserubereinstimmen. Strenggenommen ist das Zusammenfallen der Zerfallsraten in derLangen– und Geschwindigkeitseichung jedoch nur eine notwendige Bedingung; ei-ne Abweichung zwischen den beiden Eichformen wird h¨aufig als eine grobe theo-retische Absch¨atzung zur Unsicherheit einer Rechnung aufgefaßt.

Tab. VIII.1 zeigt ahnliche Ergebnisse der verschiedenen Theorien vor allem f¨urdie Langenform. Diese Eichform ist f¨ur strahlendeUbergange bekanntlich stabilerals die sogenannte Geschwindigkeitsform. Von Chenget al (1979) und Flemingetal (1994) wurden daher auch nur Ergebnisse in L¨angeneichung angegeben. Dane-ben beginnt sich heute jedoch die Einsicht durchzusetzten, daß f¨ur eine Bewertungtheoretischer Daten beide Eichformen wichtig sind.

Aufgrund der (ersichtlichen) Konvergenz der Interkombinationsraten zu den C2+

Ionen bei Hinzunahme virtueller Anregungen in h¨ohere Schalen wurde von Yn-nerman und Froese Fischer (1995) der WertA= 994 s1 abgeleitet. Dieses Er-gebnis muß mit dem experimentellen WertA = 120:9 7 s1 von Kwonget al(1993) verglichen werden und zeigt eine deutliche Abweichung außerhalb der an-gegebenen Fehlerbalken. Ein neuerer experimenteller Wert scheint allerdings dastheoretische Ergebnis zu best¨atigen (Trabert 1996). — Unsere vorl¨aufigen Ergeb-nisse mit CCSD Wellenfunktionen sind bisher nicht genau genug, um ein Urteiluber diese Abweichung zu treffen. In einer verbesserten Rechnung sollen k¨unftigdaher auch die Terme der Breitwechselwirkung in der Iteration der Paarfunktionen

Page 169: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.5. Konvergenz der St¨orungsreihen. Anmerkungen 165:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

berucksichtigt werden, ehe eine weitere Bewertung m¨oglich wird. Wir wollen je-doch bereits hier abschließend hervorheben, daß sich die Coupled–Cluster Methodeauch bei einer komplizierteren Schalenstruktur, die die Verwendung mehrdimen-sionale Modellraume erfordert, als eine wertvolle Methode beim Studium atomarerEigenschaften erwiesen hat.

Tab. VIII.1: Vergleich der 2s2 1S0 2s2p 3P1 Interkombinationsraten mit ande-ren theoretischen Methoden und dem Experiment. Die in Klammern angegebenenZahlen bezeichnen die Zehnerpotenzen der in 1/s angegebenen Zerfallsraten.

Diese Arbeit Ynnermanet ala Andere

Z Ion L V L V Rechnungen Exp.d

6 C2+ 7.87(+1) 1.29(+2) 9.99(+1) 1.88(+2) 1.04(+2)b 1.2097.95(+1)c 0.07(+2)

7 N3+ 4.55(+2) 6.42(+2) 5.64(+2) 8.41(+2) 4.95(+2)b

4.71(+2)c

8 O4+ 2.28(+3) 1.98(+3 2.21(+3) 3.06(+3) 1.99(+3)b

1.93(+3)c

9 F5+ 8.14(+3) 8.08(+3)14 Si10+ 4.11(+5) 4.26(+5) 3.59(+5) 4.02(+5) 3.48(+5)b

3.36(+5)c

a Ynnerman und Froese Fischer (1995)b Fleminget al (1994)c Chenget al (1979)d Kwong et al (1993)

neutrale Atome und Ionen dagegen ist der Faktor 1=Z im allgemeinen nichtklein, so daß die Konvergenz der Storungsreihe problematischer ist. In die-sem Falle ist es sinnvoller7, direkt von der Coupled–Cluster Naherung auszu-gehen, deren Grundzuge wir in Kasten III schilderten. Die Grundschritte aus4.4.1 konnen auch auf die Herleitung der Coupled–Cluster Gleichungen (so-wie bei der Berechnung anderer Eigenschaften in CCA Naherung) weitgehendunverandertubernommen werden. Die Berechnung der Energien und atomarerUbergangseigenschaften ist in der Coupled–Cluster Methode allerdings oft-mals aufwendig — besonders dann, wenn von einem mehrdimensionalen Mo-dellraum auszugehen ist. Ferner konnen in der CCA Naherung dieinherentenTripleanregungen nur schwierig auf dem gleichen Niveau eingeschlossen wer-den, wie es fur die Single– und Doubleanregungenublich ist. Diese Tripleanre-gungen werden oftmals vernachlassigt oder sind storungstheoretisch ebenfallsin einer niederen Ordnung hinzuzufugen.

7soweit es auch praktisch realisierbar ist

Page 170: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

166 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

2. Die Aussagen von Harriset al orientieren sich vor allem an der Berechnungmolekularer Korrelationsenergien. Andere Eigenschaften als die Energien undPotentialflachen von Molekulen (mit einer eher kleineren Anzahl von Elektro-nen) wurden in der Quantenchemie auch selten auf der Grundlage der Møller–Plesset’schen Storungstheorie untersucht. Diesselben (Korrelations–)Energienkonnen gewohnlich dann ebenso mit alternativen Losungsverfahren (Full CI,Coupled–Cluster,: : : ) untersucht und verglichen werden. — Dieser Tatbestandunterscheidet sich allerdings ganz wesentlich von unserer hier eingangs ge-nannten Intention, auch schwerere Atome mit einer komplizierteren Schalen-struktur zu untersuchen. Fur diese Atome sind oftmals bereits MBPT Rech-nungen in zweiter bzw. dritter Ordnung eine klare Herausforderung und vongroßem Nutzen. Wir erinnern schließlich auch daran, daß — mit Ausnahmeder totalen und Korrelationsenergien — viele andere Eigenschaften, die dieAnregung bzw. den Zerfall atomarer Zustande betreffen,ab–initio bisher nurmit einer Genauigkeit von 20 % oder gar noch schlechter vorhergesagt werdenkonnen.

Aufgrund des deutlichen Aufwandes, der in der Rayleigh–Schrodinger’schenTheorie mit jeder neuen Storungsordnung hinzukommt, ist eine unmittelbareKonvergenzanalyseuber mehrere Ordnungen hinweg oftmals nicht durchfuhr-bar. Die meisten praktischen Anwendungen der atomaren MBPT beschrankensich deshalb heute auf die zweite bzw. dritte Ordnung und diskutieren die so er-haltenen Ergebnisse im Vergleich mit experimentellen oder semi–empirischenDaten. Ein einfacher Test, der weitere Einsicht in die Konvergenz einerStorungsrechnung vermittelt, besteht darin, die Storungsreihen mit zwei (odermehreren) unabhangigen Einteilchen–Basissatzen zu berechnen. Dies ent-spricht gerade einer etwas unterschiedlichen Partitionierung (4.1) des Hamil-tonoperatorsH = H (1)

o + V (1) = H (2)o + V (2) = : : : . Der Vergleich der Er-

gebnisse in den verschiedenen Partitionierungen liefert dann in der Regel einenglaubhaften Hinweisuber die in einer bestimmten Ordnung erreichte

”Konver-

genz“. Die Differenz (bzw. die Standardabweichung) der Ergebnisse kann alsMaß fur den verbleibenden Restfehler interpretiert werden. Ein solcher Test derKonvergenz wurde bei der Berechnung der 2s2p3=2 Ubergangsenergien inverschiedenen hochgeladenen Uran–Ionen von Johnson (1995) diskutiert (vgl.4.4.4). Dieses Herangehen wird in vielen Fallen vermutlich auch fur zukunftigeRechnungen ein brauchbares Kriterium bleiben.

Ausfuhrlicher wurde das Konvergenzverhalten einer Storungsreihe in einemmehrdimensionalen Modellraum von Zarrabianet al (1990) untersucht. Darinwerden (nichtrelativistisch) die Bindungsenergien und Potentialflachen in dendrei Verbindungen BeH2, BH und H2O analysiert. Umuber die dritte Ordnungder RS Storungstheorie hinausgehen zu konnen, verwenden Zarrabianet al je-doch die Resolvente der Storungsentwicklung, d.h. letztlich die Darstellung dervollstandigen CI Basis. Naturlich ist dieses Herangehen auf eine (meist unphy-sikalisch) kleine Full CI Basis beschrankt. Fur die Berechnung und Vorhersage

Page 171: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.5. Konvergenz der St¨orungsreihen. Anmerkungen 167:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

physikalischer Großen laßt sich dieses Verfahren daher sicher nur in wenigenAusnahmefallen anwenden8. Mit Hilfe der Resolvente kann die Storungsreiheiterativ praktisch bis zu beliebiger Ordnung gelost werden. In jeder Iteration istdabei eine Matrixmultiplikation mit der Dimension der Full CI Matrix durch-zufuhren9.

Zarrabianet al zeigen, daß die Storungsreihen (soweit sie konvergieren) ge-gen das Full CI Limit streben. In Abhangigkeit von der Wahl der Einelektro-nenbasis, d.h. der zugrundegelegten Partitionierung, tritt die Konvergenz ver-schieden schnell ein. Dies kann genutzt werden, um eine moglichst geeignetePartitionierung zu finden. Inwieweit sich allerdings die Ergebnisse, die mit ei-ner sehr eingeschrankten Full CI Basis erhalten werden, auch verallgemeinernlassen, ist bisher noch vollig offen. Von Zarrabianet al werden dazu keineSchlußfolgerungen gezogen. Offensichtlich ist jedoch, daß eine Hartree–FockBasis [die auch der Møller–Plesset’schen Storungstheorie zugrunde liegt] kei-neswegs immer die optimale Wahl von (4.1) bedeutet. Im einzelnen konntenbei der Berechnung der Potentialflachen in den oben genannten MolekulenKonvergenzschwierigkeiten teilweise mit Hilfe vonUNRESTRICTEDHartree–Fock Orbitalenuberwunden werden. Unser Anliegen, die Berechnungen aufeiner Orbitalbasis aus einer Multikonfigurations Dirac–Fock Rechnung aufzu-bauen, verfolgt ein ganzahnliches Ziel.

Die Konvergenz des im (gesamten) Modellraum definierten Wellenoperatorsist naturlich auch von der Aufspaltung der (exakten) Energieniveaus abhangig.Wichtig ist dafur vor allem die Energiedifferenz der Eigenzustande jφαi zumModelloperator und deren Verschiebung infolge eines

”adiabatischen Einschal-

tens“ der Wechselwirkung. Tritt infolge dieses Einschaltens eine”Kreuzung“

der Vielteilchenzustande auf, so wird der Wellenoperator voraussichtlich nichtmehr gleichmaßig fur den gesamten Modellraum konvergieren. Dies fuhrt zumsogenanntenIntruder–stateProblem, bei dem durch den Wellenoperator (auch)unphysikalische Zustande beschrieben werden. Dieses Problem tritt dann auf(Schucan und Weidenmuller 1972), wenn das Eigenspektrum deseffektivenHamiltonoperators sich bei Einschalten der Storung λ = 0 : : : 1

Heff = H (0)eff + λ H (1)

eff +λ2

2H (2)

eff + : : :

nicht”glatt genug“ aus dem Eigenspektrum zuHo entwickelt. In diesem Falle

kann aufgrund desUberlapps der (exakten) Energien, die sich aus dem Modell-raum und dem Komplementarraum heraus entwickeln, die Storungsreihe auchdivergieren. — Oftmals scheint es jedoch praktisch gar nicht erforderlich, daß

8Die Dimension der Full CI Matrix ist in etwa proportional (NB)Ne , wobei NB die Zahl der

Elektronenorbitale (in der jeweiligen Einelektronen–Basis) undNe die Zahl der Elektronen imSystem ist.

9Genauer l¨auft die Summation bei der Verwendung einer Resolvente ¨uber alle Zust¨ande desKomplementarraumesH M

Page 172: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

168 Kapitel 4. Atomare Vielteilchenst¨orungstheorie:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

die Storungsreihen wirklich zuallen Zustanden des Modellraumes konvergie-ren. Dann konnen dennoch die stark beimischenden Konfigurationen mit in denModellraum einbezogen und deren Beitrage nichtperturbativ durch das Losender Sakular–Gleichung erfaßt werden. Diese Flexibilitat bei der Auswahl desModellraumes setzt allerdings einen effizienten Umgang mit den Storungsrei-hen voraus, so daß eine Erweiterung des Modellraumes schließlich nicht antechnischen Schwierigkeiten scheitert. Die bisher entwickelten computeralge-braischen Hilfsmittel sollen einen wichtigen Schritt in diese Richtung liefern.Modellraume mit einer großeren Dimension (d 5) wurden bislang namlichgar nicht oder nur sehr selten eingesetzt.

