Ring Astro Menschenkunde Band3

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THOMAS RING Astrologische Menschenkunde III Kombinationslehre HERMANN BAUER VERLAG FREIBURG IM BREISGAU

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THOMAS RING

Astrologische Menschenkunde

IIIKombinationslehre

HERMANN BAUER VERLAGFREIBURG IM BREISGAU

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bearbeitet und formatiert durch Lisa Jensen

ISBN 3-7626-0423-1

© 1969 by Hermann Bauer Verlag KG, Freiburg im Breisgau. Alle Rechte vorbehalten.

Mit freundlicher Erlaubnis des Verlags von der Buchausgabe gescannt und zur Online-Präsentation aufbereitet

durch

Astrodienst AG, Zollikon.

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INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung 1

Zur Urteilsweise der astrologischen Deutung 1Charakter in astrologischer Sicht 5Die Blickumstellung der revidierten Astrologie 11Der Deutungsweg 15

SYMBOL-VERKNÜPFUNG

Allgemeine Richtlinien zur Kombination 21

Erste Hauptübung der Kombination: Planet und Feld 25

� Das Lebensschöpferische 31� Das Grenzsetzende 48� Das Traumhafte 59� Das Trieb- und Dranghafte 69� Das Ästhetische 79� Das Intelligenzhafte 89� Das Sinngebende 99

Die Grundrichtungen der Kräfte im normalen Ichsystem 112Beziehungen zum Außernormalen 114

� Das Umschwungbewirkende 116� Das Grenzüberschreitende 118 Das Gestaltwandelnde 122

Zweite Hauptübung der Kombination: Planet und Zeichen 124

� Selbstmächtigkeit, Eigenverantwortung, persönlicheLebensmitte 132

� Erfahrung, Gewissen, Reales Baugesetz 145� Phantasie, Gemüt, rhythmische Lebensbeseelung 160� Antrieb, Durchsetzungskraft, aktive Entäußerung 175� Reizempfinden, Formsinn, passive Zuordnung 190� Intelligenz, Ökonomie, zweckhafte Aussonderung 201� Wertgerichtetheit, Optimalstreben, sinnhafte

Rückbindung 209

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Die Kräftequalitäten der normalen SelbstverwirklichungZusammenfassung 222

Außennormale Kräfte der Selbstverwirklichung 226

� Eingebung, Umstrukturierung 228� Schau, Einswerden 231 Überwertige Energie 234

Dritte Hauptübung der Kombination: Planet im Aspekt 235

Sonnenaspekte 246

�� 1) Wesen und Erscheinung 246�� 2) Standpunkt und Logik 249�� 3) Impuls und Kontakt 250�� 4) Eigenwille und Trieb 252�� 5) Potenz und Ausbreitung 254�� 6) Freiheit und Zwangslauf 257�� 7) Kern und Exzentrizität 261�� 8) Lebensschwung und Universum 263

Mondaspekte 266

�� 9) Gefühl und Beobachtung 266�� 10) Gemütswallung und Sinnesreiz 269�� 11) Leidenschaft und Mut 272�� 12) Wachstum und Reife 275�� 13) Erwartung und Tatsache 278�� 14) Eindruck und Intuition 281�� 15) Alltag und Wunder 284

Merkuraspekte 287

�� 16) Intelligenz und Gleichgewicht 287�� 17) Urteilskraft und Aktivität 289�� 18) Zweck und Sinn 293�� 19) Verstand und Erfahrung 295�� 20) Schlußfolgerung und Eingebung 298�� 21) Gewißheit und Ahnung 301

Venusaspekte 304

�� 22) Bereitschaft und Gewalt 304�� 23) Genuß und Bedeutung 307�� 24) Lustreiz und Konzentration 310�� 25) Bindung und Freizügigkeit 314�� 26) Gestalt und Entbundenheit 316

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Marsaspekte 319

�� 27) Leistung und Ertrag 319�� 28) Energie und Widerstand 322�� 29) Ansporn und Überraschung 326�� 30) Tat und Traum 328

Jupiteraspekte 331

�� 31) Ausdehnung und Zusammenziehung 331�� 32) Regelung und Umschwung 334�� 33) Entfaltung und Weite 337

Saturnaspekte 340

�� 34) Tradition und Neugestalt 340�� 35) Wirklichkeit und Phantasie 343

Uranus- und Neptunaspekte 346

�� 36) Neuland und Möglichkeit 347

Plutoaspekte 348

FORMENLEHRE

Allgemeine Richtlinien der Form und Struktur 352

Einlagerung in Gebiet und Seinsebene 355

Das Aspektgerüst 367

Die Kräftedynamik 401

Kreisläufige Tendenzen 442

Die Dominantenverkettung 468

Geschlecht 483

Zum Vergleich zweier Konstellationen 491

ZUSAMMENSCHAU

Ganzheitsdeutung 494

Vom Sinn der Aussage 507

Personenverzeichnis 515

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EINLEITUNG

Zur Urteilsweise der astrologischen Deutung

Wie sicher und rasch urteilt der physiognomische Blick! Wirsehen eine Gestalt in der Dämmerung vorbeihuschen, hören eineStimme am Telephon und haben sie sofort wesensmäßig defi-niert. Die nähere Bekanntschaft mit dem Betreffenden enthülltoft Schritt für Schritt die erstaunliche Richtigkeit solcher ersterUrteile, legt sie nur aus. Versuchen wir jedoch einen Eindruckdieser Art in seine Elemente zu zerlegen und ein begründetesUrteil abzuleiten, so kommen uns die rationalen Methoden, ver-glichen mit der Eingebung, meist sehr unvollkommen vor. Den-noch ist Physiognomik als Wissenschaft möglich und bis zueinem gewissen Grade lehrbar, sofern wir nicht ursächliche, son-dern gleichnishafte Elemente zu Grunde legen. Elemente der Ge-stalt, Bewegung, Stimme können ausgegliedert und regelrechtverknüpft werden, manchmal weisen wir damit einen Fehlansatzallzu subjektiver Blickweise nach, zur letzten Zusammenschauder Erfahrungen brauchen wir wieder intuitive Gewißheit.

Bei der astrologischen Deutung geht es umgekehrt zu. Erst er-lernen wir Elemente und lernen sie denkmäßig in ihren Grundbe-ziehungen gebrauchen; je weiter wir so fortschreiten, umso mehrerwerben wir uns einen Gesamtblick, sehen das Besondere derkonstellativen Ganzheit. Auch hier kommt es auf die Verteilungvon Komponenten eines Ganzen an, das Gestaltsehen steht aberschulmäßig am Ende. Die Methode bringt allmählich zu Bewußt-sein, was wir als Sinn für das geometrische Beziehungsgefügeinsgeheim schon zur Verfügung hatten. Das Deuten des astrolo-gischen Meßbildes gleicht dem Lesen einer Partitur: anfänglichmachten die Einzelbestimmungen zwar Mühe, zuletzt aber hörenwir beim Überfliegen des Notenbildes die ganze Sinfonie. Ist unsdies Endziel der astrologischen Deutungslehre bewußt, so wer-den wir uns von Anbeginn den Weg nicht leichter machen wol-len, als er der Sache und den Umständen nach sein kann. Das

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abschließende Urteil geht vom Ganzen zum Einzelnen, zu ihmmüssen wir uns erst hinarbeiten.

Letztendlich enthält die astrologische Urteilsweise ein nirgendssonst gefundenes Verhältnis zum individuellen Charakter.

Man kann einen Charakter weder aus dem Bewußtsein, das derin Betracht gestellte Mensch von sich selber hat, noch aus demUrteil der anderen über ihn hinreichend beschreiben. Die Fehler-quellen liegen in der Subjektivität der Auffassungen, dement-sprechend gezielten Beobachtungen, sowie in der allgemeinenUrteilsbeschränkung introspektiver Methoden, welche die Kennt-nis von sich in den Mitmenschen hineintragen. Diese Schwächeder Psychologie - die sie durch Verwendung von Zeugnissen desLebens und objektive Meßverfahren, durch Tests, Handschrift,Traumanalyse sowie statistische Methoden zu überwinden sucht -kennzeichnet zugleich die mögliche Stärke der Astrologie. Ihr istin der Konstellation der kosmische Entwurf einer individuellenWesenheit, entworfen auf Bewährung in mitmenschlicher Ge-meinschaft, zur Hand gegeben. Sie darf mit dem beginnen, wasfür den Psychologen zum Endurteil gehört. Umso strenger wollenihre Mittel bedacht sein, denn durch unrichtigen Gebrauch wer-den die Aussagen gegenüber dem Leben, das sich durchaus nichtsklavisch an den Entwurf hält, fehlerhaft. Wer es in der Deutungzur Meisterschaft bringen will, muß sich die Stärken seiner Aus-gangsstellung erst zu eigen machen. Die Ausschöpfung derDeutungselemente lernt er einerseits durch Theorie, Grundlagen-forschung, anderseits durch Praxis, Vergleich am lebenden Mo-dell; hierbei greifen Theorie und Praxis ineinander wie bei kaumeiner anderen Sache.

Methode wird der Astrologie selbst von ihren Gegnern seltenabgestritten. Der Hauptzweifel betrifft ihre Wissenschaftlichkeit,und dies rührt insbesondere an die Absicht dieses Buches, dieDeutung zu lehren.

Bei dem Streit, ob und wie weit wissenschaftliche Astrologiemöglich sei, handelt es sich weder um die astronomischen Un-terlagen noch um die mathematische Form der Aufstellung einesMeßbildes (Horoskop, Kosmogramm). Es geht vielmehr um dieFrage, ob dies Meßbild eine Bedeutung für den Menschen habe

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und wenn, welche Bedeutung, wie weit sie reicht und schließlich,ob dies in lehrbare Grundbegriffe, schulmäßige Regeln zu fassensei. Der Streit dreht sich also um Berechtigung, Inhalt und Gren-ze astrologischer Urteile. Allermeist die Deutung scheint der wis-senschaftlichen Urteilsbildung zu entraten. Von den Astrologenselber wird sie häufig als Divination verstanden, als inspirierteWeissagung. Ein unbewußt das Richtige treffendes Ahnungs-vermögen wäre freilich nicht lehrbar, es kann, Begabung dafürvorausgesetzt, nur eingeübt werden. Viele, eine Beeinträchtigungdes freien Einfalls befürchtend, sperren sich gegen den Versuch,wissenschaftliche Kriterien einzuführen. Tatsächlich gibt es,wenn auch sporadisch neue Blickpunkte auftauchten, außer eini-gen Hinweisen Keplers keine zusammenhängende Kombi-nationslehre, die wesentlich hinausgelangt wäre über den Ba-rockstil Morins de Villefranche. Bei alledem schimmert noch dieantike priesterliche Auslegung des Orakels durch, des doppelsin-nigen Götterspruchs, und zumeist sind es ja Orakelfragen, welchedem Astrologen gestellt werden.

Divination oder nicht, jedenfalls ist es zweierlei, ob ich michmit den Grundlagen einer Sache befasse, sie in ein Weltbild ein-baue, oder ob ich auf ihre praktische Anwendung abziele. Diegeistesgeschichtliche Situation verlangt hinsichtlich der Astrolo-gie eine Revision aller Urteile, eingedenk der Verflechtung vonTheorie und Praxis. Von der meist noch gebräuchlichen Aus-wertung streben wir hin zu einer künftigen, welche Brückenschlägt zur psychologischen, soziologischen und biologischenBetrachtung des Menschen. Versuchen wir, Inhalt und Grenzeder Aussagen auf diese Weise zu fundieren, so bleibt trotzdemihre Eigenständigkeit gewahrt. Ein Seitenblick auf andere Betäti-gungen sagt uns, daß das astrologische Vorgehen nicht unver-gleichlich ist. Auch die Technik hat ihre wissenschaftlichenGrundlagen, und wir wissen, wie sie durch deren Ausbau geför-dert wurde; gleichwohl verfügt der Erfinder über etwas an sichnicht Lehrbares. Eine dem erfinderischen Ingenium ähnliche Ga-be muß der Astrologe mitbringen, soll seine Deutung nicht introckenem Schematismus versanden. Näher noch rückt seine be-sondere Sachlage an einen Vergleich mit dem Mediziner heran,

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dem Anatomie, Histologie, Pathologie, Pharmakologie usw. diewissenschaftlichen Voraussetzungen einer Kunst der Diagnoseund der Wahl heilender Mittel bilden. Sie betrifft sein Eigentli-ches als Arzt und unterscheidet ihn vom Handhaber erlernbarerGriffe. Entsprechendes wird vom Astrologen verlangt, wenn erberatend, erzieherisch, therapeutisch in den Mitmenschen ein-greift. Dies aber tut er sogar mit «über den Daumen gepeilten»Aussagen, absichtlich oder nicht greifen seine Antworten in dasPersönlichkeitsgefüge des Fragers ein.

Jenes Eigentliche des Erfinders und Arztes sowie auch desPhysiognomen ist eine angeborene Gabe. Doch zeigt insbe-sondere das Beispiel des Arztes, was außer einer systematischenKenntnis der Elemente und ihrer Funktionen erlernbar sein kann,nämlich Anzeichen, auf welche das Augenmerk im praktischenFalle zu richten ist, gewisse Regeln, Kombinationsschemata undHandgriffe. Der Blick für die Ganzheit der Lebensgestalt und dieAufschließung ihrer Kräfte will erarbeitet sein. Jede Kunst hatihre einzuübenden Praktiken, die beste Begabung braucht er-lernte Verfügung darüber. Tradition und kritisches Bemühen an-derer, die vorausgingen, sichert gegen die Schwächen desDilettantismus und erleichtert es, aus gemachten Fehlern zu ler-nen. Anderseits kann es vorkommen, daß mit veränderter Ein-sicht in die Grundlagen sowie den Gegenstand, hier also desindividuierten, in Sozialbeziehungen und Kultur weiterentwickel-ten Menschen, das Verfahren einmal von neuen, bisher un-berücksichtigten Seiten her ansetzt. Jede Kunst ist in ihren Prak-tiken fortbildbar, verbesserungsfähig, und zumal diejenige einerDeutung des Menschen in Hinsicht auf seinen Welthintergrund.

So sehr wir uns in der astrologischen Elementarlehre um Wis-senschaftlichkeit der Grundlagen bemühen müssen, im deutendenUrteil bekommen wir noch eine spezifische Einstellung hinzu:wir betrachten die Gesamtpersönlichkeit des Menschen, ihr va-riables Gefüge von Anlagen und Kräften, unter Gesichtspunkteneiner Kunst. Die Deutungskunst setzt die theoretischen Erwä-gungen in charakterliches Leben um.

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Charakter in astrologischer Sicht

Darf man denn überhaupt vom Charakter als einer fest-stehenden Wesenheit sprechen? Aus Scheu davor weicht derAusdruck «Charakterologie» immer mehr dem der «Charakter-diagnostik». Nach gewissen sozialpsychologischen Lehren gibtes lediglich Reaktionen auf bestimmte Empfindungen und in ei-ner bestimmten Lage; demnach erscheinen sie uns nur bei häufi-ger Wiederholung als dasjenige, was wir Züge des Charaktersnennen. Ändern wir die Reizkonstellationen, meinen diese Leh-ren, so ändert sich auch das Charakterbild. Träfe diese Auffas-sung uneingeschränkt zu, dann wäre das Seelenleben nicht injedem Augenblick ein Ganzes, sondern eine Abfolge von einzel-nen, zu einander beziehungslosen Akten. Dem widerspricht dieErfahrung der Innenschau, wonach auch die einzelne Reaktionaus einem bleibenden, ganzheitlichen Kontinuum erfolgt, daszwar im Leben vielfache Veränderungen durchmacht, in einigenGrundzügen jedoch schon beim Kinde zum Vorschein kommt.

Als Ausdruck des Bleibenden gilt vor allem das Temperament;so entstand die Unterscheidung von Temperament und Charaktergleichsam als Unter- und Überbau, jenes feststehend, dieser ver-änderlich, mit nicht immer durchsichtiger Beziehung zu einander.Getrennt wurden einerseits Tempo, Intensität, Motorik, Ver-laufseigentümlichkeit usw. bleibender Lebens-Grundgefühle, der«Biotonus», sowie anderseits die individuelle Funktions-bereitschaft des Zentralnervensystems, ausbildbar und erziehbarzu bestimmten Schablonen des Handelns, zu «Haltungen», Damiterklären sich die Fälle, in welchen der so gesehene Charakter imStreite liegt mit dem Temperament, um es zu bändigen, zu steu-ern; er kann zwar nicht den Biotonus verändern, aber seine Aus-brüche zurückhalten oder Vorgänge, die von Natur aus schwer-fällig verlaufen, intensivieren, auch Erregungen dämpfen oderanfeuern, Gefühle umlenken. Diese Auffassung hat der Vorzug,daß sie eine Verantwortlichkeit des Einzelnen für seine Handlun-gen, die nach der vorigen Ansicht nicht mit zwingendem Rechtzu fordern wäre, einbezieht. Nur beschränkt sich Charakter dannauf den bewußten Überbau funktionell bezogen auf Gehirn- und

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Nerventätigkeit. Entscheidungen aus unbewußten Seelentiefen,schöpferische Vorgänge außerrationaler Natur bleiben davonausgeschlossen. Nach solcher Blickweise beruht etwa dieKünstlerpersönlichkeit nur auf Temperament und Bildungs-erlebnis, ausgewirkt vermöge formaler Begabungen.

Demgegenüber fassen wir Charakter auf als etwas in alleSchichten hinein Gegründetes: sowohl Konstitution und Tem-perament als auch innerseelisches und bewußtes Leben habendaran teil. Die Frage geht nach dem «Wie» des Zusammenhangs.

Charakter (von griech. «charássein» = schärfen, ritzen, einprä-gen) bedeutet Gepräge. Eine roh um eine Haupteigenschaft grup-pierte Beschreibung, wie sie volkstümliche Typisierung liebt,entspricht nicht den gemischten und verwickelten Charakteren,die uns im Leben tatsächlich begegnen. Durch noch so eingehen-de Schilderung fein beobachteter und überblicklich aneinander-gereihter Schattierungen, auch zusammengesetzter Eigenschafts-gefüge, wird nicht erfaßt, was uns widerspruchsvoll, vielfältigineinanderfließend, veränderlich zwar, dennoch als ein geschlos-sener, eindeutiger Charakter entgegentritt. Eigenschaften sehenwir daher unstarr, flüssig und gegebenenfalls vertauschbar, trotz-dem fest basiert. Als Basis gilt uns nicht die «Prägung von obenher» wie in einem wertenden Charakterbegriff (bes. im engli-schen Sprachgebrauch üblich), wenn wir auszeichnend sagen, einMensch «habe Charakter». Das Um und Auf eines bleibendenVorgeprägtseins besteht vielmehr in einer Struktur aus Anlage-elementen. Sie lassen sich zu dem oder jenem entfalten und wei-terbilden, gröber oder verfeinerter, behalten aber auf jeder Ent-wicklungshöhe ihr Zueinander-Geordnetsein, eben die «Konstel-lation» bei. Daß diese innere Konstellation sich spiegelbildlichzur äußeren der Geburt verhält, bildet den Kern der astrologi-schen Lehre. Hierauf ist unser Augenmerk in der Deutung ge-richtet, der Anschauung wird das Ebenbildliche vermittelt durchproportional genaue Aufzeichnung von Sonne, Mond und Plane-ten im ekliptischen Umkreis der Erde. Diese Geburtsfigur giltuns als Gleichnis für das Wesensgefüge.

Was hängt nun gemäß dieser Struktur geordnet zusammen, wiekommt sie überhaupt zustande, was wird geprägt und wodurch?

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Damit fragen wir nach dem Einbau der astrologischen Erfahrungin ein Weltbild. Im Gebrauch der Elemente zeigt sich, daß wirganz ohne Vorstellung davon, ohne Arbeitshypothese, gar nichtzur richtigen Erfahrung kommen. Früher schon Gesagtes sei kurzin Erinnerung gerufen, um die hier vertretene Deutungsweise zuverstehen.

Im Gegensatz zur Lehre vom «unbeschriebenen Blatt», die sichweitgehend mit den vorgenannten Auffassungen des Charaktersverträgt und wonach dieser, abgesehen von bestimmten Erbmerk-malen, erst durch nachgeburtliche Einflüsse entstünde, behauptetdie Astrologische Menschenkunde ein ins Dasein mitgebrachtesStrukturiertsein. Dieses schon mit der Geburt gegebene Verhält-nis von Grundkräften und -einstellungen, Verhaltensweisen undSpannungen nennen wir den Kosmotypus. Er steht als Ordnendes,sozusagen als ein Schaltsystem, zwischen Erb- und Erschei-nungsbild. Für die Deutung wird es ausschlaggebend wichtig,daß wir den lebendigen Kosmos der Einzelperson gegründet se-hen in der Ordnung, die Erbe und Umwelt in Beziehung bringtund als solche beständig bleibt im Wechsel der Entsprechungen.Der Kosmotypus umfaßt keine anderen Kräfte als die allgemei-nen Bildekräfte des Lebens. Was wir hier Wesenskräfte nennen,ist nur ihr individuell zusammengeordnetes Auftreten, insbeson-dere auf der seelischen und geistigen Ebene des Menschen. Hier-an verdeutlichen wir die genannte Auffassung vom Charakter alsetwas in alle Schichten hinein Gegründetes. Es geht im Prinzipauf gleiche Grundfaktoren zurück, was leiblich die Gestalt, Kon-stitution, sowie im Über- gang zum Seelischen (temperaments-mäßig) den Biotonus bestimmt, in analoge Gemütsstimmungenund Bildvorstellungen eingeht, schließlich hinaufgeläutert wirdzu geistigen Stellungnahmen, die eine Grundhaltung im Sein zumAusdruck bringen. Das Charakteristische der Wesenskräfteschlägt durch den ganzen Schichtenbau hindurch, das Eigentüm-liche jeder Ebene liefert die Einkleidung. Die Entsprechungenauf der seelischen und geistigen Ebene sind freilich dem stärk-sten Wandel unterworfen, denn hier erfolgt die Entwicklung imEingehen auf die Umstände der Lebensverwirklichung. Was zumVorschein kommt behält aber seinen Stellenwert als Entspre-

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chung dieses oder jenes Strukturgliedes, die Entsprechungen ste-hen in Korrelation zur Entwicklungshöhe. Gleiche Anlagewur-zeln können sich somit in faktisch verschiedenartigen, dochinnerlich verwandten Eigenschaften ausprägen.

Gewohnten Anschauungen gegenüber ist es nicht ganz leicht,diese Sicht des Charakters gleich in allen Konsequenzen durch-zudenken. Unsere Deutungsweise wird es im einzelnen erfahrbarzu machen suchen. Die Schwierigkeiten liegen weniger im Psy-chologischen, das selbst auf vielen Linien der Forschung. dahintendiert, als in der Herkunft astrologischer Aussagen aus der Ge-stirnkonstellation, an die sich geschichtliche Vorurteile pro undcontra knüpfen. Die Meinung, Astrologie handle von einem inallen Einzelheiten festgelegten Charakter, verwechselt wieder-kehrende Grundzüge und Anlagen mit fertigen Erscheinungs-formen und Eigenschaften, übersieht die mitprägende Umwelt,das sozialgeschichtliche Gewordensein, wie auch das abänderndunterbauende Familienerbe, beachtet vor allem nicht den entwik-kelnden Ansporn, den selbstbestimmenden Faktor. Diesen Fol-gen des falschen Grundurteils, daß die Ursache des Gedeuteten inden Sternen läge, suchten wir zu begegnen durch Ermittlung derAussagegrenzen (erläutert in Astrologische Menschenkunde Bd.I). Hält man sich an diese Aussagegrenzen und betreibt symboli-sche Astrologie, das heißt, ist man sich bewußt, daß man es mitOrdnungssymbolen zu tun hat, so entgeht man derartigen Miß-verständnissen und gelangt zu eigener ungetrübter Erfahrung.

Im alten Gleichnis «wie oben so unten» steckt die noch heuteanwendbare Analogie: ein Ganzes, das individuelle Wesens-gefüge, setzen wir in Vergleichsverhältnis zum übergeordnetenGanzen, dem Sonnensystem, in dem unsere Erde ein mitbewegterTeil ist. Daß die Ausmessung des Vergleichsbildes geozentrischsein muß, liegt wohlbegründet in der radialen Sicht auf die Fak-toren der übergreifenden Ordnung, astronomisch «Gestirne»,biologisch «Kennmarken», für etwas, was dieser Ordnung imLebewesen analog steht. Bringen wir eine Ursächlichkeit hinein,so haben wir sie nicht in Einflüssen von dort her zu suchen, son-dern im Phänomen der Einordnung des sich fortpflanzenden Le-bens. Wir hängen uns damit vom Firmament ab, halten uns in der

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Deutung an lebensgesetzliche Grundbegriffe. Die Individuationdes Menschen betrachten wir nicht als von oben her bewirkt,sondern als Werk des sich differenzierenden Lebens, kosmischeingeordnet ansetzend, in den konkreten Bedingungen des Da-seins weitergebildet. Für die Deutung grundwichtig ist, daß damitdas Aktivum dessen, was wir Entwicklung nennen (eigentlich dieSpontaneität, vorbildlos Neues hervorzubringen), in den Men-schen selbst hineinverlegt wird und außerhalb des angeborenenAnlagegefüges steht, in diesem sich ausgestaltend. Unser Einge-ordnetsein entspringt der außerindividuellen Vorgeschichte desEinzelnen, dem deutungsmäßig nur am Rande, in gewissen«Verklammerungen» gestreiften Elternerbe; das Weiterprägende(worauf C. G. Jung den Ausdruck «Individuation» beschränkt)wirkt sich im individuellen schöpferischen Leben aus.

Charakter in astrologischer Sicht beruht somit auf dem Zuein-ander-Geordnetsein der Wesenskräfte, dargestellt im ekliptischenund äquatorialen Ordnungsschema (Tierkreis und Häusersystem).Hiermit ist ein fortbeständiger Rahmen von Reaktionen gegeben,die mit dem ersten Atemzug beginnen, mehr und mehr auf ei-gentümliche Weise in Erscheinung treten und sich zu unter-scheidbaren Formen verfestigen. Doch während der charakter-liche Rahmen feststeht, verfestigt sich nie ganz die Formen-prägung. Infolge weitergehender Auseinandersetzung mit derUmwelt ist Charakter zugleich etwas Werdendes, ständig in derBegegnung von Mensch und Mitmensch oder Sache sich fortbil-dend. Die Umwelt, Gemeinschaft und Gesellschaft, hat Anteil ander Prägung der Endformen. Auch der anscheinend reine «Mi-lieufall» aber enthält nur Einkleidungen des angeborenen Grund-verhältnisses der Kräfte, das «Habituelle». Bei schroffemWechsel umweltlicher Verhältnisse muß es sich ändern (in unse-rer Ausdrucksweise: lagern sich die Entsprechungen um), wennder Mensch angepaßt bleiben will. Trotz abgeänderter Einklei-dung beharrt die Struktur, in den Temperamenten ankert sie na-turgemäß tiefer und unveränderlicher als in den bewußten Inte-ressen. Die Kräfte spielen dann sozusagen dasselbe Stück aufanderen Instrumenten, Tonart und Rhythmus beibehaltend. Un-geachtet des Formenwandels und aktueller Oberflächenprobleme,

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wie sie der Lebenslage und ihrer Gegenständlichkeit entsprechen,kehren dieselben Grundstimmungen, prinzipiellen Zielsetzungen,Hauptkonflikte und ihre Lösungen oder auch Sackgassen wieder.

Weitaus langsamer, doch in der inneren Konsequenz der Wei-terentwicklung und erzielten Wandlungen verfolgbar, ist dasWirken des schöpferischen Ingeniums, des selbstbestimmendenFaktors. Er bewährt sich im Rahmen, worin der Einzelne sich aufmenschliche Mitwelt hin entworfen zeigt und worin er gegebe-nenfalls wählen, seine Rolle abändern kann. Ihm obliegt die Um-organisation der Entsprechungen, die wir «Niveauerhöhung»nennen. Das Habituelle bedeutet dabei stets mehr als bloße An-passung an herrschende Konventionen: die vorfindbare Mitwelt,die Zeitlage bieten sowohl Raum als Grenze der freien Selbst-verwirklichung in der Lösung seiner angeborenen Problematik.

Der astrologische Gesamtblick geht noch einen Schritt weiterund lehrt, daß dem Menschen in seiner Selbstverwirklichungnicht nur schlechthin zufällige Dinge begegnen, sondern daß eine«Anziehung des Bezüglichen» statthat, ausgewirkt gemäß einem«Strukturzwang». Hier liegt der schwerwiegendste und mißver-ständlichste Gehalt der astrologischen Lehre, der Schicksals-gedanke. In großen Zügen erweist sich ein notwendiger Zusam-menhang zwischen innerer Konstellation des Menschen und vonaußen auf ihn Zukommendem. Genau dieser und keiner anderenStruktur «typische» Ereignisformen sind an der Ausprägung desCharakters beteiligt und zwingen den Menschen, Seiten zu ent-hüllen, die ohne sie verborgen blieben. Der Astrologischen Men-schenkunde gilt Schicksal als etwas, das uns nötigt, zu dem zuwerden, was wir entsprechend dem Anlageplan in der vorhande-nen Wirklichkeit werden müssen. Es handelt sich sowohl umNötigungen als auch um Schranken der Selbstverwirklichung, diebei entsprechender Lagerung auf den Interessengebieten sogarVerklammerungen von individuellem und kollektivem Zustandeinschließen können.

In der damit vertretenen Neufassung des Schicksalsgedankensberühren wir ein Warngebiet altgewohnter Irrungen. Letzte Klä-rung sei vorderhand zurückgestellt, da sie erst dann richtig be-greiflich würde, wenn wir Charaktere aus ihren Wurzeln heraus

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sowie im Strukturzwang ihres Tuns und Lassens verstehen ge-lernt haben. Nur in einigen Punkten, in denen sich Charakter-und Schicksalsforschung unmittelbar verschränken, sei hie undda vorgegriffen, besonders in den Altersstufen. Zwar haben wirin den Stufen von Kind, Jüngling, Mann und Greis biologische,also allgemein bedingte Abwandlungen, doch gehören sie inso-fern zum Begriff der Individualität, als sich in den Lebensverläu-fen auf diesen Stufen bestimmte Anlagewurzeln deutlich her-vorkehren. «Mond» ist immer Anfangs-, «Saturn» immer Endzu-stand, in einzelnen Verläufen wie im Lebensganzen. In die pha-senmäßige Folge des so bestimmten Verlaufs von Jugend- zuAlterspersönlichkeit schalten die rechnerisch ermittelten Tenden-zen ein, die hier nicht behandelten sog. Direktionen, Transite undprogressiven Figuren. Sie enthalten zwar nicht unausweichlichvorbestimmte Ereignisse, wie meist geglaubt, doch Konjunkturenund Krisen einer individuell determinierten «Zeitgestalt». Abge-sehen davon behält die Deutung ihren Schwerpunkt immer in derErmittlung des anlagemäßigen Beschaffenseins.

Die Blickumstellung der revidierten Astrologie

Richtige Kombination der Deutungselemente vorausgesetzt: wiefassen wir diese Einzelheiten zusammen, wie beschreiben wirihren Zusammenhang? Hierzu nochmals ein Wort über Eigen-schaftsbegriffe. Für einen Menschen mit unausgebildetem Far-bensinn gibt es ein paar Hauptfarben, Rot, Grün, Gelb usw., denDingen der Natur weist er solche als Eigenfarben zu und verlangtsie bei farbiger Wiedergabe anzutreffen. Einem Maler sind diesnur rohe Kennzeichnungen, hinter deren jeder sich eine Mannig-faltigkeit verbirgt, nicht nur der gradweisen Schattierungen aufeiner Skala der Lichtschwingungen, sondern auch der Art desPigments, der Dichte oder Durchlässigkeit des Auftrags, pastosoder lasiert, vor allem der abwandelnden Reflexe im beeinflus-senden Nebeneinander verschiedener Farben. So geht es demMenschenbeobachter mit den Eigenschaften. «Lieblingsfarben»darf er am allerwenigsten kennen, wenn er objektiv die «Eigen-

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farben» in ihren wechselseitigen Verbindungen und Überlich-tungen studieren will. Für eine feinere Beobachtung gibt es garkeine Eigenschaften, die einem Charakter, starr ihn kennzeich-nend, anhängen, dafür charakteristische Verhaltensweisen, nachdiesen oder jenen Gesichtspunkten zu ordnen, die sich aber ge-gebenenfalls ändern können.

Gleiche Eigenschaftsbenennungen bezeichnen ohne weiteresdurchaus nichts Gemeinsames. Was beispielsweise unter den Be-griff der Treue fällt, kann vielerlei sein: ehrlich zu seinem gege-benen Worte stehen, Anhänglichkeit, wo eine innere Bindungbesteht, dies sogar unter Aufopferung persönlicher Liebhaberei-en, aber auch Gewohnheitstreue infolge Schwerfälligkeit, eineneinmal gefundenen Anschluß aufzugeben, aus Angst vor demAlleinstehens selbst Hörigkeit kann man dafür halten oder auchideologische Furcht vor dem Abgewertetwerden als untreu. DieEigenschaftsbenennung «treu» sagt wenig über das Verhalten,nichts über die Motivierung aus, obzwar wir genau wissen, wasmit Treue als Tugend gemeint ist. Tugenden aber wollen erwor-ben sein, stehen nicht im Anlagenbild. Als tugendhaft erkennenwir nur an, was einem «auch anders können» abgekämpft wurde.

Für überschlägliche Zuordnungen kommen wir freilich schwerohne Eigenschaftsbegriffe aus, zumal beim «Tierkreis», demWesen nach einer Qualitätenordnung. Wir meinen dann aberAnlagen zur Ausbildung von Eigenschaften. Die fertig geprägteEigenschaft ist immer ein Entwicklungsprodukt, im Doppelsinnedes Hervorbringens von bereits Vorgeformtem wie auch der Ent-stehung von Neuem, das nicht hätte vorausgesagt werden kön-nen. Ein Katalog aus feststehenden Eigenschaftsbegriffen wärealles andere als eine hinreichende Charakterbeschreibung, beson-ders wenn dabei moralische Bewertungen und Tugend-Projek-tionen mitspielen. Wir ersetzen daher solche Begriffe weitgehenddurch Verlaufsgestalten, suchen ihre Motivierung zu erhellen,lassen stets mehrere Möglichkeiten offen als hervorgehend ausKonflikten, wobei nicht nur die Art, sondern auch der Gebrauchder miteinander verspannten Kräfte den Lösungsweg vorschreibt.Am meisten eigenschaftsartig im bleibenden Sinne sind die tem-peramentsmäßigen Verhaltensnormen.

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Was absolut bleibt, ist die Struktur, die Gefügeordnung, relativund vergänglich sind die Formen, in denen sie zur Erscheinungkommt. Der naive Beobachter sucht das Bleibende in den Er-scheinungen, dahinter die Struktur ahnend. In einem Katalogstarrer Eigenschaften, wenn man einen solchen zusammen-zustellen versucht, steckt die Sicht des Menschen, die aus derantiken Überlieferung herrührt. Noch stärker davon beeinflußtsind die Lebenserwartungen, die uns orakelhafte Fragen stellenlassen und historisch den Gebrauch der astrologischen Elementein Antworten auf sie hineinpreßten. Auf einer wenig individu-ierten Bewußtseinsstufe sind Glück und Unglück äußere Dinge,Gunst oder Mißgunst der Götter, des Schicksals. Sie scheinendem Menschen unverrückbar gesetzt zu sein, wie sein Charakterbegreiflich wird durch fest ihm anhaftende Eigenschaften: derTapfere, der Treue, der Listenreiche, der Verräterische. Die Le-bensdynamik bewegt sich in einem festgelegten Werdegang; anEreignissen, Handlungen spiegeln sich die Eigenschaften widerin Form von Aufwallungen, sie können anderen gegenüber Er-barmen oder Hohn zum Ausdruck bringen, doch nichts grund-sätzlich ändern, keine Selbstbefreiung durch Einsicht undUmlenkung der Kräfte erreichen.

Ein instruktives Beispiel dieser Auffassung gibt uns die Fabeldes Philoktet, welche den Inhalt einer Tragödie von Sophoklesbildet. Als Herakles seine Erlösung im Flammentod suchte, er-wies ihm sein Waffengefährte Philoktet den letzten Liebesdienstund entzündete den Scheiterhaufen. Zum Dank erhielt er denimmertreffenden Bogen. Am Zug der Griechen nach Troja nahmPhiloktet mit sieben Schiffen teil, doch bei einer Zwischenlan-dung wollte das Unglück, daß er nichts ahnend den heiligen Haineiner Nymphe betrat. Dessen Wächter, eine Giftschlange, biß ihnin den Fuß, die Folge war eine unausgesetzt eiternde, nie heilen-de Wunde. Die Klageschreie des von Schmerzen Geplagten stör-ten die Opferhandlungen der Griechen, auf Befehl der Atridenwurde Philoktet von Odysseus auf Lemnos ausgesetzt, man be-ließ ihm aber Bogen und Pfeile, durch die er sich Nahrung be-schaffen konnte. Nach Jahren wurde den Griechen durch einengefangenen trojanischen Seher kund, die Stadt könne nur einge-

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nommen werden, wenn Philoktet mit seinem Bogen zurückgeru-fen und vereint würde, gemeinsame Sache machte mit Neopto-lemos, dem Sohn des Achill. Odysseus überredete Neoptolemoszu einer List, um die Zustimmung des erbitterten Philoktet zugewinnen: er solle ein Beleidigtsein durch die Atriden, Bruch mitihnen und Heimfahrt vorgeben, Philoktet an Bord nehmen undauf einem Umwege nach Troja fahren. Dieser Neoptolemos isteine der schönsten Gestalten von Sophokles. Wir erleben seinenZwiespalt in der Unterredung mit dem Unglücklichen, die Rück-gabe des bereits erhaltenen Bogens, um Philoktet zur Sinnesän-derung aus freien Stücken zu bereden. Doch dieser kann sichnicht herauslösen aus seinem haßvollen Versteiftsein, er ver-flucht die Atriden, Odysseus, Neoptolemos, das Griechenheerund den ganzen Zug nach Troja. Lieber wolle er untergehen, alssich der gemeinsamen Sache beugen. Der Dichter vermagschließlich den Knoten nur durch einen «Deus ex machina» zuentwirren: Herakles, Halbgott und Idol des Philoktet, erscheintund gebietet ihm unter Hinweis auf seinen eigenen Leidensweg,nach Troja zu gehen, wo er unsterblichen Ruhm und Heilung sei-ner Wunde finden werde.

Am Beispiel Philoktets leuchtet ein, was die alte Astrologie mitder Bezeichnung «Fortuna major» für das Jupitersymbol, «In-fortuna major» für das Saturnsymbol übernommen hat. DasGlück ist ein begehrenswertes Ding wie der ferntreffende Bogen,das Herrscherdiadem, ein Attribut, ein luxurierender und rühmli-cher Zustand, das Unglück ein Leiden, in das man ahnungsloshineingeraten kann, durch Tücke des Objekts oder Rache für ei-nen Fehltritt, ist Ausgestoßensein und Sorge. Das Schicksal istnach dieser Auffassung unabhängig vom Menschen gesetzt, denes trifft. Auf dieser Bewußtseinsstufe bildeten sich die astrologi-schen Regeln aus. Wir finden dieselbe Veräußerlichung noch inheutigen vulgären Meinungen, so sehr sich gewandelt hat, wasals Glück oder Unglück angesehen wird. Diese Stufe ist aber ge-gen eine gewandelte Grundauffassung zurückgeblieben. Wo derantike Mensch die Götter durch Opferhandlungen gnädig zustimmen suchte, zumindest selbst darin Beruhigung fand, sehenwir heute das innere Drama mit Spieler und Gegenspieler in uns.

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Statt des Deus ex machina gebietet hier der selbstbestimmendeFaktor. Jupiter, so verstanden, bedeutet Glücksfähigkeit unab-hängig von den Dingen, auf die sie sich projektiv wirft, Saturnnegativ gesehen Enttäuschungsbereitschaft, Verkrampfung inUneinsichtigkeit notwendiger Grenzen und Härten, positiv dieleidensüberwindende Geduld. Wer diese Komponenten im Span-nungsaspekt hat, trägt ihre Auseinandersetzung in sich, was erauch unternimmt, dies gehört zu seiner Struktur. Wie er den Kon-flikt löst, steht ihm frei. Durch richtigen Einsatz der Kräftekommt er zur Ausbildung höherwertiger Eigenschaften, die eineSynthese ermöglichen und unter Umständen sogar äußerlich dasBild der Entsprechungen ändern.

Mit dieser Blickumstellung werden wir einen Charakter so be-schreiben, daß wir gewissenhaft das Anlagengefüge darstellen,nie aber das Ergebnis festlegen. Dies gilt vor allem für dieAspekte, welche die Themenstellung des inneren Dramas ent-halten. Wir beschränken uns dabei auf den Ansatz der Problema-tik, zeigen die aus der Struktur möglichen Lösungswege auf. Impraktischen Fall ist es ja die Aktualität hieraus gestellter Fragen,die sinnvoll nur aus der Tiefe der Gesamtschau beantwortet wer-den können. Der verantwortungsbewußte Astrologe wird es sotun, daß er die Entscheidungswahl des Anfragers vorbereitet, nieaber sie ihm abnimmt.

Der Deutungsweg

Nunmehr seien die Möglichkeiten und Erfordernisse astro-logischer Deutung sowie der hier gewählte Einstieg angeleuchtet.

Erstens darf man aus dem astrologischen Meßbild allein(Blinddiagnose) keine Beschreibung des wirklichen, voll ent-wickelten und in bestimmten sozialen Verhältnissen stehendenMenschen erwarten, sondern nur den Plan, den Entwurf einer in-dividuellen Lebensmanifestation in einer vorausgesetzten Um-welt. Ist diese, sowie Entwicklungshöhe, Bildungsgang undBeruf und einiges von der elterlichen Situation wenigstens in

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Stichworten bekannt, dann kann dieser Entwurf der konkretenWirklichkeit angenähert werden.

Zweitens bedeutet jede Darstellung, Einzelheiten hinter-einander aufgereiht am logischen Faden, schon eine Übersetzungdes Wesensgefüges, das wir im Meßbild in runder Anschaulich-keit vor uns haben, in das Mittel der Sprache. Darin liegen zubeachtende Fehlerquellen, eine «Grammatisierung» des nach Le-bensgesetzen Verbundenen. Über den durch die Aufzeichnungveranschaulichten Zusammenhang im Ganzen gilt es zu medi-tieren, bevor eine abschließende Aussage gewagt werden kann.Konstellation heißt ein Zueinander einzelner Komponenten, diein der Wechselseitigkeit ihrer Beeinflussung noch etwas anderessind als jede für sich allein. Es ist wie beim porträtierendenKünstler: aus dem Erfaßthaben des Ganzen, im Aufblitzen eineraussagekräftigen Wendung erfolgt der erste Strich, jeder folgen-de bestimmt sich aus dem überschauenden Vergleich mit demGanzen, und endlich sagt wiederum der Gesamtblick, wann mitder Durchfeilung aufzuhören sei. Die Sichtweise und persönlicheDarstellung sind im Deutenden bedingt, ohne sie käme man zumtrockenen Schema. Darin liegt, daß mehrere Deutungsstile mög-lich sind; gäbe es eine «einzig richtige Methode» nach Art derPhotographie, dann wäre die Deutung als Kunst am Ende.

Drittens schließt jede Kunst eine genaue Bekanntschaft mit ih-ren Elementen sowie handwerkliche Studien ein. In keinem Fal-le, so regelstreng die Kombination in ihrem unpersönlichenVorgehen erlernt sein will, reicht zur Deutung ein logischerSchematismus aus. Mit bestdurchgeführter Kombination habenwir immer erst ein Gerippe von Elementenbeziehungen in derHand. Deren Auswirkung will in vielen Übungsgängen am Lebenbeobachtet sein, um eine genügende Fülle von Anschauungs-material zu bekommen, aus welchem der vor Augen stehendeMensch deutend wiedererschaffen wird. Das Leben bewegt sichin konkreten Erscheinungsformen, an sich unendlich variabel, diewir als Entsprechungen unserer Deutungselemente verstehen.Diese Beziehung zwischen Prinzip und Konkretum zu studieren,gehört zum täglichen Brot des Astrologen wie die Erhaltung derFingergeschmeidigkeit beim Pianisten, die ständige Abschätzung

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von Proportion und Farbwert beim Maler. Wer kein guter oderwenigstens geübter Menschenbeobachter ist und die Kombina-tion nicht am lebenden Modell studiert, wird schwerlich lebens-nahe deuten können.

Zur Methode selbst. Methode ist etwas anderes als Schema-tismus, nicht starr wie dieser, sondern eine fortschreitende Be-wegung enthaltend. Der Begriff der Methode leitet sich aus demgriechischen Wort für Weg ab, als wissenschaftliche Methodegilt der rational überschaubare Weg, zu einem Ergebnis, einerEinsicht zu gelangen. Eindeutig ist dieser Weg in der astrologi-schen Deutung hinsichtlich der Elementenverknüpfung, mit derfüglich zu beginnen ist: Kombination der Kräfte (Planeten), ihresAusdrucks (Tierkreiszeichen), ihrer Richtung (Haus bzw. Feld)sowie der Kräftebeziehungen (Aspekte). Mit dieser grundlegen-den Übung bekommen wir die Bauglieder in die Hand.

Folgerichtig schreiten wir weiter zur Zusammenfügung dieserBauglieder. Um das formenreiche Ganze, beurteilen zu können,brauchen wir gliedbauliche Prinzipien, eine Formenlehre, welcheuns auf die vorkommenden typischen Arten des Zusammenhangsmehrerer Glieder vorbereitet. Voraussetzung einer solchen ist,daß die Form auch bei Auswechslung ihrer Bestandglieder einegültige Aussagekraft hat. Zur Erläuterung dieser Theorie ziehenwir stärker geschichtliche Beispiele heran.

Über Elementenverknüpfung und Formenlehre hinweg ge-langen wir folgerichtig zur Ganzheitsschau. Dabei geht es umdas Erfassen des Einmaligen und Unwiederholbaren einer be-stimmten Konstellation, den aus der Eigenart gefundenen Ansatzzur objektgetreuen Beschreibung. Ferner gilt es, die Gewichteder Einzelheiten im Ganzen abzuwägen, woraus uns die dringli-chen oder nebensächlichen Aufgaben, Konflikte, Stütz- und Aus-gleichspunkte bewußt werden. So üben wir, jeden Menschen ausseinem Ureigenen heraus zu verstehen.

In einem letzten Schritt suchen wir zur Gipfelung des prakti-schen Werts der Deutung, zum aufschließenden Sinn der Aussagezu gelangen, mitgeteilt dem Anfrager in einem bestimmten Zu-stande. Auch unser Wort «Sinn», althochdeutscher Herkunft, istgleichbedeutend mit Weg (ahd. «sinnan» = reisen, streben nach),

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doch geht es hierbei nicht um die Art eines Begehens, sondernum Ziele und Leitlinie. Hinausgreifend über den Zweck der vor-ausgegangenen Übungen, der «Kunst um der Kunst willen», be-antworten wir nun das «Warum» einer Anfrage, kommen zurAnwendung im mitmenschlichen Fall. Dieser Sinn muß jeweilserst ermittelt werden. Möglichkeit und Grenze der Aussage dar-über gehen inhaltlich aus der konstellativen Gesamtlage hervor,das Mitteilbare hängt ab vom Bewußtsein des Gesprächspartners,dem Niveau seiner Fragen, seiner Bereitschaft zu hören und ei-nen höheren Reifegrad zu erreichen. Der Inhalt deckt sich seltenmit denn, was konventionell als sinnvoll gilt, und wir handelnnicht von «dem» Sinn «des» Lebens. Vielmehr enthält jedes We-sensgefüge einen eigenen, dem betreffenden Menschen innewoh-nenden Sinn, das, wofür er da ist, worin er sich selbst erfüllenkann. Die Verwirklichung schließt das «Außer-ihm» ein. Um siegenauer zu treffen, muß daher die gliedbauliche Betrachtung er-gänzt werden durch stärkeres Heranziehen der Faktoren jenseitsder astrologischen Aussagegrenze. Aus deren Bekanntschaft erstkönnen wir die zutreffenden Entsprechungen einsetzen, die ge-stellten Fragen Lebens- und entwicklungsfördernd beantworten.

Eine so aufgebaute Deutungslehre führt weg vom starrenSchema eines Frage- und Antwortspiels mit abgepaßten Stücken,wie oft als «Auslegung des Horoskops» angesehen. Offen läßt siemehrere Arten der Darstellung - verschiedene Stile - und Gradeder Augennähe vordergründiger Dinge oder des Einblicks inhintergründige Zusammenhänge. Um es nochmals zu betonen:im künstlerischen Gehalt der Deutung überschreiten wir diestreng logische Kombination. Doch diese ist Voraussetzung, mit-hin liegt darin alles andere als ein Freibrief für Unwissen-schaftlichkeit. Was der Astrologie immer wieder von den Kausa-listen vorgeworfen wird, ist das Zusammenbringen entferntesterGegenstände und die Annahme von Zusammenhängen, wo ur-sächlich keine denkbar seien. Dem Skeptiker erscheint dies alseine Form von Beziehungswahn. Bringt er zwar ein grundsätzli-ches Mißverständnis zum Ausdruck, so muß anderseits Zulässig-keit wie auch Gefahr der Analogiesetzung dem Deutenden selberam genauesten bewußt sein. Das Denken in Analogien oder Ent-

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sprechungen führt leicht in die Irre, wenn es ohne jegliche Quer-verbindung zur ursächlichen Betrachtung, zu kausalen wissen-schaftlichen Methoden bleibt. Das «Wahnhafte» kommt aberdann nicht auf Rechnung der Astrologie, sondern ihres unkriti-schen Gebrauchs.

Darum ist so großer Wert auf die Beachtung der Aus-sagegrenzen zu legen sowie der Ebenen, auf welchen die heran-gezogenen Entsprechungen gelten. Lieber weniger sagen, alsAnklängen nachjagen und sich von Vermutungen forttreiben las-sen! Bleibt in der Kombination nicht Logik und wissen-schaftliche Objektivität gewahrt, dann wird im künstlerischenTeil der Deutung ein gefährlicher Subjektivismus Platz greifen.Er würdigt die Astrologie zur Unterhaltung von Halbwissendenherab, die gern von Divination und Irrationalität der Welt spre-chen, wo das begründende Verfahren aussetzt. Wahre Deutungs-kunst erreicht ihre Freiheit auf Grund strenger Rationalität imGebrauch der Elemente bis an den Punkt, an dem eine Zusam-menschau der Einzelheiten und verschiedenen Auswirkungsebe-nen die künstlerische Einbildungskraft verlangt.

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SYMBOL - VERKNÜPFUNG

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ALLGEMEINE RICHTLINIEN ZUR KOMBINATION

Liegt die Aufzeichnung eines Geburtsbildes auf dem Tisch, soblickt uns ein Ganzes aus vielen Augen fragend an. Jedes Sinn-zeichen sagt etwas Bestimmtes aus, sagt es aber nicht unbeein-trächtigt und isoliert, sondern in Verknüpfung mit den anderenSinnzeichen. Nach dem Erlernthaben der Deutungselemente müs-sen wir nun die Art dieser Verknüpfung uns aneignen. Die adä-quate Verbindung der Begriffe ist die Kombination. Kombina-tionsmethode heißt: durch Zusammenfügen der Teile gemäß derIdee ihrer Einheit zum Ganzen vorzudringen. Ein Bestandstückgestattet noch keine gültige Aussage über das Wesensganze; dazusoll uns die Kombination hinführen. Der Blick auf das Ganzewird erleichtert durch übersichtliche Aufzeichnung mit richtigenGewichten der Eintragungen, die Deutung hebt dies ins Begreif-liche.

Eine Deutung etwa von Sonne in SCHÜTZE, Mars in ZWIL-

LINGE, Sonne dabei im 2., Mars im 8. Feld, Sonne und Mars inOpposition usw. verlangt jeweils ein Zusammenbringen mehrererKomponenten, die wir unterscheiden als Wesenskräfte, ihre Ab-wandlung nach Ausdruck und Richtung sowie ihre Spannungs-formen: Darüber hinaus wird die Überlegung erforderlich,welche anderen Komponenten des Gesamtbildes die Aussage in-haltlich unterstützen oder abändern. Das Ganze verstehen wir alsEinheit von Mannigfaltigem, wobei die einzelnen Stücke einerinneren Ordnung gemäß in Beziehung stehen. Konstellation be-deutet uns also kein beziehungsloses Nebeneinander, sondern einZusammenbestehen von Verschiedenartigem, das in der Lebens-funktion aufeinander einwirkt.

