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••••••••••• RFID Basisinformation Was Betriebsräte über den Einsatz von Funkchips wissen sollten

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RFIDBasisinformation

Was Betriebsräteüber den Einsatz

von Funkchipswissen sollten

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RFIDBasisinformation

Was Betriebsräteüber den Einsatz

von Funkchipswissen sollten

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Impressum

Herausgeber:

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di

Fachbereich Handel – Bereich Branchenpolitik

Bereich Innovations- und Technologiepolitik

Paula-Thiede-Ufer 10

10179 Berlin

ver.di-innotec gGmbH

Lyoner Straße 14

60528 Frankfurt

Presserechtlich verantwortlich: Christine Meier, Dr. Hans-Joachim Schulz

Redaktion und Layout: Susanne Teige

Fotos: Fotoarchiv MEV

Autoren: Karl-Heinz Brandl, Cornelia Brandt, Regine Franz, Marion Lühring, Christine Meier,

Dr. Hans-Joachim Schulz, Jörg Rode (Gastbeitrag S. 23–27), Claudia Schertel, Anja Stass.

Druck: alpha print medien AG, Darmstadt

1. Auflage, Januar 2007

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Inhalt

Vorwort 7RFID – (k)ein Buch mit sieben Siegeln 8RFID im Einsatz – ein bunter Strauß an Möglichkeiten 15RFID im Handel – die Zukunft hat bereits begonnen 23Chancen und Risiken – die Geister, die wir riefen 29Die Rechtslage gerät in Schieflage 34Nicht allein gelassen 41Der Betriebsrat bestimmt mit … 46Der Betriebsrat mischt immer mit … 52Alles unter Dach und Fach mit der Betriebsvereinbarung 54Checkliste für den Betriebsrat 58Es ist nicht nur RFID allein … 60Bauernopfer: Datenschutz und Persönlichkeitsrechte 66In Zukunft mit RFID 70Literatur und Quellen 72Linkliste 73Glossar 74

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VorwortRFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie

Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die ursprünglich

zur Markierung von Waren und Produkten entwickelt wurde. Doch diese Technik macht auch

vor Menschen nicht halt.

Im Handel ermöglicht RFID eine lückenlose Warenverfolgung und bessere Steuerung bis hin zur

Automatisierung der Logistik. Einzelne Unternehmen haben Pilotversuche abgeschlossen und

führen die neue Technik schrittweise ein. Sie setzen auf Einsparpotenziale durch Rationalisie-

rungseffekte und damit eine Verbesserung ihrer Marktstellung gegenüber Wettbewerbern.

RFID steht derzeit auch als Synonym für weitere Techniken, die im Handel verstärkt Einzug hal-

ten, z.B. Selfscanningkassen und Selfpaystationen, elektronische Preisauszeichnung oder Kun-

denterminals verschiedenster Art. Tätigkeiten, die heute in der Warenwirtschaft oder an Kassen

von Handelsbeschäftigten ausgeübt werden, verändern sich oder werden wegfallen. Wenn

RFID logistische Prozesse optimiert und dafür benötigte Arbeitsprozesse automatisiert, wird dies

zu einem geringeren Arbeitskräfteeinsatz führen.

ver.di will, dass die technische Innovation RFID für eine humane Gestaltung und Sicherung der

Arbeitsplätze genutzt wird und nicht nur einseitig die Unternehmen profitieren. ver.di will eine

Teilhabe am Produktivitätsfortschritt für die Beschäftigten. Wie die Beschäftigungschancen im

Handel künftig aussehen, hängt auch davon ab, ob der Handel ausschließlich auf „immer bil-

lig“ setzt und Beschäftigte nur als Kostenfaktor betrachtet oder ob sich Entwicklungen durch-

setzen, die auf Qualität im Handel setzen mit fairen Arbeitsbedingungen und ausreichendem,

qualifiziertem Personal.

RFID hat nicht nur für den Handel gravierende Folgen, RFID hat auch in der Logistik Fuß gefasst

und wird weitere Wirtschaftsbereiche gravierend verändern. Aber auch gesellschaftlich ist mit

Umbrüchen zu rechnen. ver.di will verhindern, dass Menschen mit Hilfe von RFID einer totalen

Kontrolle ausgeliefert werden, egal ob im Betrieb oder als Konsument/-in. Leider ist die Rechts-

lage noch weitgehend ungeregelt, trotz der bestehenden Persönlichkeitsrechte, die jedem

Menschen das Recht geben, selbst darüber zu bestimmen, welche Informationen über einen an

wen gelangen. ver.di will, dass die neuen technischen Möglichkeiten zum Wohle des Menschen

eingesetzt werden und nicht gegen ihn. Es darf keine geheimen Datenbanken geben und keine

geheime Auslese von Chips. Konsumenten und Beschäftigte müssen wissen, wer was über sie

weiß.

Die vorliegende Broschüre zeigt im Sinne einer Basisinformation die Einsatzmöglichkeiten,

Chancen und Risiken von RFID. Sie zeigt, wo Regelungsbedarf besteht und was Betriebsräte

schon jetzt zum Schutz der Beschäftigten tun können. Die Broschüre will Betriebsräte ermuti-

gen, ihre Informations-, Initiativ- und Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen. Für Betriebsräte

ist es jetzt wichtig, die durch die Technik betroffenen Rechte der Beschäftigten zu sichern und

ihre Interessen zu vertreten. Letztendlich dient dieses Einmischen, wie zum Beispiel bei den Be-

langen des Datenschutzes, nicht nur den Beschäftigten während der Arbeit, sondern auch nach

Dienstschluss als Kundin oder Kunde.

Christine Meier Dr. Hans-Joachim Schulz

Leiterin des Bereichs Leiter des Bereichs

Branchenpolitik Handel Innovations- und Technologiepolitik

beim ver.di-Bundesvorstand beim ver.di-Bundesvorstand

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Die Funktechnik ermöglicht im Gegensatz zum heute

üblichen Licht-Scanner eine automatische Waren-Identi-

fikation. Beim klassischen Scannen müssen Lagerarbei-

ter/-innen, Angestellte der Warenannahme oder Kassie-

rer/-innen den Scanner auf jeden einzelnen Strich-Code

ausrichten, meist per Hand. Bei RFID rollt die Ware mit

dem Transponder (auch RFID-Chip oder -Tag genannt)

einfach an einem Lesegerät vorbei. Funkwellen übertra-

gen die in dem kleinen Chip gespeicherten Informatio-

nen. In den RFID-Installationen der Händler werden

Funk-Tags an Paletten, Kartons oder Kunststoffboxen

angebracht. Lese-Tore entlang der Supply Chain, der lo-

gistischen Wertschöpfungskette, machen den Waren-

fluss transparent, und zwar vom Ausgangstor des Her-

stellers bis zur Tür oder zum Regal des Verkäufers.

Die Vorläufer der heutigen RFID-Systeme waren in der

Lage, ein Bit zu übertragen. Diese Leistung reichte

aus, um festzustellen, ob eine Markierung an einem

Produkt angebracht war oder nicht, da ohne Markie-

rung ein Alarm ausgelöst wurde. Nachdem die einst

klobigen Transponder jedoch zu kleinsten Folien

weiterentwickelt wurden, die fast überall angebracht

werden können, findet die RFID-Technik immer mehr

Einsatzgebiete.

" Technische VoraussetzungenEin RFID-System besteht immer aus drei Komponenten:

1.Dem Transponder als Datenträger, auch RFID-Chip,

-Tag, -Label oder Funketikett genannt.

Funk-Etiketten sind eigentlich nichts Neues. Ursprünglich wurde diese Technik in den 40er Jahren

des letzten Jahrhunderts zur Freund-Feind-Erkennung bei Flugzeugen entwickelt und kam bereits

im zweiten Weltkrieg zum Einsatz. In den 70er Jahren wurde sie dann zur zivilen Nutzung freigege-

ben und im Einzelhandel als Warensicherungssystem (Electronic Article Surveillance) verwendet.

Die RFID-Technik ist

bereitsweltweit

im Einsatz.

RFID – (k)ein Buchmit sieben Siegeln

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2.Der Sende-Empfangs-Einheit, auch Reader genannt.

3.Der Integration mit den Servern oder sonstigen Sys-

temen, wie z.B. einem Kassen- oder Warenwirt-

schaftssystem oder etwa einem Data-Warehouse.

Der RFID-Chip setzt sich zusammen aus der Antenne

sowie dem Chip, auf dem die Daten gespeichert wer-

den und einer Verbindungsschaltung zwischen den bei-

den Komponenten. Antenne und Chip werden auf eine

Spezialfolie aufgebracht. Das so entstandene RFID-Inlay,

also der eigentliche Chip, lässt sich dann in unterschied-

liche Trägermaterialien integrieren.

" Chips trotzen Hitze, Öl, Wasser …Mittlerweile gibt es RFID-Chips in den unterschiedlichsten

Bauformen, je nach dem, wo und wie sie an oder im

Trägerobjekt angebracht bzw. integriert werden sollen.

Aber auch die Umgebungsbedingungen, wie zum Bei-

spiel Hitze, Öl, Wasser oder Schmutz, haben zur Ent-

wicklung von Chips geführt, welche resistent gegen sol-

che physisch belastenden Einflüsse sind. Bei der Bau-

form eines Transponders ist fast alles möglich. Es gibt

Transponder in der Form von Nägeln oder Schrauben,

welche man unauffällig in Paletten einschlagen oder

drehen kann und die dann dort zur Identifikation die-

nen. Die momentan gängigste Bauform dürfte jedoch

das Papieretikett sein. Die Produkte oder Sendungen

werden mit einem Transponder beklebt, der selbst so

dünn wie ein Blatt Papier ist. Daneben gibt es Glastrans-

ponder, die zur Tieridentifikation unter die Haut des Tie-

res injiziert werden. Auch so genannte Chipcoins, die

eine knopfrunde Bauweise haben, werden zum Beispiel

in Parkhäusern eingesetzt. Button-Tags, die ebenfalls

rund sind und dazu mit einem Loch in der Mitte verse-

hen, lassen sich an Produkten anschrauben.

„Nestlé“ erprobt zusammen mit dem Zulieferer „SCA

Packaging“ das Anbringen von RFID-Etiketten bereits in

der Kartonproduktion. „Nestlé“ räumt ein, dass es

„Herausforderungen“ gebe, die für das Aufkleben von

RFID-Papieretiketten noch bewältigt werden müssen.

Die Fehlerrate sei mit ca. sieben Prozent zu hoch,

gleichzeitig sei die wegen der Labelausfälle notwendige

Prüfmaschine im Verhältnis zu der mit 22.000 Kartons

pro Stunde laufenden Produktionsstraße noch zu lang-

sam (vgl. Lebensmittelzeitung vom 14.10.2005).

Derzeit wird getestet, RFID-Chips zu drucken. Diese so

genannte Polymerelektronik wird auf Polyesterfolien,

die sehr dünn und flexibel sind, in mehreren Schichten

aufgedruckt. Dabei werden verschiedene Polymere, also

Kunststoffe, und Druckverfahren verwendet. Durch die

Verarbeitung auf Druckmaschinen wäre die Herstellung

von großen Flächen und damit großen Stückzahlen

möglich. Aufgrund des daraus resultierenden günstigen

Preises im Vergleich zu der derzeitigen Chipproduktion

wäre die Polymerelektronik gut für Einwegprodukte

nutzbar. Gedruckte Chips haben zwar nur eine be-

grenzte Speicherkapazität (128 Bit

Speicherkapazität werden derzeit

angestrebt; dies entspricht ca. zwei

DIN-A-4-Seiten), lassen sich jedoch

zu einem Bruchteil des Preises her-

stellen, den derzeit Transponder kos-

ten. Sie wären demzufolge be-

sonders für niedrigpreisige Produkte

und für Einwegprodukte geeignet.

" Aktive oder passive" TransponderRFID-Chips gibt es als aktive und

passive Transponder. Aktive Trans-

ponder verfügen über eine eigene

Energiequelle (Batterie) zur Über-

brückung von größeren Lesedistan-

zen (mehreren Metern). Sie können

sowohl gelesen, als auch beschrieben werden, verfügen

über eine höhere Speicherkapazität sowie Sendereich-

weite und sind im Vergleich zu passiven Transpondern

größer und teurer. Passive Transponder haben keine ei-

gene Energieversorgung. Sie bekommen ihre notwendi-

ge Energie, welche für die Übertragung der Informatio-

nen benötigt wird, aus den empfangenen Funkwellen

vom Lesegerät. Die weitaus geringere Speicherkapazität

wird üblicherweise dazu genutzt, eine eindeutige Identi-

fikationsnummer zu hinterlegen, den so genannten

RFID-Chips gibt es in unterschiedlichen Bauformen. Das RFID-Inlay

enthält die auf Spezialfolie aufgebrachte Antenne und den Datenchip.

Data-WarehouseEin Data-Warehouse ist

eine zentrale Datensamm-

lung in einer Datenbank,

deren Inhalt sich aus Daten

unterschiedlicher Quellen

zusammensetzt. Die Daten

werden von den Datenquel-

len in das Data-Warehouse

geladen und dort vor allem

für die Datenanalyse und

zur betriebswirtschaftlichen

Entscheidungshilfe in

Unternehmen langfristig

gespeichert.

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Electronic Product Code (EPC). Passive Transponder be-

nötigen eine stärkere Leseeinheit, haben praktisch eine

unbegrenzte Lebensdauer und sind weitaus günstiger in

der Herstellung als die aktiven Transponder.

" Größe und Kosten variierenDie Form und Größe der RFID-Chips ist abhängig von

der für den geplanten Einsatz benötigten Antenne, die

wiederum ist abhängig von der zum Einsatz kommen-

den Frequenz. Wer größere Distanzen von mehreren

Metern überbrücken will, benötigt aktive Transponder,

die wegen der eingebauten Batterie schon von der Bau-

weise her größer ausfallen. So ist es möglich, dass je

nach Einsatzgebiet und der verwendeten Technik, RFID-

Transponder durchaus die Größe von Büchern anneh-

men können. Andererseits ist es jedoch auch möglich,

papierdünne Exemplare herzustellen. Es kommt also im-

mer auf den Einsatzzweck an.

Will man beispielsweise die komplette Ladung eines

Lkws beim Ausfahren erfassen, so muss die Reichweite

des RFID-Transponders groß genug sein, um sicherzu-

stellen, dass er die gesamte Ware erreicht und einliest.

Sind die Reichweiten eher gering, wie zum Beispiel

beim Ablesen und Registrieren von

an Kleidungsstücken angebrachten

RFID-Etiketten an der Kasse, dann

sind passive Transponder ausrei-

chend.

Was die Kosten der RFID-Chips betrifft, so hängen diese

von unterschiedlichen Gesichtspunkten ab. Zum Beispiel

von der Art der Chips (passive oder aktive), aber auch

von der Abnahmemenge und ob es sich um Einweg-

oder Mehrwegchips handelt. Bei passiven RFID-Chips

liegen die Kosten pro Stück bei einer Auflage von einer

bis zehn Milliarden zwischen fünf und zehn Cent. Bei

einer kleineren Auflage von ca. 10.000 Stück liegen die

Kosten zwischen fünfzig Cent und einem Euro

(http://de.wikipedia.org/wiki/RFID). Der Hosenspezialist

„Gardeur“ beispielsweise zahlt momentan für Einweg-

etiketten bei einer Bestellung von drei Millionen Stück

15 Cent pro Chip. Damit, so Gardeur-Vorstand Thomas

Ballweg, würde sich der Einsatz momentan noch nicht

rechnen. Rechnen werde sich das Ganze erst bei einem

Einsatz von 12,5 Cent pro Chip (vgl. Lebensmittelzei-

tung Nr. 12 vom 24.03.2006, S. 28).

" Lesegeräte je nach BedarfUnterschieden wird bei den Lesegeräten zwischen fest

montierbaren Lesegeräten sowie mobilen Terminals,

den so genannten Handlesegeräten. Die Bauform ist

hier ebenfalls, wie bei den RFID-Chips, vom geplanten

Einsatz abhängig. Ist zum Beispiel geplant, mehrere ge-

taggte, also mit RFID-Chips versehene Produkte im Pulk

gleichzeitig zu erfassen, wie beispielsweise bei Paletten

auf einem Lkw, oder ist vorgesehen, jedes Produkt ein-

zeln zu erfassen? Bei der Pulkerfassung, wie zum Bei-

spiel beim Einkauf im Laden, kommen dann eher so ge-

nannte Tunnelscanner zum Einsatz, die wie ein großes

Hufeisen aussehen und unter denen der Einkaufswagen

dann mit seinem gechippten Inhalt durchrollt. Tunnel-

scanner für den Einzelhandel befinden sich derzeit in

der Testphase.

" Leseabstand nah oder fernDie Reichweite der RFID-Chips schwankt. Abhängig ist

dies von mehreren Faktoren, wie zum Beispiel von der

eingesetzten Funkfrequenz und der Antennengröße.

Aber auch die Umweltbedingungen spielen eine Rolle

beim jeweiligen Leseabstand. Da passive RFID-Chips ihre

Energie für den Auslesevorgang direkt über die Energie

der Funkwellen des Lesegerätes erhalten, kann man da-

von ausgehen, dass der Leseabstand sich im Bereich

von wenigen Zentimetern bis in den Zehn-Meterbereich

hinein bewegt. Aktive RFID-Chips können Reichweiten

von mehreren hundert Metern haben.

" Risiko: VirenDie „Financial Times Deutschland“ berichtete darüber,

dass es Forschern der „Freien Universität“ in Amsterdam

gelungen sein soll, einen Virus für einen RFID-Chip zu ent-

wickeln (vgl. Financial Times Deutschland, 16.03.2006).

RFID – (k)ein Buch mit sieben Siegeln

Form, Größe, Reichweite und

Kosten der Chips sind abhängig

vom geplanten Einsatz.

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Frequenzbereiche

Parameter Niedrigfrequenz Hochfrequenz Ultrahochfrequenz Mikrowelle

Frequenz 125-134 kHz 13,56 MHz 868 bzw. 915 MHz 2,45 bzw. 5,8 GHz

Leseabstand bis 1,2 m bis 1,2 m bis 4 m bis zu 15 m

(in Einzelfällen

bis zu 1 km)

Lese- langsam je nach schnell sehr schnell (aktive

geschwindigkeit ISO-Standard* Transponder)

Feuchtigkeit** kein Einfluss kein Einfluss negativer Einfluss negativer Einfluss

Metall** negativer Einfluss negativer Einfluss kein Einfluss kein Einfluss

Ausrichtung nicht nötig nicht nötig teilweise nötig teilweise nötig

des Transponders

beim Auslesen

Weltweit ja ja EU 868 MHz, teilweise (nicht EU)

akzeptierte USA 915 MHz

Frequenz

Heutige 11784/85 14443, 15693 14443, 15693 18000

ISO-Standards und 14223 und 18000 und 18000

Typische Glasröhrchen- Smart Label, Smart Label, Großformatige

Transponder- Transponder, Industrie-Transponder, Industrie- Transponder

Bautypen Transponder im weltweit anerkannter Transponder

Plastikgehäuse, Standard für

Chipkarten Smart Einzelprodukte für

Label, Chipkarten passive Transponder

Beispielhafte Zutritts- und Wäschereinigung, Palettenerfassung, Straßenmaut, GPS,

Anwendungen Routenkontrolle, Asset Management, Container-Tracking Container-Tracking

Wegfahrsperren, Ticketing,

Wäschereinigung, Tracking & Tracing,

Gasablesung; Pulk-Erfassung

Chippen von Tieren (Einzelprodukte)

* unter 1 s bis 5 s bei ISO 14443 (5 s für 32 kByte), im Mittel 0,5 m/s Vorbeibewegung bei ISO 15693

** Der Einfluss von Metall und Flüssigkeiten variiert je nach Produkt. Auch werden mittlerweile RFID-Tags

angeboten, die den Einsatz (nach Herstellerangaben) auch im Niedrigfrequenzbereich erlauben; beispielsweise

„(rfid)-onMetal-Label“ von Schreiner Logidata.

Tabelle aus der 2004 veröffentlichten Studie des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI):

„Risiken und Chancen des Einsatzes von RFID-Systemen“, S. 29: Kenngrößen von RFID-Technologien [erweiterte Darstellung in

Anlehnung an Isch 04]

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Nach der Erfahrung der Wissenschaftler ist es möglich,

Computerviren in RFID-Chips einzubringen, die wiederum

unter bestimmten Bedingungen die Software in den

Lesegeräten, aber auch Einträge in den Datenbanken

verändern können, mit denen die Lesegeräte verbunden

sind (vgl. Telepolis: Florian Rötzer, 15.03.2006).

Wenn ein infizierter RFID-Chip einmal gescannt sein

sollte, so die Forscher, könne der Virus in die Daten-

bank eines Warenwirtschaftssystems eindringen und

dieses komplett durcheinander bringen. So ließen sich

Koffer zum Beispiel in die falsche Richtung schicken

oder das System ließe sich manipulieren, so dass es ver-

dächtige Koffer ignoriert, die dann in ein Flugzeug ge-

langen. Ganze Lkw-Ladungen mit Waren ließen sich in

falsche Läden schicken. Man könne aber auch in Kauf-

häusern Preise verändern oder andere Identitäten fälschen

(vgl. Telepolis Artikel-URL: http://www.telepolis.de/r4/

artikel/22/22252/1.html).

Das bedeutet, dass bei einem Virusbefall des RFID-

Systems weder die Exaktheit noch die Sicherheit des

Transports der Produkte gewährleistet ist. Die gesamte

Lagerhaltung und alle Logistikvor-

gänge können im Falle einer Mani-

pulation der Chips durcheinander

geraten. Zweifel könne entstehen,

ob ein auf dem Chip hinterlegtes

Zertifikat wirklich echt oder das Pro-

dukt tatsächlich aus dem angegebe-

nen Ursprungsland stammt.

"#Einzigartige Produkte" durch EPCElectronic Product Code (EPC) ist

der weltweite Standard, nach wel-

chem die eindeutigen Seriennum-

mern auf dem RFID-Chip vergeben

werden sollen. Der auf dem RFID-

Chip enthaltene EPC ist aussage-

kräftig genug, jedes weltweit her-

gestellte Produkt eindeutig zu iden-

tifizieren. Damit wird jeder Joghurt-

becher, jede Flasche Wein oder jedes Hemd, das auf

der Welt produziert wird, einzigartig. Das bedeutet

aber auch, dass der Lebenszyklus jedes einzelnen Pro-

duktes nachvollzogen werden kann. Treten zum Bei-

spiel Mängel während des Gebrauchs auf, so kann

festgestellt werden, wo der Auslöser des Mangels

liegt.

Mittlerweile hat es auch schon einen Generationswech-

sel des EPC gegeben; seit Anfang dieses Jahres ist die

zweite Generation im Einsatz. Die Standardisierungsor-

ganisation „EPCglobal Inc.“ (www.epcglobal.de) hat vor

kurzem unter dem Schlagwort „EPC Gen 2“ eine neue

Ausführung des EPC spezifiziert. Vorteil ist, dass „Gen

2“ deutlich mehr Informationen bietet und zudem welt-

weit einsetzbar ist. „Gen 2“ arbeitet im Bereich der

Ultrahochfrequenz (UHF). Der neue Standard soll globa-

le Kompatibilität, Schreib-/Lesefähigkeit und Anpassungs-

möglichkeiten an künftige EPC-Klassen gewährleisten.

„EPC Gen 2“ bietet mehr Speicher für größeres Daten-

volumen, bessere Sicherheitsverschlüsselung der Etiketten-

daten, offene Standards für verschiedene Bezugsquellen

für Etiketten, so dass Etiketten unterschiedlicher Anbie-

ter zusammen verwendet werden können. Außerdem

bietet „EPC Gen 2“ deutlich höhere Leseraten. Um den

neuen Gen-2-Standard einsetzen zu können, erfordert

es jedoch spezielle Speicherchips sowie Lesehardware

(vgl. Computerwoche 7/2006, S. 34).

"#PrognosenDie Zahlen der Analysten sind, was den Einsatz von

RFID betrifft, sehr unterschiedlich. Hier Prognosen von

vier Analysten.

Nach Prognosen der „Deutschen Bank Research“ wird

sich das Volumen des gesamten weltweiten RFID-Mark-

tes mittelfristig um 57 Prozent pro Jahr ausdehnen. Die

Marktforschungsabteilung des Finanzdienstleisters geht

davon aus, dass sich der Markt von derzeit ca. zwei

Milliarden Euro auf 22 Milliarden Euro im Jahr 2010

ausdehnen wird (vgl. Computerwoche 12/2006, S. 6).

In diesem Jahr werden im globalen Markt für RFID, ein-

schließlich Tags, Systemen und Dienstleistungen, so das

Marktforschungs- und Beratungsunternehmen „ID-

TechEx“, schätzungsweise 1,94 Milliarden US$ umge-

setzt. Erwartet wird für das Jahr 2010 ein Volumen von

12,35 Milliarden US$. Übrigens: bis 2005 wurden im

globalen Markt insgesamt 1,8 Milliarden RFID-Tags ver-

kauft (vgl. Computerwoche 12/2006, S. 6).

In den kommenden fünf Jahren wird ein besonders

starkes Wachstum für die Tags zur Auszeichnung von

Paletten erwartet. Von 0,4 Milliarden Stück für das so

genannte Unit-Tagging im Jahr 2005 soll die Zahl 2010

RFID – (k)ein Buch mit sieben Siegeln

EPC – ElectronicProduct CodeRFID-getaggte, d.h. mit ei-

nem RFID-Chip versehene

Paletten und Umverpackun-

gen sowie viele Lesestatio-

nen entlang der Lieferkette

sollen einen transparenten

Warenfluss vom Ausgangs-

tor des Herstellers bis in

die Filiale ermöglichen.

Derzeit noch Vision ist der

RFID-Tag auf jedem einzel-

nen Produkt, der jeder

noch so kleinen Packung

eine eigene Identifizie-

rungsnummer (Code) gibt.

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auf 30 Milliarden ansteigen und 2015 dann 35 Milliarden

erreichen. Noch gigantischer soll sich der Bereich des so

genannten Item-Tagging entwickeln, insbesondere im

Bereich von Arzneimitteln, aber auch bei der Kenn-

zeichnung von Gepäckstücken, Tieren, Büchern, Tickets

und in anderen Anwendungsbereichen außerhalb des

Handels. Ausgehend von 0,5 Milliarden Stück in diesem

Jahr beläuft sich die Prognose für 2010 auf etwa 27

Milliarden und für 2015 auf schätzungsweise einer Bil-

lion. Das Potenzial wird aber wohl erst in zehn Jahren voll

genutzt (vgl. www.ecin.de/news/2005/04/11/08177).

Für 2007 betragen die Umsätze im Bereich der RFID-

Technologie schätzungsweise 1,1 Milliarden US-Dollar.

Das sind die Prognosen aus einem Report von „Juniper

Research“ (vgl. Juniper Research Limited, England,

http://www.electronicstalk.com/news/jui/jui100.html,

Stand 28.1.2005).

Demnach sollen Deutschland und Großbritannien mit

zusammen 40 Prozent Marktanteil vorne liegen. Ent-

scheidende Entwicklungen, so der

Report, lassen sich aber auch in der

Schweiz, in Dänemark und in den

Niederlanden verzeichnen.

Die langfristige Entwicklung des

RFID-Einsatzes in Deutschland

schätzt „IDC“ (vgl. www.idc.com)

so ein, dass sich auf Einzelprodukt-

ebene erst ab ca. 2013 ein Massen-

markt herausbilden wird. Momen-

tan bewegt sich der Markt vor al-

lem im Bereich der Paletten und

(Um-)Verpackungen. Eine Sättigung

wird dort, so „IDC“, ab ca. 2008 erreicht sein. Das

Umstellen des Kassiervorgangs auf RFID ist aber erst

dann möglich, wenn jedes einzelne Produkt, auch

wenn es nur einige Cent kostet, mit einem RFID-Tag

bestückt ist.

Die RFID-Technik bietet

nicht nur Sonnenseiten.

Unit-TaggingUnter Unit-Tagging wird die

Bestückung von logisti-

schen Einheiten und/oder

Versandeinheiten mit einem

Transponder verstanden.

Der Transponder trägt eine

eindeutige Seriennummer,

wodurch jede Versandein-

heit eindeutig identifizier-

bar ist. Mit dieser Serien-

nummer kann eine Abfrage

gestartet werden, welche

den Inhalt der Versandein-

heiten sowie zusätzliche In-

formationen zurückgibt.

Das Einsatzfeld des Unit-

Taggings erstreckt sich vom

Warenausgang beim Her-

steller bis hin zum Waren-

eingang in den Filialen.

Item-TaggingUnter Item-Tagging wird

die Verwendung von RFID-

Transpondern auf Artikel-

bzw. SKU-Ebene (SKU =

kleinste bestandsführende

Lagereinheit; Stock Keeping

Unit) verstanden. Item-Tag-

ging ermöglicht eine ge-

naue Identifizierung der

Einzelteile und sichert die

Rückverfolgbarkeit.

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"#Hemmnisse der RFID-TechnikWährend der momentan noch stattfindenden Erpro-

bungsphase liegt der Schwerpunkt im Taggen von Pa-

letten und Gebinden, um die Warenzusammenstellung,

den Warenein- und -ausgang sowie den weiteren Ver-

bleib transparenter zu machen. Vollautomatische „Future

Stores“ als „Standardgeschäft“ sind noch Visionen.

(1) Ein verbindlicher

Einheitsstandard fehlt

Die Idee, jedes einzelne Produkt mit einem weltweit

kompatiblen Chip zu versehen, ist noch Zukunftsmu-

sik. Derzeit gibt es zwar einzelne Feldversuche, diese

sind aber bisher auf zweiseitige und nicht auf beliebi-

ge Geschäftskontakte beschränkt. Ein globaler Ein-

heitsstandard befindet sich derzeit noch in der Ent-

wicklungsphase.

(2) Die Technologie

für den RFID-Einsatz

ist nicht perfekt

Flüssigkeiten und metallische Oberflächen wie zum Bei-

spiel Alu-Folie bereiten momentan noch technische Pro-

bleme beim Auslesen der Daten auf den RFID-Chips.

Weiterhin ungeklärt ist die Frage, wie sich die auf dem

RFID-Chip ausgelesenen Daten sicher vor Manipulatio-

nen auf das Lesegerät übertragen lassen.

(3) Das Taggen

von Einzelprodukten

ist teuer

Jedes einzelne Produkt benötigt einen Chip; das betrifft

nicht nur teure Produkte, bei denen die Kosten einen

vertretbaren Kostenanteil ausmachen, sondern auch

Produkte, die nur einige Cents kosten. Hier bleibt die

Entwicklung der Polymertechnik abzuwarten. Mit dieser

Technik könnte es gelingen, RFID-Chips zu rentablen

Konditionen für alle Produkte zu drucken. Die Notwen-

digkeit, alle Waren mit Chips auszustatten, ist und

bleibt die Voraussetzung dafür, dass Informationen zu

jedem einzelnen Produkt gelangen und sich die Waren

an der Kasse ohne Kassierer/-in im Pulk erfassen lassen.

(4) Virengefahr

In RFID-Chips eingeschleuste Viren könnten bewirken,

dass sich Lagerbestände und die Bestände in den Läden

nicht mehr zuverlässig abfragen und auffüllen lassen

und, dass die Logistikkette außer Kontrolle gerät. Zum

Beispiel wäre es so möglich, Waren zu bestellen und in

falsche Geschäfte zu liefern.

