Rinder in der Landwirtschaft - Tierschutzbund · 05 Wer ist das? Rind Kurzform für Haus-rind....

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Die Subline beträgt 18 pt. Rinder in der Landwirtschaft

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Die Subline beträgt 18 pt.

Rinder in der Landwirtschaft

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Inhaltsverzeichnis

Das Rind 03

Natürliches Rinderverhalten 06

Rinder in der Landwirtschaft 10

So müsste sich die Landwirtschaft ändern 26

Tierschutz fängt beim Essen an 27

Das kannst Du tun 28

Euter

Augen

Hörner

Magen

Schwanz Klauen

Ohren

Maul

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Augen: Mit ihren großen, beweglichen Augen, seitlich am Kopf, können Rinder sehr weit nach oben und nach hinten blicken. Sie haben fast einen Rundumblick. Was vor ihnen liegt, sehen die Tiere aber nur unscharf und sie brauchen Zeit, um sich vom Hellen ans Dunkle zu gewöhnen. Bewegungen erkennen Rinder aber besser als wir Menschen. Daher muss man sich immer ruhig bewegen, damit sie sich nicht erschrecken.

Ohren: Rinder können mit ihren großen, beweglichen Ohren ganz genau die Richtung erkennen, aus der ein Geräusch kommt. Sie hören besser als Menschen.

Hörner: Mit ihren Hörnern können Rinder sich nicht nur kratzen. Sie verständigen sich auch damit. Je nachdem wie sie ihren Kopf bewegen, können sie mit den Hörnern ihre aktuelle Laune ausdrücken, drohen oder imponieren. Reagiert das andere Rind darauf nicht, kann ein Rind mit seinen Hörnern auch an-greifen oder sich verteidigen. Es gibt allerdings auch gezüchtete Rassen, die keine Hörner haben.

Maul: Als reine Pflanzenfresser reißen Rinder mit ihrer rauen Zunge dicke Grasbüschel ab. Ihr kräftiges Maul ist darauf spezialisiert, große Mengen Kräuter oder Gras aufzunehmen. Im oberen Kiefer haben Rin-der anstelle von Zähnen eine Kauplatte. Im Unterkie-fer haben sie Zähne. Damit zermahlen sie ihr Futter.

Magen: Rinder sind Wiederkäuer. Ihr Magen besteht aus vier Kammern, in denen die grob zerkauten Pflanzen mithilfe von Mikroorganismen nach und

Inhaltsverzeichnis Das Rind

Augen

Hörner

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. nach verdaut werden. Zwischendurch kommt der Nahrungsbrei noch einmal ins Maul. Er wird weiter zerkleinert und wieder geschluckt, bevor er schließ-lich in den Darm gelangt. Das nennt man Wiederkau-en. Wiederkäuer können auf diese Weise, anders als wir Menschen, Gras verdauen.

Euter: Zahlreiche Milchdrüsen im Euter produzieren Muttermilch für die Kälber. Um Milch zu geben, muss die Kuh ein Kalb zur Welt bringen. Der Mensch nutzt Kuhmilch als Nahrungsmittel.

Klauen: Rinder sind Paarhufer und haben an jedem Fuß zwei Klauen. Sie stehen quasi auf den Fingernä-geln zweier Finger. Diese Fußform macht sie beson-ders trittsicher im Gelände.

Schwanz: Der Schwanz hilft, lästige Insekten abzu-wehren. Er ist vor allem aber wichtig für die Verstän-digung untereinander. Ob ein Rind sich unwohl fühlt oder nervös ist, erkennt man an den Schwanzbe-wegungen. Kälber wackeln beim Trinken mit dem Schwanz und drücken so ihr Wohlbefinden aus.

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Wer ist das?

RindKurzform für Haus-rind. Weltweit gibt

es 450 verschiede-ne Rinderrassen.

KuhErwachsenes

weibliches Rind, das schon einmal ein Kalb

geboren hat.