Von Dietz und Mitarbeitern (1993a,b; 1994a,b) wurden in den vergange-nen Jahren Methoden zur Konvergenzbeschleunigung (in nichtrelativistischenund quantenchemischen Anwendungen) untersucht. In diesen Arbeiten wirddas sogenannteΛVerfahren dargestellt, daß ausgehend von der Møller–Plesset’schen (MP) Storungstheorie auf zwei verschiedenen Wegen hergeleitetwerden kann. Dieses Verfahren fuhrt ebenfalls zu einer veranderten Partitio-nierung des Hamiltonoperators, die die Konvergenz beschleunigen soll. DasZiel ist es dabei, die in der MP Storungstheorie auftretende WechselwirkungV so zu verkleinern, daß die verbleibende Reststorung mit Hilfe einer schnellkonvergierenden Reihe berucksichtigt werden kann. Bisher wurden mit dieserMethode der Grundzustand von Beryllium und einfachere chemische Verbin-dungen wie zum Beispiel LiH, H2 und C2 untersucht.

In fruheren Anwendungen auf atomare Fragestellungen wurden mitunter dieeinfach zu berechnenden Diagramme einer hoheren Ordnung einzeln

”heraus-

gegriffen“ und ihr Beitrag zu der untersuchten Große mit anderen Korrekturter-men verglichen. Dies fuhrt jedoch gewohnlich zu keinem klaren Verstandnis,welchen Gesamtbeitrag diese Ordnung liefert, da andere Beitrage (derselbenOrdnung) auch mit verschiedenen Vorzeichen auftreten (konnen). Fur den Ge-samtbeitrag kann es so zu einer deutlichen

”Ausloschung“ kommen. Sowohl

die einzelnen Beitrage als auch deren Summe hangen ferner naturlich von derWahl der Einelektronenbasis ab. Dennoch haben sich die Gesamtbeitrage einerOrdnung, relativ zu den Beitragen anderer Ordnungen, als recht unempfindlichvon der Wahl der jeweiligen Einteilchenbasis erwiesen.

Wir erwahnten bereits in Kapitel 3, daß einige atomare Eigenschaften, wiebspw. Lebensdauern und totale Wirkungsquerschnitte, von mehreren Vielteil-chenzustanden abhangen, deren Details der Wellenfunktionen gar nicht inte-ressieren. Im Falle der Variationsverfahren ist strenggenommen dennoch einegetrennte Optimierung fur jeden der Vielteilchenzustande notwendig. DieserAufwand laßt sich storungstheoretisch vermeiden, wenn die Einzelbeitrage derverschiedenen Storungsreihen bereits auf algebraischer Ebene geeignet zusam-mengefaßt werden. Dies geschieht ganzahnlich zur Berechnung der Energie-korrekturen zu atomarenUbergangen, in denen sich viele Beitrage (in den to-

Page 173: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

4.5. Konvergenz der St¨orungsreihen. Anmerkungen 169:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

talen Energien) von vornherein aufheben. Um diesen Vorteil der MBPT jedochtatsachlich ausnutzen zu konnen, ist ein einfacher Umgang mit den Storungs-reihen zu offenschaligen Atomen erforderlich. — Ein aktuelles Beispiel sinddie Lebensdauern dernsn0p 1;3P1 (n 6= n0) Zustande der Seltenen–Erdenahn-lichen Ionen, denen verschiedene strahlende Zerfallskanale offenstehen. Beikomplexeren Atomen mussen bei der Berechnung von Lebensdauern ferneroftmals noch Auger– und Autoionisationskanale berucksichtigt werden.

Page 174: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen
Page 175: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

5Zur Kombination der MCDF und MBPT Methoden

In den Kapiteln 3 und 4 stellten wir die Multikonfigurations Dirac–Fock Me-thode und die Vielteilchenstorungstheorie fur sich jeweils getrennt dar. Bei-de Herangehensweisen an dieab–initio Beschreibung von Atomen und Mo-lekulen wurden in den vergangenen Jahren letztlich unabhangig voneinanderentwickelt und ausgebaut. Wir wollen nun Wege besprechen, die zukunftig zueiner engeren Verflechtung der MCDF und MBPT Methoden fuhren konnen.Dabei beschranken wir uns auf solche Wege, die auch fur offenschalige Atomepraktisch realisierbar scheinen. Wie wir sahen, sind sowohl die MCDF Me-thode als auch die Vielteilchenstorungstheorie — auf der Grundlage desno-pair Operators (2.64) — in dem Sinnevollstandig, daß sie bei einer systemati-schen Vergroßerung des Aufwandes schließlich gegen das Limit einer Full CIRechnung tendieren1. Fur eine fest vorgegebene Einteilchenbasis (im Hilbert–RaumH ) entspricht das Full CI Limit derexaktenLosung der Schrodinger–GleichungH jΨi = E jΨi . Allerdings konnen solche

”exakten“ Losungen im

allgemeinen nur in einer (unphysikalischen und vielzu) eingeschrankten Basisbestimmt werden.

Einer Verknupfung der beiden hier in dieser Arbeit dargestellten Grundpfei-ler stehen allgemein zwei Wege offen: Dazu werden entweder (a) allein dieim MCDF Modell optimierten Elektronenorbitale (2.5) verwendet oder (b) ne-ben den Orbitalfunktionen zuatzlich auch die genaherten atomaren Zustandefjψα (PJM)i ; α= 1; : : : ; d g, die Losungen zur Sakular–Gleichung (3.4) sind.

1Dabei setzen wir im Falle der MBPT voraus, daß die entsprechenden St¨orungsreihen konver-gieren. Ferner tritt bei einem systematisch vergr¨oßerten Multikonfigurationsansatz (3.1) nat¨urlichauch eine lineare Abh¨angigkeit der Mischungskoeffizienten und der Elektronenorbitale auf, diesinnvoll berucksichtigtwerden m¨ußte, da im Grenzfall einer Full CI Basis die Mischungskoef-fizienten und Orbitalfunktionen nicht mehr unabh¨angig voneinander variiert werden k¨onnen.

Page 176: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

172 Kapitel 5. Zur Kombination der MCDF und MBPT Methoden:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Wir werden diese zwei Wege kurz miteinander vergleichen. — In beiden Fallenist es das Ziel, die Vorteile der MCDF und MBPT Methoden zu kombinierenund deren Schwachen dabei zu beseitigen oder wenigstens zu mindern. Be-sonders in der relativistischen Theorie liegt ein solches Vorhaben nahe, da bei-de Methoden mit einem nennenswerten Aufwand und (teilweise auch) tech-nischen Schwierigkeiten verbunden sind. Aufgrund der relativen Einfachheitvon Atomstrukturrechnungen — im Vergleich mit dem deutlich großeren Auf-wand bei entsprechenden Molekulrechnungen — sind Atome gut geeignet, umeine engere Verflechtung der variationstheoretischen mit den storungstheoreti-schen Methoden zu erforschen. Insgesamt sind bisher allerdings nur sehr we-nige Untersuchungen bekannt, in denen die Vielteilchenstorungstheorie konse-quent auf Multikonfigurations–Wellenfunktionen aufbaut.

Wir fassen zunachst die Vorteile der beiden Methoden nochmals zusammen:Das MCDF Modell eignet sich besonders dazu, die starken Korrelationen derElektronen zu berucksichtigen, wahrend eine Vielzahl schwacherer Konfigu-rationsmischungen meist nur in praktisch sehr schwer realisierbaren

”large–

scale“ Rechnungen einbezogen werden konnen. In solchen Rechnungen ga-rantieren auch Multikonfigurationsentwicklungen (3.1), die um eine oder meh-rere Zehnerpotenzen vergroßert werden, keinen entsprechenden Genauigkeits-zuwachs in der Vorhersage der untersuchten Eigenschaften. Diese schwache-ren Korrelationen lassen sich jedoch recht effektiv mit Hilfe der Storungstheo-rie

”aufsummieren“. Hingegen fuhren starke Konfigurationsmischungen in der

Storungstheorie oftmals zu Konvergenzschwierigkeiten; wir kommen im fol-genden noch darauf zu sprechen. — Dieses unterschiedliche Verhalten legtjedoch nahe, daß ein deutlich verbessertes Verstandnis offenschaliger Atomevoraussichtlich erst dann erreicht wird, wenn die Vorzuge dieser beiden Sauleneffizienter miteinander verknupft werden.

Wir diskutieren zuerst die beiden genannten Strategien einer Verflechtung undbesprechen danach zwei aus der Literatur bekannte Fallstudien zur Grundzu-standsenergie von Beryllium.

5.1 Wege zur Verflechtung der Methoden

Zur eindeutigen Definition desno–pair Hamiltonoperators in Abschnitt 2.5gehort neben der Matrixform (2.64) auch die Vorgabe des PotentialsV 0(r) =Vnuc(r) + V(r) , das in der Eigenwertgleichung (2.4) zur Berechnung des (dis-kretisierten) Dirac’schen Spektrumsfjϕkig verwendet wird. Dieses Spektrum(und damit schließlich auch das PotentialV(r) ) wird im MCDF Modell aller-dings erst im Verlaufe der SCF Iteration festgelegt. Dabei setzen wir voraus,daß wir mit Hilfe der algebraischen Formulierung der MCDF Methode ein

Page 177: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

5.1. Wege zur Verflechtung der Methoden 173:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

vollstandigesEinteilchenspektrum erzeugen. Aufgrund der gleichzeitigen Va-riation der Orbitalfunktionenundder Mischungskoeffizienten in einem geeig-net gewahlten Funktional (3.12), ist es dabei moglich, von Beginn an einen we-sentlichen Anteil der Elektronenkorrelationen in diesem Dirac’schen Spektrumeinzubeziehen. Allerdings erhalten wir diese

”Korrelationen“ nur dann, wenn

wir die Losungen innerhalb des durch die CSF aufgespannten Modellraumesbetrachten. Mit dem MCDF Losungsspektrum ist aber auch die Matrixdarstel-lung desno–pairOperators und dessen Partitionierung (4.1) in einen Modell-operatorHo und eine StorungV festgelegt. Eine Freiheit bei der Wahl dieserMatrixdarstellung verbleibt nur bzgl. eine Drehung der virtuellen Orbitalfunk-tionen, die selbst nicht zum MCDF Energiefunktional beitragen.

Der ModelloperatorHo ist allgemein — zumindest im Prinzip — beliebigwahlbar; um die Konvergenz der darauf aufbauenden Storungsreihen zu er-leichtern, sollte er aber nur wenig vom vollstandigen HamiltonoperatorH ab-weichen. In den meisten bisherigen relativistischen Storungsrechnungen wur-de der Wahl vonHo ein Dirac–Fock Potential zugrundegelegt. Da das MCDFModell die naturliche Erweiterung der Dirac–Fock Methode darstellt, durfenwir erwarten, daß das MCDF Potential ingesamt auch ein besser geeigneterStartpunkt ist. Dies gilt umso mehr fur offenschalige Atome, in denen die Be-wegung der Valenzelektronen im Dirac–Fock Modell nur in einem konfigura-tionsgemittelten Sinne verwendet wird.

Außer dem diskretisierten Losungsspektrum der besetzten (und virtuellen)Elektronenzustande liefert die MCDF Methode auch die Mischungskoeffizi-entenfcr(α)g , d.h. eine Darstellung der gesuchten atomaren Zustande in derdurch (3.1) und die (teilweise besetzten) Orbitalfunktionen geometrisch fixier-ten Konfigurationsbasis. Dies legt fur eine darauf aufsetzende storungstheore-tische Beschreibung die zwei bereits genannten Wege nahe:

a) Es werden nur die in der MCDF Methode optimierten Elektronenorbitale(2.5) und die zugehorige Matrixform desno–pair Operators verwendet; an-sonsten wird der Modellraum nach den gleichen Kriterien wie auch in Kapitel4 gewahlt. Ferner werden der Einfachheit halber als Basisfunktionen des Mo-dellraumes, d.h. fur die jφαi 2 M , Determinanten und nicht die sonst in derMCDF Methodeublichen j jgekoppelten CSF genutzt.

b) Neben den aus der Variation erhaltenen Elektronenorbitalen werden auch diegenaherten atomaren Zustandefjψα (PJM)ig , d.h. die Mischungskoeffizien-ten fcr(α)g in (3.1), verwendet. Dieser Weg erfordert bei mehreren offenenSchalen strenggenommen jedoch, daß entweder die zu gutem Drehimpuls ge-koppelten CSF genommen oder diese Konfigurationszustande nach Determi-nanten entwickelt werden. Ein solches Herangehen scheint gegenwartig abernur fur einfache Schalenstrukturen realistisch. Es wurde von Morrison und Fro-ese Fischer (1987) bei einer Berechnung des Beryllium–Grundzustandes ver-wendet, die dafur nichtrelativistische,LSgekoppelte Konfigurationsfunktio-

Page 178: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

174 Kapitel 5. Zur Kombination der MCDF und MBPT Methoden:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

nen einsetzten. Wir kommen im nachsten Abschnitt noch darauf zu sprechen.