Wirkende Faktoren sind die Wesenskräfte. Wir begreifen dieHandlungen eines Menschen als wesenstypisch, soweit ihre Ur-heberschaft und Form aus diesen Kräften hervorgeht. Im Wir-kungsgefüge der Wesenskräfte wirkt eine auf die andere zurück,keine ist ohne das Kräfte-Gesamt, das wir im Meßbild aufge-

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zeichnet haben, und die darin sich abspielende wechselseitigeBeeinflussung denkbar. In dieser wechselseitigen Beeinflussungoffenbart das Bestandstück ganz bestimmte Züge, die nicht alleinin ihm, sondern seinem Stellenwert im Ganzen begründet sind.Diese Tatsache erschwert unleugbar das Erlernen der astrologi-schen Kombinationsweise, da man eigentlich erst das ganze Wir-kungsgefüge in seinen möglichen Abwandlungen verstandenhaben muß, bevor man die einzelne Komponente wirklichkeits-getreu einwerten kann. Etwas von dem aber, was aus Sonne inSCHÜTZE, Mars in ZWILLINGE , Sonne im 2., Mars im 8. Feld,Sonne und Mars in Opposition usw. allein zu sagen ist, wird im-mer durchschlagen. Das Bestandstück ist eben auch etwas Be-stimmtes für sich, und den Grundgedanken der Kombinationhaben wir schon in der Ordnung der Deutungselemente: Wesens-kräfte, ihre Abwandlungen und Spannungsformen. Mit der Er-zielung von Aussagen hieraus beginnt unser Weg. Verstärkungenoder Abschwächungen solcher Einzelaussagen, soweit nicht imFortschreiten des Deutungsweges sich von selbst ergebend, be-rücksichtigen wir in der für zuletzt vorbehaltenen Gesamtschau.

Vorerst wird es unerläßlich, das Ganze zu zerlegen und mitÜbungsbeispielen für das Ermitteln der einzelnen Bestandstückeanzufangen. Am besten schreibt man sich derartige Einzel-aussagen, wenn für sich abgeschlossen, gleich heraus, um ihreGültigkeit in Fällen, bei denen dieselbe Kombination vorkommt,überprüfen zu können bzw. zu ermitteln, wodurch im besonderenFall die Aussage weiter modifiziert wird. Damit feilen wir an ei-nem selbst erschlossenen «Aphorismus», kommen zu einer eige-nen Aussagesammlung. Gewiß wurde oft versucht, derartigeAphorismen fertig vorzugeben, einige Anbahnungen bringen wirauch hier. Doch das Verfängliche der in Umlauf befindlichenAphorismenbücher besteht darin, daß sie die Grundkombinationzu ersparen scheinen als handle es sich um Rezepte, die ein fürallemal stimmen, und zum bloßen Zusammensetzen starrerWortblöcke verleiten. Abgesehen davon, daß wir damit unbe-sehen den subjektiven Standpunkt eines Beurteilers übernehmen,ist dies ein rein additives Denkverfahren, keine Verschmelzungverschiedener Deutungselemente zur Einheit. Statt dessen üben

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wir hier die selbständige Kombination von Beginn an, indem wirimmer fragen: wie mache ich es, wie komme ich zum Ergebnis,woran alles muß ich denken? Nur sei uns bewußt, daß wir jeweilsbestimmte Aussagen in die Hand bekommen, die als Bausteinedes Ganzen von flexiblem Charakter sind und für die Endaussagenochmals durchdacht sein wollen.

Für den praktischen Einstieg ist es leichter, von der Inter-essenlage, der Gegenständlichkeit individuell betonter Le-bensgebiete, statt von Temperament und Stilform des Verhaltensauszugehen. Deshalb beginnen wir als Anfangsübung mit «Planetund Feld», dem lassen wir in der zweiten Hauptübung «Planetund Zeichen» folgen. Ist damit eine charakterliche Bestands-aufnahme erreicht, so geht man sinngemäß an die Untersuchungder Spannungsformen, vertieft sich in die Problematik und lerntin der dritten Hauptübung «Planeten im Aspekt» kombinieren.Bei jeder dieser Übungen gilt es herauszuarbeiten, womit dasbetreffende Bestandstück sich im Rahmen des Ganzen gegen dieanderen Komponenten durchsetzt. Dies verlangt jeweils eine Be-schränkung auf das Eigentümliche der zusammengebrachtenElemente. Wenn wir hie und da der Kombination von Bestand-stücken miteinander vorgreifen, so dient es außer der Verhütungeinseitiger und summarischer Aussagen einer Klärung der astro-logischen Schlußformen überhaupt. Wir üben damit ein, unsstrikte derjenigen Schlußfolgerung zu enthalten, die erst auf eineranderen Stufe unserer Reihenfolge statthaft ist. Solches Rein-halten der jeweiligen Aussage von Vorausgriffen und irrationalenVermutungen, die stetige Besinnung auf das, woraus sie er-schlossen wird, bildet den Unterbau für das spätere Begreifen derWechselbezüglichkeit von Faktoren, wenn wir zur Formenlehreübergehen.

Enttäuscht werden jene sein, die ein Regelwerk erwarten, des-sen Begriffe man ohne weitere Bedenken auf den praktischenFall anwenden kann. Es geht aber darum, den Menschen aus sei-nem individuellen Existenzplan zu verstehen. Dies erfordert, dieBedeutung jedes Symbols aus der Vielzahl seiner Perspektivenzur Wirklichkeit kritisch durchzudenken. Unser Verhältnis zupsychologischen Methoden sei nochmals dahin zusammengefaßt,

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daß die Astrologie keinerlei «Ersatzpsychologie» anbietet. Ausguten Gründen betonen wir ihre Eigenständigkeit als Rahmeneiner universalistischen Betrachtungsweise, die spezielle Unter-suchungen wie auch theoretisch unbelastete Menschenkenntnis insich aufzunehmen vermag. Dies ermöglicht verschiedene Gradeder Wirklichkeitsnähe und Anschnitte der Beobachtung. DerUnterschied astrologischer Menschenkunde zu den geläufigenpsychologischen Methoden liegt darin, daß wir nicht mit einerspeziell ausgerichteten Lehrmeinung an den Menschen herantre-ten, sondern den Aufbau seines Wesens aus mitgegebenen Anla-gewurzeln studieren. Das Erscheinungsbild, mit dem sich derPsychologe sofort befassen kann, ist uns von der Konstellationher unbekannt. In der Blinddiagnose treffen wir nur mit Wahr-scheinlichkeitsschlüssen heran. Haben wir jedoch das da oderdorthin entwickelte Individuum vor Augen und ist uns etwas vonden Faktoren jenseits der Aussagegrenzen bekannt, so könnenwir an Hand der Konstellation auch psychologische Kenntnisseumso ergebnisreicher einsetzen. Nur verbietet uns die Besinnungauf das Grundmaß individuellen Seins, den Fall nach einem fer-tigen Vorrat doktrinärer Meinungen zurechtzurücken, was immergeschähe, wenn wir uns an eine psychologische Schule anhängenwürden. Wir werden vielmehr von Fall zu Fall die Methoden er-greifen, welche den Lebensvorgang aufzuhellen imstande sind.

In diesem Sinne wird wie in den vorangegangenen beidenBänden versucht, einige Brücken zu psychologischen Begriffenzu schlagen. Das schon dem ersten Band mitgegebene Fremd-wörterverzeichnis wurde durch neu hinzugekommene Fachaus-drücke ergänzt.

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Erste Hauptübung der Kombination:PLANET UND FELD

Wir stellen uns im Geiste auf den Ort der Geburt (Mittelpunktunseres Aufzeichnungs-Schemas) und orientieren uns im Raumnach Horizont und Meridian. Was vom besagten Punkt aus imHimmelsraum sich gegenüberliegt, entspricht einem anlage-mäßigen Gegensatz im Menschen, auf den die Konstellation be-zogen ist. Damit gelangen wir zur erstbetrachteten Kategorie derAbwandlung, den Erdraumfeldern oder Häusern, in kreisläufigerFolge gesehen.

Dieser Felderkreis betrifft die Verwirklichung in der konkretenWelt, sowohl der selbst beherrschten als auch der sozial besetz-ten. Wir können ihn ebenso das Ich-System nennen, insofern be-sonders der bewußte Wille des Einzelnen in seiner Auseinander-setzung mit der Welt beansprucht wird. Enthalten sind darin diegegenständlichen Ziele und Erwartungen, die Interessen, dieDeutung beschränkt sich auf Kräfterichtungen. Die aus der Stel-lung von Planeten in der Ekliptik gefundenen Eigenschaftsanla-gen sowie die aus Aspekten ermittelten Spannungen, sofern wirdergleichen schon zu deuten wissen, übertragen wir also aufVerhältnisse im «Raum, in dem sich hart die Sachen stoßen».Uns kümmert vorläufig weder die Art und Weise noch die Pro-blematik des Verhaltens, es geht uns um die Gebiete, auf denendie Wesenskräfte sich äußern. Die Scheidung in Felder über undunter dem Horizont folgt inhaltlich dem Prinzip, das uns dienormale Menschenbeobachtung lehrt: akute Anforderungen derUmwelt drängen den Selbstlauf innerseelischer Vorgänge zurück,dagegen ein Wegfall der Umweltsreize bringt sie zum Vorschein,wobei wiederum die äußere Welt in den Hintergrund tritt. Diehiermit einsetzende Ausgliederung der Interessensphäre wurdetheoretisch im II. Band behandelt; in ihr haben wir uns bestimmteKräfterichtungen anlagemäßig fixiert zu denken.

Im Ansatz der Deutung gehen wir umgekehrt vor wie der Be-haviorist, der beobachtend unmittelbar vor dem Menschen steht

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und dessen Verhalten im Umgang mit den Dingen beschreibt.Das Zwischenreich zwischen diesem und unserem Deutungsan-satz umfaßt die ganze Fülle menschlichen Daseins, was jeneraber vor Augen hat, sollen wir erst finden. Sprechen wir vonAnlagen der Betätigung im Lebensraum, so ist klar, daß darin dieDinge nicht so sehr in der Erscheinung für sich, als in der Be-deutung für den Menschen enthalten sein können.

Die Ziele der verfolgten Interessen sind in viel höherem Gradestellvertretende Dinge, als unser Bewußtsein, das wähnt, es geheum die Dinge und nicht um das, was sie bedeuten, normalerweisezuläßt. In solchem Bedeuten bilden sie Motive des Handelns, undwas wir hier mit einem Feld meinen, ist ein bestimmter Motivbe-reich auch in dem Doppelsinne, den das Wort Motiv in derKünstlersprache hat. So beantworten wir aus der Struktur die vonder Tiefenpsychologie aufgeworfene Frage, wieweit irgendeinMensch einen Überblick über seine Motive hat. Nicht um beiläu-fige Motive geht es dabei, sondern um Grundmotive, aus denensich das begriffliche «Warum» und «Wozu» eines Strebens, einerHandlung, einer Stellungnahme erst herausbildet. Die Inter-essensphäre ist jedenfalls kein zusammenhangsloses Mosaik ausGegenständen, wie sie Kindheitseindrücke, Erziehung und derLebenskampf zu Bewußtsein brachten; sie enthält vielmehr an-geborene Bedeutungsrichtungen, wobei in eine und dieselbegrundsätzliche Richtung weisende Dinge bis zu gewissem Gradevertauschbar sind. Es kommt nicht so sehr auf die Dinge, als aufBefriedigung der ihnen anhaftenden Bedeutung an. Der Behavio-rist würde es von seiner Methode aus ablehnen, einen innerstenBeweggrund dieses oder jenes Interesses zu behaupten. Für dieastrologische Deutung gehört dies zur Ausgangssituation, gege-ben mit der angeborenen Struktur. Astrologie hat also vornehm-lich Bedeutungen zu deuten und muß sich um die logischeKonstruktion ihres Zusammenhangs bemühen; nur von da hertrifft sie die Konkretheit des Daseins.

Unsere die Struktur und den spezifischen Sinn des Einzelnenerforschende Menschenkunde scheidet sich hier ab vom vulgärenGebrauch derselben Mittel, der auf zusammenhangslose «Tref-fer» ausgeht. Solche Treffer haben nur Wert, wenn an ihnen ein

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Bedeutungszusammenhang aufleuchtet. Fragt man sich, wo derDilettantismus in der Astrologie abwegig wird, so lautet dieAntwort ziemlich eindeutig: in den «Häuserfragen». Hier blühtdas Orakelbedürfnis, die Überspannung der Aussagekraft undMißachtung der Wissenschaftlichkeit. Differenzierung und Be-grenzung der Aussage muß darum hier besonders beachtet wer-den.

Im zweiten Band lernten wir die Felder in der Koordinationzueinander kennen. Wir erfuhren, daß jedes Feld eine Menge vonDingen umfaßt. Nun wollen wir die Betonung eines bestimmtenFeldes analog der Stellung eines Planeten, dessen Bedeutung unsaus dem ersten Band bekannt ist, verstehen. Kombination heißtdemnach hier, eine Auslese gemäß der Natur des Planeten vorzu-nehmen, bzw. die zur Wesenskraft passenden Dinge heraus-zufinden. Charakterlich geht es um die Wirklichkeitsprägung undHerausbildung habitueller Formen. Wir fragen im einzelnen, aufwelche Tatsachen sich diese oder jene Kraft logischerweiserichten muß, was dabei verfolgt und bewirkt wird. Übungshalbersehen wir ab von dem, was die Kombination mit dem Zeichenund aus den Aspekten ergibt, wir beschränken uns auf das Ver-hältnis von Kraft und Auswirkungsgebiet.

Was also wird erfaßt und bewirkt, um welche Dinge geht es,wenn etwa die Sonne im 1. Feld steht? Wir wissen, daß die Son-ne den vitalen Mittelpunkt des ganzen Gefüges symbolisiert, er-warten eine zentral bedeutsame Aussage. Mit jedem Feld aberbegeben wir uns in eine Mannigfaltigkeit, es ist in den Tatsachenvieldeutig. Zuerst müssen wir uns in diesen Einzelheiten ausken-nen lernen, um dann zu ermessen, was die Eigenart der Wesens-kraft ans Licht holt. Als zweites stellt sich die Frage, wie wirüberhaupt vorgehen und die Dinge überblicklich verstehen sol-len, bei den Feldern anfangend oder bei den Wesenskräften?

Des bequemen Überblicks halber folgen viele der vergrö-bernden Aufzählmethode im Kreise herum, abgestimmt aufdurchschnittliche Anfragen. «Das 1. Haus bezieht sich auf Lebenund Person des Geborenen, das 2. auf seine Vermögens-verhältnisse, das 3. auf Geschwister, Schule und kleine Reisen,

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das 4. auf das Elternhaus, Heimat, Grund und Boden, das 5. aufLiebesereignisse und Kinder, das 6. auf Körperfunktionen undArbeit, das 7. auf Eheangelegenheiten, das 8. auf den Tod, seineUrsachen und Folgen, somit auch Erbschaften, das 9. auf Welt-anschauung und Religion, ferner weite Reisen, das 10. auf Berufund Öffentlichkeit, das 11. auf Freunde und Gönner, das 12. aufheimliche Feinde und unfreiwillige Absperrung.» So ungefährlautet ein einigermaßen vertretbarer Auszug aus der Tradition,wobei wir weglassen, was mehr ein komisches Sammelsuriumergibt, all die großen und kleinen Tiere, Schwiegerväter und-mütter, Vorteile durch den Tod fremder Personen, Lotteriege-winne und dergleichen. Nach dem überlieferten Deutungsschemasagt die Anwesenheit eines Planeten entsprechend seiner Naturund seinen Aspekten über die betreffenden Angelegenheiten aus.

Mag diese Aufzählmethode auch simpel und äußerlich sein,selbst mit derart bedingten Mitteln kommen wir bei Sonne im 1.Feld zur Aussage, daß der Betreffende den Drehpunkt des Da-seins in seiner Person und seinem Leben sucht. Sein Gesamt-Lebensantrieb wirkt sich egozentrisch aus. Ist das aber nicht beiallen Menschen mehr oder weniger so?, könnte jemand fragen.Ihm wäre zu antworten, daß wohl jeder in persönlicher Weise,dem Aszendenten entsprechend, reagiert, daß es dabei abergradweise Unterschiede der Egozentrizität gibt, die zu seinemCharakter gehören. Der im Sonnenstand versinnbildlichte Mittel-punkt, im angeführten Fall identifiziert mit allen persönlichenBesonderheiten, kann auch vom Ich wegverlegt sein, und zwaranlagemäßig, nicht nur im Sinne erworbener Entwicklungshöhe,in dem wir von «Ichüberwindung» sprechen. An den genanntenBedeutungen gespiegelt ist der Kern des Wesens beim einen aufBeruf und Öffent1ichkeit (10), beim anderen auf Besitzverhält-nisse (2), bei einem dritten auf Liebesereignisse und Kinder (5)usw. ausgerichtet. Wir haben damit erst die zentrale Einstellungin Betracht gezogen, doch immerhin zeigt dies schon etwas We-sentliches: die Interessensphäre des Menschen teilt sich auf nachverschiedenen Richtungen, und wenn wir noch die anderenKräfte untersuchen, dürfen wir hinzufügen: Grundrichtungen,

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deren jede entweder durch eine bestimmte Kraß verfolgt wirdoder in der charakterlichen Betonung ausfällt.

Ein Mensch kann sogar auf manchen Achsen mit sich selber imWiderspruch liegen. Stehen etwa Planeten im 10. und im 4. Feldesich gegenüber, so ist er geteilt einerseits in Interessen an Öf-fentlichkeit und Beruf, der sozialen Zeitlage verschworen, sowieanderseits in Interessen an seinem privaten Gehäuse, mehr oderminder bodenverwurzelt. Stehen die Planeten in Opposition, soergibt dieser Aspekt noch die Zusatzaussage der problematischenSpannung; doch auch ohne solche Verschärfung, ohne Aspektbesteht ein Gegensatz der Lebensgebiete, der Motivbereiche.Kennen wir die da und dort einsetzenden Kräfte, so werden wirin der Deutung einer Mannigfaltigkeit von angestrebten, behüte-ten, gepflegten, auf jeden Fall interesseweckenden Dingen ge-recht.

Bei näherer Betrachtung reichen allerdings die vulgären Auf-zählungen nicht mehr hin. Wo hören die kleinen Reisen auf undbeginnen die großen? Warum liegen Freunde und Feinde einfachso nebeneinander und was scheidet sie? Undurchsichtig bleibtder Zusammenhang der weiteren traditionellen Aussagen, amwenigsten kommen wir damit aus, wenn wir die Sonne im 8. oder12. Feld zu deuten haben und das Ergebnis mit dem lebendenModell vergleichen.

Menschenbeobachtung darf während des Erlernens der Kombination nieaussetzen, sie hilft dem Verständnis der Elemente. Als zweckdienlich er-weist es sich zumal am Anfang, stets auch den behavioristischen Gegen-ansatz, die vorurteilslose Beobachtung des Verhaltens, heranzuziehen. Wirerfahren, wie jeder Mensch in seinen Bedingtheiten lebt, die analog der In-teressensphäre im Umgang mit den Dingen offenbar werden. Mit den Fel-dern dieser Sphäre ist ihm eine individuelle Urbedeutung der Dinge mitge-geben, sie kann aber auch unbewußt bleiben. Oberflächlichkeit oder Be-deutungstiefe ihres Erfassens hängen ab von der Bewußtseinsstufe undKenntnis seiner selbst (Aussagegrenze!), dies spielt beim tatsächlichen Ver-halten mit. Auch die Beobachtung der Mitmenschen setzt eine gewisse Stufevoraus und will erlernt sein. Wie Kinder zuerst aus dem Gedächtnis zeich-nen, sieht der Naive immer etwas aus seinem Vorrat an Gedanken (Erinne-rungen, Gemeinplätze) in den anderen hinein. Diesen stereotyp sich einmen-genden Gedankenvorrat muß beiseite stellen lernen, wer nur hinschauen,

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registrieren will. Aus der Beobachtung des Verhaltens ergeben sich wichtigeRückschlüsse auf die Entwicklungshöhe unabhängig davon, wie der Betref-fende selber sie einschätzt. Dazu müssen wir allerdings die Interessensphäreals System begriffen haben. Am Anfang lehrt die vergleichende Beobach-tung erst einmal die mannigfaltige Einkleidung derselben Grundstrebungenbei verschiedenem Niveau kennen.

Das Unzulängliche der traditionellen «Häuserinhalte» suchteman zu beheben durch eine Sichtung nach gliedernden Prinzipi-en. Hier bot sich die Analogie zum Tierkreis an, vielfach aberfalsch gehandhabt. Die Dreigliederung etwa (kardinal, fix, labil)tauchte auf als Einteilung in Eck-, Mittel- und Endfelder, dochmit quantitativer Bewertung, als verschiedene Stärkegrade derdarin befindlichen Planeten (Richtigstellung Bd. II, S. 282-284).Da die Zwischenfelder der durch Horizont und Meridian ausge-schnittenen Quadranten rechnerisch ohnehin ein umstrittenesProblem bilden, wurden sie von manchen einfach weggelassen.Eine solche Vereinfachung kann einen gewissen Lehrwert haben,wenn die Gliederungsprinzipien stimmen, hebt jedoch in der Ver-einseitigung und als Endaussage gebraucht die Präzision derSchattierungen auf. Zwischenfelder müssen wir bestehen lassen,ihre Grenzen aber fließend sehen und weniger verbindlich als diescharfen Abgrenzungen der Tierkreis-Zwölftel, hervorgegangenaus der Kreisgeometrie. Hierher gehört das Thema des Umkrei-ses der Felderspitzen, das heißt, des schon vor der genauen Gren-ze eines Feldes beginnenden Bezugs auf seine Angelegenheiten(am praktischen Fall behandelt S. 106). Mit der Deutung derQuadranten liegt es meist im argen. Häufig folgt sie der Analogiezu «Frühjahrs-, Sommer-, Herbst- und Wintermenschen» (einerdem Jahreslauf folgenden Auslegung der Tierkreisquadranten).Nach dieser verunglückten Analogie bezöge sich «der I. Qua-drant auf Jugend und frühes Mannesalter, der II. auf reifes Man-nesalter, der III. auf Lebenswende zum Alter, der IV. auf dasGreisenalter1.»

1 Leider wird diese Auffassung von dem sonst so kritischen Frh. v. Klöckler vertreten in

«Grundlagen für die astrologische Deutung», Bd. II, Astra-Verlag, Leipzig, 1923. Eine derbesten Untersuchungen der Häuser-Systematik bleibt immer noch die von F. Schwab in«Sternenmächte und Mensch», Bermühler Verlag, Berlin-Lichterfelde, 1923.

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Tatsächlich spielen die Quadranten in der Interessensphäre einebedeutendere Rolle als in der Sphäre des Ausdrucks, wo sie inAufbau und Gliederung zwar auch enthalten sind, die Färbungdes Ausdrucks aber mit dem Temperament beginnt. Im Zusam-menhang damit (der Charakterisierung als erdhaft, feurig, wäß-rig, luftig) drängt sich bei den Zeichen die Schichtenlage vor, dasFußfassen auf einer der vier Seinsebenen. Dies fällt bei den Fel-dern weg bzw. klingt nur schwach an (vgl. Bd. II, S. 281). DieTeilung durch Horizont und Meridian aber ist ausschlaggebendfür zwischenmenschliche Beziehungen, sie zeigt das Entworfen-sein des Einzelnen auf die soziale Mitwelt. Von hier verstehenwir die widersprüchlichen Bedeutungen der einander gegen-überliegenden Felder. Auch in den traditionellen Zuweisungenschimmert dies durch, nur nicht konsequent von einem überge-ordneten Blickpunkt gesehen. Diesen Blickpunkt wollen wir jetztan den hauptsächlichen Ausrichtungen des Lebensantriebes ken-nenlernen.

Wir gelangen damit zur Deutung des Standorts der Sonne.

Das Lebensschöpferische

�Der lebendige Kern eines Menschen steht analog der Sonne bei

seiner Geburt. Dies wird besonders anschaulich am Aszendenten,weil hier die Signatur der betreffenden Wesenskraft unmittelbarin Erscheinung tritt (vgl. Bd. I, S. 108). Sie hat bestimmendenAnteil an der physiognomischen Prägung, die im Aszendenten-zeichen ihr Modell findet, in beider Verbindung wirkt sich unge-brochen der «Ichtrieb» aus. Aszendent heißt demnach auch Be-schränkung des Interesses auf die Angelegenheiten, in welchendie eigene Person isoliert zur Geltung kommt. Herrscht darin nunder zentrale Lebensantrieb, wie gesagt in Strahlkraft und Selbst-überzeugtheit schon physiognomisch wirksam, so begreifen wir

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die Stellung der Sonne hier, sowie in dem am Aszendenten be-ginnenden 1. Felde, als Identifizierung des Wesenskerns mit derEigenperson. Im vitalen Daseinsanspruch, im äußeren Gehabewie im Auswirken spezifischer Begabungen dreht sich die Pro-blematik letztendlich um personal und situativ bedingte Anlie-gen. Der Mensch ist sich im Kern des Wesens der Mittelpunktseiner Welt. Mit Recht sprechen wir daher von Egozentrismus(hingegen «Egoismus», als moralischer Begriff, wäre unstatt-haft), wenn auch das Ausdrucksprinzip (etwa bei Sonne inFISCHE oder WAAGE) den Äußerungen vielleicht einen selbst-losen und umweltsoffenen Anstrich gibt.

Dem Aszendenten gegenüber liegt der Deszendent, mit wel-chem das 7. Feld beginnt. Hier gerät der Ichtrieb in Gegensatz zusich, indem er den Kontakt mit einem ergänzenden Du aufsucht,manche sprechen von einem selbständigen «Kontakttrieb». Erstdurch Auseinandersetzung mit Fremdem findet der so verankerteMensch zu seinem Eigenen. Das Tor zum Mitlebenden steht ihmoffen, zentrale Zugkraft hat das Anderssein des anderen in allseinen Bedingnissen, von daher zäumt sich der vitale Daseinsan-spruch auf. Die Stellung der Sonne in diesem Feld bedeutetIdentifizierung des Wesenskerns mit der Fremdperson. (Beileibenicht zu verwechseln mit «Altruismus» in Gegensatz zu einem«Egoismus im 1. Feld!) Gesagt ist damit, daß der Gesamt-Lebensantrieb durch einen wirksamen Fremdreiz erweckt wird,dieser, ob assimiliert oder wieder ausgeschieden, übt eine be-stimmende Macht auf das Verhalten aus. Bei entsprechendenZeichen (etwa Sonne in JUNGFRAU oder WIDDER) kann zwar dieAbgrenzung des Eigenen oder die eigenwillige Überwindung ei-nes Einflusses überwiegen, doch eben dazu wird der anregendeKontakt mit einem Du, die Auseinandersetzung mit Andersarti-gem benötigt. In erfrischender Naivität stellt uns die Traditionmit dem 7. Feld sowohl «Ehegatten» als auch «offene Gegner»hin; über die Form der Gemeinsamkeit ist jedenfalls aus demFeld nichts gesagt, sie unterliegt anderen Bestimmungen.

Quer zur Horizontachse, die mithin auf unmittelbare Ich-Du-Auseinandersetzungen bezogen gilt, steht die Meridianachse. Siehebt dieselbe Widersprüchlichkeit aus dem Besonderen ins All-

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gemeine. Auf seiten der Eigenperson herrscht nunmehr nicht dasIch im Drang und Streben des jeweiligen Augenblicks, konfron-tiert einer bestimmten Anderheit. Der zentrale Lebensantrieb an-kert vielmehr im breiten, großteils unbewußten Wurzelbodeneinzelner Aktionen. Wir sprachen andernorts vom «Es». Damitmeinen wir nicht nur libidinöses Eigenleben im Sinne unbewußtgewordener Vergangenheit, wie in den Anfängen der Psychoana-lyse verstanden, sondern ebenso die zukunftsträchtige, wennauch den Urtrieben des Lebens rückverbundene innerseelischeLebensfülle. Das Selbstbezogene beschränkt sieh nicht im mo-mentanen Anliegen des Ich. Der so beanlagte Einzelne wird imKern stärker als andere mitbestimmt durch stammesge-schichtliche Artung und Herkunft, die auf Fortpflanzung diesesErbes abgestimmten Lebensnormen, der «Nestbautrieb» kommtzur Geltung. Es ist der Mensch in seiner Privatsphäre, an Heimund Herd gebunden oder versunken in sein Traumleben, aus demganzen Umkreis des ihm Verwandten, Vertrauten seine Kraftsaugend. Zwar noch innerhalb des Ichsystems gesehen, ist er je-doch dem Innenleben, dem Aufschluß seiner Tiefenschichten zu-gewandt. Letztendlich gilt der welt-, aber nicht lebensfremdeDaseinsanspruch dem Urgrund der Existenz, auch wenn dasAusdrucksprinzip dies einkleidet in sozial gebräuchliche Tatsa-chenformen oder persönlich-praktische Vorhaben (etwa bei Son-ne in STEINBOCK oder ZWILLINGE. Das am unteren Meridianbeginnende 4. Feld bezieht sich in diesem Sinne ebenso auf El-ternhaus wie auf Alters-Refugium, analog einer Befassung mitAnfang und Ende der Dinge. Die Stellung der Sonne hier bedeu-tet Identifizierung des Wesenskerns mit der Tiefenperson als demgeheimen Untergrund aller Subjektbestrebungen.

Demgegenüber gilt am oberen Meridian, wo das 10. Feld be-ginnt, nicht mehr das Du oder Anderssein einzelner Objekte inihrer Besonderheit, sondern ihre normative Zusammenfassungzur Welt. Es ist aber der geschichtlich entwickelte und sozial be-dingte Weltblick, der beim kulminierenden Stand der Sonne denLebensantrieb motivisch-praktisch bestimmt. Der Daseins-anspruch wird in diesem Sinne weltmännisch, öffentlichkeits-verbunden, beruflich oder kastenmäßig versachlicht. Er stellt sich

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auf die allgemein geltenden Wirkungen ein, auch wenn das Aus-drucksprinzip ein selbsteigenes Fühlen oder begeisterte Impulsedamit verknüpft (etwa bei Sonne in KREBS oder SCHÜTZE). Werauf eine Kommandohöhe steigen und Breitenwirkung erlangenwill, muß untertauchen im unpersönlichen «man», konform ge-hen mit allen Zeitgenossen, welche dem «Gesellungstrieb» ge-horchen. Die Stellung der Sonne in diesem Feld bedeutetIdentifizierung des Wesenskerns mit der Repräsentativperson, dievitalen Antriebe verausgaben sich im Rahmen geltender Gesetzeund Verhaltensnormen. Mehr oder minder bewußt wird derMensch zum Exponenten sozialer Verhältnisse und der Zeitlage,in denen er sich beruflich zu behaupten hat; auf den oberen Me-ridian beziehen sich die Bd. I, S. 167 angeführten «Berufe, Ein-richtungen, Materialien2».

Vorschreitend in der Folge der von diesen Eckpunkten aus be-stimmten Quadranten erhalten wir vier Bezirke:

I = die vorwiegend willentlich und rational ausgerichteteEigenperson, herausgehoben aus allen Bindungen, vereinzeltbetrachtet,

II = die in Naturtrieben und ererbten Instinkten verankerteTiefenperson, innerseelische Rückverbindung zu schöpferischenLebensnormen,

III = die im mitmenschlichen Kontakt aufgenommene Fremd-person, freiwillige oder zwangsläufige Bindungen, Umwand-lungsbereitschaft,

2 Auf der Meridianachse stehen sich also gegenüber: Versenkung in das lebendige Selbst

und öffentliche Bewährung. Dies berührt jene in der traditionellen Astrologie gestifteteVerwirrung bezüglich der Zuordnung von Vater und Mutter, zu deren prinzipieller Klärungschon Bd. II, S. 264/65, 306, 310 beitrug. Als eigentliche Vater- und Muttersymbole be-trachten wir � und �, die auch in gegensätzlicher Ausrichtung stehen können, � in 4 oder� in 10, wonach sich das Vatererbe im «Mutterschoß subjektiver Haltungen», das Mut-tererbe in der männlichen «Objektivität des Staatsgebäudes» auswirken kann. Den Dimen-sionen nach sagen wir richtig «Muttersprache» und «Vaterland». Der Staat alsgeschichtliches Gebilde und die ihm gebührende Pflicht widerstreiten im Prinzip der volks-und stammeseigentümlichen Ausdrucksweise, den naturgewachsenen Lebensformen, demin der Kinderstube übernommenen «Mutterwitz». Auch wenn solche Eindrücke längstverflogen sind und der Heimatboden verloren ist, bleibt die Sprache vom unteren Meridianher ein Mutterboden der seelischen Haltung. Dagegen vom oberen Meridian her ist sieauswechselbares Verständigungsmittel der «Vaterwelt», der unerläßliche Kitt sozialer Be-ziehungen.

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IV = die auf gesellschaftliche Tatsachen eingestellte Reprä-sentativperson, zum eingenommenen Platz verpflichtend, Pri-vates überformend.3

Gemäß dem Quadranten, in dem sie steht, erfassen wir dieSonne als organisierenden Mittelpunkt aller Strebungen. Verbun-den mit den im II. Band bereits erläuterten Quadran-tenbedeutungen (S. 286 ff.) ergibt sich damit ein bestimmterStandort im sozialen Raum, unabhängig von der Gestalt der Ver-hältnisse, wenn auch natürlich im Äußeren realisiert. In der sovorgezeichneten Kernhaltung sehen wir die ganze Persönlichkeitzusammengefaßt. Die anderen potentiell in uns ruhenden Stand-ortmöglichkeiten, analog der Feldstellung der übrigen Wesens-kräfte, werden nun in dies wirkende Zentrum gleichsamhineingespiegelt. Hierbei macht sich eine Autonomie des Bezie-hungssystems, das wir «Interessensphäre» nennen, geltend alsGesetz, wonach sich der Aufbau von Teilen zur Ganzheit regelt.Den Vertreter dieses Ganzen, die Sonne, begreifen wir somit alsvitales Zentrum in einem ohnehin gegebenen Netz von Beziehun-gen, deren kommunizierende Glieder, die einzelnen Person- undSachbedeutungen zum Ganzen ordnend, die Wesenskräfte sind.Diese etwas abstrakt klingenden Zusammenhänge wollen wir unsnoch mehr verdeutlichen.

Freilich ist es eine und dieselbe Individualität, welche die vier«Personen in sich vereinigt. Doch kommt diesen eine gewisseSelbständigkeit zu. Im krankhaften Fall kann sich, gemäß dendamit vorgegebenen Schnittlinien, eine seelische Spaltung her-auszubilden.4 Ein gesund in sich stehender und seine Funktionen

3 Den Ausdruck «Person» verwende ich ausschließlich auf das Feldersystem bezogen.Es darf keine Verwechslung eintreten mit den von W. Reich aus einer Drittelung des Tier-kreises abgeleiteten Bezeichnungen «Primitivperson, Ichperson, Universalperson». (WReich, «Das Geheimnis des Tierkreises», O. W. Barth, München-Planegg, 1949). Reichgeht dabei aus vom Fortschreiten in der Kreisfolge und sondert die drei genannten Stufenaus, in gewisser Übereinstimmung mit dem in Bd. II, S. 109 erläuterten Anwachsen derWertdimensionen. Er führt dies jedoch in die Deutung ein mit Begriffen, die zur Aussageüber die Entwicklungshöhe verleiten. Meines Erachtens ist es unzulässig, in der mehr ele-mentarischen Ausdruckssphäre von «Person» zu sprechen. Personalität schließt einheitlicheund verantwortliche Organisation des Verhältnisses zur konkreten Welt ein, wozu die ver-dinglichten Strebungen, Antriebe und Erwartungen der Interessensphäre gehören.

4 Hier liegen Ansätze einer bei Schizophrenen auf die Anlage zurückgreifenden Diagno-stik und Therapie. Abgespaltene Personen., dem rationalen Ich unverständliche Störungen

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in der sozialen Mitwelt redlich erfüllender Mensch stellt dessen-ungeachtet ein Ganzes dar. Er ist eben gesund durch die Synthe-se, die er ständig aus Strebung und Gegenstrebung im Bezie-hungssystem der Interessen erreicht. In verschiedenerlei Motivenvereinigt er die Widersprüche von Eigenperson und Fremdper-son, Tiefenperson und Repräsentativperson. Nicht auf Rei-bungslosigkeit kommt es bei Erzielung eines kräftigen Charak-ters an, sondern auf Überbauung von These und Antithese, diejeweils im Zusammenleben hervortreten. (Analytische Aspekte,wenn auch angeborene Erschwernisse, enthalten als aufforderndeSpannungsreize oft bessere Voraussetzungen dafür als syntheti-sche Aspekte, die solche Erwerbungen zu erübrigen scheinen!) Indiesem uns allen gemeinsamen, auf Strebung und Gegenstrebungabgestimmten System bevorzugt nun der Einzelne die anlagemä-ßig betonten Quadranten bzw. Abschnitte daraus, die von Plane-ten besetzten Felder.

Wir treffen somit die Interessen ungleich verteilt an, auf ver-schiedenen Gebieten entsprechend den Wesenskräften. Aus-schlaggebend für das Hauptinteresse, das zentrale Anliegen, istder Stand der Sonne. Darin identifiziert sich der Wesenskern mitden Angelegenheiten des betreffenden Bezirks, hier pulst dasZentrum der Gesamtpersönlichkeit. Dessen Ausrichtung auf«Fremdperson» heißt dann, daß die gestaltende Kraft und Le-bensfülle insbesondere Andersgeartetes aufgreift, anderen sichmitteilt; Ausrichtung auf «Repräsentativperson» heißt, daß sie,eingestellt auf Normen der Öffentlichkeit, ihr Bestes hervorbringtin der selbstwilligen Prägung sozialer Umstände; Ausrichtungauf «Tiefenperson» heißt, daß sie ihr Ureigenes aus den natürli-chen Lebensquellen schöpft, stärker den Mächten des Unbewuß-ten angeschlossen; Ausrichtung auf «Eigenperson» schließlichzieht Kraft und Unternehmungsgeist aus persönlichem Unabhän-gigsein. Entsprechend dieser aktiven, erlebnisstarken, regsamplanenden oder improvisierenden Kernhaltung (gefärbt durch das

und Sperrungen im Assoziationsverlauf, können sich verhalten wie selbständig erlebendeund auf ihre Art zielstrebige, auch zurechnungsfähige Wesen. Ihr Auftreten setzt eineSchwächung der im Sonnenstand angedeuteten zentrierenden Kraft voraus.

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Zeichen des Sonnenstandes) formt sich insbesondere beim Manndie Lebensaufgabe.

Einer Bewertung so definierter Anlagen müssen wir uns aberstrikte enthalten. Der Sonnenstand in diesem oder jenem sowiesonstige Betonung eines Quadranten heißt keineswegs, daß seineAngelegenheiten besser erfüllt würden. Anlagehäufung bedeutetkein ethisches Plus. Ein Mensch mit überbetontem III. Quadran-ten ist nicht ohne weiteres ehefähiger, verträglicher, anschluß-williger und aufopfernder für die Gemeinschaft. Er hat nurstärker als andere das Bedürfnis nach unmittelbarem persönli-chem Austausch. In ständiger Auseinandersetzung mit einem Du(wechselnd oder stetige Ergänzung des Ich) kann ihm sein Ei-genpersönliches aufgehen. Ob und wieweit dies eintritt, stehtnicht im Meßbild. Der Betreffende kann auch uneinsichtig dieMitwelt als Projektionswand für seine ungelösten Probleme ge-brauchen, persönliche Unarten abreagieren, Schuld und Verant-wortung auf andere abwälzen. Umgekehrt liegt es bei einemMenschen mit überbetontem I. Quadranten. Dies bedeutet keines-wegs eine richtigere und selbstverantwortliche Lösung rein per-sönlicher Probleme, nur, daß sie sich stärker vordrängen. Dieprivatpersönliche Ausrichtung kann auch unter hochtrabendenallgemeinwertigen, sozialen Begriffen versteckt sein, allesMenschheitliche wird aber dann aufgerollt aus dem, was der Ei-genperson sich gerade dringlich zur Diskussion stellt. Meistensist persönliche Erlebens-Unmittelbarkeit vorhanden, doch mußder Betreffende auf den Automatismus seiner Fragestellungenachten, daß er nicht nur Bedürfnisse seines Ich umschreibt. Dasgroße Plus kann heißen: ich bin mir selbst der genaueste Experi-mentierfall, um herauszufinden, was es mit dem Menschen über-haupt auf sich hat. Das große Minus würde lauten: alles istsubjektiv bedingt, ich mache immer nur auf mich bezügliche Er-kenntnisse, dies schließt den Mitmenschen aus. Nicht anderssteht es im IV. Quadranten mit der sozialen Gesinnung, die,wenn einseitig entwickelt, auch eine Flucht vor dem Persönlich-sein decken kann, oder im II. Quadranten, dem natürlichen Trieb-und Familienleben mit seinen Verstecken vor gesellschaftlichen,öffentlichen Ansprüchen wie vor der Verantwortung des Einzel-

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seins. An das Qualitative der Äußerung führt zwar das Tierkreis-zeichen heran, doch nur bezüglich der Verhaltensweise, desTemperaments und der Seinsebene, auf der sich die Interessendarstellen, nicht in der ethischen Qualität und Entwicklungshöhe(Aussagegrenze!).

Sinnvollerweise geht man nicht vom Aszendenten aus deutendim Kreise herum; bis man unter anderem auf die Sonne stößt,sondern blickt gleich auf diese. Wir erkunden damit sofort, wodas zentrale Anliegen sitzt. Allerdings ergibt sich für die beidenGeschlechter eine etwas verschiedene Version (zusammen-hängend behandelt unter «Geschlecht», S. 503). Vergleichen wirferner die Konstellation mit dem lebenden Modell, so kommt dieBewußtseinsstufe, die Oberflächlichkeit oder Bedeutungstiefe imErfassen des zentralen Anliegens in Betracht. Das Bewußtseindringt nicht immer zur dennoch wirksamen Grundbedeutungdurch. Beim erwähnten Beispiel eines Gegensatzes zwischen Po-sitionen im 4. und 10. Feld kann die Sonne in diesem oder jenemstehen, dem darin bezeichneten Hauptinteresse widersprechendann die analog der anderen Wesenskraft verfolgten Interessen.Nehmen wir Sonne im 4. Felde an, so hat in jedem Fall das zen-trale Anliegen einen Abstand von den Berufsinteressen. DasZentrum der Ichverwirklichung schlägt eine introversive Rich-tung ein. Bei einfachen Gemütern führt dies zum Hängenbleibenan Elternhaus und Heimat, zur Überkultivierung des familiärenLebens, vielleicht übermäßigem Aufwand für häusliche Ausstat-tung. Was sich hinter diesen Oberflächenerscheinungen verbirgt,braucht nicht bewußt zu sein, und die ethische Werthöhe ist garnicht berührt. Es sind Rückzugsmanöver in das Zentrum des Ei-genlebens. Die lebensfördernde Bedeutung liegt in der Gebor-genheit, die solche Dinge gegenüber der äußeren Welt veran-schaulichen, mit steigender Bewußtheit wird es so verstandenund beim echten Mystiker macht die innenweltliche Ausrichtungden Inhalt des Daseins aus.

Genaugenommen betrifft das zentrale Anliegen das «Feld» in-nerhalb des Quadranten. Nunmehr erhalten auch die Zwi-schenfelder eine andere Beleuchtung als in der simplen Aufzähl-methode. Sie nehmen teil an der Ausrichtung ihres Quadranten.

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Ob und wieweit man etwa dem 11. Feld entsprechend Freunde,dem 12. Feld entsprechend Feinde findet, liegt nicht in der Be-deutung des Feldes allein, sondern ergibt sich aus einem gesell-schaftlichen Blickwinkel. Die Beziehung zum Tode ferner,gemäß dem 8. Felde, wäre vom Einzelnen aus nur ungenügendverständlich, sie will vom Blickwinkel der Symbiose betrachtetsein. Hiermit verliert sich das Zufällige der Aufzählungen. Dergenannte Unterschied der Bewußtseinsstufe (Oberflächlichkeitoder Bedeutungstiefe des Erfassens) macht sich am stärksten im4., 8. und 12. Feld geltend, von der Tradition «okkulte Häuser»genannt. Der Ausdruck «okkult» wird dabei mit einigem Rechtgebraucht, insofern die eigentliche Bedeutung dem normalenBewußtsein, an dessen Grenzen entsprechende Erlebnisse heran-führen, verdeckt bleibt. In anderen Feldern liegen die Bedeutun-gen dem Durchschnittsverständnis näher, wenn sie auch nie inden vulgären Benennungen aufgehen. Wie gesagt, entspringendie Inhalte zum Teil der Quadrantenlage. Auch das 5. und 6.Feld, um den II. Quadranten weiter aufzugliedern, werden vonder Tiefenperson gesteuert. Hieraus erhellt sich die Betätigunglebensaufbauender, fortpflanzender und regenerierender Natur-triebe (Liebe, Kind und dessen Betreuung, Spiel) analog dem 5.Feld, sowie die Sublimierung dieser Triebe in der Kunst, als Ge-staltungsphänomen unterhalb bewußter Zwecke. Analog dem 6.Feld treten im negativen Fall krankhafte Störungen des Lebens-getriebes auf, insbesondere auch psychogen und in Zusammen-hang mit Triebfunktionen, diesem «regressivem Leben» steht impositiven Fall das progressive gegenüber, der vitale Einsatz imArbeitsprozeß, Körperpflege, Sport und rhythmische Gymnastik.Abgesehen von dieser Quadrantenausrichtung enthalten das 5.und 6. wie jedes Feld noch spezifische Bedeutungen (Einzeldar-stellungen, Bd. II, S. 324).

Beim Urteil über die Art der mitwirkenden Intensität (graduellmit der Wesenskraft gegeben) hilft uns der Blickpunkt derDreigliederung (Bd. II, S. 282-284). Wir unterscheiden For-mungsintensität, Beharrungsintensität, Durchführungsintensitätin jedem Quadranten. Die Formungsintensität hatten wir bereitsbei den Eckfeldern 1, 4, 7 und 10 in Rechnung gestellt; von ihnen

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aus werden die anschließenden Quadranten «überformt», so daßbei stark besetzten Eckfeldern die übrigen Felder in der soebenbeschriebenen Ausrichtung mitbestimmt werden.

Betrachten wir vom nun erreichten Blickpunkt etwas ein-gehender die Sonne in zwei gegenüberliegenden Zwischen-feldern der Beharrungsintensität. Bei solchen handelt es sich umdie Grundlagen der im zugehörigen Eckfeld bestimmten Aus-richtung. Wenn das 2. Feld vulgär das «Haus der Finanzen»heißt, so trifft dies zweifellos die meist erfragte Seite der Aus-wirkungen. Für den Durchschnitt der Menschen steht Erwerb undBesitz im Mittelpunkt, sofern sich die Sonne in diesem Feld be-findet. Die Bedeutung des Eigentums indes besteht nicht in derprivaten Finanzlage als solcher, sondern in der sicheren Grund-lage der Eigenperson. Ihrer Schaffung, ihrem Ausspielen, worinsie auch liegen mag, gilt die eingesetzte Beharrlichkeit, sie istselbst ein Beharrendes. Als Eigentum «hat» man die Dinge nichtnur zum Nutzbrauch oder um anderen damit zu imponieren, son-dern man macht sich zu eigen, womit man sich identifiziert undlernt es organisch richtig in Gebrauch zu nehmen. Beim Kindbetrifft dies zunächst den physischen Aufbau und seine Störun-gen, hierüber schichtet sich dann die Unterfestigung persönlicherZiele auf verschiedenen Ebenen. Diese Ziele brauchen nicht imGeldgewinn zu liegen, und was als «Aneignungstrieb» hierhergehört, hängt ab von der materiellen Lage, in die man hineinge-boren ist, der Entwicklungshöhe und manchem anderen. Nie-mand kann von Karl Marx5 (Sonne im 2. Feld in STIER)behaupten, daß er persönlich Reichtümer zu sammeln bestrebtwar. Als Student sprang er unbekümmert mit den Mitteln desVaters um, später, besonders infolge der großzügigen Unterstüt-zung durch Friedrich Engels, regelten sich ihm die materiellenVerhältnisse im ganzen genommen ohne sein Zutun. Dennoch,eben dadurch ermöglicht, kam die Lebensaufgabe zum Vor-schein, die im zentralen Punkt seiner Struktur vorgezeichnet lag:die geschichtlichen Vorgänge aus dem Besitz an gesell-schaftlichen Produktionsmitteln zu erklären. Die wirtschaftliche

5 Geb. 5. Mai 1818, 2 h a. m. Trier, Geburtsregister.

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Grundlage als Primat des ideologischen Überbaus, dies war derKerngedanke des «historischen Materialismus», den in beharrli-cher Gelehrtenarbeit auszubauen die Eigenperson Karl Marxfundierte. Hier schlägt die Geltung der Sonne für die Lebensauf-gabe durch. Eine übergeordnete Zielsetzung zu finden ist einsouveräner Akt, gegen sie treten gegebenenfalls private Gewinn-absichten, wie sie im primitiveren Fall das zentrale Streben be-herrschen, zurück. Eigentum kann auch als persönlicher Auftragaufgefaßt werden, wie von Karl V. (Sonne im 2. Feld in FISCHE),seinem Versuch, ein «Reich, in dem die Sonne nicht untergeht»,im Sinn einer universellen Sendung zusammenzuhalten. Bei Mi-chelangelo6 (ebenfalls Sonne im 2. Feld in FISCHE) war es wie-derum zentrales Anliegen, sein Eigenstes gemäß dieser Verknüp-fung von Individualismus und Unendlichkeitsprinzip im härte-sten Material, im Stein, künstlerisch einzukörpern (wobei dieFormungsintensität des Aszendenten STEINBOCK und des darüberdominanten Saturn in KREBS mitsprach). Jene studentische Ver-schwendungslust bei Marx oder daß Karl V. ein Feinschmeckerwar, Michelangelo für seine Schöpfungen große Geldmittel ver-brauchte, dergleichen betrifft zwar auch die «Materialität», istaber von Nebenbedeutung gegenüber dem zentralen Anliegen:Erwerb eines Eigentums, auf das sich der Selbstwert stützt.

Immer greift die vertiefte Praxis auf die Theorie zurück. Mehrals bei anderen ist dies im gegenüberliegenden 8. Feld geboten.Schon in der Gegensetzung zum Feld der Physis, dem 2., liegtsein metaphysischer Bezug. Die vulgäre Zusprechung als «Hausdes Todes» bekommt damit einen Sinn, daß wir Tod und Unter-gang des Einzelwesens als Voraussetzung für das Leben im grö-ßeren Maßstab, in der Symbiose, begreifen. Seit Beginnmenschlicher Kultur ist das Todesrätsel von metaphysischenSymbolen umwittert. Untersuchen wir ferner in soziologischerHinsicht, wodurch angesichts der vernichtungswilligen Aggres-

6 Die Aufzeichnung des Vaters, vier oder fünf Stunden vor Sonnenaufgang, gibt zwar

keinen sicheren Anhalt für die Stellung der Sonne; bei dem wahrscheinlichen AszendentenSTEINBOCK steht sie im Übergang vom 2. ins 3. Feld. Doch stehen jedenfalls Mars, Mondund Merkur im 2. Feld. Besprechung s. S. 448 ff.

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sivität menschliche Gemeinschaft überhaupt möglich wurde, sostoßen wir auf ein kunstvolles Gewebe von Kompensations-Mechanismen; sie lenken die gehemmte Angriffsenergie in sozialnützliche Bahnen um, die Hemmungen machen den gegen-seitigen Kampf unmöglich, wo Wesen zu gemeinsamem Zweckzusammengehen. Die Haltbarkeit dieser Mechanismen ist un-sicher, wie alles hier. In einem individuellen Entgleisungsfalloder unter dem Einfluß einer Massenerregung, demagogisch ge-steuert, können sie durchbrochen werden, das Angestaute entlädtsich dann mit allen Schrecken eines Rückfalls in entwicklungs-geschichtlich überholte Zustände7.

