Repetitorium aus Zivilrecht · § 22 ABGB (Nasciturus) „Insoweit es um ihre und nicht um die...

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Repetitorium aus Zivilrecht Allgemeiner Teil Marlene Hofmair [email protected] Mit Dank an Mag. Sebastian Reiter und Mag. Sebastian Wöss für die Grundlagen zu diesen Folien.

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Repetitorium aus Zivilrecht

Allgemeiner Teil

Marlene Hofmair

[email protected]

Mit Dank an Mag. Sebastian

Reiter und Mag. Sebastian

Wöss für die Grundlagen zu

diesen Folien.

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Überblick

I. Teil: Grundlagen

Begriffe und Abgrenzungen

Aufbau und Inhalt des ABGB

Juristische Methodenlehre: Anwendung und Verständnis

des ABGB

Subsumtion

Gesetzesauslegung

Rechtsfindung

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Überblick

II. Teil: Rechtssubjekte und Rechtsobjekte

Die natürliche Person

Handlungsfähigkeit

Deliktsfähigkeit

Die juristische Person

Schutz der Persönlichkeitsrechte

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Überblick

III. Teil: Grundsätze des Vertragsrechts

Rechtsgeschäftslehre

Der Vertragsschluss

Auslegung von Rechtsgeschäften

Vertragsschluss unter Verwendung von AGB

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Überblick

V. Teil: Subjektive Rechte und ihre Grenzen

Die Verjährung

Beginn und Dauer

Hemmung

Unterbrechung

Wirkung

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Begriffe und Abgrenzungen

• Recht im objektiven Sinn = Die für eine Rechtsgemeinschaft

verbindliche Ordnung des menschlichen Zusammenlebens,

die unter der Anforderung der Gerechtigkeit steht und allenfalls

mit Zwang durchgesetzt wird.

• Recht im subjektiven Sinn = vom objektiven Recht

eingeräumte Rechtsmacht, die dem einzelnen zur

Befriedigung menschlicher Interessen verliehen ist und deren

Geltendmachung allein vom Willen des Berechtigten abhängt.

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Begriffe und Abgrenzungen

• Objektives Recht

– Positives Recht

• § 7 ABGB – Natürliche Rechtsgrundätze =

Vernunftrecht?

– Gewohnheitsrecht

• § 10 ABGB

– Richterrecht

• § 12 ABGB

• RIS-Rechtssätze?

• EuGH-Rsp

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Begriffe und Abgrenzungen

• Subjektive Rechte

Herrschaftsrechte, Ansprüche und Gestaltungsrechte

– Absolute Rechte / Relative Rechte

Eingriff in fremdes Forderungsrecht?

– Pflichten und Obliegenheiten

Rügepflicht gem § 377 UGB

Schadensminderungspflicht § 1304 ABGB

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Begriffe und Abgrenzungen

Bürgerliches Recht

• Regelungen für alle Bürger: Allgemeingültigkeitsaspekt

• Bsp: ABGB, hL: Verbraucherrecht

Sonderprivatrecht

• Gewisse Spezifizität, zB: bestimmte Personengruppen oder

Sachgebiete

• Bsp: Wettbewerbsrecht, Gesellschaftsrecht,

Unternehmensrecht, Arbeitsrecht, gewerblicher Rechtsschutz

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Privatrecht – öffentliches Recht

§ 1 ABGB „Der Inbegriff der Gesetze, wodurch die Privatrechte

und Pflichten der Einwohner des Staates unter sich bestimmt

werden, macht das bürgerliche Recht in demselben aus.“

§ 1 JN Bürgerliche Rechtssachen vor die ordentlichen Gerichte

Vollzugsklausel

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Begriffe und Abgrenzungen

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Abgrenzung Privatrecht – öffentliches Recht

• Interessentheorie

• Subjektionstheorie

• Subjektstheorie

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Begriffe und Abgrenzungen

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Einteilung des ABGB

Institutionensystem

• Personenrechte (§§ 15 ff ABGB)

• Sachenrechte (§§ 285 ff ABGB)

• Gemeinsame Bestimmungen (§§ 1342 ff ABGB)

Pandektensystem

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Juristische Methodenlehre

• Rechtssatz = Tatbestand + Rechtsfolge

• Tatbestand

– Naturereignis

– Handlung

– Eigenschaften

– Rechtliches Verhältnis

• Rechtsfolge

• Sachverhalt

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Juristische Methodenlehre

• Subsumption und juristischer Syllogismus

– Subsumption: Ist eine Norm auf einen Sachverhalt

anzuwenden?

– Aufbau einer Norm: Wenn T, dann R.

Beispiel: § 75 StGB

„Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.“

Tatbestand: Wer einen anderen tötet, […]

Rechtsfolge: […] ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.

Sachverhalt: A vergiftet B. B stirbt

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Juristische Methodenlehre

Subsumption und juristischer Syllogismus

Juristischer Syllogismus: Löst der Sachverhalt die

Rechtsfolge aus?

Obersatz = Tatbestand

Untersatz = Sachverhalt

Schlusssatz = Rechtsfolge greift / greift nicht

T R S = T S R

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Juristische Methodenlehre

• Fiktion

§ 22 ABGB (Nasciturus) „Insoweit es um ihre und nicht um

die Rechte eines Dritten zu tun ist, werden sie [ungeborene

Kinder] als Geborene angesehen; ein totegeborenes Kind

aber wird in Rücksicht auf die ihm für den Lebensfall

vorbehaltenen Rechte so betrachtet, als wäre es nie

empfangen worden.“

• Doktrinelle Fiktion

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Juristische Methodenlehre

Notwendigkeit der Auslegung / Auslegungsverbote

• Rechtssetzung bedient sich der Sprache

• Normen sind nicht perfekt (gewollt oder ungewollt)

• Worte können mehrdeutig sein

• Beseitigung der Mehrdeutigkeit durch Auslegung = Ermittlung des Sinnes einer Norm durch wertende Entscheidung

• Transparent und rational nachvollziehbar (durch die Methoden der Rechtswissenschaft)

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

• ABGB (1811)

§ 6 „Einem Gesetze darf in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.“

§ 7 „Lässt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muss auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden. Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft; so muss solcher mit Hinsicht auf die sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen entschieden werden.“

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

§ 6. Einem Gesetz darf in der Anwendung kein anderer Verstand

beigelegt werden, als welcher

•aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte

Wortinterpretation (grammatische Interpretation)

•in ihrem Zusammenhang und

systematische Interpretation

•aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.

historische (subjektive) Interpretation

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•§ 7. Lässt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem

natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muss auf ähnliche in

den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer

damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden. […]

objektiv-teleologische Interpretation

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Juristische Methodenlehre

• Auslegungsmethoden

– Wortinterpretation (grammatische Interpretation)

– systematische Interpretation

– subjektiv (historische) Interpretation

– objektiv-teleologische Interpretation

• Gültigkeit

Privatrecht

gesamte Rechtsordnung

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

• Besonderheiten

– Strafrecht

Analogieverbot in malam partem

– Steuerrecht

wirtschaftliche Betrachtungsweise

– Kartellrecht

„more economic approach“

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

• Wortinterpretation / grammatische Interpretation

– Ausgangspunkt jeder Auslegung

– Legaldefinition

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Legaldefinition – Beispiel

Eigentumsrecht - § 354 ABGB

§ 354. Als ein Recht betrachtet, ist Eigentum das Befugnis, mit der

Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten,

und jeden Andern davon auszuschließen.