Die Verwendung der MCDF Orbitale in (a) allein fuhrt auf eine Formulie-rung der Storungsreihen in einem mehrdimensonalen Modellraum, so wie wirsie in Kapitel 4 bereits besprachen. Fur viele interessante Anwendungen aufoffenschalige Atome ist dies der einfachere Weg, der zu einer rechtubersicht-lichen

”Buchhaltung“ der einzelnen Terme fuhrt. Wir gelangen damit erneut

zu einer Matrixdarstellung des effektiven Hamiltonoperators, aus deren Dia-gonalisierung die gesuchten Energien und Mischungskoeffizientenfcαβg zurFestlegung der Modellfunktionen

jψoαi = ∑

βcαβ

φβ

folgen. Dabei gingen wir bisher stets von quasi–vollstandigen Modellraumenaus, in denen der WellenoperatorΩ 6= Ωα nicht von den Basisfunktionenjφαi 2M abhangt und das LDT (4.43) gilt. Daneben konnen in (a) aber auchunvollstandige Modellraume verwendet werden. Solche Modellraume wurdenvon Hose und Kaldor (1979) und Lindgren (1985) untersucht. Darin erfullt derWellenoperatorΩα zu jeder Basisfunktionα; β 2M die Bloch–Gleichung2

[Ωα; Ho ] jφαi = V Ωα jφαi ∑β

Ωβφβ

φβ V Ωα jφαi(5.1)

wobei ausgenutzt wird, daß diefjφαig Eigenfunktionen zuHo sind. In die-ser Bloch–Gleichung konnen die WellenoperatorenΩα mit (4.19) wieder-um schrittweise in einzelnen Ordnungen oder auch iterativ — z.B. mit Hilfedes Exponentialansatzes (4.27) — in allen Ordnungen (gewohnlich aber nurin den Single– und Doubleanregungen) bestimmt werden. NichtrelativistischeCoupled–Cluster Rechnungen in einem mehrdimensionalen Modellraum wur-den u.a. fur neutrale Atome von Salomonson undOster (1990) sowie fur kleineMolekule von Simons und Mitarbeitern (Banerjee und Simons 1982; Hoff-mann und Simons 1988, 1989) durchgefuhrt. Alle diese Rechnungen gehendabei allerdings von einer Hartree–Fock Basis aus. Eine MCDF Einteilchen-basis wurde dagegen nur von Liu und Kelly (1991) verwendet.

Gegenwartig scheint fur offenschalige Atome die Kombination der MCDF Me-thode mit einemall–order [vgl. (5.5)] bzw. dem Exponentialansatz (4.27) derCoupled–Cluster Theorie in einem mehrdimensionalen Modellraum der am be-sten geeignetste Weg. Dieses Herangehen ist insofern konzeptionell einfachuberschaubar, da die MCDF Methode nur zur Bereitstellung eines

”optimalen

Potentials“ (innerhalb eines durch die Variation gleichzeitig festgelegten Mo-dellraumes) verwendet wird. — Andererseits bedeutet dies aber auch, daß allestarkeren Wechselwirkungen, die einemall–orderSingle– und Double–Ansatz

2Diese Gleichung gilt auch dann, wenn anstelle der Determinantenjφαi die j jgekoppeltenCSF aus 3.2 genommen werden.

Page 179: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

5.1. Wege zur Verflechtung der Methoden 175:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

nicht zuganglich sind, bereits im Modellraum enthalten sein mussen. Liu undKelly (1991) folgen bei der Berechnung des Be Grundzustandes diesem Weg,wobei sie der Einfachheit wegen einige zusatzliche Naherungen einfugen (vgl.5.2). Entsprechende Anwendungen auf tatsachlich offenschalige Atome fehlenbisher noch.

Der dazu alternative Weg in (b) behandelt die vollstandige MCDF Losung(en)ψMCα

als eine orthogonale Basis des Modellraumes und definiert den Wel-lenoperator durch

jψαi = ΩψMC

α:

Naturlich sind die MCDF Losungen keine Eigenfunktionen zuHo . Anstellevon (5.1) gilt in diesem Fall die Gleichung (Liu und Kelly 1991)

ΩψMC

α

ψMCα jHo jψMC

α Ho Ω

ψMCα

= V ΩψMC

α ∑

βΩψMC

β

E DψMC

β jV Ω jψMCα

E ∑

β 6=αΩψMC

β

E DψMC

β jHo jψMCα

E(5.2)

Wir wollen diesen zweiten Weg hier allerdings nicht naher detaillieren. Be-rechnungen, die diesem Ansatz folgen, wurden fur Molekule u.a. von Banerjeeund Simons (1982) durchgefuhrt.

Beide Herangehensweisen folgen dem Ziel der Rayleigh–Schrodinger Sto-rungstheorie, namlich die im gesamten Hilbert–Raum definierte Schrodinger–Gleichung auf eine Sakular–GleichungP Heff P jψo

αi = Eα jψoαi zu reduzie-

ren, die nur in einem endlich–dimensionalen Modellraum gilt. Die durch dieseSakular–Gleichung beschriebenen EigenwertefEα; α = 1; : : : ; dg sollen da-bei eine Teilmenge der EigenwertefEλg der Schrodinger–Gleichung sein. Diegefuhrte Diskussion zur Verflechtung der MCDF und MBPT Methoden betriffthierbei lediglich die Auswahl des Modellraumes, wobei die MCDF Losungeneine besonders geeignete Wahl darstellen konnen.

Wir f ugen schließlich noch eine Bemerkung zu denj jgekoppelten CSFhinzu, die dem MCDF Verfahren in Kapitel 3 zugrundeliegen und die wirin 3.2 etwas ausfuhrlicher besprachen. Diese Funktionen besitzen den Vor-teil, daß die zugehorige Hamilton–Matrix (auch zuHeff ) eine block–diagonaleStruktur annimmt. Die Vielteilchenstorungstheorie baut hingegen traditionellauf Determinanten auf. Beide, sowohl die Slater–Determinanten als auchdie j jgekoppelten CSF sind dabei Eigenfunktionen zuHo aus (4.31). Diej jgekoppelten CSF implizieren jedoch die Schwierigkeit, daß die Berech-nung der Matrixelemente3 eine Umkopplung (RECOUPLING) der Elektronen

3Etwas genauer jede Anwendung eines Erzeugungs– und Vernichtungsoperation eines Elek-tronenorbitals.

Page 180: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

176 Kapitel 5. Zur Kombination der MCDF und MBPT Methoden:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

erfordern. Diese Umkopplung fuhrt bereits bei recht einfachen Einteilchen–und Zweiteilchenoperatoren auf betrachtliche Schwierigkeiten, die bei denin der Storungstheorie auftretenden Operatorprodukten noch ungleich große-re technische Komplikationen hervorrufen wurde. Ferner setzt die Verwen-dung derj jgekoppelten CSF eine vollstandige Klassifizierung (z.B. mit Hil-fe des Senority–Schemas (Judd 1963)) voraus, die bisher praktisch noch garnicht umgesetzt wurde. Aufgrund dieser Erfahrungen ist ein breiterer Einsatzder j jgekoppelten Konfigurationszustande fur storungstheoretische Unter-suchungen eher unwahrscheinlich.

5.2 Ein Beispiel: Der Grundzustand von Beryllium

Wir wollen die Verknupfung des MCDF Modells mit storungstheoretischenMethoden abschließend am Beispiel des Beryllium–Grundzustandes diskutie-ren. In Kapitel 4 wiesen wir kurz darauf hin, daß dieser Grundzustand in dertheoretischen Beschreibung zu weit großeren Schwierigkeiten fuhrt(e), als wires zunachst anhand der geschlossenen 1s22s2 Schalenstruktur dieses Elemen-tes erwarten. Diese Schwierigkeiten werden vor allem durch den alsIntru-derbezeichneten

1s22s3s 1S0

Zustand verursacht, der energetisch zwischendem

1s22s2 1S0

Grundzustand und dem sehr stark beimischenden 1s22p2 1STerm liegt. Das Auftreten dieses Zustandes fuhrte in der Vergangenheit zu er-heblichen Konvergenzschwierigkeiten in den iterativen Verfahren der MBPT,falls die Losungen zu

2s2 1S0

und2p2 1S0

gleichzeitig bestimmt wer-

den sollen (Salomonsonet al 1980, Heully und Daudey 1988). Obwohl dieseSchwierigkeiten spater ausgeraumt werden konnten (Salomonson undOster1990), hat der

2s3s 1S0

Zustand einen empfindlichen Einfluß auf die nume-rischen Berechnungen. In der Bezeichnung der verschiedenen Zustande habenwir dabei den 1s2 Core zuletzt nicht weiter angegeben.

Detailliertere Untersuchungen zur Verknupfung der Multikonfigurations Har-tree– bzw. Dirac–Fock Methode wurden von Morrison und Froese Fischer(1987; Morrison 1988) und von Liu und Kelly (1991) durchgefuhrt. Beide Un-tersuchungen betrachten den Beryllium–Grundzustand, wobei im ersteren Fallaber nichtrelativistische Wellenfunktionen verwendet wurden. Wir wollen dasHerangehen in diesen beiden Fallstudien kurz erlautern.

Morrison und Froese Fischer verwenden letztlich einen 1–dimensionalen Mo-dellraum

ψo

, dem eine fest vorgegebene Linearkombination der1S0 Kon-

figurationszustande zu 1s22s2 und 1s22p2

ψo

= a

1s22s2 1S0+ b

1s22s2 1S0

(5.3)

Page 181: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

5.2. Ein Beispiel: Der Grundzustand von Beryllium 177:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

mit

a = 0:950: : : und b = 0:312: : : :

zugrundeliegt. Sowohl die Mischungskoeffizientena; b als auch die zur Kon-struktion der (nichtrelativistischen) CSF verwendeten Elektronenorbitale wur-den dabei in einer entsprechenden MCHF Rechnung bestimmt. Dieses Vor-gehen folgt zunachst dem Weg (b) aus 5.1, vereinfacht sich infolge des 1–dimensionalen Modellraumes aber noch deutlich. Insbesondere ist in einem1–dimensionalen Modellraum

ψo

naturlich auch gleich der Modellfunk-

tion, die in den beiden Definitionen (4.13) und (4.9) zum ProjektionsoperatorP und zum Wellenoperator auftrittψo

= P jψGi und jψGi = Ω

ψo

;

wobei jψGi an dieser Stelle den gesuchten Grundzustand bezeichnet. Analogzu den in 4.2 besprochenen Schritten erfullt die Naherungslosung

ψo

ferner

die Eigenwertgleichung

Heff

ψo

= PH Ω P

ψo

= EG

ψo

zum effektiven Hamiltonoperator, wobei die gesuchte Grundzustandsenergie

als Eigenwert auftritt. Im Vergleich zu einem mehrdimensonalen Modellraumkonnen die Koeffizientena und b hier von Beginn an festgelegt werden. DieEnergiekorrekturen in(n+1)ter Ordnung sind dann (vgl. 4.3.2)

E (n+1) =D

ψo

V Ω(n)ψo

E:

Zur Beschreibung des WellenoperatorsΩ verwenden Morrison und FroeseFischer das Konzept der Paar–Gleichungen. Diese Paar–Gleichungen konneniterativ gelost werden, womit sich die Doubleanregungen in allen Ordnungenberucksichtigen lassen. Morrison und Froese Fischer bestimmen damit die Bei-trage der Valenzelektronen in zweiter und die der Core–Korrelationen zu 1s2 indritter Ordnung. Im relativistischen Falle ist es dagegen gunstiger, von einemdiskretisierten Einelektronenspektrum auszugehen. Dies liegt daran, daß beider Verwendung von Paar–Gleichungen im allgemeinen die Vollstandigkeits-relation ausgenutzt werden muß, um eine explizite Projektion auf den Komple-mentarraum zu vermeiden. Da wir imno–pairOperator jedoch den negativenTeil des vollstandigen Dirac’schen Spektrums vernachlassigen, ist eine solcheProjektion folglich unumganglich.

Gute Ergebnisse wurden von Morrison und Froese Fischer fur die Valenzkor-rekturen der 2s und 2pElektronen in zweiter Ordnung erzielt. Die Core–Korrelationen in zweiter Ordnung fuhren jedoch auf Werte, die im Vergleichmit genaueren CI Berechnungen (Bunge 1976, 1978) um etwa 7 % zu groß

Page 182: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

178 Kapitel 5. Zur Kombination der MCDF und MBPT Methoden:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

sind. Diese Abweichungen konnten spater (Morrison 1988) durch Einbezie-hung der dritten Ordnung fur die Core–Korrelationen verringert werden. Wei-terreichende Untersuchungen wurden mit diesem Ansatz allerdings dann nichtdurchgefuhrt. — Aufgrund der in (b) genannten Ursachen laßt sich das Heran-gehen von Morrison ganz offensichtlich aber auch nur schwer auf komplizier-tere Schalenstrukturen erweitern.