Jedenfalls treten die Niveauunterschiede (Aussagegrenze!) im8. Feld stark profilierend hervor. Im Gegensatz zum Feld desselbsterworbenen Privateigentums (das auch geistiger Besitz oderHorten seelisch bevorzugter Dinge sein kann) sehen wir hier so-wohl Zuwachs und Verlust aus Vorgängen im Gemeinbesitz alsauch freiwillige Opfer in diesem Zusammenhang, oder person-

7 Zusammenhängend begreifen wir dies aus der Analogie zum Tierkreis und darin insbe-

sondere den Lebens- und Wertdimensionen (Bd. II, S. 103 f.). Ferner kommt das analogeZeichen SKORPION in seiner Bedeutung als Marsprinzip in Betracht. Wir sehen dabei dieKreisfolge als Abwicklung von Ich-Zuständen im Austausch mit der Umwelt. GegenüberWIDDER, dem kardinalen Prinzip der natürlichen und spontanen Angriffslust in jedem We-sen, ist es das Prinzip ihrer psychischen Umlenkung in einen fixen Zustand nach eingetre-tenem Fremdkontakt, nach WAAGE, dem kardinalen Prinzip der Vereinigung. DieserZustand umfaßt sowohl die aggressionshemmenden Mechanismen zum Schutz und zurErhaltung einer Gemeinsamkeit, als auch die untergründig weiter wirksame Angriffslust, istdaher weitgehend ambivalenz; auch Hinterhältigkeiten, heimtückische Durchbrechungender Schranken gehören hierher. Innerhalb einer zusammenhängenden Gruppe werden dieseEnergien in gewisse, unschädlich machende Riten gebunden, dies sind die intrapsychischenKompensationen. Sie können auch im Dienst einer Gruppe nach außen, auf fremde Objekteoder feindliche Gruppen abgelenkt werden. In menschlichen Meinungskämpfen spielt dabeidie aggressionshaltige Begeisterung mit, deren Anlage weist auf das nachfolgende PrinzipSCHÜTZE, allerdings in der gefährlichen Form der mehr mars- als jupiterbestimmten Fana-tismen ausgewirkt. - Auch die Trigone kommen dabei zur Geltung. Die Art und Stärke derKompensations-Mechanismen hängt entwicklungsgeschichtlich damit zusammen, wieweitin vorangegangenen Familienreihen die aggressiven Instinkte gebändigt wurden. An derFestigung der intrapsychischen Kompensationen ist sozusagen die Summe bereits darge-brachter Opfer beteiligt. Dem entsprechenden kardinalen Zeichen KREBS des Wassertrigonssteht analog das 4. Feld, das in diesem Deutungszusammenhang wichtig wird. - Zur natur-wissenschaftlichen Unterbauung vgl. Konrad Lorenz, «Das sogenannte Böse», Boro-tha-Schoeller Verlag, Wien, 1946. Im Abdämmen der Aggression gegen außen und ihremRückwerfen auf sich selbst kann man auch das sehen, was S. Freud in seinen Frühwerkenden «Todestrieb» nannte.

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vergessene Mitarbeit in einem Team, einem Institut, im Fürsor-gedienst und dergleichen, Teilnahme an Tagungen als Klärungs-vorgängen der «Gruppenseele» und vieles mehr. Näher an dieBedeutung des Lebenshintergründigen bringen uns psychischeGrenzerlebnisse. Wird gemäß der vorwaltenden beharrlichenEinstellung eine Lebensaufgabe gefunden, dann geht es in sozia-ler Hinsicht um die Grundlage der Fremdperson in uns, das imHintergrund stehende, auch ungeschrieben wirksame Recht desanderen in seinem Anderssein. Organisatorischer Einsatz für dasGemeinwertige kann sich an führender Stelle oder im Rahmenkleinerer Korporationen, auch in bescheidener Sachwaltung an-vertrauten Gutes ausgeben. Doch Respektierung fremden Eigen-tums bedeutet mehr ein «soll» als ein «ist». Das Volksvermögenmit seinen Krisen und Konjunkturen ist vielfach ein Beutefeldprimitiver Gewinnabsichten, die zumal in Kriegs- und Um-bruchszeiten die Geschäfte dunkler Ehrenmänner ergeben, innormalen Zeiten parasitäre Einkommen, Bereicherung an dem,was eine gesunde Volkswirtschaft zum Aufbau braucht, sie alsozersetzend. Ob Hingabe des Eigenen oder Raub von Fremdemsagt uns aber kein astrologisches Meßbild. Der hier verankerteSpürsinn für Umweltsatmosphäre, unter Umständen eine Anfäl-ligkeit durch sie (je nach Zeichen und Aspekt), in anderen Fällensuggestiv kontaktschaffende Anlagen (oft Gunst «guter» Aspek-te), dies alles schlägt zum Übel aus, wenn die Dämme brechen.Das 8. Feld bedeutet eine Probe auf den Bestand der verantwort-lich eingebauten Kompensationen. Seine Entsprechungen könnenohne Kenntnis der Entwicklungs- und Organisationshöhe garnicht beurteilt, die hierhergehörigen Schicksale nur vom aktuel-len Zeithintergrund aus richtig verstanden werden. Sonst müßtenwir etwa Inflationsgewinnler, Bordellbesitzer und Rauschgift-händler in einem Atem nennen mit Friedrich Wilhelm I. vonPreußen (Sonne im 8. Feld in LÖWE) oder John F. Kennedy(Sonne im 8. Feld in ZWILLINGE), oder wir müßten Feldherrenwie Wallenstein und Hindenburg (jener mit Mars, dieser mitSonne im 8. Feld in WAAGE) nach vulgären Regeln erklären vom«Vorteil durch den Tod anderer Personen». Auch die Auslegungals okkultes Haus im Sinne der «Beschäftigung mit dem, was

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nach dem Tode kommt», erfaßt nur äußerlich die Symbolik undEinstellung eines Stefan George (Sonne im 8. Feld in KREBS)oder Baudelaire und Alfred Kubin (beide mit Sonne im 8. Feld inWIDDER). Bei Baudelaire bildete die physische Selbstzerstörungdurch Rauschgifte die Voraussetzung dichterischer Visionen;Persönliches wird also gegebenenfalls zum Experimentierfeldüberpersönlicher Mächte gemacht. Doch Mittel und Wege unter-stehen der freien Wahl. Es liegt an der ethischen Selbstbestim-mung, ob man egoistisch auf fremde Rechnung lebt, etwas dafürleistet oder sein Bestes in Kollektivforderungen hinein opfert.Auch ohne derartige Leistungs-Äquivalente stellt sich die «ande-re Seite» ein; es liegt an der Sensibilität und Reichweite persönli-chen Erlebens, ob sie bruchstückhaft hereinragt oder ob einMensch erkenntnishungrig den Welträtseln, den Imponderabiliender Gruppenseele nachspürt.

Zweifellos bereiten die «okkulten Häuser» 8 und 12 großeSchwierigkeiten. Dies liegt in der Sache selbst. Das Verfänglicheder gewohnten Deutungsweise besteht nicht darin, daß sie völligdanebengriffe; richtig benannte Einzelheiten geraten nur untereinen schiefen Blickwinkel, wenn personbeengt und ohne Be-achtung der Aussagegrenzen angewandt. Wir tun gut, diese Fel-der mit dem 4. zusammen als ein Trigon zu betrachten. Im 12.haben wir dann das Feld der Durchführungsintensität in diesemTrigon sowie im IV. Quadranten. Das Trigon enthält den Zusam-menhang vom entwicklungsgeschichtlichen Erbe, dem Verwur-zeltsein der Tiefenperson (4. Feld), hinweg über gemeinsam Bin-dendes und dessen Bewährung (8. Feld), darin sind wir hinein-gestellt in die Krisis vor dem Durchstoß des Mensch-heitsgültigen, das nun zur Durchführung kommen soll (12. Feld).Wo das «ist» hinter diesem «soll» zurückbleibt oder dem Durch-schnitt voreilt, erfahren wir in diesem Feld die Korrektur durchdie bestehende Gesellschaft und den Zustand ihrer Gesittung, ih-re sozialgeschichtlich entwickelte Gestalt (IV. Quadrant).

Von da aus verstehen wir das 12. Feld, ungeachtet der Mannig-faltigkeit seines Zerfalls in Randerscheinungen der herrschendenMächte, als einheitliches Sinngefüge. Die vulgären Aussagenüber «Gefängnis, Zwangserziehung, Irrenhaus, Konzentra-

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tionslager, Exil» usw. beleuchten es meist von seiten derer, diesolche Korrekturen in Form von Freiheitsberaubung erleiden. ObEntgleister, Opfer der Verhältnisse oder Asozialer und Verbre-cher, steht aber nicht im Meßbild. In denselben Zusammenhanggehören ferner die sie ausstoßenden Exekutivorgane des Staates,die Bewacher und Wärter, vor allem auch die freiwilligen Heilerund Helfer. Insbesondere umfaßt dieser Bezirk daher die Spitäler,Rettungsheime sowie verwandte Anstalten, Insassen wie Pflege-personal und Ärzte und über deren berufliche Handgriffe hinwegdasjenige, was Berufung, Lebensaufgabe heißt: Träger irgendei-ner Mission zum Wohl der leidenden Menschheit sein. Positivund negativ sind hier verzahnt in einem Geschehen abseits vomöffentlichen Gesicht der Dinge, es erfolgt jedoch bestimmt durchderen Normen. Die Repräsentativperson wird darin anonym. Werhilft und wem er hilft, hat nur die Bedeutung sachlicher Ausbes-serung von Schäden. Dies wirkt wieder auf den Zustand der Ge-sellschaft zurück und kann dem Einzelnen eine Kompensationbedeuten: er greift da helfend ein, wo seine eigene Gefährdungsitzt. Auch die schadenstiftenden Personen werden namenlos,entweder als Werkzeuge der Gesamtmeinung, dem Außerge-wöhnlichen feind, oder in Tarnungsformen persönlichen Ressen-timents, ausgewirkt als Angeberei oder sonstige verborgene Ma-chenschaft, in Umlauf gesetzte Gerüchte, Ehrabschneidungen,die bereits Hinaufgelangten ihr öffentliches Gesicht zu löschentrachten. Für den unfreiwillig Betrogenen überschneiden sichmanchmal zweierlei Strebungen (Trigonal- und Quadrantenbe-ziehung): einerseits die durch Erlebnisdruck, Herausgeworfen-sein aus Gewohntem und Besinnung am kasteienden Ort selbsterlangte Läuterung, sowie gegebenenfalls eine obrigkeitlich ver-folgte Besserungsabsicht. Das erste kann auch aus frei gewählterklösterlicher Regel und Einsamkeit hervorgehen. Das zweitewird bei einer gewissen Norm vielleicht zum Guten ausschlagen,bei anderen eine dem Entwicklungsstand unangepaßte Maßregelsein, entweder verlorene Liebesmüh am Hartgesottenen oder Be-vormundung von Vorkämpfern einer neuen Gesellschaftsord-nung.

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Nichts steht hier im vorhinein fest. Der Daseinsanspruch be-ginnt sein Spiel mit ihm selber verdeckten Karten, eine Aufgabeenthüllt sich meistens erst im Verlauf des Lebensexperiments,aus der Art, wie es durchgestanden wird. Wer die vielberufenen«heimlichen Feinde» im 12. Feld unterbringen will, findet genü-gend Anhaltspunkte. Er vergesse aber nicht den Feind in sich unddie Selbsthilfe. Gerade für Gewissenhafte bedeutet, die Sonne beider Geburt in diesem Feld zu haben, eine auf die ureigenen An-triebe ausgeübte Zensur der Gesellschaft. Man akzeptiert derenGrundsätze und verdrängt seine Antriebe, sucht heimliche Ent-schädigungen, oder man meutert aus der Kraft der Selbstbestim-mung gegen die geltenden Normen. Beides führt zuweilen zuVerschrobenheiten, doch ebenso zu Ausweg verheißenden idea-len Zielsetzungen, selten allerdings ohne utopischen Beige-schmack. Offener Durchsetzung ausweichend, können solcheAntriebe sich umsetzen in konspirative Tätigkeit gegen die öf-fentliche Macht, Häupter der Untergrundbewegungen findet manhier. Als Gegenwirkung gehören dazu die Absicherungsorganedes Staates, Geheimdienst, Spionage sowie im internationalenMaßstab die Politik der Kabinette und Parteisekretäre. Ge-schichtlich von dem erfaßt, was zwischen den Zeilen steht, wirdder so verankerte Einzelne im Gefolge politischer Umwälzungenirgendwie zum Exponenten seiner Schicht, der angenommenenParteimeinung oder einfach der anonymen Masse. Es kommtdann zu abnormen Schicksalen. Der eine tritt unvermutet ausdem Dunkel hervor, ein anderer, auf dem Gipfel befindlich, rücktin den Schatten. Dies kann eine vorübergehende Phase sein wiedie Leidenszeit der Königin Luise von Preußen (Sonne im 12.Feld in FISCHE), kann eine schwer zu erfüllende, vielleicht ver-gebliche Mission, mit Demütigungen und inneren Kämpfen,werden wie bei Ohm Krüger, dem Burenpräsidenten, der ein.kollektives Schicksal zu wenden suchte (Sonne im 12. Feld inWAAGE). Man denke aber insbesondere beim Sonnenstand nichtnur an zwangsläufiges Ausgeschaltetwerden. Es gibt auch dieVersion des «heimlichen Königs», die Ausübung von Macht ausdem Hintergrund. Ein markantes Beispiel dafür war Hugo Stin-nes (Sonne im 12. Feld in WASSERMANN). Im allgemeinen finden

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sich unter diesem Sonnenstand weniger die glänzenden Namen,«Repräsentativperson» ist hier keineswegs gleichbedeutend mit«publicity». Zum eigentlichen Inhalt durchdringen, heißt, unteroft bescheidenen äußeren Ansprüchen einen weit gespannten,übergeordneten Auftrag zum Brennpunkt seines Daseins zu ma-chen. Es sind die trotz Zurückgezogenheit in ihrer Zeitgeschichteanwesenden «Menschen der Stille», aus dem Verborgenen herausin humaner und kultureller Weise wirkend. In diesem Sinne wä-ren etwa zu nennen Teilhard de Chardin (Sonne im 12. Feld inSTIER) und Lionel Feininger (Sonne im 12. Feld in KREBS).

Es war angebracht, bei diesen vielfach mißverstandenen ok-kulten Häusern etwas ausführlicher zu verweilen. Wenn es in denanderen Feldern einfacher liegt, so will doch jedes, wie das vor-geführte Beispiel des 2. zeigt, als einheitliches Sinngefüge und inAnwendung auf den Entwicklungsstand durchdacht sein. JedesFeld bietet mannigfache Entsprechungen verschiedenen Niveau-bezugs (zusammengefaßt Bd. II, ab S. 324). Die Kombinationmit dem Sonnenstand ist nicht allzu schwer, wenn wir eine diesVielerlei total zusammenfassende Kraft einsetzen und uns fragen,was dem betreffenden Menschen im Herzen wert und würdig ist,zu leben. Sein zentrales Streben und Wollen, seine Lebensaufga-be begreifen wir so aus der im Feld liegenden Grundbedeutung,gespiegelt in seinem Bewußtsein und Unternehmungsgeist, derSelbstachtung und dem Verantwortenkönnen. Bei Sonne im 3.Feld steht im Zentrum das persönliche Entwicklungsmotiv, beiSonne im 5. Feld das Liebesmotiv, im 6. Feld dasjenige der Ar-beitsfunktion, im 9. Feld das eines überpersönlichen Fortschritts,im 11. Feld die Stellungnahme zur Epoche, in der man lebt. Ausdem Ansprechen auf diese Grundbedeutungen zäumen wir dieEntsprechungen auf, die im konkreten Falle gelten.

Wir lösen uns damit ab von der fatalistischen Deutungsweise,die dinglich benannte Ereignisketten «von oben her vorbe-stimmt» sieht. Im Zusammenhang der 12 Fehler sehen wir einSchaltsystem der persönlichen Interessen im sozialen Raum,worin analog dem Stand der Sonne der Einzelne nach seinem Ni-veau sich selbstwillig im Wirkungsradius bestimmt und dem-entsprechend mit kollektiven Mächten auseinandersetzt. Die üb-

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rigen Wesenskräfte, aufgefaßt als steuernde Instanzen, haben imSonnenstand ihren Organisations-Mittelpunkt.

Die angeführten Beispiele zeigen, daß insbesondere beim zentralen An-liegen mit wachsender Gegenstandsnähe stärker die Entwicklungshöhe desBetreffenden in Betracht kommt. Die Kernausrichtung analog dem Standder Sonne - auf Eigenperson oder Fremdperson, Tiefenperson oder Reprä-sentativperson - ist in jedem Fall vorhanden. Jedoch die ethischen Wertge-sichtspunkte und der hieraus selbsterteilte Rang, in welchem dieseAusrichtung verwirklicht wird, stehen nicht im Meßbild. Das Meßbild ent-hält nur die Beziehungswerte der verschiedenen Motive. Um deren Unter-schiede und ihr Zusammenspiel richtig abzuschätzen, müssen wir nun dieanderen Wesenskräfte mit dem Feld ihrer Verwirklichung kombinieren ler-nen.

Das Grenzsetzende

�Eine Wesenskraft, welche mit den Schwierigkeiten des Daseins

zu tun hat, gibt sich begreiflicherweise auch der Deutung nichtleicht. Vergegenwärtigen wir uns nochmals die mit Sonne um-schriebene frei verströmende Daseinslust, den lebensbejahendenAnspruch, die im zentralen Anliegen ausgewirkte schöpferischeKraft. Setzen wir jetzt Saturn als ihren Gegenspieler ein: die injedem irgendwo schlummernde Daseinsangst, das Schutzsuchenvor den Bedrohlichkeiten des Lebens, das Sicherung bietendeAnsammeln und den Einbau von Tatsachenerfahrung. Dort un-bekümmert spielhaftes Vertrauen, hier verpflichtender Ernst derGrundhaltung.

Angst und Anspruch sind ein wechselseitig sich bedingendesPaar. Beginnen wir mit der Angst, so wehrt sich der eigene An-spruch dagegen. Beginnen wir mit dem Anspruch, so erweckenwir den Gegenanspruch anderer, deren Drohgebärde wieder als

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Angst auf uns zurückfällt. Eines bedingt das andere, der Beginnkann da oder dort liegen.

Denken wir uns nun zuerst die Sonne im 1., Saturn im 7. Feld,sodann umgekehrt Saturn im 1., Sonne im 7. Feld. Damit habenwir zwei Fälle einer widerspruchsvollen Haltung (ohne daß Son-ne und Saturn in Opposition zu stehen brauchen), nämlich We-senskräfte in einander gegensätzlichen Wirkungsgebieten.

Im ersten Fall, also Sonne in 1 und Saturn in 7, bezieht sich derLebensantrieb und -anspruch unmittelbar auf die Eigenperson.Im Ich liegen die positiven Kraftreserven, mit seinen spontanenRegungen steht und fällt das Selbstvertrauen, aus ihm wird dieLebensaufgabe geschöpft. Diese Unmittelbarkeit kühlt sich je-doch ab mit herangetragenem Anspruch eines Du, gegen befürch-tete Einschränkungen der Souveränität wird der betreffendeMensch sich sorgsam, wenn nicht mißtrauisch und ängstlich ab-sichern. Er gelangt normalerweise erst nach enttäuschenden An-sätzen und längerer Gewöhnung zu einem Nahkontakt; geradeeinen solchen von Dauer sucht er aber im Endstreben, tendiertzum Rückhalt in einem Realitätskundigen, meist Älteren und Er-fahreneren. Im zweiten Fall, also Sonne in 7 und Saturn in 1,richten sich Lebenantrieb und -anspruch im vorhinein auf dieFremdperson. Die eigene Kühle und Vorsicht will sich überflutenlassen von erlebter Zuwendung und Aufschließungskraft einesDu, denn sie erwecken Mut, Zutrauen, geben selbstbestätigendenZustrom; eine Lebensaufgabe wird in Gemeinschaft und Zusam-menarbeit mit anderen erwartet. Letzte Kriterien und verläßlicheRückenstütze sucht der betreffende Mensch aber in der Eigenper-son, im Beharrungszwang seiner Bedingungen, die er nur ungernverläßt. Mit sich allein gelassen sinkt er in gewisse Vorbehaltezurück, aus denen ihn die Gemeinsamkeit herauszog, meist fühlter sich dann als tragische Person zu kurz gekommen, hat Kon-taktschwierigkeiten infolge verbohrter Standpunkte und Abkap-selungen, macht Ängste und Sicherungsmanöver durch. Erst mitzunehmender Selbsterfahrung und auf Grund von Tatsachen-beweisen billigt er sich ein eigentliches Daseinsrecht zu.

Dies sind Modellfälle, einige von mehreren möglichen, und alssolche natürlich schematisch, da Zeichen und Aspekte unberück-

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sichtigt blieben. Die damit eingeleitete Kombination von Be-standstücken miteinander sei vorderhand nicht weitergeführt. Esgalt zuerst, im Vergleich die ganz andere Rolle von Saturn zubegreifen. Er ist der Konzentrations-Schwerpunkt, welcher demGanzen einen Halt in bezug zur äußeren Realität geben soll, beiMißverstand, Erbbelastung oder widrigem Schicksal freilich auchdas Einfallstor von Angst und Unglück bedeutet. Häufig erfolgteine Versteifung auf das analog dem Feld zu verteidigende Re-vier. Hier wird nichts tätig und mitfühlend erhofft wie bei Sonneund Mond, den beiden Haupt-Lebenssymbolen, nur hinge-nommen, was die Reviergrenze passieren darf, gesammelt, ver-dichtet, durchgestanden und günstigenfalls vertieft. Die Zentri-zität liegt umgekehrt wie bei Sonne, dem «Strahlungszentrum»,von welchem Schaffenskraft und Unternehmungsgeist ausgeht;Saturn ist gleichsam der magnetische Gegenpol, in dem auch dieFolgen eigener Taten eintreffen und verrechnet werden.

Diese Wesenskraft unter dem Prinzip der Integration (Bd. I, S.67) zu sehen, will doppelgesichtig verstanden sein, einerseits alsZusammenschluß der eigenen Existenz aus Bekanntem und Er-probtem, anderseits als freiwillige oder zwangshafte Einbe-ziehung in das größere Ganze. Im ersten schließt sich das Natur-wesen auf das ihm Notwendige zusammen, im zweiten baut sichder Mensch in Gesellschaft und Welt ein. Beide Gesichter desrückwärts wie vorwärts blickenden Januskopfes verschmelzendurch Auswertung der saturnischen Fähigkeit, in der Sichtungeines Erfahrungsmaterials jedem Ding den ihm gesetzmäßig zu-kommenden Platz anzuweisen. Dieser objektivierende Zug ver-langt Einsicht von Grenzen sowie Herausziehen von Folgerungenaus akzeptierten Tatsachen. Damit vermögen wir die subjektivenUnlustgefühle zu überwinden, welche die überlieferten Meinun-gen über den alten «Kronos, der seine Kinder frißt», bestimmten.Saturn symbolisiert sachlich die Hemmungen, Widerstände undschicksalhaften Verneinungen des Sonnenhaften. Unverstandenwird er zum Neinsager, zum Unterdrücker und Verdränger inuns, verfestigt bis zu Tendenzen der Selbstausstreichung. Hinge-gen positiv erfaßt, unter Annahme der Bedingungen zum Dasein,führt dasselbe Prinzip zu Konsequenz und Beständigkeit in

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Übereinstimmung von Natur- und Sozialgesetz, wird Saturn zummaterialkundigen Erbauer einer gesicherten Existenz. Sein Feldist sozusagen das Sammelbecken, in dem sich Letztgültiges aus-kristallisieren soll.

Landläufige Deutungsregeln pflegten als schicksalsbestimmtanzugeben, was hinreichend als fehlerhafte Auswertung dieserAnlage verständlich wäre. So besagt eine alte Regel, Saturn im10. Feld bedeute einen Sturz aus bereits erreichter Höhe. Tat-sächlich finden wir diese Stellung in den Meßbildern sowohlAdolf Hitlers als auch Napoleons III. und, wenn die überlieferteGeburtszeit stimmt, des I.8. Machen wir uns jedoch die Ursachenihres Sturzes nach anfänglichen Erfolgen klar. Sie liegen in fal-scher Einschätzung von Realitäten (politischer Machtkonstella-tionen, des russischen Winters usw.), vor allem im Nichteinsehender dem Menschen überhaupt, sowie im besonderen dem eigenenKönnen und Vermögen gesetzten Grenzen. Solche Versäumnissesind keineswegs unausweichlich mit Stellung und Aspekten desSaturn gegeben, sind auch etwas anderes als der Kardinalfehlerdes Sonnenhaften, die Selbstüberschätzung aus vitalem Überfluß.Diese mag hinzukommen, doch bei Saturn handelt es sich umAnerkennung der vorhandenen Sachlage und folgerichtigesSchalten mit greifbaren Dingen. Auch bei Fehlern kommt dieGegensatzverwandtschaft zur Geltung. Liegen Mängel dieser un-vitalen, nüchternen staatsmännischen Kunst vor und werden sienicht eingestanden, so schlägt das Positivum des Sonnenhaftenins einfalle Gegenteil um: vitaler Überfluß in Lebensneid, der fürSonne natürliche Machtanspruch in verbissene Autokratie undihre tödlichen Auswirkungen. Das Nichteingestehen gehört wie-derum zum spezifisch saturnischen Ehrgeiz als Kompensationder Angst vor Spott und Schande.

Bei den transsaturnischen Planeten werden wir zu erläutern ha-ben (vgl. S. 119), daß mit blinder Mißachtung und Über-

8 Schwere Bedenken bestehen schon hinsichtlich des Geburtstages. Gewöhnlich wird der15. August 1769 genannt, dies stützt sich auf ein Rundschreiben des Innenministers vom 4.August 1802. Nach A. Kniepf («Zodiakus» Juli 1910) steht im Ehevertrag, gezeichnet mitNapolione Buonaparte, als Geburtstag der 5. Februar i 768. Die unter dem ersten Datumverbreiteten Horoskope mit Aszendent WAAGE können jedenfalls nicht als gesichert gelten.

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schreitung der saturnischen Grenzen die Hybris beginnt. DochNegationen und subjektive Fehler betreffen nur das eine Gesichtdes Januskopfes, sie dürfen nicht unbedingt aus der Saturn-stellung gefolgert werden. Das 10. Feld kennzeichnet die ge-schichtliche Lage in ganzer Breite sozialer Tatsachen; ein disso-nanter Saturn darin zeigt Erschwernisse, seinem hoch gestecktenEhrgeiz zu genügen. Es sind Schwierigkeiten der Formungsin-tensität, anlagemäßig ausgeglichen durch Zähigkeit und Härte,sie zu bestehen in objektivierter Auswertung der Wesenskraft. Sobegreifen wir diese Stellung bei Ludwig XII. und Franz I. vonFrankreich, Kardinal Mazarin, Friedrich Wilhelm I. von Preußen.Auch vom Wirtschaftlichen her kann der geschichtliche Augen-blick in einem zeitgemäßen Leitgedanken gepackt werden, ver-wirklicht etwa durch Hugo Stinnes (»Vertikale Konzentration» =Analogon für Saturn in SCHÜTZE im 10. Feld). Hinter dem politi-schen und wirtschaftlichen steht der naturgesetzliche Blickwin-kel. Das 10. Feld bezeichnet dann den Weltstandpunkt, Saturnbezieht sich auf Konzentration des empirischen Stoffs und lang-wierige Erzielung wissenschaftlicher Ergebnisse, so bei Koperni-kus, Kant, Einstein. Weder Genialität noch hybrische Entwick-lung stehen aber im Meßbild, der Durchschnittsmensch hält sichan das erfahrungsmäßig Gesicherte, Traditionelle, an üblicheTechniken des Vorgehens; Berufe, Einrichtungen, Materialienfinden wir im Bd. I unter «Saturn» S. 210/11.

Steht Saturn im 10. Feld, so wird also der Mensch integriertvom Zustand der öffentlichen Verhältnisse, meist zwar notge-drungen und oft in Abwehr des Unangenehmen. Steht Saturn da-gegen im 4. Feld, so integriert der Mensch seinerseits die zumureigenen Erlebnisbereich gehörigen Dinge, im Schwerpunkt derTypus des «Nesthockers». Gegen die Bedrohlichkeit der äußerenWelt sucht er Schutz und Unterschlupf in seinem Eigenrevier,klebt am Boden, der ihn gebar oder an vertrauten Umständen,baut einen Wall absichernder Lebenserfahrungen um sich. Einderart Veranlagter braucht die Wiederkehr des Bekannten undVerläßlichen, unheimlich gilt ihm, was dem Heim, das er sichschuf und das (bei entsprechendem Niveau, unterstützt durch dasZeichen) auch in der Ausstattung seiner geistigen Innenwelt lie-

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gen kann, nicht gemäß ist. Hier wird die Verlaufsform des Satur-nischen besonders wichtig, da sie vorwiegend den Altersstil be-stimmt. Es sind die Spätjahre mit ihrem «sich Einrichten»,nachdem die Ansprüche und Erwartungen der frühen Jahre, dasSonnen- und Mondhafte, zurückgetreten sind. Die Kombinationvon Bestandstücken vorbereitend und um summarische Aussagenzu verhüten, untersuchen wir dies in seinem Gegensatz zurmondhaften Verlaufsform, die in den seelischen Anfängen, derLebensfrühe ansetzt. Daraus verstehen wir einen Weg wie denje-nigen Herders, seinen Aufbruch mit kühn vorausgreifenden Ideen(analog Mond in WIDDER im 11. Feld) und seine spätere ver-grämte Zurückziehung ins Enge und Nahe des persönlichen Um-kreises (analog Saturn in JUNGFRAU im 4. Feld). Stehen Saturnund Mond zusammen in 4, so kann das Altersrefugium mitbe-dingt sein durch frühkindlich erworbene seelische Komplexe;diesen Fall haben wir bei Friedrich dem Großen (Mond und Sa-turn in LÖWE im 4., deren Konjunktion in Opposition zu Sonneund Mars in WASSERMANN im 10. Feld), bei welchem Tiefen-und Repräsentativperson schon anlagemäßig auseinanderklafften,durch den Gegensatz der «Mutterwelt» mit der «Vaterwelt» zurEntscheidung getrieben. Angesichts solcher Beispiele muß mansich aber hüten, in Saturn nur Resignation und Weltflucht zu er-blicken. Eine Saturnstellung kann auch die stützende Wurzel derLebensentfaltung bezeichnen, wie im Fall von Matthias Claudius(Saturn im 4. Feld in LÖWE, als Mittelpunkt fast der ganzen, un-ter dem Horizont gelagerten Konstellation, mit Sonne in diesemihrem Zeichen). Hier bildeten Heimat, Muttersprache, häuslichesund familiäres Leben den naturgegebenen Rahmen einer nachinnen gehenden, mystisch gefärbten Erfahrung. Folgerichtig be-gab er sich nach kurzer Zwischenphase, die trotz «günstigerer»Bedingungen katastrophal wurde, wieder in den Heimatort zu-rück; seine Entwurzelung durch Kriegsereignisse (analog demHalbquadrat von Mars auf Saturn) war für Claudius gleich-bedeutend mit dem Ende (Daten s. Bd. I, Anhang).

Zum Unterschied vom Sonnenstand haben wir in Saturn weni-ger den schöpferischen Lebensinhalt, als dessen Stützpunkt,Rückversicherung und Rüstkammer zu suchen. Dieser Zug ver-

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stärkt sich naturgemäß bei Saturnstellung in einem Feld der Be-harrungsintensität. Statt vieler Beispiele nennen wir Nietzsche9

mit Saturn im 2. Feld (in WASSERMANN). Die äußere Seite lag inder Sicherung durch die Pension als Basler Professor, die ganzenlangen Krankheitsjahre hindurch. Die innere, lag im Erbe derAufklärung und der geistigen Familiengeschichte, demgemäßerworbenem Wissen, seinem eigentlichen Eigentum, das er indiesen gesteigert schöpferischen Jahren auswertete. Hier findenwir zugleich die Bedeutung von Saturn für die Erbsituation, ih-ren persönlichen Einbau und greifen der Kombination mit demZeigen vor: der normale Bezug des 2. Feldes zum materiellenUnterbau wurde zur Begleiterscheinung, die Entwicklungshöhewar die geistige Ebene des WASSERMANN-Prinzips einzunehmenfähig.

Bezüglich des Verlaufsfortschrittes gilt Saturn als verzögern-der Faktor, woraus wir in seinen Aspekten eine zurückhaltende,hemmende Tendenz ableiten. Ürberall symbolisiert er Einspa-rung von Kräften, Innebehaltung von Antrieben, um sie an vor-bedachten Stellen einzusetzen, in diesem Sinne verarbeiteteErfahrung und Endgestalt. Dies bestimmt am Aszendenten dieernste Physiognomie, zumal in vorgerückten Jahren. Über-wiegende Hemmungen können zu Unfruchtbarkeit führen, ent-täuschte, bittere Züge eingraben wie beim späten Grillparzer(Saturn in WIDDER am Aszendenten), gegenüber einer bewältig-ten Selbstverwirklichung bei Goethe auch im Altersstil (Saturn inSKORPION am Aszendenten). Die persönlichen Gehalte brauchenbei diesem Saturnstand meistens ein langes Leben zur Auskri-stallisation.

Auf den entfalteten Felderkreis bezogen besagt dies nun kei-neswegs, daß etwa bei Stellung im 7. Feld die entscheidendePartnerbegegnung und der Eheschluß stets hinausgezögert wür-den. Eine frühe Heirat ist ebensogut möglich wie ihr gänzlichesAusbleiben. Doch was zustandekommt, ist «saturnal», alles hatzunächst einen hinhaltenden Charakter. Oft spielen formelleGründe mit, Anlehnung, Schutz, materielle Sicherung, auch tra-

9 Geb. 15. Oktober 1844, 10 h a. m. Röcken bei Lützen. Angabe des Vaters.

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gische Fixierungen gibt es und manche Bindungen behaltenzeitlebens eine sachliche Distanz, das Eigentliche ist erst bei län-gerer Dauer der Gemeinschaft realisierbar. Das Unbedingte sa-turnischer Forderungen gibt und erschließt sich schwer. Wendenwir auf den ganzen Kreis die Unterscheidung von Personifikationund Sachmotiv an (Bd. II, S. 281/82), so geht es um Erprobungvon Person oder Sache auf ihre Bestandskraft; sie führt zuweilendurch Düsterkeiten und kritische Vorkommnisse hindurch, ver-langt vom Prüfenden selbst Ausdauer, Konsequenz, Geduld undGründlichkeit. Von weiteren Personifikationen (den ungeradebezifferten Feldern) gesprochen kann also Saturn im 11. Feld dennach Enttäuschungen gefundenen treuen Freund, im 5. Feld dieausdauernde und ernste Liebesneigung, im 3. Feld den Traditio-nen vermittelnden, auf Gewissenhaftigkeit dringenden Mentorder Entwicklung, im 9. Feld eine Leitgestalt, die zur Einsicht inletzte Wahrheiten anleitet, symbolisieren. Schicksalhaft ist, obBegegnung und Bereitsein dafür zusammentreffen, denn auf sa-turnische Gehalte muß man sich erst einstellen, um ihnen ein po-sitives Gesicht abzugewinnen.

Der Einstellung auf Sachwerte (gerade bezifferte Felder)kommt die Natur der Wesenskraft insofern besser entgegen, alsihr Bezug zur Materialität der Dinge uns ohnehin ausrichtet aufBedingungen und Umstände der Selbstverwirklichung. Willkürund psychische Begleittöne treten zurück gegen ein automa-tisches Angezogenwerden von dem, was das betreffende Feldzum Inhalt hat. Dies wurde bereits an der gegensätzlichen Aus-richtung des 10. und 4. Feldes erläutert, auch das 2. gestreift.Saturn im 6. Feld dringt meist auf Spezialisierung, fixiert an ei-nen bestimmten Stoff mit allen Schwierigkeiten seiner Bearbei-tung, die Mühe und Sorge um die Sache wird positiv zumArbeitsgewissen; verfügbare Mittel und vor allem der erb-bedingte körperliche Zustand können eine schicksalhafte Be-deutung erlangen. Im gegenüberliegenden 12. Feld wird derMensch selbst zum Baustein in einem übergreifenden Gesche-hen; anders als im 10. erfährt er die Zeitforderungen sozusagen«hinten herum», an verborgenen Anzeichen und oft in negativerForm, die ohne Verdrängung zu verarbeiten er mit sich allein

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abmachen muß. Im 8. Feld tritt der Unterschied der beiden Ja-nusgesichter besonders scharf in Erscheinung, indem sich ent-scheidet, wieweit man kollektiven Sachwerten nur entnimmt, wasder Eigenperson dienlich ist oder aber sein pflichtmäßiges Ein-gebautsein in eine Gemeinschaft begreift (vgl. S. 44: die Er-probung der Kompensations-Mechanismen wird schicksalhaft).In jedem dieser sachbezogenen Felder bestimmt der Mensch seinSchicksal mit durch Konzentration auf das Nötige, Stabile undden gesunden Aufbauwert der Dinge, die er als zu seinem «Re-vier» gehörig deutet.

Mittlerweile nähern wir uns derjenigen Seite des Schick-salsbegriffs, welche der individuellen Struktur konform liegt,dem «subjekteigenen Da-Draußen» (F. Brock). Nicht immer istes die erwähnte falsche Auswertung, die Negationen schafft.Manche Anlagen, etwa ererbte Körperschäden, oder ein wesens-mäßiges Verflochtensein mit dem Kollektivgeschehen enthaltenunabdingliche Versagungen, damit allerdings auch ein Vorge-prägtsein bestimmter möglicher Einsichten. Ebenso gibt es un-verdiente Erfüllungen von schicksalhafter Konsequenz. Ob dieseoder jene, im Feld der Saturnstellung deutet sich die Verklamme-rung mit der sie herbeiführenden Kausalität an. Unser Schick-salsbegriff verläßt also nicht die kausale Betrachtungsweise, essei auch an die einbeschlossenen, schon angeführten «Folgen ei-gener Taten» erinnert, wir ziehen jedoch außerastrologische Ur-sachen (Faktoren jenseits der Aussagegrenzen) in Betracht undbeschränken die Aussage auf die Strukturbeziehung zum «Drau-ßen», zur Umwelt. Die traditionelle Bezeichnung «Schicksals-vollstrecker» für Saturn gilt insofern, als er das Aufbaugesetz derindividuellen Struktur vertritt. Er versinnbildlicht die «Scharniereunseres Eingehängtseins in den Kosmos» wie auch die schad-haften Stellen, die keine starke Belastungsprobe vertragen. Dasvon außen auf uns Zukommende kennen wir zwar nicht konkret(lediglich Wahrscheinlichkeitsschlüsse sind erlaubt), erfassen esaber in den Angelpunkten notwendiger Herausforderung dadurchund automatischer Stellungnahme dazu, wobei gekonnte oderunbewältigte Selbstverwirklichung zum Schicksal wird. Selbst-verwirklichung: hier schaltet der selbstbestimmende Faktor ein,

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dessen Erkenntnis- und Entscheidungskraft, Gewissenshöhe, Ent-schlossenheit zu sich kein Meßbild angibt. Die Feldstellung vonSaturn bezeichnet aber die Einfallsrichtung der schwerwiegend-sten schicksalhaften Ereignisse.

Wir verdeutlichen uns diesen Zusammenhang am 5. Feld,worin Saturn gewisse Behinderungen des freien Sich-Auslebenszur Diskussion stellt, denn die Analogie des Feldes zum Sonnen-zeichen Löwe rührt an den Gegensatz der existenzbestimmendenWesenskräfte. Es ist ein Feld der Beharrungsintensität, ausge-richtet auf die Triebverfassung (demnach die hier zu hütende«Rüstkammer» der schöpferischen Potenz), gesteuert durch dieTiefenperson, in der Erlebnistönung besonders persönlich (vgl.Bd. II, S. 280/81). Saturn verweist auf die diesbezügliche Erban-lage und die Zensur der sozialen Mitwelt. Was ist bei starkerDissonanz zu erwarten? Im schlimmsten Fall kann eine erbbe-dingte Triebschwäche oder ein automatischer Zurückhaltungs-zwang (Angstreaktion in Wirkung auf den Sympathikus) eineEindämmung des Trieblebens bewirken. Ein solches Erbschicksalverschärfend kann der Einfluß umweltlicher Meinungen eineVerbotsschranke herausgebildet haben, mit psychischen Ver-klemmungen und physiologischen Stauungen im Gefolge. Sindsolche Zwangsläufigkeiten vorhanden, so ergeben sie Enttäu-schungen in Angelegenheiten des 5. Feldes, also Liebes-beziehung, Kind und den weiteren Umfang des Hierhergehörigenbetreffend (vgl. Bd. II, S. 329/30), soweit die verhängnisvollenBehinderungen reichen. Daß sie aber vorliegen müssen, besagtdie Saturnstellung ohne weiteres nicht, es sind «wenn-dann»-Folgerungen, wovon das «wenn» jenseits der Aussagegrenzeliegt. Dessen ungeachtet, auch ohne solche Belastungen, machtsich die saturnische Anlage geltend in einer Enttäuschungsbereit-schaft sowie einer gewissen Erschwernis der Sublimierungen.Der Betreffende kennt kaum gedanklich unbeschwerte Freude anVergnügungen, er ist auf Ernst sogar im Spiel und Gewichtig-nehmen erotischer Bindungen angelegt, Unglück oder Unge-schick darin wirken länger nach als bei anderen. Aufgesetzte,seichte Lustigkeit kann auf ihn quälend wirken, will er, «günstigeGelegenheiten» aufgreifend, unbedenklich mitmachen, so peinigt

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ihn irgendwie das Gefühl eines Verrats an tieferen Möglichkei-ten. Gerade weil der Konzentrations-Schwerpunkt im Lebens-schöpferischen liegt, kommt er unter Umständen zu asketischenNeigungen, sofern er sich nicht wahrhaft auszeugen kann. Es gibtnatürlich auch die Version verdorbener, dumpfer Leidenschaftenund ihrer schuldbedrückten Befolgung, sie ist niveaubedingt. Immehr selbstdisziplinierten Fall, bei starker Wunschkraft, ein «sichAufsparen» für letztgültige Erlebnisresonanzen, einen Liebes-partner, ein Werk, welche den Instinkten einen absoluten Wertverkörpern; oft wird dabei größere Lebensreife oder alte Kulturbevorzugt, nach anfänglicher Zurückhaltung kommt es zu lang-fristiger Bindung. Sie muß in irgendeiner Weise schicksalhaftsein. Auf den hier verankerten pädagogischen Instinkt üben mit-unter psychische Schwierigkeiten des Zöglings oder Partners,latente, schwer lösbare Begabungen, eine Zugkraft aus. EigeneSchwierigkeiten begründen sich im unbewußten Leben, auch ihreLösbarkeit, deren Verwirklichung meist ein erreichtes Tief vor-ausgeht als Aufruf zur Einkehr. Bei der Auflockerung bekommtder bildnerische Trieb, vom harmlosen Spiel mit der Form bis zurkonzentrativen Kunstbetätigung, eine therapeutisch wichtigeRolle; hierin wie in der Erziehung des spekulativen Gedanken-lebens ist Selbstschulung und Einstellung auf lange Sicht aus-schlaggebend. In allem geht es darum, aus der eigenen Tiefe her-vorzuholen, worüber man zuerst keine Gewalt hat, undgebundene Kräfte freizusetzen. Dies erfordert im dissonantenFalle freilich Geduld, Einsicht, Fertigwerdenmüssen mit Schwie-rigem, Abwarten von Spätlösungen, Durchdringen zum krönen-den «Amor Fati».

Es gibt Anlagen, die richtig auszuwerten zweifellos ein höheres Niveauverlangt als andere. Ob die nötige Entwicklungshöhe vorhanden ist, stehtnicht im Meßbild, ebensowenig die Erbsituation und die Umwelt in ihrendeterminierenden Formen, welche das Inhaltliche der Saturnstellung aufdiese oder jene Weise unterstreichen. Die Bewältigung des Schicksals, wo-bei sich Erb- und Umweltsbedingungen verklammern mit der dem Men-schen eingeborenen Struktur, darf als Gradmesser für die Entwicklungshöhegelten. Insofern bietet uns die erfragte Form vergangener Schicksale unddie Untersuchung ihres Bestandenhabens wichtige Aufschlüsse über die bei

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Saturn einzusetzenden Entsprechungen, über seine Beurteilung als Fuß-punkt kommender Entwicklungen und der Endlösung.

Das Traumhafte

�Leben in seinen weder absichtlich gewollten noch in mate-

riellen Einkörperungen beengten Formen, als Funktion desWachsens und Werdens schlechthin, begreifen wir im Mond-symbol. Im Verhältnis zum organisierenden Zentrum, zum Son-nensymbol, ist dies das Periphere der Abwandlungen in einemzusammenhängenden, immer weitergehenden Fluß organischenGeschehens. Gegen das Wesentliche und Kernhafte in uns ge-halten, versinnbildlicht der Mond also das Aufgreifen des Beiläu-figen im Umkreis alltäglicher Dinge und den Wechsel darin, denvorübereilenden Augenblick, Bewegung, Wandelbarkeit. Erspeist das lebensnahe und intime bildmäßige Erleben. SeinenGegensatz zum Saturnischen, zu den eingrenzenden Dämmenund kausalen Schlußpunkten, zu Ermüdung, Verbrauch und Er-starrung vitaler Fähigkeiten, zu der unter Saturn begriffenenEndgestalt, hoben wir in der Verlaufsform hervor als Anfang undEinleitung neuer Wendungen. In dieser Sicht benennt er vor al-lem den naiven Aufbruch, die kindliche Prägsamkeit und die ausdem Traum vom Leben stammenden phantomatischen Ansätze,aber auch seelisches Aufgeschlossensein in späteren Jahren. In-sofern liegt im Mondhaften eine Verjüngungstendenz, ein unbe-lasteter Wiederbeginn nach Angst und Verboten, Bedenklichkeit,Abschreckungsmanövern. Schreiben wir ihm einen in der Phan-tasie bekundeten spielhaften Zug zu, so heißt dies natürlich kei-neswegs, daß daraus geborene Wunschträume lediglich ein Spielder nach Betätigung suchenden Einbildungskraft seien. Sie brin-gen vielmehr echte Lebensbedürfnisse zur Vorstellung, nur meist

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unbewußte und was reine Phantasie ist, wuchert über die Mög-lichkeiten der Erfüllung hinaus.

Jedenfalls finden wir im Feld der Mondstellung diejenigenDinge, denen der Mensch in frisch erblühender Jugend und wannimmer er sich jung fühlt locker, geöffnet entgegentritt. Er paßtsich unmittelbar an, ergreift die Situation, übt das Nächstliegendeund Instinktgebotene ohne willentlichen Einsatz der Gesamt-person und ohne Schicksalsschwere aus. Der Gelegenheit fol-gend, im laufenden Vorgang mitschwingend kann er «lebendigfunktionieren» und diese Unbefangenheit bringt andere als vor-geplante Entwicklungen in Gang. Das überdachende Zwischen-verhältnis des Mondhaften zur solaren und saturnalen Reihe(Schema Bd. I, S. 78) zeigt sich darin, daß über willkürhaftenAntrieben und den Konsequenzen aus sachlich Erfahrbarem ge-wisse Erwartungen stehen, die dem universellen Lebensstromangeschlossen sind und alle Wesenskräfte in den Gestaltwandelder Erscheinungen, aus welchem die Seele atmet, mit hineinzie-hen. Das Instrumentale darin, ein hingebungsvolles Dienen ohnedas, dem man dient, anders als aus seinem Lebensrecht zu wer-ten, gehört insbesondere zur Mutterschaft im engen und übertra-genen Sinn, objektiviert als «formbarer Lebensstoff», subjekti-viert im Darleben darauf eingestellter Gefühle.

Überhaupt, subjektiv genommen, kommt mit Mond ein Ge-fühlston, etwas Gemüthaftes in das Feld, in dem er steht. Esmacht sich der Reiz des Augenblicks geltend sowie der Wechselund Wandel der Gestalten, sogar da, wo Gefühle nicht am Platzesind und stetigere Form herrschen sollte, etwa im 10. Feld. We-niger werden dort Ruhmesblätter der Repräsentativperson ge-pflückt, wie unter Sonne erstrebt, noch verpflichtende unddauerhafte Realitäten angesteuert, wie unter Saturn, als vielmehrvon der Einstimmung aus, sozusagen medial, herausgestellt wird,was die Formungsintensität im sozialen Raum verlangt. DerMondstand legt besonders nahe, auf die Überschneidung der Er-lebnistönungen im entsprechenden Quadranten zurückzugreifen(Analogie zum Tierkreis, s. Bd. II, S. 116). Wir befinden uns mitdem 10. Feld im IV. Quadranten, wo sich «organisch kontaktlos»und «wesensfremd» überschneiden, haben dies nun zu kom-

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binieren mit derjenigen Wesenskraft, die am wenigsten mit unbe-seelten Dingen umgehen kann. Dies klingt paradox, der Mondsteht hier im Feld des sachlichen, objektbestimmenden Saturna-len dem ihm heimischen 4. Feld diametral gegenüber. Eben diesaber kennzeichnet die individuelle Note im Verhältnis zu Öffent-lichkeit und Beruf. Der Gesellschaftsbau, die geschichtlicheStunde spiegeln sich dementsprechend als Gefühlswerte undwerden mit emotionaler Beteiligung gehandhabt. Sogar die Mo-ral bringt nichts Fruchtbares zuwege ohne das Gefühl. Treffenwir dies bei Politikern an (genannt seien Clemençeau, F. D. Roo-sevelt), so wirkt sich diese gefühlsempfängliche Anlage nichtgerade zugunsten sachlicher Politik aus, obzwar Fehlhandlungenimmer im falschen Gebrauch der Wesenskräfte zu suchen sind.Was bei Saturn eine Fehleinschätzung der Realitäten (vgl. S. 54),wäre bei Mond eine fehlerhafte Interpretation der Gesamt-stimmung; jedenfalls ist bei diesem Mondstand der Bezug zurMassenseele stärker als die Einstellung auf objektive Tatsachen,von hier aus bestimmt sich die geschichtliche Rolle.

Besser eignet diese Wesenskraft beim Bezug auf das 10. Feldfür Betätigungen, bei denen Erlebnis und gefühlsmäßige Stel-lungnahme die Vorhand haben. Zufolge der mondhaften Ver-laufsform beginnt das Interesse an den betreffenden Dingen,wenn auch schwankend und abtastend, relativ früh. Meist wirkenKindheitseindrücke formend auf die Seele ein, in der Berufswahlspricht häufig eine psychische Ansteckung mit («organisch kon-taktlos» heißt ja keineswegs kontaktlos schlechthin), innereWandlungen aber ziehen bei diesem Symbol der Vielseitigkeitnicht selten einen Berufswechsel nach sich. Eine periodischeVerjüngung der Gemütsverfassung und der Lebensinstinkte ent-springt einer hergestellten Fühlungnahme zur Zeitlage und demdarin sich Anbahnenden, ihren jugendlichen Impulsen. Auf wel-che Weise ist freilich durch das Zeichen, der Grad der Ergriffen-heit durch das Niveau (Aussagegrenze!) bestimmt. Wird die inMond versinnbildlichte Aufnahmefähigkeit begünstigt durch so-genannte sensitive Zeichen («Wasserzeichen», vgl. Bd. II, S. 82),so liegt die Begabung gegebenenfalls in einem Auf fangen undUmsetzen der Zeitstimmung, wie etwa von Franz Schubert musi-

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kalisch ausgedrückt (Mond im 10. Feld in FISCHE). Die entspre-chende Empfänglichkeit ist auf jeden Fall vorhanden, währenddie Ausdruckskraft vom Niveau abhängt, das bei Mond als Tiefedes Gemüts zu verstehen ist (vgl. Bd. I, S. 124). Hiermit in Zu-sammenhang sowie begründet in anderen Wesenskräften, zumalder Sonne, steht, ob die Formung hinausgeht über das mondeige-ne Nachahmungs- und Variationstalent. Das Mondhafte kannauch im Gegenständlichen des Berufes liegen, daher insbesonde-re der Bezug zum Psychologischen; weitere Auskünfte über Be-rufe, Einrichtungen, Materialien finden wir im I. Band unter«Mond», S. 130/31.

Einsichtig wird nun, welche gegensätzliche Gefühlslage durcheinen Mondstand im gegenüberliegenden 4. Feld angedeutet ist,selbst bei Stellung im gleichen Zeichen. Darin können wir Goe-the (Mond im 4. Feld, ebenfalls in FISCHE) als Antipoden vonSchubert nennen. Dieselbe Gemütsart (Zeichen der Mondstel-lung) ist also noch nicht derselbe Gemütsbereich (Feld derMondstellung), bei Goethe besonders markant abgehoben gegendie Repräsentativperson (Sonne im 10. Feld in JUNGFRAU), denöffentlichkeitsverbundenen Willensbereich. Ihm bedeutete dieIntimsphäre des Häuslichen, der private Umgang mit Personen,die ihn seelisch angingen, sowie das Untertauchen in der «MutterNatur» ein Refugium gegenüber dem äußeren Wirken; im Ge-genbereich zum Standort des Ministers wurzelte der Lyriker. Da-gegen Schuberts musikalisches Schafen war getragen vom gesell-schaftlichen Leben, dem Aufgreifen des volkstümlich Musikanti-schen, der darin ausschwingenden Zeitstimmung der Romantik.Erinnern wir uns an die Konstellation Friedrichs des Großen (vgl.S. 56), so finden wir dort die Haupt-Lebenssymbole einander ge-genüber wie bei Goethe, dementsprechend sein Sanssouci gegen-über Regierungsgeschäften und Kriegsruhm. Auch im 4. Feldstrahlt Welt in uns ein, aber gemäß der Überschneidung von «or-ganisch kontaktgebunden» und «wesenseigen» ist es mehr In-nenwelt, dasjenige, was, dem Selbst verwandt, im gleichenMutterboden aufsprießt.