KalbNeugeborenes

Rind bis zum Alter von etwa einem

halben Jahr.

FärseErwachsenes

weibliches Rind, das noch kein Kalb

geboren hat.

OchseMännliches Rind, das

kastriert wurde. Ochsen wurden früher gemästet

und als Zugtiere gehalten.

Bulle/StierErwachsenes

männliches Rind.

Bis zu 12 Stunden fressen

8-9 Stunden

wiederkäuen

3-4 Stunden schlafen

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Dass Rinder die Fähigkeit haben, sich allein von Gras zu ernähren, war einer der Gründe, sie als Nutztiere an den Menschen zu gewöhnen. Menschen würden verhungern, wenn sie Gras essen müssten. Sie kön-nen Gras nicht verdauen und die im Gras enthaltenen Nährstoffe nicht aufschließen.

Rinder fressen, mit Unterbrechungen, bis zu zwölf Stunden am Tag, vor allem früh morgens und in der Abenddämmerung. Während sie Gras und Kräuter abreißen, kauen und herunterschlucken, bewegen sie sich Schritt für Schritt auf dem weichen Wiesenboden vorwärts. Zwischendurch legen sie sich hin, um in Ruhe wiederzukäuen. Im Sommer suchen sie sich dafür einen schattigen, weichen Platz unter Bäumen. Um sich wohlzufühlen brauchen Rinder, neben einer festen Herde, ausreichend Platz, viel frisches Futter, viel Wasser und weiche Liegemöglichkeiten. Alle Rin-der einer Herde fressen oder ruhen etwa zur gleichen Zeit. Auf der Weide liegen die Tiere mit einem Ab-stand von zwei bis drei Metern auseinander. Acht bis neun Stunden am Tag sind Rinder mit Wiederkäuen beschäftigt, dem erneuten Durchkauen der Pflanzen.

Natürliches Rinderverhalten

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Um Parasiten und verdreckte Stellen im Fell wieder loszuwerden, scheuern die Rinder sich an Bäumen. Fliegen und andere Insekten, die ihnen zu nahe kom-men, wehren sie durch heftiges Kopfschütteln und mit dem Schwanz ab.

Die imposanten Tiere sind sehr gesellig. 20 bis 30 Muttertiere mit ihren Kälbern bilden eine Herde. Alle Tiere kennen einander, es gibt eine feste Rang-ordnung. Jeder kennt darin seinen Platz und die Tiere halten entsprechend Abstand voneinander. Gute Freunde dürfen auch näher kommen. Indem sie einander oft mit der rauen Zunge zur Fellpflege lecken, festigen die Tiere lebenslange Freundschaf-ten. Unterschiedlich erfahrene und junge wie alte Tiere leben in einer Gruppe zusammen. In natürlichen Rinderherden kommt keine Kuh von Außerhalb neu in die Gruppe.

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Das Leben der Kälber

Nachdem sie vom Stier gedeckt wurde, trägt eine Kuh zehn Monate lang ihr Kalb aus. Um es zur Welt zu bringen, entfernt sie sich von der Herde. Sie sucht einen geschützten Ort mit hohem Gras und leckt das neugeborene Kalb intensiv trocken. Schon nach einer halben Stunde kann das Kalb auf wackeligen Beinen unter der Mutterkuh stehen und trinken. Die erste Milch, die eine Kuh nach der Geburt gibt, wird Biestmilch genannt. Sie ist für das Kalb lebenswichtig, denn sie enthält Abwehrstof-fe. Auch in den nächsten Tagen hat das Kalb nur Kontakt zu seiner Mutter. Fünf bis zehnmal am Tag kommt die Kuh zum Kalb. Dann trinkt das Kleine etwa zehn Minuten lang am Euter Milch. Ansons-ten liegt das Kalb geschützt im hohen Gras und braucht Ruhe. In diesen ersten Tagen bildet sich eine sehr enge Mutter-Kind-Beziehung, die über Jahre andauern kann.