RFID – (k)ein Buch mit sieben Siegeln

„RFID wird einen einschneidenden Einfluss auf jeden Bereich der

Zivilisation haben, ungefähr so wie die Druckerpresse, die indus-

trielle Revolution und das Internet und die Computer die Gesell-

schaft verändert haben. ... RFID ist ein ganz großes Ding. Ihr Ein-

fluss wird umfassend, persönlich und tiefgreifend sein. Das ist

die größte Erfindung, seit Edison uns die Glühbirne geschenkt

hat.“

Rick Duris,

Frontline Solutions Magazine, Dezember 2003

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!"Im LagerRFID-Lesegeräte registrieren die mit den Chips ausge-

statteten Produktpaletten beim Transport im Lager.

Hierdurch sind stets die Anzahl der gelagerten Produkte

und ihr aktueller Lagerplatz bekannt.

Dadurch entfällt zeitraubendes Suchen, die Technik er-

fasst zu erwartende Produktengpässe und ermöglicht

eine rechtzeitige Nachbestellung. Lagerbestände lassen

sich abbauen und Lagerkosten reduzieren, da sich die

Waren rechtzeitig bei den Zulieferfirmen ordern lassen.

Da das RFID-System auch Lagerein- und -ausgänge er-

fasst, lässt sich auf dieser Basis das Lagermanagement

effizient gestalten. Das spart Zeit und Kosten.

So genannte bewegliche Lager- und Kommissionierungs-

systeme sind bereits im Einsatz. Dabei handelt es sich um

horizontal bewegliche Regalkarusselle. Sie bieten Platz für

ca.15.000 Behälterplätze. Automatische Hebevorrichtun-

gen können pro Stunde 2.000 Ein- und Auslagerungen

(Doppelspiele) der Behälter vornehmen. Förderbänder

bringen die Waren in Plastikbehältern zu den Kommissio-

nierplätzen und minimieren hierdurch die Transportzeiten.

Alle 20.000 (Mehrweg-)Behälter, die im dynamischen

Kommissioniersystem Lager- und Transportfunktionen er-

füllen, sind mit passiven RFID-Tags versehen. Die Förder-

wege sind an den markanten Aussteuerungspunkten mit

Lesegeräten ausgestattet, diese erfassen automatisch, wo

sich Behälter und Waren im Lager befinden. Damit ist die

Ware jederzeit lokalisierbar, unabhängig davon, an wel-

chem Ort der Behälter gerade platziert ist, oder ob andere

Behälter davor lagern und die Sicht auf die gesuchte

Ware versperren. Das Karussell mit der komprimierten

Warenlagerung spart Lagerfläche und ermöglicht den

kontrollierten Zugriff auf die Waren.

RFID bietet eine breite Einsatzpalette. Einige Einsatzmöglichkeiten sind bereits erprobt, manche sind

schon nicht mehr wegzudenkender Standard und andere sind noch Zukunftsmusik. Wie auch immer,

die RFID-Technologie wird sich ausbreiten.

RFID im Einsatz –ein bunter Straußan Möglichkeiten

Alles bezahlt

mit einem

Fingerschnipp?

Per Finger-

abdruck statt

mit Bargeld

oder Kredit-

karte, das ist

in einigen

Geschäften

bereits

möglich.

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16

Die Behälterdaten wiederum lassen sich mit den Auf-

trags- und Kommissionierdaten verknüpfen und an das

Lagerverwaltungssystem übermitteln. Bestellungen las-

sen sich mit den Daten der kommissionierten Ware ab-

gleichen, auftretende Abweichungen erfasst das System

unverzüglich. Ziele der Pilotanlage sind eine um den

Faktor sechs bis zehn erhöhte Kommissionier- und La-

gerleistung, eine Lagerverdichtung auf das Doppelte

und der Wegfall überflüssiger Wegezeiten (vgl. Lebens-

mittelzeitung vom 21.10.2005).

Bei einem auf RFID aufgebauten Staplersteuerungs- und

Chargenverfolgungssystem eines großen Getränkeher-

stellers basiert die Positionsbestimmung auf 2.500 im

Lagerboden eingelassenen RFID-Tags. Die Ortung der

Lagerplätze erfolgt einerseits durch die RFID-basierte

Positionsbestimmung, andererseits durch Strichcodes an

Paletten und in die Stapler eingebaute Scanner. 30 Ga-

belstapler im Lager leisten rund vier Millionen Paletten-

bewegungen im Jahr. Durchschnittlich 250, in Spitzen-

zeiten 600 Lkws werden pro Tag beladen. Den Über-

blick über aktuelle Lagerplätze der Chargen bietet das

System durch die RFID-basierte Positionsbestimmung.

Nach Angaben des Getränkeherstellers habe es bislang

keinen Systemausfall gegeben und die Leserate liege

bei 100 Prozent. Die Einsparung pro Jahr durch Verzicht

auf das Einscannen der Paletten per Hand beziffert das

Unternehmen bereits jetzt auf 250.000 Euro (vgl. Le-

bensmittelzeitung vom 16.09.2005).

!"In der LogistikDie Logistikkette funktioniert, wenn zum erforderlichen

Zeitpunkt die georderten Waren fertig zur Auslieferung

und in ausreichender Menge am vorgesehenen Platz la-

gern und die Daten verfügbar sind.

RFID soll die gesamte Lieferkette – vom Produktionsort

bis ins Regal – überwachen. Ziel ist es, zu jedem Zeit-

punkt erfassen zu können, in welchem Abschnitt der

Supply Chain (Lieferkette) sich ein Produkt oder eine Pa-

lette gerade befindet. Warenein- und -ausgänge, Nach-

bestellungen aus den Läden, Lieferungen in die Märkte,

der Abgleich von Bestell- und Lieferdaten, das Ausstellen

von Empfangsbestätigungen sowie Wareneingangsbu-

chungen etc., all das lässt sich automatisch kontrollieren

RFID im Einsatz – ein bunter Strauß an Möglichkeiten

Wo auch immer sich die Palette befindet, ist sie erst

einmal geschippt, dann ist sie jederzeit ortbar: Beim

Hersteller oder Lieferanten, im Lkw auf der Piste

oder am Ziel, beim Käufer/Händler im Zwischenla-

ger oder im Supermarkt, im Kaufhaus oder …

Lieferant

RFID-Lesegerät

gechippte Palette

Käufer

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17

und steuern. Zähl-, Such- und Sortierprozesse durch Ar-

beitskräfte entfallen.

In Regalen eingebaute Lesegeräte können automatisch

das Einräumen und die Entnahme von Waren oder die

Überschreitung des Haltbarkeitsdatums von Produkten

erfassen. Leicht verderbliche Waren können rechtzeitig

aus dem Verkauf genommen werden. Damit kann RFID-

Technik einen Beitrag zur Qualitätssicherung und -ver-

besserung leisten. Auch die Out-of-Stock-Rate (Regal-

lücke) lässt sich reduzieren. Im Frischebereich lässt sich

lückenlos die Produkttemperatur verfolgen und somit

der Qualitätsstandard hochhalten. Die Informationen

über die Waren lassen sich wiederum mit den Daten

des Warenwirtschaftssystems abgleichen. Dieses sortiert

automatisch Produkte aus oder fordert neue Waren an.

Neben der Möglichkeit einer eindeutigen Identifizierung

von Produkten und Paletten ist eine lückenlose Rückver-

folgung der Herkunft und des Transportwegs der Wa-

ren möglich. Jede Station entlang der Produktionskette

hinterlegt auf dem Chip die entsprechenden Daten und

Informationen. Dies erleichtert auch die gesetzlich veran-

kerte Rückverfolgbarkeit und evtl. notwendige Rückruf-

aktionen von Lebensmitteln (entsprechend den gesetz-

lichen Vorgaben der EU-Verordnung 178/2002 Artikel

18 und 19, im Gesetz zur Neuordnung des Lebens- und

Futtermittelrechts, im Geräte- und Produktsicherheitsge-

setz und im Produkthaftungsgesetz).

90 Prozent der Food-Lieferanten von „Marks & Spencer“

(M&S), die Kühl- und Trockensortimente in Mehrweg-

Transportbehältern schicken, tauschen bereits heute

RFID-basierte Daten mit dem Händler aus. Der Einsatz

von RFID hat nach Angaben von „M&S“ die Zu-

sammenarbeit mit den Zulieferern, den Überblick über

die Bestände sowie das Rechnungswesen verbessert

und gleichzeitig den Aufwand für Administration und

Suche nach bestellter Ware reduziert.

Die Lieferkette bei „M&S“ beispielsweise kommt fol-

gendermaßen in Gang: Ein Foodlieferant erhält eine Or-

der. Die Kommissionierbehälter werden befüllt und Da-

ten wie Gewicht, Preis und Mindesthaltbarkeitsdatum

als Barcode im IT-System des Lieferanten hinterlegt. Hier

werden auch die Bestellung und die vorgesehene Liefe-

rung miteinander abgeglichen und die RFID-Tags be-

schriftet. Beim Warenausgang rollt die Lieferung an ei-

nem RFID-Lesegerät vorbei. In den Distributionszentren

von „M&S“ werden Ein- und Ausgang der Behälter

ebenfalls per RFID registriert. Damit lassen sich Abwei-

chungen zwischen bestellten, verschickten und geliefer-

ten Warenmengen sofort ermitteln. „M&S“ weiß ge-

nau, welche Waren sich wo befinden, egal ob in einem

Lkw oder bereits in einem Distributionszentrum (vgl. Le-

bensmittelzeitung vom 30.9.2005). Die Warenaus-

gangs- und Eingangskontrolle er-

folgt automatisch, ohne dass Listen

per Hand oder teilautomatisiert ab-

geglichen werden müssen.

Geht es nach dem Willen der Indus-

trie, so soll in Zukunft jede einzelne

Verkaufseinheit gekennzeichnet sein.

Jede Packung kann dann bei ihrem

Lauf durch die Lieferkette verfolgt,

der Bestand der Produkte im Super-

marktregal optimiert und ihr Halt-

barkeitsdatum kontrolliert werden.

RFID in der Logistik ermöglicht einen

hohen Grad an Transparenz über

den Standort und den Verbleib von

Produkten. Zeitnahe und bedarfsge-

naue Bestellungen sind möglich. Es

entstehen fortlaufende Daten, frei

von Abweichungen, zentral erhoben

und verarbeitet.

!"In den GeschäftenNoch stellen Kundinnen und Kunden

ihren Einkauf im Laden selbst zu-

sammen, legen alles auf das Förder-

band, lassen die Preise vom Kassen-

personal durch eine elektronische

Kasse erfassen, bezahlen und packen.

Glaubt man einigen Experten, so

steht dem deutschen Einzelhandel

eine zweite Selbstbedienungswelle –

diesmal an der Kasse – bevor. Dem-

nach werden schon in fünf Jahren

Kundinnen und Kunden weltweit

Artikel im Wert von 1,3 Billionen (!)

Dollar ohne die Hilfe von Kassiererin-

nen und Kassierern erwerben, zehnmal soviel wie der-

zeit. Und dies auch mit alter Technik, der Barcodekenn-

zeichnung an den Waren. Die USA zeigt, wie das geht:

Dort bietet bereits jeder dritte Supermarkt so genannte

Self-Checkout-Kassen an, an denen die Kundinnen und

Per FingerabdruckBei der Bezahlung per Fin-

gerabdruck handelt es sich

um ein System, bei dem die

Kundeninnen/Kunden ohne

Karte, Pin oder Unterschrift

bezahlen. Sie müssen sich

dazu vorher in ihrem Markt

registrieren lassen. Dabei

werden die erforderlichen

Daten und ein Muster des

Fingerabdrucks erhoben

und gespeichert. Bei dem

Fingerabdruck handelt es

sich nicht um ein Bild, son-

dern um die Aufzeichnung

der Position relevanter

Punkte der Fingerlinien, die

mathematisch umgewan-

delt und verschlüsselt ge-

speichert werden. Mit der

Registrierung ermächtigen

die Kundinnen und Kunden

das Geschäft zur Abbu-

chung künftiger Forderun-

gen vom Girokonto. Um die

anfallenden Rechnungen im

Laden zu bezahlen, bestäti-

gen die Kundinnen/Kunden

beim Einkauf die Richtigkeit

des Rechnungsbetrags

durch Auflegen des Fingers

auf einen Scanner.

Page 18: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

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Kunden den Inhalt des Einkaufswagens per Strichcode

und Infrarot-Scanner zu erkennen geben. Bezahlt wird an-

schließend per Kreditkarte oder am nebenstehenden Bar-

geldautomaten. Betrug ist kaum möglich, denn das Kas-

sensystem wiegt die eingescannten Artikel automatisch

und eine Aufsichtsperson überwacht zusätzlich die Kas-

siervorgänge an meist vier parallelen Abrechnungsstellen.

Die amerikanische Baumarktkette „Home Depot“, die

in über 1.000 Märkten knapp 4.200 Self-Scanning-Kassen

aufgestellt hat, will zudem eine gestiegene Kunden-

zufriedenheit festgestellt haben. Fast zehn Prozent der

Kundinnen und Kunden sollen laut Umfrage eines

Marktforschungsunternehmens den Einkauf im Home

Depot gerade wegen der Selbstzahlerkassen gewählt

haben. Der US-Handelskonzern „Supervalu“ vermeldet,

dass sich die Investition in die Self-Checkout-Kassen be-

reits nach zwölf Monaten ausgezahlt habe. Der Lebens-

mittelhändler hatte die elektronischen Kassen in 60 sei-

ner Läden installiert, um gegen den Konkurrenten

„Wal-Mart“ bestehen zu können (vgl. Handelsblatt vom

22.6.2005).

Bemerkenswert ist, dass der Kassiervorgang bei Kundin-

nen/Kunden rund zweieinhalb Mal so lange dauert, als

bei einer/-m routinierten Kassierer/-in. Die beim Kassie-

ren selbst aktiven Kundinnen/Kunden empfinden aber

offensichtlich diese Zeitspanne als kürzer.

Noch nie zuvor waren die Erwartungen des Einzelhan-

dels so groß, die Warteschlangen an den Kassen ohne

steigende Personalkosten beseitigen zu können. Die

Chancen stehen gut: Neue Systeme, die sich stärker an

den Gewohnheiten der europäischen Konsumentinnen

und Konsumenten orientieren, sind neu auf den Markt

gekommen. Rund 70 Prozent aller Kunden benennen

die Warteschlangen vor den Kassen als das schlimmste

Ärgernis im Einzelhandel, berichtet das Euro-Handels-

institut (EHI). „Der Kassengang ist der letzte Eindruck,

den der Kunde von Ihrem Geschäft hat", sagt Michael

Gerling, Geschäftsführer des EHI (vgl. Lebensmittelzei-

tung vom 10. Februar 2006).

Dies sei Grund genug, sich mit seiner Automatisierung

zu beschäftigen. Attraktiv ist zudem, dass bis zu 50 Pro-

zent der Personalkosten des Lebensmittel-Einzelhandels

in die Arbeit an der Kasse fließen (vgl. Lebensmittelzei-

tung vom 10. Februar 2006).

Werden die Strichcodes durch RFID-Funketiketten er-

setzt, lässt sich der zeitliche Aufwand deutlich weiter

reduzieren, weil die Kundinnen und Kunden dann nur

noch mit ihrem Einkaufswagen mit dem kompletten

Einkauf durch die Scannerschleuse fahren und die Wa-

ren vom System registriert werden. Die Zahlung kann

RFID im Einsatz – ein bunter Strauß an Möglichkeiten

Zukunftsszenario: EinkaufenSo könnte ein nicht sehr fernes Szenario aus der Einkaufswelt der Zukunft aussehen: Eine Kundin

nimmt eine Jacke aus einem intelligenten Regal. Ein Plasma-Werbebildschirm macht daraufhin die

Interessentin auf die passende Hose oder den zugehörigen Rock aufmerksam und bietet ihr einen

günstigen Kombipreis an. Bei der Anprobe ermöglichen Funketiketten in der Kleidung, dass die

Kundin außerdem farbliche Varianten des Modells oder passende Accessoires per Bildschirm offe-

riert bekommt. Entscheidet sie sich zum Kauf, so passiert sie eine Schranke, wo nach Einlesen der

RFID-Chips auf den Artikeln direkt die Abbuchung von der Kreditkarte veranlasst wird. Dazu muss

die Kundin die Sachen nicht einmal mehr aus der Tasche nehmen. Mit Verkaufs- oder Kassenperso-

nal kommt die Käuferin nicht in Kontakt. Personal bleibt beim Einkauf weitgehend unsichtbar und

hat vorwiegend Aufsichtsfunktion. Nur falls die Abbuchung nicht reibungslos klappt, kommt eine

Überwachungskraft, die die Ausgangsschleusen per Bildschirm im Blick hat, zu Hilfe.

Das stetige Nachpacken von Ware übernehmen ferngesteuerte technische Einheiten, die an der

Decke entlangfahren. Menschen kontrollieren und ordnen allenfalls die Warenströme, den bargeld-

losen Zahlungsverkehr und verwalten Datenbanken. In einer solchen Datenbank ist dann auch die

Käuferin der Markenkleidung registriert, sie wird künftig automatisch mit entsprechenden Werbe-

botschaften versorgt. Wenn beim Verlassen des Kaufhauses keine Deaktivierung der RFID-Etiketten

erfolgt, ist noch Jahre später verfolgbar, wann die Jacke durch wen wo gekauft wurde und bei wel-

chem Entsorger sie schließlich im Müll landete.

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per Karte, am Bargeldautomaten oder in Zukunft auch

per Fingerabdruck erfolgen. Letzteres setzt lediglich vor-

aus, dass die Kundinnen und Kunden im Geschäft ihren

biometrischen Fingerabdruck hinterlassen.

!"Weitere Einsatzfelder – im AlltagEinsatzfelder von RFID-Systemen gibt es in fast allen Wirt-

schaftsbereichen, viele auch im Handel. Die Palette der

Anwendungsmöglichkeiten steigt zudem kontinuierlich.

Die vielfältig einsetzbare RFID-Technologie wird zur Selbst-

verständlichkeit in vielen Lebenslagen. Einige Anwen-

dungsmöglichkeiten des Chamäleons RFID, sind nach-

stehend skizziert, manche sind bereits realisiert. Als das

momentan favorisierte Anwendungsgebiet der RFID-Tech-

nologie ist wohl das elektronische Kennzeichnungssystem

zu nennen; insbesondere die Kennzeichnung und Identifi-

kation von Objekten (Waren) jeglicher Art.

Erfassen von Personen

Nicht nur Waren, auch Personen lassen sich mit aktiven

RFID-Tags lokalisieren: So beispielsweise Arbeitskräfte auf

einer Bohrinsel, um sie im Falle eines Unfalls schneller fin-

den und retten zu können. Die Tags senden dazu fort-

laufend Signale. Anders als bei einer Zutrittskontrolle

werden die Beschäftigten dann nicht an einzelnen Zu-

trittspunkten registriert, sondern sind – ähnlich wie beim

GPS-Prinzip – fortlaufend auf einem Bildschirm zu orten.

Kombination mit

biometrischen Verfahren

Zutrittskontrollen über den RFID-Chip sind möglich

und lassen sich zudem mit weiteren Authentifizie-

rungsmaßnahmen koppeln, wie zum Beispiel mit zu-

sätzlichen PIN-Eingaben oder mit biometrischen Ver-

fahren wie dem Fingerprint. Diese Technik ist geeig-

net, um herkömmliche Zutritts- und Zeiterfassungs-

systeme zu ersetzen.

Kennzeichnen von Produkten

und Gegenständen

Behältnisse, zum Beispiel mit toxischen Substanzen, las-

sen sich per Chip eindeutig kennzeichnen. Auch bei

medizinischen Produkten wie Medikamenten oder Blut-

konserven ist das möglich. Weitere Informationen las-

sen sich speichern, wie zum Beispiel ein Echtheitszertifi-

kat, das Auskunft über die Qualität des Produktes gibt.

Transponder in Berufsbekleidung (bei Feuerwehrleuten,

Pflegepersonal, Ärzten etc.) ermöglichen eine zeitsparende

automatische Authentifizierung.

Die Kunden haben gelernt, die Ware selbstständig

zu prüfen und abzuwiegen. Geht es nach dem

Willen der Industrie, dann lernen sie jetzt auch

noch das selbständige Bezahlen an der Kasse.

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Sicher vor Kriminellen

Auch in Menschen werden mittlerweile Chips implan-

tiert. Beispielsweise hat die mexikanische Regierung

kriminelle Aktivitäten in einer zentralen Datenbank des

staatlichen Informationszentrums gespeichert. Mit der

Begründung, die dort Beschäftigten und das Zentrum

selbst schützen zu wollen, wurde allen Beschäftigten

ein Chip in den Arm implantiert. Die Regierung erhofft

sich mit der Maßnahme insbesondere im Zugangsbe-

reich mehr Sicherheit.

Neue Formen bargeldlosen Bezahlens

Ein Club in Barcelona bietet eine neue Variante des bar-

geldlosen Bezahlens an. Die Gäste müssen sich dazu ei-

nen Chip in den Oberarm injizieren lassen. Ein Lesege-

rät registriert dann jeden Besuch und die konsumierten

Speisen und Getränke. Angenehmer Nebeneffekt für

die/den Clubbetreiber/-in ist die Bindung der Kundin-

nen/Kunden, denn mit dem RFID-Chip können sie nur

dort bezahlen.

Absehbar ist, dass die Menge der in den Oberarm inji-

zierten Chips begrenzt ist. Offen bleibt die Frage, ob

sich mehrere Chips gegenseitig stören. Auch medizini-

sche Probleme wie Entzündungen beim Einsetzen und

Entfernen sind denkbar.

Sicher in Krankenhäusern

Auch in Krankenhäusern laufen erste Projekte an. Bei-

spielsweise auf Neugeborenenstationen sollen RFID-

Armbänder die Entführung von Babys verhindern. In

psychiatrischen Bereichen schlagen die Armbänder

automatisch Alarm, wenn Patienten unbefugt die Sta-

tion verlassen. Außerdem sollen die auf den Chips be-

findlichen Daten über Medikamente und Therapien eine

schnelle und zielgerichtete Behandlung unterstützen.

Leistung im Sport messen

Bei Sportlern lässt sich über mit RFID-Chips versehene

Fuß- oder Armbänder die Geschwindigkeit sekunden-

genau messen. Läuft beispielsweise die Sportlerin

oder der Sportler an einem Lesegerät vorbei, so er-

fasst es sie/ihn an diesem Punkt und misst die gelau-

fene Zeit.

RFID im Einsatz – ein bunter Strauß an Möglichkeiten

In Zukunft

hält ein Chip

die Tiere aus-

einander und

registriert die

zugeteilte

Futtermenge.

Drückeberger

und Nimmer-

satte fallen

auf.

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Organisation der Abfallentsorgung

Auch für den Bereich der Abfallentsorgung bietet RFID

neue Möglichkeiten. Mit RFID-Chips versehene Abfall-

container ermöglichen eine eindeutige Zuordnung des

Containers zu einem Haushalt oder auch zu einem

Unternehmen. Zudem lassen sich Leergutdaten, wie

zum Beispiel der Zeitpunkt oder die Häufigkeit der

Leerung sowie das Gewicht der zu entsorgenden Ab-

fallmenge leicht feststellen und übermitteln. Die Kosten

der Entsorgung lassen sich damit nicht mehr nur pro

Abfalltonne oder Container, sondern direkt nach Ge-

wicht abrechnen.

Diebstahlsicher

Für den Handel ist es interessant, die RFID-Technik

gleichzeitig als Diebstahlssicherungssystem zu verwen-

den. Mit Tags gesicherte elektronische Geräte wie

Beamer oder Notebooks etc. lassen sich jederzeit orten

und bei Diebstahl finden. Im Logistikbereich ist es zu-

dem möglich, zu jedem Zeitpunkt des Transports fest-

zustellen, auf welchem Lkw sich eine Palette mit einem

konkreten Produkt gerade befindet.

Service an öffentlichen Plätzen

Auch Bibliotheken nutzen die RFID-Technologie. Mit

RFID-Chip ausgestattete Bücher sollen den Ausleihvor-

gang beschleunigen. Zugleich bietet der Chip einen gu-

ten Diebstahlschutz. RFID verändert auch in Kantinen,

beim Skifahren oder in Museen sowie in Schwimm-

bädern den Service. Wartezeiten verringern sich, ma-

nuelle Kontrollen entfallen; gleichzeitig verschwindet

aber auch der persönliche Service. RFID-Chips lassen

sich in Plastikkarten integrieren, auf denen die Identifi-

kationsnummer einer Person gespeichert ist. Das er-

möglicht das personengebundene bargeldlose Zahlen

ebenso wie das automatische Einstellen der Trainings-

geräte auf das Körpergewicht und die Größe einer/ei-

nes Trainierenden oder das automatische Öffnen von

Schleusen.

Tiere identifizieren

Neben der Identifikation von Waren, Behältern und

Menschen, ermöglicht RFID auch die Identifikation von

Tieren. In Nutztiere lassen sich beispielsweise Glastrans-

ponder injizieren, auf denen sich neben Daten zur

Identifizierung auch Informationen über Fütterung und

Medikamentengaben speichern lassen.

Elektronische Wegfahrsperren

Nicht nur die Zutrittskontrolle kann über RFID-Technologie

erfolgen. RFID-Chips, zum Beispiel im Schlüssel, können

als elektronische Wegfahrsperre dienen, so dass ein Wa-

gen nicht ohne den dazugehörigen Schlüssel zu starten

ist.

Möglich ist es auch, mittels eines eingebauten Chips

das Rad eines Einkaufswagens zu blockieren, sobald es

über eine festgelegte Grenze rollt.

Wartungsarbeiten

Klimaanlagen oder Entlüftungsschächte, die regelmäßig

zu warten sind, können RFID-Chips erhalten. Diese do-

kumentieren die regelmäßige Wartung und möglicher-

weise an der Anlage durchgeführte Reparaturen.

Nebenbei ermöglicht das System auch eine lückenlose

Kontrolle der Arbeit des Wartungspersonals.

Intelligente Haushaltsgeräte

Kühlschränke oder Waschmaschinen, die mitdenken,

gibt es bisher nur als Prototypen. Der Kühlschrank

scannt die enthaltenen Produkte und gleicht sie mit ei-

ner zuvor festgelegten Bestandsliste ab. Fällt etwa der

Bestand an Milch unter die festgelegte Stückzahl, dann

registriert der Kühlschrank das und setzt Milch auf die

Einkaufsliste, vergleichbar mit einem Warenwirtschafts-

system. Diese Liste geht dann per Internet an den Ein-

kaufsladen.

Betritt später die Kundin oder der Kunde den Laden

und wird mittels Chipkarte (oder auch mittels eines

implantierten Chips) identifiziert, so lässt sich auf ei-

nem Display der aktuelle Einkaufszettel aufrufen. Da

sich das System Einkaufsverhalten merken kann, kann

die Kundin oder der Kunde auch daran erinnert wer-

den, welche Produkte sie/er üblicherweise noch kauft

und die nicht vermerkt sind. Damit das funktioniert,

müssen alle in dem Kühlschrank befindlichen Lebens-

mittel mit einem RFID-Chip versehen sein. Theoretisch

könnte der Kühlschrank auch gleich eine Warenbe-

stellung initiieren, so dass die/der Kundin/Kunde nicht

einmal mehr den Laden betreten muss. Die Ware

ließe sich dann automatisch zu vorher festgelegten

Zeiten anliefern und per Kontoeinzug oder Kreditkarte

bezahlen. Ähnlich die Idee bei Waschmaschinen: Sie

sollen erkennen, was sich in der Trommel befindet

und dann das entsprechende Waschprogramm vor-

schlagen.

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Tickets zur Fußball-WM 2006

Das Organisationskomitee der Fußball-WM 2006 hat

den Zugang zu den Veranstaltungen in den zwölf deut-

schen WM-Stadien durch Smart Labels mit RFID gesi-

chert. Dazu sind die Tickets mit Chips ausgestattet.

Durch die Verbindung von personalisierten RFID-Labels

und elektronischer Zugangstechnik war sichergestellt,

dass nur berechtigte Personen Zutritt zum Stadion er-

hielten, Ticketfälschungen waren erschwert und der

Schwarzhandel unterbunden.

Gechippter Reisepass

Die ab ersten November 2005 beantragten Reisepässe

enthalten einen integrierten RFID-Chip im oberen Um-

schlagsdeckel, auf welchem neben den bisherigen Pass-

daten auch ein digitales Foto gespeichert ist. In Planung

ist, dass die digitalisierten Merkmale von zwei Fingerab-

drücken dazu kommen sollen. Die Bundesregierung will

nach den jüngsten Plänen nun auch den neuen Perso-

nalausweis mit einem solchen Chip versehen. Um auf

die auf dem Chip gespeicherten Daten zugreifen zu

können, ist ein Schlüssel notwendig, der sich in der ma-

schinenlesbaren Zone (MRZ) des Ausweises befindet. Da

diese Zone nur optisch lesbar ist, ist damit ein direkter

Zugriff auf den Pass erforderlich, der direkt an das Lese-

gerät gehalten oder aufgelegt werden muss. Das Ausle-

sen eines sich in einer Jackentasche befindenden Reise-

passes ist also nicht möglich, da Sichtkontakt vorhan-

den sein muss. Das Konzept ist auch auf andere Aus-

weise anwendbar, zum Beispiel auf Mitarbeiter- oder

Kundenausweise. Hier gilt es zu verhindern, dass unbe-

rechtigte Dritte Kenntnis von den auf den Chips gespei-

cherten personenbezogenen Daten erlangen. Es ist also

darauf zu achten, dass Chips zum Einsatz kommen, die

nur im Zentimeterbereich ausgelesen werden können.

Das hat zwar den Nachteil, dass Beschäftigte oder

Kundinnen/Kunden den Ausweis direkt an das Lesege-

rät halten müssen, bietet aber den Vorteil, dass die Da-

ten weder mit einem Lesegerät aus größerer Entfer-

nung noch aus unmittelbarer Nähe unbemerkt und un-

berechtigt lesbar sind. Außerdem besteht die Option,

Schlüssel und Chip getrennt zu halten, um auf diese

Weise ein unbefugtes Auslesen zu verhindern.

Gesundheits- und Job-Card

2006 wurde die elektronische Gesundheitskarte (eGK)

in einigen Regionen verschiedener Bundesländer probe-

weise eingeführt (vgl. http://www.die-gesundheitskar-

te.de/testphase/testregionen/index.html). Bisher gesche-

hen ist dies in Bochum-Essen (Nordrhein-Westfalen),

Bremen (Bremen), Flensburg (Schleswig-Holstein), Heil-

bronn (Baden-Württemberg), Ingolstadt (Bayern), Löbau-

Zittau (Sachsen), Trier (Rheinland-Pfalz) und Wolfsburg

(Niedersachsen). Die eGK ersetzt die bisherige Kranken-

versichertenkarte. Mit der Einführung der eGK wird das

so genannte elektronische Rezept möglich. Das vom

Arzt verordnete Medikament muss nicht mehr in Papier-

form an den Patienten ausgehändigt werden, sondern

lässt sich direkt auf die eGK schreiben, speichern und in

der Apotheke lesen. Weiterhin soll, vorerst auf freiwilli-

ger Basis, die Karte auch der Bereitstellung medizini-

scher Daten dienen und zum Beispiel Informationen

über eine Notfallversorgung oder eine Arzneimitteldo-

kumentation bereithalten.