Stets haben wir diese Quadrantenlage zu beachten, wenn wirnicht nur Dinge aufzählen, sondern die Richtung angeben wollen,

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in welcher das Gemüt aufgeschlossen und einfühlsam ist. AmAszendenten bleibt das Ebben und Fluten der zweifellos großenEmpfänglichkeit und Bereitschaft dennoch ohne dauernden orga-nischen Kontakt; bei Mond im 1. Feld werden demgemäß Um-welt, Menschen, Sachbestände so genommen und aufgegriffen,wie sie gemüthaft anklingen, die Einbildungskraft von Fall zuFall anregen und beleben. Diese momentan kontakt- aber nichtauf Dauer bindungsfähige Anlage liegt oft einer homophilen Ein-stellung zu Grunde, natürlich nur als eine von vielen Vorausset-zungen. Alle Änderungen des Verhaltens unter diesem Wechselbeheben nicht diese Ichbezogenheit, die dann gemäß dem 2. Felddas Gemüt auf die Basis des Persönlichen, mit allem Pflegen und«Bemuttern» der dazugehörigen, lieb gewonnenen und zu eigengemachten Dinge, auch ganz materieller, gemäß dem 3. auf An-gelegenheiten seiner Fortentwicklung, einschließlich des ge-schwisterlichen Gefühlskontakts, auch zu Nachbarkindern, späterMitstudierenden, verlegt. Umgekehrt wird bei Mond im 7. Felddas Gemüt erst im Kontakt mit dem Du belebt, sei es ein mo-mentan aufgegriffener gemeinschaftlicher Impuls oder eine Di-stanzierung von anderen, Anregung bringt das jeweilige Mit-Erleben fremder Entwicklungen im wechselnden Umgang. Ge-mäß dem 8. Feld verlegt sich dies von der Vordergründigkeit derErscheinungen weg auf die Basis zwischenmenschlicher Bezie-hungen, die Seele ist hier besonders anfällig für den Hintersinnfremden Verhaltens, für Unausgesprochenes, resonant für Ört-lichkeiten bis hinein in das Grauen, das die Letzten Dinge um-gibt, gemäß dem 9. Feld dann zusammengefaßt durch einenGlauben, eine Mission oder überbrückt durch beiläufige Verrich-tungen, seien sie auch nur dem internationalen Verkehr dienlich,Vorstellungen, die einen überpersönlichen Fortschrittsgedankenenthalten. Hingabe kann sich hier wie dort auswirken. Stellen wirdem geschwisterlichen Nebeneinander, der «Nestnähe» im 3.Feld den Auswanderertrieb, die «Nestflucht» im 9. Feld gegen-über, so widerstreiten darin zwei Tendenzen gelockerter Bereit-willigkeit: dort für Aneigung des nahe Greiflichen und persönlichUmsetzbaren, hier für Ausgriff in die Weite, Ansteuern kollektiv-

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wertiger Ziele. Auch hinter Flüchtigem und Trivialem stehen die-se Bedeutungen als Stimmungsmoment.

Im damit umrissenen I. und III. Quadranten überkreuzen sich«wesenseigen oder -fremd» mit «organisch kontaktlos oder -gebunden». Dies sind gemischte Erlebnistönungen gegenüberdenjenigen des II. und IV. Quadranten, wie vorhin im 4. und 10.Feld angeschnitten. Beim II. Quadranten trifft das Wesenseigenemit dem organisch Kontaktgebundenen zum mehr geschlossenenErlebnisraum zusammen. Hieran hat auch das 5. und das 6. Feldteil, wenn der Mond darin steht. In Liebe oder Arbeit nehmen dieDinge und Begegnungen dann einen Ton der Nähe, des Vertrau-ten an, der Schlüssel des seelischen Verhältnisses liegt im Stim-mendmachen für den Gefühlskontakt beim 5. Feld, der beiÜberkultivierung allerdings auch zur Verzärtelung führen kann,im 6. Feld zum benötigten Stimmungston in der Arbeit sowie zurHypersensibilität der eigenen Körperfunktionen. Demgegenübervereinigen sich im IV. Quadranten «wesensfremd» und «orga-nisch kontaktlos» zum geöffneten Erlebnisraum, worin die Dingeund Begegnungen durchscheinend werden im Ton des Vermit-teltwerdens von Dahinterstehendem durch sie. Auch die Persondes Freundes, analog dem 11. Feld, bekommt diese Note, so sehrder Mond als Gefühlssymbol dies verschleiern mag; im Grundehängt man am Anreger und Beteber von Zeitgemäßem, wird ein«Fenster zur Welt» erwartet, meist handelt es sich um eine Füllevon Beziehungen mit wechselnden Gesichtern, auf gegriffen undwieder abgehängt je nach dem Erlebniszustrom, den sie bringen.Der Entfremdungston beherrscht naturgemäß stärker das 12.Feld. Hier greifen die Erwartungen meist über oder unter die nor-male Erfüllbarkeit, oft ist der Rückschlag eines Sich-Ausge-stoßen-Fühlens zu verarbeiten, wenn man nicht im vorhinein inseelische Heimlichkeiten oder Selbsteinsperrungen ausweicht.Schwer findet man einen die Begabungen auswertenden Platz,nimmt es jedoch eher auf die leichte Achsel als bei anderen We-senskräften, der soziale Standort ist für viele nur ein «Unterkrie-chen», andere sind zufrieden in einer bescheidenen mitmensch-lichen Mission. Einige gelangen zum freiwilligen Abseitsstehen

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vom großen Strom, zur Hingabe an kommende Dinge, die nochnicht spruchreif sind und im Schoß der Zeit erst heranreifen.

Wie schon beim 10. Feld angedeutet, haben wir neben diesenErlebnistönungen stets auch die Intensitätsart zu berücksichtigen.Ist es Formungsintensität, analog Mond in Nähe eines Eckpunk-tes (1, 4, 7, 10), so gilt mehr die weibliche Form des Hingege-benseins an das in sich kreisende Leben, als die männliche Formverantwortlicher Aufgabestellung, wie bei Sonne. In Feldern derBeharrungsintensität fehlt im Unterschied zu Saturn großenteilsdie erforderliche festhaltende Zähigkeit (2, 5, 8, 11), an derenStelle tritt das Gefühl für rhythmische Wiederkehr von Anreiche-rung und Verbrauch, der periodische Umsatz. Die Lockerheit desMondhaften kommt am besten zur Geltung in Feldern der Durch-führungsintensität (3, 6, 9, 12), im flüssigen Inszenieren oderMitmachen von Vorgängen, erlebnisfrisch, oft auch mit einergewissen Flüchtigkeit. Stets ist die Haltung mehr dezentriert alsbei Sonne und Saturn, dafür lebensverbundener, anregsamer,wechselbedürftiger. Vom Mond aus gibt es im Grunde nur einLeben, es gestaltet sich in so und so viel Arten und Einzelwesen,deren bedingtes Leben in Verbindung miteinander steht und sichimmer wieder regeneriert. Aus dieser Einstellung haben Phanta-sie, Momentanbedürfnisse und anpassende Geschmeidigkeit grö-ßeren Spielraum. Die Ziele der verfolgten Dinge sind in vielhöherem Grade stellvertretende und bedeutungshaltige Dinge, alsnormalerweise bewußt wird; auch objektiven Sachlagen gegen-über bewegt das analog der Mondstellung konstellierte Gemütvornehmlich ein Wünschen und Wagen gemäß dem subjektivenBild der Welt.

Was aus der Feldstellung des Mondes gedeutet werden kann, sind nicht sosehr Einzelheiten, als ihr Funktionswert, den sie in einer Zuweisung, einemAuftrag bekommen. Als Organ der Gestimmtheit des Gemüts nimmt dasMondsymbol den Dingen das Bestimmte, das sie für die saturnische Erfah-rung haben, zerlöst es atmosphärisch in der Einbildungskraft und Ahnungvon Kommendem. Sie verlieren ihre sachliche Neutralität und werden zuGegenständen der Erwartung, des Begehrens oder der Abscheu, des Be-fürchtens, sei es allein in der persönlichen Gefühlslage, sei es für eine über-persönliche Mission. Als Ergänzungskomponente zur Sonne, welche die

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Lebensaufgabe umschreibt, bezeichnet der Mond die damit verknüpfte Hin-gabe, Obhut und Pflege, sowie in seiner Feldstellung, nach welcher Rich-tung auch der Alltag wertvoll und fruchtbar werden kann.

Wir bereiten die Kombination von Bestandstücken vor, indemwir jeden der bisher betrachteten drei Bereiche zunächst für sichstudieren und sie danach in Beobachtung des lebenden Modellsaneinanderhalten. Praktisch greifen sie ineinander, zumal dann,wenn eine Aspektverbindung der drei Hauptkomponenten sie zurWechselwirkung einer beherrschenden Problematik vereinigt.Das Herausentwickelte hängt von der Lösung dieser Problematikab. Manchmal spielt sie eine Komponente mehr in den Vorder-grund als ihr gebührt. Beispielsweise kann ein zentrales Anliegen(Sonne), gar wohl als Verpflichtung gespürt (Saturn), doch nichtin lebensvoller Weise verwirklicht (Mond), den weichsten Men-schen zum Tyrannen seiner Umgebung machen: die anderen inihren Unvollkommenheiten müssen ihm abbüßen, was er vor sichselber als Forderung nicht einlöste. Derartiges darf aber nicht alsunabänderlich vorbestimmt aus dem Meßbild gefolgert werden,es geht den selbstbestimmenden Faktor an. Die zutage tretendenEigenschaften beruhen ja dann nicht auf angeborener Herrsch-sucht, sondern sind Ergebnisse einer psychischen Fehlentwick-lung zur «Unsachlichkeit». Erwartungen von sich wurden zuQuälgeistern, die irgendwo, auch am verkehrten Ort, ihre Erfül-lung eintreiben oder für eigenes Versagen oft etwas wehleidig ein«schlechtes Schicksal» haftbar machen. Um den Ansatz solcherFehlentwicklungen gegenüber wesensmäßig richtigen Lösungenzu verstehen, müssen wir die drei Bereiche theoretisch trennen.

Im Gemütsbereich strahlt Welt in uns ein, wir verhalten unsaufgelockert und gestalten unser Ureigenes bildhaft in der vor-stellenden Phantasie (Mond). Im Willensbereich strahlt dieKernanlage in die Welt hinaus, darin stellen wir unseren persön-lichen Lebensinhalt dar (Sonne). Im Schicksalsbereich fassen wirFuß in der erfahrbaren Welt, gelangen zu sachlicher Konzen-tration, verklammert mit dem Gesetz unseres individuellen Seins(Saturn).

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Willensbereich�

Ursprung

Gemütsbereich�

Ausbreitung

Schicksalsbereich�

Begrenzung

des Lebensraumes

Zuweilen zeigen sich diese Bereiche fast unlöslich miteinanderverwoben. Den seltenen Fall einer Konjunktion von Sonne,Mond und Saturn finden wir bei Kaiser Franz Josef I. von Öster-reich10 (vier Stunden vor einer Sonnenfinsternis geboren) im 11.Feld. Der Deutung des Aspekts und der Stellung im «monarchi-schen» Zeichen LÖWE vorgreifend, sehen wir eine Verschmel-zung der genannten drei Bereiche bei einem Regenten vonGeburt und Tradition. Willensmäßiger Kern und Gemüts-verfassung sind schwer trennbar vom Schicksal. Sie haben sichdarin zu erweisen, wie sie dieses durchstehen und dabei, entspre-chend dem 11. Feld, dem «Geist der Epoche» gerecht werden.Unser Übungsbeispiel sieht ab vom sonstigen Charakterbild, denliebenswürdigen und auch schwankenden Zügen des Aszenden-tenzeichens WAAGE, der persönlichen Tapferkeit und Arbeits-kraft analog Mars in WIDDER im 6. Feld, der im überliefertenGlauben beharrenden Wertausrichtung analog Jupiter inSTEINBOCK im 3. Feld, usw. Ziehen wir lediglich die bisher be-handelten drei Hauptkomponenten in Betracht, so verstärkt dieStellung in einem fixen Zeichen und einem Feld der Beharrungs-intensität das fest Umgrenzte der Haltung, die aus Erbreservenheraus den Prüfungen standhielt und einer schon unzeitgemäßgewordenen Regierungsform die letzte Phase ihres Glanzes si-cherte.

In der überlieferten Deutung wird das 11. Feld auch auf Kinderbezogen. Dies trifft nur hinsichtlich der an die Nachfolge ge-knüpften Hoffnungen zu, deren Nichterfüllung gemäß den ange-

10 Geb. 18. August 1830, «ein Viertel nach 9 Uhr vormittags. (amtl. Bulletin), Schön-

brunn/Wien.

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reihten Aspekten hier in der Zeitlage mitbegründet war. Geradedaran konnte sich der Vater-Sohn-Konflikt verschärfen. Die irr-lichternd geistreiche aber auch unzuverlässigere, politisch revo-lutionäre Natur des einzigen Sohnes zerbrach an Franz Josefskorrektem Ernst eines unbeugsam konservativen Kurses; derKronprinz machte seinem Leben selbst ein Ende.11

Das vielerwähnte persönliche Unglück, das Franz Josef traf,war Familienschicksal, verklammert mit herannahendem Kollek-tivschicksal: Gattin und Bruder gewaltsam getötet, Selbstmorddes Sohnes, die Ermordung des Neffen und Thronfolgers dasauslösende Fanal des Weltkrieges! Wirkten hierbei politischeMotive mit, so traten im weiteren Familienkreis, die Zersetzungder habsburgischen Dynastie anzeigend, Abnormitäten auf. FranzJosefs Regierung begann im Gefolge der Revolution von 1848,zwei Jahre nach seinem Tode erfolgte der Zusammenbruch derDonaumonarchie und die Revolution von 1918. In diesem Ge-burtsbild ist gleichsam ein ausgehendes Zeitalter und der Menschals Repräsentant dieser Endphase konstelliert.

11 Der fortgeschrittenen Deutung zeigen sich hier untergründige Zusammenhänge. Im 4.

Feld finden wir Uranus im genauen 165-Grad-Aspekt («Trennungsaspekt», vgl. Bd. I, S.278) zum Schnittpunkt zwischen Mond und Saturn. Entwicklungsgeschichtlich bezeichnetdie Mond-Saturn-Konjunktion den Meinungsdruck einer strengen, traditionsgebundenenErziehung, insbesondere durch die Mutter, sowie im Ergebnis die hiermit erreichte seeli-sche Versteifung auf dasjenige, was Franz Josef für Regentenpflicht hielt. Uranus, dasUmsturzsymbol, war in die eigene Wesenstiefe verdrängt gemäß dem 4. Feld, worin auchdas Emporkommen durch die Revolution, vielmehr gegen sie, angezeigt ist. Dasselbe Sym-bol körperte sich aber ein im Sohne mit Uranus am Aszendenten, hierzu Mars in Oppositi-on und beide in Quadratur zur Sonne. Analog dieser Spannung verwickelte sich Rudolf inKonspirationen gegen den Vater, ging mit sozialdemokratischen Journalisten um, schriebunter einem Pseudonym gegen den Regierungskurs; nicht durchdringend kehrte er die Ag-gression zerstörerisch gegen sich selber. Die umgekehrte Opposition, Uranus am Deszen-denten und Mars am Aszendenten, finden wir beim späteren Thronfolger Franz Ferdinand:das Attentat machte seinen Plan einer Umgestaltung der Monarchie zunichte.

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Das Trieb- und Dranghafte

�Einen tätigen Praktiker beschäftigt gemeinhin wenig, ob die

Dinge ihren zukommenden Platz in der wechselseitigen Abstim-mung von Willens-, Gemüts- und Schicksalsbereich haben. Erfragt, wie er sie technisch in den Griff bekommt. Dies betrifft denAnsporn, danach zu greifen, sowie den richtigen Begriff der Sa-che. Solche Fragen beantworten wir aus Mars und Merkur sowieihren Gegenspielern, lassen vorderhand noch offen, was zu sagenwäre, wenn sie sich im Aspekt befänden und behandeln jeden fürsich in bezug auf das Feld, in dem er steht.

Mars gehört, wie das Schema Bd. I, S. 78 besagt, zur Gruppedes aktiven Lebensschwungs. Darin liegt seine Verwandtschaftmit «Sonne», dem Gesamtantrieb zum Leben, der, um sich zu be-kunden und den Augenblick zu packen, das spontane Ansteuernbegehrter Dinge und mithin ein Ausleben des Triebs und Drangsdazu, eben «Mars» braucht. Beides kann im individuellen Fallverschieden, ja in dissonanter Spannung zueinander liegen: Fra-gen eines geteilten Unternehmungsgeistes, die uns später bei denAspekten angehen. Sprechen wir von Mars allein, so sehen wirab von den Bedingungen, unter denen vom Kernbereich aus et-was gewollt oder nicht gewollt wird, symbolisiert im Sonnen-stand, untersuchen lediglich die Entäußerung als Energie,Durchsetzung, Leistungs- und Kampfkraft. Wir betrachten dasaktive Verhältnis zur Welt im gezielten Ansturm oder reiner Ta-tenlust entsprungen, in der durch Selektionsdruck hochgezüchte-ten Form und durch stählende Übung wieder auf Obsiegen imDaseinskampf gerichtet, insofern das Aggressive der Trieb-reaktionen. Immer ist es der Drang, eine gegebene Wirklichkeitzu ändern und im Guten oder Bösen über einen vorgefundenenZustand hinauszugelangen.

Im Feld der Marsstellung wird also die Tätigkeitsrichtungschlechthin, ihr geschärfter Einsatz und die Ausbildung technischtauglichster Leistungsformen bezeichnet. Dem vulgären Deu-

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tungsschema folgend würden wir diesen Antrieb nun unmittelbarauf Gegenstände des betreffenden Feldes beziehen. Mars im 2.Feld bedeutet dann Energieaufwand für Erwerb und Besitz, im10. Feld für öffentliche Durchsetzung, mit einer kämpferischenNote, im 11. Feld für Geltung im Freundschaftskreise oder Ein-spannung sonstiger Beziehungen, im 9. Feld für das Verfechtenweltanschaulicher Meinungen, wogegen im 3. Feld eine Betrieb-samkeit in «kleinen geistigen Angelegenheiten» zu suchen wäre,im 5. Feld wird das Liebesleben angestachelt und was an Ener-giebekundung hier spielerische Freude macht, mündet gemäßdem 6. Feld mehr in Arbeit, zwecklich gerichtete manuelle Betä-tigung ein, im 7. Feld geht es um Auseinandersetzung mit demPartner unter der Tendenz, ihn zu dirigieren, zu meistern, was im4. Feld den Haustyrannen erwarten läßt, sofern sein Tätigkeits-drang sich im häuslichen Umkreis nicht anders abreagiert, im 1.Feld schließlich hätten wir den ellenbogenharten Tatmenschenüberhaupt mit marsgeprägter Physiognomie (Bd. I, S. 109).

Gewiß trifft dies alles irgendwie zu, modifiziert durch das Zei-chen, besonders bei primitiveren Naturen. Ganz so einfach stehtes jedoch nicht mit dem «für» des Einsatzes, dem «gegen» beiauftauchenden Widerständen. Nichts ist leichter vertauschbar alses Aggressionsziele sind, da es hierbei um Entladung einer Ge-spanntheit geht, nicht auf gedankliche Rechtfertigung und be-dachten Wert einer Handlung ankommt. Fragezeichen wird unsdaher besonders der Bezirk umlenkender Kompensationen, das 8.Feld setzen, wenn wir uns nicht mit Erbschaftsstreitigkeiten unddergleichen begnügen oder eine Dissonanz auf «gewaltsamenTod» deuten, wie im 12. Feld auf «Gefängnis» oder zumindest«Konflikte mit heimlichen Feinden». Wer sich von der Übeltä-tertheorie und der durch sie ernährten Sensationslust noch nichtfrei gemacht hat (Richtigstellung Bd. I, S. 46), wird unter Hin-zuziehung ebenso falsch bewerteter Aspekte aus einer Mars-stellung häufig sexuelle Verfehlungen, wenn nicht einen kri-minellen Einschlag herauslesen. Solche Aussagen sind umso ver-fänglicher, als sie manchmal stimmen. Dies aber ist Sache desNiveaus (hier nicht Leistungsniveau, sondern Organisations-,

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Entwicklungshöhe), der Lenkung eines Trieb- und Drangüber-schusses, der Beherrschung feindlicher Mächte in und außer sich.

Befangen in Überlieferungen, die an den alten Kriegsgott den-ken, sind wir allzusehr gewohnt, Mars von der zerstörerischen,grausamen, haßvollen und schreckenbringenden Seite zu sehen.Wir erfassen dabei die Ur-Aggression, die jedes Wesen zu An-griff und Verteidigung befähigt, nicht aber das Verhüten entfes-selter Gewalttätigkeit vermöge eingespielter Mechanismen desVerhaltens, welche das menschliche Zusammenleben erst mög-lich machen. Solche aufbauend tätigen Verhaltensweisen verste-hen wir als «hochgezüchteten» Mars. Sie stellen in gesunderForm nicht einfach Verdrängung, sondern Disziplinierung undUmlenkung der Antriebe dar und diese büßen dadurch keines-wegs ihre Spontaneität ein. Mit steigender Fortentwicklungwechseln die Entsprechungen im Rahmen des betreffenden Fel-des. Grundlegend wichtig für die Deutung ist es, pathologischeTriebhemmungen wie umgekehrt Rückfälle in Primitivregungen,also fehlgeleitete sowie rudimentäre Äußerungen, zu unterschei-den vom humanisierten Betätigungstrieb, worin der disponibleDrangüberschuß sich neue Ziele setzt. Ob Mars diese oder jeneQualität als Glied eines Wesensganzen hat, bestimmt sich nichtaus Aspekten, Zeichen, Feldern des Meßbildes, sondern aus dermenschlichen Organisationshöhe.

Spannung und Lösung dieser Wesenskraft führt uns auf Ergeb-nisse der psychologischen Trieblehren, insbesondere die Über-gänge von Sexualität und Aggression. Wir ziehen sie ergänzendheran, ohne jedoch den Begriff des Marsischen auf eine der be-kannten Formulierungen festzulegen. Angesichts der menschli-chen Vielschichtigkeit haben wir in den Untergründen besondersstark mit den Sexualtrieben und der fortbewahrten Ur-Aggres-sion, demgemäß im Oberbau mit ihrer Abriegelung und Umlei-tung zu rechnen. Die spezifisch marsische Trieberregbarkeit,ausbrechender Jähzorn oder Zurückchaltung und umwegige Ver-ausgabung, affektbetonte Zielbegeisterung oder Aufziehen einerGegner-Attrappe, die sie zum Vorschein bringen, gehören hierherund sind im temperamentbedingten Teil durch das Zeichen derMarsstellung angezeigt. Das Feld gibt allein die Auswirkungs-

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richtung an. Hier aber, in der Gegenständlichkeit des spontanenBegehrens, kommt, die Entsprechungen des betreffenden Feldesvertauschend, die Organisationshöhe in Betracht, in welcher dersubjektive Wert des Angestrebten im Verhältnis zu den Anforde-rungen des gesellschaftlichen Zustandes enthalten ist. Dies istetwas anderes als der Stellenwert, die Rolle im Gefüge, wobeisich auch Primitivtriebe mit egoistischer Tendenz auf Gemein-wertiges werfen können. Dieselbe Wesenskraft, die bei einemZurückgebliebensein der persönlichen Entwicklung gegebenen-falls Schaden stiftet, kann also auf hohem Niveau ausgewirkt dieSozialentwicklung vorwärtstreiben. Wir sehen darin die organi-sche Schöpfung fortgesetzt und in den «edleren Zielen» des Mar-sischen denjenigen Wertzuwachs, der sich aus der höherenOrganisationsform ergibt.

In diesem Zusammenhang bezeichnet Mars die innere Arbeit.Allerdings ist sein rein dynamischer Anteil dabei zu unter-scheiden von Sonne, als der ganzheitlichen Ausrichtung, sowievon Jupiter, der ethischen Wertverschiebung. Was ich will, be-wußt oder nicht, und unter welchen wertmäßigen Vorzeichen iches will, entscheidet sich somit aus anderen Wesenskräften, alsdaß ich handle. Letzteres kann hinter einer im Kern schon er-reichten Organisationshöhe zurückbleiben, so daß spontanes Be-gehren und Sofortreaktion primitiver Art, «blinde Triebe», denAusschlag geben: die Verlegung des Handelns nach innen hatdann gefehlt. Diese innere Arbeit geht vornehmlich die Unter-bringung eines Drangüberschusses an. Ungeachtet fließenderÜbergänge unterscheiden wir Drang als suchende Unruhe über-haupt vom Trieb, der begrenzte Bedürfnisse und Ziele betrifft.Trieb hat die Form eines vom Organismus ausgeübten Zwangs,Drang mit seiner Übersetzung ins Seelische und Geistige gewährtgrößeren Spielraum, seine Unerschöpflichkeit ist dem Schöpfe-rischen näher.12 Dort haben wir bestimmte Gegenständlichkeit,

12 Wir erfassen später die dranghafte Seite des Menschen besser aus den Zeichen, wenn

wir den Antrieb ohne das Ziel betrachten und das Augenmerk nur auf die Bewegungsweiserichten. Bei mangelnder Anregung entsteht ein Suchen nach der Reizsituation, die ein Ab-reagieren der Triebe verspricht, gegenständlich schon fixiert, während das Zeichen einegewisse Übersetzbarkeit enthält. Darin, daß mehrerlei Triebe im Menschen verschieden

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hier das unbestimmt Richtungsweisende, dass in höhere Ent-sprechungen hinaufführt. Es gibt aber auch den rückläufigenWeg zu dieser Progression, die Regression, bei der ungleichenMarsdynamik meist eine «gelegentliche», je nach akutem Triebund Reizkonstellation. Im allgemeinen darf man sagen, daß beieinem Menschen, der seine Aktivität nicht für innere Diszipli-nierung und Wertsteigerung einsetzt, der ungebrauchte Drang-überschuß sich automatisch als Aggression nach außen wendet.Rückgebogen aber nicht gewandelt, in mißverstandener Askesebloß umgestülpt, führt Aggression wiederum zur Selbstpeini-gung, in diesem Sinne sind Sadismus und Masochismus marsi-sche Geschwisterkinder.

Im besonderen gilbt dies einer Marsstellung im 8. Feld (ent-sprechend dessen Analogie zum Marszeichen SKORPION) ihrenzwielichtigen Charakter. Sie läßt kaum eine andere Blind-diagnose als «Aktivität in Gefahrenzonen» zu, enthält aber niedas Niveau und den äußeren oder inneren Einsatz. Wir findendiese Stellung sowohl bei Verbrecher- und Landsknechtnaturenals auch bei so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie KaiserAugustus, Wallenstein, Friedrich Wilhelm I. von Preußen, Rom-mel, John F. Kennedy, Spengler, Franz Marc, Auguste Rodin,Mörike, A. de Musset, J. M. Guyau, Christian v. Ehrenfels, Ost-wald, Kurt Eisner, Erzberger, nahe der Spitze des 8. Feldes beiBaudelaire und Hitler. Ein Teil der Beispiele zeigt, daß es mit derGefährdung des Lebens etwas auf sich hat, wenn Verklamme-rungen mit Kollektiv- oder Erbschicksal vorliegen; in jedem Fallermißt sich die aktuelle Bedeutung richtig erst aus der Lebens-lauf-Analyse.

Nach außen wie nach innen haben wir in Mars den durch seineTätigkeit sich bestimmenden Menschen. Dies muß nicht mitDrohgeschrei und Austeilung von Schlägen vor sich gehen, nichtin Form von heftigen Triebreaktionen auf äußere Reize, es gibtauch aufwärtsstrebenden Drang und geistige Tat. Freilich aberrührt aktive Entäußerung eher Verwicklungen auf als friedlichesGewährenlassen, entsprechend dem Gegensatz von Mars und vereinbar sind, liegt die Möglichkeit vieler Lösungswege einer Spannung: hier setzt ein,was wir gewöhnlich Sublimierung nennen.

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Venus. So kann das Feld der Marsstellung in gewissem Sinne alsUnruheherd gelten, worin Wettstreit entfacht, Anfeindungen ge-weckt, kämpferische Auseinandersetzung herausgefordert, stür-mische, gefahrvolle Ereignisse herbeigeführt werden oder zuerwarten sind. Das «Wie» richtet sich nach dem Zeichen (zuzüg-lich der Organisationshöhe), das «Warum» und «Woher» nachden Aspekten, während in der Konstruktion des Felderkreisesnicht nur das «Was», die Zankäpfel wenigstens der Bedeutungnach, sondern auch offene oder verdeckte Methoden ihres Ergrei-fens und der Durchsetzung begründet sind. Verdeckte Methodengehören insbesondere zu den sogenannten okkulten Häusern.Hierbei stellt aber der im 4. Feld angeführte Haustyrann nur eineKarikatur dar, nämlich aggressive Entschädigung für ein Versa-gen in der Umwelt, das er vor sich selbst verschleiert; der Kampfginge eigentlich um sich, Energieeinsatz für Selbstklärung, inne-re Arbeit. Derselbe Mangel liegt dem Gewalttäter-Affekt gemäßdem 8. Feld zu Grunde, innere Arbeit würde auf dieser Basis zugemeinwertiger Leistung führen. Selten findet man offene Me-thoden der Durchsetzung bei Mars im 12. Feld, wo schon die Se-xualtriebe starkem Verdrängungsdruck unterliegen und relativfrüh sich entscheidet, ob eine sozusagen hospitalisierte Form desTätigkeitsdrangs oder ein Abwandern in Heimlichkeiten zustan-dekommt.

Einen krassen Negativfall haben wir beim «Blaubart auf demThron», Heinrich VIII. von England (Mars in JUNGFRAU am As-zendenten oder in 12, Quadrate zur Opposition von Jupiter undNeptun, ersterer in ZWILLINGE, der darüber dominante Merkursteht in Opposition zu Saturn in 5). Der brutalen, wenn auch erb-folgebedingten Entledigung von seinen Gattinnen steht politischdie Abscheidung der anglikanischen Kirche von der päpstlichenVormacht gegenüber. In ähnlichen Dissonanzen, doch anderenZeichen sehen wir Gustav Adolf von Schweden als Bekenner undOpfer in weltpolitische Entscheidungen verwickelt (Mars inSKORPION im 12. Feld) sowie den ermordeten Alexander II. vonRußland, den Aufheber der Leibeigenschaft (Mars in KREBS im12. Feld; bei diesen dreien Mars im Spannungsaspekt zu Jupiter).Friedlichere Auslösungen, abgesehen von den Aspekten, finden

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wir gemeinhin bei Frauen, da Mars als betont männliches Symbolgilt und bei der Frau den Liebhabertypus bezeichnet (Zusam-menhängendes darüber siehe unter «Geschlecht»). Beispiele hier-für sind Königin Luise von Preußen (Mars in FISCHE in 12),Victoria von Großbritannien (Mars in WIDDER in 12). Als Bei-spiel wirtschaftlicher Durchsetzung in Auswertung der Zeitlagekann wieder Hugo Stinnes genannt werden (Mars in WAS-

SERMANN im 12. Feld). Selbst bei Künstlern liegt meist ein Ver-flochtensein der Aktionsrichtung oder Thematik mit zeitge-schichtlichen Problemen vor, so bei Courbet (Mars in STIER in12), Käthe Kollwitz (Mars in JUNGFRAU in 12), Pablo Picasso(Mars in KREBS in 12).

Auch wenn wir aufbauende Verhaltens-Mechanismen, ver-deckte Methoden und Sublimierungen in Betracht ziehen, gehörtallerdings zur Unterscheidung des Marsischen vom stets, auch im«heiligen Zorn», lebensbejahenden Sonnenhaften das gelegent-liche Auftreten des Zerstörerischen. Sonne kann aus Machtbe-dürfnis anderen Raum wegnehmen, Mars sie vernichten. Den-noch bezeichnet er einen Lebenstrieb und wird an Zügel genom-men sogar zum ethischen Antrieb, der nur unter Umständen inden bösen und tödlichen Gegensatz umschlägt, wenn etwa einÜberschwang, aufgereizt aber eingeklemmt, nicht die richtigenKanäle zur Ableitung findet (beengte Verhältnisse, unverarbei-tete Enttäuschungen, Kurzschluß aus Ressentiment). Dies sindvornehmlich Aspektfragen und sie verlangen angemessene Tatlö-sungen, Ventile zum Auspuff des Drangüberschusses, auf welchedas Feld der Marsstellung hindeutet. Das Umschlagenkönnenliegt im Prinzip der Auslese und Wertsteigerung selber, als ver-änderungslustige Unruhe dargelebt. Die Schaffensdynamik, aufunbetretenem Boden immer zielbegeistert, braucht Entfremdungvon bereits Geschaffenem (abwertende Umwandlung in Haß-objekte), um es aufheben zu können (Zerstörung, wenn es demWeghabenwollen widersteht), damit Platz wird für neuzeugendenEnergieeinsatz (Präpotent des «Bessermachens»). Was im Trieb-mäßigen eine gespannte, erhitzte Atmosphäre bewirkt, führt auchbei Übersetzung ins Seelische und Geistige zu oft schroffem Ein-greifen; die Gelegenheit beim Schopf nehmend setzt der zeugen-

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de Impuls, wenn es sein muß, einen Vorgang mit Hilfe des Ope-rationsschnittes durch stagnierende Zustände hindurch insWerk13.

In sozialer Hinsicht, vor allem also die Marsstellung über demHorizont angehend, ist zu bedenken, daß eine äußere Überfor-derung dieser Wesenskraft etwas Spaltendes hat. Ihre Stärke liegtim Hervortreten des individuellen Leistungsprofils, des Charakte-ristischen. Bei Vereinseitigung und ausschließlicher Gerichtet-heit, ohne Abdämpfungen, sprengt dies einen einheitlichen Zu-sammenhalt, kann aber gegebenenfalls das sozialkritische Ethosverschärfen. Stellungen unter dem Horizont dagegen, nur in un-geistigen Entsprechungen belassen, führen leicht zu hybrischerEntwicklung der Triebsphäre, zumal dann, wenn nicht im Ve-nushaften die erlösende Gegenkomponente gefunden wird.

Beim Unterschied der Felder nach Personifikation und Sach-motiv (Bd. II, S. 281/82) spricht für die Marsstellung mit, daß dieDinge im hitzigen Ansturm gefärbt sind als lustweckendes Zieloder unerwünschter Widerstand und mit Durchführung einesVorhabens dann zu Mitteln des Gebrauchs, im Zustand der Un-reife zum Beiwerk des Imponiergehabes werden. In den ungeradebezifferten Feldern (Personifikation) geht dementsprechend dermarsische Antrieb leicht in Interventionismus und Rivalitätshal-tung über. Das 1. Feld betreffend wird zwar nur die Einzelpersonselbst, der auf gewisse Weise Gespaltene, zwecks Auslese desjeweils durchsetzungskräftigen Motivs, den Widerstreit zweier ri-valisierender Personen in sich erleben; dem Primitiveren genügt

13 Begreiflich wird hieraus die erhöhte Zerstörungslust der «Halbstarken», zusammen-

hängend mit ihrer Abwertung der älteren Generation. Werfen wir ergänzend einen Blickauf die beiden Marszeichen. WIDDER betrifft mehr die vorwärtstreibende Dynamik,SKORPION mehr die Umwandlungskraft des Marsischen, insbesondere auch die einer Er-neuerung vorangehenden destruktiven Phasen. Ausgesprochen ist beim zweiten Prinzip dieBeziehung zur Sexualität und die sadistisch-masochistische Ambivalenz. Die letztere, aufunser Beispiel übertragen, schwankt zwischen brüskem Abräumen dessen, was als überholt,veraltet gilt (freilich mit Gefahr des Zerfalls kultureller Werte), sowie einer Sicherung desselbst Hervorgebrachten, das in seinen Entstehungsbedingungen auch erlitten sein will.Besonders die männliche Jugend in der Geschlechtsreife, auf dem Sprungbrett tätigerSelbstbestimmung befindlich und darin schwankend, kommt naturgemäß zu präpotentemAuftreten, schroffen Wertungen, übertriebener Dynamik. Individuelle Betonung vonSKORPION bedeutet stärkeren Pendelausschlag, das analoge 8. Feld erhöhte Gefährdungdurch Umweltseinfluß.

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es, seine Antriebe an beliebiger Umwelt abzureagieren. Gemäßdem 3. Feld fördert der Wettstreit mit Gleichstrebenden, sozusa-gen auf derselben Schulbank Sitzenden und am selben Gegen-stand Interessierten, die persönliche Entwicklung. Im 5 . Feld, wodas Lustbegehren zur mehr oder minder unumschränkten Machtgelangt, steigert sich die Zugkraft der geliebten Person durchauszustechende Rivalen, auch kommt die Übertragung auf Zög-linge schwer von leidenschaftlichen Bevorzugungen los; Spielund Vergnügen dramatisieren sich. Am meisten zu Heftigkeitenneigt wohl der Mensch mit Mars im 7. Feld, wo die öftere un-überlegte Einmischung in Angelegenheiten des Partners dessenGegenäußerung hervorruft, Unfrieden stiftet und Gemeinschafthäufig zu einem «sich Zusammenstreiten» wird. Im 9. Feld ist esmehr das Rivalisieren mit einem geheimen Vorbild, gedanklicherHöhenflug weckt aber zugleich praktische Tatkraft, sei es imDurchstehen von Meinungs- und Glaubenskämpfen, sei es imErobern weit gesteckter Ziele, auch technischer Art, oder in For-schungsanliegen. Im 11. Feld endlich gilt der eingesetzteSchwung irgendwelchen Leistungsmarken des Zeitgeistes, wo-nach sich die oftmals turbulenten Beziehungen gestalten, die her-vorstehendste Einkörperung suchend, in Rede und Gegenredeliegt der Ansporn darin, sein «Wort zur Gegenwartslage» zu Ge-hör zu bringen.

Bei den gerade bezifferten Feldern (Sachmotiv) tritt diese per-sonbedingte Unruhe zurück. Ohne weiteres heißt dies freilichnicht, «eine Sache um ihrer selbst willen zu tun» (eine Niveau-frage!). Doch die Inangriffnahme sachlicher Vorhaben wird imallgemeinen weniger beirrt durch Zustimmung oder Gegner-schaft. Im Verfolg der Dinge kommt es leicht zur Übergriff-lichkeit gegen Mitbeteiligte, indem der eigene Leistungsanspornderen Anrecht schmälert. Am schwierigsten hat es, wie schongestreift, die persönliche Durchsetzung bei Mars im 12. Feld.Dort müssen sich Trieb und Drang mehr mit anonymen Mächtenund wenn mit einzelnen Personen, dann als Trägern kollektiverMeinungsbildung, auseinandersetzen; wer hier nicht durchblickt,weidet gern aus, doch es geht um denjenigen Einsatz, der Begeh-renswertes im Rahmen der Sozialentwicklung verwirklicht.

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Analog dem 10. Feld steht man leichter als Einzelner unge-schminkt gegen herrschende Meinungen, im kämpferischen Ein-satz, oder man setzt auf dem Rüden des Vorgefundenen seineSonderziele durch, Öffentlichkeit facht den Leistungsehrgeiz an,die form- und tempobestimmende Energie wirkt sich meist imBeruf aus. Das 8. Feld bringt die Entscheidung zwischen gemein-schaftsbezogenem Verhalten einerseits, rudimentären Triebfor-men anderseits zutage, oft ist der Schnitt schon im Elternerbe ge-zogen; die persönliche Leistung potenziert sich im Umsatz ange-saugter Kräfte der Umwelt, als Vertreter einer Körperschaft,Partei, Einrichtung, Wirtschaftsgruppe, Kulturrichtung, verfloch-ten mit deren Konjunktur oder Krise. Gemäß dem 6. Feld kommtdie Energie der Arbeit als solcher zugute, die Technik des Ar-beitsprozesses, seine Griffe und Verbesserungen werden aller-dings leicht zum Selbstzweck, Bedingungen der Mitarbeiter we-nig berücksichtigend; gewisse Gefahren liegen in der Über-treibung. Das mehrfach berührte 4. Feld gibt dem Kräfteeinsatzeine introversive Note, die auch, für Arbeitsbedingungen eineselbsteigene Sphäre braucht, ein «sich Daheimfühlen». Die Ent-scheidung schließlich, was als «persönliches Eigentum» gilt undwofür sich anzustrengen lohnt, ob für äußeren oder inneren Er-werb, liegt im 2. Feld; der durch Organisationshöhe bestimmteTrieb der Aneignung verficht in alledem die Unabhängigkeit derEigenperson.

Stets wird, hervorgelockt durch aktuelle Vorfälle und die je-weilige Lage der Verhältnisse, im Feld der Marsstellung auf dieProbe gestellt, was an entäußerungsbereiter Energie vorhanden,in welche Problematik sie entsprechend den Aspekten verwickeltist. Der heftige Duktus dieser Wesenskraft bringt dabei Licht undSchatten der Gesamtorganisation, in den Entgleisungen mehrTat- als Unterlassungssünden, zum Vorschein. Mars ist sozu-sagen der dynamische Hebel der Fortentwicklung, ihrer Ab- undUmlenkungen.

Die Kombination schließt bei Mars mehr als bei anderen eine Überlegungein, welche Entsprechungen der (außerhoroskopisch ermittelten) Organisa-tionshöhe eintreten und wieweit Sublimierungen echt, Kompensationen der

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Ur-Aggression haltbar sind. Das astrologische Meßbild enthält nur die An-triebskraft, kein moralisches gut oder schlecht. Dieselbe Kraft kann sichangriffslustig, verletzend, zerstörerisch ausgeben, als Triebbegehren rück-sichtslos durchsetzen, wie anderseits im Umbeugen der Energie zum An-sporn innerer Entwicklungen werden, gegebenenfalls zum Kampf für über-geordnete Ziele anstacheln, wobei aber stets auf Rückfälle in primitivereAuslösungen zu achten ist. Konflikte sind in Aspekten angezeigt, die Lö-sungen liegen immer in Tätigkeitsformen und unterstehen der Steuerungdurch den selbstbestimmenden Faktor.

Das Ästhetische

�Gegensatzverwandt dem tätig Hervorbringenden ist das genie-

ßende Verhalten, Aggression will aufgehoben sein im äußerenund inneren Ausgleich. Der ein Begehren auslösende Reiz wirktdurch Versprechen von Lustgewinn, Erlösung aus der Unruhebringt Beruhigung und Harmonie. Insofern gehört ergänzendzum Marsischen das Venushafte, mythologisch bilden sie dasklassische Paar der Libido sexualis. Dies erweitert sich von denlebenzeugenden Trieben hinein in die Unterbringung jedes Dran-güberschusses, dem auf der Venusseite die Reizüberflutung, eineder Unterschiede des Menschen zu der von Instinkten fest um-zirkten Daseinsweise der Tiere, entspricht. Das Gleichmaß derTriebe und ihrer Befriedigung liegt in der Wiederkehr. Packenwir die Polarität in Mars, so drängt sich die Störung im einzel-nen, die unruhevolle Überkreuzung momentaner Bedürfnisse vor.Erfassen wir sie in Venus, so liegt das Augenmerk auf der Wie-derholbarkeit von Bedürfnissen, ihrer Abstimmung aufeinanderzu einem harmonischen Ganzen. Von dieser Wesenskraft wirddie Summe erreichbarer Befriedigungen, die ästhetische Seite desDaseins, in ein System des Gleichgewichts gebracht, währenddas Lustmotiv ihre momentane und vereinzelte Auslösung be-trifft. Obzwar auf Qualitäten gegründet, spielt in der Wechselbe-

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ziehung zum Marsischen das Quantitative hinein: je stärker Triebund Drang, umso stärker die Bindung an das Begehrte, je stärkerumgekehrt das Lustversprechen, umso stärker die Anziehung desTrieb- und Dranghaften.

Wir könnten jetzt wie im Verhältnis von Sonne zu Saturn (vgl.S. 51) dasjenige von Mars und Venus durchexerzieren in derForm, daß wir uns zuerst Mars im 1., Venus im 7. Feld, sodannumgekehrt Venus im 1., Mars im 7. Feld denken. Es wären ähnli-che Modellfälle, nur eben mit dem Unterschied von Mars zuSonne, Venus zu Saturn. Mit Mars also hätten wir nicht den Ge-samt-Lebensantrieb und -anspruch, sei es ichbezogen oder du-bezogen, sondern mehr heftige, aggressive und teilheitliche Äu-ßerungen. Stärker noch würde sich der Unterschied bei Venusbemerkbar machen, indem der saturnische Ernst, die Konzentra-tion und darum Abgrenzung, einer mehr aufgeschlossenen, ent-gegenkommenden und lustsuchend genießerischen Haltungweicht, ebenfalls ichbezogen oder dubezogen. Es geht bei Marsund Venus nicht so sehr um die Gesamtexistenz, vielmehr um dieGestaltung des lebendigen Augenblicks sowie den Widerspruchzeugender und empfangender Kraft. Kommt eine Oppositionhinzu, so dürfen wir auf eine hochgespannte Trieb- und Sinnen-wachheit schließen, die Opponenten treffen sich in Mo-mentanreizung und -reaktion. Diesem Aspekt vorgreifend hättenwir bei Mars das Problem, wie eine Freiheit vom Getriebenseinzu erreichen sei, und bei Venus das Problem, im Überflutet-werden von ästhetisch zugkräftigen, aber aus tätigen Aufgabenwegziehenden Momenten das Gleichmaß eines einheitlichen Le-bensstils zu wahren, denn unumschränkte Lust und Genüß-lichkeit bringt über kurz oder lang den ganzen Menschen zu Fall.

In solchem Behalten und Bewahren liegt die anfänglich wohlschwer einsehbare Verwandtschaft von Venus und Saturn. Meisthängt ja die astrologische Überlieferung an Attributen der anti-ken Liebesgöttin: der Geschmückten und sich Schenkenden, inihrer Zuneigung unberechenbar Wechselnden, personifizierenddas Verführerische und Verführbare. Dies betrifft Venus als vor-zugsweise weibliches Symbol (Zusammenhängendes s. unter«Geschlecht») und die dementsprechende Reagibilität der Emp-

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findungen, die einstimmfähige Zärtlichkeit, den Wunsch nachLiebkosung, Behütetsein oder auch Umschmeicheltwerden, Ver-wöhnung. An der Oberfläche gehört hierher aller «schöneSchein», die Launen der Mode sowie die Mittel, das Leben ange-nehm und unterhaltsam zu machen. Dem lächelnd Gefälligensolcher Vorstellungen gegenüber erscheint das Saturnale als kal-ter Schauer, Abschrekkung und Zwang, wenn wir an bewußteErfahrungen, zumal an verneinende denken, Gewissen wird vomLustprinzip aus in der Kehrseite erlebt. Jede Wesenskraft ist zu-nächst autonom, darin liegt ihre Differentialspannung auch zuverwandten Kräften. Das Venushafte kann nicht bewußt gewolltund von Erkenntnis abhängig gemacht werden, ohne sein Eigen-tümliches einzubüßen; sein Wert ermißt sich nicht am Ethos, esist von Natur und aus sich selbst gerechtfertigt da, will auf seineArt entdeckt und kultiviert werden. In der Tiefe ihrer Seinsgel-tung und langfristig begriffen bedeutet Venus aber vorfindlichenKosmos, das heißt etwas in sich Geordnetes. Die hierauf bezoge-ne Wesenskraft stellt uns auf Bestehenlassen von Vorhandenemein, darin saturnverwandt und gegensätzlich zu marsischer Ver-änderungslust (Bd. I, Schema S. 78). Dies wird in der Anziehungdes Schönen mitempfunden, im Kontakt aufgegriffen und zurWirkung gebracht, durch wählenden Geschmack in seiner Be-deutung erfaßt. Auch Liebe stellt eine Grundbefindlichkeit dar,für welche erotische Lust nur eine der Ausdrucksformen ist;wollen wir einen Triebbegriff dafür finden, dann wäre sie cha-rakterisierbar als Bindungstrieb, der einander Gemäßes und Er-gänzendes zusammenführt. Schicksalhaft wird dementsprechendbesonders für die Frau der Wahlinstinkt, die Sicherheit im Ausle-sen des zu ihr Passenden, das Passendmachen nicht von Naturzusammenstimmender Umstände und in ihr selbst die Anpassungan die Lage.

Stark als zugehörig Empfundenes lockt durch sein Erscheinen,saugt zu sich hin, erweckt den Wunsch nach sinnlicher Berüh-rung, es existiert, indem es ästhetisch verzehrt wird. Ebenso wieVereinigungen, kommen aus Gefallen oder Mißfallen aber auchZerwürfnisse und Trennungen zustande. Auf der «Lust-Unlust-Schwelle» befindlich, durch Bestätigung oder Verletzung des

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Geschmacks regiert, ist es der Mensch, der sein Verhältnis zurWelt aus der Empfindung heraus bestimmt. Die Tiefe des Venus-haften führt von Befriedigung zu Befriedung. Jene bei Mars be-sprochenen Verhaltens-Mechanismen kämen nicht zustande,wenn sie nicht über rohe Bedürfnis-Befriedigung hinaus einenGewinn höherer Art brächten, der Gewinn besteht unter Venusbegriffen in verfeinerten Maßstäben von Gewähr und Versagen,Gesellung und Gesittung und letztendlich Harmonie. In diesemsozialen Zusammenhang bedeutet Venus den regelnden Takt ei-ner Gemeinschaft, das Friedenstiftende, das zwanglose Gebor-gensein im Einigenden. Gibt das Jupiterhafte die Kompensatio-nen durch zusammenhaltende Ideale, so das Venushafte die emp-findungsmäßig geschaffene Kultur. Die Gestaltung ästhetischerWerte verselbständigt sich in Werken der Kunst, ihrem Geheim-nis: der hierin erschlossene Sinn für Maß und Proportion kannheterogenste Dinge in Übereinstimmung bringen. Der in seinerTendenz zu absoluter Dauer wieder saturnverwandte Formsinnenthält die venushafte Seite der Geistigkeit, von der bildhaftenEinkleidung abstrahiert das Formalästhetische im Denken, dasjeder geschlossenen und sich harmonischen Systematik zugrundeliegt.

Einige werden vielleicht den Punkt des Gleichgewichts zudeuten erwarten. Wir untersuchen in der Venusstellung gewißdas Verlangen danach, erfragen mit dem Feld, worin Kontakt undHarmonie gesucht wird. Keineswegs aber dürfen wir daraus auferreichtes Gleichgewicht schließen (Aussagegrenze!), nur aufgewisse Wahrscheinlichkeiten; zu den Voraussetzungen derVerwirklichung gehört aber auch die Gesamtproportion des Ge-burtsbildes, die in Rechnung zu ziehen noch aussteht. Hierin wiein Aspekten, denen wiederum nicht vorgegriffen sei, drückt sichgegebenenfalls die Bedrohung eines gleichwohl vorhandenenHarmonieverlangens aus. Auch sie ist venushaft. Was ein Miß-behagen am Erreichten oder die verschönende Illusion mancheMenschen an gerade vorhandenen Annehmlichkeiten zu ergrei-fen verlockt, zumal bei Niveaubeschränkung auf sinnlichen Ge-nuß, kann in der Folgewirkung zum Verhängnis werden undkehrt die «Wohltäterin» der Vulgärastrologie ins Gegenteil um.

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Wie alle Wesenskräfte studieren wir Venus am besten zuerstam Aszendenten, wo sie physiognomisch in Erscheinung tritt(vgl. Bd. I, S. 106). Hier prägt sich ihre Formungsintensität imWohlproportionierten der Gestalt, dem etwas lässig Elegantender Haltung, im Geglättetsein der Züge aus, der Frau natürlicherals dem Manne, bei dem dies einen femininen Einschlag bedeutet(wie umgekehrt Mars am Aszendenten einer Frau als maskulineNote erscheint). Die unmittelbare Reaktion bei Stellung im 1.Feld ist eine empfindungsmäßig auswählende, der Geschmackstellt ein persönliches Verhältnis her, sei es im Genießerischen,sei es in musischen Beschäftigungen, die zumindest einen Wertfür das eigene Gleichgewicht haben. Alles ist irgendwie vomEros durchformt, dessen Ichbezogenheit durchaus nicht ober-flächliche Gefallsucht zu sein braucht, doch im Wunsche nachAnklang die Mittel der Darbietung heranholt. Takt und konzili-ante Umgangsformen werden oft eingesetzt mit der geheimenAbsicht, eine zusagende Mitwelt an sich zu binden. Nur starkesErgriffensein in der persönlichen Liebessphäre wird zum Hebel,über die Eigenliebe hinauszugelangen, wofern Hingabe vereinbarist mit der Tendenz, sein Leben nach eigenen Harmoniegesetzeneinzurichten.