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Legaldefinition

• § 2 Abs 1a BWG „ Leitungsorgan“ das Organ oder die Organe

eines Kreditinstituts in seiner beziehungsweise ihrer Geschäftsleitungs- und

Aufsichtsfunktion, die nach innerstaatlichem Recht eines Mitgliedstaates

bestellt werden, um die Strategie, Ziele und Gesamtpolitik des Instituts

festzulegen und die Entscheidungen der Geschäftsleitung zu kontrollieren und

zu überwachen. Zum Leitungsorgan gehören auch die Personen, die die

Geschäfte des Instituts effektiv führen; sehen die Rechtsvorschriften eines

Mitgliedstaates vor, dass das Leitungsorgan mehrere verschiedene Organe

mit spezifischen Funktionen umfasst, so gelten die durch die

Richtlinie 2013/36/EU vorgegebenen Anforderungen an das Leitungsorgan

lediglich für diejenigen Mitglieder des Leitungsorgans, denen die

Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates die entsprechenden

Befugnisse zuweisen

• § 2 Abs 1 Z 70 BWG „ Nichtbank“ jeder, der weder Kreditinstitut

noch ein in einem Mitgliedstaat oder Drittland zugelassenes CRR-

Kreditinstitut, einschließlich deren Zweigstellen ist

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Wortinterpretation / grammatische Interpretation

– Begriffskern / Begriffshof

– äußerst möglicher Wortsinn

Beispiel: „Kinder“ – unmittelbare Nachkommen der Eltern (§

681 ABGB; Enkel und Urenkel (§ 42 ABGB),

Adoptiv- und Pflegekinder - alle jungen

Menschen?

Grenze jeglicher Auslegung

jenseits davon nur Rechtsfindung durch Analogie

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Wortinterpretation / grammatische Interpretation

Beispiel: Gastwirtehaftung (§ 970 ABGB)

§ 970. (1) Gastwirte, die Fremde beherbergen, haften als Verwahrer

für die von den aufgenommenen Gästen eingebrachten Sachen,

sofern sie nicht beweisen, daß der Schaden weder durch sie oder

einen ihrer Leute verschuldet noch durch fremde, in dem Hause

aus- und eingehende Personen verursacht ist.

Hotelbetreiber? Schlafwagenbetreiber? Spitalbetreiber?

Personen, welche der Gastwirt nicht selber kennt? Welche nicht regelmäßig

kommen? Dauergäste?

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Systematisch-logische Interpretation

– Ermittlung des Anwendungsbereich einer Norm im

Zusammenhang mit der Gesamtregelung

– Auflösung von Normenkonflikten

Lex specialis derogat legi generali

Lex posterior derogat legi priori

Spätere allgemeinere Norm zu früherer speziellerer?

– Gesetze dürfen Anwendungsbereich nicht verlieren

lex-lata-Grenze

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

• Systematisch-logische Interpretation

– verfassungskonforme Interpretation

– Wirkung der Grundrechte im Privatrecht

– Stufenbau der Rechtsordnung

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Historische (subjektive) Interpretation

Wille des historischen Gesetzgebers

Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage,

Ausschussberichte (Justizausschuss)

Beilagen zu den stenographischen Protokollen des

Nationalrats

Suche nach Nummer der Beilage und

Gesetzgebungsperiode

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Historische (subjektive) Interpretation

Beispiel: Gewährleistung - § 932 ABGB

§ 932. (2) Zunächst kann der Übernehmer nur die Verbesserung oder

den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die

Verbesserung oder der Austausch […] für den Übergeber,

verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig

hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich

auch nach […] den mit der anderen Abhilfe für den Übernehmer

verbundenen Unannehmlichkeiten.

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Historische (subjektive) Interpretation

Suche nach den Materialien

Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz

BGBl I 48/2001

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Juristische Methodenlehre

•Auslegungsmethoden

•Historische (subjektive) Interpretation

Regierungsvorlage – Besonderer Teil der Erläuterungen

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Historische (subjektive) Interpretation

Regierungsvorlage

– Gesetzesentwurf

– Vorblatt

– Allgemeiner Teil der Erläuterungen

– Besonderer Teil der Erläuterungen

– Textgegenüberstellung

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Teleologische (objektive) Interpretation

•objektiver Zweck / „natürlicher Sinn“

§ 7. Läßt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem

natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muß auf ähnliche in

den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe

anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden.

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Teleologische (objektive) Interpretation

– kann weiter als der historische Wille des Gesetzgebers gehen

– „Normzweckhypothesen“

– richtiges Verständnis „älterer“ Vorschriften

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Teleologische (objektive) Interpretation

Beispiel: Bürgschaft - § 1346

§ 1346. (2) Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages ist erforderlich, dass

die Verpflichtungserklärung des Bürgen schriftlich abgegeben wird.

§ 886. Ein Vertrag, für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit

bestimmt, kommt durch die Unterschrift der Parteien […] zustande.

Bürgschaft per Telefax?

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Juristische Methodenlehre

• Rechtsvergleichung

• Ökonomische Analyse des Rechts

• Europarechtskonforme Interpretation – Art 288

AEUV

– Eine nationale Bestimmung ist RL-konform auszulegen, wenn dies der

Wortlaut zulässt und der Wille des Gesetzgebers dem nicht

entgegensteht: Vorrangregel

– Kein contra legem judizieren

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmethoden

•Verhältnis zueinander

– Reihenfolge

– Wertende Ausschöpfung aller Methoden

– Gewicht

– Bewegliches System

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

• Lex-lata-Grenze

– § 6 Wortsinn, Bedeutungszusammenhang und historischer

Gesetzgeber

• Ausnahme: Entwicklungen die der GG nicht vorhersehen hat

können bzw Widersprüche die sich aus dem (neueren) positiven

Recht ergeben

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

• Korrektur des zu engen oder überschießenden Gesetzeswortlauts

– Analogie

– teleologische Reduktion

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

• Analogie

– Lücke im Gesetz

– Gesetzesanalogie

– Rechtsanalogie

Beispiel:

§§ 271, 272 ABGB

Vorvertragliches Schuldverhältnis

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

•Teleologische Reduktion

Beispiel: Gesetzwidrigkeit - § 879 Abs 1 ABGB

§ 879 (1) Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder

gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

Getränkebestellung nach Sperrstunde?