Das relativistische Analogon zuψo

in den Berechnungen von Liu und Kelly

(1991) istψo

= a

1s22s2 J = 0+ b

1s22p21=2 J = 0

E+ c

1s22p23=2 J = 0

E:(5.4)

In diesem Ansatz wurden die MCDF Elektronenorbitale und Mischungskoef-fizienten mit einem der traditionellen MCDF Programmen (vgl. 3.3) mit Hilfefiniter–Differenzen Verfahren bestimmt. Liu und Kelly verwenden diese nu-merisch bestimmten Losungen spater sowohl zur Konstruktion eines effektivenEinteilchenpotentials als auch einer vollstandigen Einteilchenbasis. Allerdingsstimmt deshalb das von ihnen konstruierte, effektive Potential nicht vollkom-men mit dem MCDF Potentialuberein. Auch hoben wir bereits hervor, daß dieKonstruktion eines vollstandigen (diskretisierten) Spektrums im MCDF Ver-fahren nicht eindeutig ist, da die virtuellen Orbitale einer Drehung unterein-ander unterworfen werden konnen, ohne daß dadurch der Wert des MCDFEnergiefunktionals verandert wird. Der Vorteil der im Kapitel 3 formulier-ten, algebraischen MCDF Gleichungen ist, daß der Umweg einer explizitenKonstruktion des Dirac’schen Spektrums vermieden wird. — Das diskretisier-te Spektrum wurde von Liu und Kelly mit Hilfe vonBSplines dargestellt.

Bei der Herleitung der Storungsreihen folgen Liu und Kelly dann dem Weg (a).Dabei wird die mit Hilfe des diskretisierten Einelektronenspektrums gewonne-ne Matrixform (2.64) zusammen mit einem (genaherten) Wellenoperator

Ωα = 1 + χα

1 + ∑i j

fa†i ajgχ i

j +12 ∑

i jkl

fa†i a

†j al akgχ i j

k l :(5.5)

verwendet. Dieser Ansatz fuhrt auf einelinearisierte all–orderNaherung,falls nur die Terme berucksichtigt werden, die in den Amplitudenχ i

j und

χ i jkl linear sind. Der in (5.5) auftretende Operatorχα wird darin gewohn-

lich als Korrelationsoperator bezeichnet. Fur die Amplituden der Einelektro-nenanregungenχ i

j und der Paaranregungenχ i jk l erhalten wir somit ein ge-

koppeltes Gleichungssystem, das iterativ gelost werden kann. Wird in die-sen Gleichungen schließlich noch die Winkelreduktion aller Einelektronen–und Zweielektronen–Matrixelemente ausgefuhrt, so vereinfacht sich das Glei-chungssystem letztlich auf ein algebraisches System gekoppelter Radialkoef-fizienten.

Page 183: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

5.2. Ein Beispiel: Der Grundzustand von Beryllium 179:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Um Konvergenzschwierigkeiten (aufgrund des energetisch dazwischenliegen-den

2s3s 1S0

Intruder–Zustandes) zu vermeiden, wurde von Liu und Kel-ly nur das Matrixelement(Heff)11 =

2s2 J = 0 jHeff j2s2 J = 0

tatsachlich

in allen Ordnungen berechnet. Die Beitrage zu den2p2

1=2 J = 0E

und2p23=2 J = 0

EZustanden hingegen wurden nur in zweiter Ordnung erfaßt. Der

aus diesem Vorgehen abgeschatzte Restfehler fur die Korrelationsenergie be-tragt etwa 1 %. Fur andere, kompliziertere Systeme wird es allgemein jedochnotwendig sein, die Beitrage zu allenjφαi 2 M auchuber die zweite Ord-nung hinauszufuhren. Bei einem hoheren Ionisationsgrad andererseits, spielendie Korrekturen hoherer Ordnung oftmals eine untergeordnete Rolle, so daßdie zweite bzw. dritte Ordnung der Storungstheorie dann ausreichend ist. Wirnennen in Kapitel 6 einige aktuelle Fragestellungen, fur die dieses Herangehenvon Interesse ist.

Wir betrachten nun noch das Konvergenzverhalten verschiedenerall–orderUntersuchungen, die fur den Beryllium–Grundzustand in den letzten Jahrendurchgefuhrt wurden. Dieses Verhalten wurde von verschiedenen Autorenhauptsachlich in Abhangigkeit des effektiven Einteilchenpotentials analysiert.Abb. 5 zeigt einen Vergleich verschiedener jungerer Arbeiten. Darin wurdendie VN Hartree–Fock Werte(+) beispielsweise dadurch bestimmt, indem Be-ryllium als geschlossenschaliges Atom mit 1s22s2 behandelt wurde. Eine be-sonders rasche Konvergenz zeigt Abb. 5 sowohl fur ein geeignet bestimmtesghartree Potential (Dietzet al1982) als auch fur die von Liu und Kelly kom-binierte Rechnung. Letztere besitzt dabei den wichtigen Vorteil, daß darin kei-nerlei freie Parameter auftreten. Die mit einem linearisiertenall–order Ansatzausgefuhrte Modellrechnung ergibt einen totalen Korrelationsbeitrag, der letzt-lich gerademal 0.9 % von der

”numerisch exakten“ Korrelationsenergie von

Bunge (1976) abweicht.

Von den beiden hier vorgestellten Verfahren laßt sich nur das Herangehenvon Liu und Kelly einfach auf kompliziertere Falle erweitern. Die beidenwichtigsten Grunde dafur sprachen wir bereits an. Neben den vorwiegendtechnisch verursachten Komplikationen bei der Verwendung der zu gutemDrehimpuls gekoppelten Konfigurationsfunktionen lassen sich die gekoppel-ten Paar–Gleichungen einer relativistischen Theorie nur schwer losen. — Demsteht das Anliegen dieser Arbeit entgegen, der Kombination der MCDF undMBPT Verfahren einen breiteren, systematischen Zugang zu verschaffen. Wirformulierten infolge dessen zunachst die algebraischen MCDF Gleichungen,die uns zu einem

”optimalen“, diskretisierten Dirac–Spektrum fuhren. Gleich-

zeitig veranschaulichen die Ergebnisse von Liu und Kelly, daß die Kombina-tion der Methoden auch fur kompliziertere Systeme und Schalenstruktureneinen vielversprechenden Weg eroffnen.

Page 184: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

180 Kapitel 5. Zur Kombination der MCDF und MBPT Methoden:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Abb. 5: Prozentualer Anteil der Korrelationsenergie des Grundzustandes von Beryllium inAbhangigkeit der Iteration; die Zahl der Iterationen stimmt dabei n¨aherungsweise (imSinne derall–order bzw. Coupled–Cluster Methoden mit der

”Ordnung“ in einer tradi-

tionellen Storungsrechnung ¨uberein (aus Liu und Kelly 1991).

+ : : : Beryllium VN Hartree–Fock Potential (Liu und Kelly 1991).4 : : : ghartree Potential (Millack 1989). : : : ghartree Potential (Dietz und Hess 1990); diese Ergebnisse wurden auf

100 %”skaliert“, da in der verwendeten Basis insgesamt nur etwa 90 %

der gesamten Korrelationsenergie erreicht wurden. : : : Beryllium VN2 Hartree–Fock Potential (Salomonsonet al 1980) : : : MCHF Potential (Morrison und Froese Fischer 1987); siehe Text. : : : MCDF Potential (Liu und Kelly 1990).

Page 185: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

6Zusammenfassung und Ausblick

Diese Arbeit formuliert die grundlegendenab–initio Methoden, die heutezur Beschreibung offenschaliger Atome verwendet werden. Wir diskutiertensowohl die Multikonfigurations Dirac–Fock Methode, die auf einer Varia-tion der totalen Energie beruht, als auch die Herangehensweisen der Vielteil-chenstorungstheorie. Beide Methoden gehen letztlich in ihrer relativistischenFormulierung vomno–pairDirac–Coulomb–Breit Operator (2.58) aus. Dochobwohl diese Naherung desno–pair Operators alle physikalisch wichtigenWechselwirkungen umfaßt, die z.B. fur die Vorhersage der Feinstruktur unddie Interpretation der Spektren offenschaliger Atome bedeutsam sind, gelingtes bisher nur in wenigen Ausnahmefallen, dafur gute Naherungslosungen zubestimmen. Dies gilt auch fur die Untersuchung und theoretische Beschrei-bung der meisten angeregten Atomzustande. Dabei sind sowohl die Feinstruk-tur offenschaliger Atome als auch deren Zerfall und Wechselwirkungen mitdem Strahlungsfeld fur die Erforschung einer Vielzahl physikalischer Prozessevon unmittelbarem Interesse.

Unsere Diskussion der verschiedenen Methoden verdeutlichte, daß die aus-schließliche Verwendung der Variations–oder storungstheoretischen Verfah-ren bei der Beschreibung offenschaliger Atome oft nur Teilerfolge zulaßt. Einpraktisch realisierbares Konzept zur engeren Verknupfung beider Methodenist daher dringend erforderlich und wunschenswert zugleich. Allerdings setztdie erfolgreiche Kombination auch umfangreiche Vorarbeiten voraus. Wir ha-ben hier zu beiden Methoden wichtige Entwicklungen dargestellt, die uns demeingangs genanntenFernzieleiner genauenab–initio Beschreibung offenscha-liger Atome naher bringen. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, daß auch furdie kommenden Jahre viel Entwicklungsarbeit zu tun bleibt. Wichtige Schrittedazu wurden in Kapitel 3 und 4 besprochen. Wir wollen diese Voraussetzun-

Page 186: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

182 Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

gen und Einzelschritte hier nicht wiederholen, sondern in diesem Ausblick nureinige naheliegende Ziele aufzahlen.

Ein erster wichtiger Aufgabenkomplex betrifft vor allem die weitere Entwick-lung von GRASP–B (siehe 3.4) zu einem algebraischen MCDF Programm. Einsolches Programmpaket erlaubt die folgenden Schwerpunkte zu untersuchen:

Gemeinsame Berucksichtigung der Coulomb– und Breitwechselwirkung imatomaren SCF Potential. Damit kann insbesondere der wechselseitige Einflußund dasnicht–additiveAuftreten der relativistischen Beitrage und der Korre-lationen der Elektronen in schweren Atomen und Ionen konsistent untersuchtwerden.

Erstmalig genauereab–initio Berechnung der Feinstruktur von Atomen mitoffenenp; d und (evtl.) f Schalen.

Untersuchung des Konvergenzverhaltens bei mehreren offenen Schalen. Al-le bisher verfugbaren relativistischen MCDF Programme konvergieren fur diehoher angeregten Zustande nur sehr schwer oder oftmals gar nicht und erfor-dern dann das gezielte Festsetzen (

”Einfrieren“) der energetisch tieferliegenden

Einteilchenfunktionen.

Berechnung diskreter Einteilchenspektren im SCF Potential offenschaligerAtome, mit denen auch kompliziertere Storungsreihen der MBPT ausgewer-tet werden konnen.

Daruberhinaus liefert eine verbessertes Verstandnis des Wechselspiels aus”Re-

lativistik“ und”Korrelation“ sicher auch fur die weitere Entwicklung einer re-

lativistischen Quantenchemie wichtige Impulse.

Im Abschnitt 3.4.7 verglichen wir die Ergebnisse aus verschiedenen algebrai-schen Dirac–Fock Programmen mit entsprechenden Werten aus GRASP, indem zur Integration der Einteilchenfunktionen finite–Differenzen Verfahrenverwendet werden. Dieser Vergleich zeigte, daß beide Methoden gleichwertigsind, solange nur die Losungen zum atomaren

”mean field“ interessieren. Der

hier vorgestellte, algebraische Ansatz besitzt jedoch den zusatzlichen Vorteil,daß er unmittelbar zu einer diskretisierten Darstellung des positiven und ne-gativen Kontinuums fuhrt. DiesesvollstandigeEinteilchenspektrum kann an-schließend dazu verwendet werden, um sowohl die Korrelationen der Elektro-nen untereinander zu bestimmen als auch den Einfluß der Positronenzustandeund QED Beitrage hoherer Ordnung zumindest abzuschatzen.

Ein langerfristiges Ziel der Atomstruktur besteht darin, neben den Ener-gien und den dominanten Zerfallsraten, auch solche Eigenschaftenab–initiozu berechnen, die sehr empfindlich von der Darstellung der Wellenfunk-tion abhangen. Dies betrifft sowohl fast alle winkelabhangigen Eigenschaften,die bei der Autoionisation angeregter Atomzustande auftreten (Lohmann undFritzsche 1994), als auch die meisten atomaren Sekundarprozesse. Einige (be-

Page 187: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

183:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

reits in 3.4.8 zusammengestellte) Beispiele sind die doppelte Photoionisation,der strahlende Augerzerfall, zwei–Elektronen–ein–Photon (TEOP) Zerfalleu.a.