Demgegenüber bedeutet Venus am Deszendenten sowie imdamit beginnenden 7. Feld ein lebhaftes Gemeinschaftsemp-finden, das mit der Hingabe an das erwählte Du bis zur Hörigkeitgehen kann (verstärkt oder abgeschwächt analog dem Zeichen).Die Eigenharmonie lebt vom Verspüren, einem bestimmtenMenschen etwas zu gelten und überhaupt für andere da zu sein,auf seine Umgebung einen ausgleichenden, vermittelnden, be-friedenden Einfluß auszuüben. Lust und Liebe zum Dasein zeh-ren vom Ageregtsein durch einen Partner, dessen Versagen oderauch eintretende Uneinigkeit die Beziehung aber gegebenenfallsins Krisenhafte wendet. Mangelnder Kontakt, bei oberflächlichenNaturen schon ein Abseitsstehenmüssen, wo «etwas los ist», wirdvon dieser extraversiven Einstellung schwer ertragen. Der Um-gang wirkt auf das innere Gleichgewicht zurück, das Ge-schmacksniveau fremder Personen und ihre sinnlicheErscheinung werden meist überschätzt gegenüber geistigen Ge-

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halten. Im künstlerischen Wirken mehr oder minder beifallsab-hängig, relative Eignung zum öffentlichen Auftreten und Ensem-blespiel.

Mit der Kulmination, also im 10. Feld, legt Venus gemeinhinpersönliche Nebentöne wie schamvolles Verbergen von Neigun-gen ab, die ästhetische Kultur entfaltet sich in Hinblick auf äuße-re Wirkung oder im Dienst sozialer Zwecke. In diesem Sinnesind es künstlerische oder dekorative Berufe, die hier zur Geltungkommen, auch Kunsthandel, «Geschmacksware», solche die fürdas Wohlleben, die Bequemlichkeit der Menschen sorgen, mitMode zu tun haben oder auf diplomatischer Kontaktherstellungberuhen; meist friedliche Betätigungen, ihre Ausübung mitzwanglosen Methoden, erfolgreich durch Einordnung in das Be-stehende, wozu nicht selten die Liierung mit Gleichstrebendenbeiträgt (weitere Berufe usw. Bd. I, S. 153). Auch das typische«Einheiraten ins Geschäft» gehört hierher und natürlich die gan-ze «Vergnügungsindustrie». Im persönlichen Gehabe verliert sichoft die intime Feinfühligkeit, die Venus in ihrem Eigenreich aus-zeichnet, zugunsten des gefällig-Leichtfüßigen oder einer ausge-borgten Person, je nach der Rolle; bei Frauen gilt die Neigunghäufig dem öffentlich Anerkannten, der «Repräsentationsfigur».

Eine gegenüber Fremden schwerer sich erschließende, intimeEmpfindungsweise, deren Bekundung ein Vertrautsein voraus-setzt, entspricht der Stellung im 4. Feld. Die ästhetische Kulturgeht aus der Tiefenperson hervor und kann sich selten im Schein-werferlicht frei äußern. Wo künstlerische Anlagen vorhandensind, ankern sie mehr im Wesenseigentümlichen als in formalis-tischer Konvention und können von dort aus mächtig werden.Meist ein Hang zum Seßhaften und zu häuslicher Bequemlich-keit; das Geschmacksmäßige erschöpft sich dann oft in der Bin-dung an Heim und Familie, deren Ausstattung und Versorgung,auch Alleinlebende brauchen ein geliebtes Wesen um sich odereine Sublimierung ihres Empfindungslebens. Irgendein luxurie-render Überschuß über das Zweckmäßige geht ein in Pflege vonHausmusik, schöner Literatur, bei anderen wieder in Gartenge-staltung, Blumenzucht, Haustiere und dergleichen. Häufig be-schränken sich die Kontakte in häuslicher Geselligkeit oder dem

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Umkreis auf gleichem Boden Aufgewachsener, Harmonie liegtim gewohnten Umgang mit regelmäßigem Turnus.

Ohne näheres Eingeben hätte es wenig Sinn, geschichtlicheBeispiele zu nennen, da kaum zu markanten Prägungen führt,was sich aus der undramatischen Venuswelt bestimmt. Harmonieentsteht im Stillen als Ausgleich des marsischen Leistungsprofils.Eros waltet im intimen Bereich. Wird das Venushafte laut, grell,ein in die Augen springender Anreiz, und ist dies nicht von kol-lektiver Symbolik getragen (worin die Person verschwindet),dann liegt der merkurische Zweck gestellter Verführung oderaber eine Geschmacksentgleisung nahe. Gewiß gibt es auch lär-mende Kulturen und über subjektiven Geschmack läßt sich nichtstreiten, wo aber venushafter Formsinn herrscht, tritt das mar-sisch Expressive zurück. In bevorzugtem Grade lebt der Künstlervon dieser Wesenskraft. Künstlerische Begabung als solche istaber nicht im Meßbilde angezeigt; man kann mit «schlechtester»Venusstellung (vulgär beurteilt) dennoch Künstler sein, entspre-chendes Familienerbe und Sublimierung vorausgesetzt. Die Musebegegnet uns auf jedem der 12 Felder, im qualitativen Inbild ge-mäß dem Zeichen. Wenn sie auftritt, drückt aber das Feld gewis-se Abwandlungen aus. Das Schöne, Reizbietende und Geformtebesteht im Unterschied zum Tüchtigen, technisch Gekonntenimmer in Relation zu etwas, es steht «in Proportion»; diesen Re-lationspunkt hilft uns das Feld erschließen. Das 5. Feld etwa be-trifft Dinge, mit denen ein Mensch spielhaft umgeht, die er liebtund dadurch mit persönlichem Leben erfüllt, aber auch den er-zieherischen Impuls und den Darstellungstrieb, das Zur-Schau-Bringen. Bei Venus in diesem Feld wird der künstlerische Form-sinn aus der Relation zu alledem erweckt und durch Ausgestal-tungen geklärt.

So verstanden darf man einige Beispiele als typische Ein-stellungen heranziehen. Vom Stilistischen, der Zeichenqualität,sehen wir dabei ab. Einer Einstellung auf die Tiefenperson ent-spricht es, Venus auf den unteren Meridian bezogen bzw. im 4.Feld anzutreffen wie bei Michelangelo, William Turner, Corot,Cézanne, Herder, Rilke; eine Gestalt-Hervorbringung kann auchaußerkünstlerisch ganz aus mystischen Quellen schöpfen, so bei

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Theresia von Konnersreuth. Gegen solche Innenbezüglichkeitgehalten geht am oberen Meridian, im 10. Feld, die an sich unge-schichtliche Venus zeitgeschichtliche Bindungen ein oder be-dient sich Ausdrucksformen der Repräsentativperson, dies findenwir bei Reynolds, Käthe Kollwitz, van Gogh, Wedekind, ErnstJünger. In Aszendentennähe, aus der Einzelperson schöpfend,sehen wir Venus selten bei Malern, außer etwa bei Max Lieber-mann und Klee, häufiger bei großen Schauspielern wie Kainzund Gründgens (im nicht-Fassadenhaften unterschieden etwavom öffentlichkeitsbetonten Moissi mit Venus in 10), dichterischbei Peter Hille und Morgenstern (bei Richard Wagner ist dieseStellung untypisch, da durch starke Aspekte in die Meridianachseeingespannt). Auf den Deszendenten, das 7. Feld bezogen, habenwir Maler und Zeichner wie Matisse und Alfred Kubin (letztereraber sonst stark auf das 8. Feld orientiert). Die Weltoffenheit, dasAnsprechen auf den Fremdreiz, scheint insbesondere das musi-kalische Ohr zu öffnen, so bei Schubert, Schumann (dilettierendbei Friedrich d. Gr. und Maria Stuart), in Form der Doppelbega-bung bei E. T. A. Hoffmann. Musikalisch durchschwungen sindauch die Verse eines Verlaine und Trakl, sogar ein Philosoph wieChr. v. Ehrenfels erfaßt die Welt als Gestaltqualität, und beiSpengler dürfen wir den morphologischen Anteil seines Ge-schichtsdenkens darauf beziehen.

Beispielhaft sehen wir vier Grundausrichtungen der Empfin-dung und des Formsinns, cum grano salis genommen, weil Venuskaum ohne die Gesamtproportion des Meßbildes und den Rang,den sie als Harmoniepunkt im Ganzen hat, vollständig zu verste-hen ist. Hier sei einem Mißverständnis der Felder als Interessen-gebiete vorgebaut. Das 3. Feld hat einen besonderen Bezug zurLiteratur, zur Sprache, zur «schreibenden Hand». Es wäre jedocheine Fehleinstellung, wollte man beim Dichter oder Schriftstellerkünstlerischer Prägung stets Venus in diesem Feld erwarten. Ge-wiß finden wir sie darin bei Tolstoi, Flaubert, Eichendorff,Lenau, E. A. Poe, Petöfi, Shaw, Mombert, Andersen, ebenso an-kert hier die Sprachverbundenheit Martin Luthers oder das Ent-zifferungsgenie Champollions. Doch abgesehen davon, daß fürdiese Dinge auch Merkur heranzuziehen ist, darf weder dieser

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noch Venus im 3. Feld ohne weiteres als literarisches «Bega-bungsmerkmal» angesehen werden. Seine Bedeutung hat diesesFeld als solches der Durchführungsintensität im persönlichenWerdegang, wozu Eindrücke aus der Literatur rechnen, auchrhetorische und manuelle Äußerungen sind darin in Fluß. Dasihm eignende «Handschriftliche» bestimmt gegebenenfalls eben-so den Duktus des Malers bei der Hervorbringung seiner Werke,genannt seien Franz Marc, Picasso, Bracque, Werner Gilles; ohnefreikünstlerische Begabung kann dies ins Kunsthandwerklicheeingehen. Das literarische Formgebende für sich verstandenkommt auf allen Feldern zu einer ihnen entsprechenden Äuße-rung. Bezogen auf den offenbaren Zeitgeist finden wir Venus im11. Feld bei Petrarca, Francis Bacon, Goethe, Balzac, Grillparzer,Gerhart Hauptmann, auf das mehr verborgen sich Anbahnende,den «unbekannten Zeitgenossen» im 12. Feld bei Rimbaud, KnutHamsun, Dehmel, Cocteau, in das Lebenshintergründige ein-dringend im 8. Feld bei Shelley, Baudelaire. Dies sind dem Laienoft kaum merkliche, dem Künstler entscheidende Unterschiede.

Meist erfragt, in der durchschnittlichen Deutung, gilt Venusvor allem als Liebessymbol (bei der Frau für die eigene Reaktion,beim Mann für das erotische Wunschbild). Die Feldstellung sagtaus über Rolle und Bedeutung des Eros. Nicht immer ist es dasLiebesabenteuer an sich ( 5 ), es kann auch der Entwicklungswerteiner Beziehung sein (3) oder das Besitzverhältnis (2), die kör-perliche Intimität und funktionelle Belebung (6), das erotisierteFreundschafts- und Kameradschaftserlebnis (11), die Erweckungund Befriedigung geheimer Wünsche (12), der Gleichklang ineiner harmonisch abgerundeten Schau der Welt (9), das atmo-sphärisch-Hintergründige der Partnerschaft (8), worauf im Lebendie Betonung des Eros liegt, abgesehen von den vier Grundaus-richtungen auf Eigenperson (1), Fremdperson (7), Tiefenperson(4) und Repräsentativperson (10). Soll Venus auf individuelleWeise zur Erfüllung gelangen, so kommt es nicht auf das bloßeVorhandensein eines Liebespartners an, sondern darauf, wie ge-mäß dieser Feldstellung die Akzente der Beziehung zu ihm sit-zen. Ein Weiteres reiht hier an. «Herzensangelegenheit» decktsich keineswegs mit der Liebe als Empfindungsreiz und Ge-

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schlechtsgenuß. Als eine den ganzen Menschen ergreifende Zu-wendung erfordert sie, die Stellung der Sonne mit in Betracht zuziehen. Venus und Sonne können aus astronomischen Gründennie weiter als 48 Grad voneinander entfernt stehen, damit trifftdie Möglichkeit ihres Zusammenstands in einem Felde häufigerein, doch nicht immer ist dies der Fall.

Dies berührt ein später zu behandelndes allgemeines Problemder Deutung, welche Planeten zusammen ein Feld besetzen. Wirgreifen dem hier vor, aus der Sache geboten, da die in Venussymbolisierte Ausgleichsfunktion sich am intensivsten auf dieAngelegenheiten desjenigen Feldes erstreckt, in dem sie bei derGeburt stand. Mit übereinstimmendem Feld von Venus und Son-ne besteht ein gewisser Gleichklang von Empfindung und Her-zenston, mit verschiedener Felderstellung ist ein Unterschiedgegeben, der in der «großen Liebe» zusammengebracht werdenmuß. So kann etwa die ganze Skala erotischer und ästhetischerWertempfindungen sich auf «Besitz des schönen Gegenstandes»richten (Venus in 2), während das Herz zu einem Schritt in derEntwicklung angeregt sein will (Sonne in 3), was die schönsteBeziehung in den Modus der Vergänglichkeit rücken kann, wennerfahren wird, daß ein zündendes Motiv weitergehender Selbst-verwirklichung ausbleibt. Ebenso kann es umgekehrt liegen, daßman stationär in sich ruht und Entwicklung vom Partner vorge-lebt wünscht. Oder es kann Gleichgewicht, Geschmackbildung,Eros von dementsprechend belebter Atmosphäre der nahen Um-welt abhängen, vom Partner wird ein ausgleichendes Bemühenzwischen widerstreitenden Meinungen erhofft (Venus in 8), weilanderseits das Herz, der Wesenskern erst mit einheitlich über-bauender Weltschau und begeisternden Endzielen ganz auflebt(Sonne in 9). Wieder kann es umgekehrt liegen, daß versöhnlichabrundende Ideen, ein darin geborgenes Wesen den Eros anre-gen, während die eigene Kernhaltung sich im hintergründigenStreit der Parteien verbohrt. So viele unterschiedliche Fälle mög-lich, so viele Kombinationen sind erforderlich.

Wirkt Venus zwar lebensvoll im individuellen und kollektiven Daseinmit, gehört sie doch zur Seite passiver Sachbindung (Schema Bd. I, S. 78).

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Aus dieser Wesenskraft wird nicht aktiv etwas Neues erschaffen, sie ist an-gewiesen auf das Angebot an Gegenständlichkeit im Gebiet, auf das sieausgerichtet steht, kann nur Vorhandenes empfangen, verschönen, ausglei-chen. Insofern aber ist Venus gegenwartsverbundener als ihr GegenspielerMars, der sich stets in «Vorhabendes» hineinstürzt. In geschmacksmäßigerAuswahl bewirkt sie den Kontakt zur Oberfläche der Erscheinungen, welchedie Umwelt hergibt. Die Aussagegrenze besteht in den dinglichen Einzel-heiten, darin muß der «Zufälligkeit» Raum bleiben. Venus determiniertzwar in der Darbietung an das Herantretende, im Abhängigwerden vomGewählten durch Gewohnheit, zu ihren bevorzugten Entsprechungen zähltdie vom Erlebnis der Lust erwartete Wiederkehr. Ihre ureigene Macht abererweist sich in der inneren Harmonie, welche die Welt zwingt, in zueinan-der geordneten Bahnen zu laufen, um im Gleichgewicht zusammenzuhalten.

Das Intelligenzhafte

�Alle psychischen Vorgänge des Menschen, die etwas zum

«Gegenstand» haben, setzen sich direkt oder indirekt im Denkenfort. Insofern ist unser Verstand in Angelegenheiten des Felder-kreises (auch der «okkulten Häuser» in ihren vordergründigenErscheinungen) mehr beansprucht als die anderen Wesenskräfte.Er führt die bewußte Seite der Ichverwirklichung durch. Die in-formative Tätigkeit, die Steuerung der Lebenstechnik in Lösungder praktischen Fragen, die sich aus den Felderstellungen derPlaneten aufwerfen, verlangen eine bewußte Stellungnahme zuVorhandenem. Die Motivation des Handelns sitzt oft an derOberfläche, geht aber doch auf Grundbedeutungen zurück, die eszur Gesamtstruktur in Beziehung bringen. Wäre die Verstandes-funktion restlos darin bedingt, so wäre der Automatismus voll-kommen. Sie ist aber auch Organ der Durchführung dessen, waswir mit Weiterentwicklung meinen und sich zunächst in Erdach-tem bewegt, des Hervorbringens von Neuem, das mit Kenntnissämtlicher Bedingungen nicht hätte vorausgesagt werden können.Diese nichtdeterminierte Seite geistiger Äußerungen ist gerade da

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zu beachten, wo wir ihre in Merkur determinierte Form undRichtung untersuchen.

Was wir an Felderinhalten ausdenken können, liegt dem Prin-zip nach als Stufung im Denkgebrauch selbst. Man muß zunächstirgendeinen Stoff sich angeeignet haben (2); wenn er einem völ-lig bekannt und vertraut geworden, wenn man in ihm heimischgeworden ist (4), dann kann man ihn methodisch in den Griff be-kommen, ihn funktionell richtig handhaben (6). Im fortgeschrit-tenen Gebrauch lernt man die Sache im Verhältnis zu anderenSachen, in ihren andersseienden diskreten Eigenheiten kennen(8), um sie an ihrem gesetzmäßig welteingebauten Platz zu be-stätigen oder gegebenenfalls zu verändern (10), doch letzten En-des im universellen Zusammenhang sie einer übergreifendenFunktion anheimzugeben (12). Diese sachbestimmten Motive desDenkens setzen gewisse Personifikationen des Denkenden vor-aus. Am Anfang will seine Ichperson etwas Bestimmtes (1); in-dem er das dazu erforderliche Ding in Betracht zieht, verhält ersich als Schüler zu ihm (3), über das Studium hinaus erlangt er esspielhaft in Gebrauch als Liebhaber (5). Vermählt mit der ge-dachten Sache wird er zum Partner; sie ist Genosse seiner Teil-habe an der Welt (7), worin die Dinge in ihrer leitbildhaftenBedeutung, beurteilt von einem Über-Ich, sich auf «letzte Dinge»hin ordnen (9), bis man als Freund von Gedankendingen über-haupt die Rolle eines bestimmten Gedankens im Zeitgeist zu er-kennen vermag (11)14. 14 Unser Begriff des Uber-Ich beschränkt sich nicht auf das introjizierte Über-Ich der or-thodoxen Psychoanalyse. Diese meint einen wertbesetzten vergangenen Einfluß, psychischzu einer vom Ich abgesonderten Macht geworden. Schon dem Kinde werden von den El-tern, insbesondere dem Vater, bestimmte Verhaltensregeln und Satzungen eingeimpft, zu-sätzlich sozialer Traditionen, Vorbilder, später weitergeführt durch fremde Erzieher undihre Ideale. Dieser Einfluß verdichtet sich zur unbewußt festgehaltenen Respektperson mitder Ermächtigung, gegen natürliche Triebregungen strafend einzugreifen. Die korrigierendeRolle kann auf andere Personen übertragen werden, ferner gelegentlich in eigene gouver-nantenhafte Überheblichkeit gegen die Mitwelt umschlagen. Ein so basiertes Gewissen, dievom Lustprinzip aus erlebte Kehrseite der Triebwünsche, wird gar leicht zum pathogenenFaktor. - In der Fortentwicklung näherte sich ein Teil der Psychoanalytiker der Auffassung,daß das autonom gewordene Ich auch zur freien Anerkennung gesellschaftlicher Maximenkäme und sich dementsprechende Ideale bilde. - Etwas grundsätzlich anderes ist das hiervertretene angeborene Streben über die Einzelperson hinaus, die eigenständige Humanisie-rung der Naturtriebe, freilich im Aufgreifen jener Einflüsse oft zum Negativum entstellt.

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Machen wir uns diese Stufung in ihrem Zusammenhang mitden Felderinhalten klar, so leuchtet ein, daß mit der Stellung desIntelligenzsymbols sich der Akzent verlagert. Es gehört zur de-terminierten Seite, zur Anlage, ob ein Verstand mehr zur Aneig-nung von Stoff neigt (über das «Wie» der Aneignungsform sagtdann das Zeichen, über damit verknüpfte Probleme sagenAspekte aus) oder aber zur funktionellen Handhabung der Be-griffe, ob man einer Sache in der Urteilsbildung mehr als Schülergegenübersteht oder sie vom durchgedrungenen, autonomenÜber-Ich aus wertet. Darin liegt der Unterschied einer Merkur-stellung in 2, 6, 3 oder 9. Was man aus dieser Anlage macht, wieund woran sich der Verstand übt und somit der eigentlicheDenkgebrauch, dies gehört zur nichtdeterminierten Seite undsteht nicht im Meßbild.

Nie also darf aus dem Meßbild eine Aussage über die Intelli-genzhöhe erwartet werden. Niveau bezeichnet das aus der AnlageEntwickelte, durch den selbstbestimmenden Faktor Erworbene.Anlage ist ferner nicht nur konstellativ bedingt. Die Begünsti-gung durch Elternerbe, «eingeschliffene Gehirnbahnen», liegtjenseits der Aussagegrenze, ebenso das Bereitstehen geistigerAnregungen in der Umwelt, die Gelegenheit zur Ausbildung. Ein Es ist das von Haus aus autonome Über-Ich. Seine wert-erhöhenden Antriebe überschreitenalso die naturgeschöpfliche Selbstbehauptung, die Anpassungs- und Fluchtreaktionen desnormalen Ich, sowie dessen Gedächtnisspeicherung im Sinne der für die Einzelperson vor-teilhaften und zweckmäßigen Handlungen. - Der Unterschied liegt darin: dort gleichblei-bende Grundtriebe mit bloßer Veränderung des Schauplatzes und der Mittel, sichdurchzusetzen, hier die Möglichkeit einer Wandlung auf Grund selbstentworfener Leitlinie,Festigung entsprechender Grundsätze, lebendiges Gewissen. - Das übergreifende Problemheißt: ist Gesellschaft nur die einschränkende, verbietende, strafende und somit den Ichtrie-ben feindliche Gewalt, oder ist der Mensch angelegt auf soziale Selbstverwirklichung ohneEinbuße seiner Triebfrische? Wer das letztere annimmt, sieht die Dinge so, daß jene um-weltlichen Einflüsse, mögen auch Suggestion, Angst und Zwang, moralische Instanz alsErsatz für Liebesverlust, mitwirken, sich in der respektverschaffenden Weise gar nichteinnisten konnten, hätten wir nicht die Anlage zur Überhöhung des naturgeschöpflich ge-bundenen Ich. Der Vorspann eines Ich-Ideals kann also zwei Formen haben, eine in denMenschen hineingetragene, ihm künstlich aufgesetzte, oder eine seinem Wesen selbst ent-springende Form. - Die autonom wertsteigernde Anlage verstehen wir später unter Jupiter(von ihm aus Beziehung zum 9. Feld), während das Merkurische hauptsäch1ich die anpas-sende Intelligenz bezeichnet, physiologisch das Nervensystem, womit das introjizierteÜber-Ich gemeinhin stärker in die Reihe merkurischer Entsprechungen einrückt.

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gewisser Mutterwitz muß mit- gegeben, eine Schulung durchge-macht worden sein, bevor vom Denkgebrauch die Rede ist. Sindauch die Regeln logischer Richtigkeit und Schlußfolgerung er-lernbar, so muß doch der Einzelne über das Apparathafte im An-wendungsfalle verfügen lernen, um zu eigenen Gedanken zukommen. Mit diesen Vorbehalten kennzeichnet Merkur die An-lage des Menschen, der sich durch seine Intelligenz selbst be-stimmt. Unter merkurischer Intelligenz verstehen wir dieAbstraktion von Merkmalen aus dem wahrnehmungsmäßig vor-gefundenen Zusammenhang (wobei die Aufmerksamkeit ent-sprechend dem Zeichen gefärbt ist), die verknüpfende Beziehungvon Merkmalsbegriffen und die darauf gestützte logische Ein-sicht, insgesamt das bewußte Erfassen (Apperzeption) zumZweck einer Handlung, während wir das begriffliche Gedächtnisunter Saturn ordnen. Die Verwandtschaft von Saturn und Merkurgeht uns darum leichter ein als die von Saturn und Venus, diesich in diesem Zusammenhang auf das sinnliche Formgedächtniserstreckt und das (auch unbegriffliche) Wiedererkennen in derEmpirie ermöglicht. In der Apperzeption oder dem intelligentenBegreifen der Sinneswelt, unter Zuhilfenahme eines festen Besit-zes an Gedanken, durch Lernen vermehrt, bildet sich der Ver-stand aus. Zwar schöpft er aus der Empirie, ist jedoch in seinenOperationen unabhängig vom jeweiligen Eindruck urteilsfähig,sowohl im Vergangenen wie auch im Künftigen.

Die angeführte Stufung enthält eine ansteigende Ausweitungdes Denkbereichs (vgl. die Analogie zum Anwachsen der Di-mensionen im Tierkreis, Bd. II, S. 109), doch darf deswegen ausder Merkurstellung keinerlei Bewertung des Umfangs der Intelli-genz gefolgert werden. Es handelt sich um eine anlagemäßigeEinstellung, auch bei unscharfem und begriffsarmem Denkenpraktiziert, sowie, auf die gegenständlichen Felderinhalte ge-blickt, um attraktive Gebiete, auf denen die eingeübten Schema-tismen ungezwungen zum Einsatz kommen. Charakterlichbetrifft Merkur die wendige, zweckgerichtete, der Situation an-gepaßte Form des Verhaltens in der Wirklichkeit, vorzugsweisein bewußter Beeinflussung der Praxis. Diese sowohl moralischals auch gegen den Geschlechtsunterschied indifferente Fähigkeit

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brachte die mythologische Überlieferung vom androgynen We-sen des Merkurischen zum Ausdruck. Nicht unbedingt beziehtsich Merkur auf das bewußte Verhalten, wird doch derZwecksinn schon instinktmäßig gesteuert, und anderseits kanndas Bewußtsein bei Mechanisierung einer Tätigkeit, im manuellEingeübten, allmählich zurücktreten.

Methode ist ein merkurisches Schlüsselwort, mit ihr erschließtder Verstand dem Wesenskern den Weg, sich rational zu ver-wirklichen. Bis es aber zum Ausspielen erworbenen Wissenskommt, muß eine lange Entwicklung durchlaufen worden sein,die eine Lernfähigkeit voraussetzt. Schon diese hat analog demMerkurstand einen bestimmten Stellenwert in der geistigenStruktur. Das betreffende Feld sagt nicht allein, auf welchem Ge-biet sich der Mensch besonders intelligent betätigt, sondern auch,wo er lernt, zu lernen (über das «Wie», die Auffassung, sagt dasZeichen aus) und zum Gebrauch von Begriffen gelangt. Ja, hierinist die Aussage schärfer umrissen als in der allgemeinen Anwen-dung des Erlernten, die über alle Felder reicht und sogar die un-betonten in die Ichverwirklichung einbezieht.

Gelehrigkeit und geistige Neugier gehören am meisten zur per-sönlichen Reaktionsweise bei Merkur im 1 . Feld, worin derMensch in sozusagen monologischer Denkrichtung meist sichselber der beste Gesprächspartner ist. Die Ausrichtung der Be-griffe auf das persönlich Nutzbringende beherrscht den ganzen I.Quadranten, so auch das 2. Feld; doch über die Enge materiellerZwecke hinaus reichern sich die intellektuellen Erwerbungen an,je mehr der Grund, Stützung der Eigenperson durch gefestigtenWissensbesitz, eingesehen wird. Dieses «Warum» liegt beim 3.Feld im Entwicklungsfördernden schlechthin, der Lerneifer istdarum gemeinhin leichter zu wecken, nicht nur in der Schule,sondern wo immer interesseweckende Gegenstände auftauchen.Bedeutend umständlicher ist das Lernen analog dem 4. Feld, eshängt ab vom Heimischwerden in einer Sache; erst inneres Kon-formgehen mit dem Herangetragenen erregt die im Wesensgrun-de wurzelnde Einsichtsfähigkeit. Meist prägt schon Kinderstubeund Familienerbe vor, welchen Einfluß die Intelligenz auf dasäußere und innere Leben hat. Solche Untergründe machen sich

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im ganzen II. Quadranten geltend. Analog dem 5 . Feld wendetsich der Mensch spielhaft den Dingen zu, die er von Grund aufliebt, während sich Sperren errichten, wo Abneigungen vorherr-schen; er lernt sozusagen im Zuge geistiger Leidenschaften, oftum das Erlernte dann in pädagogischer Form weiterzugeben. Im6. Feld geht es um eine dem Menschen «auf den Leib geschrie-bene» Arbeitstechnik, auch im Geistigen auf Routine eingestelltund flüssiges Ausspielen, bei relativem Ungeschick in wesens-mäßig abgelehnten Dingen; jedoch dies sowie das Verhältnis zuden Hilfsmitteln kann sich in dem Grade verbessern, als leiden-schaftslose Einsicht und Funktionslust ein leistungsmäßiges Ver-hältnis herstellen.

Gemäß dem III. Quadranten spielt die umweltliche Lern-atmosphäre eine bedeutende Rolle. Bei Merkur im 7. Feld hängtdas Aneignenkönnen eines Stoffs von der vermittelnden Fremd-person ab, von ihrer Fähigkeit, anzuleiten und die Sache inte-resseweckend einzukleiden, das Denken wird erzogen durch Be-trachten der Dinge von vielen Seiten und Herbeiholen ergän-zender Argumente. Kontaktschaffende Konzilianz und Informa-tionsbedürfnis machen mehr und mehr das gemeinschaftlicheLeben mit seinen Hintergründen und Letztzielen zum eigentli-chen Lehrmeister. Im 8. Feld wird der Mensch sorzusagen in dieSpannung von Grund und Gegengrund der unterschiedlichenMeinungen hinein versetzt, fliegt oft geradezu auf krisenhafteAuseinandersetzungen und Vorgänge; er lernt durch erregendeWechselreden, aufklaffende Widersprüche und kommt zur Klar-heit manchmal gerade durch aufrüttelnde Katastrophen, indemsein Verstand hinter die vordergründigen Erscheinungen dringt.Auf den Gesamtnutzen ausgerichtet ist die Stellung im 9. Feld;die Lernfähigkeiten steigern sich am Vorbild, sei er Prophet undErwecker höherer Überzeugungen, sei es ein Mann des techni-schen Fortschritts, eine Forschungsintelligenz, es kommt auf dieEinschaltung des Bewußtseins in Kollektivziele an. Mit dem IV.Quadranten tritt das Persönliche hinter der Sache und ihrer per-sönlichen Bedeutung zurück. Relativ früh verläßt der Mensch dieelterlichen Maßstäbe zu Gunsten der allgemeinen Lebensschule,in der man nie auslernt. Entsprechend dem 10. Feld wird die In-

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telligenz in das Berufsstreben eingespannt, seinen künftigen Wegvorzuplanen erhöht die Lernfähigkeit, für welche der Stoff dannHand und Fuß bekommt; hier scheidet sich das Niveau mehrpraktisch formulierenden oder theoretisch anspruchsvollerenDenkens, das ein Weltformat und Gültigkeit seiner Begriffebraucht. Analog dem 11. Feld lernt man unmittelbar aus demZeitgeist, sei es durch oberflächliche Allüren, aufgegriffene Re-dewendungen und informative Stichworte, sei es in ernster Ver-gegenwärtigung der schwebenden Kernprobleme und versuchtenLösungen; der Umgang orientiert sich bald auf erfolgstützendeBeziehungen oder Anreger zu Neuem, Wesentlichem im zeitge-nössischen Thema. Im 12. Feld hat der Mensch besonders umseine geistige Souveränität zu ringen, der Lerneifer kann unter-durchschnittlich erscheinen, sich aber erfolgreich in Seitengassendes Normalen auszweigen, er lernt oft am meisten aus der Kehr-seite dessen, was als erstrebenswert hingestellt wird. Häufig wirdInternatserziehung oder sonstige Beschränkung der frühen Ent-wicklung angetroffen, wechselnde Einflüsse können den Impulsunterstützen oder zurückdrängen, das Denken bildet sich an zeit-geschichtlichen Vorgängen und Einsicht in verborgene Beweg-gründe.

Natürlich wäre es verfehlt, aus Merkur allein die gesamte gei-stige Struktur erklären zu wollen; es sprechen vor allem Saturn,Uranus, Jupiter, auch die beiden Haupt-Lebenssymbole Sonneund Mond, sowie ihr gegenseitiges Verhältnis mit. Je mehr darindas Merkurische (einschließlich seiner beiden Zeichen ZWIL-LINGE und JUNGFRAU ein Übergewicht solcher Art hat, daß denreinen Verstandesbegriffen die entscheidende Rolle in der Stel-lungnahme zur Welt zukommt, reden wir von Intellektualismus.Die Entwicklung verständigen Verhaltens erfolgt anderseits nichtallein aus der bewußten Seite des Merkurischen, sondern aus derkomplexen Beziehung von Denkrhythmus, Atemführung, Spra-che und mit manueller Tätigkeit gekoppelten Nervenreaktionen.In all diesen Entsprechungen gibt das Feld des Merkurstandesjenes Gebiet an, auf dem das Erlernen und Einüben ansetzt.

Hinsichtlich der Äußerung eines gereiften Verstandes gilt imgroßen Zuschnitt die Teilung der Interessensphäre in eine obere

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und eine untere Hälfte (vgl. Bd. II, Schema S. 289). Es leuchtetein, daß Merkur über dem Horizont durchweg besser für redne-rische, unter dem Horizont besser für schriftliche Bekundungsein wird. Doch solche überschlägliche Regeln darf man nie pe-dantisch nehmen. Ergänzendes kommt hinzu, nicht nur aus Zei-chen und Aspektierung. Differenzieren wir das Schema imBedeutungston (Bd. II, S. 280/81), so liegt die durchführende spi-rituelle Ausdrucksrichtung unten im 3. Feld, mit Recht bezogenauf die schreibende Hand als Ausdruck geistig beseelten Tuns,auf briefliche Äußerung wie auf Dichtung, Literatur. Hier findenwir Merkur bei Klages, Champollion, sowie E. A. Poe, Petöfi,Mombert, Rilke, H. Chr. Andersen, Dickens, Hamsun, H. v.Kleist, Georg Kaiser. Zum selben Trigon gehören aber das 7. und11. Feld, die über dem Horizont liegen. Merkurstellungen hierkönnen förderlich sein für einen Schriftsteller, der sich dem Le-ser sozusagen als Gesprächspartner anbietet (7. Feld: Raabe,Gottfried Keller, Hermann Hesse) oder im Namen des Zeitgeistesspricht (11. Feld: U. v. Hutten, Novalis, Grillparzer, Mörike, A.de Musset, Thomas Mann). Auch das geschriebene Wort kannungezwungen aus dem erzählenden Fluß kommen oder einenrednerischen Zeitstil repräsentieren. Umgekehrt liegt die durch-führende persönliche Ausdrucksrichtung oben im 9. Feld, ver-dichtet etwa in der rednerischen Darstellung des Hochschul-lehrers, Predigers, Volksführers oder im schriftlichen Redebe-richt eines zum geistigen Abenteuer anfeuernden Typus (zu fin-den bei Montaigne, Calvin, Dacqué, Hellpach, ferner Ernst Jün-ger, Ricarda Huch, Hemingway). Dieser persönliche Bedeutungs-ton greift jedoch mit dem 1. und 5. Feld auch unter den Horizont.Dort bringt die Redeweise eine persönliche Verstandes-konzeption unmittelbar zum Ausdruck (1. Feld: Petrarca, Lenau,Flaubert, Georg Büchner, Bert Brecht, Kainz) oder kann in eineKunstform teils spielhafter Libido-Übertragung, teils päda-gogischer Absicht eingehen (5. Feld: Matth. Claudius, Platen,Verlaine, Lagerlöf, Carossa, William Blake, Werner Krauß). Sol-che Einstellungen betreffen die geistige Feinstruktur und modifi-zieren sich durch das, was aus den Zeichen über «Denk-temperamente» zu sagen sein wird.

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Auch auf Reiselust und Verkehr bezog man den Gott mit denFlügelschuhen, es trifft zu, wenn wir an zweckdienliche Funktio-nen denken. Jene eingangs erwähnte Unterscheidung von «klei-nen und großen Reisen» bekommt ihre richtige Fassung aus derMerkurbeziehung des 3., der Jupiterbeziehung des 9. Feldes (ge-mäß der Analogie zu den Zeichen ZWILLINGE und SCHÜTZE).Dort haben wir Ortsbeweglichkeit, ausgerichtet nach Wendungenim Werdegang und Zwecken der persönlichen Lebenstechnik.Hier geht es um den « Welt anschauenden» Trieb, der ferne Ho-rizonte ansteuert, einen Aktionsraum für überpersönliche Ent-wicklungen schafft, unter Umständen zur Auswanderung führt.Ebenso steht es mit den «kleinen geistigen Angelegenheiten» im3., den «großen Menschheitsfragen» im 9. Feld. Es sind Aus-richtungen, die freilich auch die ihr entgegengesetzte Wesens-kraft innehaben kann, wenn etwa Merkur im 9. Feld die Währunggroßer Ideale in praktisch nutzende Münze umsetzt, die «letztenDinge» einer rationalen Behandlung unterwirft.

Häufig sehen wir den Eigencharakter von Merkur überspieltzufolge seiner astronomisch bedingten Sonnennähe (größteElongation 28 Grad). Am besten studiert man daher zunächst dieFälle, bei denen Merkur in einem anderen Quadranten oder we-nigstens einem anderen Feld als die Sonne steht. Dann weicht dieGerichtetheit des Verstandes um eben diese Schattierung vonderjenigen des Wesenskerns ab. So haben wir bei Nietzsche dieSonne im 11., Merkur im 10. Feld, und zwar beide im selben luf-tigen Zeichen WAAGE. Zentrales Anliegen war ihm die Erwar-tung des Freundes, mit dem er in Beantwortung der Zeitfragenübereinstimmte, abweichend hiervon setzte die öffentlichkeits-verbundene Urteilskraft an. Nietzsche hätte um den bestenFreund nicht sein Verstandesmotiv geopfert, infolge dieser gei-stigen Redlichkeit verlor er einen nach dem anderen. Stärkernoch wird die Stellungnahme durch die Schnittlinien der Qua-dranten geschieden. Dies war der Fall bei Hans Driesch.15 In-struktiv ist es hier, der Kombination mit Zeichen und Aspekt vor-zugreifen, weil die Gleichheit der Bedingungen den Unterschied

15 Geb. 28. Oktober 1867, 5 h p. m. Kreuznach, Selbstangabe.

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verdeutlicht. Wir finden Sonne, Venus, Mond, Mars, Saturn,Merkur im Zeichen SKORPION, doch am Beginn dieser großenHäufung die Sonne unter, am Ausgang den Merkur über demHorizont, jene im 6., diesen im 7. Feld. Dies zeigt einen analy-tisch scharfen, sezierenden Verstand (Merkur), gekoppelt mitkritisch gesiebter Erfahrung (Saturn), tätigem Untersuchungstrieb(Mars) und emotionaler Beteiligung (Mond), ausgerichtet auf daszu untersuchende Objekt, mit wechselndem Kontakt zum jewei-ligen Gesprächspartner (Venus am Deszendenten). Das zentraleAnliegen jedoch (Sonne) blieb bei aller Beobachtungsschärfeidentifiziert mit der Tiefenperson, die arbeitsmäßige Kernhaltungwar die eines Metaphysikers, für welchen die Tatsachen nur Be-lege lieferten. Etwas ähnliches finden wir bei Sigmund Freud imempiristischen Gegenzeichen STIER, nur ist bei diesem die Ge-burtsstunde nicht so gesichert.

Rangunterschiede darf man allerdings auf solche Weise nichtableiten, nur solche der geistigen Struktur.

Schließen wir aus dem Zeichen der Merkurstellung auf die Art des Den-kens, so beschränkt sich die Kombination mit dem Feld auf die Gerichtet-heit. Freilich muß das individuelle Urteil sich von Gemeinplätzen absetzenlernen, um seine eigene Note und ganz persönlichen Interessen bewußt zuvertreten. Ob der natürliche Eifer hierzu geweckt und segensreich ausge-wirkt wird, hängt ferner nicht allein von Wille und Intelligenz des Betref-fenden ab; Umwelt spielt entscheidend mit. Die elementare Begriffsbildungfällt ja in die frühe Entwicklungsphase, in welcher die Überflutung mit ein-zupaukenden Kenntnissen das Eigentliche des Merkurischen, das selbstän-dige Urteil, hinter einer zu erfüllenden Norm zurückzustellen pflegt. ZurNormerfüllung geeignet, mit Wissen bepackt sein, die Begriffskapazitätüberzüchtet haben, sind zwar auch merkurische Formen, doch solche einesaus der Lebensverbundenheit herausgelösten, farblosen Intellekts. Diese soleicht sich isolierende Wesenskraft kommt am wenigsten durch Isolierungzu ihrem Eigenen, der Zwecksinn wird unzweckmäßig, wenn sein «wozu»nicht im Menschen liegt. Zum selbständigen Urteil gelangen wir erst ausdem Zusammenspiel aller Kräfte, worin Merkur eine dienende Rolle zumWohl des Ganzen erhält.

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Das Sinngebende

�Auf das Gesamtwohl bezieht sich der Gegenspieler des Merku-

rischen, Jupiter. Bei Merkur, insbesondere seiner Verbindung mitMars, liegt es so, daß alles Ausgedachte, sensationell Anreizendeund spontan Gewollte sofort ins Werk gesetzt wird. Weder Scheunoch Ehrfurcht hält diese beiden Wesenskräfte zurück, sofern inden Mars-Impuls nicht jene mehrfach erwähnten Verhaltensme-chanismen eingebaut sind, deren kompensatorischer Sinn unterJupiter fällt. Merkur für sich ist gegen das Ethische indifferent.Unter Jupiter verrechnen sich die Dinge anders. Hier geht es umdas Bestmögliche und Zuträgliche, bewußt werdend als das über-geordnet Vernünftige. Es erlangt seine Gültigkeit in der Aus-richtung auf einen höchsten Wert, der religiös empfunden werdenkann oder das Regelnde einer Vernunftsmoral bildet. Der interes-semäßigen Wachheit und Gewitztheit, Behendigkeit und klugenAnpassung des Merkurischen, vorwiegend teilheitlich regsam,steht die jupiterhafte Einstellung auf das große Ganze gegenüber.Im individuellen Meßbild ist aus der Jupiterstellung ersichtlich,wo in diesem Sinne das Lebensoptimum des betreffenden Men-schen liegt.

Diese optimal regelnde Abstimmung von Einzelmomentenaufeinander ist keineswegs gleichbedeutend mit Harmonie, dieunter Venus zu suchen wäre; sie greift dynamisch dem jeweiligenGegenwartszustand voraus. Im Schema Bd. I, S. 78, finden wirJupiter auf seiten des aktiven Lebensschwungs. Die jupiterhafte,einem Gesamtblick entspringende überschauende Ruhe vereintsich dementsprechend mit expansivem Streben, die Äußerungbleibt aber auch im erobernden Ausgriff maßvoll, besonnen. Waswir durch Geschicklichkeit (Merkur), Liebe (Venus) und Gewalt(Mars) nicht erreichen, steht mit Jupiter der Einsicht offen unddem hiermit geweckten ethischen Imperativ ist die Energie mit-gegeben, sich durchzusetzen. Bestimmt sich die Venuswelt durchLust und Unlust, so die Jupiterwelt durch Wert und Unwert. Ein-

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zelheiten rangieren danach ein, ob sie vom Ganzen aus zu Rechtoder Unrecht bestehen. Diese Einsicht in das eigene Wahl proji-ziert sich, Entwicklung über den Egoismus hinweg vorausgesetzt,als Rechtssinn in die Erfordernisse sozialer Wohlfahrt, dort abernicht nach Paragraphen ausgerichtet wie die Anwendung saturni-scher Grundsätze, sondern als Gefühl für das mit allem Lebendengeborene Recht.

Gegen solche mit der «Wohltätertheorie» übereinstimmendeBedeutungen wäre geltend zu machen, daß sie das unter Jupitergehörige Forderungshafte enthalten, sich jedoch keineswegsimmer mit dem praktischen Fall decken. Zunächst gibt es Über-treibungen, die auf Rechnung unbewältigter Dissonanzen gehen:in affektiver Spannung werden Ziele und Anspruch zu hoch ge-steckt, so daß der Mensch mit übervollem Einsatz und Kraftver-brauch sein Optimum verfehlt. Sodann wird das beste Wollenunecht, wenn es zu viel auf Anerkennung seiner Wohltaten ab-zielt; von da führt bei gesenktem Niveau ein Schritt zur Heuche-lei, dem Vorgeben dessen, was erstrebenswürdig wäre. WirdJupiter ferner schlechthin expansiv gelebt, und mißt man das per-sönliche Optimum nur quantitativ an der Menge und dem Aus-maß glückbedeutender Dinge, so veräußerlicht das Streben, weiles sich von seiner qualitativen Grundlage, dem Wert, entfernt.Schließlich kann das Verhältnis von Forderung und Erfüllbarkeitdaran kranken, daß man «das Primitive» vom Blickpunkt einerausgebildeten Kultur oder hochgeschätzten Tugend als roh,schlecht, niedrig und gemein wertet, sich infolgedessen in derlebensschöpferischen Bedeutung der Grundantriebe, auf die manin «schwachen Stunden» doch zurückfällt, verschätzt. Es sind soviele Entgleisungen möglich, als Verselbständigungen oderNichtbeachtung der Wertakzente gegenüber dem verantwortli-chen Willen zu sich selbst. Verletzungen der Beziehung zwi-schen Vervollkommung der Eigenperson und Respektierung derFremdperson kommen hinzu. Die reife und abgeklärte Note desJupiterhaften gestaltet sich im Rückbezug zum Kern, zumHauptanliegen (doch nicht etwa im Aspekt zwischen Jupiter undSonne schon vorgegeben!) als die seiner Selbstverwirklichungentsprechende Lebensweisheit und Güte, das Schädliche ent-

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giftend, dem Keimkräftigen zur Auswirkung verhelfend. Das er-kannte Gute wird wieder zum Imperativ der Vernunftsmoral.

In diesem Sinne wurde gesagt, daß jeder gleich nahe seinemGuten, Bestmöglichen sei (Bd. I, S. 187). Das jenseits der Aussa-gegrenze befindliche Niveau betrifft hier weder Intelligenzni-veau, ästhetisches oder Leistungsniveau, sondern ethischeSelbstbestimmung. In Jupiter haben wir den Menschen, der sichdurch gut oder schlecht hinsichtlich der Eigenperson und Le-benslage, sowie im Verhältnis zu übergeordneten Wertsetzungendem Rang nach bestimmt. Jupiterkonflikte sind Wertkonflikte.Die selbstentworfenen Ziele liegen im Streit mit Maßstäben derUmgebung, der Mensch wird in der Lebens-Leitlinie leicht beirrtund von seiner optimalen Vollendung abgezogen. Es geht umden persönlichen Sinn des Daseins, dessen Vollgenuß mit Höhe-rem verknüpfend, die Gaben dadurch produktiv gemacht undausgewertet. Vulgär versteht man unter Jupiter einfach «Glück»und «Erfolg haben» (vgl. S. 13-15). Bei aller zweifellosen Be-günstigung analog den Aspekten fragen wir aber besser nach demSinn, aus dem sich das Erfolgsstreben regelt und nach der indi-viduellen Glücksfähigkeit. Auf gewisser Stufe sucht jemand sei-nen Sinn darin, sich materiell «etwas Gutes anzutun», aber imäußeren Glück sich unglücklich fühlen ist garnicht so selten: kei-neswegs ein Erreichen optimaler Werte! Das Angestrebte undErwartete des Menschen, eingekleidet in die Bedingungen derAusdrucksebene (je nach Zeichen), läßt oft unbefriedigt, weilalles Leben über sich hinaus weist. Damit erheben sich dunkelgeahnte Forderungen, in denen das Jupiterhafte als etwas derFassungskraft Überlegenes, dennoch Glaubensgewisses und Er-strebenswürdiges steckt. Die Erfolgsziele, die konkreten Glücks-erwartungen entsprechen jedenfalls der Reife und Entwicklungs-höhe (Aussagegrenze), während aus dem Feld der Jupiterstellungerschlossen wird, in welcher Richtung die förderlichen undfruchtbaren Möglichkeiten liegen, auch Vollendung über den ge-steigerten Selbsterhaltungstrieb hinaus.

Wenn wir im folgenden etwas ausführlicher eine Reihe ge-schichtlicher Beispiele heranziehen, so soll freilich nicht an der«berühmten Persönlichkeit» das «Glück des kleinen Mannes»

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gemessen werden. Wir dürfen sie eben nur als Beispiel nehmen,nicht aus den Ergebnissen die Fähigkeiten des Einzelnen über-spannen oder seine Erwartungen auf falsche Fährte lenken. Wasdas Optimum eines Menschen inhaltlich ist, gilt es in Anpassungan seine Stufe jeweils erst konkret zu ermitteln. Doch verschie-dengradigste Auswirkungen des Jupiterhaften haben gleicheGrundzüge, die an solchen Beispielen studiert werden können.Jeder strebt zu seinem Bestmöglichen und will seine Gabenfruchtbar machen, Produktivität und Reife gelten für jeden aufseinem Platz und sie an falscher Stelle zu suchen, kann für jedenverhängnisvoll werden. Gerade die Bescheidung in diesem meist-fordernden Prinzip der Fülle, die weise Selbsteinschätzung, er-schließt Glücksmöglichkeiten, welche dem entgehen, der seinnatürliches Maß überfordert. Gelegentlich enthüllen sich Selbst-täuschungen, die anderswo gelagerten Konflikten entspringen,jedoch infolge des projektiven und kompensatorischen Cha-rakters von Jupiter in dessen Ausdruck und Richtung eingehen:Scheinzielen nachjagender Erobererdrang, Erfolgsuchen in allzukompromißhaften Bedingungen, Flucht in einen Lebensersatz.Bei der ganzheitlich ausgerichteten, zusammenfassenden Be-deutung von Jupiter kann am wenigsten von Aspekten und Zei-chen abgesehen werden; im Feld erfassen wir nur das Gebiet, inwelchem die Produktivkräfte entspringen und auf dem glücklicheSelbstvollendung erreichbar ist.

Steht Jupiter im 1. Feld, so kommt es gesteigert darauf an, seinPersönlichstes auszuwerten und zur Vollendung zu bringen. Imeigenen Zeichen SCHÜTZE, um hier der Zeichenbedeutung vorzu-greifen, hat dies eine stolze, erobernd-projektive Tendenz, soverschiedene Persönlichkeiten formend wie Sven Hedin, Ost-wald, Toulouse-Lautrec, Hermann Hesse, Paganini, im anderenZeichen FISCHE den bescheidenen Träumer Henri Rousseau. Imnervös-intellektuellen und sprunghaft-wendigen GegenzeichenZWILLINGE treffen wir Jupiter bei E. T. A. Hoffmann und demgleichaltrigen Görres, Christian Morgenstern, Kronprinz Rudolfvon Habsburg. Das andere Gegenzeichen JUNGFRAU legt einenarzißtisch-selbstbeschränkende Form nahe. Dies kann im vollenEinsatz für eine mit der Person identifizierte Sache fruchtbar

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werden, wie beim Grafen Zeppelin, der Wert der Eigenpersonkann auch im legitimen Stand seine höhere Rechtfertigung fin-den, wie bei Kaiser Maximilian I, die Durchführung ist meist anein Lavieren in wechselnden Bedingungen geknüpft. Die Gefahrder Selbstvergottung führt uns Kaiserin Elisabeth von Österreichvor Augen, bei welcher das tragische Eingesperrtsein eines Über-anspruchs unterstrichen wird durch Stellung sämtlicher Planetenunter dem Horizont mit Ausnahme des dissonanten Pluto im 8.Feld.16 Durchsetzungskräftiger war das Produktive bei anderenFrauen, Ricarda Huch mit Jupiter in SKORPION, Madame Curiemit Jupiter in WASSERMANN. Im letzteren Zeichen, worin wirJupiter in 1 auch bei Michelangelo finden, manifestiert sich dasBestmögliche aus der zum Leitziel gewordenen höherwertigenIdee, dem durch sie erlangten Abstand zu persönlichen Miserenund Schwächen. Beachtlich für führende Qualitäten im Sachli-chen wie im Gedanklichen ist die Jupiterstellung in den kardina-len Zeichen STEINBOCK, etwa bei Swedenborg und Heidegger, inWIDDER beim Grafen Hermann Keyserling und JohannesBrahms; beim Philosophen liegt die optimale Stärke dem 1. Feldgemäß mehr in der philosophierenden Persönlichkeit als im Sy-stemvollender.