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

• Lückenfüllung

• Gleichheitsgrundsatz

– wertungsmäßig Gleiches muss gleich behandelt werden

– wertungsmäßig Ungleiches muss ungleich behandelt werden

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

• Regelungslücke und Analogie

oder

• Umkehrschluss (e contrario)?

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

•Analogie – Umkehrschluss

Beispiel: gesetzliches Erbrecht des Ehegatten - § 757 ABGB

Wille des durchschnittlichen und vernünftigen Erblassers

Lebensgefährte?

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

•Analogie – Spielarten

– Gesetzesanalogie

– Rechtsanalogie (Gesamtanalogie)

– allgemeine Rechtsgrundsätze

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

•Analogie – Spielarten

•Gesetzesanalogie

– argumentum a maiori ad minus (Größenschluss)

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung

•Analogie – Spielarten

Gesamtanalogie / allgemeine Rechtsgrundsätze

§ 7. Läßt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem

natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muß auf ähnliche,

in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe

anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden.

Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft; so muß solcher mit Hinsicht auf

die sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach

den natürlichen Rechtsgrundsätzen entschieden werden.

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung Analogie – Spielarten

Beispiel Gesamtanalogie: „culpa in contrahendo“

• §§ 878 S 3, 875 sowie 866, 932 Abs 1 aF ABGB

• vorvertragliche Sorgfaltspflichten

• Verletzung führt zur Haftung nach vertraglichen Grundsätzen

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Juristische Methodenlehre

Ergänzende Rechtsfortbildung Analogie – Spielarten

• Natürliche Rechtsgrundsätze

keine Vorteilserlangung durch arglistiges/rechtswidriges

Verhalten (§ 540 ABGB/§ 542 ABGB – Erbunwürdigkeit; Riggs

v. Palmer)

Unredlicher Besitzer darf nicht mehr Aufwandersatz fordern

als ein redlicher

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Juristische Methodenlehre

• Billigkeit

• § 277 S 2 Haftung des Sachwalters:

„Der Richter kann die Ersatzpflicht insoweit mäßigen oder

ganz erlassen, als sie den Sachwalter (Kurator) unter

Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Grades

des Verschuldens oder eines besonderen Naheverhältnisses

zwischen dem Pflegebefohlenen und dem Sachwalter

(Kurator), unbillig hart träfe.“

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Juristische Methodenlehre

Intertemporales (Privat-)Recht

• § 11 BGBlG (Ablauf des Tages der Kundmachung)

• § 5 ABGB – zeitlicher Anwendungsbereich

– Grds keine Rückwirkung (authentische Interpretation)

• § 9 ABGB – Ende des zeitlichen Anwendungsbereichs

• Dauerschuldverhältnisse?

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Juristische Methodenlehre

Authentische Interpretation

• § 8 ABGB Nur dem Gesetzgeber steht die Macht zu, ein

Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art zu erklären.

Eine solche Erklärung muss auf alle noch zu entscheidende

Rechtsfälle angewendet werden, dafern der Gesetzgeber nicht

hinzufügt, dass seine Erklärung bei Entscheidung solcher

Rechtsfälle, welche die vor der Erklärung unternommenen

Handlungen und angesprochenen Rechte zum Gegenstande

haben, nicht bezogen werden solle.

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Authentische Interpretation

• Artikel I § 13a Abs. 2 TabakG 1995, BGBl. Nr. 431/1995,

zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2008, wird gemäß § 8

ABGB dahingehend authentisch ausgelegt, dass den Gästen

auf dem Weg zum Hauptraum bzw. zu anderen rauchfreien

Bereichen des Lokals wie sanitären Anlagen bzw. WC-

Anlagen ein kurzes Durchqueren des Raucherraumes

zumutbar ist.

• Artikel II Art. I ist im Sinne von § 8 ABGB von den Behörden

und Gerichten in allen laufenden und künftigen Verfahren

anzuwenden.

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Rechtssubjekte und Rechtsobjekte

Rechtssubjekte

• Natürliche Personen = Menschen (§ 16)

• Juristische Personen (§ 26)

Rechtsobjekte

• Sachen: § 285 (auch Immaterialgüter und Forderungen)

• Tiere: § 285a

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Rechtsfähigkeit von natürlichen Personen

Beginn durch die Geburt

•Nasciturus (§ 22 ABGB)

•unbeschränkt und unbeschränkbar

Ende durch den Tod

• TEG: Toderklärung bei Verschollenheit

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Rechtsfähigkeit von natürlichen Personen

• TEG: Toderklärung bei Verschollenheit (§ 1 Abs 1 TEG):

– Unbekannter Aufenthalt

– Nachrichtenlose Abwesenheit

– Ernstliche Zweifel am Überleben

– Bestimmte Dauer (allg. Verschollenheit § 3 TEG oder

Gefahrenverschollenheit §§ 4-7 TEG)

• Todesbeweis: § 21 TEG

• Folge: Vermutung, dass der Verschollene im Beschluss

festgestellten Zeitpunkt gestorben ist (§ 9 TEG)

• Aufhebung: § 23 TEG

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Zivilrechtliche Handlungsfähigkeit

• (Rechts-)Geschäftsfähigkeit

Testierfähigkeit (§ 569 ABGB)

Ehegeschäftsfähigkeit (EheG)

(Familienrechtliche) Verfahrensfähigkeit (§ 104 AußStrG)

• Deliktsfähigkeit

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Gesetzliche Vertretung

Eltern bei Minderjährigen §§ 167 ff ABGB

• Beachte: Einschränkungen in § 167 Abs 2 und Abs 3 ABGB

Psychisch kranke oder geistig behinderte Personen §§ 268 ff

ABGB

• Nahe Angehörige (§ 284b ff ABGB)

• Vorsorgevollmacht (§ 284f ff ABGB)

• Sachwalter (§ 268 ff ABGB)

• Patientenverfügung (§ 2 Abs 1 PatVG)

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Geschäfts(un)fähigkeit Minderjähriger

• Kinder 0-7: Vollkommen geschäftsunfähig

Rechtsgeschäfte sind absolut nichtig

§ 170 Abs 3: Taschengeldparagraph

o Altersübliche Geschäfte

o Geringfügige Angelegenheit des alltäglichen Lebens

o Rückwirkend mit der Erfüllung der das Kind treffende Pflicht

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Geschäfts(un)fähigkeit Minderjähriger

• Unmündige Minderjährige 7-14

Rechtsgeschäfte sind schwebend unwirksam (§ 865 ABGB)