Auf dem Regierungsplan steht außerdem die sogenannte

Job-Card, die 38 Millionen Beschäftigte beträfe. Sicher-

heitshalber soll jede/-r Beschäftigte eine Chipkarte mit

einer qualifizierten Signatur erhalten. Die Job-Card soll

den Zugriff auf sämtliche Daten des Beschäftigungsver-

hältnisses ermöglichen, also die Beschäftigungszeiten,

die Höhe des Gehalts und Einkommens sowie die Kün-

digung. Das soll die Verwaltungsabläufe der Arbeitsäm-

ter und Jobcenter beschleunigen, so dass die Bearbei-

tung und Genehmigung von Lohnersatzleistungen

schneller erfolgen kann. Den Firmen bleiben die Kosten

für Arbeitsbescheinigungen etc. erspart. Die Regierung

beziffert das Einsparpotenzial insgesamt auf 500 Millio-

nen Euro pro Jahr. Datenschützer warnen vor der zentra-

len Speicherung dieser sensiblen Daten (weitergehende

Informationen unter www.heise.de/ct/04/13/046/).

RFID im Einsatz – ein bunter Strauß an Möglichkeiten

Unerkannt

wechselt

niemand mehr

eine Grenze.

Der RFID-Chip

im neuen Rei-

sepass regis-

triert automa-

tisch, wer sich

auf Reisen be-

findet.

Page 23: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

23

Im Handel tätige Unternehmer/-innen, Firmenvorstände

und Lieferanten aus der Konsumgüterindustrie erwarten

von der Funktechnik RFID einen Produktivitätsschub und

eine Umwälzung des Handelsalltags. „RFID wird unsere

Branche in den nächsten 10, 15 Jahren verändern",

prognostiziert Zygmunt Mierdorf, Vorstandsmitglied

und IT-Chef der „Metro Group“. Der Metro-Vorstands-

vorsitzende Dr. Hans-Joachim Körber hat klare Rationali-

sierungsziele: Die Funktechnik soll helfen, „effizienter

zu werden und alle versteckten Reserven der Lieferkette

zu erschließen". Ähnliches hat auch der Rewe-Vor-

standssprecher Dr. Achim Egner im Sinn: „Mit RFID

können wir einen Quantensprung bei der Verbesserung

unserer Geschäftsprozesse erreichen“.

In den nächsten zwei, drei Jahren soll der Einsatz von

RFID im Handel die Logistik automatisieren, was Ar-

beitskräfte einspart. Außerdem lassen sich die Bestände

besser überblicken, letztendlich um diese senken zu

können und trotzdem weniger Regallücken zu haben.

Mittelfristig dient RFID der Rationalisierung und Opti-

mierung im Warenverkehr. Längerfristige Ziele sind die

lückenlose Kontrolle jeder einzelnen Ware mittels eines

EPC (vgl. Seite 12).

In der Organisation „EPCglobal Inc.“, die das Modell

und die Standards für den branchenweiten Einsatz von

EPC-RFID entwickelt, sind viele der weltgrößten Han-

delskonzerne und Konsumgüterhersteller vertreten.

Nicht jeder RFID-Einsatz hat etwas mit EPC zu tun –

doch wenn es in der Konsumgüterlogistik und im Han-

del um RFID geht, dann um das Modell des EPC-Netz-

werks und seine Chancen, sich nicht nur in einzelnen

Unternehmen, sondern in der ganzen Branche welt-

weit durchzusetzen. Zur Vision von „EPCglobal Inc.”

gehört der RFID-Tag an jeder Produktpackung, der den

RFID im Handel –die Zukunft hatbereits begonnen

Die RFID-Technologie hat Folgen für den Handel, den Warenverkehr, die Logistik und die in diesen

Bereichen arbeitenden Menschen. Einzelne Handelsunternehmen sind Vorreiter. Die Zukunft hat be-

reits begonnen.

Effizienter,

schneller,

besser …

die Funk-

technik

soll’s mög-

lich machen.

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vollautomatischen Check ohne Kassierer/-in ebenso er-

möglicht wie den Alarm, wenn eine Ware im Regal zur

Neige geht. Mehr dazu später.

!"Pilotversuche im HandelDie ersten Schritte des Handels mit RFID scheinen der-

zeit noch weit entfernt von dem technisch denkbaren

RFID im Handel – die Zukunft hat bereits begonnen

Es ist fünf

nach Zwölf.

Die Zukunft

hat in den

Handelsunter-

nehmen be-

gonnen. Übrig

bleibt die Fra-

ge, wie viele

Arbeitsplätze

damit ver-

schwinden.

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EPC-Einsatz. Jedoch nutzen „Wal-Mart“, „Metro

Group“, „Rewe“, „Otto Versand“, „Marks & Spencer“

u.a. bereits in Pilotversuchen und ersten Roll-outs

(Markteinführungen) RFID, um klassische Scanner in der

Logistik und Warenannahme zu ersetzen.

Der weltweite Handelskonzern „Wal-Mart“ ist der Ein-

zelhändler, der heute mit RFID in den USA am weitesten

ist. Bereits 300 seiner größten Lieferanten schicken ihre

Waren mit Transpondern an Umkartons oder Paletten

an fünf Distributionszentren (DCs) des Handelsgiganten

im Süden der USA. Diese fünf DCs beliefern dann rund

500 Filialen von „Wal-Mart“ und „Sam’s Club“ mit teil-

weise getaggten logistischen Einheiten (Waren). Der

US-Konzern hat angekündigt, die Zahl seiner Stores mit

RFID-Lesegeräten bis Januar 2007 auf 1000 zu verdop-

peln. Bis dahin sollen weitere 300 Hersteller Funk-Tags

an ihren Waren befestigen. Die bisher bei „Wal-Mart“

im Vergleich zu Nord- und Westeuropa rückständige Lo-

gistik erklärt das Tempo: US-Händler lassen überwie-

gend einzelne Kartons mit Ware per Hand in die Lkws

tragen, während in Europa üblicherweise ganze Palet-

ten mit Strichcode verladen werden.

!"Vorreiter Metro und ReweDie „Metro Group“ (Metro C+C, Real, Extra, Kaufhof,

Media-Saturn) ist RFID-Vorreiter in Europa. Heute nutzt

Metro RFID-Lesegeräte in neun Lagern und 13 Märkten.

Noch vor Ende 2006 sollen es über 200 Lokationen

(Standorte) sein. Ebenfalls bis Ende des Jahres will „Metro

Group“ mit RFID-Tags an Kartons (Handelseinheiten/Ge-

binden) starten. Zusätzliche Funketiketten auf den Um-

kartons jeder einzelnen Ware ermöglichen es, nachzu-

vollziehen ob gelieferte Ware noch in einem Lagerraum

liegt oder bereits zum Einräumen auf die Verkaufsfläche

geschafft wurde. Auf Basis der bereits getaggten Palet-

ten rechnet die Düsseldorfer „Metro Group” damit,

mittels RFID die Kosten im Wareneingang um bis zu 17

Prozent zu senken, den Warenschwund um bis zu 18

Prozent zu verringern und die Regallücken (Out-of-

Stocks) je nach Sortiment um 9 bis 14 Prozent zu redu-

zieren. Nach Metro-Angaben ist die Zeit, um eine Palette

am Wareneingang der Lager anzunehmen und an den

vorgesehenen Lagerplatz zu befördern, von bisher 90

auf nur noch 70 Sekunden gesunken. Beim Abgleich ei-

ner ganzen Lkw-Ladung sinke der Zeitaufwand der La-

gerarbeiter/-innen von 15 auf drei Minuten. Praktisch

bedeutet dies, dass ein Handelsunternehmen, das vor-

her fünf Lagerarbeiter/-innen benötigte, nun mit einer

Kraft auskommt. (Diese, in einer Studie im Auftrag der

„Metro Group“ ermittelten Werte, wurden im Rahmen

der Metro-Lieferanten-Konferenz am 9. Juni 2005 in

Köln mitgeteilt.)

Ein weiteres deutsches Handelsunternehmen, die

„Rewe Group“, erhält seit März 2006 von ihren Liefe-

ranten Paletten mit RFID-Tags. Min-

destens 30 Hersteller sind an diesem

„Pilot-Roll-out“ im Rewe-Lager

Norderstedt bei Hamburg beteiligt.

Auf Basis der Ergebnisse will der

Kölner Konzern nach Angaben sei-

nes RFID-Projektleiters Jörg Sand-

löhken dann im Sommer „weitere

Schritte planen“. „Rewe Group“ ist

bereits seit längerem dabei, ihre In-

formationstechnologie (IT) so einzu-

richten, dass die logistischen Prozes-

se zunehmend automatisch ablau-

fen.

„Rewe Group“ nennt dies Ereignis-

steuerung und meint damit, dass

Geräte automatisch reagieren, wenn

ein bestimmter Prozessschritt abge-

schlossen ist oder auch genau dann,

wenn er nicht der Planung ent-

spricht. So kann das RFID-Funksignal

im Wareneingang selbstständig den

Prozess der Warenannahme und Ein-

lagerung anstoßen, also zum Bei-

spiel den Staplerfahrer alarmieren.

Oder das RFID erkennt zu bestellen-

de Ware und verschickt automatisch

eine E-Mail an den Lieferanten. Er-

eignissteuerung ist zwar auch mit

anderen Mess- und Regeltechniken möglich, RFID er-

gänzt die automatische Protokollierung der Warenbe-

wegungen jedoch besonders effektiv.

!"Jedes Stück ist markiertUm die RFID-EPC-Daten sowohl bei „Metro Group“ als

auch bei „Rewe Group“ sinnvoll nutzen zu können,

müssen die Hersteller den Inhalt jeder Lieferung per EDI

angekündigt haben.

EDIEDI steht für Electronic

Data Interchange und ist

der Überbegriff für Indus-

triestandards zum elektro-

nischen Austausch von Ge-

schäftsdokumenten. Zwi-

schen EDI und RFID lassen

sich zahlreiche Parallelen

feststellen, beide Technolo-

gien erleichtern das Auf-

tragsmanagement. Wäh-

rend EDI-Dokumente die

Basis für die Erteilung von

Aufträgen sind, gibt RFID

Einblick in die Dynamik der

Lieferprozesse und ermög-

licht es, die Effizienz des

Vertriebs zu untersuchen.

RFID ist dem EDI, dessen

Technologie auch bereits

ein hohes Datenaustausch-

volumen vorweist, jedoch

aufgrund der Echtzeitüber-

tragung im Vorteil.

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„Metro Group“, „Rewe Group“ und „Wal-Mart“ so-

wie eine unbekannte Anzahl weiterer amerikanischer

Handelsunternehmen nutzen bereits UHF-Funkchips

(Ultrahochfrequenz zwischen 860 und 960 MHz) nach

den Standards von „EPCglobal Inc.“ Im Handelsalltag

bietet RFID weitere Möglichkeiten: Bereits verwirklicht

ist die Kontrolle hochwertiger Ware (etwa Digitalka-

meras und Handys) auf ihrem Weg durch das Kommis-

sionierzentrum des „Otto-Versands“ in Hamburg und

die Steuerung des Umlaufs von 4,5 Millionen Mehr-

weg-Transportverpackungen für Lebensmittel per

Transponder durch den britischen Händler „Marks &

Spencer“. In beiden Fällen handelt es sich zwar um

RFID-Systeme abseits der EPC-Standards – die Unter-

nehmen haben aber erklärt, dass sie bei künftigen

Projekten vermutlich auch auf EPC setzen werden.

„Marks & Spencer“ etwa testet bereits EPC-Tags an

Textilien.

Praktisch alle wichtigen Personen im Handel und in der

Konsumgüterindustrie bevorzugen den EPC-Standard

der Organisation „EPCglobal Inc.“ Das hat zwei wichti-

ge Gründe: Zum einen lassen sich die Kosten für den

unternehmensübergreifenden Einsatz entlang der Lie-

ferkette nur begrenzen, wenn alle Beteiligten die glei-

che Technik einsetzen. Zum anderen aber locken die

mittel- und langfristigen Aussichten des EPC. Die wich-

tigste Veränderung der Branche ist durch den RFID-Tag

auf jeder einzelnen Verpackung und auf jedem Produkt

zu erwarten. Das ist die Chance für „EPCglobal Inc.“,

da die digitale Struktur des EPC genug Nummern er-

möglicht, um jeder Packung einen eigenen Code zu ge-

ben. Während der EAN-Barcode nur eine Nummer für

jeden Artikel-Typ zulässt, ermöglicht der 96 Bit große

digitale EPC zusätzlich das Durchnummerieren jeder

einzelnen Verkaufseinheit, also jeder einzelnen Packung

Milch oder Kaffee etc.

Durch EPC sowie die RFID-Funkübertragung sollen in 10

bis 15 Jahren Einkäufe ohne Personal an den Kassen

möglich und dann auch üblich sein. Auf Werbespots

von „IBM“ und „Metro Group“ ist das automatische

Bezahlen bereits Thema: Die/Der Kundin/Kunde schiebt

den Einkaufswagen am RFID-Lesegerät vorbei, dieses

erfasst alle Waren automatisch und bucht den Betrag

vom Konto ab. Das ergänzende EPC-System schlägt

RFID im Handel – die Zukunft hat bereits begonnen

Die Letzte

ihrer Art:

Verkäuferin-

nen wie diese

wird es in

Zukunft wahr-

scheinlich

nicht mehr

geben.

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Alarm bei Diebstahl, sorgt für stets frische Produkte in

Kühltruhe und Regal, und es gibt einen Echtzeit-Über-

blick über die Bestände in Lagern, Filial-Regalen und

die komplette Lieferkette von der Fabrik bis in den

kleinsten Laden. Die automatisierte Funk-Erfassung von

Warentransporten und Beständen ermöglicht es, festge-

legte Mengen an Waren weder zu über- noch zu unter-

schreiten, Abweichungen zu melden und entsprechend

umzusteuern.

!"(Fast) alles im GriffEin Ziel beim Einsatz von RFID ist die kostensparende

Automatisierung der bisher von Menschen ausgeübten

Arbeit, mit der Folge, dass Arbeitsplätze verschwinden.

Außerdem geht es darum, die Bestände in den Lagern

zu senken und dadurch die Menge des gebundenen

Kapitals zu verringern. Ferner lässt sich die Überschrei-

tung des Haltbarkeitsdatums automatisch kontrollieren,

was Kosten bei den abzuschreibenden Warenbeständen

reduziert.

Hersteller, vor allem von Markenprodukten und von

Arzneimitteln, sehen die Chance, mittels EPC-Tags an

ihren Produkten Fälschungen und Graumarktimporte zu

verhindern. Gleichzeitig soll der EPC direkt an der Ware

einen bisher fraglichen Zusatznutzen für die Kunden

bringen: Der Mikrowellenherd soll automatisch die

Ware (im Karton) erkennen und entsprechend erhitzen,

die Waschmaschine registriert, was sie wäscht, der

Kühlschrank bestellt eigenmächtig, bei der Beschaffung

von Ersatzteilen gibt es keine Verwechslungen mehr.

Der nunmehr gläserne Kunde könnte aber auch unge-

fragt Ergänzungsprodukte angeboten bekommen. In

den Geschäften könnte darüber hinaus eine in die

Hand genommene Ware bereits durch die Bewegung

der RFID-Tags einen Werbespot initiieren und dadurch

zum Kauf dieses oder weiterer Produkte (Cross-Selling)

verführen.

Bei diesen Aussichten verwundert das Interesse der

Konsumgüterindustrie an der Organisation „EPCglobal

Inc.“ nicht. Bereits darin vertreten sind: „Wal-Mart“,

„Metro Group“, „Rewe Group“, „Carrefour“, „Tesco“,

„Ahold“, „Home Depot“ und „Best Buy“, ebenso wie

„Procter & Gamble“, „Unilever“, „Nestlé“, „Johnson &

Johnson“ und „Kraft Foods“. Dazu kommen zahlreiche

Technologie-Dienstleister, das US-Militär (ein Grün-

dungsmitglied von „EPCglobal Inc.“) und seit kurzem

auch große Pharma- und Logistikunternehmen. Als

Tochterfirma der Standardisierungsorganisation „GS1“

ist „EPCglobal Inc.“ darüber hinaus umfassend in die

Strukturen der Konsumgüterbranche integriert.

Noch stehen „EPCglobal Inc.“ und die dort vertretenen

Unternehmen am Anfang der gesetzten Ziele und der

damit verbundenen Aufgaben. Für die unterschied-

lichen Einsatz-Szenarien müssen Funk-Standards defi-

niert werden. Dazu kommen weitere Elemente des bis-

her nur als Grobkonzept vorhandenen „EPC-Netz-

werks“. Das EPC-Grundmodell sieht lediglich vor, dass

relativ primitive und deshalb nur ei-

nige Cent teure RFID-Tags einzig die

digitale Nummer des EPC speichern.

Alle Daten zu diesem Produkt müs-

sen in Datenbanken gespeichert und

dann von den Beteiligten der Liefer-

kette per Internet abgerufen und

fortgeschrieben werden. Für dieses

EPC-Netzwerk werden Middleware,

Information Services (EPCIS) und Dis-

covery Services benötigt, damit die

Computer der beteiligten Unterneh-

men automatisch miteinander

kommunizieren können. All das

muss noch im Detail standardisiert,

teilweise erst noch entwickelt werden.

Dazu kommt eine physikalische Hür-

de: Abhängig von der Frequenz wer-

den elektromagnetische Wellen im

UHF- und HF-Bereich von Flüssigkei-

ten und Metallen abgeschirmt oder

verändert. Angesichts dieser noch

ungelösten Forschungs- und Ent-

wicklungsaufgaben kann heute nie-

mand mit Sicherheit sagen, ob sich

alle Erwartungen der Firmen an RFID

und das EPC-Modell erfüllen lassen.

MiddlewareDie Middleware ist eine

Software und schließt den

Informationskreis zwischen

der Datenerfassung von La-

ger- und Transportbestän-

den mit den IT-Systemen in

Unternehmen.

EPCIS – (EPC-)Infor-mation ServicesOrt, an dem sich Informa-

tionen über ein Produkt be-

finden. Ein EPCIS (EPC-IS) ist

bei allen Handelspartnern

verfügbar. Der EPC Discovery

Service speichert die Adres-

sen der EPC-IS Server, auf

denen Produktinformatio-

nen abgelegt sind. Dadurch

ist eine Warenrückverfol-

gung möglich.

Taugt nur

noch fürs

Museum.

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Das Implantieren eines RFID-Chips allein zur

Bezahlung in einer einzigen Bar, halten wohl

die meisten für unakzeptabel und die angepriese-

ne bequeme Zahlweise per Rechnung, die nach Hause

kommt, ist fadenscheinig, angesichts der bereits vor-

handenen Möglichkeiten per Kreditkarte zu bezahlen.

Egal wie modern der Chip im Oberarm ist, er ist zudem

ein Fremdkörper, der per Injektion unter die Haut ge-

spritzt wird. Wem könnte der Chip also dienen?

Der/dem Clubbetreiber/-in zur Kundenbindung und als

Sicherheit für die Bezahlung, da ihr/ihm die/der Kun-

din/Kunde nicht nur namentlich, sondern auch mit

Adresse bekannt ist. Bei näherem Betrachten erweist

sich die Idee mit dem Chip im Arm eher als Flop. Je

mehr Chips im Oberarm, desto wahrscheinlicher ist zu-

dem, dass diese sich untereinander beim Lese-/Schreib-

vorgang stören. Offen ist, wie die/der Kundin/Kunde

kontrollieren kann, ob das auf den Chip gebuchte Ge-

tränk auch wirklich von ihr/ihm konsumiert wurde.

Andere RFID-Anwendungen scheinen auf den ersten

Blick nützlich. Sie sparen Kosten, Zeit und Arbeitskräfte,

indem sie Handelswege, Kassiervorgänge, logistische

Schritte und Bestellungen etc. automatisieren. Doch

gibt es auch hier eine Kehrseite der Medaille, wenn Ar-

beitsplätze verschwinden und menschliche Serviceleis-

tungen einem Automaten weichen.

Ob RFID-Anwendungen nützlich, sinnlos oder gefährlich sind, hängt vom Blickwinkel der/des je-

weiligen Betrachterin/Betrachters ab. Was für die einen ein harmloser Spaß ist, das bedeutet für

die anderen gesundheitliche Nebenwirkungen. Und wo auf der einen Seite

Arbeit rationalisiert wird, fallen auf der anderen Seite Arbeitsplätze weg.

Chancen und Risiken –

die Geister,

die wir riefen

Mit Chip

im Arm

in die

Disco.

Spaßig

oder

riskant?

!

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"#Rationalisierung – der Ast, auf dem"#wir sitzen …Die Folgen der RFID-Technik für die Arbeitsplätze im

Handel und die Einsparungsmargen werden unter-

schiedlich eingeschätzt. Personalabbau hängt von ver-

schiedenen Faktoren ab. Wird jedes einzelne Produkt

getaggt und übernehmen die Kundinnen/Kunden das

Kassieren selbst, indem sie einen Tunnelscanner passie-

ren, so ist Kassenpersonal überflüssig. Eine Aufsichts-

person bleibt, mehrere Kassierer/-innen gehen.

Nur in den Geschäften, in denen die persönliche Bedie-

nung und Beratung der Kunden noch wesentlicher Be-

standteil der Verkaufsphilosophie ist, vermag RFID vor-

erst wenig zu verändern.

Glaubt man dem Metro-Vorstand Zygmunt Mierdorf,

dann ist in 15 Jahren alles, vom Lieferanten bis zur/zum

Kundin/Kunden automatisiert. Mit den Automatisierun-

gen gehen viele Arbeitsplätze verloren. Selbst wenn die

erzielten Rationalisierungseffekte teilweise dazu dienen,

dort mehr Personal zu beschäftigen, wo es der Wert-

schöpfung und der Ankurbelung des Verkaufs dient.

Selbst Mierdorf sieht das so und führt als Beispiel die

Kundenberatung an (vgl. Wirtschaftswoche vom

13.01.2005, Seite 46).

Im „Metro Future Store“ in Rheinberg, einem umge-

bauten Verbrauchermarkt der „Metro-Group“, werden

seit März 2003 in einer nach Firmenauskunft weltweit

einmaligen Zukunftswerkstatt zusammen mit Partnern

aus Handel, IT-, Dienstleistungs- und Konsumgüter-

industrie Technologien getestet, die das Einkaufen für

Kunden einfacher und bequemer machen sollen (vgl.

Erfolgreich in die Zukunft des Handels starten, Willkom-

men im Future Store, Metro Group, 2004). Die Zukunft

des Handels hat in diesem Markt bereits begonnen: Mit

Selbstzahlerkasse, Info-Terminals, die Rezeptvorschläge

liefern, intelligenten Waagen, die Äpfel von Birnen

unterscheiden können, einem Einkaufberater als Com-

puter am Einkaufswagen, der Produktinformationen

und Preise anzeigt, elektronischen Werbedisplays und

Preisschildern und selbstverständlich mit RFID-Anwen-

dungen. Auffällig: Trotz des Technikeinsatzes haben die

verschiedenen Frische-Theken eine Personalausstattung,

die über der üblichen für solche Märkte liegt. In einer

Diskussion mit den Verantwortlichen ließ sich erfahren,

dass neue Technologien von Kundinnen/Kunden nur

dann angenommen würden, wenn der Markt hell und

freundlich gestaltet und auch sonst für die Kun-

dinnen/Kunden attraktiv ist. Das Konzept scheint aufzu-

gehen: Umsatz und Anzahl der Kundinnen/Kunden sind

deutlich gestiegen; die Kundinnen/Kunden bescheinigen

eine hohe Zufriedenheit mit dem Markt; und 80 Pro-

zent der Kundinnen/Kunden gaben nach einem Jahr an,

mindestens einmal eine innovative Technologie genutzt

zu haben. Der Wermutstropfen liegt in den Erfahrungen

und Erkenntnissen, wie sich die Branche insgesamt ent-

wickelt und ob sich solche Einzelhandelskonzepte dauer-

haft durchsetzen können. Wenn aus Kostengründen

Billig-Konzepte Priorität haben und interessante Kombi-

nationen von technischer und menschlicher Dienstleis-

tung auf dem Prüfstand stehen, dann wird erfahrungs-

gemäß das Personal durch die Technik ersetzt.

"#Für die Wirtschaft wird alles besserDer Handel forciert die Einführung der RFID-Technik, um

einerseits Zeit und Kosten einzusparen und um anderer-

seits die Service- und Kundenorientierung zu erhöhen.

Die Konkurrenz auf dem Markt ist groß und im globalen

Wettstreit ist jede Einsparungsmöglichkeit willkommen,

um im Rennen zu bleiben. Daher drängt sich die Frage

auf, ob die Interessen der Arbeitnehmer/-innen und der

Verbraucher/-innen auf der Strecke bleiben.

Ein Zitat von Kurt Tucholsky lautet: >> Wenn eine Firma für

ihre Waren Reklame macht, sollte man sie immer fragen: „Be-

zahlt Ihr eure Angestellten so, dass sie sich eure Waren kaufen

können?" Und wenn sie dann antwortet: „Für unsre Angestell-

ten sind unsre Fabrikate nicht bestimmt", so sage man ihr: „An-

dre Firmen bezahlen ihre Angestellten auch nicht besser, son-

dern genauso schlecht. Und so viele reiche Chefs gibt es nicht.

Und was Ihr treibt, ist Selbstmord: Ihr ruiniert Eure eigne Kund-

schaft. Ihr seid Fabrikanten für das Nichts. Wer hat bloß den

Kaufleuten den Handel anvertraut! Das ist ein Jammer.“ <<

Hätte Kurt Tucholsky RFID gekannt – wie hätte er sich dann

über die Kaufleute geäußert? Dann hätte das Zitat vielleicht ge-

lautet: >> Wenn eine Firma für ihre Waren Reklame macht, soll-

te man sie immer fragen: „Habt Ihr noch Angestellte, die sich

eure Waren kaufen können?" Und wenn sie dann antwortet:

„Wir haben keine Angestellten mehr", so sage man ihr: „Andre

Firmen haben auch keine Angestellten mehr. Und so viele rei-

che Chefs gibt es nicht. Und was Ihr treibt, ist Selbstmord: Ihr

ruiniert Eure eigne Kundschaft. Ihr seid Fabrikanten für das

Nichts. Wer hat bloß den Kaufleuten den Handel anvertraut!

Das ist ein Jammer.“ <<

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Die Vorteile, besonders im logistischen Bereich, sind für

die Unternehmen nicht von der Hand zu weisen. RFID

wird als Problemlöser eingesetzt, um einen besseren

Überblick über aktuelle Warenbestände zu haben, in-

dem alle Warenbewegungen direkt verfolgt werden.

Aber auch das Tempo, die Transparenz und die bessere

Zusammenarbeit in der Logistikkette sind unternehmer-

seitig oft genannte Vorteile.

Die Warenlagerung kann zu einem großen Teil auf die

Straße oder auf die Zulieferer verlegt werden. Die Laden-

betreiber/-innen können die Waren zeitgerecht beim

Zulieferer bestellen. Wegezeiten in den Lagern und der

Flächenbedarf reduzieren sich.

Logistische Probleme, die zu Lücken in den Regalen

führen, sollen der Vergangenheit angehören. Der Be-

stand ist jederzeit überschaubar und die Bestellungen

sind zeitgerecht planbar. Mit RFID-Technik ist der mo-

mentane Standort eines jeden Produkts, einer jeden Pa-

lette genau lokalisierbar und das Eintreffen von Waren

ist voraussehbar. Die Übersicht über Trendwaren, Laden-

hüter oder Waren mit drohendem Verfallsdatum ist ein-

facher. Warenkontrollen und Nachbestellungen über-

nimmt das intelligente Regal.

Routinearbeiten wie Wareneingangs- und Lieferschein-

kontrolle laufen künftig ebenfalls vollautomatisch ab.

Die Transparenz, die derzeit erst bei Umverpackungen

und Paletten möglich ist, wird sich durch das Taggen

der einzelnen Produkte ausweiten. Am Ende kassiert

sich die Ware selbst ab und statt der Kassierer/-innen

genügt ein Minimum an Aufsichtspersonal. Terminals

ersetzen den Rat der Verkäufer/-innen und machen ihre

Arbeit laut Vorstellung einiger Arbeitgeber sogar besser.

Doch gilt zu Bedenken, die/der Ladenbetreiber/in hat

kein Interesse an einer/einem Kundin/Kunden, die/der

jahrelang mit dem Kauf eines Kleides/Anzugs zufrieden

ist, sondern die/der bald schon wieder mehr einkauft.

RFID soll in den Unternehmen Zeit und Geld sparen und

die Position gegenüber der Konkurrenz stärken. Heute

ist RFID zwar anfangs meist noch nicht kostendeckend,

aber eine aussichtsreiche Investition in die Zukunft.

"#Die Medaille hat zwei SeitenDie Vorstellung ist verlockend, dass die Waschmaschine,

wenn der teure und RFID-etikettierte Kaschmirpullover

in der Waschmaschine verschwindet, Meldung macht,

dass es nun ganz und gar ungeschickt wäre, dieses

gute Stück zu kochen.

Auch viele Tierbesitzer haben ihr Haustier gechippt, in

der Hoffnung, dass böse Hunde- und Katzenschänder

von der Malträtierung ihres Lieblings absehen und dass

es – lebendig oder tot – eindeutig nach einem Ver-

schwinden identifiziert werden kann.

Sicherheitstechnisch interessant dürften die Reifen sein,

die im Kraftfahrzeug darauf hinweisen, dass der Luft-

druck hinten links abfällt. Ein Auto, das in der Lage ist,

mit den Reifen zu kommunizieren, ist verlockend.

Die RFID-etikettierten WM-Fussballkarten haben zwar

im Vorfeld für viel Ärger gesorgt, allerdings mehr

wegen des Vergabeverfahrens als wegen der Chips. Zu

Recht haben aber auch manche gefragt, weshalb diese

vielen persönlichen Angaben gemacht werden müssen,

um ein Fußballspiel sehen zu können.

Auch die elektronische Gesundheitskarte hat Vor- und

Nachteile. Ein Vorzug besteht sicherlich darin, dass der

Apotheker erkennen kann, welche Medikamente der

Kunde vor kurzem gekauft hat. Mit diesem Wissen

kann er eventuelle Unverträglichkeiten vermeiden. Kriti-

ker fürchten jedoch, dass die Karte zu viele höchstper-

sönliche Gesundheitsdaten enthält; sie sehen dadurch

das Persönlichkeitsrecht auf Datenschutz in Gefahr.

Die einen finden es äußerst praktisch, mit dem einge-

spritzten Chip im Oberarm in der Disco zu bezahlen, für

die anderen ist die Vorstellung uferloser Kontrolle uner-

träglich.

Die Einstellung der Verbraucher/-innen zur RFID-Technik

wird immer damit in Zusammenhang stehen, welche er-

warteten Vor- oder auch Nachteile die jeweilige konkre-

te Anwendung für die Einzelnen mit sich bringt. Ver-

braucher/-innen stellen keine Langzeitüberlegungen an,

sondern entscheiden kurzfristig aus dem Bauch. Ist die

Schlange an der Kasse, die mit Personal besetzt ist, lang

und die/der Kundin/Kunde in Eile, so wird die Wahl

eher auf die kürzere Schlange am Tunnelscanner fallen.

Die meisten Kundinnen/Kunden würden vermutlich

nicht wollen, dass ihr Einkaufsverhalten bis ins letzte

Detail nachvollziehbar bleibt – sie fänden es wahr-

scheinlich trotzdem praktisch, beim Einkauf im volltech-

nisierten Supermarkt darauf hingewiesen zu werden,

dass bislang einige der üblicherweise gekauften Lebens-

mittel noch nicht im vollelektronischen Einkaufswagen

liegen und welche dieses sind.

Letztlich laufen Kundinnen/Kunden Gefahr, dass ihr ge-

samtes Kaufverhalten ausspioniert wird. Einmal vorge-

stellt, der intelligente Kühlschrank sei serienreif und

funkt den Einkaufszettel vorab schon mal in den Super-

Chancen und Risiken – die Geister, die wir riefen

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markt. Die Unternehmen können sich dann gezielt auf

die/den Kundin/Kunden vorbereiten. Bereits durch das

digitale Abkassieren lässt sich nicht nur das Kaufverhal-

ten, sondern auch das Kaufpotenzial der Verbraucher/-

innen analysieren. Die Animation zum Kauf erfolgt

dann gezielt auf die/den Kundin/Kunden zugeschnitten.