Wir erweitern die Grundausrichtung nach den vier Eckpunkten,indem wir hier ein allgemeines Deutungsproblem einschaltendbehandeln, den Orbis der Feldspitzen (über Orbis vgl. Bd. II, S.325), der beim Aszendenten 8 bis 10 Grad beträgt. Bei Heinrichv. Kleist17 finden wir nämlich Jupiter in LÖWE im 12. Feld, doch4 Grad vor dem Aszendenten. In einem solchen Fall, abgesehenvon der bereits spürbaren physiognomischen Prägung, gelten dieProduktionsbedingungen des 12. Feldes, wobei sich aber ein ganzpersönliches Motiv herausschält. Die Stellung von Jupiter in 12

16 Geb. 24. Dezember 1837, 10 h 3o m p. m. Possenhofen bei München. Bei JUNGFRAU

ist eine gewisse Veranlagung zum Narzißmus eher da, als seelische Faktoren zu seinerHerausbildung auftreten. Natürlich «macht» das Zeichen nicht den Narzißmus, seine auto-matische Selbstbewahrungstendenz enthält nur eine erhöhte Neigung dazu. Ferner sind dieMerkurzeichen diejenigen, die sich am meisten der physiognomischen Prägung durch Ju-piter in bezug auf Leibesfülle widersetzen; Vgl. Bd. I, S. 110/11.

17 Daten Bd. I, Anhang.

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hat Kleist mit vielen gemeinsam. Sehen wir ab vom Zeichen, soliegt das Gemeinsame im Heranreifen der Werke sozusagen inKlausur, oft unter einschränkenden Bedingungen aus kollektivenEreignissen, im Streit mit der öffentlichen Meinung, in gesund-heitlich bedingter oder freiwillig gewählter Abgeschiedenheit.Den gesundheitlichen Aspekt veranschaulicht lebensgeschicht-lich Selma Lagerlöf mit Jupiter in ZWILLINGE, während bei ErnstJünger die Stellung in ZWILLINGE mehr zeitgeschichtliche Ver-wicklungen betrifft. Teils aus diesen, teils aus anderen Motivenundurchsichtig war das Leben und Schaffen von Francis Bacon,dem Liebhaber des Kryptogramms, den viele für den eigentlichenUrheber der unter dem Namen Shakespeare gehenden Stückehalten, mit Jupiter in WIDDER. Das Verwindenmüssen versagterAnerkennung an der Offentlichkeit wurde wiederum bestimmendfür Cézanne mit Jupiter in WAAGE, im selben Zeichen und Feldfinden wir ihn bei Champollion, ferner in LÖWE bei AntonBruckner. Gemischte Motive für ein aufgesuchtes Refugiumgelten bei Teilhard de Chardin mit Jupiter in STIER, bei Hamsunund Feininger in KREBS, Wilhelm Busch in FISCHE, Andersen inSCHÜTZE. Sie alle waren irgendwie Abseitige, die genormtenMeinungen ihrer Epoche überholend, und gerade das «Anonym-werden» im Durchstehenmüssen innerer Konflikte kann weittra-gend werden für die Entwicklung überpersönlichen Formats.Zurückbleiben hinter dem Durchschnitt und kompensatorischeZiele treten bei dieser Aufzählung naturgemäß weniger in Er-scheinung, als wenn wir die namenlosen «nicht Durchgekomme-nen» untersuchen würden. Eine unbewältigte, Entschädigung su-chende Konfliktspannung können wir bei Ludwig XIV. in Rech-nung stellen; heimliche Bedrohungen und Gefahren auf demWege zur Macht kehrten sich, mit deren Innehaben, in Maßlosig-keiten des Expansionstriebes um. Wir finden bei ihm Jupiter inSKORPION dissonant zu Mond-Venus einerseits, Saturn anderseitsund diese in Opposition. Der öffentliche Rang schützt nicht vornagenden Rechtskonflikten im Hintergrund, so auch bei MariaTheresia18 mit Jupiter in KREBS, nahebei Mond in Opposition mit

18 Geb. 13. Mai 1717, vor 8 h a. m. Wien.

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Mars, ihrer sonst überwiegender STIER-Betonung besondersfeindlich. Die Regentin kam in Kollision mit der Mutter, wie ihrVerhältnis zu Josef II.19 und seinen Reformplänen im Strom derAufklärung zeigt, dem Bewunderer ihres Feindes Friedrich II.von Preußen.

Bei Kleist drängten solche verborgenen Spannungen zum per-sönlichen Durchbruch. Seine schöpferische Entfaltung war einunruhevolles Ausbrechen aus dem sozialen Stand, hineingezogenin Zeitgeschehen und Kompensationen einer abnormen Trieban-lage, gesundheitlich gefährdet, auch in der öffentlichen Beurtei-lung durchaus dem 12. Feld entsprechend. Dennoch bot dasAszendentenzeichen LÖWE genügend vitale Reserven, der dar-aufhin orientierte Jupiter stärkte dessen Schautrieb. Aus derRückbeziehung von Jupiter zum Sonnenstand in WAAGE schöpfteer sein Grundmotiv: das unmittelbare Recht der lebenden Personim Widerspruch zu übergreifenden Rechtsnormen. Was im «Mi-chael Kohlhass» tragischer Zusammenstoß blieb, im «Zerbroche-nen Krug» ein burleskes Spiel mit den Sünden des alten Adamveranstaltete, fand zur versöhnlichen Reifelösung im «Prinz vonHomburg».

Im Feld der Öffentlichkeit, dem 10., wird das Gerechtig-keitsmotiv gelegentlich zum blutigen Ernst. Dies verkörpert sichin Robespierre20 mit Jupiter in seinem eigenen, am oberen Meri-dian die Entscheidungen zuspitzenden Zeichen SCHÜTZE. Aller-dings müssen wir bei so abnormen Persönlichkeiten die ganzeKonstellation in Betracht ziehen. Wir sehen Jupiter hier als ein-zigen außer Pluto, der mit ihm in Konjunktion steht, über demHorizont, unterhalb des Deszendenten befindet sich Mars mitNeptun in Quadratur zur Sonne, jene beiden in LÖWE, diese inSTIER: untergründig verankerte, utopisch eingenebelte Gewalt-tendenzen erhielten demnach ihr Stichwort durch optimale Tu-gendforderungen der Repräsentativperson. Wie Entscheidungenüber Gewaltanwendung ganz anders fallen können, zeigt Ferdi-nand Hodler mit kulminierendem Jupiter in SCHÜTZE, bei sonst

19 Geb. 13. März 1741, «zwei Stunden nach Mitternacht», Wien.20 Geb. 6. Mai 1758, 2 h a. m. Arras.

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fast ausschließlich auf den I. Quadranten beschränkten Gestirn-ständen; er fand im Wandbild eine monumentale Überhöhungseiner Eigenperson. Auch im intellektuellen GegenzeichenZWILLINGE, normalerweise meist in kaufmännische Vernützli-chung gehend, kann das Werk repräsentativ werden für einenWeltstandpunkt; so bei Balzac (Jupiter-ZWILLINGE in Konjunkti-on mit Sonne in STIER), der in vielgestaltigen literarischen Fa-cettenschnitten eine «comédie humanine» zu schaffen suchte.Kennzeichnend für eine so hervorgehobene Jupiterstellung iststets das öffentlichkeitsbezogene Streben, auf welchem Gebietund in welchem Bezug zur übrigen Konstellation es auch sei.Nach vulgären Regeln ist es das vielbegehrte Erfolgszeichen.Tatsächlich finden wir Jupiter dort selbst beim Struwelpeter-Hofmann in WIDDER, ferner bei Rodin, Mataré und Gründgens inSKORPION, bei Haydn, Gerhart Hauptmann, Hemingway inWAAGE, bei Henri Matisse und Zille in STIER, bei Victor Hugo inJUNGFRAU, bei Courbet und Harald Kreutzberg in WASSERMANN.Beim wesensmäßig Frühvollendeten scheint die Reife sich vor-zuverlegen, Beispiele sind J. M. Guyau mit Jupiter inSTEINBOCK, vor allem Franz Schubert mit solchem in FISCHE.Unter diesem anderen Jupiterzeichen der leidenden Form kannder Erfolg bei «schönsten Aspekten» mehr ein ideeller und nach-träglicher sein, denken wir an Johannes Kepler21: sein auf univer-selle Zusammenhänge gerichteter Geist setzte ihn Verfolgungenaus und vermochte dem Körper nicht einmal ein auffindbaresGrab zu sichern. Bei allem spricht Zeitlage und gesellschaftlicherZustand mit, als deren Exponent der Mensch sein Bestes hergibt.Unter günstigen Bedingungen dieser Art kann ein fragwürdigerWeg zur Macht in einen friedlich ausgeglichenen Reifestil mün-den; Beispiel ist Kaiser Augustus mit Jupiter in KREBS, trotz derzum Mond dissonanten Saturn-Mars-Konjunktion im 8. Feld.Queen Victoria endlich mit kulminierendem Jupiter in WASSER-MANN war schon durch Geburt und Umstände der Repräsentanteiner luxurierenden Reifezeit.

21 Geb. 27. Dezember 1571 (6. Januar 1572) 2 h 3o m p. m. Weil der Stadt.

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Demgegenüber ist am unteren Meridian das schöpferische Aus-reifen aus der Tiefenperson zu suchen. Hier kann das Jupiterzei-chen der leidenden Form, FISCHE, vernommene Stimmen ausdem Wesens-Untergrund zur abklärenden Vernunft bringen; indiesem Sinne darf die Jupiterstellung bei Goethe, E. A. Poe22,Nietzsche, Paul Klee eingewertet werden, auch bei AbrahamLincoln. Sinngemäß greifen wir wieder der ergänzenden Kombi-nation vor, wenn wir in der Opposition zu Komponenten im Ge-genzeichen JUNGFRAU bei Goethe (Venusstand) ein ästhetisches,bei Nietzsche (Marsstand) ein kämpferisches Motiv mitwirkendbei der Reife, und zwar im Herausstellen der allen Menschen ge-meinsamen Grundantriebe und ihrer Kompensationen erblicken.Eine Jupiter-Mars-Opposition finden wir ebenfalls bei SigmundFreud, nur ist die Geburtsstunde nicht gesichert genug um be-haupten zu können, Jupiter in FISCHE gälte hier auf das 4. oder 5.Feld bezogen. Im Jupiterzeichen der tätigen Form, SCHÜTZE,wird der Mensch durch seine Reifebedingungen in innere Ent-scheidungen versetzt, als markantes Beispiel ist Kopernikus23 zunennen, der die Veröffentlichung seiner umwälzenden Sicht desSonnensystems hinauszögerte, so daß das Werk erst, als Koper-nikus auf dem Totenbett lag, im Druck erschien. Der Bezug des4. Feldes zum irdischen Schauplatz kann global verstanden wer-den wie bei Cuvier mit seiner Katastrophentheorie, oder lokalwie bei Lorenzo de Medici, der die politischen Verhältnisse sei-ner Vaterstadt umgestaltete; Cuvier und Lorenzo de Medici hat-ten Jupiter im 4. Feld in SKORPION. Für den menschlichenDurchschnitt gilt das Glück der Zurückgezogenheit im eigenenHeim (was auch Wunschbild oder kurzes Zwischenspiel bleibenkann wie bei Nietzsche und E. A. Poe), seine Verwirklichungbedeutet dem produktiven Menschen lediglich das angemesseneKlima seines Reifestils. So sehen wir Jupiter in STIER bei JeanPaul, Robert Schumann, Leopardi, William Turner, Kainz, inJUNGFRAU bei Verdi, Liebig, Marconi, in STEINBOCK bei AlfredKubin. Schließlich finden wir ihn im prachtbedürftigeren Zei-

22 Geb. 19. Januar 1809, 2 h a. m. Boston.23 Geb. 19. Februar 1473, 5 h 4 m p. m. Thorn.

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chen LÖWE bei Richard Wagner, wo wieder die Opposition zuMars in WASSERMANN ein kämpferisches Motiv andeutet: Span-nung zwischen dramatisiertem Trieb-Untergrund einerseits, sa-kralgeistigen Tendenzen der beabsichtigten öffentlichen Wirkunganderseits.

Selten finden wir Jupiter bei berühmten Männern am Deszen-denten bzw. auf das 7. Feld bezogen, wo er nach vulgären Regelneine glückliche Ehe verspräche. Wer an solchen Auslegungenhängt, wird erstaunt sein, Jupiter genau dort bei dem als Hage-stolz bekannten Grillparzer, dem als Frauenhasser verschrieenenStrindberg anzutreffen. Der Unterschied liegt darin, daß dieserdie Ehe dreimal versuchte, jener sie vermied, trotz vorhandenerund angeschwärmter Person seiner Wahl. Die Eheflucht Grillpar-zers begründet sich konstellativ im Absonderungszwang des Ich,ausgedrückt durch Saturn am Aszendenten in WIDDER, währendder opponierende Jupiter in WAAGE im Du die Ergänzung ver-hieß. Daß aus dieser Gegensatzspannung, trotz vorgefächeltemGlück, keine Synthese gelang, mochte ein Kunstgriff zur Erhal-tung der eigenen Integrität sein; es war aber ein Pyrrhussieg, in-sofern vermutlich das Versiegen der Produktivität in der zweitenLebenshälfte damit zusammenhängt. Bei Strindberg steht Jupiterin LÖWE als einziger auf der Westhälfte der übrigen, stark auf dieEigenperson bezogenen Konstellation gegenüber, das Trigon vonUranus in WIDDER steigert das Suchen nach dem Außergewöhn-lichen, nur eine schwache Opposition von Merkur begründet dienervenmäßige Gereiztheit. (Ausführliche Besprechung S. 436 ff.)Hierhergehörig ist nur die Bedeutung von Jupiter im 7. Feld alsSammelpunkt projektiver Erwartungen vom Partner, die geradebei eingezwängter Ichhaftigkeit über jede real mögliche Erfül-lung hinausgreifen. Dann wird analog WAAGE ein Idol harmoni-scher Vollkommenheit, analog LÖWE ein solches vitalerTriebgesundheit angebetet, ohne jedoch den wirklichen Partnerin seinem Anderssein zu akzeptieren. Ein solches Traumschiffkommt nicht in Fahrt oder geht in die Brüche. Man muß Hinein-gesehenes am Tatsächlichen korrigieren und im Zusammenlebenein optimales Genüge finden; der menschliche Durchschnitt ge-langt gemeinhin leichter zu solchem lebensfähigen Kompromiß.

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Zumal im weiblichen Fall zeigt eine solche Stellung off die Fä-higkeit, mit Optimismus und Güte aus dem Gegebenen das Bestezu machen und so zum Glückshaushalt der Welt beizutragen.

Auch die Jupiterstellung im 11. Feld wird häufig als Er-folgszeichen angeführt. Wir blicken hier aber nicht so sehr aufdas «ob» des Erfolges, wobei vieles zusammenkommen muß,sondern bedenken bei den Feldern immer, daß sie das Gebiet be-zeichnen, auf welchem der Mensch wert- und sinnhaft angespro-chen wird. Führt dies zu weittragenden Ergebnissen, so ist damitdie Erfolgsrichtung benannt. Gerade dort aber kann aus Gründendes verfehlten Optimums ein Mißerfolg liegen, wie eben anGrillparzer und Strindberg gezeigt. Um einige markante Bei-spiele aus den Zwischenfeldern zu bringen, haben wir gemäßdem 11. Feld als produktions- und erfolgstützend die Einstellungauf den Zeitgeist, dort finden wir Jupiter bei Kant, Marx,Driesch, Shaw, Picasso, im unproduktiven Fall allerdings ledig-lich «Erfolge durch Beziehungen». Anders dem 9. Feld gemäßdie Ausrichtung auf Forschungsziele bei Tycho Brahe, Nansen,Einstein, Schleich, politische Expansion bei Karl d. Gr., demgroßen Kurfürsten, Friedrich d. Gr., Mazarin, F. D. Roosevelt,auch mit religiösen Voraussetzungen verbunden wie bei PhilippII. v. Spanien, ganz auf diese gerichtet bei Theresia von Konners-reuth, im Falle des Dichters mit Anschluß an Kollektivbewe-gungen wie bei Bert Brecht oder Ahnungen «letzter Dinge» beiShelley, Mombert, Cocteau. So verschiedenartig Ausprägung undZeitgewand, wirkte bei jedem richtungweisend ein «Über-Ich»mit, das dann im 11. Feld von einer allgemein verpflichteten an-thropophilen Einstellung aufgesogen wird. Freilich sind dies erstmit intimerer Menschenbeobachtung auswertbare Unterschei-dungen, zumal, wie etwa bei Nansen, beide Felder durch Plane-ten betont sein können.

Als Symbol der Vollendung durchformt Jupiter ferner diemenschliche Vielschichtigkeit, das Optimum kann praktisch anmehreren Entsprechungen eines Feldes teilhaben. Nehmen wirJupiter im 5. Feld: bei Verlaine ist schwer zu entscheiden, ob seinOptimum mehr im Liebesleben lag, wie eindeutig bei MariaStuart und Marie Antoinette, oder in der Sublimierung zur Kunst-

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form, wie wir es behaupten dürfen von Stefan George, TheodorStorm, François Millet, Franz Marc, William Blake; eines be-dingt jedenfalls das andere, und selbst Tolstois asketische Pre-digten sind nur von dem in Zügel gehaltenen Trieb-Untergrundher zu verstehen. Ebenso können wir bei Herder das Verhältniszur Dichtung und zum spekulativen Denken nicht voneinandertrennen, oder bei Schelling vom Philosophen den künstlerischenEinschlag abstreichen. Produktivität wird in diesem 5. Feld aus-gelöst durch Dinge, die man liebt, und vollendet durch be-sonnenen Spieltrieb.

Wieder ist es besonders instruktiv, den Gegensatz des 2. unddes 8. Feldes an der Jupiterstellung zu beleuchten. Eine Sinnvoll-endung analog dem 2. Feld kommt durchschnittlichen Erwartun-gen entgegen: Aufbau einer gesunden Physis, Anreichern mitpersönlichem Eigentum, verwirklicht in Relation zu den Aspek-ten. Dies braucht nicht materiell zu liegen und solche Dimensio-nen anzunehmen wie bei Hugo Stinnes mit Jupiter in STIER.Auch JUNGFRAU ist ein «erdhaftes» Zeichen und kann, nebennicht zu leugnendem Erwerbssinn, die Aneignung des Hand-werklichen in seinem Metier betregen wie bei Dürer, Petrarca,Zuckmayer, mit STEINBOCK kann sich das Optimum auf denStaatshaushalt verlegen wie bei Friedrich Wilhelm I. von Preu-ßen. Immerhin wird bei Erdzeichen gemeinhin auf das Materiellemehr Wert gelegt als bei Luftzeichen, wo es um eine auf geisti-ges Eigentum gestützte Produktion geht, so bei Mozart mit Jupi-ter in WAAGE, Gottfried Keller in WASSERMANN.

Gleichsinniges Streben in Angelegenheiten des 8. Feldes über-tragen ergäbe lediglich Bereicherung am Gemeinbesitz. Tatsäch-lich treffen wir oft arbeitsloses Einkommen durch Erbschaft,Stiftungen und dergleichen an; in Fällen gänzlicher Sinnverkeh-rung sogar Gewinne durch Zersetzungserscheinungen im Volks-körper. Die Bequemlichkeitstendenz des «unentwickelten»Jupiter widerspricht beim Durchschnitt dem Eigentlichen diesesFeldes, das Verzichte verlangt, Opfer von Persönlichem für Ge-meinwertiges. Der Schöpferische hingegen ist den Lebens-hintergründen angeschlossen und stellt sein Persönliches daraufein. So gelangte C. G. Jung mit Jupiter in WAAGE zum Auf-

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schließen metaphysischer Ursymbole, während bei George Sandmit derselben Stellung das Optimum mehr empfindungsmäßig indiese Region hineinragte. Im Gegenzeichen WIDDER haben wirbei Baudelaire ein stürmisches Anpochen an die Pforte zur «an-deren Seite», bei Weininger die negative Gipfelung im Selbst-mord, bei Röntgen den entdeckerischen Vorstoß hinter dienormale Erscheinungswelt. Mathematisch an die Grenze des ex-akt Feststellbaren hinzuführen, war eine der optimalen Leistun-gen Heisenbergs mit Jupiter in STEINBOCK. Lag bei ihm das Zielin der rationalen Symbolik einer Weltformel, so griff Leibnizvom Gegenzeichen KREBS das Problem der «besten aller Wel-ten» auf, kam Chr. v. Ehrenfels zu einer Weltschau von der Ge-staltqualität her. Immer geht es dabei um transzendentaleEmpfindungsbereiche, metaphysische Theorien, rational schwererklärliche Wirkungen, Aufheben der Substanzdichte. Von No-valis, mit Jupiter in WASSERMANN, darf man sagen, daß sein in-tuitiver Wissensschatz den rational erworbenen weit überstieg;Ausdruck der Saturnopposition mit Venus als harmonisierendemPunkt war, daß er es nach dem Tode seiner Verlobten für Got-tespflicht hielt, «ihr nachzusterben». Daumier, mit gleichem Ju-piterstand in WASSERMANN, zeigte eine andere Entsprechung, daskünstlerische Angeregtsein durch Vorgänge in der Gruppenseele.In den Merkurzeichen geht es mehr um praktische Auswertungder Hintergründe. Was bei Baudelaire ein Stimulans war, dasExperimentieren mit Giften am eigenen Leibe, führte Hahne-mann mit Jupiter in JUNGFRAU zur Begründung der Homöopathiedurch methodische Selbsterprobung. Unter ZWILLINGE schließ-lich sehen wir bei Edison eine erfinderische Produktivität auf Be-friedigung kollektiver Bedürfnisse eingestellt, Richelieu diekollektiven Verwicklungen seiner Zeit diplomatisch ausnützen,Dickens den soziologisch-psychologischen Zustand der seinigenin Romanform fassen. Man braucht nicht an den gewaltsamenTod des letzten Zaren Nikolaus II., Mussolinis, J. F. Kennedysoder des ungarischen Freiheitsdichters Petöfi zu erinnern, um zusehen, daß der Mensch mit Jupiter in diesem Felde in seinem Be-sten nicht sich selber gehört, sondern in den Lebenshintergrundseiner Zeit hineingeflochten ist.

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Die komplexe Bedeutung von Jupiter im Meßbild nötigte uns,mehr als sonst Voranleihen in der Kombination zu machen, umseine Rolle zu veranschaulichen. Die Ausschöpfung des Feldes,in dem er steht, hängt davon ab, wie weit der betreffende Menschdieses Gebiet als Sinngefüge begreift und dort sein Bestmögli-ches zu erreichen sucht. Keine noch so «günstige» Jupiterstellungaber schafft das Niveau der optimalen Leistungen, vielmehr wirdin den aufgegriffenen und verwirklichten Möglichkeiten nur dievorhandene Entwicklungshöhe zum Vorschein gebracht. Die«Gunst der Konstellation», vorzugsweise der Aspekte, trägt dannzur Ausreifung des Gegebenen bei.

Ein Gradmesser der Entwicklungshöhe ist die Erwartung von Glück undErfolg, deren Ziele zu erfragen im praktischen Fall die Entsprechungenrichtig einsetzen läßt, nicht nur für Jupiter. Zu beachten ist jedoch, daß sol-che Erwartungen auch am wesensmäßig Richtigen vorbeigreifen oder abge-spalten vom Gesamt-Zuträglichen ihr Sonderleben führen können. Hierzurechnet der Einfluß einer selbstentfremdenden Konvention, der Rückschlagunerfüllter Wünsche sowie für das Versagte, vielleicht Verdrängte nichtausreichend gefundener Kompensation. Derartige unechte Lebensziele wirdman bei einiger Übung rasch erkennen. In diesen Fällen will die Deutungden unbewußten Sinn des individuellen Daseins aufschließen, aus bisherGewordenem das künftig Mögliche entwickelnd. Darum trifft man bei Ju-piter am wenigsten aus seiner Stellung allein den lebensförderlichen Ton.Diese Wesenskraft, die mehr als andere zur Beratung anleitet, verlangt eineGesamtkombination, erst aus dieser Sicht kann das mit dem Feld bezeich-nete Endziel der Vervollkommnung ausgewertet werden.

Die Grundrichtungen der Kräfte im normalen IchsystemZusammenfassung

Auch der fortgeschrittenen Deutungskunst ist es zweck-dienlich, sich zusammenfassend noch einmal die Aussagen ausdem engeren Bezugssystem der Kräfte zu vergegenwärtigen, be-vor man zum weiteren Bezugssystem (vgl. Bd. I, S. 60) übergeht.Bei Untersuchung eines Meßbildes notiert man sich am besten

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stichwortartig, was aus den bisher behandelten Komponentenüber die Interessenrichtungen des Charakters gesagt werdenkann. Dies betrifft den Menschen im Rahmen seines normalenAufbaues, seine Antriebe, Erwartungen, Rückversicherungen inder empirischen Wirklichkeit. Von der darin erreichten Ent-wicklung hängt es ab, wie sich seine Beziehungen zum Außer-normalen gestalten.

Ganzheitlich und existentiell bestimmend sind die drei Berei-che:

Willensbereich�

Gemütsbereich�

Schicksalsbereich�

Ist die Ausrichtung dieser meist auseinanderfallenden Bereicheermittelt, so untersucht man die Kräftepaare, denen die differen-zierte Selbstbestimmung obliegt. Demnach bestimmt sich derMensch:

aktuell durch seine Tätigkeit = �,

sensuell, ästhetisch, erotisch aus der Empfindung = �,

intellektuell, methodisch durch Herausfinden des Nützlichenund Praktikablen vermöge seiner Intelligenz = �,

ethisch-produktiv durch Beurteilung von gut oder schlecht inBeziehung zu Person, Lebenslage und übergeordnetenWerten = �.

Auf diese Weise gelangt man zum Überblick über die interes-senmäßige Verankerung in der realen Welt, die gewöhnlichenHandhaben der Ichverwirklichung. Darüber hinaus gibt es aufdas Außernormale bezogene Kräfte, für deren Einschaltung dasbereits Verwirklichte Instrumental bedeutsam ist. Hier wird dieKenntnis der Organisations- und Entwicklungshöhe grundlegendwichtig.

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Beziehungen zum Außernormalen

Viele Astrologiebeflissene hegen eine närrische Vorliebe fürdie transsaturnischen Planeten. Sie wollen aus deren Stellung so-fort interessante Aussagen herausholen, bevor die Reihe bis Sa-turn methodisch erfaßt wurde. Man kann die analogenWesenskräfte jedoch erst dann richtig einschätzen, wenn dieKräfte des normalen Aufbaues begriffen und in ihrem Zusam-menspiel beurteilt sind. Dies liegt an der Abseitigkeit hierherge-höriger Erscheinungen. In Fällen extremen Hervortretens derTranssaturnier läßt sich aus dem Meßbild allein nicht sagen, abdie Äußerung ins Geniale oder Pathologische geht, ob gesteigerteoder gestörte Begabungen vorliegen. Hierfür müssen gewisseAnhaltspunkte aus dem Leben, über Elternerbe, Umweltseinflußund vor allem den selbstbestimmenden Faktor vorgegeben sein:Daten jenseits der Aussagegrenzen. Kombinatorisch kommen dieOktavenbeziehungen zur Geltung (vgl. Bd. I, S. 60 u. 83), waseine Untersuchung der Rolle von Merkur, Venus und Mars vor-aussetzt. Die Stellung im Tierkreis betreffend gelten infolge derlangsamen Umläufe der transsaturnischen Planeten (Uranus 84Jahre, Neptun rund 165 Jahre, Pluto rund 249 Jahre) andere Ge-sichtspunkte als sonst, mehrere Jahrgänge können auch Aspekt-stellungen gemeinsam haben, worin sich Generationsproblemeandeuten, individuell bedeutsam sind lediglich Aspekte zu denrascher laufenden Planeten. Das Hauptgewicht der Deutung liegtin der Stellung im Felderkreis. Dies gilt jedoch mit einem Vorbe-halt.

Im Zusammenklang der gesamten Wesenskräfte haben wir, jenach Aspekten ineinandergreifend, Aktion und Reaktion aufumweltliche Tatsachen. Bei den Kräften des weiteren Bezugssy-stems ist die Gegenständlichkeit weniger bindend als bei denendes engeren Bezugssystems. Zwar drückt das Feld dieselbe Inter-essenrichtung aus, doch geht es mehr darum, in außernormalenLagen sich zurechtzufinden, mit Unerwartetem fertig zu werden,paradoxe Lösungen durchzusetzen oder die Grenzen der Empiriezu überschreiten. In gesunden Normalverrichtungen sind dieKräfte schwer unterzubringen, sie bedürfen zumindest der Kon-

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trolle. Ihre Zwielichtigkeit tendiert zum Außergewöhnlichen, zurEröffnung neuer Serien des Erlebens und der Leistung, sie kön-nen aber auch in Perversionen, Süchtigkeiten oder sonstige Irr-wege treiben. Es hängt von der instrumentalen Beschaffenheitdes Menschen, der erreichten Entwichlungshöhe ab, wie sie indie Ichverwirklichung einschalten, ob sie, den normalen Aufbaudurchbrechend, Einfallstore höherer Möglichkeiten bedeutenoder nur Verwirrung oder gar Auflösung bringen.

Diese Kräfte wollen weder überbewertet, noch als solche vonuntergeordneter Bedeutung betrachtet sein. Es sind:

1. der alogische Geistessprung, die irrationale Gewißheit vonEingebungen, vielfach aber lediglich eine Spur von Wahrheitenjenseits des logisch Erschließbaren vermittelnd = �

2. die außersinnliche Wahrnehmung, auch inspirative Phanta-sie, Imaginationsgabe, in der sich jedoch öfter hellfühlig Geahn-tes mit subjektiven Erwartungen mengt, weshalb vieles Illusionbleibt, wenn nicht wahnhaft sich auswächst = �,

3. die außermotivische Tat, worin eine überwertige, im Zu-sammenhang des normalen Lebens nicht verwertbare Energienach Auswegen sucht, deshalb zuweilen eine rücksichtslos amUnbekannten sich äußernde Gewalt und Betätigungssucht =

Man tut gut, diese Transsaturnier als «Grenzfall»-Planeten zubehandeln. Sie versinnbildlichen Wesenskräfte, die hinausdrän-gen über die Grenzen des Bekannten, von Saturn, dem Erfah-rungssymbol, in normative Regeln befaßt. Hierbei unterscheidenwir Grenzen, die man kennt und achtet, wobei diese Kräfte einenintuitiven Fund (Uranus), eine hypothetische Weiterung (Nep-tun), eine radikale Umwandlung (Pluto) auslösen können, sowieGrenzen, die man nicht kennt, sogar mißachtet, wobei sie in dieHybris treiben. Der erste Fall schließt ein, daß mit Anwendungder normalen Aufbaukräfte eine gewisse Vollständigkeit erreichtund eben dadurch das für weitere Sicht Unzulängliche erkanntwurde; hiermit wurde ein Durchstoß an bestimmter Stelle vorbe-reitet. Im Rückbezug auf die Normalwelt, der Erprobung darinund Bewährung, kann sich der Durchstoß als schöpferisch erwei-sen und die Grenzen des Bekannten entwicklungsmäßig nachvorwärts schieben. Der zweite Fall aber schließt eine Unvollstän-

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digkeit und Unstimmigkeit des Erworbenen ein, ja ein Verkennender Bedeutung von Grenzen überhaupt. Statt schöpferisch zuwirken, rufen dieselben Kräfte dann eine Art Inflation der Geisterund Gemüter hervor, sei es in sprunghaftem Sensationshunger,Überregbarkeit und Neuerungssucht, verschrobenem Eigensinn(Uranus), in phantastischem Überschwang, Berauschung, Selbst-betrug, Schwindel und Korruption (Neptun), oder in maskiertemUnfug, zügellosen Leidenschaften, unberechenbaren Gewalttaten(Pluto).

Das Umschwungbewirkende

�Außer dem logisch Erschließbaren und Begründbaren gibt es

irrationale Gewü3heiten, intuitive Geistesblitze, die rasche undstürmische, mehr oder minder umwälzende Entwicklungen aus-lösen können. Gerade in unberechenbarer Lage stoßen sie oft aufden springenden Punkt, von dem Problemlösungen ausgehen,deren Richtigkeit sich erst später beweist. Solche Schaltungengreifen dem Ereignis vor, die Wege sprungsicher abkürzend undzukunftsgerichtet. Vor allem technische Lösungen, erfinderischeEinfälle erfassen mitunter blitzartig, worum sich zuvor der Ver-stand vergeblich bemühte. Ihr Durchstoßcharakter urnterscheidetdiese uranische Wesenskraft von der merkurischen, die uns inBedingungen der Normalwelt einspannt und Vorstellungen desKünftigen nur aus Vergangenem bilden läßt. Im engeren Bezugs-system schließen wir von Bekanntem, die verändernden Ursa-chen bedenkend, auf das Unbekannte. Hingegen der uranischeSprung landet akausal mit einem Vorwissen, das wir logisch erstauf Grund der eingetroffenen Tatsachen zu begründen vermögen.

Freilich können die Kanäle dieser Geistestätigkeit verstopft,zumindest verunreinigt sein, und das ist meist der Fall. Sie istnicht ausbildbar durch Übung wie der Verstand, sondern als un-

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mittelbare Einsicht und reines Anschauen abhängig vom geisti-gen Gesamtpotential. Es kommt dabei nicht auf Vielwissen, son-dern auf «zur Verfügung haben» an, in der instrumentalenBeschaffenheit des Menschen begründet sich das Entschlacktseinoder die Fehlerhaftigkeit seiner Eingebungen. Das begleitendeEvidenzerlebnis bleibt logisch unwiderleglich, kann sich aber ander eintreffenden Wirklichkeit als irrig erweisen. Daran, wie weitder Mensch durch Erfahrung (also Rückgriff auf das Saturnische)belehrbar ist oder nicht, scheidet sich die gesunde geistige Wei-terentwicklung vom krankhaft Abseitigen24. Wird dies Kriteriumnicht angenommen, so geht die Bildung intuitiver Überzeugun-gen unbeeinflußt von der Normalwirklichkeit weiter und produ-ziert schlechthin absurde, spleenige, querköpfige Anschauungen.Auch Blender und Bluffmethoden finden wir, Paradoxa um desRuffallens willen, zum Platzen gespannte Erregungszustände,unvermittelte Ausbrüche; besonders bei isolierter und körperbe-zogener Stellung von Uranus zuweilen fiebrige Anfälligkeit desNervensystems, vorschnelles, unüberlegtes Handeln.

Mit eigenbrödlerischer Note tritt Uranus am stärksten im I.Quadanten hervor, zumal am Aszendenten. Die persönlichen Re-gungen bekommen eine sprunghafte, unberechenbare Tendenz,der Mensch folgt absonderlichen Inspirationen, improvisierendund unabhängig in der Erwerbsweise (2), schubartig in den Ent-wicklungen, mit Bevorzugung einer Heuristik der Lernmethoden(3).

Unstetigkeit im Wesensgrund kennzeichnet Uranus im II. Qua-dranten, zumal am unteren Meridian. Ererbte Sondertendenzen,wie Erfindungsgabe, aber auch Skurrilität machen sich geltend,eine gewisse Abständigkeit vom herkömmlichen Milieu, zuwei-len ein Umbruch darin, oft auch abnorme Triebanlagen undebensolche Sublimierungen ( 5 ), ruckartige Bewältigung der Ar-

24 Die Ideen des Paranoikers sind unkorrigierbar durch Tatsachenerfahrungen, die ihn

eines anderen belehren müßten. Auch die autistische Haltung der Geisteskranken überhauptzeigt, daß nicht nur «uranische Abseitigkeit», sondern auch ein Erstarren der gesunden«Saturnfunktion» wesentliche Voraussetzungen der Krankheit bilden.

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beitsvorhaben, skizzenhafte Versuche wechselnd mit Überakti-vität in durchgebrochener Stoßrichtung (6).

Originalität der Partnerschaft wird bevorzugt mit Uranus imIII. Quadranten, zumal am Deszendenten; oft jedoch sind dieBindungen von wenig Dauer, ebenso rasch eingegangen wie ge-trennt. Beziehungen brauchen den Neuheitsreiz oder Überra-schungen, Plötzlichkeiten, die Gemeinsamkeit liegt in Ideen,welche aus dem Rahmen des Üblichen fallen, zuweilen von kri-senschwangerer Hintergründigkeit (8), die überbauenden An-schauungen sind irgendwie revolutionär oder zumindestrerformerisch, im Aktionsradius meist eine nestflüchtige, fernen-hungrige Tendenz (9).

Umstürzlerische Sozialeinstellung oder ausgesprochene Mo-dernität der Berufsform machen sich im IV. Quadranten geltend,zumal am oberen Meridian. Die Repräsentativperson ist unkon-ventionell, neigt zu anfallartiger Entladung gestauten Ehrgeizes,improvisierter Planung mit der Tendenz zur Sofortverwirkli-chung, der Umgang stützt sich auf das Zeitgemäße, Zukunfts-trächtige (11), gelegentlich auch Neubelebung von Urtümlichem,die von Kollektivvorgängen angeregte Entwicklung geht abson-derliche, überraschungsvolle Wege, oft Wendepunkte im Gehei-men (12).

Das Grenzüberschreitende

�Jenseits der auf die normale Empfindungswelt abgestimmten

sinnlichen Bedürfnisse gibt es solche, die keinen natürlichen Be-darf dieser Art decken und auf eine transzentdentale Welt bezo-gen gelten. Außersinnliche Wahrnehmung setzt jene instrumen-tale Einstellung voraus, die wir Medialität nennen, wenn Kon-trollmethoden unterworfen oft so hart am Rande der Täuschun-gen, daß viele sie bestreiten und alles derartige für leere

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Einbildung halten. Rationale Einwände hindern jedoch nichtnachweisliche Fälle von Hellsehen, während Spuk und Beses-senheit als objektiv Begründetes fragwürdiger sind. Etwas ande-res wiederum ist die Innenerfahrung echter Mystik sowie,bezogen auf Außenerfahrung, die hypothetische Schau, der auchdie Wissenschaft nicht entraten kann, wo sie vor undurchsichti-gen Zusammenhängen steht. Was bei solchen Grenzerlebnissenüberschritten wird, ist die Empirie als Quelle der Anschauungen.In dem zur Selbstverständigung des Sehers nötigen Rückbezugauf die Empirie liegen die Fehlerquellen, seine Bildprojektiongilt letzten Endes symbolisch deutbar. Auch der Bildgehalt echterVisionen muß entschlüsselt werden von den ihn durchmengendensubjektiven Vorstellungen. Das bewußte Ich ist darin den Mani-pulationen des Unbewußten ausgesetzt; wie im Traum könneninflative Tendenzen des Seelenlebens sich in diese Bilder hinein-spiegeln. Für sich genommen überraumzeitliche Partizipation,unterscheidet sich die neptunische Wesenskraft von der venus-haften darin, daß diese im Raumzeitlichen bleibt und sinnlich inErscheinung tretende Dinge betrifft. Demgemäß übersetzt sichder ästhetische Formsinn des engeren Bezugssystems, verankertim Sicht-, Hör- und Tastbaren, in eine paranormale Ästhetik, de-ren Formen und Bedeutungshintergrund für den, der kein Organdafür hat, inhaltsleer sind oder bestenfalls ihn rätselhaft anmuten.Im Lustprinzip beschränkt und auf das Geschlecht bezogen führtdas Venushafte zum sinnengebundenen Eros, in dem wir Natur-geschöpfe bleiben; vom transzendierenden Wesen des Menschenaus ergibt sich im person-überschreitenden Erleben ein Teilhabenam kosmogonischen Eros, der All-Liebe.

Insofern das Neptunische im Empfindungsbereich sich äußert,liegen seine Gefahren einerseits im geistigen Verhältnis dazu,wenn Trügerisches, Halluzinatorisches naiv für wahr genommenwird, anderseits in der Selbständigmachung als ein auf das Sinn-liche rückbezogenes Bedürfnis. Im ersten Fall wird es zur Quellenebuloser Vorstellungen, von den sanften Täuschungen des nor-malen Alltags an bis zum Wahn; Illusion kann Hilfsziel oderSelbstbetrug sein, je nach Verfestigung und Einbau in den Le-bensfortschritt. Im zweiten Fall verlockt das «entgleiste» Neptu-

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nische zu Genüssen berauschender, die Besinnung wegschwem-mender Art bis zur Süchtigkeit. Das Nachgeben hängt von derIntaktheit des engeren Bezugssystems ab, ein darin nicht er-reichter befriedigender Zusammenhang kann hybrische Ent-wicklungen mit persönlichkeitsauflösenden Folgen einleiten. Dasunkontrollierte Neptunische wirkt chaotisierend und setzt da an,wo persönliches Gleichgewicht ermangelt. So wird das überdi-mensionierte Harmonieverlangen, das beim echten Mystiker indie Unio Mystica strebt, zu entstellenden Mystifikationen einerSucht nach Ausweitung des Horizonts. Hierher gehören frag-würdige Erleuchtungen, welche die normale Fassungskraft über-schreiten oder sie in erotisierter und schwülstiger Form zu über-bieten trachten. Anderseits führt in der Kunst, was in Kontrolledes Formsinus gehalten die schöpferische Durchdringung ver-schiedener Ebenen des Seins ist, ohne werkgerechte Gestaltungzur kitschigen Phantastik, zum Illusionismus und zur halb erd-flüchtigen, halb verdorbenen Stimmungsmache. Die neptuni-schen Entgleisungen sind mit ihrer verfeinernden, luxurierendenEinsickerung in die Normalwelt oft schwer erkennbar, manchedavon Befallene weichen aus in utopische Glückseligkeitslehren.Im Sozialen entsprechen dem Massensuggestion, unterschwelligeGärung und Fäulnis, umlaufende Gerüchte, aber auch die un-wägbar ausgleichenden Pendelschläge kultureller Bedürfnisse,die Synchronisierung des Auftretens von Verwandtem auf ver-schiedenen Gebieten.

Eine Verrätselung der auf sich reflektierten Eigenperson, imprimitiven Falle auch Wundergläubigkeit, entspricht Neptun im I.Quadranten, zumal am Aszendenten. Oft finden wir hellfühligeBegabung, psychometrische Fähigkeiten, immer starke Phanta-sie, die es manchmal auch mit Dingen der Wirklichkeit nicht sogenau nimmt. Das Persönliche schält sich sozusagen aus einemTraumreich heraus und schaltet gern mit Versatzstücken einesstimmungsbeseelten Lebensstils; im Materiellen führt dies aller-dings leicht zu unsolider Basis, die nicht schwindelhaft zu seinbraucht, aber gewisse Unberechenbarkeiten enthält (2), die per-sönliche Entwicklung wird durch das Stimmungsmoment, das

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Ausgefallene einer Sache angeregt, zuweilen auch durch Grenz-erlebnisse, wenn sie nicht phantastischen Zielen nachjagt (3).

Eine Unbestimmbarkeit des Wesensgrundes kennzeichnet Nep-tun im II. Quadranten, zumal am unteren Meridian. Manchmal istschon die Herkunft unsicher, das Elternhaus barg Geheimnisseoder schwer durchschaubare Verflechtungen, oft sind die häusli-chen Verhältnisse ungeregelt, mit Auflösungstendenzen. Einesensible Note im Triebleben sowie abnorme Erwartungen führenhäufig zu Irrungen und Wirrungen des Wahlinstinkts, der Liebes-kontakt braucht zuweilen ein berauschendes Stimulans, das ersich aus der Phantasie holt (5), das Arbeitsinteresse, oft vielseitigin mehrere Richtungen gehend, neigt zur Beschäftigung mit Rät-selhaftem, die Grenzen exakten Wissens überschreitend, bedientsich inspirativer Techniken, Feingefühl (6).

Schwer auf eindeutige Nenner zu bringende Beziehungen,Kontaktempfindlichkeit ergeben sich bei Neptun im III. Qua-dranten, zumal am Deszendenten. Erwartet wird ein irgendwiebeschwingendes, die Phantasie anregendes Du oder es wird Ge-heimnisvolles in wirkliche Begegnungen hineingesehen, Sensibi-lität erträgt aber schwer ein dauerndes Zusammenleben, es seidenn ein Partner mit Fingerspitzengefühl, praktisch oft Desillu-sionierung. Die Basis einer Gemeinsamkeit ruht im Unausge-sprochenen, Atmosphärischen, anfällig für verderblichen Um-gang, aber auch zum Guten verführbar (8), gemeinverbindlicheZiele liegen im Stimmungshaften, zuweilen liebenswert, aberverschwommen und weltfremd, viele treibt Sehnsucht über allesBekannte hinaus ins Ungewisse (9).

Schwankende Sozialeinstellung infolge stimmungsmäßigerBeeindruckbarkeit macht sich im IV. Quadranten geltend, zumalam oberen Meridian. Inspiriertwerden durch Zeitprobleme, siezuweilen visionär deutend, auch im Mitgerissenwerden abge-schirmt gegen Roheiten und Exzesse, doch schwer mit Normal-forderungen zufrieden. Psychische Beteiligung überwiegt imBeruf oft den materiellen Nutzen, im Umgang tritt die Stim-mungsseite hervor, die manchmal das gesunde Urteil über-schwemmt, da das aus dem gewohnten Rahmen fallende bevor-zugt wird, die Anschauungen sind selten frei von utopischem

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Einschlag (11), Auseinandersetzung mit Zeitstimmung und Mas-senereignissen, viele ziehen sich von der Öffentlichkeit zurück,zuweilen Untertauchen in geheimen Bestrebungen, den offenenHorizonten der Gesamtentwicklung zutreibend (12).

Das Gestaltwandelnde

Soweit Erfahrungen über Pluto gegeben werden können, sind

sie mehr zum Studium als für definitive Aussagen geeignet, auchdie noch ungewisse Oktavenbeziehung zu Mars gilt mehr als hy-pothetischer Anhalt für Beobachtungen. Abgesehen von diesenEinschränkungen darf man Pluto als Umschlagspunkt überwerti-ger Energie betrachten, im normalen Leben nicht unterzubrin-gende Impulse, die oft umwegig einer neuartigen Verwirklichungzustreben. Dies wurde im allgemeinen Lebensprinzip der Meta-morphose begriffen, in bezug auf die 4 Eckpunkte bereits darge-stellt (Bd. I, S. 239 bis 242). Manche Autoren sehen etwas wieeine Gigantomachie in Pluto hinein, was mehr im verbrecheri-schen Extremfall zutrifft, im Rückgriff auf primitive Triebhaftig-keit. Es gibt aber auch sublimere Formen der Übersetzung vonLebensantrieben auf eine höhere Ebene. Bei allem geht es umeine Gesamtumlagerung von Mitteln und mobilen Kräften, denUmbau von Vernichtungsreifem in die Stützung neuen Werdens.Zuweilen auch Wiederaufgreifen eines schon abgelegten The-mas, um es aus gewandelter Auffassung neu zu gestalten.

Bei all solchen Angaben über die transsaturnischen Planeten ist immer zubedenken, daß es mehr Vorschläge zum Aufsuchen der konkreten Erschei-nung, als stets zutreffende Deutungen sein können. Bei Aussagen ist Ent-haltsamkeit geboten. In jedem Meßbild zwar finden sich diese Planeten vor.Nicht jeder Mensch aber kultiviert die Beziehung zum Außernormalen so,daß sie für seine Ichverwirklichung bedeutsam wird. Meist gehen Auswir-kungen der entsprechenden Wesenskräfte nur vom Rande her, im Eigentli-

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chen nicht bewußt gemacht, in die Verwirklichung ein. Dann sind dieselbenWesenskräfte zwar untergründig wirksam, treten jedoch häufig in entstellterForm vor das Bewußtsein, als interessante, abnorme, aus der Reihe tanzendeVorfälle. Die Bedingung zur Tauglichkeit des Instruments liegen jenseitsder Aussagegrenzen.

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Zweite Hauptübung der Kombination:PLANET UND ZEICHEN

Nunmehr sehen wir ab vom äußeren Blick- und Gestaltungs-raum des Menschen, vom gegenständlichen «Was» und «Wo-durch» seiner Ichverwirklichung, und fragen nach dem «Wie».Dies ermittelt sich durch eine weitere Kategorie der Abwand-lung, den Tierkreis, theoretisch behandelt im II. Bande. Kombi-nieren wir jetzt Planet und Zeichen, so filtrieren wir gleichsamdie betreffende Wesenskraft in einem Ausdrucksprinzip der ele-mentaren Lebensäußerung. Wie bereits früher gesagt (Bd. II, S.131), sind wir in der Ausdruckssphäre den Kräften und der inne-ren Dynamik ihres Zusammenwirkens um einen Schritt näher. Esliegt anders als bei der Interessensphäre, deren Gegenstände fürsich da sind und nur in dem, was sie bedeuten, in der Motivation,zu den Kräften des Einzelnen in Bezug stehen. Bedeuten wirdstark vom Bewußtsein getragen, die in der Interessensphäre sichentspinnende Problematik fordert ihre Bewußtmachung heraus.Hingegen das den Ausdruck untermalende Temperament ist inseinen Entstehungsgründen unbewußt, lebt sich auch unreflek-tiert dar und untergründige Vorgänge, unwägbare Werthaltungen,gehen mit dem Ausdruck in die Verwirklichung ein, die wir, dadas gesamte Wesen umfassend, die Selbstverwirklichung nennen.

Am Zeichen des Aszendenten ist nichts zu kombinieren. Esstellt schlechthin die Reaktionsform unseres subjektiven Einsat-zes im Erdenraum dar, alltäglich bekundet in der Auseinander-setzung mit beliebigen Objekten. Wir können auch sagen: dasempirische Ich in Physiognomie und Gebaren, gegebenenfallsmitbestimmt durch einen oder mehrere Planeten am Aszenden-ten. Erst mit der Rolle des Aszendentenzeichens im Ganzen, inZusammenhang mit dem «Regenten» des Zeichens (Bd. II, S.134), beginnt hier die Kombination. Unvermeidbar tritt sie mitder Ausdrucksfärbung der Wesenskräfte heran. Das Grundsätzli-che der Kraft ist uns aus dem I. Band bekannt, das Tierkreiszei-chen soll nun einiges über die individuelle Art und Weise ihrer

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Äußerung sagen. Dies ist nicht etwas, was hinzukommt, sonderneben die Färbung und Stufung, eine Abwandlung der Kraft sel-ber. Deshalb sprachen wir von «Stilform», man kann auch dasenglische Wort «pattern» verwenden, Schablone klänge zu we-senlos.

Menschenbeobachtung, so wichtig sie ist, genügt hier kei-neswegs. Am lebenden Modell finden wir dasjenige, was aus derVerknüpfung von Planet und Zeichen folgert, verquickt mit Mo-menten, die jenseits der Aussagegrenzen liegen. Es handelt sichbei den Zeichen um Eigenschaftsanlagen, wobei uns klar ist, daßfertig geprägte Eigenschaften im wesentlichen Entwicklungspro-dukte sind. Diese finden wir zwar unter den Entsprechungen ein-gereiht, müssen aber zuvor die Grundformel der Anlage undEignung haben. Sie soll durch Kombination erschlossen werden.Die Kombination beginnt im Prinzip der Äußerung, das in meh-rere Erscheinungsbilder auszweigt; ohne Anhaltspunkte für dasNiveau des Betreffenden sollten wir die Spielarten zwar alsMöglichkeit erwägen, müssen aber die definitive Aussage zu-rückstecken und uns an das Prinzip halten, von dem sie leben.Auch die Planetenbedeutungen wollen bei der Kombination stetserneut aufgegriffen sein. Wenn im Folgenden einige Wiederho-lungen von bereits Bekanntem vorkommen, so wird dabei das-selbe doch von anderer Seite angeschnitten und im Typischen derWesenskraft gesucht, was uns die Ausdrucksfärbung aufschließt.

Eine Besinnung auf diese Sachlage ist umso mehr geboten, alsUnsitten wie die Zeitungsastrologie die Begriffe gröblich verwir-ren. Diese gilbt vor, aus dem Stand der Sonne in den zwölf Zei-chen bündige Aussagen treffen zu können. Abgesehen von derUnzulässigkeit, nur den Sonnenstand - wenn auch Wesensmitte!- zu nehmen, würde die beste charakterologische Beschreibungdessen, was unter einer Symbolverbindung zu finden ist, stets anderen Wesen vorbeigreifen. Hier stoßen wir auf die irrtümlicheAuffassung, es seien Eigenschaften fertig anzutreffen. Das Vor-gefundene aber spiegelt, was die Verbindung von Planet undZeichen enthält, auf dieser oder jener Entwicklungshöhe wider,wodurch sich die Entsprechungen verändern. Von der Erschei-nungsform können wir nicht ausgehen.