Recht des Dritten zur Verlangung einer angemessen Erklärungsfrist

Bloß zu ihrem Vorteil gemachte Versprechen annehmen (§ 865 ABGB)

Möglichkeit schon bestehende Verpflichtungen zu begleichen (§ 1421 ABGB)

Genehmigung kann auch im Voraus erfolgen

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Geschäfts(un)fähigkeit Minderjähriger

• Mündige Minderjährige 14-18

Einkommen aus eigenem Erwerb und

zur freien Verfügung überlassen Sachen (§ 170 Abs 2 ABGB)

Nicht die Befriedigung der Lebensbedürfnisse gefährdet ist

Verpflichtungsgeschäfte, welche nicht sofort erfüllt werden müssen,

Dauerschuldverhältnisse

Abschluss von Dienstverträgen (gilt nicht für Lehr- und sonstige

Ausbildungsverträge)

o Außerordentliches Kündigungsrecht der gesetzlichen Vertreter (§ 171

ABGB)

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Geschäfts(un)fähigkeit Minderjähriger

• Medizinische Behandlung § 173 ABGB

Anknüpfung nicht an das Alter, sondern an die Einsichts- und Urteilsfähigkeit.

Wird bei mündigen Minderjährigen vermutet (§ 173 Abs 1)

Rechts zur Ablehnung von Behandlungen

Zustimmungsrecht der Eltern bei möglicher schweren oder nachhaltigen

Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit (§

173 Abs 2)

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Geschäfts(un)fähigkeit Minderjähriger

• 175 ABGB

Beschränkung der Geschäftsfähigkeit über die das Alter entsprechende Stufe

hinaus

Vgl § 268 ABGB, jedoch abgeänderter Tatbestand:

Erweiterter Adressatenkreis (auch „verzögerte Entwicklung“)

Eingeschränkter Kreis an Antragsberechtigten (amtswegig und

Obsorgeberechtigte)

Nur einzelne oder bestimmter Kreis von Angelegenheiten

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Geschäftsunfähigkeit Volljähriger

• Vertretungsbefugnis naher Angehöriger (§§ 284b ff) – Geschäfte des täglichen Lebens, Pflegeleistungen, Geltendmachung von Ansprüchen,

Zustimmung zu geringfügigen medizinischen Behandlungsmaßnahmen

– Nächste Angehörige § 284c (numerus clausus, auch Lebensgefährte, wenn drei Jahre in

gemeinsamen Haushalt)

– Widerstreitende Erklärungen machen beide unwirksam § 284c Abs 2

– Grundloser Widerspruch des Vertretenen möglich § 284d Abs 2

– Pflichten des nahen Angehörigen + Vertretungsverzeichnis § 284e

• Vorsorgevollmacht (+ Auftragsvertrag) (§ 284f ff) – Rechtsgeschäftliche Vollmacht

– Besondere Formvorschriften §284f Abs 2 und 3

– Pflichten des Vertreters + Vertretungsverzeichnis § 284h

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Geschäftsunfähigkeit Volljähriger

• Sachwalter (§§ 268 ff) – Psychische Krankheit oder geistige Behinderung

+ dadurch erwartete Nachteile für die besachwaltete Person

Ultima ratio § 268 Abs 2 (durch SWRÄG 2006)

Umfang der Befugnisse § 268 Abs 3 (einzelne Angelegenheiten, bestimmter Kreis, alle

Angelegenheiten)

Freier Wirkungskreis § 268 Abs 4

Rechte und Pflichten des SW § 275 ff

Verbliebene Geschäftsfähigkeit des Besachwalteten § 280 Abs 2 (vgl § 170 Abs 3)

• Patientenverfügung (PatVG) – Voraussetzung Einsichts- und Urteilsfähigkeit

– Verbindlich (Inhalts- und Formvorschriften erfüllt)

– Beachtlich (Inhalts- und Formvorschriften nicht erfüllt)

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Deliktsfähigkeit

Wer kann durch sein eigenes Verhalten ersatzpflichtig werden?

• Vollendung des 14. Lebensjahres (§ 176 ABGB)

• Unmündige Minderjährige?

• § 1308 ABGB „Veranlassung“

• Unmündige: §§ 1309, 1310 ABGB

• Geisteszustand: §§ 1307, 1310 ABGB

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Deliktsfähigkeit

• Haftung für schuldhafte Verletzung der Aufsichtspflicht

Ersatz den bei Minderjährigen oder Unmündigen durch

Aufsichtspersonen nur dann, wenn diese schuldhaft die

Obsorge (§ 177 ABGB) vernachlässigt haben (§ 1309

ABGB)

• Haftung des Deliktsunfähigen (§ 1310 ABGB)

Im konkreten Fall konnte die Unrechtmäßigkeit seines

Handelns vom Unmündigen erkannt werden

Vermögensvergleich

Wenn der Geschädigte aus Rücksicht auf den Schädiger die

Verteidigung unterlassen hat

• Mündige Minderjährige – Haftung aus CIC bei Irreführung

über die Geschäftsfähigkeit?

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Juristische Personen

• § 26 ABGB – „Moralische Personen“

Numerus clausus

Personenmehrheiten (Gesellschaften/Körperschaften) =

Zusammenschluss von physischen Personen zu einem

gemeinsamen Zweck

Sachgesamtheiten (Stiftungen, Fonds und Anstalten) =

einem bestimmten Zweck gewidmete Vermögensmassen

idR je nach Entstehungsakt: jP des Privatrechts

(privatautonome Willensbildung), jP des öffentlichen Rechts

(Gesetz/Verwaltungsakt)

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Juristische Personen

• Juristische Personen des öffentlichen Rechts

– Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden)

– Gesetzliche Interessensvertretungen (AK, WKÖ, RAK, etc)

– Sozialversicherungsträger (GKK, BVA, etc)

– Universitäten

• Juristische Personen des Privatrechts

– AG, GmbH, Vereine, Stiftungen/Fonds/Anstalten

• OG, KG: Rechtspersönlichkeit/-fähigkeit (§105 S2 UGB),

daher Rechtssubjekte (hA: aber keine jP)

• GesbR: keine Rechtspersönlichkeit (§1175 Abs 2),

daher kein Rechtssubjekt 71

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Juristische Personen

• Rechtspersönlichkeit/-fähigkeit

– Ja, wenn körperschaftlich organisiert (Organisationsverfassung,

Fremdorganschaft, Mehrheitsprinzip, Wechsel der Mitglieder hat

keine Auswirkung auf den Bestand der Gesellschaft)

• Umfang der Rechtspersönlichkeit

hA: Rechtsfähigkeit natürlicher und juristischer Personen grds

gleich (mM: ultra-vires-Lehre: bloß satzungsmäßig beschränkte

Rechtsfähigkeit)