Vielschichtig dürften die Reaktionen der Kundin-

nen/Kunden sein, wenn sie ihre Einkäufe in einem fast

personalfreien Geschäft zu tätigen hätten. Solange die

Info-Terminals alle Angaben liefern, die für einen Einkauf

erforderlich sind, ist der Unterschied kaum bemerkbar,

aber jeder brauchte schon mal weitergehende Hilfe

durch eine/-n Verkäufer/-in.

Kundinnen/Kunden wollen auch wissen, welche Infor-

mationen über sie wo gespeichert sind. Der Streit über

das Löschen der Informationen auf dem RFID-Chip nach

dem Bezahlen der Ware tobte bereits, als die meisten

Verbraucher/-innen noch nicht einmal etwas von der

Speicherung ahnten. Erst die Interventionen der Ver-

braucherschützer/-innen setzten durch, dass die Informa-

tionen nach dem Bezahlen zu löschen sind. Andernfalls

wäre es möglich gewesen, auf unbestimmte Zeit auszu-

lesen, wann der Kaufgegenstand zu welchem Preis etc.

erworben wurde. Wichtig ist es, die Verbraucher/-innen

über den Einsatz von RFID zu informieren. Welche Da-

ten werden zu welchem Zweck gespeichert, werden die

Letztendlich laufen

Kundinnen/Kunden Gefahr,

dass ihr gesamtes Kaufverhalten

ausspioniert wird.

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Daten weiter gegeben und wenn ja, an wen? Wie lan-

ge werden sie aufbewahrt und welche Verknüpfungen

der Daten mit ggf. weiteren Daten der Kundinnen/Kun-

den werden vorgenommen. Welche werbestrategischen

Maßnahmen werden aufgrund des Datenmaterials ein-

geleitet?

RFID und weitere Selbstbedienungstechniken mögen

aus der Sicht mancher Verbraucher/-innen ein Teil einer

schönen neuen Welt sein. Es gab aber auch eine Zeit,

da beriet und bediente uns ein/-e Verkäufer/-in an der

Käsetheke, da verkaufte uns jemand am Schalter eine

Fahrkarte und den Dauerauftrag mit der persönlichen

Unterschrift nahm am Bankschalter ein/-e Angestellte/-r

entgegen. Heute wählen wir fertig abgepackten Käse

aus der Kühltruhe, schlagen uns mit Fahrkartenauto-

maten herum und erledigen Bankgeschäfte online zu

Hause. Solche Veränderungen bleiben nicht folgenlos

für die Gesellschaft und es stellt sich die Frage: Wohin

mag dies alles führen – und wollen wir das wirklich?

(Vgl. G.G. Voß, K. Rieder: Der arbeitende Kunde. Wenn

Konsumenten zu unbezahlten Mitarbeitern werden,

2005 Frankfurt/Main). Im Handel führen diese Trends

dazu, dass der beratungsintensive Einzelhandel, wie

zum Beispiel Warenhäuser in den Innenstädten oder

kleine Fach-Einzelhandelsgeschäfte Marktanteile verlie-

ren, die Beschäftigung bei gleichzeitigem Verlust der

Servicequalität rückläufig ist und dass letztendlich diese

Unternehmen schließen. Gewinner des Verdrängungs-

und Preiswettbewerbs sind die großen Discount-Unter-

nehmen an der Peripherie der Städte.

"#Bei bester GesundheitAuch über die Frage der gesundheitlichen Belastun-

gen/Gefahren herrscht Uneinigkeit. Auffällig ist, dass es

einerseits offiziell heißt, alles sei harmlos, sich aber an-

dererseits bestimmte Personengruppen schützen sollen.

Die Diskussion über mögliche gesundheitliche Folgen ist

nicht neu; sie entstand erstmals vor mehr als 50 Jahren,

als Radiogeräte flächendeckende Verbreitung erlangten.

Weitere Technologien, die ebenfalls elektromagnetische

Wellen erzeugen, kamen hinzu: Mobiltelefone (Handys),

Träger/-innen

von Herz-

schrittma-

chern, Infu-

sionspumpen

oder metalli-

schen Implan-

taten etc. sol-

len sich bei

der behan-

delnden Ärz-

tin oder beim

behandelnden

Arzt darüber

informieren,

ob bei ihrem

Gerät eine Be-

einflussung

durch Waren-

sicherungsan-

lagen möglich

ist.

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schnurlose Telefone, drahtlose Nahbereichsfunknetze

(Wireless Local Area Network – WLAN), elektronische

Warensicherheitssysteme. RFID-Systeme nach dem Stan-

dard von „EPCGlobal“ funken an die Schreib-/Lesegerä-

te im selben Frequenzbereich wie Mobiltelefone; die in

Europa maximal erlaubte Sendeleistung liegt für beide

Systeme bei zwei Watt. Aufgrund dieser Parallelen er-

scheint eine Übertragung der Untersuchungsergebnisse

des Mobilfunks auf die RFID-Technologie zulässig.

Die meisten Studien kommen zu dem Ergebnis, dass

keine Gesundheitsschädigungen zu befürchten seien,

da geltende Grenzwerte eingehalten würden. Grenz-

werte sind jedoch keine fixe Größe; sie beruhen auf Er-

fahrungen, Messwerten, Schätzungen etc. und sind ab-

hängig von Rahmenbedingungen. Die hierzulande gel-

tenden Grenzwerte sind weder am Schwächsten (Kin-

der, alte Menschen und Menschen mit Herzschrittma-

chern) noch an der maximal möglichen Belastung durch

dauerhaftes Ausstrahlen elektromagnetischer Wellen

ausgerichtet (weitere Informationen unter www.elektro-

smog.com). Die gesundheitlichen Folgen eines Wellen-

salats mit gleichzeitig auf den Menschen treffenden

unterschiedlichen Wellenquellen sind in den Grenzwer-

ten ebenfalls nicht berücksichtigt.

Schlafforscher der Universität Zürich haben nachgewie-

sen, dass sich die Hirnströme schlafender Menschen

durch Handys verändern. Ob daraus weitere Folgen für

die Gesundheit resultieren können, ist derzeit noch un-

klar (vgl. Lorenz Hilty u.a.: Das Vorsorgeprinzip in der

Informationsgesellschaft, Auswirkungen des Pervasive

Computing auf Gesundheit und Umwelt, S. 165, Bern

2003. Unser Alltag im Netz der schlauen Gegenstände

TA 46A/2003). Menschen mit Herzschrittmachern, Insu-

linpumpen und anderen elektrisch betriebenen Implan-

taten sollen nach derzeitigem Erkenntnisstand mindes-

tens 25 Zentimeter Abstand zu Mobiltelefonen halten.

Wer ein Hörgerät trägt, muss in der Nähe von schnurlo-

sen Telefonen (bis 30 cm Abstand) und Handys (bis 70

cm Abstand) mit Brummgeräuschen rechnen. Beschäf-

tigten mit elektrisch betriebenen Implantaten ist daher

dringend anzuraten, sich nicht in der unmittelbaren

Nähe der Sende- und Empfangsgeräte für RFID-Chips

aufzuhalten (vgl. Presseerklärung von GS1 und AIM

Deutschland vom 3.4.2006). Die Erkenntnisse des

Bundesamts für Strahlenschutz bestätigen einen laxen

Umgang mit der neuen Technik: Messungen in Kauf-

häusern, im Bereich von Warensicherungsanlagen mit

RFID-Technik (dort eingeführt zum Schutz vor Dieb-

stahl), ergaben im Bereich niederfrequenter Felder und

im Kurzwellenbereich zeitweise zu hohe Werte. Die

Messungen wiesen Pulsspitzen mit einer magnetischen

Flussdichte aus, die über den für die allgemeine Bevöl-

kerung empfohlenen Referenzgrenzwerten der „Inter-

national Commission on Non-Ionizing Radiation Protec-

tion“ (ICNIRP) liegen. Eine gesundheitliche Gefährdung

für die allgemeine Bevölkerung bestehe jedoch laut

Bundesamt für Strahlenschutz, insbesondere aufgrund

der sehr kurzen Expositionsdauer, nicht. Im Widerspruch

dazu steht die Empfehlung des

Bundesamts für Strahlenschutz, dass

sich Träger/-innen von Herzschritt-

machern, Infusionspumpen oder

metallischen Implantaten etc. bei der

behandelnden Ärztin oder beim be-

handelnden Arzt darüber informie-

ren sollen, ob bei ihrem Gerät eine

Beeinflussung durch Warensiche-

rungsanlagen möglich ist.

Als weitere Maßnahmen empfiehlt

das Bundesamt für Strahlenschutz,

dass die betroffenen Personen sich

vorsichtshalber nie länger als unbe-

dingt nötig im Feldbereich der RFID-

Anlagen aufhalten sollen; das be-

deutet, diese sind so zügig wie mög-

lich zu durchschreiten; im Fall von

Warteschlangen im Kassenbereich

sollten sich diese Personen nicht zwi-

schen den Detektoren aufhalten.

Um das Risiko einer Beeinflussung

elektronischer Körperhilfen durch

Warensicherungsanlagen so weit

wie möglich zu minimieren, fordert

das Bundesamt für Strahlenschutz,

dass die Hersteller/-innen der medizi-

nischen Geräte, die Krankenkassen

und die Ärztinnen/Ärzte die betreffenden Personen ent-

sprechend informieren (vgl. http://www.environmental-

studies.de/Info/RFID/RF-11/rf-11.html).

Damit überträgt das Bundesamt für Strahlenschutz die

Verantwortung für die Sicherheit eines Großteils der Be-

völkerung auf andere Stellen. Hinzu kommt, dass die Be-

troffenen zukünftig im Alltag keine Möglichkeit haben,

den RFID-Geräten tatsächlich aus dem Wege zu gehen.

Pauschal gilt:

"#Je größer der erforder-

liche Leseabstand desto

höher die Frequenz.

"#Je höher die Frequenz

desto stärker das elektro-

magnetische Feld.

"#Je stärker das elektro-

magnetische Feld desto

höher die Gefahr einer

gesundheitlichen Belastung.

"#Passive Transponder

funken nur dann, wenn

eine Leseeinrichtung sie

erreicht.

"#Aktive Transponder

funken immer und stellen

somit potenziell eine Dauer-

belastung dar.

Page 34: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

34

Im deutschen Recht gibt es bisher kein gesondertes

Verbraucher/-innen-Schutzgesetz, das alle Fragen des

Verbraucher/-innen-Rechts regelt. Rechtsnormen, die

hauptsächlich oder nebenbei Zielen des Verbraucher/-in-

nen-Schutzes dienen, sind über Einzelgesetze verstreut.

!"Chips vom Gesetz nicht erfasst

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter

Schaar, fordert eine Änderung des Datenschutzgesetzes

für RFID-Chips. Datenschützer kritisieren diese Techno-

logie, mit denen der Handel langfristig den Barcode ab-

lösen will. Im Februar 2004 hatte der "Future Store"

des Handelskonzerns „Metro“ in Rheinberg Kundenkar-

ten mit RFID zurückgezogen, nachdem Datenschutzakti-

visten des Bielefelder Vereins „FoeBuD“ diese entdeckt

und kritisiert hatten.

Deutschlands oberster Datenschützer, Peter Schaar, for-

dert nun eine Änderung der bestehenden Gesetze:

„Dazu gehören eine Kennzeichnungspflicht für Produk-

te mit Chip, das Recht, die darin gespeicherten Infor-

mationen einsehen zu können und den Chip nach dem

Kauf permanent deaktivieren zu lassen." Bislang wür-

den RFID-Chips vom Gesetz nicht erfasst, kritisiert Schaar:

„Theoretisch müssen Sie ihre Kunden nicht darüber in-

formieren, wenn Sie Chips in Produkte integrieren –

sondern erst dann, wenn Sie persönliche Daten damit

verknüpfen." Dritte, die die Chips ebenfalls unbemerkt

auslesen könnten, seien von einer solchen Regelung

ohnehin nicht betroffen.

Das Missbrauchspotenzial von RFID sei enorm: „Was,

wenn ich beim Betreten eines anderen Ladens auf teure

Markenkleidung hin gescannt werde?", erklärt Schaar

gegenüber dem Focus. Kunden könnten „sehr individuelle

Die Rechtslagegerät in Schieflage

Die Rechtslage ist weitgehend ungeregelt, trotz der bestehenden Persönlichkeitsrechte. Die Ver-

braucher/-innen sind schutzlos. Chips werden vom Gesetz nicht erfasst. Die Regierung sieht keinen

Regelungsbedarf und der Handelsverband findet alles ganz harmlos.

Schutzlos im

rechtsfreien

Raum.

Page 35: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

35

Daten ausstrahlen, ohne es zu wissen. Das ist gegen-

über dem alten Barcode eine ganz neue Qualität."

(Schaar in: Christiane Schulzki-Haddout, Heise-News

17.05.2004).

!"Regierung sieht keinen

!"Regelungsbedarf

Nach dem gegenwärtigen Stand der Technik, so die Ein-

schätzung der Bundesregierung, sei im Bereich der

elektronischen Produktlabel kein ergänzender daten-

schutzrechtlicher Regelungsbedarf erkennbar. Das geht

aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundes-

tagsabgeordneten Gisela Piltz hervor. Für die datenschutz-

rechtliche Beurteilung der RFID-Technik komme es auf ih-

ren konkreten Einsatzbereich an. Bei RFID-basierten Zu-

trittssystemen werden regelmäßig

personenbezogene

Daten übermittelt. Dabei sei Miss-

brauch zwar denkbar, weil ein RFID-

Chip theoretisch unbemerkt vom Be-

sitzer ausgelesen werden könne; die

bislang bei Zutrittssystemen einge-

setzte Technik verfüge jedoch nur

über eine sehr begrenzte Reichwei-

te, so dass die RFID-Karte vom Nut-

zer bewusst unmittelbar an einem

Lesegerät vorbeigeführt werden

müsse.

Dagegen können RFID-Etiketten in

reinen Automations-, Warenmanage-

ment- und Logistiksystemen zwar

aus größeren Entfernungen ausgele-

sen werden, sie enthalten jedoch

keine personenbezogenen Daten,

erklärt die Bundesregierung. Zwar

könnte bei ihnen ein Personenbezug

grundsätzlich dadurch hergestellt werden, dass der

RFID-Chip eine eindeutige Kennung enthalte und zu-

sätzlich – etwa unter Einsatz einer Kundenkarte – die

Identität der/des Käuferin/Käufers erfasst wird. Jedoch

werde eine solche Kombination von Produkt- und Käu-

ferdaten durch Unternehmen in Deutschland nach

Kenntnis der Bundesregierung nicht eingesetzt. Ihres

Wissens nach sei damit nach dem gegenwärtigen

Stand der Technik die heimliche Herstellung umfassen-

der Bewegungsprofile praktisch ausgeschlossen.

Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort auf das

Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), wonach die Erhe-

bung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener

Daten geregelt sei. Einen weiteren Bedarf an gesetz-

licher Regelung bestehe derzeit nicht (vgl. Kleine An-

frage an den Bundestag, Drucksache 15/3025 vom

28.04.2004).

!"Persönlichkeitsrechte in Gefahr

Mit Hilfe der RFID-Technik lassen sich personenbezo-

gene Daten verarbeiten und Rückschlüsse auf Perso-

nen ziehen. Das birgt sehr wohl datenschutzrechtliche

Gefahren.

FoeBUD

„FoeBuD“ ist ein "Verein

zur Förderung des öffent-

lichen bewegten und unbe-

wegten Datenverkehrs e.V.“

Der Verein richtet sich in er-

ster Linie an Menschen, die

Computer nutzen und/oder

in diesem Zusammenhang

an bestimmten Themen wie

zum Beispiel Datensicher-

heit interessiert sind: Tech-

nikinteressierte sind hier

ebenso vertreten wie Men-

schen, die sich in den Berei-

chen Politik, Umwelt oder

Menschenrechte oder Da-

tenschutz engagieren. Der

FoeBuD vergibt einmal im

Jahr den an George Orwells

Vision „1984“ angelehnten

Negativpreis „Big brother

award“.

Gesetzlos

Der weltweit erste Vorstoß

für ein RFID-Gesetz in Kali-

fornien ist Mitte 2004 vor-

erst gescheitert. Das „Com-

mittee on Business and Pro-

fessions“ stoppte die Geset-

zesvorlage, nachdem sie

den Kalifornischen Senat

bereits passiert hatte. Die

Koalition der Gegner fand

mit ihren Argumenten Ge-

hör: Die Technik sei in ei-

nem zu frühen Stadium, der

tatsächliche Einsatz der

RFID-Tags würde noch nicht

feststehen, das Gesetz

könnte unbeabsichtigte

Konsequenzen nach sich

ziehen. Die Umsetzung von

gesetzlichen Einschränkun-

gen für bestehende RFID-

Systeme könne mit Schwie-

rigkeiten und zusätzlichen

Kosten verbunden sein.

Page 36: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

36

Auch und vor allem in der Arbeits-

welt besteht die Möglichkeit, Leis-

tungs- und Verhaltensprofile ohne

Wissen oder Einverständnis der Mit-

arbeiter/-innen zu erstellen. In Ver-

bindung mit Informationen aus an-

deren Datenbanken (Personaldaten,

Zeiterfassungsdaten etc.) oder geo-

grafischen Ortungssystemen (z.B.

GPS-Daten) können RFID-Techniken

zu einer allumfassenden Datenverar-

beitung und somit zu einer allge-

genwärtigen Überwachung aller Per-

sonen führen.

Bedenklich ist insbesondere die

Möglichkeit der Unternehmen,

mittels RFID in die Privatsphäre der

Beschäftigten einzudringen. Das

Nutzungspotenzial umfasst die ver-

deckte Sammlung einer Vielzahl von

Daten, die zum Beispiel Auskunft

darüber geben, welche Kleider eine bestimmte Person

trägt und welche Accessoires sie benutzt. Exakt erfas-

sen lässt sich auch, was die Person am Arbeitsplatz

(nicht) leistet und wie sie sich in bestimmten Situa-

tionen verhält.

Zutrittskontroll- oder Zeiterfassungssysteme ermöglichen

darüber hinaus, Personen unbemerkt flächendeckend zu

überwachen und Bewegungsprofile zu erstellen. Das

Auslesen von Ausweisen ist auch außerhalb des Unter-

nehmens möglich.

Wenn personenbezogene Daten unmittelbar auf RFID-

Tags gespeichert oder in Datenbanken verknüpft werden

(z.B. Zeiterfassung, Bewegungsdaten, Kantinenabrech-

nung, Produktvorlieben bei Essen, Kleidung etc.), dann

ist dies ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.

Seit dem so genannten Volkszählungsurteil des Bundes-

verfassungsgerichts aus dem Jahre 1983 (BVerfGE

65,1ff) gibt es das Recht auf informationelle Selbstbe-

stimmung. Danach hat jeder das Recht, grundsätzlich

selbst über seine Daten zu bestimmen und darüber,

welche Informationen über ihn wo und wie gespeichert

und verwendet werden. Insbesondere muss jede/-r Bür-

ger/-in erkennen können, wer was über einen weiß.

RFID eröffnet durch kontaktloses Erfassen – also ohne

Zutun des Beschäftigten – eine neue Qualität der Über-

wachung. Die Technik ermöglicht ein zeitlich und räum-

lich allgegenwärtiges Bespitzeln der Menschen.

Es gibt zwar Schutzmaßnahmen, um die Gefahren des

RFID-Einsatzes zu begrenzen. Es gibt allerdings kein spe-

zielles RFID-Gesetz oder ein Arbeitnehmer/-innen-Daten-

schutzgesetz. Beim Einsatz von RFID-Technologie gelten

die Grundsätze des BDSG und die entsprechende

Rechtsprechung dazu. Verantwortlich für die Einhaltung

dieser Vorschriften ist der Arbeitgeber.

Die Rechtslage gerät in Schieflage

Recht

§3 BDSG

Personenbezogene Daten

sind gemäß § 3 Abs. 1 BDSG

Einzelangaben über persön-

liche oder sachliche Verhält-

nisse einer bestimmten

oder bestimmbaren natür-

lichen Person.

Artikel 2 GG

Gemäß Artikel 2 Abs. 1 des

Grundgesetzes (GG) hat je-

der das Recht auf freie Ent-

faltung seiner Persönlich-

keit, soweit er nicht in

Rechte anderer eingreift

und nicht gegen die verfas-

sungsmäßige Ordnung oder

das Sittengesetz verstößt.

Gemäß § 75 BetrVG haben

Arbeitgeber und Betriebsrat

die freie Entfaltung der Per-

sönlichkeit der im Betrieb

Beschäftigten zu schützen

und zu fördern.

Was in den

Tüten steckt,

geht niemand

etwas an.

Page 37: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

37

!"Rechte der Beschäftigten

Durch die neuen Möglichkeiten der Datenvernetzung

und -speicherung besteht die Gefahr, dass Rechte ver-

letzt werden, insbesondere das allgemeine Persönlich-

keitsrecht (vgl. hierzu auch S. 35 und 66 ff) sowie das

Recht auf informationelle Selbstbestimmung (gemäß

Artikel 1 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 2

GG). Diese Rechte gelten auch im Arbeitsverhältnis.

Entsprechend den Informationspflichten des Arbeitge-

bers (gemäß § 6 c BDSG) haben die Beschäftigten das

Recht auf Auskunft über die gespeicherten persönlichen

Daten (geregelt in § 34 Abs. 1 BDSG).

Zudem haben die Beschäftigten Korrekturrechte (nach

§ 35 BDSG). Unrichtig gespeicherte personenbezogene

Daten sind zu berichtigen (gemäß § 35 Abs. 1 BDSG) und

unter bestimmten Voraussetzungen bestehen Löschungs-

ansprüche (§ 35 Abs. 2, S. 2 BDSG), insbesondere wenn

die Speicherung unzulässig erfolgt ist. Ein Recht auf

Sperrung der Daten besteht insbesondere, wenn die/der

Betroffene die Richtigkeit der Daten bestreitet und sich

weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen

lässt (§ 35 Abs. 3 und Abs. 4).

Betroffene haben grundsätzlich ein Widerspruchsrecht

(§ 35 Abs. 5 BDSG). Im Fall des berechtigten Wider-

spruchs hat die weitere Verarbeitung der Daten zu

unterbleiben. Die/Der Beschäftigte muss hierzu Gründe

vortragen, die den Interessen des Arbeitgebers (auf Er-

hebung, Verarbeitung oder Nutzung) vorrangig sind.

Beschäftigte haben grundsätzlich das Recht, sich zu be-

schweren (§ 84 BetrVG), wenn sie sich benachteiligt

oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise be-

einträchtigt fühlen. Der Arbeitgeber hat sich um die Be-

schwerde zu kümmern und ihr abzuhelfen. Der/Dem

Arbeitnehmer/-in dürfen dadurch keine Nachteile ent-

stehen.

Beschäftigte können ihre Beschwerde auch an den Be-

triebsrat leiten, der sich dann darum kümmert (§ 85

BetrVG) und mit dem Arbeitgeber darüber kommuni-

ziert; auch versucht er, sofern die Beschwerde berech-

tigt ist, auf Abhilfe hinzuwirken.

!"Grundsätze des Datenschutzes

Ein wichtiger Grundsatz im Datenschutz ist das Prinzip

der Datenvermeidung und Datensparsamkeit. Gemäß

§ 3 a BDSG haben sich Gestaltung und Auswahl von

Datenverarbeitungssystemen an dem Ziel auszurichten,

keine oder so wenig personenbezogene Daten wie

möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen.

Wenn Daten erhoben werden, dann

grundsätzlich beim Betroffenen (§ 4

Abs. 2 BDSG).

Ein weiterer Grundsatz ist die Pflicht

zur Transparenz bei der Datenerhe-

bung. Der Arbeitgeber hat als ver-

antwortliche Stelle entsprechende

Informationspflichten (gemäß § 4

Abs. 3 BDSG). Danach ist die/der Be-

troffene darüber zu unterrichten,

wer für die Datenerhebung verant-

wortlich ist, zu welchem Zweck die

Daten erhoben werden und wohin

sie gehen.

Daten dürfen außerdem nur für den

Zweck verwendet werden, für den

sie ursprünglich erhoben worden

sind. Ein Beispiel: Wenn über die

RFID-Technologie die Arbeitszeit er-

fasst wird, dann dürfen die erhobe-

nen Daten nicht automatisch auch

für eine Zugangsberechtigung ge-

nutzt werden.

Vorgeschrieben ist auch eine Vielzahl

an konkreten technischen und orga-

nisatorischen Maßnahmen im Zu-

sammenhang mit der Verschlüsse-

lung, Deaktivierung oder Löschung

von Daten auf RFID-Etiketten (nach

§ 9 BDSG). Die Verantwortung für

die Einhaltung der Vorschriften trägt

der Arbeitgeber.

Damit die Datenerhebung, -verarbei-

tung oder -nutzung überhaupt zu-

lässig ist, bedarf es einer so genann-

ten Rechtsgrundlage (§ 4 BDSG). Im

Gesetz heißt es: „Die Erhebung, Ver-

arbeitung und Nutzung personenbe-

zogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz

oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder an-

ordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.“

Da Beschäftigte aufgrund der Machtposition des Arbeit-

gebers kaum eine Wahlmöglichkeit haben, ist die vom

Gesetz geforderte Freiwilligkeit der Einwilligung grund-

sätzlich in Frage zu stellen.

Wertlos

Der Handelsverband „GS1

Germany“ hat am 29.6.2006

ein Positionspapier „RFID/

EPC und Datenschutz“ ver-

öffentlicht. Aus Sicht von

„Foebud e.V.“ und der

„Deutschen Vereinigung für

Datenschutz e.V.“ ist das Pa-

pier für die Verbraucher-/in-

nen wertlos: Die Auswir-

kungen auf die Persönlich-

keitsrechte würden trotz

weit reichender Verbreitung

von RFID in den nächsten

Jahren nicht untersucht.

Das Papier beschränke sich

auf die Anpreisung von

RFID. Als „absichtsvoll naiv“

bezeichnen die Datenschüt-

zer die Behauptung, dass die

Erstellung eines Personenbe-

zugs von RFID-Kennungen

nur in Ausnahmefällen vor-

liege. Diese Voraussetzung

würde bereits in modernen

Warenhäusern durch jede

Videoüberwachung, jedes

Kundenkartensystem und

jede Nutzung des EPC für

elektronische Kassenvor-

gänge erfüllt (vgl. http://

www.datenschutzverein.de/

presse.html).

Page 38: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

38

Bisher gibt es noch keine höchstrichterliche Rechtspre-

chung zum RFID-Einsatz. Ersatzweise muss die Recht-

sprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Arbeit-

nehmer/-innen-Überwachung mittels Videokamera her-

halten, da es um eine vergleichbare Thematik geht,

nämlich die Überwachung mittels Technik.

Nach der Rechtsprechung des BAG stellt die Video-

überwachung am Arbeitsplatz einen schwerwiegenden

Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer/-in-

nen dar.

Eine heimliche Videoüberwachung ist grundsätzlich ver-

boten. Sie ist nur beim Vorliegen schutzwürdiger Interes-

sen des Arbeitgebers auf Grundlage einer umfassenden

Güterabwägung und unter Berücksichtigung der Um-

stände des Einzelfalles zulässig (vgl. Beschluss des BAG

vom 29.06.04 AZ 1 ABR 21/03).

Das BAG kann aber auch im Einzellfall den Eingriff in

das Persönlichkeitsrecht der informationellen Selbstbe-

stimmung gestatten (vgl. Beschluss des BAG vom

27.03.2003 AZ 2 AZR 51/02).

Big Brother is

watching you?

Der Chef darf

die Beleg-

schaft nicht

routinemäßig

per Video

überwachen.

Die Rechtslage gerät in Schieflage

Page 39: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

39

Gegenstand eines Verfahrens war eine Kündigungs-

schutzklage einer Kassiererin. Ihr wurde von ihrem Ar-

beitgeber, der einen Getränkemarkt betreibt, mit dem

Vorwurf gekündigt, sie habe Geld unterschlagen. Der

Arbeitgeber hatte zuvor festgestellt, dass es immer wie-

der höhere Inventurdifferenzen gab. Nach umfangrei-

chen Prüfungen vermutete er, dass diese Differenzen

auf Fehlverhalten im Kassenbereich zurückzuführen

seien. Der Arbeitgeber stellte über einen Zeitraum von

zwei Wochen versteckte Videokameras im Kassenbe-

reich und im Gang des Getränkemarktes auf.

Das Gericht argumentierte, dass der Verhältnismäßig-

keitsgrundsatz gewahrt war, denn es bestand ein kon-

kreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer

anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitge-

bers. Weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung

des Verdachts waren bereits ausgeschöpft. Die heimli-

che Videoüberwachung war das einzig verbleibende

Mittel und deshalb nicht unverhältnismäßig.

Anders war die Sachlage in einem Briefverteilzentrum,

das per Video überwacht werden sollte (vgl. Beschluss

des BAG vom 29.06.04 AZ 1 ABR 21/03).

Dort arbeiteten in der großen Halle in mehreren Schich-

ten insgesamt etwa 650 Arbeitnehmer/-innen. Das täg-

liche Pensum lag bei ca. 2,5 Mio. Briefsendungen. Re-

gelmäßig entwendeten Mitarbeiter/-innen Briefe, wobei

sich nicht näher feststellen ließ, welche Arbeitsplätze

das betraf. Um die Verluste zu reduzieren, wollte der

Arbeitgeber eine Videoüberwachung einführen. Vorge-

sehen war die dauerhafte Einrichtung einer Videoüber-

wachung durch in der Halle sichtbar gemachte Kame-

ras. Die Anlage sollte verdachtsunabhängig wöchentlich

bis zu 50 Stunden eingesetzt werden, wobei für die Ar-

beitnehmer/-innen nicht erkennbar sein sollte, wann die

Anlage in Betrieb wäre.

Das BAG betonte in diesem Fall, dass die freie Entfal-

tung der Arbeitnehmer/-innen zu schützen sei (§ 75

Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Sei ein Eingriff in die Persönlich-

keitsrechte notwendig, so müsse dieser durch schutz-

würdige Belange anderer Grundrechtsträger, hier des

Arbeitgebers gerechtfertigt sein.

Grundsätzlich sei bei einer Kollision des allgemeinen

Persönlichkeitsrechts mit den schutzwürdigen Interes-

sen des Arbeitgebers eine Güterabwägung unter Be-

rücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforder-

lich. Das zulässige Maß einer Beschränkung des allge-

meinen Persönlichkeitsrechts bestimme sich nach dem

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach müsse die

Maßnahme geeignet, erforderlich und unter Berücksich-

tigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen

sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Geeignet

bedeutet, die eingesetzten Mittel sind erwartungsge-

mäß erfolgreich. Erforderlich bedeutet, es steht kein an-

deres, gleich wirksames, das Persönlichkeitsrecht weni-

ger einschränkendes Mittel zur Verfügung. Angemessen

bedeutet, die eingesetzten Mittel sind zumutbar und

gerechtfertigt. Ausschlaggebend war die Intensität der

Beeinträchtigung, hier Dauer und Art der Überwa-

chungsmaßnahme.