Nach einigen Tagen, wenn es kräftig genug ist, be-gleitet das Kalb die Mutter in die Herde. Nun kommt es mit vielen neuen Reizen in Kontakt. Es lernt seine Umwelt kennen und wie es sich anderen Herdenmit-gliedern gegenüber zu verhalten hat. Das Band zwi-schen Kuh und Kalb wird immer fester. Es ist wichtig, dass das Kalb in dieser Phase viele verschiedene und gute Erfahrungen macht. Kälber, die innerhalb ihrer ersten zehn Lebenstage keine Menschen ken-nengelernt haben, bleiben ihr Leben lang Menschen gegenüber unsicher, ängstlich und schreckhaft.

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Schon nach wenigen Tagen beginnt das Kalb da-mit, Gras zu fressen. Es darf aber noch etwa zehn Monate lang bei der Kuh Milch trinken. Zwischen einer Kuh und ihren Kälbern besteht lebenslang eine enge Bindung.

In den ersten Monaten ruhen alle Kälber einer Herde gemeinsam und sie spielen täglich in „Kin-dergartengruppen“ zusammen. Bevor sie mit den anderen Rindern grasen, rangeln und kämpfen sie spielerisch, üben ihre Geschicklichkeit und Schnel-ligkeit und schließen auch Freundschaften. Ein Herdenmitglied – oft der Bulle – beaufsichtigt die Kälbergruppe. Junge Bullen verlassen die Herde im Alter von zwei Jahren, wenn sie geschlechtsreif sind. Zwei bis vier Tiere leben anschließend als Junggesellengruppe zusammen. Ältere Bullen sind oft Einzelgänger.

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Rinder in der Landwirtschaft

Hirtenvölker zogen früher mit ihren Herden über Land, um die Graslandschaften zu beweiden, die für den Ackerbau nicht geeignet waren. Heute ziehen nur noch wenige Bauern im Hochgebirge mit ihren Tieren im Frühjahr und Sommer auf die Alm – dorthin, wo zwar noch Gras aber kein Getreide mehr wächst. Die meisten Rinder stehen heute in Ställen – ohne Weide und ohne Auslauf.

Früher hat man Rinder ein und derselben Rasse genutzt, um deren Milch und Fleisch zu gewinnen und Lasten zu ziehen. Durch Zucht waren im Laufe der Jahrhunderte an verschiedenen Orten unter-schiedliche Rinderrassen entstanden. Sie kamen mit den Lebensbedingungen dort gut zurecht und fraßen ausschließlich Gras und Kräuter (Grünfutter oder Raufutter). Diese robusten, alten Rassen sind in den letzten Jahren in weiten Teilen Deutschlands fast völlig verschwunden.

Die moderne Zucht hat die Nutzungen getrennt. Heu-te werden bestimmte Rinderrassen gezüchtet, die viel Milch geben und andere Rassen, die viel Fleisch an-setzen. Diese Hochleistungsrassen müssen zusätz-lich mit Kraftfutter gefüttert werden und sind anfälliger für Krankheiten. Zugrinder werden hierzulande nicht mehr gebraucht.

Die intensive Landwirtschaft orientiert sich nicht am natürlichen Herdenverhalten der Rinder. Gruppen werden zusammengestellt, ohne dass die Kühe sich untereinander kennen. Kühe, die vor der Geburt eines ©

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Kalbes eine Zeit lang keine Milch geben, werden von ihrer Gruppe getrennt und Kälber werden in fremde Gruppen integriert. Ein normaler Herdenverband mit klaren Rangverhältnissen kann sich so nicht ausbil-den. Das führt zu Stress bei den Tieren.

Gesetzliche Bestimmungen zur Haltung von Rindern gibt es – abgesehen vom Tierschutzgesetz, das nur sehr allgemeine Vorgaben macht – nur für die Hal-tung von Kälbern. Für die Haltung von Masttieren und Kühen, die älter als sechs Monate sind, gibt es keine konkreten gesetzlichen Vorschriften.