Multikonfigurations Dirac–Fock Wellenfunktionen sind meist einfach und sehrubersichtlich zu handhaben. Dies fuhrte dazu, daß Strukturprogramme, dievon einem Multikonfigurationsansatz ausgehen, bereits fruhzeitig veroffent-licht wurden und auch heute viel weiter verbreitet sind, alsahnliche Programm-entwicklungen aus der Vielteilchenstorungstheorie. Das Programm APEX (sie-he Kasten V auf Seite 144) ist folglich nur ein erster Schritt, die Methoden derMBPT auf offene Schalenstrukturen auszudehnen und einem breiteren Kreisvon Anwendern zuganglich zu machen. Allerdings muß dieses Programm zu-vor noch deutlich flexibler gestaltet und mit einemahnlichen Programmpaketzur Winkelreduktion der Feynman–Goldstone’schen Diagramme erganzt wer-den, bevor ein wirklich nutzliches

”black–box“ Werkzeug entsteht. Bereits die

bisherigen Entwicklungen beweisen jedoch, welches enormes Potential com-puteralgebraische Methoden auch fur die kunftige Entwicklung der Atomphy-sik haben. Eine fur die theoretische Atomphysik unbedingt notwendige Ent-wicklung betrifft dabei die Vereinfachung von Ausdrucken der Racah–Algebra.Solche Ausdrucke treten nicht allein in der Atomstruktur auf, sondern auch beider Beschreibung vieler Streu– und Stoßprozesse. Die dazu in unserer Grup-pe begonnenen Programmentwicklungen wurden im Kasten IV (Seite 137) nurkurz diskutiert; sie sollen jedoch auch in den kommenden Jahren fortgesetztwerden. Diese computeralgebraischen Werkzeuge bieten sowohl bei der Her-leitung der Storungsreihen als auch im Falle der Racah–Algebra wichtige Al-ternativen zu den bisher vorrangig eingesetzten graphischen Methoden.

Von experimenteller Seite wird gegenwartig viel Aufmerksamkeit der gezieltenAnregung einzelner Atomzustande und deren zeitliche Entwicklung gewidmet.Laser und Synchrotronstrahlungsquellen sind fur eine solche Praperation ein-zelner Zustande sehr gut geeignet. Allerdings fuhren sie meist zu

”resonanten“

Anregungen, die theoretisch bisher nur schwer beschrieben werden konnenund die auf Vielteilcheneffekte besonders empfindlich sind. In der Spracheder Storungstheorie bezeichneten wir solche Atomzustande (vgl. Kapitel 4) alsmElektronennLoch Zustande. Wir wollen diese Zustande zum Abschlußallerdings nicht weiter formal charakterisieren, sondern nur drei

”Klassen“ die-

ser Anregungen nennen, die gegenwartig sehr viel Aufmerksamkeit genießenund deren Untersuchung von mir als Forschungsvorhaben beantragt wurde.

Resonante Core–Anregungen der Alkaliatome fuhren auf Atomzustande miteinem Loch in der benachbarten Edelgaskonfiguration und zwei Elektronenin außeren Schalen. Solche Zustande konnen anschließend entweder auto-ionisieren oder unter der Emission eines Photons zerfallen. Diese angeregtenZustande wurden bisher in keiner systematischenab–initio Rechnung unter-sucht.

Page 188: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

184 Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Interkombinationsubergange in Beryllium–, Magnesium– und Kalzium–arti-gen Ionen. Ein Beispiel dieser Interkombinationslinien, das in der astrophysi-kalischen Diagnostik eine wichtige Rolle spielt, hatten wir bereits in KastenVIII auf Seite 163 vorgestellt. Gegenwartig konzentriert sich die Aufmerk-samkeit verschiedener Forschungsgruppen (Lund, Kassel, Nashville) auf diegenaue Berechnung dieserns2 1S0 nsn0p 3P1 (n = 2; 3; 4; n0 = n; n+ 1)Interkombinationslinien in allen drei isoelektronischen Folgen. Wie wir bereitssahen, ist dafur die Berucksichtigung der Spin-Bahn Wechselwirkung allein (inder Einelektronen Dirac–Gleichung (2.4)) nicht ausreichend; besonders fur dienahezu neutralen Ionen tritt bei den Interkombinationsraten ein (unerwartet)hoher Einfluß der Breitwechselwirkung von 30: : :50% auf.

Photoionisation in den Alkali–Metallen und seltenen Erden. In den zuruck-liegenden Jahren wurden erstmals absolute Querschnitte zur doppelten Pho-toionisation (mit zwei Elektronen aus verschiedenen Schalen) und zur Photo-ionisation mit gleichzeitiger Anregung gemessen und in einfachen Naherun-gen berechnet (Kossmanet al 1988, Samsonet al 1992, Wuilleumieret al1994). Weiterfuhrende theoretische Untersuchungen sind hier besonders furdie schwacheren Anregungskanale notwendig.

Ein weiteres, ganz aktuell aufgeworfenes Thema betrifft Lebensdauermessun-gen anHochspinzustanden(Schmidt–Bocking 1996). Dahinter verbirgt sichdie Idee, daß polarisierte Elektronen ihre Vorzugsrichtung im Spin auch beimEinfang beibehalten. Werden mehrere Elektronen mit gleicher Spinrichtungvon einem hochgeladenen Ion eingefangen, so konnen metastabile Zustandeentstehen, die nur unter derAnderung ihres Gesamtspins zerfallen. SolcheUbergange sind zumindest im nichtrelativistischen Grenzfall (meist) verbo-ten. Zur Spektroskopie dieser langlebigen Zustande mussen die Ionen in einerFalle eingefangen werden. Erste Untersuchungen der Frankfurter Gruppe vonSchmidt–Bocking in Zusammenarbeit mit der Gruppe um Schneider am Law-rence Livermoore National Laboratory sollen dazu bereits bald durchgefuhrtwerden.

Page 189: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Literaturverzeichnis

Aberg T und Howat G 1982 inHandbuch der Physik, Vol 31, ed W Mehlhorn (Sprin-ger Berlin) p 469 Theory of the Auger effect

Abramowitz M und Stegun I A 1964Handbook of Mathematical Functions(eds), Ap-plied Mathematical Series55; (reprinted by Dover New York 1988)

Araki H 1957Prog. Theo. Phys.17 619 Quantum–electrodynamical corrections toenergy–levels of helium

Armstrong L Jr und Feneuille S 1974 Relativistic effects in the many–electron atom, inAdvances in Atomic and Molecular PhysicsVol. 10, eds D Bates and B Bederson(Academic New York) p 1

Avgoustoglou E, Johnson W R, Plante D R, Sapirstein J, Sheinerman S und BlundellS A 1992Phys. Rev.A46 5478 Many–body perturbation theory formulas forthe energy levels of excited states of closed–shell atoms

Avgoustoglou E, Johnson W R, Liu Z W und Sapirstein J 1995 Phys. Rev.A51 1196Relativistic many–body calculations of[2p53s] excited state energy levels forneon–like ions

Banerjee A und Simons J 1982J. Chem. Phys.76 4548 Application of multiconfigu-rational coupled–cluster theory

Bar–Shalom A und Klapisch M 1988Comput. Phys. Commun.50 375 NJGRAPH –An efficient program for the calculation of general recoupling coefficients by gra-phical analysis, compatible with NJSYM

Bethe H E und Salpeter E E 1957Quantum Mechanics of One– and Two–Electron Sy-stem(Springer Berlin u.a.)

Beyersdorfer P, Knapp D, Marrs R E, Elliott S R und Chen M H 1993 Phys. Rev. Lett.71 3939 Structure and Lamb–shift of2s1=2 2p3=2 levels in lithiumlike U89+

through neonlike U82+

Bloch C 1958Nucl. Phys.6 329 Sur la Theorie des Perturbations des Etats Lies

Blundell S A 1992Phys. Rev.A46 3762 Accurate screened QED calculations in high–Z many–electron ions

Blundell S A, Guo D S, Johnson W R und Sapirstein J 1987 At. Data Nucl. Data Ta-bles37 103 Formulas from first–, second–, and third–order perturbation theoryfor atoms with one valence electron

Blundell S A, Hartley A C, Liu Z, Martensson–Pendrill A–M und Sapirstein J 1991aTheor. chim. Acta80 257 Calculation of the parity non–conserving6s! 7stransition in cesium

Blundell S A, Johnson W R, Liu Z W und Sapirstein J 1989aPhys. Rev.A393768 Re-lativistic all–order equations for helium

Page 190: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

186 Literaturverzeichnis:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Blundell S A, Johnson W R und Sapirstein J 1989bPhys. Rev.A40 2233 Relativisticall–order calculations of energies and matrix–elements for Li and Be+

—— 1991Phys. Rev.A43 3407 Relativistic all–order calculations of energies andmatrix elements in cesium

—— 1992Phys. Rev. Lett.65 1411 High–accuracy calculation of the6s1=27s1=2parity nonconserving transition in atomic cesium and implications for the standardmodel

Blundell S A, Mohr P J, Johnson W R und Sapirstein J 1993Phys. Rev.A48 2615Evaluation of the two–photon exchange graphs for highly–charged helium–likeions

Bouchiat M A und Bouchiat C 1974J. de Physique35899 I. Parity violation inducedby weak neutral currents in atomic physics

Brandow B H 1967Rev. Mod. Phys.39771 Linked–diagram expansions for the nucle-ar many–body problem

Breit G 1930 Phys. Rev.36 383 The fine–structure of helium as a test of the spininteractions of two electrons

—— 1932Phys. Rev.39 616 Dirac’s equation and the spin–spin interactions of twoelectrons

Brink D M und Satchler G R 1968 Angular Momentum 2nd ed (Oxford UniversityPress)

Brown G E und Ravenhall D G 1951Proc. Roy. Soc.A208 552 On the interaction oftwo electrons

Brueckner K A 1955Phys. Rev.971353 Many–body problem for strongly–interactingparticles. II. Linked–cluster expansion

Bunge C F 1976Phys. Rev.A14 1965 Accurate determination of the total electronicenergy of the Be ground state

Bunge C F 1978Phys. Rev.A17 486(E) Erratum: Accurate determination of the totalelectronic energy of the Be ground state

Busch F von 1995 (private Mitteilung)

Chakravorty S J, Corongiu G, Flores J R, Somad V, Clementi E, Caravetta V undCacelli I 1989 Modern Techniques in Computational Chemistry: MOTECC–89ed E Clementi (Leiden: ESCOM) p 81

Chen M H, Cheng K T und Johnson W R 1993Phys. Rev.A47 3692 Relativistic con-figuration interaction calculations of n= 2 triplet states of heliumlike ions

Cheng C C, Kim Y–K und Desclaux J–P 1979 At. Data Nucl. Data Tables24 111Electronic dipole, quadrupole, and magnetic dipole transition probabilities of ionsisoelectronic to the first–row atoms Li through F

Coester F und Kummel H 1960Nucl. Phys.17477 Short–range correlations in nucle-ar wave functions

Cowan R D 1981The Theory of Atomic Structure and Spectra(University of CaliforniaPress Berkeley)

Cowan R D, Hobbs L M und York D G 1982Astrophys. J.257373

Davidson E R 1989Comp. Phys. Commun.5349 Super–matrix methods

deBoor 1978A Practical Guide to Splines(Springer, New York)

Page 191: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Literaturverzeichnis 187:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Desclaux J P 1975Comput. Phys. Commun.9 31 A multiconfiguration relativisticDirac–Fock program

De–Shalit A und Talmi I 1963Nuclear Shell Theory(Academic Press, New York)

Dietz K und Heß B A 1990Phys. Rev.A42 139 Convergence of perturbation expansi-ons around nonstandard mean fields

Dietz K, Lechtenfeld O und Weymans G 1982J. Phys.B15 4301 Optimized mean–fields for atoms. Mean–field method for the description of Nfermion systems

Dietz K, Schmidt C, Warken M und Heß B A 1993aJ. Phys.B261885 On the accela-ration of convergence of MBPT. I. General theory

—— 1993bJ. Phys.B26 1897 On the accelaration of convergence of MBPT. II.Benckmark checks for small systems

—— 1994aJ. Chem. Phys.1007421 Systematic construction of efficient many–bodyperturbation series

—— 1994bChem. Phys. Lett.220 397 Explicit construction of convergent MBPTseries for the1∆ state of C2 and the H2 ground state at large bond distance

Doschek G A 1985 inAutoionizationed A Temkin (Plenum Press, New York u.a.) p171

Doyle H T 1969 RelativisticZ–dependent corrections to atomic energy levels, inAd-vances in Atomic and Molecular PhysicsVol. 5, eds D Bates and B Bederson(Academic New York) p 373

Drake G W F und Goldman S P 1981Phys. Rev.A23 2093 Application of discretebasis set methods to the Dirac equation

Dyall K G, Grant I P, Johnson C T, Parpia F A und Plummer E P 1989 Comput. Phys.Commun.55425 GRASP — A general purpose relativistic atomic structure pro-gram