Wie das Bundesverfassungsgericht bereits im sogenann-

ten Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983

(BVerfG 65, 1ff) ausgeführt hat, bedürfe das als Teil des

allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistete Recht

auf informationelle Selbstbestimmung unter den Bedin-

gungen der automatischen Datenverarbeitung in beson-

derem Maße des Schutzes. Die Selbstbestimmung über

gespeicherte Daten und Informationen sei vor allem

deshalb besonders gefährdet, weil mit der heutigen

Technik Informationen über bestimmte Personen grund-

sätzlich unbegrenzt zu speichern und jederzeit abrufbar

seien und sich mit anderen Datensammlungen zu ei-

nem Persönlichkeitsbild zusammenfügen ließen, ohne

dass die/der Betroffene dessen Richtigkeit und Verwen-

dung zureichend kontrollieren könne (BVerfG 15. De-

zember 1983 aaO). Die technischen Möglichkeiten

seien geeignet, bei den betroffenen Personen einen

psychischen Anpassungsdruck zu erzeugen, durch den

sie in ihrer Freiheit, aus eigener Selbstbestimmung zu

planen und zu entscheiden, wesentlich gehemmt wür-

den. "Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltenswei-

sen jederzeit notiert oder als Information dauerhaft ge-

speichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird

versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzu-

fallen" (BVerfG 15. Dezember 1983 aaO). Die damit ver-

bundene Einschränkung der individuellen Entwicklungs-

chancen des Einzelnen beeinträchtige zugleich auch das

Gemeinwohl, „weil Selbstbestimmung eine elementare

Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und

Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten frei-

heitlichen demokratischen Gemeinwesens ist" (BVerfG

15. Dezember 1983 aaO).

In dem hier dargestellten Fall des Briefzentrums war da-

her eine dauerhafte, verdachtsunabhängige Videoüber-

wachung der Belegschaft unter den gegebenen Umstän-

den unverhältnismäßig, da weder eine besondere Ge-

fährdungslage vorlag noch eine zeitliche Einschränkung

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40

auf einen begrenzten Zeitraum der Videoüberwachung

geplant war. Dies, obwohl der Arbeitgeber erhebliche

wirtschaftliche Gründe ins Feld führen konnte.

Sollen RFID-Systeme ähnlichen Zwecken der Überwa-

chung dienen, so sind die genannten Grundsätze ana-

log anzuwenden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die

jeweiligen Umstände des Einzelfalles stets vorher zu

prüfen sind (§ 28 BDSG)

Um in der Praxis Rechts- und Handlungssicherheit zu er-

halten, ist der Abschluss von Betriebsvereinbarungen,

auch im Einvernehmen mit dem Datenschutzgesetz (§ 4

BDSG) zu empfehlen.

!"Betriebe wandeln sich –

!"George Orwell lässt grüßen

IT-Systeme durchdringen alle betrieblichen Bereiche; die

neue RFID-Technologie ebenso. Damit verknüpfte IT-Sys-

teme rationalisieren und vereinfachen nicht nur das Wa-

renwirtschaftssystem, sie sind vielmehr auch ein umfas-

sendes Dokumentations-, Registrier-, Verarbeitungs-

und Auswertungs- sowie Kontroll-Werkzeug. Zusätzlich

ermöglichen sie als zentraler technischer Bestandteil die

überbetriebliche Vernetzung von Daten über Produkte

und ihre Qualitäten, über das logistische System, die Ar-

beitnehmer/-innen und ihr Leistungsvermögen sowie

die Kundinnen/Kunden und nicht zuletzt ihre Eigen-

schaften wie Einkaufsverhalten, Vorlieben, Alter, Ge-

schlecht etc. Durch die zentrale Stellung von IT-Syste-

men im Betrieb bekommt der Datenschutz eine neue,

oft unterschätzte Dimension. Auch ist zu bedenken,

dass die Einführung und Weiterentwicklung von IT-Sys-

temen nicht in erster Linie ein technischer Vorgang ist:

Komplexe IT-Systeme erreichen die Dimension einer Be-

triebsänderung (vgl. hierzu auch Seite 49 f), da sie um-

fassend in die betrieblichen Abläufe und Strukturen ein-

greifen.

Wirksamkeit und Effektivität von IT-Systemen hängen

vom jeweiligen Betrieb ab. Vorhandene organisatorische

Unzulänglichkeiten wirken sich demzufolge auch auf

das IT-System aus. Kauft der Betrieb vorgegebene, frem-

de Organisationsmodelle mit IT-Standardlösungen ein,

dann ersetzen diese die bisherigen selbst entwickelten

Strukturen. Gerade bei neuen Technologien wie der

RFID-Technik können führende Unternehmen Standards

setzen, die sich dann auf die Organisation anderer

Unternehmen auswirken – die IT-Lösung ist dann der

Träger für solche Veränderungen.

RFID-Technologie verändert bereits jetzt die bisherigen

betrieblichen Organisationsformen und dies hat Auswir-

kungen auf jeden einzelnen Arbeitsplatz. RFID-Techno-

logien sind ein mächtiges Instrument der Kontrolle von

Leistung und Verhalten der Beschäftigten.

Daraus folgt: Schutz- und Gestaltungsansprüche sind

aufgrund ständiger betrieblicher Veränderungen durch

die Weiterentwicklung und laufende Verbesserung die-

ser neuen Technologie und der entsprechenden IT-Syste-

me nicht mehr abschließend und auf Dauer regelbar.

Benötigt wird daher ein neuer Typ entwicklungsfähiger

Mitbestimmungsregelungen mit begleitenden Informa-

tions- und Analyseprozessen.

Die Schutzansprüche der

Beschäftigten sind auf-

grund der fortlaufenden

betrieblichen und technolo-

gischen Veränderungen

nicht mehr abschließend

und auf Dauer regelbar.

Die Rechtslage gerät in Schieflage

Page 41: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

41

Technik im Handel ist notwendig und erforderlich, um die Prozesse in der Warenwirtschaft, der Lie-

ferkette und an der Schnittstelle zur/zum Kundin/Kunden in einer globalisierten Welt zu steuern.

Doch wenn eine starke Technikzentriertheit bis hin zur Technikfaszination überwiegt, dann sind die

Menschen im Arbeitsprozess in Gefahr, allenfalls als Restgröße und Einsparpotenzial betrachtet und

behandelt zu werden.

Nicht allein gelassen

Die Technik globalisiert

den Handel.

Wo bleibt der Mensch?

Technikeinsatz im Handel an der Schnittstelle zur/zum

Kundin/Kunden verlagert Aufgaben der Angestellten in

den Bereich der Selbstbedienung. In der Erprobungs-

phase haben die Verbraucher/-innen meist noch Wahl-

möglichkeiten zwischen der herkömmlichen Art und

Weise der Inanspruchnahme von Dienstleistungen und

der technikunterstützten Selbstbedienungsform. Doch

dabei bleibt es nicht. Etablierte Verfahren werden

Schritt für Schritt abgebaut und am Ende eingestellt.

Ein Beispiel: Wenn es an der Käsetheke nur noch drei

Sorten Käse gibt, während im Regal daneben hundert

abgepackte Sorten zur Auswahl stehen, schwinden

nach und nach die Kunden; die/der Verkäufer/-in macht

nebenher andere Arbeiten und ist dann immer seltener

an der Käsetheke anzutreffen, was die letzten Kundin-

nen/Kunden vergrault. Die Theke wird geschlossen und

die/der Verkäufer/-in entlassen.

!"ver.di behält den Menschen im Blick

ver.di befürwortet den Einsatz von Technik, um das Ver-

kaufspersonal fachlich und organisatorisch zu unterstüt-

zen. Doch diese Chance nutzt der Handel selten. So

sind zwar in beratungsintensiven Bereichen Multimedia-

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42

terminals keine Seltenheit mehr, hingegen müssen

Fachverkäufer/-innen ihre Qualifikationen weiter mit

althergebrachten Mitteln aktuell halten.

Ein Verkaufsladen ohne Personal ist ebenfalls nicht die

Vision der Gewerkschaft – sicher auch nicht der meis-

ten Verbraucher/-innen und schon gar nicht der Be-

schäftigten.

Der Handel ist mit dem Einzel- und Großhandel ein be-

deutender Wirtschaftssektor und bietet ca. 3,5 Millio-

nen Menschen Arbeit. Seit Jahren geht die Beschäftig-

tenzahl zurück. Im Einzelhandel ist das Arbeitszeitvolu-

men seit 2.000 um zehn Prozent gesunken, was etwa

200.000 Vollzeitarbeitsplätzen entspricht. Auch die Be-

schäftigtenstruktur hat sich stark verändert: Vollzeit-

und sozial abgesicherte Teilzeitarbeit ist gesunken, im

Gegenzug ist der Bereich der geringfügigen Beschäfti-

gung mit den so genannten Minijobs gestiegen. Von

2,5 Millionen Einzelhandelsbeschäftigten hat heute be-

reits jede/r Dritte nur noch einen Minijob. Diese Ten-

denz hat Auswirkungen gleich auf mehrere Bereiche:

Zum einen sinkt der Anteil der abzuführenden Sozialab-

gaben; um das auszugleichen muss der Staat Sozialleis-

tungen zusammenstreichen. Zum anderen sinken die

Renteneinzahlungen und damit die Ansprüche eines je-

den Beschäftigten im späteren Rentenalter.

Seit Mitte der 90iger Jahre kämpfen die Unternehmen

im Ringen um Marktanteile mit immer härteren Banda-

gen. Die Expansion der Verkaufsflächen bei stagnieren-

den Umsätzen, die Ausdehnung der Ladenöffnungszei-

ten und eine aggressive Preispolitik haben den Konkur-

renzkampf und Verdrängungswettbewerb im Einzelhan-

del beschleunigt. Auch in Teilbranchen des Großhandels

hat seit einiger Zeit ein Verdrängungswettbewerb be-

gonnen, der Arbeitsplätze vernichtet.

Ein forcierter Technikeinsatz, zum Beispiel RFID zur Opti-

mierung der logistischen Prozesse oder direkt im Ver-

kauf (Selbstzahlerkassen, Info-Terminals, elektronische

Regalauszeichnung etc.) wird bisherige Arbeitsprozesse

automatisieren und einen geringeren Arbeitskräfteein-

satz im Lager, Fuhrpark oder im Verkauf ermöglichen.

Mittel- und langfristig reduzieren sich damit die Be-

schäftigungschancen im Handel noch weiter.

Ein wesentlicher Grund, weshalb ein Einkaufsladen

ohne Personal auf die Gewerkschaft keine Faszination

auslöst, ist das Verständnis (sicher auch der meisten

Kundinnen/Kunden) von Dienstleistung. Dienstleistung

im Handel, an der Schnittstelle zu den Kundinnen/Kun-

den, braucht Menschen. Dienstleistung lässt sich nicht

problemlos ersetzen durch einen Computer, der dann

als persönliche/-r Einkaufsberater/-in daher kommt. Eine

anonyme, unpersönliche und ausschließlich auf Marke-

ting abzielende Kundenorientierung lehnt ver.di im

Interesse der Verbraucher/-innen ab.

Die vom Handel selbst initiierten Rabattschlachten und

die „Geiz-ist-geil“-Mentalität der Unternehmen bleiben

bei den Kundinnen/Kunden nicht ohne Wirkung. Je we-

niger Dienstleistung die/der Kundin/Kunde beim Kauf

einer Ware geboten bekommt, desto weniger ist sie/er

Nicht allein gelassen

Wenn sich die RFID-Technik breit macht, dann wird

es in den Lägern Veränderungen geben.

Page 43: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

43

bereit, Preise zu bezahlen, mit denen noch qualifizierte

Beratung, ausreichendes Personal und faire Arbeitsbe-

dingungen möglich sind.

Technikeinsatz geht damit einher, dass Überwachungs-

potenziale steigen. Damit die Unternehmen keine Per-

sönlichkeitsrechte missachten, muss sie jemand in die

Schranken weisen. Der gläserne Mensch wird mehr und

mehr Realität unserer Gesellschaft: Betroffen sind die

Bürger/-innen als Verbraucher/-innen und als Arbeitneh-

mer/-innen. Für die Beschäftigten können die Wirkun-

gen weitreichend sein. Zeitabläufe werden transparent,

Leistungsvergleiche sind jetzt auch außerhalb der Fließ-

bandarbeit leicht möglich, Bewegungsprofile ebenso.

Die Anforderungen steigen, nur die Besten bleiben.

Wer nicht mehr mithalten kann, wird ersetzt. Mit zu-

nehmendem Alter droht Arbeitslosigkeit. In manchen

Branchen gibt es schon jetzt kaum noch Beschäftigte

ab 50 Jahre und älter, zum Beispiel bei der privatisierten

Müllentsorgung, im Straßenbau oder in der Altenpfle-

ge. Dieser Trend wird sich verschärfen. Obwohl die

Unternehmen die Überwachungspotenziale bisher nicht

ausschöpften, sind Betriebsräte trotzdem bereits mit

Fällen konfrontiert, in denen Persönlichkeitsrechte von

Beschäftigten missachtet wurden.

Seit dem Siegeszug der Handys sind drahtlose Verbin-

dungen Alltag. Unklar ist, welche Folgen die Funktech-

nik und die zukünftig allgegenwärtige RFID-Technik für

den menschlichen Organismus haben. Sind Auswirkun-

gen auf unsere Gesundheit zu erwarten, wenn wir in

einem Umfeld leben, das zahllose Gegenstände beher-

bergt, die unablässig Funkwellen aussenden? Was be-

deutet es für die Umwelt, wenn der Abfall mit kleinsten

Elektronikkomponenten durchsetzt ist, die im Recycling

oder bei der Verbrennung Probleme bereiten? Wie wird

sich unsere Energiebilanz verändern, wenn wir uns für

die Organisation unseres Alltags mehr und mehr auf

elektronisch hochgerüstete Utensilien verlassen, die auf

Energie und eine dauerhaft betriebene Netzwerk-Infra-

struktur angewiesen sind. Müssten wir nicht mehr darü-

ber wissen, bevor eine technische Innovation flächen-

deckend eingeführt wird?

Technikeinsatz braucht Gestaltung und einen recht-

lichen Rahmen, der in der Gesellschaft und im Betrieb

Teilhabe realisiert. Neue Techniken bieten Optionen – es

gibt selten den einzig richtigen Weg. Ziel ist es, Chan-

cen und Risiken zu erkennen und einen Technikeinsatz

zu vereinbaren, der in den Betrieben Interessen abwägt

und ausgleicht. Wenn der Einsatz von RFID und ande-

ren Techniken die Produktivität steigern und die wirt-

schaftliche Situation verbessern hilft, sind Regelungen

zum Schutz der Beschäftigten erfüllbar.

Betriebsräte sind jetzt an diesen mittel- und langfristi-

gen Prozessen zu beteiligen und nicht vor vollendete

Tatsachen zu stellen. Die Gewerkschaft empfiehlt allen

Betriebsräten, sich zu informieren, zu interessieren und

zu qualifizieren, damit sie ihre Beteiligungs- und Mitbe-

stimmungsrechte bei der Einführung neuer Technolo-

gien wirksam ausüben können.

Gretchenfrage: Morgen schon arbeitslos oder sinn-

voll umbesetzt?

Page 44: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

44

!"Das können Betriebsräte

Der Einsatz der RFID-Technologie bewirkt eine grundle-

gende Umgestaltung der Arbeitsabläufe und der Orga-

nisation im Handel; er macht Warenflüsse transparent

und die dazugehörigen Daten für alle Beteiligten jeder-

zeit verfügbar.

Betriebsräte sehen die Einführung von RFID positiv, so-

lange sie sich davon einen Marktvorteil für das eigene

Unternehmen versprechen und damit letztendlich gesi-

cherte Arbeitsplätze. Sie begrüßen die Möglichkeit einer

aktiven Mitgestaltung des Einführungsprozesses im Sin-

ne der Belegschaft. Die Gelegenheit der Beschäftigten,

ihren Erfahrungsschatz mit neuen Aufgaben und Tech-

niken zu erweitern, sehen diese Betriebsräte als Chan-

ce. Die im Vergleich zur Konkurrenz schnellere Reaktion

auf Wünsche der Kundinnen/Kunden verbessert den

betriebseigenen Service. Leicht zugängliche Produktin-

formationen erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit.

Ähnlich argumentiert auch Dr. Jürgen Pfister, Bereichs-

leiter Personal und Soziales der „Metro Group“: Er sieht

RFID als Sicherung der Beschäftigung im Konzern. „Na-

türlich werden sich die Anforderungen ändern und es

gilt, Kenntnisse und Fähigkeiten weiterzuentwickeln.“

(Funkpost 2/2005) Er fordert von den Beschäftigten,

verstärkt die Bereitschaft mitzubringen, sich weiter zu

qualifizieren und für neue Tätigkeiten zu öffnen (vgl.

Funkpost 2/2005).

Betriebsräte sind aber auch mit negativen Folgen des

RFID-Einsatz konfrontiert, wie der Rationalisierung und

Arbeitsverdichtung mit der Folge von Entlassungen so-

wie einer verstärkten Kontrolle der Beschäftigten.

Betriebsräte müssen sich in dieser Situation im Interesse

der Beschäftigten für entsprechende Qualifizierungsan-

gebote einsetzen. Zur Wahrung von Arbeitsplätzen ist

es wichtig, auf die Vorteile verbesserter Kundenorientie-

rung und besserer Serviceleistungen gegenüber der

Schauen Sie

genau hin,

wenn in Ihrem

Betrieb um-

strukturiert

wird. Die

RFID-Technik

hilft bei der

Effizienzstei-

gerung und

stärkt das

Unternehmen

vorläufig

gegenüber der

Konkurrenz.

Doch diese

schläft nicht.

Sind am Ende

lediglich wei-

tere Arbeits-

plätze weg,

dann ist nichts

gewonnen.

Nicht allein gelassen

Page 45: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

45

Konkurrenz hinweisen. Betriebsräte sollten im Sinne aller

Beschäftigten deutlich machen, dass es ihnen ebenso

wie der Geschäftsführung wichtig ist, erreichte Produk-

tivitätsfortschritte zu erhalten und auszubauen und das

eigene Unternehmen am Markt zu stärken. Gleichzeitig

ist es aber auch die Aufgabe der Betriebsräte zu betonen,

dass sie alles daran setzen, mögliche negative Effekte

zu minimieren. Deshalb ist es wichtig, Veränderungen

in den Betrieben zu beobachten und Entwicklungen kri-

tisch unter den Aspekten „was ist gut, was ist schlecht

für die Beschäftigten?“ zu hinterfragen und rechtzeitig

im Rahmen der Mitbestimmungsmöglichkeiten Schutz-

rechte zugunsten der Beschäftigten einzufordern und

durchzusetzen.

Um diese Aufgaben zu erfüllen sind Informationen

beim Arbeitgeber anzufordern: Welche Maßnahmen

sind bereits eingeleitet, welche sollen erfolgen, wie viele

Beschäftigte sind in welcher Form betroffen?

(1) Das liegt in der Hand der Betriebsräte:

• Beschäftigte einbeziehen

• Bestandsaufnahmen machen

• Sachverständige hinzuziehen.

(2) Im nächsten Schritt ist es ratsam, im Gremium

folgende Fragen zu erarbeiten:

• Welche Ziele hat der Betriebsrat?

• Welche Ziele haben die Arbeitnehmer/-innen?

• Was ist der beste Schutz für die Beteiligten?

• Welche Ziele sollten nach der Einführung des

IT-Systems erreicht werden?

• Was spricht gegen die Ziele, was könnte die Errei-

chung der Ziele erschweren?

• Wie gehen geht der Betriebsrat mit Einwänden um?

• Welche Ziele haben Priorität?

(3) Daraus folgt für die weitere Betriebsratsarbeit:

• Konkrete Einzelziele festlegen

• Forderungen aufstellen

• Erforderliche Beschlüsse fassen

• Rechte des Betriebsrats (Informationsrechte, Bera-

tungsrechte, Kontrollrechte sowie Mitbestimmungs-

rechte) wahren und durchsetzen.

Bei der Formulierung von Forderungen für die Beschäf-

tigten, sollten Betriebsräte darauf hinweisen, dass die

Unternehmen durch den Einsatz von RFID Produktivi-

tätsfortschritte erzielen, mit denen sie ihre Position am

Markt stärken.

Unternehmer/-innen sind bestrebt, Gewinne zu maxi-

mieren. Sie begründen das Streichen von Arbeitsplätzen

mit steigenden Kosten (z.B. durch die Investition in die

RFID-Technik!) sowie einer unsicheren Marktposition

und den damit verbundenen notwendigen Umstruktu-

rieren. Der spätere Profit liegt dann beim Unternehmen.

Betriebsräte müssen daher bereits vor (!) der Umstruk-

turierung mit Blick auf die zu erwartenden Verbesserun-

gen ihre Ansprüche stellen.

Dies können Forderungen nach mehr Qualifizierung

(Weiterbildung der Mitarbeiter/-innen) sein, es können

aber auch Ansprüche auf mehr Personal in der Bera-

tung und Betreuung der Kundinnen/Kunden sein. Soll-

ten ein Interessensausgleich und ein Sozialplan unver-

meidbar sein, so müssen sich die Ansprüche der Be-

schäftigten daran orientieren, welche Vorteile die Unter-

nehmen durch den Einsatz von RFID erzielen!

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Handelt der Arbeitgeber in den hier genannten Fällen

einseitig ohne Zustimmung des Betriebsrats, so ist das

rechtswidrig. Hat der Arbeitgeber trotzdem eine mitbe-

stimmungspflichtige Maßnahme im Alleingang durchge-

führt, dann kann der Betriebsrat darauf drängen, dass

sie rückgängig zu machen ist.

!"… bei PersonaldatenDer Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der

Einführung und Anwendung von technischen Einrich-

tungen, die dazu geeignet sind, Verhalten und Leistung

der Arbeitnehmer/-innen zu überwachen (§ 87 I Nr. 6

BetrVG). Dieses Recht besteht unabhängig davon, ob

die Maßnahme ausschließlich oder unter anderem auch

darauf abzielt, die Arbeitnehmer/-innen zu überwachen.

Auch ist es gleichgültig, ob beabsichtigt ist, aus den

Aufzeichnungen Schlüsse über Verhalten und Leistung

der Arbeitnehmer/-innen zu ziehen. Nach Rechtspre-

chung des BAG besteht bereits ein Mitbestimmungs-

recht, wenn die technische Einrichtung theoretisch ge-

eignet ist, Verhalten und Leistung der Arbeitnehmer/-in-

nen zu überwachen (vgl. BAG vom 14.05.74, vom

09.09.75, vom 10.07.79, vom 06.12.83, AP Nrn. 1, 2,

3, 7 zu BetrVG 1972; BAG vom 06.12.83, AP Nr. 7 zu §

87 BetrVG 1972 Überwachung etc.).

Übertragen auf die RFID-Technik bedeutet dies, dass die

Einführung von Tags im Betriebsausweis oder in der

Kleidung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

mitbestimmungspflichtig ist, da damit theoretisch eine

Will der Arbeitgeber eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme durchführen, so bedarf es hierzu

der Einigung mit dem Betriebsrat oder einer Entscheidung der Einigungsstelle. Bei Personaldaten,

Gesundheitsbelangen, Betriebsänderungen und bei der Planung technischer Anlagen hat der Be-

triebsrat ein Wörtchen mitzureden.

Der Betriebsrat

bestimmt mit …

Ab sofort gibt es nicht einmal

mehr eine Gedankenpause

ohne Wissen des Chefs?

Lässt sich das Arbeitsverhalten

mit Einführung eines neuen

Computerprogramms rekon-

struieren, dann hat der Be-

triebsrat vorher ein Recht auf

Mitbestimmung.

Page 47: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

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Überwachung möglich ist. Das Gleiche gilt für auf Pro-

dukten angebrachte RFID-Tags, die personenbezogene

Daten enthalten.

Fehlen solche personenbezogenen Daten, werden mit

der Technik also lediglich Warenströme besser gesteuert

oder verfolgt, so ist im Einzelfall zu klären, ob trotzdem

ein Mitbestimmungsrecht vorliegt. Obwohl hier ein un-

mittelbarer Personenbezug fehlt, ist zu prüfen, ob die-

ser durch Verknüpfung mit anderen Datenquellen her-

gestellt werden kann. Hierzu bedarf es einer Prüfung

des IT-Systems.

Insbesondere vorgefertigte Module, die geeignet sind

Daten miteinander zu verknüpfen, bereiten den Boden

für Personalkontrollen. Beispiele hierfür gibt es bereits

viele. Exemplarisch hier einige Module für RFID-Techno-

logie der Firma SAP:

• SAP Auto-ID Infrastructure: Verwaltet und verbindet

RFID-Daten und kommuniziert mit anderen Geräten

zur automatischen Datenerfassung.

• SAP Event Management: Für RFID-Tags und Electro-

nic Product Codes (EPC); sorgt durch Auto-ID-Daten

für Transparenz des Warenbestands, ermöglicht den

Austausch zwischen Geschäftspartnern und löst

automatisch Alarm aus.

• SAP NetWeaver Portal: Bündelt RFID-Informationen

und ermöglicht internen Nutzern sowie Handels-

partnern, darauf zuzugreifen.

• ERP-Adapter: Planen Personen- und Materialressour-

cen und lassen sich in bereits bestehende Logistik-

abwicklungsprozesse von SAP R/3 (ab Release 4.6C)

integrieren.

• SAP NetWeaver Application Server: Verknüpft Daten

in der Infrastruktur.

• SAP NetWeaver Exchange Infrastructure: Verknüpft

Daten mit SAP- und Nicht-SAP-Komponenten bis

über die Unternehmensgrenzen hinaus.

• SAP NetWeaver Mobile: Stellt die technische Grund-

lage für mobile Lösungen bereit.

Ein Recht des Betriebsrats auf Mitbestimmung hängt

also davon ab, ob es möglich ist, mit Einführung der

geplanten technischen Maßnahmen Personenbezüge

herzustellen. Manchmal ist dies nicht auf Anhieb offen-

sichtlich, manchmal aber auch auf banalem Wege mög-

lich: „Ergibt sich aus Listen oder anderen Dokumenten,

wer wann mit der fraglichen Ware zu tun hatte, kann

das Arbeitsverhalten sehr genau rekonstruiert werden.

Wird beispielsweise festgehalten, wann und auf wel-

chem Fahrzeug eine Ware ein bestimmtes Lager ver-

lässt, so ist gleichzeitig eine Aussage über denjenigen

möglich, der für das Lager verantwortlich war oder der

am Steuer des Lkw saß. Dieses Hintergrundwissen stellt

den Personenbezug her.“ (Däubler, Computersysteme

im Handel – rechtliche Rahmenbedingungen für den

Betriebsrat, Dokumentation der Fachtagung November

2004, S. 36).

Fazit: Ist es möglich, bei RFID-Anwendungen Rück-

schlüsse auf Personen zu ziehen, so hat der Betriebsrat

das Recht, über die Einführung der technischen Maß-

nahme mitzubestimmen (vgl. Däubler § 87 Rdnr. 166).

Dieser Rechtsanspruch besteht, sobald die von der techni-

schen Einrichtung erfassten oder verarbeiteten Daten mit

Hilfe von zusätzlichen Informationen auf Arbeitnehmer/-in-

nen beziehbar sind (vgl. BAG v. 18.04.00 in DB 00,2227).

!"… bei GesundheitsbelangenDer Betriebsrat hat darüber hinaus auch ein Mitbestim-

mungsrecht bei Regelungen über den Gesundheits-

schutz im Rahmen der gesetzlichen

Vorschriften oder der Unfallverhü-

tungsvorschriften.

Dieses Recht erstreckt sich auf alle

Maßnahmen, die im Rahmen der

Vorschriften des Arbeits- und Ge-

sundheitsschutzes im Betrieb zu

treffen sind. Nur dann, wenn der

Arbeitgeber zwingende Anforde-

rungen umzusetzen hat, scheidet

das Mitbestimmungsrecht aus (vgl.

BAG v. 28.07.81 AP Nr. 3 zu § 87

BetrVG 72).

Das Mitbestimmungsrecht besteht

also immer dann, wenn es einen Be-

urteilungs- oder Ermessensspielraum

gibt, wie beispielsweise bei der Ein-

schätzung von Gefahren.

In der Praxis kann der Betriebsrat grundsätzlich anneh-

men, dass er bei drohenden Gesundheitsgefahren und

der Frage nach den geeigneten Schutzmaßnahmen ein

Recht auf Mitbestimmung hat.

Gesundheitsgefahren durch die Einführung der RFID-

Technologie (z.B. Strahlenbelastung) oder die Änderun-

gen der Arbeitsabläufe und -verfahren (physische und

psychische Belastungen) sind bisher nicht dokumentiert

und von daher nicht bekannt. Eine der grundlegenden

Aufgaben des betrieblichen Arbeits- und Gesundheits-

schutzes ist es dennoch, die sich verändernden Arbeits-

bedingungen zu beurteilen und daraus resultierende

GesundheitsschutzDer Begriff des Gesund-

heitsschutzes ist umfas-

send. Er beinhaltet vorbeu-

gende Maßnahmen, die Ge-

sundheitsgefährdungen,

also die Möglichkeit einer

gesundheitlichen Beein-

trächtigung ohne bestimm-

te Anforderungen an deren

Ausmaß und Eintrittswahr-

scheinlichkeit, vermeiden

sollen (vgl. Däubler § 87

Rdnr. 172).

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mögliche Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit

der Beschäftigten festzustellen.

Das Arbeitsschutzgesetz verweist lediglich allgemein auf

mögliche Gefahrenquellen. Konkrete Anforderungen

sind zum Beispiel für Bildschirmarbeit in der Bildschirm-

arbeitsverordnung oder für Arbeitsstätten in der Ar-

beitsstättenverordnung zu finden. Die Gesundheit von

Menschen kann gefährdet sein durch:

• die Arbeitsstätte, z.B. neue Verkehrswege durch

Tunnelscanner

• den Arbeitsplatz, z.B. montierbare Lesegeräte oder

mobile Terminals

• physikalische und chemische Einwirkungen,

z.B. durch Strahlenbelastung

• Maschinen und Geräte, z.B. Bildschirm und

Lesegeräte

• Arbeitsstoffe, z.B. Lösungsmittel

• Arbeitsabläufe, Arbeitsverfahren

• Arbeitszeit, z.B. Nachtarbeit

• unzureichende Qualifikation, z.B. im Umgang mit

neuen Geräten.

Die aufgezählten Gefährdungsbereiche im Gesetz sind

nicht abschließend. Vielmehr ist vom Leitbild des Ar-

beitsschutzgesetzes auszugehen, das ein umfassendes

Verständnis von Gesundheitsschutz beinhaltet und auf

die Vermeidung von Unfällen, Berufskrankheiten und

arbeitsbedingten Erkrankungen abzielt.

Das bedeutet, immer wenn

• ein Bildschirmarbeitsplatz eingerichtet wird (bereits

im Planungsstadium),

• Arbeitsplätze und Aufgaben sich grundlegend än-

dern,

• Beschäftigte wechseln,

• oder Beschwerden auftreten, die sich auf die Bild-

schirmarbeit zurückführen lassen,

dann ist eine erneute Beurteilung der Arbeitsbedingun-

gen fällig.

Die Verpflichtung, Verbesserungsmaßnahmen auf ihre

Wirksamkeit hin zu überprüfen, macht es erforderlich,

im Betrieb ein regelmäßiges Verfahren zur Gefähr-

dungsanalyse zu etablieren. Eines der Grundprinzipien

des Arbeitsschutzgesetzes ist es, damit den Arbeits- und

Gesundheitsschutz als einen kontinuierlichen Prozess

der Verbesserung im Betrieb zu verankern. Dabei ist es

empfehlenswert, die Beschäftigten zu informieren und

einzubeziehen, da für Gesundheitsbelange sensibilisier-

te Mitarbeiter/-innen Verbesserungsmaßnahmen eher

akzeptieren. Das stärkt die Verantwortung für gesund-

heitsgerechtes Verhalten.

Bei der Festlegung der konkreten Vorgehensweise zum

Gesundheitsschutz hat der Betriebsrat ein Mitbestim-

mungsrecht (§ 87 I, Nr. 7 BetrVG).