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Das Leben der Kälber in der intensiven Landwirtschaft

Schon kurz nach der Geburt, sobald es die lebens-wichtige Biestmilch getrunken hat, wird das Kalb für immer von seiner Mutter getrennt. Die ersten sieben Wochen seines Lebens darf ein Kalb alleine ge-halten werden. Anstelle von Kuhmilch bekommt es meistens Milchaustauscher zu trinken, eine milch-ähnliche Flüssigkeit aus Abfällen der Molkerei. Das ist billiger, als dem Kalb richtige Milch zu füttern.

In der Einzelhaltung werden auch andere Be-dürfnisse des Kalbes nicht erfüllt. Es soll zwar Sicht- und Berührungskontakt zu anderen Kälbern haben, wird aber vom Muttertier nicht gepflegt und kann auch nicht mit anderen Kälbern herumtollen. Stroheinstreu oder ähnliche Materialien sind nur für die ersten beiden Wochen vorgeschrieben. Da-nach kann das Kalb auch auf einem Spaltenboden gehalten werden.

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Damit ihm später keine Hörner wachsen, werden dem Kalb mit einem heißen Brennstab die beiden Hornanlagen am Kopf herausgebrannt. Dies ge-schieht, wenn das Tier zwei bis sechs Wochen alt ist. Der Eingriff ist für das Kalb sehr, sehr schmerz-haft. Er darf aber bei Kälbern bis zu einem Alter von sechs Wochen ohne Betäubung durchgeführt werden. Die Rinder sollen sich später nicht gegen-seitig und in den engen Ställen auch den Landwirt nicht verletzen.

Ab einem Alter von acht Wochen müssen Kälber in Gruppen gehalten werden. Das ist gesetzlich vor-geschrieben. Üblicherweise werden mehrere etwa gleichaltrige Kälber zusammen gehalten. Doch ohne Herdenverband können sie sich nicht an älte-ren Tieren orientieren und von ihnen lernen.

Kälber, die ohne Kontakt zur Mutter leben, werden in der Regel nur zweimal am Tag getränkt. Sie trin-ken dann in kurzer Zeit sehr viel Milchaustauscher, haben anschließend aber immer noch das Bedürfnis zu saugen. Viele Kälber entwickeln daraufhin eine Verhaltensstörung. Sie fangen an, andere Kälber zu besaugen. Dabei kommt es vor, dass sie Haare verschlucken, die sich als Knäule im Magen oder Darm verfangen, was gefährlich ist. Wenn Kälber zu viel Milch auf einmal trinken, kann das auch tödlich enden, weil der Magen reißt. Von 100 Kälbern ster-ben zehn bis 15 Tiere während der Aufzucht. Das ist eine enorm hohe Verlustrate.

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Das Leben als Milchkuh in der intensiven Landwirtschaft

Immer mehr Kühe werden das ganze Jahr über im Stall gehalten. Sie kommen nie auf die Weide, ob-wohl sie dort am liebsten sind.

Viele große Milchviehbetriebe haben Liegeboxen-laufställe. Die Kühe können dort wählen, wo sie sich im Stall aufhalten möchten. Es gibt Futterplätze, Tränken und Liegeboxen für die Tiere. Der größte Teil der Stallfläche besteht aus einem Betonboden,

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der Spalten hat, damit er leichter sauber zu halten ist. Der Boden ist hart und feucht. Er wird durch den Kot der Tiere verschmutzt und rutschig. Die Kühe gehen unsicherer. Sie trauen sich nicht, sich zu put-zen, denn dafür müssten sie auf drei Beinen stehen. Das Laufen auf dem harten Spaltenboden führt zu schmerzhaften Problemen an Beinen und Füßen (Klauenkrankheiten). In einem Laufstall bewegen sich die Kühe weniger als auf der Weide, weil alles in ihrer Nähe ist. Im Stall ist es schwerer, einander auszuweichen, daher kommt es zwischen den Tie-ren häufiger zu Konflikten und Streitigkeiten.