Wesensmäßige Beschränkung (Familienrechte)

Durch Gesetz eingeräumte Teilrechtsfähigkeit (WEG-

Eigentümergemeinschaft)

Trennungsprinzip/Durchgriff (insb Haftungsdurchgriff)

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Juristische Personen

• Handlungsfähigkeit

Handeln der Organe wird der juristischen Person zugerechnet, jP

wird Vertragspartner

Organschaftliche Vertretung

Rechtsgeschäftliche Vertretung

• Deliktsfähigkeit

jP haftet für rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten der Organe

Repräsentatenhaftung (für Machthaber der jP mit selbständigen

Wirkungsbereich und Leitungsfunktion)

Parallele Haftung der handelnden Person (DHG)

• Wissenszurechnung

JP muss sich jedes Wissen der Machthaber in ihrem

Zuständigkeitsbereich zurechnen lassen (nicht zuständige

Machthaber/Gehilfen nur dienstlich erlangtes Wissen)

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Juristische Personen

• Verein „ist eine auf Dauer angelegte, freiwillige Personenvereinigung (Körperschaft), die in ihrem Bestand vom Mitgliederwechsel unabhängig ist, eine körperschaftliche Verfassung und einen Gesamtnamen hat.“

• zweistufiges Gründungsverfahren

– Errichtung durch Vereinbarung der Vereinsstatuten

– Entstehung mit Abschluss des verwaltungsbehördlichen Verfahrens bei der Vereinsbehörde (Normativsystem: Rechtsanspruch)

– vor Entstehung haften Handelnde persönlich

• oberstes Organ: Mitgliederversammlung (intern)

• kontrolliert den Vorstand (extern Formalvollmacht)

• endet nach Liquidation mit Wegfall aller Mitglieder, (freiwillige) Auflösung

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Juristische Personen

• Stiftungen: „sind durch die Anordnung eines Stifters einem bestimmten Zweck gewidmete Vermögen mit Rechtspersönlichkeit“

BStFG: zur Erfüllung gemeinnützige/mildtätige Aufgaben (über Bereich eines Bundeslandes, sonst landesgesetzliche Regelungen)

Privatstiftungen nach PSG: andere erlaubte Zwecke

Entstehung unterschiedlich

• Fonds: „ist ein durch die Anordnung des Gründers nicht auf Dauer gewidmetes Vermögen mit Rechtspersönlichkeit, das der Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke dient.“ (§ 22 BStFG)

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Persönlichkeitsrechte

§ 16 ABGB:

„ Jeder Mensch hat angeboren, schon durch die Vernunft

einleuchtende Recht, und ist daher als eine Person zu

betrachten. Sklaverei oder Leibeigenschaft, und die Ausübung

einer darauf sich beziehenden Macht wird in diesen Ländern nicht

gestattet.“

Naturrechtsgedanke

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Persönlichkeitsrechte

• Dienen dem unmittelbaren Schutz der menschlichen Person

„angeborener Schutz“

• Gilt auch für jP, soweit schutzwürdiges Interesse (Recht auf Ehre,

Wahrung des wirtschaftlichen Rufs, Namensrecht uÄ)

• Allgemeines Persönlichkeitsrecht oder Persönlichkeitsrechte (hA)?

• Subjektives Recht

• Absolutes Recht

• § 16 mehr als bloßer Programmsatz, heute Auffangfunktion

• Interessenabwägung

• Auch postmortaler Persönlichkeitsschutz

• Entwicklung noch nicht abgeschlossen

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Zivilrechtliches Schutzinstrumentarium bei

Verletzung von Persönlichkeitsrechten

• Unterlassungsanspruch (verschuldensunabhängig)

• Beseitigungsanspruch (verschuldensunabhängig)

• Bereicherungsanspruch

• Schadenersatzanspruch

selten materieller Schaden bezifferbar

immaterielle Schäden nur in Ausnahmefällen ersatzfähig

(§1330)

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Einzelne anerkannte Persönlichkeitsrechte

• Recht auf Leben/körperliche Unversehrtheit

§ 1325; §§ 75 ff StGB

• Recht auf Freiheit

§§ 16, 1329; § 99 StGB; Art 5 MRK; Art 1 BVG über

den Schutz der persönlichen Freiheit

Psychisch kranke od geistig behinderte Personen:

o UnterbringungsG: Unterbringung nur von psychisch

Kranken auch gegen den Willen, sofern erhebliche und

ernstliche Gefahr für sich oder Dritte besteht und kein

gelinderes Mittel zur Verfügung steht

o HeimaufenthaltsG: psychisch Kranke & geistig Behinderte,

freiwillig Aufnahme vorausgesetzt, nachträgliche Freiheits-

beschränkung gegen den Willen zulässig (§§ 11 ff)

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Einzelne anerkannte Persönlichkeitsrechte

• Namensrecht § 43 ABGB (§ 93; vgl §§ 17 ff UGB)

– Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche bei

unbefugtem Gebrauch

– Recht zur Führung seines Namen wird von jemandem bestritten (1. Fall)

– Unbefugter Gebrauch eines fremden Namens (2. Fall):

• unbefugt = weder eigenes Recht noch von Berechtigtem gestattet

• konkrete Beeinträchtigung (droht)

– Schutzbereich: Familiennamen, Decknamen, Pseudonyme,

Künstlernamen, Spitznamen, Handelsnamen, Domain-Namen

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Page 81: Repetitorium aus Zivilrecht · § 22 ABGB (Nasciturus) „Insoweit es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten zu tun ist, werden sie [ungeborene Kinder] als Geborene angesehen;

Weitere Persönlichkeitsrechte

• Ehre (§ 1330)

• vertrauliche Aufzeichnungen & Bildnisschutz (§§77 f UrhG) Briefe, Tagebücher, Bilder dürfen nicht veröffentlicht werden, sofern dadurch berechtigte

Interessen des Verfassers verletzt werden

• geschlechtliche Selbstbestimmung (§ 1328)

• Recht am gesprochenen Wort & postmortaler

Persönlichkeitsschutz (aus § 16 abgeleitet)

• Erfinderehre (§ 20 PatG), Schutz geistiger Interessen eines

Urhebers (§§ 20 f UrhG) Recht auf Nennung als Erfinder bzw Urhebers

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Page 82: Repetitorium aus Zivilrecht · § 22 ABGB (Nasciturus) „Insoweit es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten zu tun ist, werden sie [ungeborene Kinder] als Geborene angesehen;

Postmortales Persönlichkeitsrecht

• Rechtssubjektivität erlischt mit Tod

• Wahrung der Totenruhe § 190 StGB, Organentnahme § 5

OrgantransplantationsG

• Schutz besteht nach hA in beschränktem Umfang weiter

• Ehre sowie das Recht auf Wahrung des Privatlebens >

Geheimhaltungspflichten

• Beeinträchtigung von Rechten des Verstorbenen selbst (nicht

der Angehörigen, jedoch von diesen geltend zu machen)