Die Pflichten des Arbeitgebers sind an verschiedenen

Stellen gesetzlich geregelt:

• Der Arbeitgeber muss die Arbeitsbedingungen hin-

sichtlich einer möglichen Gefährdung der Beschäf-

tigten beurteilen (§ 5 Arbeitsschutzgesetz).

• Der Arbeitgeber muss an Bildschirmarbeitsplätzen

die gesundheitlichen Gefahren beurteilen, insbe-

Der Betriebsrat bestimmt mit …

Was steht auf dem Plan? Personalabbau, Aus-

tausch von Betriebsanlagen? Verändern der

Arbeitsabläufe und -methoden?

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sondere für das Sehvermögen. Mögliche körperli-

che Probleme und psychische Belastungen sind

ebenfalls zu berücksichtigen (§ 3 Bildschirmarbeits-

verordnung).

• Der Arbeitgeber muss die getroffenen Maßnahmen

des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf ihre Wirk-

samkeit hin überprüfen und erforderlichenfalls an

veränderte Gegebenheiten anpassen (§ 3 Arbeits-

schutzgesetz).

!"… bei BetriebsänderungenIn Unternehmen mit dauerhaft mehr als 20 wahlberech-

tigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern hat die/der

Unternehmer/-in den Betriebsrat über geplante Ände-

rungen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und

sich mit dem Betriebsrat zu beraten.

Dies trifft auch zu, wenn die Änderungen einen mehr-

stufigen Prozess durchlaufen, beispielsweise, wenn

nicht von Anfang an alle Produkte mit dem RFID-Label

ausgestattet sind. Maßnahmen und Schritte dieses Pro-

zesses sind im Zusammenhang zu sehen und begrün-

den den Tatbestand der Betriebsänderung.

Nachfolgend einige Beispiele (eine Prüfung ist im Einzel-

fall immer erforderlich):

Personalabbau

(§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG)

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann eine Be-

triebsänderung auch in der Weise erfolgen, dass die

sächlichen Betriebsmittel als solche unverändert bleiben,

jedoch in beträchtlichem Umfang Personal abgebaut

wird. Der Personalabbau muss bestimmte quantitative

Dimensionen erreichen. Nach der Rechtsprechung kön-

nen die Zahlen des § 17 KSchG als Richtschnur dienen,

doch müssen auf jeden Fall mindestens fünf Prozent der

Belegschaft des Betriebes betroffen sein. Das Einsparpo-

tenzial durch Einführung von RFID wird zwar noch sehr

unterschiedlich eingeschätzt; es reicht aber in diesem

Fall aus, dass ein Personalabbau in Betracht kommt.

Eine sichere Prognose ist nicht notwendig, zumal der

Betriebsrat die Möglichkeit erhalten soll auf sozial weni-

ger belastende Möglichkeiten hinzuwirken (vgl. Däubler

u.a. § 111 Rdnr. 47).

Ändern der Betriebsanlagen

(§ 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG)

Betriebsanlagen sind alle technischen Hilfsmittel, die im

Arbeitsprozess Verwendung finden. RFID-Tags und die

entsprechenden Lesegeräte wie zum Beispiel das Tun-

nelscanning fallen unter diese Definition. Eine Ände-

rung der Betriebsanlagen liegt bei Einführung neuer

Techniken vor (vgl. Däubler § 111 Rdnr. 84). Dies gilt

für EDV ebenso wie für RFID, da ein Sprung in der tech-

nischen Entwicklung immer die Voraussetzungen einer

grundlegenden Änderung erfüllt (vgl. Fitting § 111

Rdnr. 95 BetrVG).

Neue Arbeitsmethoden

(§ 111 Satz 3 Nr. 5)

Teilweise kann es zu Überschneidungen kommen.

Arbeitsmittel gehören zu den Betriebsanlagen, die

menschliche Arbeitskraft hingegen gehört zu den Ar-

beitsmethoden. Wenn beispielsweise im Wareneingang

Der Betriebsrat vertritt bei geplanten Betriebsän-

derungen die Interessen der Mitarbeiter/-innen

und darf nicht übergangen werden.

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mittels RFID-Scan von schriftlicher auf automatische Er-

fassung umgestellt wird, dann handelt es sich um eine

neue Arbeitsmethode. Entscheidend ist, ob die Art und

Weise des Einsatzes der Arbeitskraft verändert wird.

Bei der Einführung von RFID-Systemen liegt daher eine

Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vor. Der

Betriebsrat hat in diesem Fall das Recht, umfassende In-

formationen zu verlangen. Er kann über die Einführung

der Technik im Hinblick auf einen

möglichen Interessenausgleich ver-

handeln. Währenddessen darf die

Maßnahme nicht durchgeführt wer-

den. Nach der Rechtsprechung der In-

stanzgerichte kann dem Arbeitgeber

per einstweiliger Verfügung verboten

werden, durch einseitige Maßnahmen

vollendete Tatsachen zu schaffen.

!"… bei der Planung! technischer Anlagen

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Planung

technischer Anlagen rechtzeitig zu unterrichten und

sich mit ihm zu beraten, so dass Vorschläge und Beden-

ken berücksichtigt werden können (§ 90 Abs.1 Nr. 2

BetrVG). Dies soll gewährleisten, dass der Betriebsrat

Einfluss nehmen kann, damit Grundrechte, insbesonde-

re der Schutz der Menschenwürde, die freie Entfaltung

der Persönlichkeit sowie das Recht auf körperliche Un-

versehrtheit gewahrt bleiben.

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat bereits im Pla-

nungsstadium technischer Anlagen unterrichten. In die-

sem Zusammenhang sind auch die in der Europäischen

Gemeinschaft geltenden Vorschriften (Richtlinie

2002/14/EG vom 11.3.02) zur Festlegung eines allge-

meinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung

der Arbeitnehmer/-innen zu beachten (vgl. Däubler

§ 90 Rdnr. 18).

Der Arbeitgeber muss die Einsatzgebiete sowie die

technischen Möglichkeiten der RFID-Systeme beschrei-

ben, und er muss die damit verbundenen Ziele aufzei-

gen. Außerdem ist es erforderlich, die organisatorischen

Auswirkungen offen zu legen, einschließlich Hardware,

Standorte, Vernetzung und Schnittstellen.

Liegen diese Informationen vor, dann kann der Betriebs-

rat einschätzen, auf welche Art und in welchem Maße

er sich an der Planung beteiligen kann und wird. Der

Technische AnlagenAls technische Anlagen gel-

ten Maschinen und sonstige

technische Geräte und Ein-

richtungen, die dem Be-

triebszweck und damit dem

Arbeitsablauf dienen. RFID-

Etiketten und Lesegeräte

gehören daher dazu.

Der Betriebsrat bestimmt mit …

Der Arbeitgeber will technische Anlagen austau-

schen und im Zuge der Modernisierung umstruk-

turieren? Lassen Sie sich nicht vor vollendete Tat-

sachen stellen.

In Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten

Beschäftigten ist der Betriebsrat vor geplanten

Änderungen zu informieren.

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Betriebsrat muss zudem wissen, welche Gesetze, Ver-

ordnungen, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen

zugunsten der Beschäftigten im Einzelfall zu berücksich-

tigen sind, und er muss ihre Einhaltung überwachen.

Zur Ausübung dieser Beteiligungsrechte sind Betriebs-

räte auf weitere Informationen beispielsweise durch die

Gewerkschaft, deren Vertrauensleute oder Beschäftigte

angewiesen. Unabhängig von den bisher genannten

speziellen Informationspflichten des Arbeitgebers haben

Betriebsräte ein generelles Informationsrecht (gemäß §

80 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 6 c BDSG).

Der Arbeitgeber hat unaufgefordert und von sich aus

ihren/seinen Beschäftigten jederzeit und umfassend

alle Informationen zukommen zu lassen, die diese zur

Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen (vgl. Däubler § 80

Rdnr. 66 BetrVG). Hieraus resultiert ein Informations-

anspruch des Betriebsrats.

Gemäß § 80 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz ist es

Aufgabe des Betriebsrates, darüber zu wachen, dass die

zugunsten der Arbeitnehmer/-innen geltenden Gesetze

durchgeführt werden. Es bestehen zusätzliche Informa-

tionspflichten für den Arbeitgeber, wenn er mobile per-

sonenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien

ausgibt (§ 6 c BDSG). Das gilt für solche Medien, deren

personenbezogene Daten sich über die Speicherung

hinaus automatisiert verarbeiten lassen, die also mit

einem Prozessorchip ausgestattet sind. Auch blanko

ausgegebene Medien, auf denen noch keine Verfahren

oder personenbezogenen Daten gespeichert sind, gehö-

ren dazu, so dass auch zukünftige Betroffene geschützt

sind (vgl. Gola u.a. Kommentar zum BDSG § 3 Rdnr.

58).

Die Gestaltung des Mediums ist unbedeutend. Statt ei-

ner Chipkarte kann daher der Datenträger zum Beispiel

auch ein Armband sein. Entscheidend ist, dass die/der

Betroffene die Verarbeitung der Daten nicht selbst steu-

ern kann.

Zur Gewährleistung der Transparenz ist die/der Betrof-

fene über die Identität und Anschrift der verantwort-

lichen Stelle sowie in allgemein verständlicher Form

über die Funktionsweise des Mediums einschließlich

der Art der zu verarbeitenden personenbezogenen

Daten zu unterrichten.

Zusätzlich ist sie/er über die Ausübung ihrer/seiner

Rechte zu unterrichten und über die Maßnahmen, die

bei Verlust oder Zerstörung des Mediums zu treffen

sind.

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Page 52: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

52

!"Einführungsprozess! !"Ganz am AnfangBei Einführung von integrierten RFID-Technologien ist

für das gewerkschaftliche Handeln und die Durchset-

zung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates ein

umfassendes Handlungskonzept erforderlich, das so-

wohl Kooperationen als auch Kompromisse bei Konflik-

ten zulässt. Da sich der Prozess technologischer Um-

strukturierung über einen langen Zeitraum erstreckt, ist

die Beteiligung des Betriebsrats von Anfang an gefor-

dert, insbesondere da er sonst bereits in der Einfüh-

rungsphase Chancen auf Mitbestimmung verwirkt.

Für diese Phase der Reorganisation des Betriebes haben

sich Vereinbarungen mit verbindlichen Standards und

überprüfbaren Zielen bewährt. Zu diesem Zeitpunkt ist

es (je nach Kräfteverhältnis im Betrieb und Unterneh-

men) oft möglich, erweiterte Informations- und Mitbe-

stimmungsrechte zu sichern. Wichtig ist dabei, dass

dem Betriebsrat trotz des IT-Chinesisch ein Kommunika-

tionsprozess zwischen Betriebsleitung und Belegschaft

gelingt, der gewerkschaftliche Ziele beinhaltet (sichere

Arbeitsplätze, Weiterbildung und Wahrung des Persön-

lichkeitsschutzes sowie der Gesundheit etc.).

!"Probephase! !"Testlauf: als obBevor die RFID-Technologie mit dem entsprechenden IT-

System in den Echtbetrieb geht, sollte sie ausreichend

erprobt sein. Das gilt ebenso für Änderungen an beste-

henden IT-Systemen, die sich aufgrund von ergänzender

RFID-Technik ergeben.

Ziel der Erprobung sollte sein, die Eignung sowie die Aus-

wirkungen auf die Arbeitsorganisation zu untersuchen.

Der Betriebsrat

mischt immer mit …

Je nach Zeitpunkt der Einführung, dem Austausch oder der Weiterentwicklung der RFID-Technolo-

gien und ihrer Eindringtiefe in die betriebliche Organisation ergeben sich verschiedene Handlungs-

möglichkeiten für den Betriebsrat:

Keine Chef-

sache – der

Betriebsrat

kontrolliert

immer mit.

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Die Beschäftigten sollten bereits während der Erpro-

bungs- und Testphase die Gelegenheit haben, Anforde-

rungen an das IT-System sowie die damit unterstützten

Arbeitsprozesse zu erarbeiten, um mit der betrieblichen

Interessenvertretung (Betriebsrat) Forderungen für den

Echtbetrieb formulieren zu können. Die Erprobung der

RFID-Technik mit dem IT-System sollte zeitlich und

räumlich begrenzt erfolgen und damit rückholbar sein.

Damit ein komplettes Bild entsteht, sollte der Testlauf

das gesamte IT-System umfassen.

Während der Erprobung ist die Betreuung der betroffe-

nen Beschäftigten (Schulung, Hotline) wichtig. Im Rah-

men der Erprobung ist auch zu untersuchen, wie hoch

der Personalmehrbedarf während der erstmaligen Da-

teneingabe ist und wie dieser zu realisieren ist. Zusätzli-

ches Personal soll Mehrbelastungen während der Erpro-

bung und der Datenersteingabe auffangen.

!"Echtbetrieb! !"Es ist vollbrachtDie im Einführungsprozess aufgestellten Anforderungen

lassen sich auch für den Echtbetrieb durchsetzen; der

Gestaltungsspielraum und -einfluss ist dann allerdings

geringer.

Die Wiederaufnahme nicht genutzter Mitbestimmungs-

rechte oder die Reaktivierung und Renovierung alter

oder nicht mehr wirksamer Betriebsvereinbarungen

kann zur Durchsetzung der Ziele sinnvoll sein. Vor allem

dann, wenn das Management selbst Organisationsbe-

reiche oder Krisenherde angeht, die aus gescheiterten

oder nicht ganzheitlich durchgeführten technisch-orga-

nisatorischen Projekten resultieren.

Jede wesentliche Änderung und Aufrüstung der Syste-

me – was bei der neuen RFID-Technologie zu erwarten

ist – sollte der Betriebsrat nutzen, um Mitbestimmungs-

ansprüche durchzusetzen, bisherige Regelungen anzu-

passen oder neue Regelungen zu vereinbaren.

!"Rückblick! !" Prüfe, wer sich ewig bindet …Aufgrund der engen Verzahnung der RFID-Technik mit

bereits vorhanden Standardsystemen wie beispielsweise

SAP (hier gibt es bereits fertige SAP-Lösungen für RFID)

erzwingt jede tiefer gehende Betriebs- und Organisa-

tionsänderung auch die Überprüfung bisheriger Syste-

me. Das ist die Gelegenheit für den Betriebsrat, seine

Betriebsvereinbarungen zu überprüfen, zumal oft vor-

handene Vereinbarungen nicht auf dem neuesten Stand

der Hard- und Software-Systeme sind. In jedem Fall ist

eine regelmäßige Überprüfung der bisherigen Regelun-

gen und Betriebsvereinbarungen zu empfehlen, da

sonst für die Beschäftigten Regelungslücken mit erheb-

lichen Risiken für ihre Stellung im Betrieb und ihre Ent-

wicklungsmöglichkeiten (berufliche Perspektiven) ent-

stehen können.

!"Kontrollgang! !"Alles dauerhaft paletti?Die begleitende Überprüfung und Kontrolle der in den

Betrieb integrierten Standard-IT-Systeme mit ihren viel-

fältigen Schnittstellen ist nur dann für den Betriebsrat

erfolgreich, wenn sie umfassend erfolgt, weshalb sie in

einer Betriebsvereinbarung ebenso umfassend geregelt

sein muss. So ist zu beachten, dass nicht nur die Teil-

module zu betrachten sind, sondern auch alle von ih-

nen ausgehenden Schnittstellen

und ihre Dateninhalte sowie das

zugrunde liegende Betriebssys-

tem, das System zum Betreiben

des betriebs- und unternehmens-

weiten Netzes, die Datenbank(en)

und die Einbindung in die über-

betriebliche Vernetzung. Auch

alle Aspekte der Fernwartung

und -pflege (evtl. durch externe

Dienstleister) sind einzubeziehen.

Ohne VerfallsdatumÜbrigens, ein bisher aus

verschiedenen Gründen

nicht genutztes Mitbestim-

mungs- und Regelungsrecht

des Betriebsrates ist da-

durch nicht verbraucht,

dass es bisher nicht in An-

spruch genommen wurde.

Der Betriebsrat kann seine

Ansprüche jederzeit gel-

tend machen. Die Gestal-

tungs- und die Handlungs-

möglichkeiten nehmen

allerdings im Zeitverlauf

und mit jedem Realisie-

rungsschritt des Projektes

ab, so dass Ansprüche auf

Mitbestimmung bei sich be-

reits im Echtbetrieb befind-

lichen Systemen nur unter

erschwerten Bedingungen

durchsetzbar sind.

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!"Transparentes VerfahrenUm mit Hilfe der Betriebsvereinbarung ein transparentes

Verfahren zu gewährleisten, ist die Dokumentation aller

Komponenten des RFID-Systems wichtig. Folgende In-

halte komplettieren daher die zusammengestellten In-

formationen und gehören in den Anhang (die Anlagen)

der Betriebsvereinbarung:

• Fachkonzept/Dokumentation des Systems

• Schnittstellenbeschreibung

• Berechtigungskonzept

• Auswertungen

• Hardware

• Standorte

!"DatenschutzkonzeptAuch muss der Betriebsrat ein Datenschutzkonzept ent-

wickeln, das mindestens folgende Aspekte behandelt

und regelt:

• Welche Daten werden erhoben?

• Definition des verfolgten Zwecks

• Formen der Datenverarbeitung

• Löschfristen

• Beschreibung der Art der Auswertung

• Zugriffsrechte

Der Betriebsrat bestimmt mit, er mischt mit und er trifft Vereinbarungen. Die Basis seiner Arbeit ist

die Betriebsvereinbarung. Die Liste der in einer Betriebsvereinbarung zu regelnden und zu prüfen-

den Bereiche ist lang.

Alles unter Dachund Fach mit derBetriebsvereinbarung

Mit

modernen

technischen

Anlagen und

daran ange-

schlossenen

Computer-

programmen

sind nahezu

unbegrenzte

Datenmengen

speicher- und

analysierbar.

Damit steigt

die Gefahr

des Miss-

brauchs.

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!"Leistungs- und VerhaltenskontrolleEbenso sind der gestattete Umfang sowie die Grenzen

der betrieblichen Leistungs- und Verhaltenskontrolle zu

regeln. Teilaspekte sind:

• Schutz vor lückenloser Überwachung

• Ausschluss des heimlichen Einsatzes von RFID

• Ausschluss der individuellen Auswertung (RFID er-

möglicht es, detaillierte Arbeits- und Zeitprofile zu

erheben. Ziel sollte sein, dass neben dem Datum

und dem Standort des Lesegeräts keine Zeitangaben

gespeichert, sondern höchstens grob erfasst wer-

den, um Bewegungs- und Zeitprofile der Beschäftig-

ten zu verhindern)

• Missbrauchsfälle definieren

• Verfahren bei Missbrauch festlegen

• Pseudonymisierung (Pseudonymisieren ist das Erset-

zen des Namens und anderer Identifikationsmerk-

male durch ein Kennzeichen zu dem Zweck, die Be-

stimmung des Betroffenen auszuschließen oder we-

sentlich zu erschweren)

!"ErgonomieDer Aspekt der Ergonomie umfasst die Frage, welche

Voraussetzungen notwendig sind, damit die Arbeit als

menschengerecht gilt. Arbeit darf nicht schädigen; kör-

perliche und psychische Voraussetzungen wie Größe

oder Wahrnehmungsfähigkeit sind zu beachten, damit

keine Gesundheitsschäden entstehen.

Arbeit soll erträglich sein; das gesundheitliche Befinden

darf nur in zumutbarem Rahmen beeinträchtigt sein.

Arbeit soll darüber hinaus die Motivation, Qualifikation

und Flexibilität fördern.

Dem von Arbeitspsychologen entwickelten Konzept der

menschengerechten Arbeit liegt die Annahme zugrun-

de, dass sich Menschen auch mit ihrer Arbeit verwirk-

lichen. Arbeit gilt als ein Mittel zur Entwicklung der Per-

sönlichkeit. Sie darf Wohlbefinden und Gesundheit

nicht beeinträchtigen.

Damit diese grundsätzlichen Anforderungen sicher ge-

stellt sind, gibt es ergonomische Grundanforderungen

für IT-Systeme (nach DIN EN ISO 9241, Teil 10):

• IT-Systeme müssen die/den Anwender/-in unterstüt-

zen, die Arbeitsaufgabe effektiv und effizient zu er-

ledigen (Aufgabenangemessenheit).

• Die Systeme müssen direkt durch Rückmeldung

oder auf Anfrage verständlich sein (Selbstbeschrei-

bungsfähigkeit).

• Die Anwender/-innen müssen das System zielgerich-

tet starten und bedienen können (Steuerbarkeit).

• Das System muss mit den Kenntnissen (Ausbildung,

Erfahrung, Konventionen etc.) der Anwender/-innen

konform gehen (Erwartungskonformität).

• Das Arbeitsergebnis muss trotz fehlerhafter Einga-

ben ohne oder mit minimalem Korrekturaufwand

erzielbar sein (Fehlerrobustheit).

!"Qualifikation und EinweisungVor der Einführung eines neuen Systems (hier: RFID-Tech-

nologie zusammen mit dem entsprechenden IT-System)

benötigen die Nutzer/-innen entsprechende Qualifika-

tionsmaßnahmen und arbeitsplatzbezogene Einweisun-

gen; während der Einführungsphase benötigen sie Hilfe-

stellung. Aber auch im Routinebetrieb stellen sich Situa-

tionen ein, in denen fachkundige Hilfe notwendig ist.

Für die Beschäftigten sind Schulungen zur Erlangung

Inhalte einer Betriebsvereinbarung

• Geltungs- und Anwendungsbereich

• Probephase/Pilotprojekt

• Transparentes Verfahren

• Datenschutzkonzept

• Regelungen zu Leistungs- und Verhaltenskontrolle

• Ergonomie

• Qualifikation und Einweisung der Beschäftigten

• Information der Beschäftigten (Auskunftsansprüche)

• Beratung durch externe Sachverständige

• Kontrollrechte für den Betriebsrat

• Verfahren bei Änderungen (Informations- oder Mitbestim-

mungsrechte)

• Wirkungsanalyse

• Anlagen/Anhang:

o Fachkonzept/Dokumentation des Systems

o Schnittstellenbeschreibung

o Berechtigungskonzept

o Auswertungen

o Hardware

o Standorte

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der notwendigen Qualifikation wichtige Voraussetzun-

gen, um technisch-organisatorische Neuerungen bewälti-

gen zu können. Methoden-, Fach-, Personal- und Sozial-

kompetenz sind die Basis menschengerechter Arbeitsge-

staltung. Nur durch zusätzliche Qualifikation sind die

Beschäftigten in der Lage, die neuen Handlungsräume

aufgrund der nun veränderten Arbeitsorganisation aus-

zuschöpfen und neue Aufgaben zu erledigen, ohne dies

als Belastung zu empfinden.

Letztlich ist eine bessere Qualifizierung auch aus wirt-

schaftlichen Erwägungen von Vorteil. Denn fortschrittli-

che Technik ist nur dann rentabel, wenn die mit ihr Ar-

beitenden über das notwendige Know-how verfügen

und sie optimal nutzen. In der Praxis sind Beschäftigte

jedoch oftmals mit der Verarbeitung der Datenflut über-

fordert. Zeit, die durch den Einsatz neuer Techniken ge-

wonnen wird, geht durch die Bearbeitung unnützer In-

formationen verloren. Die Beschäftigten müssen ein-

strömende Informationen filtern können.

Sie sollten dazu während der Arbeitszeit die erforderliche

Aus- und Fortbildung erhalten. Die Bildungsmaßnahme

muss frühzeitig stattfinden. Der Inhalt der Maßnahme

und der Kreis der Teilnehmer/-innen sollte mit dem je-

weils zuständigen Betriebsrat abgestimmt werden.

Die Qualifizierungsmaßnahmen sind an praktische Auf-

gabenstellungen und an die Erfahrung der Beschäftig-

ten auszurichten. Die Schulungen müssen methodisch

und didaktisch auf die Zielgruppen zugeschnitten sein.

Um einen reibungslosen Betriebsablauf zu gewährlei-

sten und die Beschäftigten nicht unnötig zu strapazie-

ren, ist während der Einführungsphase eine interne IT-

Hotline bzw. Einführungsunterstützung (Nutzerservice)

erforderlich. Dieser Service muss reibungslos funktionie-

ren und daher genügend Leute bereitstellen. Die Aufga-

ben umfassen:

• Beratung der Beschäftigten

• Betreuung des IT-Systems (Hard- und Software,

Wartung, Fehlerbeseitigung usw.)

• Weiterentwicklung des IT-Systems unter Berück-

sichtigung der Wünsche und Anforderungen der

Nutzer/-innen

• Organisation und Durchführung von Schulungen für

die Nutzer/-innen

• Organisation und Durchführung von regelmäßigen

Konferenzen mit den Nutzerinnen und Nutzern

• ggf. Betreiben einer Hotline.

Alles unter Dach und Fach mit der Betriebsvereinbarung

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Diejenigen, die diesen Service übernehmen, müssen

entsprechend qualifiziert sein oder sind vorher entspre-

chend zu qualifizieren. Dazu gehören umfassende

Kenntnisse über die Hard- und Software sowie über die

Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation, den Ge-

sundheitsschutz und die Ergonomie, außerdem über

den Datenschutz, die Datensicherung und die Informa-

tionssicherheit sowie letztendlich über die relevanten

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen.

Zusätzlich zur Qualifizierung und Betreuung der Nutzer/-

innen sind weitere Hilfsmittel notwendig. Dazu gehören

praxisorientierte Arbeitshilfen, die den Leistungsumfang

der Soft- und Hardware genau beschreiben, die Bedie-

nung erklären und auch zum Selbststudium geeignet

sind. Zusätzlich sollte eine kurz gefasste Bedienungsan-

leitung jederzeit verfügbar sein (z.B. durch Aushang).

Wichtig sind auch Online-Hilfen für plötzlich auftreten-

de situationsbedingte Fragen und Probleme (Kontext-

orientierung). Zur leichteren Einarbeitung und Handha-

bung sind Lernprogramme empfehlenswert. Für die An-

wender/-innen ist es sinnvoll, eine Hilfefunktion zu inte-

grieren, die eine Erprobung von einzelnen Befehlen er-

laubt, um deren Auswirkung vorab zu testen.

!"Beratung durch externe! SachverständigeDer Anspruch auf externen Sachverstand ist im Be-

triebsverfassungsgesetz § 80 Abs. 3 geregelt. Demnach

können Betriebsräte externe Sachverständige hinzuzie-

hen, wenn dies für die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer

Aufgaben erforderlich ist. Zuvor muss sich das Gremium

mit dem Arbeitgeber über das Thema, den externen

Sachverständigen (Beratungsfirma bzw. Berater/-in) und

die Kosten der Beratung verständigen.

Es ist soweit: Die neue Technik ist angeschlossen. Jetzt sind die Be-

schäftigten gefordert. Doch wurden sie auch vorher ausreichend ge-

schult? Gibt es eine Hotline für plötzlich auftretende Probleme? Lie-

gen genügend Handbücher parat? Gibt es zusätzliche Unterstützung

in der Einführungsphase. Erfüllen die Arbeitsplätze die ergonomi-

schen Grundanforderungen?

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Checklistefür den Betriebsrat

Name des Systems?

Name des Herstellers?

Funktionsumfang/Programmfunktionen?

Zwecke (Verfolgung, Inventarisierung, Kommissionierung usw.)?

Betroffene Abteilungen/Mitarbeiter?

Aufstellorte der Scanner?

Welche Objekte werden mit RFID-Tags versehen (Paletten, Waren, Hausausweise usw.)?

Werden Daten der Mitarbeiter wie Namen und Personalnummern im System hinterlegt?

Werden personenbezogene Daten im System so hinterlegt, dass sie eine natürliche Person

identifizieren können, ohne bloß Name oder Personalnummer zu sein?

Welche Daten sind im RFID-Tag gespeichert?

Welche Daten werden gescannt und mit welchen Systeminformationen (Tag, Uhrzeit usw.) ergänzt?

Ist der Hausausweis (falls mit Transponder ausgestattet) vom Scanner lesbar?

Werden Arbeitsplatzdaten im System hinterlegt?

Welche Auswertungen existieren?

An welche Systeme werden Daten übertragen?

Welche Daten werden an welche Systeme übertragen?

Grafische Übersicht des RFID-Systems mit seinen Verbindungen zu anderen Systemen?

Wer hat welchen Zugriff auf welche Daten?

Terminplan für die Einführung?

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Informationen über das betriebliche RFID-System

vorhanden nicht vorhanden unklar Bemerkung

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Technische Änderungen im Handel setzen sich durch,

sobald die Kundinnen und Kunden den Selbstbedie-

nungsschub akzeptiert haben, dann setzt sich beispiels-

weise die Selbstbedienungstheke gegen die Frische-

theke durch. Der Beitrag der Verbraucher/-innen hieran

ist geringer als es den Anschein hat. Vielmehr sind es

die Strategien der Unternehmen wie höhere Preise und

längere Wartezeiten an der Frischetheke, die langfristig

dazu beitragen, dass die Kundinnen und Kunden die

Neuerungen akzeptieren. Ein weiteres Beispiel ist das

Self-Scanning durch die Kundinnen und Kunden an der

Kasse, welches die gefühlte Wartezeit offensichtlich

Es ist nicht nurRFID allein …

Mit der Entdeckung des Streichholzes ist noch kein Waldbrand gelegt. Die Erfindung der RFID-Tech-

nologie und ihr Einsatz bewirkt weder automatisch ein Ausspionieren mit unlauteren Methoden

noch vernichtet sie zwangsläufig Arbeitsplätze. Diese Dinge geschehen, weil sich Unternehmen

Kostenvorteile verschaffen wollen, und dies mit neuen technischen Mitteln besonders einfach ist.

Wenn es

bereits brennt,

dann hilft nur

noch Scha-

densbegren-

zung. Die Be-

triebsverein-

barung soll

dafür sorgen,

dass es soweit

gar nicht erst

kommt.

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verkürzen kann. Hingegen ist das intelligente Regal, das

für die Kundinnen und Kunden eine Auswahl trifft oder

ihnen zumindest Waren zum Kauf anbietet, noch keine

akzeptierte Technologie. Das kann sich ändern, sobald

Kundinnen und Kunden zunehmend auf Hilfe durch

Verkäufer/-innen verzichten müssen. Auch die intelli-

gente Waage, die Früchte etc. unterscheiden kann und

über Alternativen berät, dürfte in nicht allzu ferner Zu-

kunft auf Akzeptanz stoßen – dann nämlich, wenn sie

einen Service reaktiviert, der in vielen Läden durch das

Verschwinden von Verkäuferinnen und Verkäufern ver-

loren gegangen ist.

!"Loss Prevention –

!"Rasterfahndung an der Kasse

Am Ende des Tages muss die Kasse stimmen und nach

Ablauf eines Geschäftsjahres bringt die Inventur ans

Licht wie viel Ware fehlt. Die Unternehmen suchen

nach praktischen Lösungen um unerwünschte Differen-

zen zu verhindern. „Loss Prevention“ verspricht Abhilfe.

Dahinter steckt die Idee, Kassen- und Inventurdifferen-

zen durch eine lückenlose Leistungs- und Verhaltens-

kontrolle zu verhindern bzw. zu minimieren. Die dafür

eingesetzte Software soll im Einzelhandel Betrug und

Unterschlagungen an den Kassenarbeitsplätzen auf-

decken und unterbinden.

Dies ist dadurch möglich, dass mittlerweile leistungs-

starke und kostengünstige Server verfügbar sind. Die

Schwierigkeit bei der Suche nach Betrug und Unregel-

mäßigkeiten der Beschäftigten lag nämlich bisher darin,

dass die zu analysierende Datenmenge zu groß war. Heute

ist dies weder technisch noch finanziell ein Problem.