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Milchkühe sind heute 115 kg schwerer also noch vor einigen Jahren und sie werden immer größer. Die Lie-geboxen in älteren Ställen sind für die Kühe zu klein. Da die Tiere sich trotzdem bis zu neun Stunden hinle-gen, um wiederzukäuen, bekommen sie Abschürfun-gen und Druckstellen, die sehr schmerzhaft sind.

Damit eine Kuh Milch gibt, muss sie jedes Jahr ein Kalb bekommen. Kühe binden sich sehr eng an ihre Kälber. Doch weil die Milch von Menschen getrun-ken werden soll, wird das Kalb sofort von der Kuh getrennt, nachdem es die Biestmilch getrunken hat. Das ist für beide Tiere extrem belastend.

Milchkühe werden normalerweise zweimal am Tag gemolken, manche sogar dreimal. In besonders mo-dernen Ställen werden die Kühe von einem Melkro-boter gemolken. Sie wurden in besonderen Hochleis-tungsrassen so gezüchtet, dass sie viel mehr Milch geben als früher. Im Jahr 1900 gab eine Kuh etwa 10 Liter Milch pro Tag. Heute geben einige Kühe bis zu 50 Liter Milch pro Tag, eine enorme körperliche An-strengung. Das verbraucht sehr viel Energie. Mit Grün-futter können diese auf Hochleistung gezüchteten Kühe gar nicht so viel Energie aufnehmen wie sie brauchen, um diese enorme Menge an Milch zu geben. Milchkühe müssen daher heute mit Kraftfutter gefüttert werden. Der komplizierte Wiederkäuermagen und die Mikroor-ganismen darin reagieren allerdings sehr empfindlich. Die intensive Fütterung mit Kraftfutter – zerkleinertem Soja oder Sojabrei – kann zu schweren Problemen im Stoffwechsel bis hin zum Tod der Tiere führen.

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Hochleistungs-Milchkühe bekommen häufig Euter-entzündungen oder andere Erkrankungen. Weil sie so oft krank sind, daraufhin weniger Milch geben oder nicht mehr tragend werden, werden sie nach vier bis fünf Jahre geschlachtet, obwohl Kühe ei-gentlich 20 Jahre alt werden könnten.

Anbindehaltung Jede dritte Kuh in Deutschland, in Bay-ern sogar jede zweite, steht angebun-den im Stall (Anbindehaltung). Manche nur im Winter, andere das ganze Jahr über. Diese Kühe können nicht laufen. Sie können nur einen Schritt vor oder zurückgehen, sich nicht putzen, nicht kratzen, nicht umdrehen, sie können sich nicht bequem hinlegen und nicht so auf-stehen wie eine Kuh normalerweise aufsteht.

Milchkuhhaltung „Für mehr Tierschutz“Milchkühe, die den Richtli-nien des Tierschutzlabels entsprechend gehalten wer-

den, haben es besser. Im Stall haben sie mehr Platz. Anbindehaltung ist verboten, die Liegeboxen müssen groß genug und eingestreut sein. Dies gilt sowohl in der Einstiegsstufe des Tierschutzlabels (ein Stern) als auch in der Premiumstufe (zwei Sterne). In der Premi-umstufe haben die Kühe außerdem jederzeit Zugang zu einem Laufhof und vom Frühjahr bis in den Herbst hinein sind sie auf der Weide.

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Das Leben als Fleischrind in der intensiven Landwirtschaft

Einige Rinderrassen wurden so gezüchtet, dass sie sehr schnell wachsen. Bei diesen Fleischrassen werden sowohl die männlichen als auch die weibli-chen Tiere gemästet. Die männlichen Kälber (Bullen-kälber) von Milchkühen werden ebenfalls gemästet. Sie wachsen allerdings nur langsam, werden jung geschlachtet und als „Kalbfleisch“ verkauft.