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Beispielsweise SCHÜTZE verstehen wir aus dem Prinzip desEdlen, bestmöglich Erreichbaren, aus gesteigerter Willensan-strengung und Entscheidung um die Menschenwürde. Höchst-gespannte Forderungen sind damit benannt, bei den Großen derGeschichte finden wir sie verkörpert. Welcher Mißgriff jedoch,würden wir dergleichen unabhängig von der Entwicklungsstufeaussagen! Wie viele Glücksritter, Abenteurer, Hochstapler tref-fen wir unter demselben Zeichen an, Menschen, die das zu seinvorgeben, wohin es letzten Endes tendiert, oder anspruchsvolleDamen, die sich persönlich als vornehmste Auslese betrachtenund mit hingefetzten Befehlen ihre Umgebung tyrannisieren! Inall solchen Äußerungen wirkt sich dasselbe Prinzip aus. Wasaber den Schöpferischen zur Hergabe des Letzten anspornt, ihnnie am Erreichten schon Genüge finden läßt, wirkt auf unange-messenem Niveau überspannend. Das Zielstrebige des Prinzipsproklamiert dann als vorhanden, was erst erworben sein sollte,erhitzt sich an Projekten, Behauptungen, überfordert einen ruhi-gen und stetigen Werdegang.

Dennoch liegt im Prinzip auch wieder das Verbindende. Ge-meinsam sind allen «Schützebetonten» sowohl Begeisterungs-fähigkeit und hochfliegende Erwartungen als auch ein Tempera-ment, das schwer auf geduldige, schrittweise Erarbeitung vonErgebnissen zu zügeln ist. Doch die entwicklungsmäßige Aus-gangslage und Zielsetzung, vor allem der bei einem freiheits-liebenden Prinzip wie SCHÜTZE so ausschlaggebende selbst-bestimmende Faktor, sind vom Meßbild aus unbekannt. JedesZeichen hat derart verschiedengradige, mit der Entwicklungshö-he wechselnde Entsprechungen.

Gerade dasjenige also, was die Stärke einer im Anschaulichenanknüpfenden Lebenslauf-Beschreibung ausmacht, liegt uns vor-derhand im Dunkeln. Eine Blinddiagnose kommt nicht über ge-wisse Abstraktheiten hinaus. Sind uns jedoch einige konkreteAnhaltspunkte gegeben, so findet methodische Einsicht in dieÄußerungsbedingungen zu den Entsprechungen hin.

Um werkgerecht zu deuten, brauchen wir für jede Wesenskraftden ihr gemäßen Einstieg. Eine vorbereitende Übung erfordert,alle Mischzutaten eines Zeichens, wie sie im II. Band bei der

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Aufgliederung des Kreises erläutert wurden, zusammen zu den-ken. Man muß sich vorstellen lernen, was es besagt, daßJUNGFRAU gleichzeitig ein erdhaftes, labiles, ein Zeichen der lei-denden Form und das Endzeichen des II. Quadranten sowie einMerkurzeichen ist, daß WIDDER gleichzeitig ein feuriges, kardi-nales, ein Zeichen der tätigen Form und das Anfangszeichen desI. Quadranten sowie ein Marszeichen ist, usw. Hier schlägt dieTheorie in Praxis um, denn in alledem, besonders im Dominanz-verhältnis von Planet und Zeichen (S. 192, 206), liegen be-stimmte Handhaben für die Kombination.

Zur Eigentümlichkeit der Tierkreiskonstruktion gehört fol-gendes: Parallelgehend mit den alten vier Temperamenten (vgl.Bd. II, S. 55 ff.) finden wir ein gliederndes Prinzip, aus dem sichdie Temperamente besser verstehen lassen. Die Antriebe und Be-reitschaften, die wir Wesenskräfte nennen, können auf verschie-dener Seinsebene zum Ausdruck kommen. Darin fragen wir nichtwie im Felderkreis nach den Gegenständen, die individuell undin Hinsicht auf soziale Einpassung etwas bedeuten, sondern fra-gen, ob sie einen materiellen, organischen, seelischen oder gei-stigen Wert repräsentieren. Wir ziehen also den Wertmodus desAnsprechens auf Dinge überhaupt und innere Vorgänge auf demWege ihres Erreichens in Betracht. Die Temperamente, mit de-nen wir die Dynamik dieser Vorgänge beschreiben, verhaltensich in einer Verwandtschaft zu den vier Ebenen (vgl. Bd. II, S.77), deren Übereinanderschichtung wir in einem statischen Bild,als Stufenbau des Seins begreifen.

Obzwar jede Wesenskraft, was das uns Gemeinsame betrifft,ihre Entsprechungen auf allen vier Seinsebenen hat, ist sie dochdieser Verwandtschaft gemäß individuell auf einer Ebene beson-ders zu Hause. Dies regelt sich nach dem Schema der alten «vierElemente», als Bezugsform in den Zeichen enthalten.

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G e Ebene = Gedanke, Wort, ideeller Bedeutungswandel

S Ebene = Bild, Gefühl, erlebter Szenenwechsel

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ische Ebene = Handlung, Ziel, verändernder Impuls

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Es sind wohlgemerkt Bezogenheiten der Selbstverwirklichung,eine Maßstäbe zur Beurteilung höherer oder tieferer Entwik-eltheit. Bewertungen dieser Art darf man unserem Stufenbauicht entnehmen wollen. Seine Schichtung folgt dem real gege-enen Aufruhen einer Ebene auf der anderen; wie jemand hierinesensmäßig gelagert ist, bestimmt sein Verhalten unabhängigon der Entwicklungshöhe. Es gibt Menschen hohen Niveaus, dieom faktischen Ereignis ausgehen, und wiederum primitiveenschen, denen der ideelle Bedeutungswandel näher liegt, auchenn ihr unausgebildeter Verstand ihn gar nicht durchdenkenann. Höchstes Niveau verlangt freilich, alle vier Ebenen in ih-em gegenseitigen Verhältnis zu leben.Zum besseren Verstehen der Astrologischen Menschenkunde

ei kurz ihr Verhältnis zu den tiefenpsychologischen Auf-assungen gestreift. Diese Lehren suchen einen Kausal- und Be-eutungszusammenhang seelischer Äußerungen mit unseremriebleben, vorwiegend dem geschlechtlichen. Die Anwendunger Kausalität lehrte gesetzmäßige Zusammenhänge sehen, wo esillkürlich herzugehen schien. Von naturwissenschaftlicher Sichtus nimmt man ein körperlich lokalisierbares Agens, das inseelische hineinwirkt, dies rückt den sexuellen Lusttrieb in denordergrund. Finale Auffassungen wiederum setzen ganzheit-

iche Lebenstriebe wie Selbstbehauptung, Macht- und Geltungs-

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anspruch als Ausgangspunkt eines auf Leistungsziele hin «arran-gierten» Charakters. Im ersten Fall untersucht man seelische Me-chanismen kausal abhängig vom leiblichen Vorgang, auch imzweiten Fall werden sie teilweise von organischen Bedürfnissenabgeleitet. Zweifellos haben diese Lehren Gesetzmäßigkeitenaufgedeckt, die therapeutisch von hohem Wert sind. Hier dage-gen gehen wir von der Anlagestruktur aus, was zwar den Über-tritt von einer Seinsebene zur anderen zuläßt, jedoch derenSelbständigkeit, jede mit eigenen Kategorien, berücksichtigt. Wirlegen also nicht die Wirklichkeit sozusagen flach auseinanderund denken Erscheinungen verschiedener Ebenen lediglich nachUrsache und Wirkung verknüpft, bezogen auf einen «Grund-trieb». Dies würde dazu verleiten, in den Seelenvorgängen nurden psychischen Ausdruck körperlicher Spannungen zu erblik-ken. Der Unterschied wird deutlich, wenn wir ein entwicklungs-mäßiges «höher» oder «tiefer» einführen, an der Sublimierung.Welche Aufgaben sich einer Triebenergie stellen, angenommensie sublimiere und übersetze sich in seelische Energie, kann nurmit schichteneigenen Kategorien des Seelischen beurteilt werden.(Hierüber sowie zum Triebbegriff s. S. 189 ff.)

Demgegenüber sprechen wir von Neigungen und Verhal-tensweisen, die ohne Abgeleitetsein aus organischen Trieben oder- wie umgekehrt in den geisteswissenschaftlichen Methoden derPsychologie - aus Ideen, die über dem Organischen schweben,ursprünglich auf dieser oder jener Ebene auftreten und die nachentsprechender Betätigung verlangen. Das Recht dazu gibt unsdie Beobachtung solcher Anlagen konform dem Geburtsbild. Wirmüssen daher den Stufenbau des Seins zu den allgemeinmenschlichen Struktureigentümlichkeiten, innerhalb derer dieIndividuation statt hat, rechnen. Die individuelle Struktur hat ent-sprechend der Lagerung im Stufenbau zeitlebens eine durch-schnittliche Gestimmtheit, welche das Bleibende des Tempera-ments in seiner an den Zeichen ablesbaren Verteilung - ausmacht.Die Anordnung von «oben» und «unten» im Schema steht außer-halb des Geist-Materie-Dualismus25. Sie richtet sich danach, wel-

25 Der wissenschaftsgeschichtlich folgenschwere Denkzwiespalt von Materialismus undIdealismus entsteht daraus, daß man vom unteren oder oberen Extrem ausgeht und den

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che Ebene einer anderen aufruht, wobei die materielle Ebene denUnterbau, die geistige Ebene den Oberbau des Ganzen bildet.Nicht aber wird ein Ursprung oben oder unten gesehen und dieStufenhöhe der Anlagen gestattet keine Bewertung. Hinsichtlichder individuellen Verschiedenheiten dürfen wir nur von einemandersartig im Sinne der Lage sprechen, es sind Unterschiededer Artung, nicht des Grades wie im Entwicklungsbegriff.

Dieser Abstand der Blickweise läßt praktisch zu, daß wir Zu-sammenhänge, wie sie die Psychoanalyse auf deckt - Komplexe,Übertragungen, Fehlleistungen usw. - in unsere Betrachtung derDinge einbeziehen, neben der «Kausalität von unten» aber aucheine solche «von oben» anerkennen. (Nicht nur zurückschlagendgemeint wie bei der psychoanalytischen Auffassung der Konver-sionshysterie, der Konversion einer im Ursprung genitalen, doch

Ursprung des Lebens, der Seele in Materie oder Geist sucht. Die Annahme eines solchenPrimats oder Vorranges im Entwicklungsprozeß führt zu einer einpolig bestimmten Welt.Für den Idealisten ist die Erscheinungswelt eine Einkörperung von Ideen, die Entstehungder Lebewesen sieht er begründet in ihrem Gestaltplan und seiner Verwirklichungskraft,der Entelechie. Der Materialist dagegen hält sich an empirische Befunde, er sieht Werdenund Entwicklung der Formen aus Kausalität und Zufall hervorgehen, betrachtet die Le-bensvorgänge als mechanische Prozesse. Setzt jener eine überwirkliche Geltung des Guten,Wahren, Schönen oder von Freiheit, Unsterblichkeit usw. an den Anfang, so spricht diesernur vom begrifflichen Ausdruck dessen, was körperbedingt erlebende Menschen für gut,wahr, schön usw. befinden. Dogmatisch verfestigt kommt also der Materialist nach obenhin nur bis zur Abbildtheorie, muß bildschöpferische Gestaltung im eigentlichen Sinneleugnen, während der Idealist nach unten hin nicht beweiskräftig darlegen kann, wie Imma-terielles auf Materielles einwirke, so daß der lebensschöpferische Prozeß zustandekommt. -Anders stellen sich die Fragen für eine organisch kosmologische Betrachtung der Dinge,die auf Grund ihrer Erfahrungen die vier Seinsebenen zusammen existent denkt. Ein Primatwäre eine irreführende und unnötige Annahme, da die oben oder unten angesetzte Zangedes Begriffs an den wesentlichen Problemen der beiden mittleren Ebenen, an Leben undSeele, vorbeigreift. Hier berührt sich das projektive Vermögen, ein materiell fundiertes Seinräumlich aufzubauen und motorisch in den Umraum hineinzustellen, mit dem introspekti-ven Vermögen, den Umraum auf sich zu reflektieren und das eigene Sein in seiner Zeitlich-keit zu fühlen, zu erkennen. Es scheidet sie die Grenzlinie, die Descartes zwischen den resextensa und den res cogitans zieht. Diese Linie ständig von unten nach oben und von obennach unten zu überschreiten, macht den wechselbezüglichen Prozeß unseres Daseins aus.Hindurchragend durch alle Ebenen besteht das Gefüge der Wesenskräfte, die sich jeweils indie Erscheinungsweisen und Bedingungen der Ebene, auf der sie auftreten, einkleiden. Ausihrem Zusammenspiel gewinnen wir in der dialektischen Überhöhung der Gegensätze vonMaterie und Geist, Leben und Seele eine dynamische Einheit, ungleich der starr-dogmatischen Einheit jener Anschauungen einer einpolig bestimmten Welt, die für uns aberdie Kontrollbedeutung behalten, daß sie Beobachtungsreihen auf ihre Weise ordnen.

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dem Ich unerträglichen Vorstellung ins Körperliche.) Spielt all-gemein zwar das Seelenleben sich auf ruhend auf organischem,das Geistesleben sich aufruhend auf seelischem Boden ab, so istjede Ebene als ganze doch autonom. Das Organische, das Seeli-sche und das Geistige haben nur ihnen eigentümliche Formenund Bedürfnisse, nicht alles und vor allem nicht die Betonungleitet sich von unteren Trägern her. Ein Mensch kann auf derseelischen oder geistigen Ebene wesensmäßig verankert sein, sodaß auftauchende Bedürfnisse keineswegs schlechthin in nach-träglicher Entwicklungsfolge sich herausgebildet haben, auchdurch kein organgerechtes Ausleben von Trieben befriedigt wer-den könnten. Ein störungsfreies Triebleben wird umgekehrt erstdann möglich, wenn die Bedürfnisse genau auf der Ebene, der sievon Beginn des individuellen Menschseins strukturell angehören,sich befriedigend darleben. Anderseits gibt es Menschen mitüberwiegend materieller und organischer Betonung der Anlagen,deren Kräfte infolge der menschlichen Totalität natürlich auchseelisch und geistig zum Ausdruck kommen - ebenso wie derErstgenannte auch seinen Körper hat - jedoch dies repräsentiertkeine unmittelbare individuelle Bezogenheit, die spezifisch seeli-sche und geistige Gestimmtheit fehlt dann. Methodisch ergänzenwir die einlinige Kausalität - von unten oder oben - durch dasPrinzip der Wechselwirkung zwischen autonomen Ebenen desSeins. Die Wesenskräfte denken wir vertikal hindurchragenddurch den Stufenbau sowie durch entwicklungsmäßig «frühe»oder «späte» Schichten (vgl. Bd. II, S. 18/19), jeweils andereEntsprechungen ausbildend. Abgesehen von diesen methodischnötigen Einschränkungen ist es aber wichtig, die Kräfte stets inihrem Ansatz als «Grundtriebe» zu beachten, da jede frühkindli-che Entwicklung vom materiellorganischen Unterbau aus be-ginnt.

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Selbstmächtigkeit, Eigenverantwortung, persönlicheLebensmitte

�Jeder Mensch hat seinen Gesamt-Lebensantrieb, seinen Kern

und Drehpunkt des Ganzen, der zumal beim Mann das Zentrumverantwortlichen Wollens bildet, astrologisch gesehen analogdem Stand der Sonne. Wie dieser Lebensantrieb ansetzt und sichauswirkt, zeigt auf elementare Weise das Temperament. Es istdie feststehende Reaktionsartung in tätiger oder leidender Form.Wir richten dabei das Augenmerk zunächst auf die Kernreaktion.Temperament begriffen wir aus der Symbolik der alten vier Ele-mente und führten dies durch zu Angaben über die Vitalität -qualitative Artung, nicht Quantität bzw. Stärkegrad! - bei deneinzelnen Zeichen (Bd. II, Einzeldarstellungen). Bei «Sonne»,wofür wir (Bd. I) Stichworte wie Entität oder persönliche Le-bensmitte, Seltbstmächtigkeit und Eigenverantwortung, das Le-bensschöpferische usw. fanden, gelangen wir hiermit direkt zurKombination. Vereinfachend können wir sagen: haben wir dieinnerste Wesenheit und den Kern eines Menschen erfaßt, so wis-sen wir auch den zentralen Ansatz seines Handelns, unterhalbbewußter Motivation. Auf den Stufenbau des Seins bezogenleuchtet unmittelbar ein, daß der Lebensantrieb in den Feuerzei-chen impulsiv ist, das Handeln vorwärtstreibend, in den Erdzei-chen stofflich gebunden und sachbezogen, in den Wasserzeichenabhängig von der seelischen Lebens-Grundstimmung, in denLuftzeichen geistbeschwingt, der Stofflichkeit enthoben.

Im beispielshalber angeführten Zeichen SCHÜTZE begünstigtdie tätige Form, die Impulsivität des Feuerzeichens, das An-triebshafte. Wollen wir bei Sonne in diesem Zeichen Näheresüber die Vitalitätsart wissen, so finden wir in Bd. II, S. 226:«aufschießende Vitalität, affektiv reizbar, ausdrucksstark» usw.als Gemeinsames bei allen Unterschieden, die durch Entwick-lungshöhe bedingt sind. Dies dürfen wir auf jeden Fall über denGesamt-Lebensantrieb aussagen. Die Stärke der Zügelung durch

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den selbstbestimmenden Faktor ist uns zwar unbekannt, wir wis-sen jedoch das im Ansatz zielstrebige Wollen, wobei allerdingsgelegentlich das Temperament mit dem Verantwortungsbewußt-sein durchgeht. Leichter also als etwa bei Sonne im nachfolgen-den Zeichen STEINBOCK (vgl. Bd. II, S. 234) wird dasZustandekommen einer wichtigen Sache vom Momentanimpulsin Frage gestellt, das Schwierigste, wenn lebensdringliches Ziel,muß in impulsiven Ansätzen verwirklicht werden. Gilt SCHÜTZE

als Feuerzeichen, so STEINBOCK als Erdzeichen. Beim erdhaftGebundenen ist die Antriebsnatur weniger begünstigt, was denunmittelbaren Ausdruck anbelangt, dafür kann er seine Kräfte be-dachtsam aufsparen und nachhaltig, sachgerecht ausgeben, wokonkrete Absichten, Pflicht und Gewöhnung die Oberhand ha-ben.

Auf solche Weise werden wir ohne große Schwierigkeit dieAbwandlungen von Sonne durch die 12 Zeichen verstehen als inder Strahlkraft gefärbt durch das Temperament.

Nun kann das SCHÜTZE-Zeichen sonstwie betont sein, ohne daßdie Sonne darin steht; diese finden wir etwa in KREBS. Das zwarauch mitschwingende SCHÜTZE-Temperament beherrscht dannaber nicht den zentralen Lebensantrieb. Es kommt vielleicht - beiMars in SCHÜTZE etwa - in momentanen Energieäußerungen aus-drucksstark, doch trotzdem im inneren Nachdruck nicht derartüberzeugend zur Geltung. Die Kernäußerungen sind stiller, ver-haltener, bestimmt durch das Zeichen KREBS (Bd. II, S. 188).Diese «stoffhungrige Vitalität, ansaugend und verarbeitend» usw.entspricht der Sachlage, daß die zentrale Lebensquelle auf derseelischen Ebene entspringt; demnach treffen wir Intro-versionsneigung, Verletzlichkeit, vor dem inneren Richterstuhlsich bildende Skrupel, Stimmungsschwankungen und dadurchbeeinflußt eine im ganzen schwächere Selbstdurchsetzung an.Jene expressiven «Marsimpulse» des Augenblicks werden vom«sonnenhaften Gesamtantrieb» verantwortungshalber hie und dazurückgenommen, es entsteht ein eigenartiges Temperaments-gemisch. Unser Vorgriff auf die Gesamtkombination gemahntuns, nicht etwa mit Herausschreiben von Aussagen über Be-standsstücke schon das Gesamtverhalten beschrieben zu glauben;

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eine weitere Variante ergibt sich aus dem Verhältnis der «Rezep-tion» (vgl. S. 49 1 ), wenn Sonne in KREBS und Mond in LÖWE

stehen. Vom Wesenskern aus unterscheiden wir aber in jedemFall die zentrale Haltung vom Verhalten im Umkreis der Betäti-gung.

Bei näherem Zusehen schlägt sich von der vitalen Aus-drucksart eine Brücke zur inneren Haltung, was ja bereits imrichtig verstandenen Begriff des Temperamentes liegt. Hierausführen wir die Kombination weiter. Zwar nicht die Entwick-lungshöhe wissen wir aus dem Meßbild, einsichtig aber wird mitdem Sonnenstand das Anspruchsniveau, indem wir erschließen,auf welcher Ebene der Eigenwert, der diese oder jene Ansprüchestellt, gesucht wird. Wir meinen hier mit Anspruch nicht Auftre-ten, Verlangen nach äußerer Geltung - was zusätzlich die Feld-stellung der Sonne einbeziehen hieße -, auch nicht den tempera-mentgefärbten allgemeinen Lebensanspruch, sondern den indivi-duellen Wertanspruch im Dasein. Er richtet sich nach der Ebene,auf welcher der zentrale Wert und damit die Selbstüberzeugungverwirklicht werden können. Wir fragen also nach dem spe-zifischen Bezug der Kernhaltung zu den vier Ebenen des Seins,setzen den Stufenbau des Materiellen, Organischen, Seelischen,Geistigen in Betracht. Auf einer dieser Ebenen ist der Kern ver-ankert, hier entwickeln sich die Ansprüche, die das zentraleWertgefühl bestätigen. Der Sonnenstand zeigt in dieser Hinsichtan, wodurch, durch welcherlei Seinsqualitäten der Gesamtantriebvorzugsweise ausgelöst, seine Daseinsbewältigung in Gang ge-bracht und gesteigert wird, unter welchen Umständen der Selbst-wertanspruch sich am besten offenbaren kann, worin der Menschsich zu Hause fühlt.

Geistige Ebene: ideelle Werte, Anschauungssysteme, Kommuni-kationsformen, Aufhellungen

Seelische Ebene: Gefühlswerte, Stimmungen, Bildvorstellung, Traum-erwartungen, Wünsche

Organische Ebene: impulsiv entworfene Projekte, Ziele des Handelns,Leistungen, Trophäen

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Materielle Ebene: anschauliche konkrete Dinge, handfeste Tatsachen-werte, realer Ertrag.

Hiermit hat unsere Deutung einen Haltepunkt gewonnen, daalle peripheren Formen des Verhaltens und zumal die Verant-wortlichkeit sich aus der Überzeugung des Eigenwertes regeln. Inder Beurteilung dieses Punktes werden wir uns durch Intelli-genztests, Leistungsnachweise und andere isolierte Zeugnissenicht bestechen lassen gegenüber der Kontrollfrage, wie weit die-ser zentrale Wertanspruch verwirklicht oder überhaupt erkanntwurde. Es gibt auch den negativen Fall einer Verfehlung diesesHalts, was uns auf den therapeutischen Weg weist. Das Strebenkann mit dem Wertgefühl zerfallen, das Zentrum sozusagen ver-rutscht sein, alle Psycho-Neurosen sind beim Schopf gefaßt zen-trale Wertprobleme und Flucht vor daraus drohenden oder bereitsentstandenen Konflikten.

Doch nicht erst die Krankheit stellt an den Befallenen die Fra-ge nach dem richtigen Drehpunkt. In diesen Zusammenhang ge-hören die Minderwertigkeitsgefühle, diejenigen, die nicht aufeinem sichtbaren Mangel - Körperschaden - beruhen, auch keinepathologische Erwerbung - etwa Begleiterscheinung einer mani-schen Melancholie -, sondern anlagebedingt sind. Sie stellen we-niger ein Eingeständnis minderen Wertes dar als einen Ausdruckdessen, daß es nicht gelang, seine als wertvoll angesehenen Fä-higkeiten an den Mann zu bringen. Die Eigenmächtigkeit drangnicht durch zur Peripherie, Forderung und Leistungsbewußtseinstehen in Mißklang.

Gewisse Zeichen erschweren die Zentrierung und damit dieÜberzeugung des Menschen von seiner Einzigartigkeit und sei-nem Wert, nötig zum Zusammenhalt der Persönlichkeit. Ihn fin-den wir besonders häufig gefährdet im Zeichen FISCHE, von demwir lesen (Bd. II, S. 249): «verfeinerte Vitalität, allseitig reagibel,verstreuend verausgabt, schwankend mit Seelenlage und Bean-spruchung» usw. Der Wegfall glaubhafter Normen der Äuße-rung, das sensible Aufgreifen der von der Mitwelt darob erteiltenRügen, das Schweifende, Verführbare des Zeichens lassen iminnerlich unstabilen Kern statt das Plus an Elastizität zu sehen

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meist nur Mangel und Wertlosigkeit erblicken. Der Aufbau einesEigenwertgefühls erfolgt in solchen Fällen von der Ebene aus,auf die sich das Zeichen bezieht, hier im Seelischen. Beim Ge-genzeichen JUNGFRAU liegt dies im Erdhaften, Materiellen, dieStärke des einen macht die Schwäche des anderen aus. Bedroh-lich ist immer der schief vergleichende Blick zur Mitwelt, dasNichterkennen seiner Eigenart. Hieran hat auch teil, was wir alsAchse des Besonderen und des Allgemeinen unterschieden. We-gen des Hangs zur Vollständigkeit auf der KREBS-STEINBOCK-Achse kommt man bei KREBS oft nicht zum Anfang eines Vor-habens, bei STEINBOCK nicht Zum Ende der Verwirklichung:Grund für Minderwertigkeitsgefühle, wenn man die rascherenund leichteren Methoden von WIDDER und WAAGE dagegen hält,bei diesen spürt man vielleicht wieder einen Mangel an Gedie-genheit. Falsche Vergleiche können alles entwerten. Relativstumpf gegen Dinge, die nicht dem persönlichen Geschmack zu-sagen, ist STIER; gerät man infolgedessen gegen sozial Ange-paßtere ins Hintertreffen, so besteht das Problem darin, seinenWert im Echten, Naturwüchsigen zu erkennen. Eine besondereVariante von Minderwertigkeitsgefühlen entsteht zuweilen immeistfordernden, über sich hinaus weisenden SCHÜTZE-Prinzip,dann nämlich, wenn die Belebte Wirklichkeit verglichen wird mitder idealen Höhe der Forderungen. Eben dies Pathos unbedingterForderungen fehlt bei ZWILLINGE, dem von der fortschrittlichenWendung ausgehenden Prinzip. Jedes Zeichen hat sein andersgelagertes, eigenes Wertgefühl, meistens erst im Vergleich mitfremdem Gebaren ins Bewußtsein tretend. Gemessen an irgend-einem Durchschnitt fühlt man sich über- oder unterwertig. Dasfür Umweltsreaktionen empfindliche sowie Unruhe und Schwan-kungen aus sich heraus gebärende Zeichen SKORPION bringt auchdarin eine Ambivalenz hervor: Auftrumpfen wechselnd mitSelbstzerfleischung. Im allgemeinen tendieren Zeichen der lei-denden Form zur Unterschätzung, Zeichen der tätigen Form zurÜberschätzung der eigenen Ausgerüstetheit für das Leben; imgenannten Marszeichen führt der Dispositor Mars zu exzeßhaftenÜbertreibungen, während bei Ausgegebensein der Energie dieHaltung zusammenbricht, einer Regression oder Besinnungspau-

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se weicht. Als Paradefall gesunden Lebensvertrauens gilt ge-meinhin das Sonnenzeichen LÖWE. Wie bei allen Zeichen wirktnatürlich abändernd das Niveau, wir finden hier ebensowohlselbstüberheblichen Leichtsinn und allerlei Eitelkeiten, wie an-derseits wertmäßig wohlbegründete Zuversicht, disziplinierteGeschlossenheit durch «presence de coeur», wie sie das Gegen-zeichen WASSERMANN aus gedanklichem Überblick gewinnt.

Wahre Unter- oder Überwertigkeit stehen freilich nicht imMeßbild, sie liegen jenseits der Aussagegrenzen. Dies will nichtan einem zufälligen Durchschnitt beurteilt sein, sondern verstan-den als Entgleisung der Wesenskraft Sonne in ihrer Bestimmung,individuell wie sozial. Je mehr sie etwa als Machtprinzip dieOberhand bekommt und das Erreichte nun gehalten werden muß,umso mehr sinkt gewöhnlich die in Mond ausgedrückte Emp-fänglichkeit, das heißt nimmt die Kontaktarmut zu. Wo echteteilnehmende Freude am lebendigen Vorgang fehlt, der Aus-gleich zwischen dem Sonnen- und Mondhaften versiegt, wird diesolare Selbstbehauptung die Situation mit Gewalt an sich bringenwollen. Ist wiederum die echte Selbstüberzeugung geschwächt,und will der Mensch dennoch sich der Umwelt gegenüber be-haupten, so kommen Hochmut, Dünkel, Prahlerei zum Vor-schein. Bei den Entgleisungen aller Wesenskräfte kann manimmer darauf schließen, daß ihrer gesunden Verwirklichung et-was fehlt. Die Kombination mit dem Zeichen enthält spezifischeAusgangspunkte, doch dissonante Aspekte dürfen nicht dazuverleiten, die Entgleisung als tatsächlich vorhanden zu behaup-ten. Aspekte geben nur eine Erschwernis an und machen eine in-nere Anspannung nötig. Nichtbewältigung dissonanter Son-nenaspekte zeitigt eher «Sünden des unausgetragenen innerenSelbstbehauptungskampfes», während harmonische Aspekte beimangelndem Niveau leichter die «lässigen Sünden innerer Diszi-plinlosigkeit» sich einschleichen lassen.

Nehmen wir im Rückblick auf die vorige Kombinationsübungdie Stellung im Felderkreis hinzu, so ergänzen wir das Gefunde-ne in bezug auf das Verhältnis zur Umwelt. Die Bedingungen,seinen Eigenwert zu verwirklichen, liegen anders, wenn etwa dieSonne in WAAGE im 10. oder im 1. Feld steht. Dieser Unter-

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schied spielt sich dem luftigen Zeichen entsprechend auf der gei-stigen Ebene ab, als gemeinsame Vitalitätsart finden wir (Bd. II,S. 211): «anregsame Vitalität, aus der sinnlichen Reizempfin-dung sich verjüngend, situationsbestimmt und kontaktbedürftig»usw. Zum Eigenwertgefühl braucht es eine harmonisch zusam-mengefaßte Einheit aus sinnlichen Eindrücken, das Geistige liegtin der Definition der Gegenwartslage, die über das Bedingtseindarin hinaushebt. Es ist nun ein Unterschied, ob dies die Reprä-sentativperson in öffentlicher und beruflicher Stellung, ihren vonsozialer Gunst oder Ungunst getragenen Aktionsradius angeht,oder ob es lediglich das Gleichgewicht der Eigenperson betrifft.Diese muß in ichbezogenen Augenblickseindrücken einen Aus-gleich finden und die Atmosphäre, in welcher der Eigenwert sicherweist, selber schaffen, jene muß durch Anpassung an die ge-sellschaftliche Rolle und in bezug übernommener Pflichten denjeweiligen Ausgleich herstellen.

Denken wir uns auf diese Weise den Sonnenstand in allen Zei-chen und Feldern durch, so erhalten wir 144 Kombinationen; ei-ne zuerst unüberblickbar erscheinende Anzahl, dennoch zuhandhaben, umso leichter, je klarer wir den theoretischen Aufrißder beiden sich überschneidenden Kreise verstehen. Der Fall vonSonne in WAAGE im 1. Feld ist paradox insofern, als wir bei glei-cher Konstruktion eine Umkehr von Zeichen und Feld haben, dergegenteilige Fall wäre Sonne in WIDDER im 7. Feld, wo der Ei-genwert mit der Einwirkung auf den Partner wächst.

Nach dieser Annäherung an die Gesamtkombination besinnenwir uns nun, daß die Verwirklichung in der Umwelt ein zentralesAnliegen in Tätigkeit zu setzen fordert. Mit Temperament undVitalitätsart hatten wir erst beantwortet, wie der Gesamtantriebals Naturanlage in Erscheinung tritt; im Eigenwert und der Ebe-ne, auf der er zu suchen ist, haben wir gewisse formale Qualitä-ten der Einstellung erfaßt. Das ureigenste Wesen eines Men-schen, seine Entität, besteht jedoch darin, seinem Dasein einenunverwechselbaren Inhalt zu geben, nicht nur einen intellektuellausgedachten, sondern einen, der mit dem zentralen Wollenidentisch ist und, bei Bewußtsein des Eigenwertes, sich in einerverantwortlichen Aufgabe ausdrückt. Die Inhaltsfindung obliegt

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freilich dem selbstbestimmenden Faktor; die Sonne ist nicht die-ses jenseits der Aussagegrenze Liegende, sie vertritt aber denWesenskern im konstellativen Gefüge. Insofern stellt sie daszentrale Schaltglied zur Übersetzung in die Welt dar, in der Zeit,Raum und Kausalität gelten. Als Einsatzpunkt im Felderkreisgesehen hatten wir daraus die Richtung gedeutet, in welcher daszentrale Anliegen zu suchen wäre. Die Stellung im Tierkreis nunenthält eine aktive Mittelpunktsbedeutung, die sich in der Vitali-tät nicht erschöpft, sondern dasjenige zu verwirklichen antreibt,worin wir Wert und Würdigkeit unserer Existenz sehen.

Hierfür bietet das Zeichen eine Handhabe in der Drei-gliederung der Elementartrigone nach kardinal, fix, labil (vgl.Bd. II, S. 85-91), verstanden als Grundformen des Wirkens undWerdens. Wir untersuchen damit die individuelle Eignung, denSelbstentwurf auch zu verwirklichen, also mit den Bedingungender Seinsebene, auf welcher diese frei gewählte Aufgabe liegt,schöpferisch umzugehen. Das Wort «Eignung» meint hier wederbloße Einführung und Ausgestaltung einer schöpferischen Idee -Sache des selbstbestimmenden Faktors in seiner Bewußtwerdung-, noch ein Spezialisiertsein auf gewisse Verrichtungen, wie imBegabungsbegriff, der ein spezifisches Elternerbe voraussetzt.Gemeint ist vielmehr ein Geeignetsein für Grunderfordernisse,die jeder Schaffensprozeß braucht, die Anlage für eine bestimmteSeite desselben. Die speziellen Angaben über Berufseignung(Bd. II, Einzeldarstellungen) kontrollieren und ergänzen sich dar-an hinsichtlich der Berufung für die Rolle im Schaffensprozeß.Am besten stellen wir uns dies an einem Mangel vor. Fehlt das«Kardinale», so mangelt die eigentliche führende Qualität, auchwenn man sich auf einer Kommandohöhe befindet, fehlt das «Fi-xe», so mangelt das eigentliche Durchtragen einer Aufgabe inFixierung an ein bestimmtes Material, auch wenn man zeitlebensdamit umgeht, fehlt das «Labile», so mangelt die eigentliche be-wegliche Anpassung an laufende Vorgänge, mag man noch sointensiv vom Leben darin einbezogen werden. Es mangelt vonHaus aus, müssen wir hinzufügen, auf diese fehlende Anlagesollte die zum Erwerben nötige Anstrengung sich richten.

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Diese individuelle Eignung, eingestellt auf eine bestimmteSeinsebene und verbunden mit dem persönlichen Wertbewußt-sein, gehört zur primären Lebenskraft des Menschen, die im po-sitiven Handeln als Gesamtantrieb wirkt. Wir versuchen nun-mehr, uns die Kernanlage gefärbt durch alle Bestimmungs-momente eines Zeichens vorzustellen.

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STEINBOCK. Die kardinale Anlage bezieht sich gestaltend auf Sache, Ge-enstand, gesehen in Hinblick auf das sozial Verwertbare sowie im Rahmenllgemeiner gesetzmäßiger Zusammenhänge, angelehnt an Üblichkeit, Tra-ition. Konzentrierter, zäher, geduldiger Einsatz, nach dem Erwerben ver-

äßlicher Kenntnisse ausgeübter Anstoß, verändernd in Richtung materiellerortschritte. Realistisch sachgerechte, auf stetigen Lebensgang gestimmteernhaltung. Das langsam gefestigte Selbstüberzeugtsein wächst mit Erfah-

enheit und gefundener Anerkennung, ehrgeizig in dieser Hinsicht, meistbhängig von Bestätigung durch formelle Äußerlichkeiten. Durch Schwie-igkeiten sich hindurchbeißender Lebensmut, wobei oft der Familientypustärker durchdringt als das Individuelle, karg im Genießen des Daseins, mit-nter etwas ungeschickt und ledern.

STIER. Die fixe Anlage bewährt sich in Beständigkeit, Ausharren auf ge-ebenem Boden eines persönlich zusagenden Materials, Standorts oderlickpunktes, in demgemäß fest umrissenen Aufgaben. Schwerfälliger, be-ächtiger Einsatz, der auf greifbaren Ertrag ausgeht, gestützt auf zwanglosewachsenes und Geschaffenes, und sich gediegener Methoden bedient.ealistisch wunschbewegte, auf ruhigen Lebensgang gestimmte Kernhal-

ung. Das Selbstüberzeugtsein wurzelt im Wuchsechten des eigenen We-ens, dessen Maß und Geschmack, friedfertig wenn darin belassen.ebensmut des festen Auftretens, sofern seines natürlichen Rechtes und An-pruchs gewiß, verfeinerungsfähig im Genuß des Daseins, Liebhabereien oft

n die Mitte der Gewohnheiten rückend.

JUNGFRAU. Die labile Anlage bewegt sich in nüchterner Beobachtungaktischer Ereignisse, mit kritischer Vorsicht die Bedingungen prüfend,lug, methodisch und sauber im Detail. Aufmerksamer, vom Nützlichkeits-inn bestimmter Einsatz in laufende Gepflogenheiten, sparsam mit den

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Mitteln, das Notwendige in allen Sachumständen durchführend. Realistischnervenwache, auf verständig kanalisierten Lebensgang gestimmte Kernhal-tung, die Überblick und haushälterische Einteilung braucht. Das Selbstüber-zeugtsein, anfangs ängstlich auf den spezifischen Standpunkt bedacht,gewinnt durch Anpassung und Bemeisterung habitueller Formen an Sicher-heit. Der Rückversicherungen bedürftiger Lebensmut, zaghaft im Ungewis-sen, gestärkt durch Bekanntsein der Situation, mäßig im Genießen des Da-seins, selten unüberwacht.

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WIDDER. Die kardinale Anlage bezieht sich gestaltend auf Handlung,iel, führend im praktischen Ansteuern der Sachlage, besonders bei erstma-

igen Aufgaben und allein auf sich gestellt, Entschluß zur Tat ohne langemstände. Heftiger, stoßweiser Einsatz, rasch ein mit sich identifiziertesnternehmen vorwärts treibend, die Mittel nach seinem Plan und Willenurechtbiegend. Aktivistisch durchsetzungskräftige, auf fortschrittlichenebensgang gestimmte Kernhaltung. Das Selbstüberzeugtsein braucht täti-es Wirken und dessen sichtbaren Erfolg, bei Unabhängigkeit der Metho-en, oft überheblich oder angriffslustig gegen dafür Verständnislose odernentschiedene. Draufgängerischer, durch Sondergeltung entfachter Le-ensmut, dessen Gradsinnigkeit eine Anpassung und Unterordnung schwer

ällt, zupackend im Genuß des Daseins, sei er primitiver oder erlesener.

LÖWE. Die fixe Anlage bewährt sich auf organischer Basis der Selbst-erwirklichung, bringt die Begabungen sorglos, wirkungssicher, großzügigit den Mitteln umspringend, aber in Kleinigkeiten oft nachlässig, zur Gel-

ung. Robuster Einsatz mit Mut zum Wagnis, je nach Belieben und Könnenowie Verantwortung und Ehrenpunkt, selbstgewählte Aufgaben unterneh-ungslustig organisierend. Aktivistisch egozentrische, auf anspruchvollen

ebensgang gestimmte Kernhaltung, machtbedürftig, aber auch schenkfreu-ig, gastfrei. Das eher sich über- als unterschätzende Selbstüberzeugtseinründet in der erworbenen Geltung der Eigenperson. Undiskutabler, dasanze gewinnender oder verlierender Lebensmut, nach Willkür in seinemmkreise schaltend, der Nachfolge sich erfreuend, verschwenderisch imenießen des Daseins, warm und leidenschaftlich, auf die Reserven vertrau-

nd.

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.SCHÜTZE. Die labile Anlage bewegt sich im Auf und Nieder verände-

rungslustiger Impulse, im Streben nach großer Linie auch an Abgründe ge-führt, Enttäuschungen jedoch ummünzend in neue Projektionen, freimütigin der Äußerung. Zukunftsgläubiger, begeisterungsfähiger, manchmal vitalübermütiger Einsatz, anspringend auf den Reiz der Bewegung um ihrerselbst willen. Aktivistisch ungeduldige, auf profilierten Lebensgang ge-stimmte Kernhaltung, die das Erreichbare am Größtmöglichen mißt. DasSelbstüberzeugtsein, stark in Höhepunkten der Zielverwirklichung, machtinfolge der Einheitlichkeit des Erlebens alle Hebungen und Senkungen aufdem Weg zu einem Endziel mit. Flackernder Lebensmut, kann im An-schwung alles aufs Spiel setzen, überschäumend im Genuß des Daseins, miteiner feierlichen Note.

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KREBS. Die kardinale Anlage bezieht sich gestaltend auf Bild, Gefühl, seis in Eindrücken des augenblicklichen Umkreises oder im Lebensganzen,it einem Blick für die romantische und poetische Seite der Dinge, seelisch

enksam und lenkend bei Wechsel anregender Vorstellungen. Etwas ver-pielt und schüchtern im Einsatz, doch anwachsend nachhaltig mit Ergrif-ensein von einer Aufgabe, zäh in allem, was der Selbstgestaltung dient.sychisch empfängliche, auf veränderlichen Lebensgang gestimmte Kern-altung. Das anfangs oft schwache Selbstüberzeugtsein festigt sich mit derurchformung eines Eigenbereichs und gefundener Resonanz für persönli-he Beweggründe. Einer geborgenen Welt bedürftiger Lebensmut, lebens-ungrig, aber sich zurückziehend vor antipathischen Dingen, wählerisch imenießen des Daseins, je nach Laune und momentanem Stimmungsbedürf-is.

SKORPION. Die fixe Anlage bewährt sich in exzessiver Leistung, Durch-tehen von Wandlungen je nach den Aufgaben, welche die Auseinanderset-ung mit der Umwelt stellt. Aus Gefühlsspannungen erregter, meistmphatischer Einsatz, Besessensein von einer Sache abgelöst durch ihrtrittigwerden, mitunter krisenhaft aus Zweifeln zu neuen tragfähigenlickpunkten durchstoßend. Psychisch ambivalente, auf phasenbetontenebensgang gestimmte Kernhaltung, unruhevolles Suchen durchläuft denanzen Kreis affektiver Stellungnahmen, das Überholte, Morsche, Abbau-eife verurteilend. Das Selbstüberzeugtsein wechselt mit den Maßstäben, oft

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erst erreicht durch zergliedernde Untersuchung und Bohren nach Wertbe-ständigem. Regenerationskräftiger Lebensmut, der aus Niederlagen, Schwä-chungen, schmerzlichen Erfahrungen sich wieder aufrafft, ungleich imGenuß des Daseins, von massiven Leidenschaften bis zur Askese, etwasGewaltsames.

1FISCHE. Die labile Anlage bewegt sich im einfühlsam erlebten Szenen-

wechsel, dessen Bilder sozusagen Bruchstücke eines unendlichen Lebensge-fühls vermitteln, berauscht oder bedrängt von ihrem Ineinanderfließen inveränderlichen Umständen, durch selbstloses Anteilnehmen oft in fremdeSchicksale verstrickt. Vom Stimmungswandel abhängiger Einsatz, dochselten der Anforderung einer Aufgabe sich versagend. Psychisch hypersen-sible, auf ungebunden Schweif enden Lebensgang gestimmte Kernhaltung,weiter Sicht hingegeben oder mitschwimmend in vorhandenen Strömungen.Im Selbstüberzeugtsein meist schwach ohne Bestätigung durch mitmensch-liches Gebrauchtwerden oder höheren Auftrag. Lebensmut des geschenktenVertrauens, kann mitunter stark sein, wo alles wankt, oder sich verflüchti-gen im Glück, unberechenbar im Genießen des Daseins, in der Folgschaftaller Schattierungen fähig.

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WAAGE. Die kardinale Anlage bezieht sich gestaltend auf Gedanke, Wort,ommunikativ anleitend und klärend, bedürftig nach gemeinschaftlichenufgabestellungen. Der Einsatz zieht dasjenige, worauf es in der Vorwärts-ewegung ankommt, aus augenblicklichen Reizkonstellationen, erspürt undenutzt die treibenden Kräfte darin, weniger aus Eigenem sich anstrengend.eistig beschwingte, auf heiter tänzelnden Lebensgang gestimmte Kernhal-

ung. Das Selbstüberzeugtsein wächst in gefundener Bestimmung und imert für die Mitwelt heran, elastisch Reibereien ausweichend, feinfühlig

nd mitunter diplomatisch im Umgang, hochgetragen durch koordiniertesirken. Im Gleichgewicht zwischen Extremen gehaltener Lebensmut, läßt

ich anregen ohne Einflüssen nachzugeben, selten um neue Wendungenerlegen, geschmäcklerisch im Genuß des Daseins, auf das jeweils Passendeingestellt und mit geselligem Takt.

WASSERMANN. Die fixe Anlage bewährt sich im Festhalten an Grundein-ichten, die eine Gesamtplanung gestatten und geregelte Bahnen eines frei-ügigen Lebensstils bieten; im Rahmen darauf gegründeter Aufgaben rasche

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Umdisponierung, je nach herantretenden Erfordernissen, bei grundsätzlichneuen Voraussetzungen sofortige Änderung der Basis, nur in Gewohnheitennachhängend. Gleichmütiger, unsentimentaler Einsatz aus übergeordnetemBlickpunkt, mancher steigt sozusagen vom Oberstock her ein, bevor er sichim Unterbau umsieht. Geistig aufgeschlossene, auf unabhängigen Lebens-gang gestimmte Kernhaltung, meist Fortschrittsglaube und anthropophileEinstellung. Das Selbstüberzeugtsein ankert im geistigen Entwurf der Exi-stenz, dessen Rückhalt in allgemeinmenschlichen Maßstäben liegt. Bedeu-tungsgetragener Lebensmut, der existenzbejahende Gründe braucht, blick-feldabhängig im Genießen des Daseins, je nachdem annehmend oder ver-zichtend.

(ZWILLINGE. Die labile Anlage bewegt sich im Hin und Her des ideellen

Bedeutungswandels, fluktuierend im Streben, wendig in verschiedenerleiStellungnahmen und Aufgaben, zuweilen dualistisch gespalten, der Eiferlebt vom Reiz des Neuen und jeweils aufgefundenem Entwicklungsansporn.Durch praktischen Verstand und Nützlichkeitsgeist gelenkter Einsatz, posi-tiv Beurteiltes verfolgend bis das Urteil umschlägt, sei es durch Änderungder Sachlage oder aus eigenem Wechselbedürfnis. Geistig pendelnd, aufinteressant erhellten Lebensgang gestimmte Kernhaltung. Das Selbstüber-zeugtsein hängt ab von seiner Bespiegelung und erreichtem Gewinn derAnstrengung. Mit der Windrichtung wechselnder Lebensmut, der sich inten-siv auf das Vorteilversprechende wirft, zweckbestimmt im Genuß des Da-seins, oft zu hastig für nachhaltige Assimilation.

Bei richtiger Deutung des Sonnenstandes sind alle Diffe-renzierungen, die sich aus näherem Studium der Zeichen, derFelder und der Aspekte ergeben, bezogen auf das lebens-schöpferische Zentrum eines bestimmten Menschen. Nichtsmacht sich hier apparatmäßig «von selber» außer dem tem-peramentsmäßigen Ablauf; steht zwar die freie Entscheidung jen-seits dieses konstellativen Gefüges, so findet sie doch im «Son-nenhaften» ihren Ausdruck, ihr Vollzugsorgan. Aus diesemGrunde wird in der astrologischen Tradition die Sonne häufig der«Geist» des Menschen genannt. Natürlich darf dies nicht mit In-tellekt verwechselt werden und ist mehr eine symbolische Um-schreibung des schöpferischen Funkens, aber nicht nur ingeistigen Stellungnahmen. Gemeint ist eine durch Reflexion ehergestörte Urdynamik, der noch undifferenzierte Ansatz dessen,

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was dem individuellen Dasein einen lebendigen Inhalt gibt, eswertvoll macht und dies sein positives Wesen zu verwirklichenantreibt.

Erfahrung, Gewissen, Reales Baugesetz

�Nach der Organisations- und Schöpferkraft des Menschen fra-

gend blickt man auf die Sonne. Fragt man nach ihren Schranken,nach stofflichem Bedingtsein, mechanischer Zwangsläufigkeit,einengender Tradition und festlegendem Schicksal, so blickt manauf Saturn. Sie beide versinnbildlichen das existentielle Ja undNein. Ihre Wirklichkeitssynthese heißt, durch verneinte Vernei-nung ein neues Ja zu erreichen, abgesichert gegen Bedrohlich-keiten, Gefahren der Vernichtung. Hierfür muß die Selbstver-wirklichung sorgsam ihr wahres Gesicht aus den Schattenpartienherausmodellieren.

Dem I. Band entnehmen wir Stichworte wie Integration undreal bedingtes Baugesetz, Erfahrung und Gewissen, das Grenz-setzende usw. Für den Vitalitätston erwarten wir daraus zunächstnicht allzuviel. Saturn scheint lediglich eine herabsetzende,dämpfende Wirkung auf die Vitalität zu bedeuten. Als Anlage-komponente abgewandelt gibt er darin eine Verschiedenheit an.Einen weiteren Hinweis bekommen wir, wenn wir die Möglich-keiten des tektonischen Prinzips auf den vier Ebenen durchden-ken. Mit Handlungsimpulsen und seelischen Bildern kann manzwar auch bauen, jedoch das Eigentliche des Prinzips, Stabilität,beruht auf materiellen Tatsachen und Ideen. Die beiden mittlerenEbenen haben also einen wesentlich anderen Charakter hinsicht-lich Saturns als die unterste und oberste. Näher untersucht be-gründet sich dies in der Wechselbezüglichkeit von Planet undZeichen (Bd. II, S. 129 ff.) sowie in der gruppenmäßigen Zu-sammengehörigkeit der Wesenskräfte (Bd. I, S. 78). Die Feuer-

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und Wasserzeichen sind der Gruppe des aktiven Lebens-schwungs, die Erd- und Luftzeichen der Gruppe der passivenSachbindung zugeordnet. Jede Wesenskraft außer Sonne, zuMond im Ergänzungs- und Austauschverhältnis - tritt in einemPrinzip tätiger und einem solchen leidender Form auf, das eine istihr unmittelbar, das andere, gleichsam Gegenspiegelung, mittel-bar. Pulsenden und erlebenden Seinbezug haben dabei die Feuer-und Wasserzeichen, sie sind dem Lebensschwung näher, wäh-rend die Erd- und Luftzeichen mehr die Sachbezogenheit, For-menwiederkehr und Ausstattung des Lebens angeben. Saturn,wenn er auch faktisch in allen Zeichen vorkommt, steht der Ord-nung nach im unmittelbaren Bezug zum Erdzeichen STEINBOCK,im mittelbaren zum Luftzeichen WASSERMANN. Hierin gelangtdie Stabilität am besten zur Geltung. Als Extrem der Sachbin-dung wurde er im Kennwort «Fremdsubstanz» verstanden ge-genüber dem in Sonne und Mond ausgedruckten «Eigenklima»(Bd. II, S. 135 ). Gemeint ist das in eine Daseinsform eingebauteFremde, sowohl an materiellem Baustoff als auch in Form vonErfahrungsbegriffen und Sozialpflichten, wobei das Negativemim Nichtintegrierten liegt.

Integration, das ist die stille Macht im Lebenshaushalt, von derman normalerweise nicht spricht und die man meistens erst anihren Störungen, ihrem Versagen erkennt, an den nicht integrier-ten und auch nicht ausgeschiedenen Rückständen. In bezug aufindividuelle und Kulturvergangenheit sind dies sozusagen die imUnbewußten angelagerten «Verdauungsreste». Die tektonischstützende Bedeutung kehrt sich um in lebensschädigende Wir-kungen, wenn derartige nichtintegrierte Bestandteile sich selb-ständig machen. Wir erhalten als negative Saturn-Entsprechun-gen:

Geistig = dogmatisierte Erfahrung, versteifte Urteile, Be-griffssperren, Tabu

Seelisch = depressive Stimmung, Kontaktmangel, seelischesSichverweigern, Komplexe

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Organisch = herabgestimmter Lebensumsatz, Triebhemmun-gen, aussetzende Dynamik

Materiell = Anschoppungen, Stauungen, Steinbildung, Funk-tionsträgheit

Hier stoßen wir auf Parallelen im leib-seelischen Zusam-menhang, bei denen die Ursachen einmal oben, einmal unten ge-sucht werden können. Darmträgheit ist etwas anderes als Trieb-hemmung, diese wieder etwas anderes als seelischesSichverweigern oder auf ideologischer Starrheit beruhende Be-griffssperren. Im Prinzip der Wechselwirkung kann, je nachdemder in Saturn gekennzeichnete Schwerpunkt liegt, eines als Be-gleiterscheinung des anderen auftauchen. Doch eine direkte Ab-leitung ist nicht in jedem Fall erforderlich und statthaft, dieEbenen und ihre Entsprechungen sind miteinander gesetzt. In denangeführten Entsprechungsreihen haben wir eine negative Seitedes Saturnischen, die wir als Zurückhaltungszwang zusammen-fassen. Dieser Zwang ist die Umkehr der positiven Bedeutungvon Integration, der Einbeziehung des Notwendigen in die Un-versehrtheit eines Ganzen. Bei Störungen dieses Prinzips kannauch das Unnotwendige, ja Schädliche einbehalten werden;Bremsvorrichtungen wirken dann eigenmächtig, krampfhaft,Konzentrate sperren sich gegen den natürlichen Abbau, gegenAuflockerung und Verflüssigung im Lebensstrom.