Dzuba V A, Flaumbaum V V, Silvestrov P G und Shuskov O P 1989Phys. Lett.A141147 Summation of the high–orders of perturbation theory for the parity noncon-serving E1 amplitude of the6s7s transition in the cesium atom

Ellis P G, Martinson I und Trabert E 1989Comm. At. Mol. Phys.22 241 Intercombi-nation transitions in multiply–ionized atoms

El–Baz E und Castel 1972Graphical Methods of Spin Algebras in Atomic, Nuclear,and Particle Physics(Marcel Dekker New York)

Eliav E, Kaldor U und Ishikawa Y 1994aPhys. Rev.A49 1724 Open–shell relativisticcoupled–cluster method with Dirac–Fock–Breit wave functions: Energies of thegold atom and its cation

—— 1994bPhys. Rev.A50 1121 Ionization potentials and excitation energies of thealkali–metal atoms by the relativistic coupled–cluster method

—— 1995Phys. Rev. Lett.74 1079 Ground–state electron configuration of Ruther-fordium: Role of dynamic correlation

Eliav E, Kaldor U, Schwerdtfeger P, Heß B A und Ishikawa Y 1994cPhys. Rev. Lett.733203 Ground–state configuration of element 111

Fano U 1965Phys. Rev.140 A67 Interaction between configurations with severalopen shells

Feynman R P 1949Phys. Rev.76769 Space–time approach to quantum electrodyna-mics

Page 192: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

188 Literaturverzeichnis:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Finkbeiner M 1996 (private Mitteilung)

Fleming J, Hibbert A und Stafford R P 1994Phys. Scr.49 316 The 1909A intercom-bination line in C III

Fritzsche S 1993aPhys. Lett.A180262 Angular distribution parameters in the reso-nant xenon4d16p Auger spectra

Fritzsche 1993bANCO (unveroffentlicht)

—— 1995Reference Manual for the Racah package(unveroffentlicht)

—— 1996Reference Manual for the APEX package(unveroffentlicht)

—— 1997Comput. Phys. Commun.10351 Maple procedures for the coupling of an-gular momenta. I. Data structures and numerical computations

Fritzsche S und Fricke B 1992Phys. Scr.T41 45 Interchannel interactions and rela-xation in the2p Auger spectra of Mg–like ions

Fritzsche S, Fricke B und Sepp W–D 1992Phys. Rev.A45 1465 Reduced L1levelwidth and Coster–Kronig yields by relaxation and continuum interactions in ato-mic zinc

Fritzsche S und Froese Fischer C 1996Comput. Phys. Commun.99 323 REOS — Aprogram for relaxed–orbital oscillator strength calculations

Fritzsche S und Grant I P 1994aPhys. Lett.A186152 On the ab–initio calculation ofthe5So

23Pe

J intercombination transition in P II: relativity and electron relaxation

—— 1994bPhys. Scr.50 473 Ab–initio calculation of the2s2 1S02s3p 3P1 inter-combination transition in beryllium–like ions

—— 1995Comput. Phys. Commun.92 111 A program for the complete expansionsof j jcoupled symmetry functions into Slater determinants

Fritzsche S, Martensson–Pendrill A–M und Fricke B 1995 in Proceedings of the 5thInt. Colloq. on Atomic Spectra and Oscillator Strengths (Paris–Meudon)All–order calculations of the2s22s2p intercombination and resonance transitionsin low–Z berylliumlike ions

Fritzsche S, Zschormack G, Musiol G und Soff G 1991 Phys. Rev.A44 388 Inter-channel interactions in highly–energetic radiationless transitions of neonlike ions

Froese Fischer C 1977 The Hartree–Fock Methods for Atoms(John Wiley & SonsNew York u a)

—— 1986Comput. Phys. Rep.3 273 Self–consistent–field (SCF) and multiconfigu-ration (MC) Hartree (HF) methods in atomic calculations: numerical approaches

—— 1994Phys. Scr.49 323 Allowed transition and intercombination lines in C IIIand C II

Furry W H 1951Phys. Rev.81115 On bound states and scattering in positron theory

Gell–Mann M und Low F 1951Phys. Rev.84350 Bound–states in quantum field theo-ry

Glass R und Hibbert A 1978J. Phys.B11 2413 The use of the Breit interaction: The3P1

1S0 intercombination line in beryllium–like systems

Gorceix O, Indelicato P und Desclaux J P 1987J. Phys.B20 639 Multiconfigurati-on Dirac–Fock studies of two–electron ions: I. Electron–electron interaction. II.Radiative corrections and comparison with experiment

Goldstone J 1957Proc. Poy. Soc.A239267 Derivation of the Brueckner many–bodytheory

Page 193: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Literaturverzeichnis 189:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Grant I P 1961Proc. R. Soc.A262555 Relativistic self–consistent fields

—— 1970Advan. Phys.19747 Relativistic calculation of atomic structures

—— 1973Comp. Phys. Commun.5 263 A general program to calculate angularmomentum coefficients in relativistic atomic structure

—— 1982Phys. Rev.A25 1230 Conditions for convergence of variational solutionsof Dirac’s equation in a finite basis

—— 1983Self–Consistency and Numerical Problems, in Relativistic Effects in Atoms,Molecules, and Solids ed G L Malli (Plenum Press New York and London) p 101

—— 1986J. Phys.B193187 Variational methods for Dirac wave equations

—— 1988Relativistic Effects in Atoms and Molecules, in Methods in ComputationalChemistry Vol. 2, ed S Wilson (Plenum New York) p 1

—— 1989 inRelativistic, Quantum Electrodynamic and Weak Interaction Effects inAtoms, W R Johnson, P J Mohr and J Sucher eds (AIP Conference Proceedings189 New York)

—— 1991Relativistic Atomic Structure and Electron Atom Collisionsin Wilsonet al(1991)

—— 1993Quantum Elektrodynamics of Atoms(Monographie in Vorbereitung)

Grant I P und McKenzie B J 1980J. Phys.B132671 The transverse electron–electroninteraction in atomic structure calculations

Grant I P, McKenzie B J, Norrington P H, Mayers D F und Pyper N C 1980Comput.Phys. Commun.21207 An atomic multiconfiguration Dirac–Fock package

Grant I P und Pyper N C 1976J. Phys.B9 761 Breit interaction in multiconfigurationrelativistic atomic calculations

Grant I P und Quiney H M 1988 Foundation of Relativistic Theory of Atomic and Mo-lecular Structure, inAdvances in Atomic and Molecular PhysicsVol. 23, eds DBates and B Bederson (Academic New York) p 37

Gaunt J A 1929Proc. R. Soc.A122513 The triplets of helium

Harris F E, Monkhorst H J und Freeman D L 1992 Algebraic and Diagrammatic Me-thods in Many–Fermion Theory(Oxford University Press New York u.a.)

Hartley A C, Lindroth E und Martensson–Pendrill A–M 1990J. Phys.B233417 Paritynon–conservation and electric dipole moments in cesium and thallium

Hartley A C und Martensson–Pendrill A–M 1991 J. Phys.B24 1193 Calculation ofisotope shifts in cesium and thallium using many–body perturbation theory

Heully J L und Daudey J–P 1988J. Chem. Phys.88 1046 Many–body perturbationcalculation on Be using a multiconfiguration model space and an intermediateHamiltonian

Hibbert A 1975Comp. Phys. Commun.9 141 CIV3 — A general program to calculateconfiguration interaction wave functions and electric dipole oscillator strengths

Hjorth–Jensen M, Kuo T T S und Osnes E 1994 Report Series University of OsloUIO/PHYS/94–18 Realistic effective interactions for nuclear systems

Hoffman M R und Simons J 1988J. Chem. Phys.88 993 An unitary multiconfigura-tional coupled–cluster method: Theory and application

—— 1989J. Chem. Phys.90 3671 A potentially size–consistent multiconfigurationbased coupled–electron pair approximation

Page 194: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

190 Literaturverzeichnis:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Hofmann H M, Lee S Y, Rickert J, Weidenmuller H A und Schucan T H 1973 Phys.Lett. B45 421 A non–perturbative scheme for the calculation of the effectiveinteraction in nuclei

Hose G und Kaldor U 1979J. Phys.B123827 Diagrammatic many–body perturbati-on theory for general model spaces

Huang K–N, Kim Y–K, Cheng K–T und Desclaux J–P 1992 Phys. Rev. Lett.48 1245Correlation and relativistic effects in spin–orbit splitting

Hubbard J 1957Proc. R. Soc.A240539 The description of collective motion in termsof many–body perturbation theory

Hugenholtz N M 1957Physica23481

Indelicato P 1995 (private Mitteilung)

Ishikawa Y 1990Phys. Rev.A42 1142 Relativistic Dirac–Fock and many–body per-turbation calculations of He, He–like ions, Ne, and Ar

Ishikawa Y, Baretty R und Binning R C 1985Chem. Phys. Lett.121 130 RelativisticGaussian basis set calculations on one–electron ions with a nucleus of finite extent

Ishikawa Y, Quiney H M und Malli G L 1991Phys. Rev.A43 3270 Dirac–Fock–Breitself–consistent–field method: Gaussian basis set calculations on one–electron ionswith a nucleus of finite extent

Ishikawa Y und Koc K 1994Phys. Rev.A50 4733 Relativistic many–body perturba-tion theory based on the no–pair Dirac–Coulomb–Breit Hamiltonian: Relativisticcorrelation energies for the noble gas sequence through Rn (Z= 86), the group–IIB atoms trough Hg, and the ions of Ne isoelectronic sequence

Jankowski K und Malinowski P 1994aJ. Phys.B27829 A valence–universal coupled–cluster single– and double–excitation method for atoms: II. Application to Be

—— 1994bJ. Phys.B27 1287 A valence–universal coupled–cluster single– anddouble–excitation method for atoms: III. Solvability problems in the presence ofintruder states

Johnson M B und Baranger M 1971Ann. Phys. N.Y.62172 Folded diagrams

Johnson W R 1994 Atomic Physics: A Numerical Approach(Vorlesungsskript, un-veroffentlicht)

Johnson W R 1995 inPhysics with Multiply Charged Ionsed D Liesen (NATO ASISeries 348 Plenum Press New York London) p 1Correlation and QED for highly–charged ions

Johnson W R, Blundell S A und Sapirstein J 1988aPhys. Rev.A37 2764 Many–bodyperturbation theory calculations of energy levels along the lithium isoelectronicsequence

—— 1988bPhys. Rev.A38 2699 Many–body perturbation theory calculations ofenergy levels along the sodium isoelectronic sequence

—— 1990Phys. Rev.A42 1087 Many–body perturbation theory calculations of ener-gy levels along the copper isoelectronic sequence

Johnson W R, Liu Z W und Sapirstein J 1996Phys. Rev.A (im Druck) Transition ra-tes for lithiumlike ions, sodiumlike ions, and neutral alkali–metal atoms

Johnson W R, Plante D R und Sapirstein J 1995 Phys. Rev.A52 1976 Relativisticcalculations of transition amplitudes in the helium isoelectronic sequence

Johnson W R und Sapirstein J 1986 Phys. Rev. Lett.57 1126 Relativistic second–order correlation energies of helium–like systems

Page 195: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Literaturverzeichnis 191:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

—— 1992Phys. Rev.A46R2197 Relativistic many–body perturbation theory appliedto the n= 2 triplet states of helium–like ions

Johnson W R und Soff G 1985At. Data Nucl. Data Tables33405 The Lamb–shift inhydrogen–like atoms,1 Z 110

Jonsson P, Parpia F A und Froese Fischer C 1996Comp. Phys. Commun.(im Druck)HFS92: A program for relativistic hyperfine structure calculations

Jørgensen P 1975Am. Rev. Phys. Chem.26359

Judd B R 1963 Operator Techniques in Atomic Spectroscopy(McGraw–Hill NewYork)

Kagawa T 1980Phys. Rev.A22 2340 Multiconfiguration relativistic Hartree–Fock–Roothaan theory for atomic systems

Karim K R und Crasemann B 1985 Phys. Rev.A31 709 Continuum interaction inlow–energy radiationless transitions

Kato T 1949Prog. Theor. Phys.4 514

—— 1950Prog. Theor. Phys.5 95

Kaufmann K, Baumeister W und Jungen M 1987J. Phys.B204299 The use of Lanc-zos procedure for calculating continuum orbitals with an L2–method

—— 1989J. Phys.B222223 Universal Gaussian basis set for an optimum represen-tation of Rydberg and continuum wave functions

Kelly H P 1963Phys. Rev.131684 Correlation effects in atoms

—— 1964Phys. Rev.136896 Many–body perturbation theory applied to atoms

—— 1969Adv. Chem. Phys.14 129 Application of many–body diagram techniquesin atomic physics

Kim Y–K 1967Phys. Rev.15417 Relativistic self–consistent field theory for closed–shell atoms

Klahn B und Bingel W A 1977 Theor. Chim. Acta44 9 The convergence of theRayleigh–Ritz method in quantum chemistry. I. The criteria of convergence

Koike F 1996 (private Mitteilung)

Kossman H, Schmidt V und Andersen T 1988 Phys. Rev. Lett.60 1266 Test of theWannier threshold laws: double–photoionization cross section in helium

Kuka K W, Livingston A E, Suleiman J, Berry H G, Dunford R W, Gemmell D S,Kanter E P, Cheng S und Curtis L J 1995Phys. Rev.A51 1905 Fine–structureenergies for the1s2s3S1s2p 3P transition in heliumlike Ar+

Kutzelnigg W 1984 Int. J. Quant. Chem.25 107 Basis set expansions of the Diracoperator without variational collaps

Kwong H S, Fang Z, Gibbons T T, Parkinson W H und Smith P L 1993 Astrophys. J.411431

Kuo T T S, Lee S Y und Ratcliff K F 1971Nucl. Phys.A17665 A folded–diagram ex-pansion of the model–space effective Hamiltonian

Kuo T T S und Osnes E 1990Folded–Diagram Theory of the Effective Interaction inNuclei, Atoms and Molecules,Lecture Notes in Physics 364 (Springer–Verlag,Heidelberg u.a.)