Fleischrinder (Mastrinder) werden häufig das ganze Jahr über im Stall gehalten. Viele Tiere kommen nie auf die Weide, Anbindehaltung ist erlaubt. Die meisten Mastrinder leben jedoch in Vollspaltenstäl-len. Mit dem harten, oft verschmutzten und rutschi-gen Beton-Spaltenboden haben sie genau so viele Probleme wie die Milchkühe. Sie schliddern und verletzen sich ihre Klauen. Außerdem gibt es keinen weichen Liegebereich.

Mastrinder sollen schnell wachsen. Sie erhalten da-her wenig natürliches Raufutter, sondern Kraftfutter. Das fressen sie sehr schnell innerhalb von drei Stun-den am Tag auf, anstatt 12 Stunden am Tag zu gra-sen. Die Rinder zeigen Verhaltensstörungen wie das Zungenrollen. Dabei hält ein Tier seinen Kopf nach oben, rollt seine Zunge vor dem Maul hin und her und macht Bewegungen, als wenn es grasen würde.

In den Ställen ist es eng. Das führt dazu, dass rangniedere Tiere den ranghöheren schlecht oder

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gar nicht ausweichen können oder keinen ruhigen Platz finden, an dem sie gut liegen und wiederkäu-en können. Der Stallboden besteht nur aus den harten Spaltenböden, weich liegen können die Tiere dort nicht.

Rinder sind daran angepasst, auf weichen Böden zu gehen. Auf harten Spalten-Böden bekommen die schweren Fleischrinder gesundheitliche Prob-leme an Beinen, Gelenken und Klauen. Wenn sie ruhen oder wiederkäuen liegt ihr Schwanz auf dem Betonboden und andere Tiere können darauf treten. Die Schwanzspitze wird dadurch immer wieder verletzt und stirbt schließlich ab. Neun von zehn Masttieren haben schmerzhafte Verletzungen an den Schwanzspitzen.

Mastrinder werden nach etwas mehr als einem Jahr, im Alter von etwa 15 Monaten, geschlachtet.

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Mutterkuhhaltung Einige Rinderhalter praktizieren die Mutterkuhhal-tung. Diese Haltung kommt dem natürlichen Ver-halten der Rinder am nächsten. Die Kälber werden nicht von ihren Müttern getrennt, sondern leben mit ihnen gemeinsam auf der Weide. Sie wachsen in der Herde auf. Sie können rennen und auf der Wiese herumtollen.

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Rinderalltag

Während sie grasen, legen Rinder bis zu zwölf Kilometer am Tag zurück. Auf Naturboden können die Tiere gut laufen, Beine, Gelenke und Klauen sind an diesen Untergrund angepasst.

Auf der Weide ruhen die Rinder gemein-sam. Entsprechend ihrer Rangordnung halten sie Abstand voneinander. Rang-niedrige Tiere können den ranghöheren ausweichen.

Den ganzen Tag über sind die Rinder beschäftigt. Sie halten Kontakt zueinander und suchen Futter, wie frisches Gras und Kräuter, das sie gut verdauen können.

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Im Stall haben die Rinder wenig Bewegung. Auf dem feuchten Betonboden mit Spalten gehen sie sehr vorsichtig. Sie rutschen oft aus und verletzen sich ihre Klauen.

In der Anbindehaltung stehen die Kühe dicht an dicht. Ein rangniedriges Tier kann sich vom ranghöheren nicht entfernen. Es hat ständig Stress.

Hochleistungs-Milch-kühe und Fleischrin-der werden von Gras und Kräutern nicht satt. Sie müssen viel Kraftfutter bekom-men, fressen es ganz schnell und können davon krank werden.

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Kälberalltag

Das Kalb trinkt acht bis zehn Mal am Tag Milch am Euter der Kuh. Dabei nuckelt es jeweils zehn Minuten lang. Das sind etwa 100 Minuten pro Tag.

Die Kuh säugt ihr Kalb etwa ein Jahr lang, obwohl es auch grast. Sie leckt es oft und pflegt sein Fell. Kuh und Kalb sind einander eng verbunden.