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Rechtsgeschäftslehre

• Vertrag

Vereinbarung zwischen 2 oder mehreren Personen, die für die

Beteiligten Rechtsfolgen auslöst

• Rechtsgeschäft

1 oder mehrere Willenserklärungen, wodurch Rechtsfolgen ausgelöst

werden sollen (Bsp: Angebot, Kündigung, Auslobung)

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Rechtsgeschäftslehre

•Vermögensrechtliche und personenrechtliche Rg

Bsp: Verlöbnis, Ehe, Adoption, Vaterschaftsanerkenntnis

•Ein- und mehrseitige Rg

Je nach Anzahl der das Rg begründenden Erklärungen

•Ein- und mehrseitig verpflichtende Rg

Synallagma (wechselseitige Gläubiger- und Schuldnerposition)

•Empfangs- und Nichtempfangsbedürftige Rg

Wirksamkeit abhängig bzw unabhängig von ihrer Kenntnisnahme

•Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft

2-Aktigkeit des Rechtswerbs

•Abstrakte und kausale Geschäfte

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Rechtsgeschäftslehre

• Abstrakte und kausale Verpflichtungsgeschäfte • Causa = wirtschaftliche Grund

• Bsp

– Kauf wegen Gegenleistung

– Schenkung wegen Freigiebigkeit

– Vergleich wegen Streitbereinigung

• abstrakt lässt Grund nicht erkennen

– Grund kann versteckt sein

– in Ö grds unwirksam verbotene/ sittenwidrige Geschäfte könnten abgeschlossen werden, da Zweck nicht offengelegt werden müsste » Ausnahme: drei-/ mehrpersonale Verhältnisse, kausale

Grundgeschäfte, Rückabwicklung im Dreiecksverhältnis bei Zweckverfehlung des Grundgeschäftes

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Rechtsgeschäftslehre

• rechtsgeschäftlich relevantes Verhalten

– Willenserklärung • Handeln mit Kundgabezweck (Erklärungsempfänger) • Rechtsfolgewille (gemäßigte Rechtsfolgentheorie) • § 863

– ausdrücklich: Worte/allgemeine Zeichen – schlüssig: „mit Überlegung aller Umstände keinen

vernünftigen Grund, daran zu Zweifeln“ – bloßes Schweigen? (§ 863 Abs 2;

Geschäftsgepflogenheit; ausschließliche Begünstigung; Kauf auf Probe § 1081)

– normierte Willenserklärung (§ 1114) – fingierte Willenserklärungen (§ 377 UGB)

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Rechtsgeschäftslehre

• rechtsgeschäftlich relevantes Verhalten

– Willensbetätigung

• Rechtsfolgewille

• ohne von Absicht Mitteilung machen zu wollen (kein

Kundgabezweck)

• Bsp § 864 Abs 1, § 1016, Dereliktion, Aneignung

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Rechtsgeschäftslehre

• rein tatsächliches Verhalten

– Realakt

• keine Erklärungsbedeutung

• rein faktischer Wille

• unabhängig von Geschäftsfähigkeit

• Bsp: Schaffen künstlerischer Werke

– Gefälligkeiten („Gentlemen Agreement“)

• Rechtsfolgewille fehlt

Deliktsrecht (beachte Deliktsfähigkeit)

Bereicherungsrecht

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Rechtsgeschäftslehre

• Zwischenformen

– Willensmitteilung

• Wille ist auf Tatsächliches gerichtet

• kein Rechtsfolgewillen notwendig

• Bsp: Mahnung = Aufforderung, Leistung zu erbringen – löst Rechtsfolge (Fälligkeit, vgl §§ 904, 1417) auch ohne Rechtsfolgewille aus!

– Wissensmitteilung

• Bloße Tatsachen-Mitteilung entfaltet rechtl Bedeutung

• kein Rechtsfolgewille notwendig

• Bsp Mängelanzeige (§ 933 Abs 3) bewirkt Perpetuierung der Einrede

– hA: analoge Anwendung der Vorschriften über Rechtsgeschäfte (Willenserklärungen) zB Geschäftsfähigkeit, Zugang, Stellvertretung

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Erfordernisse eines mangelfreien Rechtsgeschäftes

• Ausreichende Geschäftsfähigkeit

• Ernst, frei von Irrtum und Zwang ( §869 „Wahre Einwilligung“)

• Möglich und erlaubt (§ 878)

• Formgültig (vgl etwa NotaktG)

• Übereinstimmende Willenserklärung (§ 861)

• Sonstige Wirksamkeitsvoraussetzungen (Genehmigung)?

=> Mangelsanktion

– Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit, Eintragungshindernis

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Grundsätze des Vertragsrechts

Prinzipien

• Privatautonomie („formelle“ Vertragsfreiheit)

• Äquivalenz

• Vertrauensschutz

• Vertragstreue

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Grundsätze des Vertragsrechts

Privatautonomie (formelle Vertragsfreiheit)

• Abschlussfreiheit • geringe Beschränkungen (insb hinsichtlich Schutz des Schwächeren: Verbraucherrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht)

• indirekte Eingriffe bei Diskriminierung Verwaltungsstrafe

• Kontrahierungszwang

– Sondergesetze: öff. Verkehrsmittel, Wasser-/ Energieversorgung

– grds Pflicht, zu üblichen Bedingungen abzuschließen

– sofern keine Ausschlussgründe vorliegen

• Formfreiheit

• Inhaltsfreiheit

• Änderungs- und Beendigungsfreiheit

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Der Vertragsschluss

Ein Vertrag kommt durch übereinstimmende

Willenserklärungen zustande („Konsensualverträge“):

• einleitende WE = Angebot

• zustimmende, zum Vertragsschluss führende WE = Annahme

Ausnahme: „Realverträge“

• Vertrag kommt mit Einigung und realen Handlung (Übergabe)

zustande

• Verwahrungsvertrag § 957

• Leihvertrag § 971

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Der Vertragsschluss

Angebot

• Inhaltliche Bestimmtheit Mindestinhalt => essentialia negotii (Bestimmbarkeit durch Auslegung oder

dispositives Recht genügt)

• Inhaltliche Verständlichkeit (§ 869)

• Bindungswille

mehr als invitatio ad offerendum

• Zugang (vgl auch § 862a für Annahme)

Wirksamkeit der WE durch Zugang in Machtbereich, wenn mit Kenntnisnahme

gerechnet werden kann; Möglichkeit der Kenntnisnahme genügt;