Labzowsky L N 1993J. Phys.B261039 Adiabatic S–matrix approach in QED theoryof highly–charged two–electron ions

Page 196: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

192 Literaturverzeichnis:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Landtman M und Hansen J E 1993J. Phys.B263189 Calculations of strong interac-tions between a perturber and one or several series using Bspline basis sets

Liaw S S, Feldman G und Fulton T 1988Phys. Rev.A385985 Energies and transitionamplitudes for atoms with non–degenerate cores, plus or minus two electrons

Leclercq J M 1970Phys. Rev.A1 1358 Relativistic self–consist. field theory for open–shell atoms I

Lindgren I 1974J. Phys.B7 2441 The Rayleigh–Schrodinger perturbation theory andthe linked–diagram theorem for a multiconfigurational model–space

—— 1978Int. J. Quant. Chem.S1233 A coupled–cluster approach to the many–bodyperturbation theory for open–shell systems

—— 1985aPhys. Rev.A33 1273 Accurate many–body calculations on the lowest2Sand2P states of the lithium atom

—— 1985bPhys. Scr.32 291 Linked–diagram and coupled–cluster expansions formulticonfigurational, complete and incomplete model spaces

—— 1987Phys. Scr.36 591 The coupled–cluster approach to nonrelativistic andrelativistic many–body calculations

—— 1989 in Proceedings of theProgram on Relativistic, Quantum Electrodynamicsand Weak Interaction Effects in Atoms, ITP Santa Barbara, AIP Conference Series189371 Effective potentials in relativistic many–body theory

—— 1991aJ. Phys.B24 1143 Hermetian formulation of the coupled–cluster ap-proach

—— 1991bPhys. Scr.T34 36 Relativistic many–body calculations

—— 1992 Talk at the Symposium”Realistic Nuclear Structure“ (Stony Brook)Rela-

tivistic many–body calculations on atomic systems

Lindgren I und Morrison J 1986Atomic Many–Body Theory, 2nd ed (Springer Berlin)

Lindgren I und Mukherjee D 1987Phys. Reports15193 On the connectivity criteriain the open–shell coupled–cluster theory for general model spaces

Lindgren I, Persson H, Salomonson S und Labzowsky L 1995 Phys. Rev.A51 1167Full QED calculations of two–photon exchange for heliumlike systems: Analysisin the Coulomb– and Feynman gauge

Lindgren I und Rosen 1974Case Studies in Atomic Physics4 93 Relativistic self–consistent–field calculations with application to atomic hyperfine interaction. PartI: Relativistic self–consistent fields

Lindroth E und Hvarfner J 1991Phys. Rev.A45 2771 Relativistic calculation of the21S021;3P1 transitions in beryllium–like molybdenum and beryllium–like iron

Lindroth E, Persson H, Salomonson S und Martensson–Pendrill A–M 1992Phys. Rev.A45 1493 Corrections to the beryllium ground state energy

Lindroth E und Salomonson S 1990Phys. Rev.A41 4659 Relativistic calculation ofthe2 3S11 1S0 magnetic dipole transition rate and transition energy for helium–like argon

Lindroth E und Ynnerman A 1993 Phys. Rev.A47 961 Ab–initio calculation of gjfactors for Li, Be+ and Ba+

Liu Z W und Kelly H P 1991Phys. Rev.A43 3305 Atomic many–body perturbationmethod based on multiconfiguration Dirac–Fock wave functions

Page 197: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Literaturverzeichnis 193:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Lowdin P O 1955Phys. Rev.97 1474 Quantum theory of many–particle systems: I.Physical interpretation by means of density matrices, natural spin–orbitals, andconvergence problems in the method of configuration interaction

Lohmann B und Fritzsche S 1994J. Phys.B27 2919 Absolute Auger rates, relativeintensities and angular distributions of the KLL spectra of Auger electrons fromalkali atoms

Lohmann B, Fritzsche S und Larkins F P 1996J. Phys.B291191 Absolute Auger ra-tes, relative intensities and angular distributions of the KLL spectra of Auger elec-trons from laser excited sodium

Malli G L 1983Relativistic Effects in Atoms, Molecules, and Solidsed G L Malli (Ple-num Press New York and London)

Malli G L, DaSilva A B F und Ishikawa J 1993Phys. Rev.A47 143 Universal Gaussi-an basis set for accurate ab–initio relativistic Dirac–Fock calculations

Malli G L und Oreg J 1979 Chem. Phys. Lett.69 313 Ab–initio relativistic self–consistent–field (RSCF) wave functions for the diatomic Li2 and Be2

Marrs R E, Elliott S R und Stohlker T 1995 Phys. Rev.A52 3577 Measurement oftwo–electron contributions to the ground state energy of heliumlike ions

Martensson–Pendrill A–M, Gough D S und Hannaford P 1994 Phys. Rev.A49 3351Isotope shifts and hyperfine structure in the 349.4–nm6s6p1=2 resonance lineof single ionized ytterbium

Martensson–Pendrill A–M und Lindroth E 1991Europhys. Lett.15155 Limit on a Pand T violating electron–nucleon interaction

Martensson–Pendrill A–M und Oster P 1987Phys. Scr.36444 Calculation of atomicelectric dipole moments

Martensson–Pendrill A–M, Pendrill L, Salomonson S, Ynnerman A und Warston H1990J. Phys.B231749 Reanalysis of the isotope shifts and nuclear charge radiiin radioactive potassium isotopes

Martensson–Pendrill A–M und Ynnerman A 1990Phys. Scr.41329 Matrix–elementsin the coupled–cluster approach — with application to the low–lying states in Li

—— 1992J. Phys.B25L551 Isotope shifts and nuclear radii of barium isotopes

Martensson–Pendrill A–M, Ynnerman A, Warston H, Vermeeren L, Silverans R E,Klein A, Neugert R, Schulz C, Lievens P und die ISOLDE Collaboration 1992Phys. Rev.A45 4675 Isotope shift and nuclear charge radii in single ionized4048Ca

McKenzie B J, Grant I P und Norrington P H 1980Comput. Phys. Commun.21233 Aprogram to calculate transverse Breit and QED corrections to energy levels in amulticonfiguration Dirac–Fock environment

Messiah A 1974Quantum MechanicsVol. I and II (North–Holland Amsterdam u a)

Millack T 1989Phys. Rev.A40 6188 Solutions of the ghartree coupled–cluster equa-tions by finite basis sets

Mittleman M H 1972Phys. Rev.A5 2395 Configuration space Hamiltonians for heavyatoms and corrections to the Breit interaction

Mohanty A K und Clementi E 1989Chem. Phys. Lett.157 348 Kinetically balancedgeometric Gaussian basis set calculations for relativistic many–electron atomswith finite nuclear size

Page 198: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

194 Literaturverzeichnis:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Mohanty A K, Parpia F A und Clementi E 1991 inModern Techniques in Computatio-nal Chemistry ed E Clementi (Leiden: ESCOM) p 167Kinetically balancedgeometric Gaussian basis set calculations for relativistic many–electron atoms

Mohr P J 1982Phys. Rev.A26 2338 Self–energy of the n= 2 states in a strong Cou-lomb field

Møller C 1945K. Dan. Vid. Selsk.221 General properties of the characteristic matrixin the theory of elementary particles I

—— 1946K. Dan. Vid. Selsk.23 19 General properties of the characteristic matrixin the theory of elementary particles II

Morrison J C 1986Phys. Scr.34 423 Calculations combining the multiconfigurationHartree–Fock method and many–body perturbation theory

—— 1988 J. Phys. B21 2915 Calculations combining the multiconfigurationHartree–Fock method and many–body perturbation theory: III. Higher–order ef-fects involving the correlation of the core

Morrison J C und Froese Fischer C 1987 Phys. Rev.A35 2429 MulticonfigurationHartree–Fock method and many–body perturbation theory: A unified approach

Mukherjee D und Pal S 1989 inAdv. Quantum Chem.20291

Noecker M C, Masterson B P und Wieman C E 1988Phys. Rev. Lett.61310 Precisi-on measurement of parity nonconservation in atomic cesium: Low–energy test ofthe electroweak theory

Parpia F A, Froese Fischer C und Grant I P 1996 Comput. Phys. Commun.94 249GRASP92: A package for large–scale relativistic atomic structure calculations

Parpia F A und Grant I P 1990GRASP–2(unveroffentlicht)

Parpia F A und Mohanty A K 1991aIntegral Generation for Relativistic Multiconfigu-ration Dirac–Fock Calculations using Gaussian Basis Sets(IBM Report, Kings-ton, New York, unver¨offentlicht)

—— 1991b inModern Techniques in Computational Chemistryed E Clementi (Lei-den: ESCOM) p 211 A relativistic multiconfiguration self–consistent–field me-thod for atoms

Parpia F A und Mohanty A K 1992Phys. Rev.A46 3735 Relativistic basis set calcu-lations for atoms with Fermi nuclei

Parpia F A, Mohanty A K und Clementi E 1992J. Phys.B25 1 Relativistic calculati-ons for atoms: Self–consistent treatment of Breit interaction and nuclear volumeeffect

Perger W F, Halabuka Z und Trautmann D 1993Comput. Phys. Commun.76 250Continuum wave function solver for GRASP

Persson H, Lindgren I, Salomonson S und Sunnergren P 1993 Phys. Rev.A48 2772Accurate vacuum polarization calculations

Persson H, Salomonson S, Sunnergren P und Lindgren I 1996Phys. Rev. Lett.76204Two–electron Lamb–shift calculations on heliumlike ions

Plante D R, Johnson W R und Sapirstein J 1994Phys. Rev.A493519 Relativistic all-order many–body calculations of n= 1 and n= 2 states of heliumlike ions

Pyykko P 1986 Relativistic Theory of Atoms and Molecules. A Biliography 1916–1985,Lectures Notes in Chemistry 41(Springer Berlin 1986)

—— 1993 Relativistic Theory of Atoms and Molecules II. A Biliography 1986–1992,Lectures Notes in Chemistry 60(Springer Berlin 1993)

Page 199: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Literaturverzeichnis 195:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Quiney H M 1991High–precision atomic structure calculations using the finite basisset approximationin Wilsonet al (1991) p 83

Quiney H M, Grant I P und Wilson S 1987aPhys. Scr.36 460 The Dirac equation inthe algebraic approximation

—— 1987bJ. Phys.B20 1413 The Dirac equation in the algebraic approximation:V. Self–consistent–field studies including the Breit interaction

—— 1989aJ. Phys.B22 L15 On the accuracy of Dirac–Hartree–Fock calculationsusing analytic basis sets

—— 1989b On the relativistic many–body perturbation theory of atomic and molecu-lar electronic structure inLectures Notes in Chemistry52ed U Kaldor 307

—— 1990J. Phys.B23L271 Relativistic many–body perturbation theory using ana-lytic basis functions

Racah G 1941Phys. Rev.61186 Theory of complex spectra I

—— 1942Phys. Rev.62438 Theory of complex spectra II

—— 1943Phys. Rev.63367 Theory of complex spectra III

—— 1949Phys. Rev.761352 Theory of complex spectra IV

Redfern D 1994The Maple Handbook(Springer New York Berlin a.o.)