(Mehr hierzu auch auf den Seiten 66 ff, insbesondere

Seite 68).

!"Data Mining –

! Finden im Datendschungel

Um Inventur- und Kassendifferenzen aufzuspüren, lassen

sich mit „Data Mining“ riesige Datenmengen innerhalb

kürzester Zeit auswerten. Das Programm durchsucht

und analysiert die gesamten vorhandenen Daten nach

definierten kritischen Ereignissen und Auffälligkeiten.

Jede Abweichung vom zuvor festgelegten Normalver-

halten wird aufgespürt und festgehalten.

Die Analysemöglichkeiten sind variabel. Sie können sich

auf das gesamte Unternehmen, einzelne Filialen oder

bestimmte Gruppen konzentrieren; ebenso auf einzelne

Beschäftigte oder einen Teil der Beschäftigten; aber

auch auf eine Auswahl von Kassengeschäften, zum Bei-

spiel alle Kassen aus den Kinderabteilungen. Möglich sind

darüber hinaus alle Auswertungen, die einen besonderen

Bezugspunkt haben, zum Beispiel Transaktionen, die

einen bestimmten Betrag übersteigen, sich auf definierte

Verkaufsartikel beziehen oder zu ausgewählten Tages-

zeiten getätigt wurden.

!"Im Fahndungsnetz der Software

Der Arbeitgeber kann selbst entscheiden, was er als

normal und was er als von der Norm oder vom Soll ab-

weichend und damit als verdächtig definieren will.

Allerdings hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht

(nach § 87 Abs. 1 Ziffer 6 BetrVG), da die technische

Einrichtung dafür bestimmt ist, das Verhalten und die

Leistung der Beschäftigten zu kontrollieren.

Die folgenden Beispiele, die die Rasterfahndung an der

Kasse verdeutlichen, sind keineswegs abschließend,

sondern können und werden vor allem in der Praxis

weiter ergänzt.

Verdächtig sind zum Beispiel mehrfache Anmeldungen

an unterschiedlichen Kassen oder auch über dem

Durchschnitt liegende An- oder Abmeldevorgänge. Bei

der Kassenabrechnung werden die Berechnung der

Plus- bzw. Minusdifferenzen nach Markt, Kasse

und/oder Bediener für einen vorgegebenen Tag verglei-

chend herangezogen. Wer abweicht und damit auffällt,

ist erst einmal in das Fahndungsnetz der Supermarkt-

kette geraten.

Auch im Umgang mit dem Personalrabatt ist Vorsicht

geboten: Beschäftigte, die Personalrabatt unter der ei-

genen Nummer gewähren oder über dem Durchschnitt

liegende Personalrabattaktivitäten aufweisen, kommen

zunehmend ins Visier der Software-Fahndung, genauso

wie die Kolleginnen und Kollegen, die Einkäufe über

oder unter einem bestimmten Betrag vornehmen.

Um Vergleichsmöglichkeiten zu schaffen, werden soge-

nannte Ranglisten der getätigten Einkäufe durch Be-

schäftigte erstellt. Auch lässt sich der durchschnittliche

Personalkauf pro Filiale laufend anhand der jeweils ak-

tuell anfallenden Zahlen ermitteln.

Auch ein Warenumtausch weckt erst einmal den Ver-

dacht des entsprechend eingerichteten Kontrollsystems:

Wie häufig ist die durchschnittliche Warenumtauschak-

tivität im Unternehmen, in der Filiale, in der Abteilung?

Auch bezüglich der Gutscheinausgabe und der Einlöse-

aktivitäten lassen sich Ranglisten erstellen, die sofort

offenbaren, wenn eine Filiale oder ein(e) Verkäufer/-in

von der Norm abweicht.

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Stornobuchungen sind ebenfalls geeignet verdächtig zu

erscheinen. Stornos lassen sich nach allen in Betracht

kommenden Kombinationsmöglichkeiten auswerten.

Der Verdacht der Manipulation, des Betrugs, der Unter-

schlagung keimt automatisch auf, ohne dass die Betrof-

fenen davon etwas ahnen. So werden beispielsweise

Stornos gruppiert nach Zahlungsmitteln (Bargeld, Kre-

dit-/Kundenkarte, Scheck …), nach Beträgen oder nach

Bon-, Zeilen-, Summenstornos akribisch ausgewertet

und bewertet.

!"Beschäftigte pauschal verdächtig

Allein auf Basis der täglich anfallenden Daten im Be-

reich des Kassierens, lässt sich bereits nach einem kur-

zen Beobachtungszeitraum Wesentliches über das typi-

sche Arbeitsverhalten der Beschäftigten ermitteln. Ein

solches Programm bewirkt die vollständige und lücken-

lose Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Beschäftig-

ten an den Kassen. Damit ist eingetreten, wovor Daten-

schützer warnen: Die Leistungs- und Verhaltenskontrolle

ist nicht mehr eine aus Unternehmenssicht angenehme

Nebenwirkung, sondern das zentrale Einsatzziel der

Firmenleitung. Damit ist erstmals die vollständige und

kontinuierliche Analyse von personenbezogenen Daten

am Arbeitsplatz zum eigentlichen Systemzweck gewor-

den – die Datenverarbeitung in der Arbeitswelt hat eine

neue Dimension erreicht. Das System wird nicht mehr

nur eingesetzt, um einzelne schwarze Schafe zu ermit-

teln, sondern „Loss Prevention“ begründet eine Miss-

trauenskultur, in der alle Kassierer/-innen als potenziell

verdächtig gelten, bei erstbester Gelegenheit unbefugt

in die Kasse zu greifen. Als Beweis für die Anschuldi-

gung genügt ein irgendwie von der definierten Norm

abweichendes Verhalten. Vordergründig muss nicht der

Arbeitgeber beweisen, dass er bestohlen oder betrogen

wurde, sondern das Kassenpersonal hat die kontinuierli-

che Beweislast zu belegen, dass es nichts Unrechtmäßiges

getan hat.

!"Pick-by-Voice: Im Dauerkontakt

Nicht nur für die Beschäftigten im Handel, sondern

auch für die Kommissionierung halten die technologi-

schen Anwendungen Neues bereit: „Pick-by-Voice“ ist

ein sprachgesteuertes und auf Spracherkennung basie-

rendes Kommissionierungssystem, durch dessen Einsatz

Es ist nicht nur RFID allein …

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eine durchschnittliche Produktivitätssteigerung von

neun bis 15 Prozent erwartet wird. Die Fehlerrate soll

gegen Null gehen. Das sind jedenfalls die Erfahrungen,

die Experten in Projekten beispielsweise bei „Edeka“,

„Woolworth Netto“ und „Globus“ gesammelt haben.

Bei „Globus“ ist die Fehlerrate von 0,5 auf 0,04 Prozent

gesunken (vgl. Lebensmittelzeitung vom 21.9.2005).

„Metro Group Logistics“ (MGL) erwartet einen Rück-

gang der Fehlerquote von 0,3 auf 0,05 Prozent. Da

Fehler beim Greifvorgang oder beim Abstellen der Ware

zu Folgekosten führen, soll das System dafür sorgen,

dass dieser Arbeitsabschnitt fehlerfrei läuft. Die Unter-

nehmen versprechen sich von diesem System nicht allein

eine Verbesserung der Fehlerrate, sondern auch in Teilbe-

reichen eine Steigerung der Kommissionierungsleistung.

Bei der Arbeit mit Hilfe von „Pick-by-Voice“ sind die Be-

schäftigten mit einem Headset (Kopfhörer mit Sprech-

vorrichtung) und einem kleinem Funkterminal ausge-

stattet. Ihr Standort lässt sich grundsätzlich über GPS

lokalisieren. Die Beschäftigten erhalten ihre Arbeitsauf-

träge per Kopfhörer und bestätigen die Entnahme von

Ware Stück für Stück am Ende eines jeden Arbeits-

schrittes an das Kommissionisierungssystem zurück.

!"An der elektronischen Leine

Kritisch stellt die britische Gewerkschaft „GMB“ die An-

wendung dieser „Talkman-Terminals“ dar: Die Gewerk-

schaft macht darauf aufmerksam,

dass im Handel immer mehr Be-

schäftigte mit tragbaren Computern

aller Art an die elektronische Leine

gehängt werden.

Die Gewerkschaft warnt davor, dass

mit der Technik die Beschäftigten

nicht mehr nur permanent über-

wacht werden, sondern auch die

Arbeitsbelastung enorm ansteigt.

Zugleich schrumpfe der Raum für

eigenverantwortliche Tätigkeiten

gen Null und der Weg zu einer wei-

teren Automatisierung sei frei ge-

macht. Demnach scheine sich ein neues und zusätzliches

Überwachungsszenario für die Beschäftigten im Handel

anzubahnen.

Die kleinen Computer werden, nach einer Beschreibung

von „GMB“, wie elektronische Hand- und Fußfesseln

GMB

GMB bedeutet historisch

bedingt: „General Munici-

pal Boilermaker“, übersetzt:

allgemeine kommunale

Dampfmacher, und nennt

sich jetzt: „GMB - Britains

General Union“, übersetzt:

Britanniens allgemeine Ge-

werkschaft.

“Big Computer” is watching you: Fällt das

Arbeitsverhalten wie die Nutzung von Personal-

rabatt oder die Höhe der Stornobuchungen

irgendwie aus dem festgelegten Rahmen, dann

sortiert das System die betreffende Person

automatisch aus.

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für Straftäter auf Bewährung, an Armen getragen

(Handgelenk-Terminals). Zusätzlich gibt es einen kleinen

Scanner, der an einem Ring an einem Zeigefinger befes-

tigt wird. Eine andere Variante sind Westen, in denen

Computer mit Funkverbindung und GPS-Empfängern

eingearbeitet sind. Mit dem "Talkman" können die An-

gestellten über Spracherkennung mit dem Manage-

mentsystem kommunizieren (indirekt sprechen). Es kön-

nen ebenfalls über Spracherkennung Anweisungen und

Qualitätskontrollen in Echtzeit eingegeben werden. In-

tegriert sind ein Touchpad-Display (Befehle über Berüh-

rung) und ein Head Mounted Display (für ein Auge

oder für beide, ausgestattet mit Ohrhörern und einem

Mikrofon). Angeschlossen werden kann auch eine Ka-

mera zur Herstellung und Übertragung von Bildern.

!"Arbeiten im Galopp

Die genannten elektronischen Geräte dienen in erster

Linie dazu, die Tätigkeit der Beschäftigten (hier: die

Kommissionierung) zu steuern. Gleichzeitig ermöglicht

diese Technik das Verhalten und die Arbeitsleistung der

Beschäftigten minutiös zu kontrollieren. So lassen sich

aus dem Verkaufsbereich heraus Befehle an die Be-

schäftigten im Lager darüber erteilen, welche Produkte

sie an welchen Stellen entnehmen und in die Regale

stellen müssen. Mittels der Minicomputer lässt sich aus-

rechnen, wie lange die Beschäftigten für ihre festgeleg-

ten Wege benötigen, welche Pausen ihnen zustehen,

wie lange sie Pausen machen oder sich an bestimmten

Orten aufhalten. Die Menschen dürfen dann nur noch

das selbstständig entscheiden, was noch nicht berech-

net und automatisiert werden kann (vgl. Florian Rötzer

in telepolis vom 07.06.2005).

Die Nachfrage bei einem Betriebsrat, in dessen Unter-

nehmen „Pick-by-voice“ getestet wurde, bestätigt die

bisherigen Einschätzungen: Einerseits sichere das Sys-

tem eine beständige Routine im Arbeitsablauf. Anderer-

seits sei jedoch derzeit noch unklar, ob das System le-

diglich eine Art Routenoptimierung beinhalte oder ob

die permanenten Geräusche aus dem Headset (das zu-

dem dauerhaft unangenehm am Kopf drücke) die Kolle-

ginnen und Kollegen in der Kommissionierung voran

treibe. In jedem Fall stelle das System „Pick-by-voice“

eine gesundheitliche Belastung der Beschäftigten dar,

da keine eigenverantwortlichen Entscheidungen mehr

möglich seien und sie die andauernden Befehle als

belastend und anstrengend empfänden. Entsprechende

Forderungen zum Schutz der Mitarbeiter/-innen seien

daher auszuarbeiten. Die Forderung, diese Belastungen

abzustellen, habe oberste Priorität. Soweit dies nicht

vollständig möglich sei, sollten zusätzliche Pausen, ent-

sprechend der Arbeit an Bildschirmgeräten, gefordert

werden, um die Mehrbelastung zu kompensieren.

Die Berufsgenossenschaft untersucht derzeit „Pick-by-

voice”. Die Ergebnisse lagen bei Drucklegung dieser

Basisinformation noch nicht vor.

!"Geofence-Technik – Ankunft gewiss

„Metro“ hat mit der satellitengestützten Überwachung

und Steuerung seiner Lkw-Flotte begonnen. Ziele sind

dabei unter anderem eine permanente Temperaturkon-

trolle, die automatische Anvisierung der Fahrzeuge, be-

vor sie in den Märkten ankommen und der Diebstahl-

schutz. Ein weiterer Effekt besteht darin, dass sich die

komplette manuelle Verplombung der Fahrzeuge er-

übrigt – und dass natürlich die jederzeitige Ortung der

Fahrzeuge und damit der Fahrer/-innen möglich ist. Er-

gänzt werden diese Funktionen durch die so genannte

„Geofence“-Technik. Um die definierten Läden wird

eine imaginäre Mauer gezogen. Daher der Name „Geo-

fence“, was in etwa mit Erd- oder Bodenzaun übersetzt

werden kann. Passiert das Lieferfahrzeug diesen un-

sichtbaren Zaun, so erhält der Markt automatisch eine

Nachricht. Dies bedeutet, dass dort vorher bekannt ist,

ob beispielsweise ein Fahrzeug in zehn Minuten da sein

wird, da der Zaun um den Markt selbst liegt. Wird vor

Eintreffen des Lkw, also außerhalb des Zielortes, die Lade-

rampe oder sogar nur die Tür geöffnet, besteht, ähnlich

wie bei „Loss Prevention“, automatisch ein Diebstahl-

verdacht. Der Fahrer muss eine schlüssige Erklärung da-

für liefern, weshalb er die Tür außerhalb der autorisier-

ten Bereiche geöffnet hat. Dies lässt sich dann auch

noch anhand der GPS-Daten gegenprüfen.

Zusammenfassend ist deutlich, dass im Handel durch

die neuen technischen Systeme eine lückenlose Kon-

trolle der Leistung und des Verhaltens der Beschäftig-

ten möglich ist, sei es im Verkauf, an der Kasse, in der

Logistik oder im Lager. Die neuen Technologien bergen

ein nicht zu unterschätzendes Rationalisierungspoten-

zial. Gerade weil diese Veränderungen schrittweise,

wahrscheinlich über mehrere Jahre ablaufen, ist vor

Es ist nicht nur RFID allein …

Page 65: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

65

Beginn der Nutzung von RFID dringend angeraten, eine

Betriebsvereinbarung abzuschließen, die Schutzrege-

lungen trifft und die Prozesshaftigkeit der Einführung

und Nutzung von RFID berücksichtigt.

Pick-by-voice

Die Erfahrungen mit „Pick-

by-voice” waren unter-

schiedlich: Einige der Be-

schäftigten sind offensicht-

lich schneller geworden

und haben sich in den Ga-

lopp bringen lassen. Ande-

re, die zuvor bereits voraus-

schauend gearbeitet haben,

wurden durch „Pick-by-voi-

ce” eher ausgebremst, da

sie nicht "ihren" Rhythmus

laufen konnten (das sind

die Menschen, die etwas

aus dem Regal nehmen und

dabei schon halb ins näch-

ste Regal schauen und da-

mit bereits sehr schnell

sind), sondern stets warten

mussten, bis das System

eine neue Order erteilte

oder die Bestätigung der

Zuordnungsnummer abrief.

Das sind dann auch die

Menschen, die eher un-

glücklich über das System

sind, im Gegensatz zu de-

nen, die lieber auf Ansage

arbeiten.

Die Anstrengungen der Unternehmen zur Effizienz-

steigerung kennen keine Grenzen und machen

auch vor den Menschen nicht halt. Wer zu viel

Pause macht, der fällt auf und ist beim nächsten

Jobroulette raus.

Arbeiten im Galopp.

Page 66: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

66

Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz,

fordert ein RFID-Gesetz. Er regt überdies an, dass Indus-

trie und Handel sich über Selbstregulierung und Selbst-

verpflichtung zur umfassenden Gewährleistung des Da-

tenschutzes verpflichten, möglicherweise auch über

eine Datenschutz-Zertifizierung. Auch Verbraucher-

schutzminister Horst Seehofer erklärte auf dem dies-

jährigen Weltverbrauchertag immerhin, dass im Bereich

von RFID-Chips eine freiwillige Selbstverpflichtungs-

erklärung angestrebt werde, damit die Kunden sicher

sein könnten, dass nicht gegen ihren Willen Datenspu-

ren aus ihrem Privatleben verwendet werden. Doch

bleibt es bei dieser Freiwilligkeit, so gibt es keine Pflicht,

Datenschnüffeleien zu unterlassen und damit letztend-

lich auch keine Sicherheit für die Kundinnen/Kunden

und Arbeitnehmer/-innen.

Bemerkenswert ist, dass jetzt die EU-Kommission die

Auswirkungen des Einsatzes von RFID-Chips auf den

Bauernopfer:Datenschutz undPersönlichkeitsrechte

Sowohl Daten- als auch Verbraucherschützer/-innen sind sich einig: Industrie und Handel haben mit

dem Einsatz der RFID-Technologie gleichzeitig gegenüber den Konsumenten und den im Handel Be-

schäftigten Verpflichtungen wie Achtung des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte. Ohne

entsprechende Regelungen bleiben diese im Eifer des Gefechts langfristig auf der Strecke.

Raucherpause

gemacht?

Wenn Sie

nicht wissen,

wie viele

Zigaretten Sie

am Tag

rauchen,

dann fragen

Sie doch

Ihren Chef.

Der hat sie

vielleicht

schon alle

gezählt.

Page 67: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

67

Daten- und Verbraucherschutz überprüfen will. EU-

Kommissarin Viviane Reding teilte auf der CeBIT mit,

dass eine öffentliche Konsultation zum Thema RFID

eingeleitet worden sei. Es sei zu überprüfen, ob die

„E-Privacy“-Direktive der EU in Bezug auf RFID ange-

passt werden müsse. Wichtig wären allgemein akzep-

tierte Standards, die nicht nur die wirtschaftliche Effi-

zienz, sondern auch den Schutz der persönlichen Daten

berücksichtigten.

Festzustellen ist, dass zum Thema Datenschutz und

RFID noch viel geregelt und geklärt werden muss.

Industrie und Handel ziehen bereits erste Vorteile und

wollen die Technik ausbauen; aber die Privatsphäre des

Menschen als Konsument/-in und Arbeitnehmer/-in,

darf hierbei nicht auf der Strecke bleiben. Für die Be-

schäftigten sind Betriebsvereinbarungen hinsichtlich des

Einsatzes von RFID-Technologie die beste Möglichkeit,

den Einsatz im Betrieb zu regeln sowie Transparenz hin-

sichtlich der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Da-

ten herzustellen. Für die Konsumentinnen und Konsu-

menten bleibt, solange gesetzliche Regelungen fehlen,

nur die Hoffnung auf eine freiwillige Selbstverpflichtung

der Firmen.

!"… und du bist raus

Viele Daten, wie zum Beispiel Produktinformationen al-

lein für sich, sind datenschutzrechtlich unproblematisch

und können für Verbraucher/-innen sowie für das Ver-

kaufspersonal gleichermaßen hilfreich bei der Auswahl

der Produkte sein.

Wenn jedoch eine Kundinnen-/Kundenkarte oder ein

Mitarbeiter/-innen-Ausweis mit einem RFID-Chip ver-

sehen ist, so lassen sich die betreffenden Personen

identifizieren, sobald sie am Eingang eines Geschäftes

oder an einem anderen Ort ein platziertes Lesegerät

passieren. Wenn Verkäufer/-innen sich vom Verkaufsbe-

reich in den Aufenthaltsraum begeben und dabei von

Lesestationen erfasst werden, dann lassen sich über die

Personen Profile erstellen. In einem Geschäft, Gebäude

oder an anderen Plätzen installierte Lesegeräte ermög-

lichen detaillierte Bewegungsprofile. Daraus lässt sich

erkennen, an welchem Tag zu welcher Uhrzeit und wie

lange die Verkäufer/-innen sich in den unterschiedlichen

Bereichen aufgehalten haben, wie lange sie für eine be-

stimmte Wegstrecke gebraucht oder im Aufenthalts-

raum Pause gemacht haben. Diese Daten lassen sich

mit denen anderer Systeme, wie der Videoüberwachung

oder einem „Loss-Prevention“-System verknüpfen und

abgleichen. So könnte beispielsweise eine Auswertung

ergeben, dass ein/-e bestimmte/-r Verkäufer/-in jeweils

nach einem Einkauf, einem Storno oder einem Nullbon

die Kasse verlässt und regelmäßig in einen bestimmten

Bereich des Ladens geht. Daraus

könnten Schlüsse gezogen werden,

die möglicherweise völlig unzutref-

fend sind.

Im Lagerbereich könnte durch RFID

erfasst werden, wie viele Paletten

ein/-e Arbeitnehmer/-in in einem be-

stimmten Zeitraum bewegt hat, wie

viele und welche Laster sie/er bela-

den und welche Wege sie/er dabei

zurückgelegt hat. Die Dichte der

Daten, die über eine/-n einzelne/-n

Arbeitnehmer/-in erhoben werden

kann, ist letztlich abhängig von der

Anzahl der Lesestationen. Schnitt-

stellen zu anderen Datenbanken er-

öffnen Verknüpfungsmöglichkeiten

mit weiteren Daten der Arbeitneh-

mer/-innen. Beispielsweise lässt sich die Anzahl der

Ladevorgänge und die Pünktlichkeit bei Arbeitsantritt

zueinander in Beziehung setzen.

Die zu stellenden Fragen lauten somit:

• Zu welchem Zweck sollen personenbezogene und

-beziehbare Daten erhoben, verarbeitet und genutzt

werden?

• Welche Daten werden wo über wen erhoben und

gespeichert?

• Wer macht was mit welchen Daten?

• Wo werden diese gespeichert, z.B. in einem Data

Warehouse?

• Wer hat Zugriff auf die Daten?

• Wie sicher ist das System gegenüber unbefugtem

Auslesen?

• Zu welchem Zeitpunkt sollen personenbezogene

Daten gelöscht werden?

• An wen werden Daten übermittelt oder weiterge-

geben?

!"Missbrauchspotenziale und Risiken

RFID-Chips sind so klein, dass sie fast überall, zum Bei-

spiel in ein Kleidungsstück eingearbeitet werden kön-

nen. Die Firma „Benetton“ hat bereits RFID-Chips in

Kleidungsetiketten eingearbeitet, ohne dass die Käufer

darüber aufgeklärt wurden. Datenschützer haben vehe-

ment dagegen protestiert, so dass „Benetton“ dieses

„Loss Prevention“

ist eine Software, die von

jeder Kassiererin und von

jedem Kassierer Profile er-

stellt. Abweichungen von

diesem Profil gelten als un-

gewöhnliches Verhalten.

Das Fischen nach auffälli-

gen Personen soll der Auf-

deckung von Verlustquel-

len, die durch Manipulatio-

nen und/oder Fehlbedie-

nungen von Kassen entste-

hen, dienen.

Page 68: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

68

Pilotprojekt eingestellt hat. Auch in Payback-Karten wa-

ren 2003, ohne dass Verbraucher/-innen etwas davon

wussten, RFID-Chips integriert. Es gilt daher: Ein ver-

decktes Anbringen von RFID-Tags und das unerkannte

Auslesen von Daten muss unbedingt verhindert werden.

Eine andere Variante des Missbrauchs ist die Fälschung

der Identität des Lesegerätes. Damit wird einem RFID-

Chip vorgegaukelt, dass ein Lesegerät berechtigt ist, die

Daten auf dem Chip abzufordern. Beim Übertragen der

Daten von dem RFID-Chip auf das Lesegerät besteht

dann die Möglichkeit, die Daten abzuhören oder zu ver-

fälschen. Für die Verbraucher/-innen und die Beschäftig-

ten ergeben sich beim Einsatz der RFID-Technologie folg-

lich diverse Risiken (s.u.).

!"Ausspionieren verboten

An die aufgeführten Risiken, die sich aus dem Einsatz

der RFID-Technologie ergeben, schließt die Forderung

nach Maßnahmen zum Schutz der Konsumentinnen/

Konsumenten und der Beschäftigten unmittelbar an:

• Beschäftigte und Konsumentinnen/Konsumenten

müssen wissen, wo RFID-Tags zum Einsatz kommen

und was auf diesen gespeichert wird.

• Für Beschäftigte und Konsumentinnen/ Konsumen-

ten muss eindeutig erkennbar und transparent sein,

wann durch RFID-Tags Kommunikationsvorgänge

ausgelöst werden, die die Verarbeitung personenbe-

zogener Daten zur Folge haben.

Risiken für Verbraucher/-innen

Da die RFID-Systeme berührungslos arbeiten, kann

das Auslesen der auf Kundinnen-/Kundenkarten

gespeicherten Daten ohne Wissen der betroffenen

Person erfolgen.

Bei versteckt an Produkten angebrachten Chips er-

greifen Käufer/-innen keine Schutzmaßnahmen,

da sie von den an den Produkten angebrachten

Chips nichts wissen. Da hilft dann nur ein Gerät,

welches RFID-Chips aufspüren kann.

RFID-Tags ermöglichen eine eindeutige Kennzeich-

nung von einzelnen Gegenständen. Erworbene

Produkte können somit weltweit eindeutig einzel-

nen Personen zugeordnet werden. Voraussetzung

ist, dass beim Kauf des gechippten Produktes der

Bezug zur Käuferin oder dem Käufer hergestellt

und nicht aufgehoben wird.

Durch die Zusammenführung der Informationen

aus RFID-Chips mit personenbezogenen Daten,

lässt sich das Kaufverhalten einzelner Kundinnen/-

Kunden detailliert analysieren. Auf diese Weise las-

sen sich Kundenprofile erstellen. Präferenzen der

Kundinnen/-Kunden für einzelne Produkte, für die

Reihenfolge des Besuchs bestimmter Abteilungen

sowie für bestimmte Warenpräsentationen können

so erfasst und gespeichert werden.

Risiken für Beschäftigte

Da die RFID-Systeme berührungslos arbeiten, kann

das Auslesen der z.B. auf Firmenausweisen gespei-

cherten Daten ohne Wissen der betroffenen Per-

son erfolgen.

RFID-Chips könnten versteckt in Berufsbekleidung

eingearbeitet werden. Auch hier ergreifen die Be-

schäftigten, da sie von der Existenz des Chips

nichts wissen, keine Schutzmaßnahmen.

Die weltweit eindeutige Kennzeichnung von Pro-

dukten ermöglicht es, z.B. festzustellen, wann

während der Herstellung oder des Versands das

einzelne Produkt Schaden genommen hat. Durch

die Verknüpfung dieser Daten mit Schichtplänen

ist festzustellen, wer den Schaden verursacht hat,

so dass Schadenersatzansprüche an die/den Be-

schäftigte/-n gestellt werden können.

Durch die Zusammenführung der Informationen

aus RFID-Chips mit personenbezogenen Daten las-

sen sich Bewegungsprofile erstellen. Leistungs-

und Verhaltenskontrolle ist möglich.

Bauernopfer: Datenschutz und Persönlichkeitsrechte

R

I

S

I

K

O

Page 69: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

69

• Personenbezogene Daten auf RFID-Tags von Be-

schäftigten aber auch von Verbraucherinnen/Ver-

brauchern dürfen nur so lange gespeichert bleiben,

wie dies zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist.

Nach Zweckerreichung sind sie zu löschen.

• Für die Beschäftigten muss die Möglichkeit zum Le-

sen der beispielsweise auf Firmenausweiskarten ge-

speicherten Daten gegeben sein. Das Auskunfts-

recht steht selbstverständlich auch den Konsumen-

tinnen und Konsumenten zu.

• Käuferinnen und Käufer müssen Daten auf Produk-

ten mit RFID-Tags nach dem Kauf löschen können.

Zudem sollten wirksame Blockierungsmaßnahmen

(z.B. eine abschirmende Einkauftasche) angeboten

werden, damit sie nicht der Gefahr ausgesetzt sind,

bei Verlassen des Ladens mit gechippten Produkten

doch noch ausgelesen zu werden.

• Die Vertraulichkeit der von Beschäftigten sowie von

Kundinnen und Kunden gespeicherten und der

übertragenen personenbezogenen Daten muss

durch wirksame Verschlüsselungstechnik sicherge-

stellt sein.

• Grundsätzlich sollten Personenverfolgungen und die

Erstellung von Profilen nicht gestattet sein, weder

bei den Beschäftigten, noch bei den Verbraucher/-

innen.

Das Augenmerk muss sich darauf konzentrieren, einen

kontrollierbaren Einsatz von RFID-Technologie zu er-

möglichen und keine Kontrolle durch RFID zu schaffen!

!"Datenklau (un)möglich

Bei einer Umfrage der Wochenzeitung „Die Zeit“ ge-

meinsam mit der Berliner Humboldt-Universität im Rah-

men des Forschungsprojektes „Taucis“ (Technikfolgen-

Abschätzung Ubiquitäres Computing und Informatio-

nelle Selbstbestimmung) kam besonders deutlich die

Angst vor einem Kontrollverlust beim Einsatz von RFID-

Chips heraus.

73 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die

Funketiketten am Ladenausgang über eine Kill-Funktion

vollständig vernichtet werden sollten. Andere Verfahren,

wie zum Beispiel die Deaktivierung, lehnte die Mehrheit

der Befragten ab. Sie sehen eine Unsicherheit darin,

dass die Chips im Nachhinein wieder aktiviert werden

könnten.

Um sich vor den von der RFID-Technologie ausgehen-

den Gefahren zu schützen, kommen mehrere Möglich-

keiten in Betracht: Da käme zunächst das Blockieren,

also das Stören des Funkverkehrs in Frage, zum Beispiel

durch aktive Störsender, die man in der Tasche mit sich

führen kann. Aber auch eine Art Faradayscher Käfig um

einen RFID-Chip, der diesen abschirmt, wäre denkbar,

zum Beispiel in Form einer Einkaufstasche.

Die „Metro Group“ zum Beispiel bietet ihren Kundin-

nen und Kunden die Möglichkeit, den auf den RFID-

Chips gespeicherten individuellen EPC-Code zu löschen.

Der Kunde kann dann per Tastendruck den Chip deakti-

vieren und, so die „Metro Group“, dauerhaft unbrauch-

bar machen. Allerdings muss geklärt sein, was mit den

auf den Chips gespeicherten Echtheitszertifikaten und

den Garantieansprüchen im Falle einer Zerstörung ge-

schieht.

Das Deaktivieren der Chips bietet keinen sicheren

Schutz, wenn sie nur zeitweise deaktiviert und später

durch spezielle Lesegeräte wieder aktiviert werden kön-

nen. Die Industrie bietet so genannte Clipped Tags an.

Dies sind RFID-Etiketten, die es den Konsumentinnen

und Konsumenten ermöglichen, die Etiketten mecha-

nisch zu verändern, so dass die Antenne des RFID-Chips

zerstört wird. Das soll entweder durch das Abziehen ei-

ner Folie, das Rubbeln auf dem Etikett oder das Weg-

knicken einer vorperforierten Bruchstelle erfolgen. Bei

allen drei Varianten soll der Chip jedoch voll funktions-

tüchtig bleiben. Mit einer Zusatzantenne soll er wieder

reaktiviert werden können. Das ist zum Beispiel dann

erforderlich, wenn Ware zur Reparatur eingeschickt

werden muss.