• Kein Widerruf

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Der Vertragsschluss

• Angebot - Bindungswirkung § 862

• dispositiv (vgl § 862 Satz 1;§ 6 Abs 1 Z 1 KSchG)

• unter Anwesenden (Zwiegespräch: Telefon)

» bis zum Ende des Gesprächs

• unter Abwesenden

» Beförderungszeit des Angebots

» incl angemessene Überlegungsfrist

» incl Beförderungszeit für Annahme

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Der Vertragsschluss

• Angebot - Wegfall der Bindung

• Annahmefrist verstrichen

• Empfänger lehnt ab

• Abbruch der Verhandlungen

• Widerruf

» bis zur tatsächlichen Kenntnisnahme zulässig

• „ohne obligo“

• Insolvenz des Offerenten (§ 26 IO)

• nicht bei Tod/Handlungsunfähigkeit des Offerenten

» sofern nicht Parteiwille etwas anderes ergibt

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Der Vertragsschluss

Annahme

•Inhaltliche Übereinstimmung mit dem Angebot

» sonst Dissens und neues Angebot

•Rechtzeitigkeit der Annahme (§§ 862, 862a)

» mit Zugang

» beachte § 862a Satz 2: Ablehnungsobliegenheit des

Offerenten, wenn Annahmeerklärung rechtzeitig abgeschickt

wurde und dies für den Offerenten erkennbar ist

•Kein Widerruf (Widerruf bis zu tatsächlichen Kenntnisnahme

möglich)

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Der Vertragsschluss

Annahme – Arten

• Willenserklärung (mit Zugang wirksam)

• Willensbetätigung § 864 Abs 1 („stille Annahme“) Ausnahme vom Zugangserfordernis (kein Kundgabezweck), wenn nach Natur des Geschäfts, Verkehrssitte oder wegen Verzichts des Offerenten ist ausdrückliche Erklärung nicht zu erwarten Vertrag kommt mit tatsächlichem Entsprechen zustande einseitiger Beseitigung der Annahmehandlung und Widerruf möglich, solange Offerent noch nicht auf Zustandekommen des Vertrags vertraut hat

• Kreuzofferte

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Der Vertragsschluss

Realangebote § 864 Abs 2

„Das Behalten, Verwenden oder Verbrauchen einer Sache, die dem

Empfänger ohne seine Veranlassung übersandt worden ist, gilt nicht als

Annahme eines Antrags. Der Empfänger ist nicht dazu verpflichtet, die

Sache zu verwahren oder zurückzuleiten, er darf sich ihrer auch

entledigen. Muss ihm jedoch nach den Umständen auffallen, dass die

Sache irrtümlich an ihn gelangt ist, so hat er in angemessener Frist dies

dem Absender mitzuteilen oder die Sache an den Absender

zurückzustellen.“

• Vertrag kommt nicht durch WB zustande, allenfalls durch (konkludente) WE

• Kein Schadenersatzanspruch, kein Bereicherungsanspruch, Anspruch auf

Beseitigung, Strafe nach § 32 Abs 1 Z 5 KSchG möglich

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Die Vertragsauslegung

Natürlicher Konsens

• Deckungsgleiche Willenserklärungen (Falsa demonstratio non nocet)

Dissens §869 Satz 2

• wegen Diskrepanz von Angebot und Annahme (nach Wortlaut nicht vereinbar)

• wegen Mehrdeutigkeit oder Unverständlichkeit

• wegen Unvollständigkeit (insb wenn Hauptpunkte offen sind)

Liegt weder natürlicher Konsens noch offener Dissens vor, ist die

Frage, ob ein Vertrag zustande gekommen ist und welchen Inhalt

er hat, nach der Vertrauenstheorie zu beantworten: Von

welchem Inhalt durfte ein redlicher Erklärungsempfänger

ausgehen? (Vertragsauslegung, § 914)

= normativer Konsens

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Die Vertragsauslegung

Vertrauenstheorie:

Eine Willenserklärung gilt nicht so, wie sie gewollt war, sondern mit ihrem

objektivem Erklärungswert.

Von welchem objektiven Erklärungswert durfte ein redlicher

Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände

ausgehen? >> AUSLEGUNG

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Die Vertragsauslegung

Auslegungsregeln (§§ 914, 915)

Allgemeines:

• Nicht bloß auf Verträge anzuwenden, sondern auf sämtliche

privatrechtlichen Rechtsgeschäfte

• Nicht anzuwenden, sofern lex speciales vorhanden (Bsp: Erbrecht –

Willenstheorie iVm Andeutungstheorie)

• Absicht der Parteien hat Vorrang vor dem Wortsinn

• Ergebnislose Auslegung >> Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes

• Nicht auf Realakte anzuwenden

102

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Die Vertragsauslegung

Auslegungsregeln (§§ 914, 915)

einfache Vertragsauslegung

• 1. Schritt: Wortlaut

• 2. Schritt: Absicht der Parteien

• 3. Schritt: Übung des redlichen Verkehrs - was hätten

redliche und vernünftige Personen vereinbart?

ergänzende Vertragsauslegung

• Situation im Vertrag nicht geregelt (Vertragslücke)

• primär greift dispositives Recht, außer Parteien hätten

Anwendung von disp Recht nicht gewollt

• was hätten redliche und vernünftige Parteien vereinbart?

103

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Die Vertragsauslegung

Unklarheitsregeln des § 915

Nur wenn § 914 zu keinem Ergebnis führt!

• HS 1: einseitig verbindliche Verträge

im Zweifel ist die für Schuldner günstigere Auslegung zu

wählen

ratio: Freigebigkeit

• HS 2: zweiseitig verbindliche Verträge

undeutliche Äußerung geht zu Lasten des Erklärenden

• Verhältnis § 915 und § 6 Abs 3 KSchG? (§ 869)

104

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Verwendung von AGB

• Keine Definition im österreichischen Recht

• Orientierung am deutschen § 305 BGB

„AGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten

Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen

Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Gleichgültig ist, ob

die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des

Vertrages bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen

werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst

sind und welche Form der Vertrag hat. AGB liegen nicht vor, soweit die

Vertragsbedingungen zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt

sind.“

• Nach §§ 914 f auszulegen

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Verwendung von AGB

Warum verwendet?

• Rationalisierungsgedanke

Grund für spezielle Regelungen ?

• Fehlende Einflussmöglichkeiten; „verdünnte Willensfreiheit“

• Informationskostenasymetrie

• Vielzahlkriterium?