Rotenberg M, Bivins R, Metrapolis N, and Wooten J K jr 1959The3 j and6 j sym-bols(The Technology Press Cambridge Massachusetts)

Salomonson S, Carter S L und Kelly H P 1985J. Phys.B18 L149 Calculation of he-lium photoionization with excitation to2s and2p levels including resonance struc-ture

—— 1989 Phys. Rev.A39 5111 Calculation of helium photoionization includingangular distribution and resonance structure

Salomonson S, Lindgren I und Martensson A–M 1980Phys. Scr.21 351 Numericalmany–body perturbation calculations on Be–like systems using a multiconfigura-tional model space

Salomonson S und Oster P 1989aPhys. Rev.A40 5548 Relativistic all–order pairfunctions from a discretized single–particle Dirac Hamiltonian

—— 1989bPhys. Rev.A40 5559 Solution of the pair equation using a finite discretespectrum

—— 1990Phys. Rev.A41 4670 Numerical solution of the coupled–cluster single–and double–excitation equations with application to Be and Li

Salomonson S und Ynnerman A 1991Phys. Rev.A43 88 Coupled–cluster calculati-ons of matrix elements and ionization energies of low–lying states in sodium

Samson J A R, Bartlett R J und He Z X 1992 Phys. Rev.A46 7277 Probability fordouble photoionization of He and Ne

Sandars P G H 1969Adv. Chem. Phys.14 365 A linked diagram treatment of confi-guration interaction in open–shell atoms

Sapirstein J 1987 Phys. Scr.36 801 Quantum–electrodynamics of many–electronatoms

—— 1995AIP Conference Proceedings323, (Forteenth International Conference onAtomic Physics, Boulder Co 1994) Wineland D J, Wieman C E und Smith S J(eds) p 45 Advances in the theory of atomic structure

Page 200: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

196 Literaturverzeichnis:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Scher C W, Silvermann J N und Matsen F A 1962Phys. Rev.127 830 Perturbationenergy coefficients and ionization potentials of the ground state of three– to ten–electron isoelectronic series

Schmidt M W und Ruedenberg K 1979J. Chem. Phys.713951 Effective convergenceto complete orbital basis and to the atomic Hartree–Fock limit through systematicsequences of Gaussian primitives

Schmidt–Bocking H 1996 (private Mitteilung)

Schucan T H und Weidenmuller H A 1972Ann. Phys. N.Y.73108 The effective inter-action in nuclei and its perturbation expansion: An algebraic approach

—— 1973Ann. Phys. N.Y.76 483 The effective interaction in nuclei and its pertur-bation expansion: An algebraic approach

Scofield J H 1969Phys. Rev.1799 Radiative decay rates of vacencies in the K andLshells

—— 1974Phys. Rev.A10 1507 Hartree–Fock values of the L X–ray emission rates

Sienkewics J, Fritzsche S und Grant I P 1995J. Phys.B28L638 Relativistic configu-ration interaction approach to the elastic low–energy scattering of electrons fromatoms

Soff G 1991Z. Phys.D217 Theory of highly–ionized few–electron systems

Soleng H 1995 Programm CARTAN f¨ur Mathematica und private Mitteilung

Stanton R und Havriliak S 1984J. Chem. Phys.81 1910 Kinetic balance: A partialsolution to the problem of variational safety in Dirac calculations

Stohlker T und Livingston A 1996 Phys. Rev. (im Druck) The structure of high–Zheliumlike ions

Stohlker T, Elliott S R und Marrs R E 1996Hyp. Int. (im Druck) Direct measurementof two–electron contributions to the ground–state energy of heliumlike high–Zions

Sucher J 1957Phys. Rev.1071448 S–matrix formalism for level–shift calculations

—— 1980Phys. Rev.A22 348 Foundation of the relativistic theory of many–electronatoms

—— 1983Foundation of the Relativistic Theory of Many–Electron Systems, in Relati-vistic Effects in Atoms, Molecules, and Solids ed G L Malli (Plenum Press NewYork and London) p 1

Trabert E 1996 (private Mitteilung)

Werner H–J und Meyer W 1980J. Chem. Phys.73 2342 A quadratically–convergentmulticonfiguration self–consistent–field method with simultaneous optimization oforbitals and CI coefficients

Wigner E P 1959Group Theory and its Application to the Quantum Mechanics of Ato-mic Spectra(Academic Press New York)

Wilson S 1980Theo. Chem. Acta5753 Systematic sequences of even–tempered Gaus-sian primitives in electron correlation studies using many–body perturbation theo-ry

—— 1987Adv. Chem. Phys.67439 Basis sets

Wilson S, Grant I P und Gyorffy B L (eds) 1991The Effects of Relativity in Atoms, Mo-lecules and the Solid State(Plenum New York)

Page 201: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Literaturverzeichnis 197:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Wuilleumier F J, Journel L, Rouvellan B, Cubaynes D, Bizeau J M, Liu Z, Liu J, Rich-ter M, Sladeczek P, Selbman K–H und Zimmermann P 1994Phys. Rev. Lett.733074 Direct double photoionization involving inner and outer electrons: Firstexperimental determination and many–body calculations of an absolute cross sec-tion

Ynnerman A und Froese Fischer C 1995 Phys. Rev.A51 2020 MCDF calculationof the spin forbidden transition2s2 1S0 2s2p 3P1 for the Be–like isoelectronicsequence

Yutsis A P, Levinson I B und Vanagas V V 1962Mathematical apparatus of the theoryof angular momentum.Israel Program for Scientific Translation, Jerusalem 1962

Zaitsevskii A V und Heully J–L 1992J. Phys.B25 603 Rayleigh–Schrodinger QDPTfor hermitian intermediate Hamiltonians by the shift technique

Zarrabian S, Laidig W D und Bartlett R J 1990 Phys. Rev.A41 4711 Convergenceproperties of multireference many–body perturbation theory

Page 202: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen
Page 203: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Index

all–order Naherung, 178Anregungen

externe, 127, 130interne, 127

APEX, 103, 142, 144, 146, 149, 183ASF, 51atomare Eigenschaften, 62, 63, 157, 159,

182Ubergangseigenschaften, 116, 161

atomic state function, sieheASFAufbauprinzip, 26Autoionisation, 63, 182

B–Splines,sieheSpinorbasenBasisintegrale

Symmetrie der, 75Basissatzparameter,sieheSpinorbasenBesselfunktionen

spharische, 25Beta–Funktion, 76Bloch–Gleichung, 115, 130, 132, 174

verallgemeinerte, 103, 108, 127Breit–Pauli Naherung, 22Brillouin–Theorem, 35Brillouin–Wigner Storungstheorie, 105Brown–Ravenhall Effekt, 29

”Buchhaltung“ von Operatortermen, 122

CCA, sieheCoupled–Cluster TheorieClusteroperator, 115Computeralgebra, 137, 144, 183

Vorteile der, 142configuration state function, sieheCSFcontinuum dissolution, sieheBrown–

Ravenhall EffektCoupled–Cluster Programme, 116Coupled–Cluster Singles–Doubles,

sieheCoupled–Cluster TheorieCoupled–Cluster Theorie, 4, 115, 163,

174

CSF, 175Konstruktion der, 54, 55Symmetrie der, 51

Diagrammebackward, folded, 132connected, 115Klassifizierung der, 127, 155unlinked, 127

Dirac–Gleichung, 12, 27radiale, 14

Dirac–Matrizen, 12Dirac–Orbital, 14Dirac–See, 26

effektiver Teilchencharakter, 129Einheiten

atomare, 13Elektron–Elektron Wechselwirkung,

sieheWechselwirkungElektronenkonfiguration, 54Elektronenschale, 15Elementarintegral

fur G–Spinoren, 76fur S–Spinoren, 75

Energiefunktionale der MCDFMethode, 70

Energiekorrekturen, 133, 147, 149Exponentialansatz, 115, 174

Full CI Losung, 3Feinstruktur, 181Fermiverteilung der Kernladung,

sieheKernpotentialFeynman–Goldstone Diagramme, 7,

103, 106, 123, 143Feynman–Graphen, 27Fockmatrix, 46Fragmenteeines Operators, 125Full CI limit , 171

Page 204: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

200 Index:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

G–Spinor, 97Gell–Mann–Low Formel, 27Goldstone–Regeln, 125GRASP, 59, 63, 78, 182GRASP–B, 97

Entwicklungsschwerpunkte, 182

HMatrixDiagonalisierung der, 133

HamiltonoperatorDirac–Coulomb, 25, 33Dirac–Coulomb–Breit, 25, 28, 33effektiver, 28, 133, 174, 177graphische Darstellung, 124Matrixdarstellung, 174no–pair, 29, 33, 117, 120, 172, 177Partitionierung, 166, 173

Hartree–Dirac–Fock Methode, 34, 50Hartree–Fock Bedingung, 35, 36

Integralbereiche,sieheWechselwirkungInterkombinationslinien, 163, 184Intermediare Normierung, 106Intruder–Zustand, 176

Kernausdehnung, 61Kernbewegung, 61Kernpotential, 19kinetische Balance, 18, 44Klassifizierung der Orbitale, 128, 129Klein–Gordon–Gleichung, 12Konfigurationsfunktion,sieheCSFKontraktion von Operatoren, 123Konvergenzverhalten, 172, 179, 182

der Storungstheorie, 162, 176

Lagrange–Multiplikatoren, 68ΛVerfahren, 166Linked–DiagramTheorem, 126

Massenpolarisation, 158Matrix–Dirac–Fock Gleichungen, 45,

67, 84Matrixelemente sph¨arischer Tensoren,

57MBPT, 3, Kapitel 4

Zielsetzung, 3MCDF, 3, 50, 175, Kapitel 3

Energiefunktional, 70finite–DifferenzenProgramme, 66Integralbereiche, 75, 76Programmpakete, 3, 59Vorteile der algebraischen Methode,

182Zerlegung der e–e Wechselwirkung,

73MCHF, 62method of rotation, 68Modelloperator, 173

Eigenfunktionen, 175Modellraume, 174

erweiterte, 129quasi–vollstandige, 130, 174unvollstandige, 174vollstandige, 130

Multikonfiguration Dirac–Fock,sieheMCDF

no–pairNaeherung, 26, 28, 31no–pairOperator,sieheHamilton-

operatorNormalform, 132Normalordnung, 120, 134Normalordnungsfolge, 146

erweiterte, 133, 146, 147Normalprodukt, 120

Operatoreffektiver, 134

Operatorkette, 132Operatorprodukt, 146Orbital,sieheDirac–Orbital

Paar–Gleichungen, 177parity non–conservation, 158Pauli–Matrizen, 12Pauli–Prinzip, 55Photoionisation, 183, 184Positron, 26, 27Projektionsoperator, 132

zweite Quantisierung des, 133

Q–box Formalismus, 133QED

Diagramme der, 32fur He–ahnliche Ionen, 30

Page 205: Relativistische Theorie offenschaliger Atome · Fritzsche, Stephan Relativistische Theorie offenschaliger Atome. ... Dabei liegt der Erfolg dieser Methode vor allem in der fruhen

Index 201:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Selbstenergie, 32Strahlungskorrekturen, 28, 29, 61Test der, 30Vakuumpolarisation, 32Vielteilcheneffekte der, 33Zwei–Elektronen Beitr¨age, 32

Quantenchemie, 182

Racah–Algebra, 77, 136, 137, 183Racahausdruck, 136, 137RATIP, 62, 64Rayleigh–Quotient, 17Rayleigh–Schr¨odinger St¨orungstheorie,

105, 108reduzierte Masse, 157Relaxation der Orbitalfunktionen, 64

Sakular–Gleichung, 53Schalenmodell

atomares, 13Senority–Schema, 176Slater–Integral, 24, 73spharische Tensoren, 23, 137

Matrixelemente, 57Spinmatrizen,siehePauli–MatrizenSpinorbasen, 5, 37, 88

alternative, lokale, 42B–Splines, 42, 43, 97Basissatzparameter, 39, 97

universelle, 48Forderungen an, 37G–Spinoren, 40globale, 38L–Spinoren, 38numerische, 42, 43S–Spinoren, 39, 97

Storungsreihe, 106computeralgebraische Herleitung,

127, 131, 135, 140Strahlungskorrekturen,sieheQEDStudium superschwerer Elemente, 157

Teilchen–Loch Bild, 117Teilchenpfad, 123, 124temperierte Funktionen, 41Tensoren,siehespharische TensorenTEOP, 64Theorie des Drehimpulses, 137

Uberlappmatrix, 46, 79

Vakuumamplituden, 134, 141Vakuumpolarisation, 61Variation

Rayleigh–Ritz Verfahren, 19Variationskollaps, 6, 44Vertex, 123, 124Vielteilchenstorungstheorie,

sieheMBPT

”Vielteilchenvakuum“, 35, 118, 128

WechselwirkungBreit–, 21, 22, 61, 152Coulomb–, 20, 22effektive, 23elektro–schwache, 158Elektron–Elektron, 22, 28, 72, 78,

124, 135frequenzunab¨angige, 21Gaunt–, 22Integralbereiche, 72Matrixelemente, 136paritatsverletzende, 158Retardierungs–, 22transversale, 21

WechselwirkungsbildFurry-, 26

Wellenoperator, 122, 133eindeutiger, 130

Wick–Theorem, 122, 146graphisches, 125

Wigner–Eckardt Theorem, 57Winkelkoeffizienten, 54, 77, 81Winkelreduktion, 137, 141, 152

der Feynman–Goldstone Graphen,135

X LBreit(abcd) , 24

X LCoulomb(abcd) , 23

Zerlegung reduzierter Matrixelemente,58

zweite Quantisierung, 117