Weitere Produkte, die es ermöglichen sollen, sich direkt

vor dem unbefugten Auslesen der Chipdaten zu schüt-

zen sind unter www.foebud.org zu finden.

Fazit: Wird die RFID-Technologie eingesetzt, so ist Da-

tenschutz unverzichtbar. Die technischen Mittel sind

vorhanden, um zum Beispiel die Tag-Daten verlässlich

gegen Angriffe zu schützen. Allein der Preis lässt viele

Firmen vor Schutzmaßnahmen zurückschrecken. Ein

fahrlässiger Umgang mit Daten sowie fehlender oder

ungenügender Datenschutz sind nicht akzeptierbar.

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70

Jeder technische Fortschritt, der geringere Bestandsre-

serven und weniger Regallücken durch bessere Plan-

barkeit ermöglicht, der die Personal- und Lagerkosten

verringert und der die Kundenorientierung sowie den

Service erhöht, verschafft den Unternehmen einen

Wettbewerbsvorteil gegenüber den schlechter ausge-

rüsteten Konkurrenten.

Eine Bedingung für die erfolgreiche Nutzung von RFID

entlang der Liefer- und Wertschöpfungskette, der

„Supply Chain“, ist eine gemeinsame Ausrichtung der

Standardisierungsbemühungen von Industrie, Handel

und Logistik. Die Schaffung der technischen und or-

ganisatorischen Voraussetzungen für eine aussichts-

reiche Umsetzung der RFID-Technologie wird in den

In Zukunft

mit RFID

Ziel aller technologischen und organisatorischen Veränderungen ist der Erhalt und die Stärkung der

Marktposition gegenüber der Konkurrenz. Vorteile durch die Nutzung von RFID ergeben sich für die

Unternehmen aufgrund der automatischen Identifikation aller Waren und der nunmehr möglichen

Transparenz bei allen Prozessen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, also vom Hersteller bis

zum Händler in die Regale.

Die technischen Entwicklungen schreiten rasant

voran. Bereits in drei Jahren soll jede zweite Palette

mit einem RFID-Tag ausgestattet sein. Für die Be-

triebe bedeutet dies enorme Veränderungen. Wer

sich jetzt nicht einmischt und für die Belange der

Beschäftigten einsetzt, der kriegt keine zweite

Chance.

Page 71: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

71

dominierenden Unternehmen mit großem Einsatz voran-

getrieben.

Prognosen der Unternehmensberatung McKinsey besa-

gen, dass im Jahr 2010 jede zweite Palette, jede dritte

(Um-)Verpackung, aber nur jeder zwanzigste Artikel mit

einem RFID-Tag ausgestattet sein wird (vgl. RFID: Tech-

nologie und Anwendungen, Industrie- und Handels-

kammer, Region Stuttgart, Stand 2006, Seite 13).

Technikanwendungen wie Videoüberwachung, Pick-

by-voice, Loss Prevention sind vielerorts schon alltägli-

che Praxis, GPS und Geofence werden sich ebenfalls

etablieren.

Die Anzahl der Self-Scanning-Kassen mit Barcode-Lese-

technik im Lebensmittelhandel steigt kontinuierlich. Ob-

wohl die Kundinnen/Kunden dadurch für die Warenprä-

sentationen im Kassenbereich (Impulsgeschäft) weniger

Zeit und Aufmerksamkeit erbringen können, ist das

Konzept zukunftsfähig.

In welchem Umfang und in welchen Bereichen RFID

zum Standard wird, lässt sich derzeit nicht allgemein

beantworten. Was sich im Lebensmittelbereich als profi-

tabel für die Unternehmen erweisen kann, könnte in

Bereichen, in denen Kundinnen/Kunden persönliche An-

sprache erwarten, zu sinkenden Umsatzzahlen führen.

Beispielsweise sind in einigen Bereichen des Textileinzel-

handels üblicherweise die Verkäufer/-innen gleichsam

Kassierer/-innen, und es ist derzeit noch kaum vorstell-

bar, die Kundinnen/Kunden nach der Verkaufsberatung

zu einer Self-Scanningkasse zu schicken.

Die Störungsfreiheit und Sicherheit der RFID-Technik im

alltäglichen Leben wird maßgeblich für einen akzeptier-

ten Einsatz sein. Die Diebstahlsicherheit der Waren wird

gleichsam ein Aspekt sein, der den Rahmen für die

RFID-Einführung setzen wird. Die Akzeptanz der Kun-

dinnen/Kunden wird für einen weitreichenden Einsatz

von RFID sicherlich eine Rolle spielen, wenngleich die

Unternehmen die Steuerungsinstrumente in der Hand

haben, zum Beispiel durch eine entsprechende Preisge-

staltung. Ebenso wird der Preis für die RFID-Chips einen

wesentlichen Einfluss darauf haben, wie wirtschaftlich

und damit interessant für die Unternehmen das Taggen

einzelner Produkte ist, was letztendlich die Vorausset-

zung beispielsweise für das Selbstkassieren am Tunnel-

scanner ist.

Preis, Schnelligkeit und eine „Geiz-ist-geil“-Mentalität

sind nicht die einzigen Kriterien, die Kaufentscheidun-

gen prägen und Kundenbindungen erzeugen.

Eines aber ist sicher: Die RFID-Zukunft im Handel hat

längst begonnen. Es ist höchste Zeit, dass sich alle Be-

triebsräte auf diese Veränderungen vorbereiten, qualifi-

zieren und Ziele definieren, um sich aktiv und gestal-

tend in diesen Prozess einzubringen. Für die Betriebsräte

ist es jetzt wichtig, die durch die Technik betroffenen

Rechte der Beschäftigten zu sichern und ihre Interessen

zu vertreten. Letztendlich dient dieses Einmischen, wie

zum Beispiel bei den Belangen des Datenschutzes, nicht

nur den Beschäftigten während der Arbeit, sondern

auch nach Dienstschluss als Kundin/Kunde.

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72

Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik:

Studie „Risiken und Chancen des Einsatzes von RFID-

Systemen, Bonn 2004

Bundesarbeitsgericht: Beschluss vom 27.03.2003,

2 AZR 51/02 (Eingriff in das Persönlichkeitsrecht)

Bundesarbeitsgericht: Beschluss vom 29.06.2004,

1 ABR 21/03 (Videoüberwachung am Arbeitsplatz)

Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 15.12.1983,

1 BvR 209/83, BVerfGE 65, 1 (Volkszählungsurteil)

Computerwoche: 7/2006

Computerwoche: 12/2006

DIN EN ISO 9241: Teil 10

Däubler, Wolfgang: Computersysteme im Handel –

rechtliche Rahmenbedingungen für den Betriebsrat, in:

Dokumentation der Fachtagung der BTQ Kassel: "Die

Zukunft im Handel hat schon begonnen", Seite 34,

Kassel 2005

Däubler, Wolfgang und Kittner, Michael, Klebe, Tho-

mas (Herausgeber): Betriebsverfassungsgesetz mit

Wahlordnung, Kommentar für die Praxis, 9. Auflage,

Frankfurt am Main 2004

Duris, Rick: Frontline Solutions Magazine, Dezember

2003

Financial Times Deutschland: 16.03.2006

Funkpost: 2/2005, Interview Dr. Jürgen Pfister, Be-

reichsleiter Personal und Soziales der "Metro Group"

Gola, Peter, Schomerus, Rudolf: Kommentar zum

Bundesdatenschutzgesetz, 8. Auflage, München 2005

GS1 und AIM Deutschland: Presseerklärung vom

03.04.2006

Handelsblatt: 22.06.2005

Handelsblatt: 30.09.2005

Hilty, Lorenz sowie Behrendt, Siegfried, Binswanger,

Mathias, Bruinink, Arend, Erdman, Lorenz, Fröhlich,

Jörg, Köhler, Andreas, Kuster, Niels, Som, Claudia und

Würtenberger, Felix: Das Vorsorgeprinzip in der Infor-

mationsgesellschaft, Auswirkungen des Pervasive Com-

puting auf Gesundheit und Umwelt, S. 165, Bern 2003

http://www.datenschutzverein.de/presse.html

http://www.die-gesundheitskarte.de/testphase/test-

regionen/index.html

http://www.ecin.de/news/2005/04/11/08177

http://www.electronicstalk.com/news/jui/jui100.html

http/www.elektrosmog.com

http://www.environmental-studies.de/Info/RFID/RF-

11/rf-11.html

http/www.foebud.org

http/www.heise.de/ct/04/13/046/: Alles auf eine Kar-

te – Die JobCard in schwerem Fahrwasser

http/www.idc.com

http://www.telepolis.de/r4/artikel/22/22252/1.html

Industrie- und Handelskammer, Region Stuttgart, RFID:

Technologie und Anwendungen, Stuttgart, Stand 2006

Kleine Anfrage an den Bundestag, Drucksache

15/3025 vom 28.04.2004

Lebensmittelzeitung: 16.09.2005

Lebensmittelzeitung: 21.09.2005

Lebensmittelzeitung: 30.09.2005

Lebensmittelzeitung:14.10.2005

Lebensmittelzeitung: 21.10.2005

Lebensmittelzeitung: 10.02.2006

Lebensmittelzeitung: 24.03.2006

Metro Group: Erfolgreich in die Zukunft des Handels

starten, Willkommen im Future Store (Stand 2004)

Rötzer, Florian: in telepolis (Internetseite): 07.06.2005

Rötzer, Florian: in telepolis (Internetseite): 15.03.2006

Schaar in: Christiane Schulzki-Haddout, Heise-News

17.05.2004

Voß, G.G., Rieder, K.: Der arbeitende Kunde. Wenn

Konsumenten zu unbezahlten Mitarbeitern werden,

Frankfurt/Main 2005

Wirtschaftswoche: 13.01.2005

Literatur und

Links, die im

Text verwen-

det wurden,

sind hier auf-

gelistet.

Literatur und Quellen

Noch Fragen?

Hier gibt es Lesefutter.

Page 73: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

73

Anwendung von RFID-Systemen: Christian Kern;

Springerverlag; Berlin, September 2005, ISBN 3-540-

27725-0

Der angemessene Grad an Visibilität in Logistik-

Netzwerken. Die Auswirkungen von RFID: Lars Ditt-

mann; Deutscher Universitätsverlag; St. Gallen

(Schweiz), 2. Aufl. April 2006, ISBN 3-835-00300-3

Der arbeitende Kunde. Wenn Konsumenten zu un-

bezahlten Mitarbeitern werden: G.G. Voß, K. Rieder;

Campus Verlag; Oktober 2005, ISBN 3-593-37890-6

Effiziente Logistikprozesse mit SAP RFID: Tobias

Götz, Philipp Beer, Sasan Safai; Galileo Press; November

2005, ISBN 3-898-42966-0

Individualisierung im stationären Einzelhandel:

Jens Stüker; Deutscher Universitätsverlag; Freiburg, Sep-

tember 2005, ISBN 3-835-00115-9

Logistik mit intelligenten Identifikationssystemen

(RFID) Identifizieren, Lokalisieren, Kommunizieren,

Steuern: Michael Schenk; Springerverlag; Berlin, Febru-

ar 2007, ISBN 3-540-29653-0

RFID-Handbuch. Grundlagen und praktische An-

wendungen induktiver Funkanlagen, Transponder

und kontaktloser Chipkarten: Klaus Finkenzeller;

Hanser Fachbuchverlag; München, Wien, 4. erw. Auflage

August 2006, ISBN 3-446-22071-2

RFID aus Konsumentensicht, Umfrageergebnisse

und Implikation: Madlen Boslau, Britta Lietke; GHS

Verlag; März 2006, ISBN 3-925-32784-3

RFID für Dummies: Patrick J. Sweeney; Verlag Wiley-

VCH Dummies; Weinheim, 1. Auflage Juli 2006,

ISBN 3-527-70263-6

RFID im Supply Chain Management: Martin Strass-

ner; Deutscher Universitätsverlag; St. Gallen (Schweiz),

2. Aufl. September 2006, ISBN 3-835-00146-9

RFID in der Praxis einsetzen: Frithjof Walk; Hanser

Fachbuchverlag; März 2006, ISBN 3-446-40465-1

RFID Radio Frequency Identification: Robert Scho-

blick, Gabriele Schoblick, Franzis; Poing (Deutschland)

und Pörtschach a. Ws. (Österreich); April 2005, ISBN 3-

772-35920-5

The Spychips Threat: Why Christians Should Resist

RFID and Electronic Surveillance: Katherine Albrecht,

Liz McIntyre, Nelson Current; Januar 2006

Deutsche Übersetzung zu bestellen unter:

http://www.foebud.org/rfid/kapitel-1-spychips

Linkliste

http://www.bsi.de

http://www.btq-kassel.de

http://www.computerpartner.de

http://www.foebud.org

http://www.heise.de

http://www.netzwelt.de

http://www.nocards.org/(englisch)

http://www.rfid-informationen.de

http://www.rfidvirus.org

http://www.telepolis.de

http://www. verdi.de

Hier finden

Sie weitere

Literaturtipps

(eine Auswahl

momentan auf

dem Markt

befindlicher

Bücher, sor-

tiert nach dem

Titel).

Page 74: RFID -   · PDF file7 Vorwort RFID zum Nutzen der Menschen einsetzen – nicht gegen sie Radio Frequency Identification (RFID) ist eine auf Funkchips basierende Technik, die

74

Daten, die per Scanner eingelesen/erfasst

werden.

Augenblickliche Auswertung.

Zusätzlicher Service nach dem Verkauf.

AIM Deutschland e.V. ist der nationale Industrieverband für Automatische Identifikation, Daten-

erfassungssysteme und Mobilität und ist Mitglied von AIM Global in den USA. Mitglieder im

deutschsprachigen Raum sind Hersteller, Lieferanten, Systemintegratoren und Nutzer von Tech-

nologien, die zur automatischen Erfassung, mobilen Datenkommunikation und Bereitstellung

von Daten zur Verarbeitung in Managementsystemen dienen.

Vermögenswert eines Unternehmens.

Einen Benutzer (z.B. einer Computeranlage) identifizieren.

Nachweisen der Identität.

Bundesarbeitsgericht.

Der Barcode (englisch barcode, bar = Strich) ist eine maschinenlesbare Schrift, die aus verschie-

den breiten Strichen und Lücken besteht. Sie kann über optische Abtaster, so genannte Strich-

codelesegeräte (oder Barcodelesegeräte, umgangssprachlich auch Scanner) maschinell gelesen

und in einer EDV weiterverarbeitet werden.

Videoprojektor.

Betriebsverfassungsgesetz.

Bundesdatenschutzgesetz (regelt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung).

Bildschirm, der einen Spiegel in Lebensgröße simuliert und die elektronisch erfassten Körperdaten

einer Kundin/eines Kunden in ein Bild überträgt.

Die Biometrie (gr. Bio = Leben und Metron = Maß) beschäftigt sich mit der Vermessung quanti-

tativer Merkmale von Lebewesen. Die "neuere Biometrie" beschäftigt sich insbesondere mit

Merkmalen von Menschen. Aus einzelnen Merkmalen oder einer Kombination mehrerer biome-

trischer Daten wird auf eine Person geschlossen. Diese kann sich authentifizieren (aus einem

definierten Personenkreis), etwa gegenüber Zugangsbeschränkungen, oder sie wird identifiziert

(aus einem undefinierten Personenkreis).

Hier: z.B. Stören des Funkverkehrs, um Chips zu blockieren.

In Transportmittel integrierte Computer.

BSI ist die Abkürzung für das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

Bauform eines Transponders (Chipcoin mit einem Loch in der Mitte zur Befestigung).

Abscannen

Ad-hoc-Auswertung

After-Sales-Services

AIM

Asset

Authentifizierung

Authentisierung

BAG

Barcode

Beamer

BetrVG

BDSG

Bildschirmspiegel

Biometrisches Verfahren

Blockieren

Bordcomputer

BSI

Button-Tag(s)

Glossar

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Bundesverfassungsgericht.

Internationale Messe der Informations- und Telekommunikationsindustrie (Centrum für Büro-,

Informations- und Telekommunikationstechnik).

Verlassen einer Örtlichkeit nach Bezahlung (z.B. des Supermarktes) oder Identifizierung (z.B.

Flughafen).

Speichereinheit für elektronische Daten.

Knopfrunde Bauform eines Transponders.

RFID-Etikett, das durch die/den Konsumentin/Konsumenten selbst deaktiviert werden kann.

Der Begriff Kreuzverkauf oder englisch Cross-Selling bezeichnet im Marketing den Verkauf

passender, ergänzender Produkte oder Dienstleistungen.

Programm zur systematischen (automatisierten oder halbautomatischen) Aufdeckung und

Extraktion unbekannter Informationen aus großen Mengen von Daten.

Siehe Blockieren.

Form der Datenverwaltung in Unternehmen. Das Data Warehouse strukturiert die in einem

Unternehmen vorhandenen Daten, um aussagekräftige Informationen für unternehmerische

Entscheidungen (Vertrieb, Marketing etc.) zu liefern. Wichtigstes Merkmal ist die strikte

Trennung der entscheidungsunterstützenden Daten von operativen Daten.

Distributionszentrum (distribution center) = Auslieferungszentrum.

Gerät zum Deaktivieren der auf Chips gespeicherten Informationen.

Marktforschungsabteilung der Deutschen Bank.

In Ziffern dargestellt.

Der EPC Discovery Service speichert die Adressen der EPC-IS Server, auf denen Produktinforma-

tionen abgelegt sind. Dadurch ist eine Warenrückverfolgung möglich.

Strichcode (Barcode) mit einer Nummer für jeden Artikel-Typ (z.B. Milch).

Electronic Data Interchange (EDI) ist der Überbegriff für Industriestandards zum elektronischen

Austausch von Geschäftsdokumenten.

Elektronische Gesundheitskarte. Das ist eine mit einem RFID-Chip versehene Karte, auf der indi-

viduelle Daten (Rezepte, Arztbesuche, Krankheiten etc.) erfasst sind.

Ein auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichertes Rezept.

Elektronischer Ausweis.

BVerfG

CeBit

Checkout

Chip

Chipcoins

Clipped Tag(s)

Cross-Selling

Data Mining

Data-Privatizer

Data Warehouse

DC(s)

Deaktivator

Deutsche Bank Research

Digital

Discovery Services

EAN-Strichcode

EDI

EGK/eGK

Elektronisches Rezept

E-Pass

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Diese EU-Richtlinie 2002/58/EC stellt grundlegende Verpflichtungen und Standards für den

Individualdatenschutz und den Schutz persönlicher Daten auf und garantiert den Schutz der

Vertraulichkeit für alle Formen der privaten Kommunikation in elektronischen Netzen.

Electronic Product Code (EPC) ist eine individuelle Produktkennzeichnung; diese soll die euro-

päische Artikelnummer (EAN) ersetzen.

Eine neue Ausführung des EPC.

Standardisierungsorganisation; entwickelt die Standards für den branchenweiten Einsatz von

EPC-RFID.

EPC Information Services: Ort, an dem sich Informationen über ein Produkt befinden.

Hier: Gerät, um die Funksignale eines RFID-Chip abzuschirmen (siehe auch Blockieren).

Fingerabdruck; siehe biometrisches Verfahren.

Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V. in Biele-

feld. Das ist ein Verein für technik- und gesellschaftspolitisch interessierte Menschen, der sich

vor allem für die ungehinderte Kommunikation (Informationsfreiheit) und Datenschutz einsetzt.

RFID-Tag, der per Funksignal eingelesen wird.

RFID-Tag, der per Funksignal eingelesen wird.

Z.B. ein Produkt, welches mit einem Chip versehen ist.

Technik, die es ermöglicht, einen aus Funksignalen bestehenden elektronischen Zaun zu erzeugen.

Siehe elektronische Gesundheitskarte.

Siehe scannen.

Ein mit einem RFID-Chip versehenes Produkt.

Ein in ein Glasröhrchen integrierter RFID-Chip.

Britische Gewerkschaft.

Satellitengestütztes System zur weltweiten Positionsbestimmung (Global Positioning System).

GPS beruht auf dem Prinzip der Entfernungsbestimmung durch Laufzeitmessung von Signalen,

die von Bezugspunkten ausgesendet und vom Nutzer empfangen werden. Als Bezugspunkte

dienen 24 Satelliten, deren Position zu jedem Zeitpunkt mit hoher Präzision bekannt ist. Bei

gleichzeitigem Empfang der Funksignale von drei oder mehr Satelliten, sind mit GPS-Empfängern

auf etwa 10–100 m genaue Positionsbestimmungen möglich.

GS1 Germany ist ein Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum für unternehmensübergreifende

Geschäftsabläufe in der deutschen Konsumgüterwirtschaft und ihren angrenzenden

Fortsetzung Seite 77

Glossar

E-Privacy-

Direktive

EPC

EPC Gen 2

EPCglobal Inc.

EPCIS

Faradayscher Käfig

Fingerprint

FoeBuD

Funketikett

Funk-Tag(s)

Gechippt

Geofence-Technik

Gesundheits-Card

Gescannt

Getaggt

Glastransponder

GMB

GPS

GS1

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Wirtschaftsbereichen. Sie ist Gründungsmitglied der internationalen EAN-Organisation, deren

Standards heute in 129 Ländern eingesetzt werden. GS1 Germany ist ein kartellrechtlich aner-

kannter Rationalisierungsverband und Trägerin des Normenausschusses Daten- und Warenver-

kehr in der Konsumgüterwirtschaft (NDWK) im DIN. Ihre Regeln zum Weltstandard EAN mit

den Identifikationssystemen für Produkte, Dienstleistungen, Lokationen und Packstücke sind

wichtige Empfehlungen zur Optimierung der Geschäftsprozesse. Mit EANCOM® und den er-

gänzenden WebEDI- und XML-Standards hat sie die Voraussetzungen zur Rationalisierung des

elektronischen Austausches von Geschäftsdaten geschaffen. Neben den technischen Standards

spielen Prozessstandards mit globalem Anspruch im Rahmen der ECR-Strategien (Efficient Con-

sumer Response) eine entscheidende Rolle. Als Trägerin der ECR Deutschland-Initiative arbeitet

GS1 Germany mit den Organisationen in Österreich und der Schweiz (D-A-CH) sowie den an-

deren regionalen und globalen Initiativen zusammen.

Minicomputer, der am Handgelenk befestigt wird.

Elektronisches Anzeigesystem, das am Kopf befestigt wird (für das Auge; mit Ohrhörern und

Mikrofon).

Kombination aus Kopfhörer mit Mikrofon, das die beidseitige Kommunikation ermöglicht.

Hochfrequenz-Bereich.

Auch Kennung, Identifikationsnummer oder kurz ID; ist ein eindeutiges künstliches Merkmal,

dass zur Identifizierung eines Objektes dient.

Ein Marktforschungsinstitut.

Ein Marktforschungs- und Beratungsunternehmen.

Siehe EPCIS.

Siehe Scanner.

Internationale Normierungsorganisation (International Organization for Standardization).

Informationstechnologie (information technology).

Etikettierung von Gegenständen mit RFID-Chips. Unter Item-Tagging wird die Verwendung von

RFID-Transpondern auf Artikel- bzw. SKU-Ebene (SKU = kleinste bestandsführende Lagereinheit;

Stock Keeping Unit) verstanden. Hierdurch ist eine einzelteilgenaue Identifizierung und damit

die Rückverfolgbarkeit möglich.

Bei der „JobCard“ handelt es sich um ein Verfahrensprojekt, das zwar die Nutzung einer Signatur-

karte vorsieht, bei dem die Daten jedoch auf zentralen Servern gespeichert werden. Projektziel

ist ein neues System zur Vorlage von Verdienst-, Entgelt- und Arbeitsbescheinigungsdaten in

sozialrechtlichen Verfahren. Die nach den Sozialgesetzen zur Leistungsberechnung vorgesehenen

und vom Arbeitgeber zu bescheinigenden Daten (Höhe von Entgeltzahlungen, Daten zu den

Beschäftigungszeiten etc.) sollen zukünftig nicht mehr vom Arbeitgeber auf Papier ausgestellt,

sondern von ihm monatlich für alle seine Arbeitnehmer/-innen an eine Zentrale Speicherstelle

(ZSS) elektronisch übertragen werden.

GS1 (Fortsetzung von Seite 76)

Handgelenk-Terminal

Head Mounted Display

Headset

HF-Bereich

ID

IDC

IDTechEx

Information Services

Infrarot-Scanner

ISO(-Standard)

IT

Item-Tagging

Job-Card

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Agentur zur Vermittlung von Arbeit.

Ein englisches Marktforschungsinstitut.

Vorgang, der einen Chip vollständig vernichtet.

Siehe Lesestation.

Kündigungsschutzgesetz

Rechtmäßigkeit, Anerkennungswürdigkeit.

Siehe Lesestation.

Gerät zum Dekodieren von Chips.

Siehe RFID-Gate.

Software zur Aufdeckung von Verlustquellen, die durch Manipulationen und/oder Fehl-

bedienungen von Kassen entstehen.

Britische Handelskette.

Die METRO Group Future Store Initiative versammelt Unternehmen aus dem Handel, der Kon-

sumgüterindustrie und der Informationstechnologie, um Perspektiven für den Handel zu erar-

beiten. Die Zukunftswerkstatt der Initiative ist der „Future Store“ in Rheinberg bei Düsseldorf.

In diesem Verbrauchermarkt der „Metro-Vertriebsmarke Extra“ testen die Kooperationspartner

die neu entwickelten Anwendungen für das Lagermanagement und den Verkaufsraum unter

realen Bedingungen. Im Fokus soll dabei der Nutzen für den Verbraucher stehen.

Die Middleware ist eine Software, um den Informationskreis zwischen der Datenerfassung von

Lager- und Transportbeständen mit den IT-Systemen in Unternehmen zu schließen.

Maschinenlesbare Zone.

In direkter Verbindung mit der Datenverarbeitungsanlage arbeitend.

Ware, die nachgefüllt werden muss („Regallücke“).

Ein Bonus- und Rabattkartensystem.

Das Peripheriegerät ist eine Komponente oder ein Gerät, das sich außerhalb der Zentraleinheit

eines Computers befindet. Vereinfacht kann von im Computer verbauten (internen) und mit

diesem durch ein Kabel (oder auch durch Infrarot- oder Funktechnik) verbundenen (externen)

Peripheriegeräten unterschieden werden. Peripheriegeräte dienen der Ein- und Ausgabe von

Daten oder Befehlen in die Zentraleinheit. Ein Peripheriegerät ist z.B. der Drucker.

Ein sprachgesteuertes Kommissionierungssystem.

Glossar

Jobcenter

Juniper Research Limited

Kill-Funktion

Kontrollleser

KSchG

Legitimität

Lesehardware

Lesestation

Lese-Tore

Loss Prevention

Marks & Spencer

Metro Future Store

Middleware

MRZ

Online

Out-of-Stock(s)

Paybackkarte

Peripheriegeräte

Pick-by-Voice

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Persönliche Identifikationsnummer gegenüber einer Maschine.

Die Schaltungen und die gesamte Elektronik werden über einen modifizierten Druckprozess

hergestellt. Basis hierfür sind halbleitende und leitende Kunststoffe, die als Tinte für den

Herstellungsprozess verwendet werden.

Mehrere mit RFID-Chip versehene (Dinge/Waren/Artikel) werden gleichzeitig elektronisch

erfasst.

Sende-Empfangs-Einheit.

Retail kommt aus dem Englischen und bezeichnet wörtlich den "(Klein-/Einzel-)Handel" bzw.

den "Wiederverkauf".

Radio Frequency Identification, in der deutschen Fachliteratur gelegentlich „Funkerkennung“;

ist eine Methode, um Daten auf einem Transponder berührungslos und ohne Sichtkontakt lesen

und speichern zu können. Dieser Transponder kann an Objekten angebracht werden, welche

dann anhand der darauf gespeicherten Daten automatisch und schnell identifiziert und lokalisiert

werden können.

Lesegerät für große Objekte, z.B. Lkws.

Eigentlicher Chip, der auf Trägermaterial aufgebracht oder in ein solches integriert wird.

Siehe Blockieren.

Siehe Blockieren.

Armreif, der in der Nähe eines Scanner-Induktionsfeldes für RFID-Tags rot aufleuchtet.

RFID-Chip.

Ein Virus ist ein digitales Programm, das in Software-Systeme eingreifen und Daten manipulieren

kann.

Erfassen elektronischer Daten durch ein Lesegerät.

Lesegerät für RFID-Chips.

Elektromagnetisches Feld durch das der Scanner die RFID-Tags einliest.

Gefahren hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit erkennen und selbst Gegenmaßnahmen

ergreifen.

Siehe Self-Checkout-Kasse.

Kundinnen/Kunden übernehmen selbst den Kassiervorgang (Einlesen der Codes per Scanner

sowie Bezahlung per Kreditkarte oder am Bargeldautomaten).

PIN

Polymerelektronik

Pulkerfassung

Reader

Retailer

RFID

RFID-Gate

RFID-Inlay

RFID-Kartenschutzhülle

RFID-Pass-Schutzhülle

RFID-Scanner-Detektor-Armreif

RFID-Tag

RFID-Virus

Scannen

Scanner

Scanner-Induktionsfeld

Selbstdatenschutz

Selbstzahlerkasse

Self-Checkout-Kasse

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Self-Scanning-

Kasse

Strichcode

Supply Chain

Tag(s)

Talkman-Terminal(s)

Taucis

Terminal

Touchpad-Display

Touch-screen

Transponder

Tunnelscanner

Ubiquitäres Computing

UHF-Bereich

UHF-Funkchips

Unit-Tagging

Wärmesensor

Webadressen

80

Siehe Self-Checkout-Kasse.

Siehe Barcode.

Versorgungskette, Wertschöpfungskette.

Siehe RFID-Tag.

Ein Anwendungs-System, das mit Handgelenk-Terminal und Headset ausgestattet ist.

Forschungsprojekt der Humboldt-Universität (Technikfolgen-Abschätzung Ubiquitäres Computing

und Informationelle Selbstbestimmung).

Hier: Lesegerät für RFID-Chips.

Elektronische Anzeige, die auf Berührung reagiert.

Bildschirm, der auf Berührung reagiert (Plasma-Bildschirm).

Ein Antwortgerät (meist an Bord eines Luftfahrzeugs), das nach Empfang eines Abfrage-Impulses

eines Boden-Radargeräts selbsttätig auf einer abweichenden Frequenz eine Antwort-Impulsfolge

aussendet, die durch geeignete Verschlüsselung die Feststellung der Identität eines Flugzeugs so-

wie die Übermittlung weiterer Informationen (z.B. Flughöhe) erlaubt; verwendet in der Flugsiche-

rung sowie als militärisches Freund-Feind-Kennungsgerät.

Scanner in U-Form, durch welchen die gechippten Produkte hindurch geschoben werden können,

um den Lesevorgang zu aktivieren.

Bezeichnet die Allgegenwärtigkeit der Informationsverarbeitung im Alltag von Unternehmen

und Kunden.

Ultrahochfrequenz-Bereich.

RFID-Tag mit Ultrahochfrequenz

Bestückung von logistischen Einheiten und/oder Versandeinheiten mit einem Transponder.

Elektronisches Gerät, das Temperaturen erfasst.

An der Erstellung der Broschüre waren beteiligt:

ver.di: http://www.verdi.de

ver.di Fachbereich Handel: http://www.handel.verdi.de

ver.di Bereich Innovations- und Technologiepolitik: http://www.innotech.verdi.de

ver.di-innotec gGmbH: http://www.verdi-innotec.de

BTQ Kassel: http://www.bwbtq.de

Glossar

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RFID Basisinformation 2007

Notizen

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