Kälber rennen, springen, tollen miteinander auf der Weide herum und spielen. Sie trainieren ihre Muskeln und verbessern ihre Geschicklichkeit.

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Das Kalb bekommt zweimal am Tag zumeist Milchaus-tauscher. Sein Saugbedürfnis wird dabei nicht gestillt. Es braucht keine zehn Minuten, um den Eimer zu leeren.

Zwei Wochen lang lebt das Kalb völlig allein. Ab einem Alter von acht bis zwölf Wochen bekommt es nur noch Raufutter.

Ab der achten Woche ist für Kälber zwar Gruppenhaltung vorgeschrieben, aber im Stall ist wenig Platz zum Herumtol-len und Toben.

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© A. Farkas/afi

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Wenn Rinder für die menschliche Ernährung Milch geben oder Fleisch liefern, dann sollten sie vor der Schlachtung ein möglichst gutes, artgerechtes Leben haben. Auf dem Weg zum Schlachthof und bei der Schlachtung dürfen sie nicht gequält werden. Tierschützer fordern daher:

• Weidegang für alle Rinder • Helle und freundliche Ställe mit breiten, trockenen

Laufgängen• Großzügige, eingestreute, weiche Liegeflächen

im Stall• Verbot der Anbindehaltung• Wiederkäuergerechtes Futter• Keine Enthornung• Muttergebundene Kälberaufzucht für alle Milchkälber• Mutterkuhhaltung für alle Kälber von Fleischrassen• Zucht auf geringere Milchleistung, dafür robuste

Kühe, die ein langes und gesundes Leben haben

Ein Landwirt muss die Tiere immer auch wirtschaft-lich sehen, sie helfen ihm Geld zu verdienen. Je billiger Milch, Butter oder Käse im Geschäft sind, desto weniger Geld bleibt für den Landwirt übrig. Wenn er von der Molkerei zu wenig Geld bekommt, kann er tierfreundliche Umbauten im Stall oder eine intensivere Betreuung der Tiere durch einen Tierarzt nicht bezahlen.

So müsste sich die Landwirtschaft ändern

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Ob du dich tageweise oder immer ohne Fleisch er-nährst, für den Tierschutz ist es ein Gewinn. Wenn weniger Menschen Rindfleisch essen, müssen nicht so viele Rinder gemästet und geschlach-tet werden. Wenn weniger Milch getrunken und weniger Quark, Joghurt oder Käse gegessen wird, müssen die Tiere weniger auf Leistung getrimmt sein. Der Deutsche Tierschutzbund empfiehlt aus Gründen des Tierschutzes, des Umweltschutzes und des Klimaschutzes eine vegetarische oder vegane Ernährung. Wer darauf achtet, weniger tie-rische Produkte zu kaufen und nur solche, die aus tiergerechterer Haltung stammen, tut ebenfalls etwas für den Tierschutz.

Tierschutz fängt beim Essen an

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Das kannst du tun

Das Essen genießenWer behauptet eigentlich, dass man Milch trinken, Rindfleisch, Quark, Käse oder Joghurt essen muss? Veggie-Burger, herzhafte Salsa-Kartoffeln oder Smoothies schmecken auch lecker. Als Pausensnack kannst du z.B. Energiebällchen oder Pizzaschnecken ohne Käse mitnehmen. Essen für den Tierschutz ist lecker und es gibt unzählige gute vegane oder vegetarische Rezepte.

Aufpassen beim Einkaufen Schon beim Einkauf kannst du auf den Tierschutz achten. Zum Bei-spiel anstelle von Rindfleischbrühe lieber Gemüsebrühe wählen. Du leistest einen großen Beitrag zum Tierschutz, wenn du gar kein Rindfleisch, keine Rindersalami und kein Rinderfi-let kaufst – oder zumindest weniger. Das gilt auch für Milch und Milchprodukte wie Butter, Käse oder Joghurt. Anstelle von Kuhmilch kannst du zum Bei-spiel Mandel-, Reis- oder Haferdrink kaufen. Wer Milch kaufen möchte, sollte auf das Tierschutzlabel „Für Mehr Tierschutz“ achten – oder auf verschie-dene Siegel wie EU-Bio und die der Bio-Verbände Bioland, Demeter oder Naturland.