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Geltungsgrund von AGB

• Aufgrund zweiseitiger Vereinbarung

• "Unterwerfung" durch den Vertragspartner

• Ausdrücklich oder konkludent (strenger Maßstab) möglich

• + Jedenfalls (theoretische) Möglichkeit der Kenntnisnahme

• Einseitiges "Nachschießen" ist unzulässig

• (nachträgliche) Änderung nur durch Parteieneinigung

107

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Verwendung von AGB

• AGB-Kontrolle

– Ex ante

– Ex post

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Verwendung von AGB

AGB-Kontrolle

• Einbeziehungskontrolle

• Geltungskontrolle

• Inhaltskontrolle

• Transparenzgebot, §§ 915 § 879 Abs 1 und 2

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Verwendung von AGB

Einbeziehungskontrolle

•Wurden die AGB Vertragsinhalt?

•Stillschweigende Unterwerfung?

• Müssen zumindest zugänglich sein (Möglichkeit der

tatsächlichen Kenntnisnahme)

• Widerstreitende AGBs?

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Verwendung von AGB

Geltungskontrolle: § 864a

„Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in AGB oder

Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, werden

nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig

sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach

dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen

brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen

besonders darauf hingewiesen.“

•Versteckte Klauseln sollen nicht Vertragsinhalt werden

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Verwendung von AGB

Geltungskontrolle: § 864a

• Ungewöhnlich

Regelung wird üblicherweise nicht in AGB getroffen

Regelung ist zwar üblich, jedoch nicht an der konkreten Stelle

• Nachteilig

• Überraschend

• Klausel gilt als nicht vereinbart, keine Anfechtung/Anpassung

nötig

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Verwendung von AGB

Allgemeine Inhaltskontrolle:

• § 879 Abs 3 ABGB

auch zwischen Unternehmern

Inhaltskontrolle im Verbraucherrecht:

• § 6 KSchG

Klauseln in Abs 1 und Abs 2

Transparenzgebot Abs 3

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Verwendung von AGB

Allgemeine Inhaltskontrolle § 879 Abs 3:

„Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene

Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen

Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter

Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich

benachteiligt.“

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Verwendung von AGB

Allgemeine Inhaltskontrolle 879 Abs 3:

Hauptleistungspflichten?

• Kontrolle der Hauptleistungspflichte: Wucher; leasio Enormis,

Sittenwidrigkeit

"Jedenfalls"?

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Verwendung von AGB

Allgemeine Inhaltskontrolle § 879 Abs 3:

Gröbliche Benachteiligung:

• Indiz: krasse Abweichung vom dispositiven Recht

•Keine dispositive Regelung: Vergleich der beiden

Rechtspositionen

•Vermutung der Ungleichgwichtslage (Vorteil ggü § 879 Abs 1)

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Verwendung von AGB

Allgemeine Inhaltskontrolle 879 Abs 3:

Bsp für gröblich benachteiligende Klauseln:

• Haftungsausschluss für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (3

Ob 2004/96v)

• Genereller Haftungsausschluss Personenschäden (6 Ob

160/00y)

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Verwendung von AGB

Transparenzgebot: § 6 Abs 3 KSchG

„Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder

Vertragsformularblättern enthaltene Vertragsbestimmung ist

unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist.“

• Verschleierung des Inhaltes => Art der Präsentation

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Verwendung von AGB

Transparenzgebot

• Fachbegriffe, Abkürzungen

• Mangelhafte Gliederung, unübersichtlicher Aufbau

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Verwendung von AGB

• Verbandsklage (§ 28 ff KSchG)

• Geltungserhaltende Reduktion?

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Verwendung von AGB

Prüfungsschema

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Einbeziehungskontrolle

§ 863 ABGB

Geltungskontrolle

§ 864a ABGB

Unklarheitenregel

§ 915 ABGB

Inhaltskontrolle

§ 879 Abs 3 ABGB

Transparenzgebot

§ 6 Abs 3 KSchG

Inhaltkontrolle

§ 6 Abs 1 und 2 KSchG

Inhaltskontrolle

§ 879 Abs 3 ABGB

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Subjektive Rechte und ihre Grenzen

Die Verjährung und ihre Funktion

• Selbstverantwortung

• Schutz der Erwartungen des Schuldners

• Prozessökonomie

• Rechtssicherheit

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Die Verjährung

Beginn und Dauer

• Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem das

Recht „an sich schon hätte ausgeübt werden können“ (§ 1478)

Auf tatsächliche Kenntnis des Rechtes kommt es nicht an!

• Lange Verjährungsfrist: 30 Jahre (§ 1478)

Für gewisse juristische Personen: 40 Jahre (§ 1472 iVm § 1485)

• Kurze Verjährungsfrist: 3 Jahre (vgl § 1480, § 1486 ff):

Beweisschwierigkeiten üblicherweise besonders hoch

Schadenersatzansprüche: Ab Kenntnis von Schaden und Schädiger (§ 1489

Satz 1): maximal 30 Jahre

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Die Verjährung

Unterbrechung § 1497

• Verjährung beginnt neu zu laufen

Geltendmachung des Rechts durch Klage + gehörige

Fortsetzung

Anerkenntnis des Verpflichteten

• Personenbezogen

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Die Verjährung

Hemmung §§ 1494 ff

• Eingriff in den Beginn, Weiterlauf oder Ablauf einer

Verjährungsfrist

Fortlaufshemmung (Verjährung „ruht“, nach Wegfall Ablauf der Restzeit)

Ablaufshemmung (Frist läuft, Ablauf theoretisch während Vorhandensein

des hemmenden Ereignisses höchlich, jedoch Nachfrist)

§ 1494 - Handlungsunfähige

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Die Verjährung

Fortlaufshemmung Beispiel: § 1494 S 1

„Gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre Rechte

selbst zu verwalten unfähig sind, wie gegen Minderjährige oder Personen, die den

Gebrauch der Vernunft nicht haben, kann die Ersitzungs- oder Verjährungszeit,

dafern diesen Personen keine gesetzlichen Vertreter bestellt sind, nicht

anfangen.“

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Die Verjährung

Ablaufshemmung Beispiel: § 1494 S 2

„Die einmal angefangene Ersitzungs- oder Verjährungszeit läuft zwar

fort; sie kann aber nie früher als binnen zwei Jahren nach den

gehobenen Hindernissen vollendet werden.“

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Die Verjährung

Wirkung

• Einrede: Nicht von Amts wegen wahrzunehmen (§1501)

• Naturalobligation

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Die Verjährung

Rechtsgeschäftliches Abweichen von gesetzlichen Fristen

• Verzicht und Fristverlängerung ist grundsätzlich unzulässig (§

1502)

•Verkürzungen ist grundsätzliche zulässig; beachte § 879

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Präklusion

An den Fristablauf knüpft sich gänzlicher Rechtsverlust

•Es muss keine Einrede erhoben werden (amtswegig)

•Irrtümliche Zahlungen können zurückgefordert werden

•Aufrechnung mit präkludierten Forderungen kommt nicht in

Betracht

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Repetitorium aus Zivilrecht

Allgemeiner Teil

Sebastian Wöss

[email protected]