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Andere überzeugenZeige anderen wie einfach es ist, sich für Tiere starkzumachen. Am besten geht das mit Leckereien. Bring zum nächsten Geburtstag Kuchen oder Muffins mit, die ohne Milch und Butter gebacken wurden oder ve-getarische Nuggets statt Frikadellen. Und wie wäre es mit selbstgemachtem Fruchteis?

Andere informierenDie wenigsten Kinder begegnen heute in ihrem Alltag echten Rindern. Halte ein Referat in der Klasse. Zeig deinen Mit-schülern, was Kühe und Kälber brauchen. Erläute-re ihnen, warum Wiederkäuer sich allein von Gras ernähren und berichte über die Missstände in der intensiven Rinderhaltung. Erkläre, warum die Milch von Kühen, die auf der Weide leben, tiergerechter ist und warum Milch nicht billig sein darf. Viele wissen auch nicht, dass in Brasilien Regenwälder abgeholzt werden, um Soja als Kraftfutter für euro-päische Hochleistungs-Rinder anzubauen. Wenn du beim Einkaufen nach fleischfreien Produkten oder Tierschutzlabel-Produkten fragst, merken die Verkäufer, dass Menschen beim Einkauf auch auf den Tierschutz achten.

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ProtestierenDie Politiker, die Gesetze und Verordnungen erlassen, müssten viel mehr tun, um Tiere wirklich zu schützen. Daher: Schreib´ dem Landwirtschaftsmi-nister einen Brief. Sag ihm klipp und klar, was dir an der jetzigen Situation der Rinder nicht gefällt und bitte ihn darum, die Missstände zu beseitigen.

Weiter recherchieren auf www.jugendtierschutz.deAuf der Jugendwebsite des Deutschen Tierschutzbundes findest du Hinter-grundinfos, Tipps, Informationen über aktive Ju-gendgruppen und Vorschläge für Rezepte.

WUSSTEST DU, DASS...

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...Stiere keine Farben sehen können? Beim Stierkampf reagieren sie nur auf die Bewegung. Nicht auf das rote Tuch.

... eine Kuh an einem heißen Tag bis zu 180 Liter Wasser trinken kann?

... Kälber, die von ihrer Mutter aufgezogen wurden, weniger furchtsam und ihr Leben lang gesünder sind als andere?

... für den Anbau von einem Kilogramm Getreide 450 Liter Wasser benötigt werden, für ein Kilogramm Rindfleisch aber 15.000 Liter Wasser?

Der Deutsche Tierschutzbund e.V. unterhält zur Erfüllung seiner Aufgaben und Zielsetzungen unter anderem eine Akademie für Tierschutz.

Unterstützen Sie den Tierschutz, indem Sie Mitgliedim örtlichen Tierschutzverein und im DeutschenTierschutzbund werden!

Überreicht durch:

Deutscher Tierschutzbund e. V.In der Raste 10, 53129 BonnTel. 0228 60 49 6-0, Fax 0228 60 49 6-40

www.tierschutzbund.dewww.jugendtierschutz.dewww.tierschutzlabel.info

Deutsches HaustierregisterTel. 0228 60 49 6-35Fax 0228 60 49 6-42www.registrier-dein-tier.de

Sparkasse KölnBonnBLZ 370 501 98, Konto Nr. 40 444 IBAN: DE 88 37050198 0000040444 BIC: COLS DE 33

Spenden sind steuerlich absetzbar.Gemeinnützigkeit anerkannt.

Verbreitung in vollständiger Originalfassung erwünscht. Nachdruck – auch auszugsweise – ohne Genehmigung des Deutschen Tierschutzbundes nicht gestattet. 11

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