Eine solche Störung ist nicht einfach aus dem Meßbild ablesbar(Aussagegrenze!), nur gewisse Voraussetzungen für ein Versa-gen stehen darin.- Krankt der Mensch an abgründiger Lebens-angst, so daß Befürchtung und Sorge, passive Schutzmaßnah-men, Absicherungen gegen das bedrohlich Anrückende derartüberhandnehmen, daß die Initiative gelähmt wird, dann sind dieHaupt-Lebens-Symbole Sonne und Mond in die Kombinationeinzubeziehen; deren Schwächung erhöht die Bedeutung norma-lerweise geringfügiger Saturn-Dissonanzen. Ausschlaggebendsind natürlich die Saturnaspekte selber sowie das Feld der Sa-turnstellung, das andeutet, was eingekapselt und wogegen sichabgegrenzt wird, zumal an den Eckpunkten (Formungsintensität).Das Zeichen enthält den Modus der Verfestigungstendenz, ge-

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meinhin mit dem Ansteigen im Stufenbau diskutabler und leich-ter verfügbar, bis auf die Fälle, in denen eine Nichtbewältigungdes Konflikts zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaftsmei-nung die Begriffe festgelegt hat. Hier ankern die meisten Neuro-sen, beruhend etwa auf Verdrängung eines die Moral beleidi-genden Triebwunsches, so daß auch das Gewissen - sofern intro-jiziert, vgl. Anmerkung S. 93 - lebensbeschränkend teilhabenkann. Wir sagen besser das «Pseudo-Gewissen», seine negative,Nichtintegriertes enthaltende Form. Es gehört wie die seelischenKomplexe zu den Schutzbildungen, von denen in der Einleitungdes I. Bandes als Ausdruck des primitiveren «Schalenprinzips»des Saturn gegenüber dem «Skelettprinzip» die Rede war. Diepositive, entwickeltere Form der geistigen Ebene besteht im Ge-rüst der eingesehenen, als gültig akzeptierten Grundsätze eigenerProvenienz, auf die sich echte Gewissensbildung stützt.

In den negativen Saturnentsprechungen steckt Vergangenheit.Im individuellen Fall muß erst ermittelt werden, ob eine solcheEntsprechung sich aus der Urangst individualgeschichtlich - etwaunter Nachwirkung von Schreckeindrücken oder als Nieder-schlag eines Tabus der Gesellschaftsmoral - herausgebildet hat,oder ob sie bereits erbgeschichtlich - Körperschaden, Degenera-tion, Unterentwicklung - begründet ist. Zeichen und Aspekte ent-halten nur Anhaltspunkte für die Art und Weise der Auswirkungdieser oder jener geschichtlichen Kausalität; in diesem Sinne gibtes Komplexneigungen, angeborene psychische Totstellhaltungen,ausgelöst unter gewissen Bedingungen (Aussagegrenze). DieSchutz- und Sicherungstendenz darf bei alledem, besonders inpathologischen Fällen, nicht übersehen werden. Alles Satur-nische beruht auf der Notwendigkeit von Grenzen gegen mollus-koide Formlosigkeit, auflösende Prozesse. Manche aus einemTrauma entstandene Komplexe bieten behelfsmäßige Abriege-lungen gegen seelische Gifte, die entstehen würden, wenn derKonflikt eine offene Wunde bliebe; zwar Ausdruck einer Hilflo-sigkeit, wird damit doch ein potentieller Zersetzungsherd still-gelegt26.

26 Nennen wir die Achse STIER-SKORPION als besonders markant für solche Formen be-helfsmäßiger Konfliktbewältigung, so darf keineswegs die Auffassung sich festsetzen, sie

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Positiv in Hinsicht auf die Zukunft wirkt das Saturnische in derBeständigkeit einer Sache durch sinngerechten Einbau vonFremdsubstanz. Ohne weiteres leuchtet dies auf der organischenEbene ein im Skelett. Suchen wir Entsprechendes im Geistigen,ein für alle Menschen gültiges Gesetz der Gewissensbildung, soverstehen wir es am besten als Frage an den solaren Gegenspie-ler: «Kannst du, was du im Augenblick aus irgendeinem Antriebwillst, noch wollen unter der Vorstellung, daß alle Menschendasselbe wollen?» Fremdsubstanz ist hier der Mitmensch in nor-mativer Form, der so formulierte «kategorische Imperativ» be-zeichnet das menschheitliche Erhaltungsgesetz ohne Unterschiedder Rassen, Völker, Familien, Individuen. Ihn als sittlichen An-trieb zu nehmen, bringt uns aber sofort in tausend praktischeKonflikte. Niemand kann sich als «alle» fühlen, es zu wollen wä-re ein ständiger Eingriff in die Personsphäre. Der Einzelne han-delt gestützt auf seine Erfahrung, er macht solche, ob er will odernicht. Dem real erfahrenen Durchschnittszustand gegenüber ver-tritt er das Menschheitliche manchmal richtiger, wenn er mit demÜblichen nicht konform gehend als einer gegen alle steht. In die-sen Sätzen liegt die saturnale Spannung zwischen dem Normati-ven und dem Tatsächlichen, diejenige zwischen «luftigen» und«erdhaften» Entsprechungen, während zwischen diesen Extre-men in den «feurigen» und «wäßrigen» Entsprechungen dieDramatik des Lebens abrollt.

Insofern jeder notgedrungen seine Erfahrungen macht, be-zeichnet Saturn den Realisten in uns; nicht jeder allerdings machtsie in realistischem Sinne, sondern mancher von Anbeginn nor-mativ gefärbt. Abgesehen von diesen individuellen Unterschie-den liegt im Ursprungsbegriff der Erfahrung, «sich auf den Wegmachen, um etwas zu erkunden», der Gegensatz von Sonne und seien nur da oder gar immer da zu finden. Mit dem Aufreißen seelischer Komplexe mußman vorsichtig sein. Bewußtmachen ist von Segen, wenn zugleich die Kräfte angestoßenwerden, aus denen sich die Störung selber ausheilt, wenn also die zu eng gezogenen Zäunedurchbrochen werden zu Gunsten einer erweiterten Sicht und lebenstauglichen Stellung-nahme zu den Tatsachen. Hierbei sind für den Deutenden die angereihten synthetischenAspekte wichtig. Bietet ihm die Anamnese das Tiefenlot, zu ermitteln, wie der Betreffendein seine psychische Lage hineinkam, so findet er in diesen Aspekten und anderen ausglei-chenden Komponenten die Handhaben, ihm herauszuhelfen. Doch das Angehen solcherFälle erfordert große Kundigkeit, der Anfänger halte sich davon zurück.

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Saturn unter Mittlerstellung von Mond. Unmittelbares Leben undErleben schlägt sich nieder in extrahierter, reproduktionsfähigerForm, das eigentlich Saturnische dabei ist das Gedächtnis als In-begriff erinnerbarer Inhalte, genau genommen ein Festhalten be-stimmter Reizkonstellationen. Die Wiedererweckung des gleich-sam Abgestorbenen, das Erinnerungsvermögen, begreifen wirunter Mond als seelische Funktion. Zur Merkfähigkeit, der Zu-fuhr von Gedächtnismaterial, bedarf es wiederum der Einbezie-hung von Merkur. Dies verweist auf entsprechende Aspekte undwird der Beobachtung gerecht, daß Störungen der Erinnerungs-und Merkfähigkeit getrennt vom Gedächtnisbesitz vorkommen.Rein saturnisch ist weiterhin die Rolle der herausgebildeten Er-fahrungsbegriffe im Aufbau der Persönlichkeit, nämlich wieweitsie Abstützungen, Fußpunkte und normalisierende Regeln desweitergehenden Lebens bilden; hierzu kann man auch ein - un-bewußtes - Erbgedächtnis rechnen (Semons Mneme, BleulersMnemismus), das die Ausbildung der Instinkte in der biologi-schen Entwicklung betrifft. Ob dies «gute» oder «böse» Erfah-rungen sind, geht uns von der saturnischen Wesenskraft auszunächst wenig an - erst Aspekte lassen darauf schließen -, wohlaber sagt die Feld- und Zeichenstellung von Saturn, wo und wiejemand persönliche Erfahrungen macht. Die Anwendungschließlich, die Frage also, ob die Impulse, die Entwürfe zumHandeln sich an die Bedingungen und Grenzen der erfahrbarenRealität halten, geht das Verhältnis der Sonne zu Saturn an,ebenso die Einwirkung des Eigenwertgefühls auf das Behaltenoder Vergessens.27 In diesem Zusammenhang bedeutet «einge-

27 Erinnert sei an die bekannten Sätze von Nietzsche: «Das habe ich getan, sagt mein

Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben, sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich.Schließlich gibt das Gedächtnis nach.» Sigmund Freud formuliert in bezug auf die Ver-drängung: «Die Verdrängung . . . geht von der Selbstachtung des Ich aus.» (Sperrung imOriginal). Über die «rückläufige Hemmung» späterer Erlebnisse auf das Behalten früherererläutert P. R. Hofstätter: «Das Vergessen erscheint damit nicht eigentlich als ein passivesVerlieren, sondern eher als ein aktives Verlernen, das sich der Reaktivierung und Repro-duktion von Gedächtnisinhalten entgegenstellt.» («Psychologie», Fischer Bücherei, 1957).Hiermit wird zusammengebracht, daß das Vergessen frühkindlicher Erlebnisse durch-schnittlich in das vierte Lebensjahr, also in das Trotzalter fällt, das wir im elementarenAufbau der ersten sieben Jahre als «sonnebetont» verstanden (vgl. Bd. I, S. 91).

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baute Fremdsubstanz» eine saturnische Rückversicherung gegenGefahren des Mißlingens, die komprimierte und umsetzbare Er-fahrung enthält den Zeitfaktor der Vorsorge.

Ungeachtet der Mitwirkung insbesondere von Sonne am «Ma-chen» der Erfahrung und der Abwehr derjenigen Gedächtnis-inhalte, die nicht zum frei gewählten Lebensstil passen, sagt Sa-turn einiges über das Zustandekommen solcher Inhalte aus. Et-was Objektives schlägt immer durch. Es wird nur gefärbt durchdas Zeichen, wobei nun doch Temperament und Vitalitätsart mit-sprechen aber nicht expressiv sich ausgebend, sondern bedin-gungssetzend für die Zulassung des Objektgehalts.

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Ein kühl registrierendes Saargedächtnis mit Auseinanderhalten von Ur-ache und Wirkung findet sich naturgemäß am ehesten in den erdhaften Zei-hen. Das als bekannt Festgesetzte duldet nur bei zuwidersprechenderrfahrung eine Abänderung, im übrigen additive Funktion. Gedächtnis istin Depot empirischer Erlebnisse. Geduld, abwartende Ruhe und solide In-

eressen begünstigen in den Erdzeichen ein konsequentes Anwachsen derrfahrungssumme. Negativ kann werden, daß die daraus abgezogenen Mei-ungen, durchweg vergangenheitsbestimmt, häufig im Gewordenen undewohnten stagnieren.

Bei STEINBOCK so weit als möglich absehend vom Erlebniston, Tatsachenenkfähig formuliert behaltend, vor Unerwartetem etwas umständlich, aberonzentrativ auf das Gesetzmäßige eingestellt, Einbau von Erfahrbarem alsichernde Begrenzung.

Bei STIER dem Anschaulichen und mehr Zufälligen erlebter Realität ver-aftet, naiv und sachgetreu; kann schwer hinwegkommen über das, was alsindernis eines Begehrens festgehalten wurde, empirische Wahrheitenründen Standhaftigkeit der Überzeugungen.

Bei JUNGFRAU beobachtungsscharf bis hinein in oft triviale Neben-mstände und ihre Relationen, die beim Erinnern an einen Sachverhalt

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sämtlich aufgerollt werden, was der Beschreibung zugute kommt, aber dieRedeweise oft abschweifend und winkelzügig macht; Skepsis gegen End-überzeugungen bedarf logischer Brücken zum Zusammenschluß.

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Nicht ohne affektive Beteiligung, so daß sich kräftiger dem Gedächtnisingräbt, was in freudiger oder unlustiger Erregung wahrgenommen wird,ildet sich Erfahrung bei den Feuerzeichen. Sie kommt vorwiegend am Le-endigen zustande, und es bedarf eines Hilfsgriffs, eines «Aufhängers», umtotem Stoff» eine ansprechende Seite abzugewinnen, damit er ins Ge-ächtnis eingeht; am festesten pflegen Triebziele zu sitzen. Tätiger Unter-ehmungsgeist begünstigt in den Feuerzeichen ein rasches Annehmen der-

enigen praktischen Erfahrungen, welche dem Lebensschwung genehm sind.egativ wirkt häufig Ungeduld und theoretische Unbelehrbarkeit in Sach-erhalten, aus denen sich kein persönlicher Aufschwung ziehen läßt.

Bei WIDDER macht man im Grunde nur die Erfahrungen, die man machenill, sucht daher in der Realität die Bestätigung hineingelegter Vorausset-ungen, bei meist schroffem Widerstand gegen hiervon Abweichendes,ährend erlangte Verifizierung die Entschlossenheit unnachgiebig festigt.

Bei LÖWE wird Erfahrenheit als Wirkungsmittel geschätzt, anderseitsann schicksalhafte Erfahrung den Machttrieb eindämmen oder aber anÜbeltäter» fixieren; Absicherung gegen Fremdurteile, durch die man sich

n mißgünstiges Licht gesetzt wähnt, beeinträchtigt oft das vorurteilsloseinsehen und Hinhören auf das Tatsächliche.

Bei SCHÜTZE lebt die Tatsachenwelt von den Projektionen, die man darinerwirklicht sehen möchte, demgemäß abgrundtiefe Enttäuschung, wo sieich nicht erfüllen, mitunter Herumreiten auf überholten Prämissen, affekt-etonte Verteidigung eingenommener Stellungnahmen, doch Ausdauer inedeutsam erkannten Realzusammenhängen, Einbau der Lebensziele,achdruck im entscheidenden Augenblick.

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Stärker als bei anderen kommt in den Wasserzeichen der Gefühlston zureltung, der im Einprägen von Erlebnisgehalten gern eine Umstilisierunger Tatsachen nach Wunsch oder Befürchtung vornimmt. Es ist überwie-end ein Bild- und Situationsgedächtnis mit symbolistischem Hintergrund,ft prägnant im Eindrucksmäßigen, doch besonders bei mitsprechendemrauma schwer von Stimmung und Atmosphäre abstrahierend. Psychischebgestuftheit des Erlebens und Beachten der Triebfedern begünstigt in denasserzeichen die Innenerfahrung sowie das Gedächtnis für menschliche

hysiognomien. Negativ wirken oft Abrundungen der Erfahrungswelt ausem Bedürfnis nach Geborgenheit, bei unstabiler Systematik, mitunterchwanken zwischen Glücks- und Katastrophenerwartungen.

Bei KREBS die Tendenz zu einem Erfahrungsganzen, dessen assoziativerwobenen Teilen das Leben immer neue Schattierungen hinzufügt, häufigiefert die Erfahrungswelt lediglich Belege für ehrfürchtige Grundüberzeu-ungen, im Selbstbezogenen leicht kränkungsbereit, neben teilnehmendemerständnis nisten sich Verdrießlichkeiten ein.

Bei SKORPION ungleich belichtete Erlebnisgehalte mit Spuren zurückge-egter Kämpfe, meist scharf profiliert und manches fragmentarisch, festge-altene Befürchtungen verzahnt mit affektiver Stellungnahme gegenerstörendes, auch Tatsachen im Licht metaphysischer Symbole, bei ande-en gefärbt durch Autoritätsglaube, im allgemeinen ehrfurchtslos experi-entierend, Spürsinn für hintergründige Zusammenhänge.

Bei FISCHE stimmungsgetragener Niederschlag einfühlsam-vielseitigerebenserfahrung, Konzentration schwer möglich ohne Anteilnahme undrfaßten Sinnzusammenhang, worin das Universelle im Einzelnen durch-cheint, dieses, wenn zufällig, mehr unscharf und gleitend, Beobachtungäufig mit Vermutungen gemischt.

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Intentionales Wort- und Begriffsgedächtnis, entsprechend einer gewisseneichtigkeit der Bezifferung und Anordnung von Erfahrungsstoff, findetich am ehesten in den luftigen Zeichen. Tatsachen werden oft vorsätzlich ininblick auf ideologischen Zusammenhang, auch als «erzählbarer Stoff»,

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gemerkt, mit Abstand gegen erlebnismäßige Versenkung, insofern assozia-tives Gedächtnis. Der bedeutungshaltige Standpunkt begünstigt bei denLuftzeichen, sich rasch des Üblen und Drückenden erlebter Tatsachen zuentheben, auf freundlichere Dinge oder Betrachtungsweisen überzugehen.Negativ kann werden, daß die Wahrnehmung leicht an dem vorbeisieht, wasnicht zur angenommenen Lehrmeinung paßt oder mit einem genehmen Be-griff betitelt werden kann.

,Bei WAAGE in den Beziehungen der Lage, die zur Erfahrung gelangte,

objektangepaßt, eindrucksfrisch und weltoffen, eine Extreme verbindendeKombinatorik abstrahiert Mittelwerte; Tendenz zum Gesamtausgleich, we-nig Einzelheiten werden ohne Korrelat und Verhältniswerte behalten.

0Bei WASSERMANN auf Plan und Disposition ausgerichtet, dadurch oft

breit angelegten Wissensstoff umfassend, Systematik gedanklicher Fertig-formen zur praktischen Anwendung, die über Einzelheiten gleichmütig undsozusagen beispielhaft, kasuistisch verfügt.

(Bei ZWILLINGE mit Augenmerk auf aktuelle Einzelheiten, urteilsmäßig

von zwei Seiten beleuchtet oder schematisch nach einem Hauptnutzen ge-ordnet, bildsam im Scharfsinn für wechselnde Stellenwerte ein und dersel-ben Sache, je nach Lage und Verwendungszweck, Sinn für dasAnekdotische.

Natürlich sind dies Richtlinien zur differenzierten Deutung,keine Fertigaussagen. Außer den Seinsebenen und der Dreiglie-derung spricht auch die Quadrantenlage der Zeichen mit (Bd. II,S. 103 ff.). So wird es von Belang, daß das Sonnenzeichen LÖWE

auf der organisch kontaktgebundenen Seite liegt, dem wesensei-genen zugewandt. Dies kommt zum Charakter des Feuerzeichenshinzu, und die durchgehend betonte Lebensnähe erschwert dieObjektivität. Ein Mensch mit Saturn in LÖWE zieht Erfahrungenvorwiegend aus Dingen, zu denen er in organischem Kontaktsteht, ihre Rolle ist ihm die einer Absicherung seines Reviers und- bei Saturn am Aszendenten - seiner Person. Saturn bedeutet ihmeine Art von Schutzschild und Staubfänger für seine Pläne, seineLeidenschaften; Entwickeltere nehmen zwar den Umweg über

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gesammelte Kenntnisse, um Anerkennung zu finden, doch diebeteiligten vitalen Regungen unterwerfen sich nur schwer allge-meingültigen Normen. Anders bei Saturn in STEINBOCK, auf derorganisch kontaktlosen Seite gelegen, dem Wesensfremden zu-gewandt. Dies und das relativ Unvitale des Saturnzeichens wiedas Sachgebundene des Erdhaften begünstigt Erfahrungen, wel-che abgetan vom Persönlichen die Sache an sich betreffen. Ihreobjektivierende Note, zumal bei Saturnstellung am oberen Meri-dian, wird allerdings die Haltung nach außen so unpersönlichdurchgestalten, daß der Betreffende - ohne starke gegenteiligeKomponenten - meistens zum Träger konventioneller Merkmaleund Exponenten seines Standes wird. Wo man objektive Er-fahrung, Sachkenntnis und soziales Pflichtbewußtsein schätzt,sind diese Leute durchschnittlich besser dran als solche mit Sa-turn in LÖWE; kommen letztere hoch durch das Machtstreben desZeichens, verbunden mit saturnaler Strenge und manchmalRücksichtslosigkeit, so gleichen sie häufig anfänglich erlebteNachteile aus durch Autokratie, Härte gegen Unterworfene. Aberdie distanziertere, korrektere Anlage von Saturn in STEINBOCK

kann wiederum - nicht nur am Aszendenten - gebraucht werdenals gesellschaftstaugliche Maske, um egoistische Ziele durchzu-setzen. Das abschließende Gesamturteil bedarf immer der An-haltspunkte jenseits der Aussagegrenzen.

Greifen wir auf das Schema S. 78 des I. Bandes zurück. AlsHauptvertreter der Seite passiver Sachbindung versinnbildlichtSaturn gegenüber der Seite aktiven Lebensschwungs die Hem-mung der von dort ausgehenden Antriebe. Der Begriff der Hem-mung erlangt erst in der Gegensetzung zu einer aktiven Kraftseine Bestimmtheit. Dies mechanische Verhältnis betrifft alsovornehmlich Aspekte zu den Wesenskräften der solaren Gruppe.In den allgemeinen Lebensprozessen tritt dies als Verzögerungdes Verlaufsfortschrittes in Erscheinung; wir fanden sie in dennegativen Saturn-Entsprechungen (S. 150), dort unter dem Blick-winkel von Bestandteilen, die sich der Integration entziehen.Physiognomisch kommt unter Saturn im Gesamtbild körperlicherBewegungen eine Langsamkeit, Schwerfälligkeit, Bedächtigkeitzur Geltung, das statuarisch Steife und Ruhende. Es ist die all-

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gemeine Trägheit der Materie, die dabei Ausdruck wird, derkälteste Aggregatzustand oder die dichteste Zusammenziehungder Moleküle, dem physiognomisch der ewig Frierende, gebücktwie unter eine Bürde Einhergehende, depressiv Zusammengezo-gene entspricht. Dies alles wandelt sich freilich im individuellenFall mit der Zeichenstellung ab, ist naturgemäß am stärksten inden Erdzeichen STIER und STEINBOCK. Ähnlich, betont auchbeim anderen Saturnzeichen WASSERMANN, steht es mit dem imLebewesen latent vorhandenen geometrischen Sinn, während dieverselbständigte Materie ihren stoffeigenen Gesetzen der Kri-stallisation gehorcht - als «Steinbildung» bei den negativen Ent-sprechungen auftauchend -, metaphorisch mit Recht für «Auskri-stallisation der Erfahrung» gebraucht.

Im unmittelbaren Dienst des Lebens ist nun diese Seite desSaturnischen bei den physiologischen Prozessen des Denkensförderlich beteiligt. Für die Verwirklichung des Ich kommt esdarauf an, im jeweiligen Erregungszustand das Hemmungsmo-ment so einzuschalten, daß es sich auf alles erstreckt außer aufdasjenige, worauf das Ich im Augenblick seine Aufmerksamkeitrichtet. Allem nicht Hergehörigen gilt es den Zugang zu sperren.Dies leistet die Konzentration genannte Art der Hemmung imGefolge aktiver Reizung der Nervensubstanz. Hierin liegt dieBeziehung von Saturn - für dessen Zeichenstellung dieselbenAbwandlungen gelten wie beim Gedächtnis - zu Merkur. Es isteine teils angeborene, teils in gewissen Grenzen erwerbbare,durch Übung verbesserbare Fähigkeit; Begünstigungen sowieStörungen, anlagemäßiger «Konzentrationsmangel», drückensich hauptsächlich in den Aspekten aus.

Auch als Symbol der vorrückenden Zeit bzw. als organischerZeitfaktor trägt Saturn ein Doppelgesicht. Verlaufsmäßig gehtdie Hemmung, normalerweise zunehmend, in Verkalkung, Ver-knöcherung und jenen Starrsinn ein, der zu den Merkmalen derSenilität oder schon vorzeitiger Vergreisung zählt. Im Positivumaber dient dieselbe schrankensetzende Kraft der Aufsparung dis-ponibler Kräfte, der Sammlung auf das Nötige und damit der ge-sunden Erhaltung des organischen Getriebes. Die so erzielteLebensverlängerung beruht auf dem bewältigten Gegensatz zu

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der in Mond symbolisierten natürlichen Jugendfrische; sie gilt esim Streben auf einen Endzustand ohne Verschleuderung zu be-wahren. Aus konsequenter Durchführung des geistigen Lebensgeht die Alterserfahrenheit hervor, der bei geringerer vitaler Be-teiligung wachere Blick für das Gesetz hinter den Erscheinungen.Im Gegenspieler der Haupt-Lebenssymbole ist somit die Lebens-kunst verschlüsselt, die notgedrungene «Abnutzung der Maschi-ne» auszugleichen durch die Vorzüge des Alters, klareAuskristallisation der geistigen Gestalt, STEINBOCK transponiertin WASSERMANN.

Unser Begriff der Wesenskraft Saturn hebt den starren Gegen-satz zwischen Schicksal und Menschenwille auf, der als unüber-brückbar galt, solange das Schicksal als etwas abstrakt über unsVerhängtes, uns im Grunde Fremdes, angesehen wurde. Gewißgreifen Determinationen «fremd» in uns ein, wenn wir von Erb-schicksal, Kollektivschicksal sprechen. Hierbei kommt es daraufan, wie wir uns einstellen, um den Tatsachen ein positives Ge-sicht abzugewinnen. Zu uns selber jedoch müssen wir uns stellen,indem wir der saturnalen Ergebung ins Unvermeidliche die sola-re Herrschaft über das, was durch eigenen Willen veränderlichist, entgegensetzen. Gegenüber den im astrologischen Meßbildangezeigten Determinationen wird aus dem Verhalten des selbst-bestimmenden Faktors zum Anlagengefüge, den Bedingungenund Umständen seiner Entfaltung, des Menschen Wille ihm zumSchicksal. Hiermit kommt die Synthese von Sonne und Saturnzustande. Der erste und grundlegende Akt der Freiheit bestehtdarin, sich wie man beschaffen ist anzunehmen. Auch wenn derZwangslauf weiterginge als tatsächlich der Fall, wäre das Ge-schehen dann schon kein mechanischer Vollzug mehr. Derzweite Akt der Freiheit fließt aus der Einsicht, daß dieses Sobe-schaffensein nicht nur von außen her bewirkt wurde, wie es ist,sondern daß ich selbst in meinem Anlagengefüge und der ver-bleibenden freien Entscheidungswahl es bin; damit bejahe ich dieMöglichkeit, aus diesen Anlagen etwas zu machen, wofür ichverantwortlich eintrete. Der dritte Akt der Freiheit setzt ein Ab-lassen vom Wahn voraus, dies könne in einer einmaligen Er-kenntnis geschehen; er besteht darin, daß ich hieraus die

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Folgerung ziehe und willens bin, mein ganzes Leben hindurchdie Entscheidung um mich zu vollbringen, immer neu, in keinenein für allemal vorbedachten Situationen und Formen.

Für solche Seinsbeherrschung ist es nötig, den Hebel insonder-heit bei der saturnischen Anlage anzusetzen mit ihrer stets, vor-nehmlich im dissonanten Fall, mitspielenden Enttäuschungs-bereitschaft. In diesem Pol der Existenzachse kommt es nicht nurauf den «guten Willen» an wie bei Sonne, sondern auf Beobach-tung der objektiven Verlaufsgestalt des Geschehens und somiteine kühle Rechnung, die aufgeht oder nicht. Reine Erfahrunghieße enttäuschungsloses sich Einfügen in die Wirklichkeit. Inden beschriebenen Tendenzen, Erfahrung zu machen, steckenzugleich bestimmte Fehler des Realitätsbewußtseins. Enttäu-schungen sind die Kehrseite der Lebenserwartungen, von da auskorrigierbar. Einsichtslos festgehalten gehen sie ein in das, wasC. G. Jung den Schatten nennt.28 Gegen die Anerkennung derRealität wehrt sich das Steckenbleiben im Mondhaften als Infan-tilismus. Darin sind alle Menschen ursprünglich gleich: sie su-chen Unangenehmes zu meiden, sind böse, wenn die Welt andersaussieht wie erwartet, drücken sich von schweren Pflichten und

28 4. Der «Schatten» als symbolische Teufelsfigur vertritt all jenes, was von einem Men-

schen im Laufe seiner persönlichen Entwicklung verdrängt wurde, ihm aber heimlich aufden Fersen bleibt. Es konzentriert sich darin die nicht gelebte Seite eigener Möglichkeiten.Ins Übermenschliche vergrößert entsteht das Bild des zersetzenden, Unfrieden stiftenden,kalt und rücksichtslos aller Mittel sich bedienenden Bösen. Er kann religiös als Gegengottverstanden werden oder übergeleitet auf ein kollektives Haßbild, einen Erbfeind, Sünden-bock oder ein anonymes Widersacherprinzip. Die mannigfachen Einkleidungen des negati-ven Urbildes, die verstellten Vorzeichen und groben Vereinfachungen entstammen derzurückgedrängten Primitivpersönlichkeit im Menschen, die abgewertet werden mußte,damit er im kultivierten Sinne gesellschaftstauglich würde. - Zweifellos hat dieses Urbild inder Astrologiegeschichte mitgewirkt bei den Vorstellungen von Saturn als Übeltäter, be-sonders in seinen «bösen» Aspekten. Von den Saturnkindern heißt es: «Haarig, nervig, altund kalt, hinkend, stinkend, ungestalt bin ich und alle meine Kind, die unter mir geborensind.» Ihre Berufe sind die verachteten und unehrlichen, schmutzigen, sie umgreifen die ammeisten bedrückten sozialen Stufen und die unmittelbare Befassung mit der Materie. DerCharakter dieser Saturnkinder gilt als finster und verschlossen, hinterhältig, bösartig undgeizig, mit einem Hang zur Einsamkeit; nur durch ernste Studien können sie sozial aufstei-gen und durch meditative Versenkung sich vom Druck des Materiellen befreien. - In jedemZerrbild steckt etwas Wahres und natürlich gibt es solche «Saturnier». Es lag aber so, daßdie unbewältigte, die «Schattenform» des Saturn an den Himmel projiziert und in seinen«Kindern» als angeblich durch ihn so geprägt wiederentdeckt wurde.

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wälzen eine tatsächliche Schuld auf andere. Das Zeichen der Sa-turnstellung verschiebt nur die Akzente.

Die Zeichen der leidenden Form sind mehr auf «Hinnehmen» ausgerich-tet, verschieden jedoch in den Vorbehalten. So wird der gleiche Betrag anWeltangst, der bei STEINBOCK zur mißtrauischen Vorsorge führt, beiJUNGFRAU zur nervösen Ängstlichkeit und Flucht in Nebenumstände, beiSTIER, im passiven Widerstand der Einzelperson, zum dumpfen, lähmendenDruck, der einer Aufnahmesperre gleichkommt. Dieselbe Regung kann beiSKORPION in unvermutete Aggression umschlagen nach dem Motto, daß derAngriff die beste Verteidigung sei, während FISCHE sich gemeinhin längstaus dem Staube gemacht hat, hingegen KREBS, durch Störungen gekränktund in sich verkrochen, abwartet, bis die Welt wieder zusammenstimmt.

Die Zeichen der tätigen Form neigen demgegenüber zum «Bewältigen»,doch verschieden in den Voraussetzungen. Dieselbe Unbedenklichkeit, diebei WIDDER akzeptiert, was in die Willensrichtung paßt und über Unvorher-gesehenes stolpert, bringt bei LÖWE zuweilen Meister im Vergessen vonDingen hervor, die nicht mit dem persönlichen Lebensschwung überein-stimmen, während SCHÜTZE begeistert dem Aufflug seiner projektivenPfeile folgt und mit ihrem Absinken selbst zusammenbricht. In Bedenklich-keiten unbekümmert dahinzuleben gelingt WAAGE durch elastisches Aus-weichen, in ständigem Abwägen eine entschiedene Stellungnahme vermei-dend; opportunistisch wendet ZWILLINGE ein Urteilsschema an, nach demsich alle Dinge einteilen, betiteln und wieder umbeziffern lassen; schließlicherreicht WASSERMANN einen relativ enttäuschungsfreien Abstand manchmalnur durch die Schlüssigkeit eines blutleeren Systems.

Keinem, der mit dem Leben ernst macht, bleibt die Mühe umsaturnischen Selbstschutz und sicheren Grund seiner Existenzerspart. Doch Angst- und Krampfhaltung ziehen meistens dasUnglück herbei, das sie fliehen wollen, mißlingende Pläne gehenoft auf mangelnden Realitätssinn zurück, Vereinsamung, Zu-rückgeworfensein auf sich haben ihre Ursache häufig in eigen-sinnigem Sichverschließen. Saturn in jeder Verknüpfung stelltdie Frage: wie weit drang Fremdes ein, unter welchen Vorzei-chen wurde es akzeptiert, wie ist es zur Sicherung des Gesamtbe-standes einzubauen? Wer den individuellen Fall deutet, muß wiebei allen Wissenschaften richtig fragen lernen und in der Grund-kombination sich beschränken auf dasjenige, was das Meßbildallein hergibt. Es kommt hier besonders darauf an, die Weichen

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genau zu stellen und damit Fehlentwicklungen zu verhüten, wennauch die Anfrager meist nur interessiert, wann und mit welchemZug sie fahren können.

Phantasie, Gemüt, rhythmische Lebensbeseelung

�Untersuchen wir den Kern im Umkreis seiner Ausstrahlung, in

jenem Verhalten, welches den Eigenrhythmus der Seele beimAufgreifen momentaner Erscheinungen zum Ausdruck bringt, soblicken wir auf den Mondstand. Das Zeichen enthält das vermit-telnde Fluidum, die Gestimmtheit, in der wir Dinge aus ihremobjektiven Fürsichsein herauslösen und in den eigenen Lebens-strom aufnehmen, die Form der Spiegelung des Äußeren im In-neren. Wir. nennen es die Gemütsbeteiligung am Tun undLassen, so daß schon die Unterscheidung tätiger und leidenderForm einen Hinweis darauf gibt. Die Beachtung der Seinsebeneergänzt dies in bezug auf das Arsenal, aus dem die Lebenser-wartungen ihre Bilder holen, und das Temperament umfaßt dieemotionale Seite, wobei die Vitalität mehr ein mitschwingendesErgriffensein als etwas selbstwillig sich Durchsetzendes angibt.

Dem I. Band entnehmen wir Stichworte wie Funktionalitätoder rhythmische Lebensbeseelung, Phantasie und Gemüt, dasTraumhafte usw. Im Schema S. 78 finden wir Mond als überda-chende, an allem teilhabende, für sich genommen farblose We-senskraft. Beim Zusammenspiel der Kräfte ist dies die wechsel-seitige Durchdringung der Gegensatzpaare, zuoberst der exi-stenzbestimmenden Polarität von Sonne und Saturn; auch deu-tungsmäßig kommt demnach die Gesamtaspektierung inBetracht, und die Mondaspekte deuten insonderheit die Zugängeoder Sperren der Gefühle an. Unsere Kombination mit dem Zei-chen beginnt sinngemäß mit dem Ausdruck (Bd. II, Einzeldar-stellungen) und meint damit diejenige kundgegebene Seelen-

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haltung und körperliche Innervation, die gemeinhin Ausdruck derGemütsbewegung heißt. Wir sind uns jedoch darüber klar, daßdieser Abschnitt auch auf den Aszendenten bezogen gilt, womiteine bloße Reaktionsart ohne zusätzlichen Affekt gemeint ist.Beides kann verschieden, ja, bei Mond am Deszendenten, gegen-sätzlich sein. Um angesichts dieser Überschneidungen hindurch-zublicken, sei erinnert, daß der Aszendent persönlicheReaktionen auf die Umwelt, die auch relativ unbeteiligt vor sichgehen können, der Mondstand aber denjenigen beseelten Aus-druck betrifft, welcher die Gemütslage zum Vorschein bringt.Diese unterliegt einem Stimmungswandel, einem Wechsel derLaunen und Wallungen in Zusammenhang mit innerseelischenVorgängen. Im mondbesetzten Zeichen liegt somit das eigentli-che Seelenklima. Es ist die passive Seite des Verhältnisses zuMitlebendem, sozusagen ihm zugekehrtes Ansaugen von Le-benswärme gegenüber der Wärmeerzeugung aus sich, der imSonnenstand angegebenen aktiven Seite (vgl. Bd. II, S. 140).

Reizvoll ist es, die Ausdrucksverschiedenheit von Aszendentund Mondstand am lebenden Modell zu verfolgen. Der Aszen-dent meldet sich im oberflächlichen Angeregtsein, etwa beiWAAGE (Bd. II, S. 214): «vermittelnder Ausdruck, verbindlichansprechender oder mit heiterem Schwung befriedender Ton»usw. Finden wir gleichzeitig Mond in STIER, so bringt dagegenfühlendes Teilhaben als Gemütsausdruck zur Geltung (Bd. II, S.177): «bedächtiger Ausdruck, von der empfundenen Schwere derGehalte verzögert, meist reserviert doch ruhig, sicher» usw. Der-selbe Mensch wird also im Ausdruck weltoffener oder verschlos-sener sein, je nachdem er in Oberflächenreaktion auf seinGegenüber eingeht oder Dinge berührt werden, die sein Gemütansprechen. Im letzteren Fall ist er «schwerfällig, manchmal un-beholfen, alles andere als ein Blender, will nicht mehr sein undgelten als er ist» usw. Im anderen Fall, bei leichthin aufgegriffe-nem Kontakt, zeigt sich «kundgegebene Bereitschaft, zu verste-hen und auf das Andersartige einzugehen, meist Geschmack, dasim Augenblick Passende zu sagen» usw. Wie anders die Gemüts-art, wenn wir gleichfalls bei Aszendent in WAAGE den Mond inLÖWE finden (Bd. II, S. 199) «autoritärer Ausdruck, sonorer,

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selbstsicherer Ton, folgt ohne Skrupel und theoretische Spitzfin-digkeiten seinem Impuls, seiner Überzeugung» usw. Währendbeim Erdzeichen STIER das Gemüt zurückhält und sachlich be-kannten Boden zu gewinnen sucht, steigert es sich beim Feuer-zeichen LÖWE in einen Rausch der Affekte, «Beachtetwerdenseiner Meinung als sonnenklare Selbstverständlichkeit betrach-tend». Beides gilt hier bezogen auf einen Aszendenten im Luft-zeichen WAAGE. Ohne täuschen zu wollen, verbirgt dessenSofortreaktion mit seiner Toleranz und dem Vermeiden extremerFestlegungen einen Punkt, in dem das «Kind in uns» seine Auf-nahmefrische, aber auch Ängste und Launen bewahrt hat undnach Anschluß sucht. Bei STIER ruht dies Mondhafte in einer Zu-ständlichkeit des Gefühls, öffnet sich dem lustvoll Anschaulichenund wehrt Unlustvolles ab, begreift Abstraktheiten lediglich überBilder und reale Beispiele. Bei LÖWE lebt es in einem daseins-bejahenden Gefühlsschwung, der sich mit impulsiver Herzlich-keit mitteilt, allen animalischen Tollheiten zugänglich, in einerwarmblütigen Atmosphäre, die nur in Verletzungen des persönli-chen Stolzes ihre Grenze findet.

Hieraus ergibt sich eine Fülle von Abwandlungen, wobei dieunmittelbare Reaktion vom eigentlichen Gefühlston unterschie-den ist, außer in den Fällen, bei denen der Mond im Zeichen desAszendenten steht. Die Scheidung wird umso deutlicher, je mehrdas Zeichen des Aszendenten den Verhaltensschematismus zurAusbildung der Persona (im Sinne von C. G. Jung) herleiht.Eben weil mit dem Aszendenten keine bestimmte Kraft eineStellung bezieht und sich äußert, sondern schlechthin ein Aus-drucksprinzip dargelebt wird, bildet seine Reaktionsweise dasnaturgegebene Schema zur Formung der Maske, unter der wirvor der Umwelt erscheinen. Der Ausdruck «Maske» meint nichtunbedingt vorgetäuschte Persönlichkeit, diese bestimmt sichvielmehr auch unabsichtlich aus der Rolle in der Umwelt. DemAszendenten fehlt jene bildnerische Fähigkeit, die «Aspekte sen-det», er «empfängt» nur welche von Planeten. Das im Aszen-denten gegebene wird geprägt, prägt selber nicht. Das aus ihmGeprägte kann ein selbststilisiertes Ich sein, es kann Entstellun-gen, Überformungen oder Kompensationen enthalten, wenn,

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dann ist dies in der Gesamtstruktur bedingt, konfrontiert einerabweichenden Umwelt. Lassen wir aber dies zunächst außer Be-tracht. Eine dem Zeichen gemäße Ansprechbarkeit bleibt unab-hängig von der entwickelten Ausprägung. Diese immer durch-schlagende Reaktionsart unterscheidet sich wenn der Mond nichtam Aszendenten steht - vom Ausdruck des Gemüts, so daß derkundige Beobachter am Verhalten den Grad der Beteiligung er-kennt. Allerdings will die Temperamentsart der Zeichen beachtetsein. Bei STIER erscheint sie schlafender als bei LÖWE. Wer fer-ner glaubt, wachsende Beteiligung bedeute stets zunehmende«Wärme» gegenüber «kalter» Oberflächenreaktion, irrt. Dies wä-re der Fall, wenn der beschriebene Mondstand in LÖWE zusam-menträfe mit Aszendent STEINBOCK, von dem zu sagen ist (Bd.II, S. 237): «formalistischer Ausdruck, prägnant, sparsam, Über-flüssiges vermeidend, karg und schmucklos» usw. Es kann aberauch umgekehrt liegen, Aszendent in LÖWE, Mond inSTEINBOCK. Dann wird hinter dem bejahenden Lebensschwungund der oberflächenhaften Abwehr dessen, was die Stimmungsenkt oder den eigenen Wert in Frage stellt, «bei Betroffenseinim Ehrenpunkte aufbrausend, doch ohne nachtragend zu sein,»mit anwachsend stärkerer Beteiligung des Gemüts eine erd-schwere Senkung eintreten, der «müde-melancholische Ton» vonMond im Saturnzeichen, der Befürchtungen, Bedrückungen ver-spüren läßt, auch leicht etwas übel nimmt, und: «unangenehmeTatsachen werden mit Härte und ohne Rücksicht auf die Ge-stimmtheit des Gegenübers gesagt.» Ein so Beanlagter spürt sel-ber kaum den Wechsel von temperamentsmäßiger Intensität zugemütsmäßiger Tiefe, da bei diesen «harten Zeichen» für Zwi-schengefühle wenig Raum ist.

Wieder bereiten wir die Gesamtkombination vor, wenn wir imHinzunehmen des Feldes die Umstände und gegenständlichenMotive bedenken, die eine gemütsmäßige Stellungnahme auslö-sen.29 Behalten wir das Beispiel des Aszendenten WAAGE bei und

29 Mit der Koppelung von Aszendent und Mond ist im Felderkreise eine bestimmte

Richtung des Gemüts festgelegt. Beim gewählten Aszendenten WAAGE stimmen am Be-ginn des Zeichens auch auf höheren Breiten die Feld- und Zeichengrößen annähernd über-ein (umgekehrte Ineinanderschaltung der beiden Kreise), eine Mondstellung in STIER

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vergegenwärtigen wir uns Mond in SKORPION, so kann dieser aufdas 1 . oder 2. Feld bezogen sein. Auf jeden Fall gilt für dieOberflächenreaktion das unter WAAGE beschriebene heiter ent-gegenkommende, offene, kontaktfreudige Verhalten. Doch mitAnrühren der privaten Gefühlssphäre, wenn etwa eine kritischeBemerkung aus der höflichen Maske die affektive Stellungnahmeherauslockt, gewittert es (Bd. II, S. 221): «derbdrastischer Aus-druck, nennt die Dinge beim Namen und scheut nicht Unbeliebt-heit, wenn es etwas von anderen verschwiegen Gehaltenesaufzudecken gilt» usw. Steht nun der Mond im 1. Feld, so ist dieseine momentane persönliche Entladung, «manchmal schneiden-der Ton, der, ohne die Worte zu wägen, herauswirft, was die Tie-fenlotung des Augenblicks heraufholt». Steht er im 2. Feld, somuß zur affektiven Äußerung schon angetastet sein, was als per-sönliches Eigentum betrachtet wird. Bei dem mehr auf Verbrauchund Umsatz als auf Behalten gestimmten SKORPION-Prinzip - undeinigem Niveau - ist dies weniger im materiellen Besitz zu su-chen, als in erworbenen Überzeugungen, die «seelisch Unver-gängliches» betreffen. Im Erwerb solcher Überzeugungen sprachwahrscheinlich mit die «Lust, an hohlen Autoritäten und kon-ventionellen Vorurteilen zu rütteln»; gegebenenfalls gehört zurErwerbstätigkeit «Verbergenkönnen eigener Absichten, Fangfra-gen beim Gang einer Untersuchung», etwa in einem kriminalisti-schen, psychologischen oder diplomatischen Beruf.

Natürlich ist für das Zutreffen einer schon so detaillierten Aus-sage wie der letztgenannten eine gewisse Entwicklungshöhe so-wie die Bestätigung durch andere Anlagekomponenten, beimBeruf gar eine entsprechende Ausbildung. nötig. Vorläufig be-finden wir uns erst bei der Grundkombination und der Ermittlungvon Hinweisen. Ferner ist psychische Gesundheit vorauszuset-

besetzt dabei immer das 7. oder 8., eine solche in LÖWE das 10. oder 11. Feld. Bei anderenAszendentenzeichen sind die Unterschiede größer, zumal mit anwachsender Polhöhe, dieSchräge des Meridians zum Horizont kehrt sich auf der Südhalbkugel naturgemäß zur ande-ren Seite. Auf jeden Fall liegt in diesem Verhältnis, ob der Mond über oder unter dem Ho-rizont steht, was einem Mehrbetrag an Extraversion oder Introversion der seelischenHaltung entspricht (vgl. Bd. II, S. 265). Dies kommt zu der aus dem Temperament ersicht-lichen Neigung hinzu (Bd. II, S. 64).

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zen. Das 2. Feld betrifft den Aufbau einer Grundlage der Eigen-person. Bei der Empfänglichkeit für katastrophale Einbrüche indie seelische Unversehrtheit, dem Verletzlichen und Leidensbe-reiten der SKORPION-Anlage kann sich auch eine hysterischeReizbarkeit herausgebildet haben. Das Meßbild verweigert denAufschluß darüber. Dies zu ermitteln ist Sache der Anamnese,Aspekte geben nur Konflikt-Voraussetzungen an.

Für Folgerungen aus einem Befund überhaupt, auch in andersgelagerten Fällen, wird es aber wichtig, den Gegensatz der We-senskräfte Mond und Saturn schärfer ins Auge zu fassen. Wirgehen dabei hinaus über die zeitliche Verlaufsgestalt, über bereitsgegebene Definitionen als «Anfang und Ende, Jugend- und Al-terspersönlichkeit». In Saturn liegt die Tendenz, das Blickfeldgegenständlich einzugrenzen, sich auf eine Sache zu konzentrie-ren, in Mond die Tendenz, den Bezugsraum auszudehnen, einErlebnis oder Gefühlsmotiv in Bedeutung und Gehalt auf andereGegenstände zu übertragen (vgl. Bd. I, S. 122). Dies gehört zurallgemeinen psychischen Funktion, dem «Spiel der Phantasie»,vor allem im Traum, und greift über in das Erinnerungsvermö-gen, die wiedererweckende Verfügbarmachung der Gedächnisin-halte für den lebendigen Augenblick.30 Wir wissen aus dem Stu-dium der Kinderlüge, der Erlebniswelt von Primitiven und ande-rem, wie in einem Frühzustand diese Dinge in Fluß sind und diebildschöpferische Funktion der Seele eingreift, um eine durchTatsachen gestörte Intaktheit des Gemüts wieder herzustellen.Vom saturnischen Realitätsprinzip beurteilt, handelt es sich beisolchen mondhaften Erzeugnissen um eine Wahnwelt, die aus der

30 Die unwillkürliche Erinnerung kann unterstützt werden durch ein absichtliches - mer-kurisch gesteuertes - sich Erinnernwollen. Schon Aristoteles handelte davon. Als begünsti-gend für die «Jagd» nach einem Gedächtnisinhalt sah er an, daß man den zeitlichen Ablaufdes Geschehens rekonstruiert, daß man ferner sich Eindrücke zurückruft, die zum Gesuch-ten im Verhältnis der Ähnlichkeit, des Gegensatztes oder der räumlichen und zeitlichenNähe stehen. Die letzten drei Momente bezeichnete Th. Brown als primäre Assoziationsge-setze, denen er als sekundäre anfügte: 1. die Dauer des ursprünglichen Eindrucks, 2. seineLebhaftigkeit, 3. die Häufigkeit seiner Wiederholung, 4. seine Frische, s. das Fehlen kon-kurrierender Eindrücke, 6. konstitutionelle Unterschiede der Eindrucksempfänger, 7. derenjeweilige Gemütslage, 8. deren körperlicher Zustand, 9. deren Lebensgewohnheiten. Be-kannt ist die durch Sigmund Freud eingeführte psychoanalytische Technik des Pro-vozierens freier Einfälle durch Reizworte, sie wendet sich überfallartig an die unwillkürli-che Erinnerung.

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Vorratskammer der Empirie den Stoff für einen verfälschten An-schauungszusammenhang holt und, wenn die Kontrolle darüberverloren geht, zur Psychose wird. Dieses Prinzip setzt eine aufObjekterfahrung gegründete Welt als einzig gültige ein. Es läßtuns den Psychotiker betrachten als jemanden, der sich mit seinemWahn aus der normal gültigen Realität absondert. Manche sehendiese gefährliche Absonderung bereits bei der Phantasie begin-nen.

In Wesenskräften gedacht bedeutet aber Gesundheit ein lebens-taugliches Zurverfügunghaben aller Kräfte, beim vorliegendenKräftepaar ein Verhalten, das beide Zügel, Phantasie und Reali-tätssinn, handhabt. Individual- und menschheitsgeschichtlich hatsich eigentlich die Objekterfahrung mit ihrem Anspruch abge-sondert von einer früheren Vorherrschaft der Subjektkräfte, einerdurch die Haupt-Lebenssymbole Sonne und Mond bestimmtenWeltschau. Zeitlich zuerst kommt das Mondhafte, noch am Be-ginn des eigenen Lebens erlebt als unmittelbare kreatürlicheFunktion in der Verbundenheit von Mutter und Kind. Hier ver-sinnbildlicht Mond das ursprüngliche Seelenleben in Einheit vonGefühl, Ahnung und Schauen mit vegetativen Vorgängen, sowiedas Heranwachsen in Kontakt und Obhut. Die vielberufene Mut-terbindung ist nicht nur ein «Lustproblem», sondern geht tief-innerlicher auf die erste mütterliche Anleitung oder ihren Mangel- bei der Entfaltung der Gemütskraft zurück. Eine später von derWelt abgestoßene Psyche strebt begreiflicherweise wieder in dieanfängliche Geborgenheit und greift Erinnerungsspuren auf. Ge-schieht dies in pathologischer Form, dann auf Grund des unbe-wältigten Saturnischen, nämlich der im Laufe des Lebens einge-gangenen Bindung an Objekterfahrungen, die nicht integriertwurden. In dieser Form haben sie die Psyche undurchlässig ge-macht für den Einstrom der umschaffenden Phantasie; der heim-liche Groll haftet an einer entstellten, leidensmäßig besetztenGegenstandswelt. Während das Mondhafte lockert und löst, dieProbleme, ihre Dinglichkeit heilsam verwandelnd wieder in Fluß

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bringt, erstarrt die Lebensproblematik im isoliert Saturnischenzu bestimmten Haltungen bis zur «Unheilbarkeit».31

Freilich sind im Mondhaften ebensowohl Selbsttäuschungen,Aberglaube, Halluzinationen zu Hause - Niveausenkung heißthier Infantilismus. Dies hängt von der aussetzenden Kontrollbe-ziehung zum Saturnischen ab. Auch bringt es einen Widerspruchseelischer Untergründe zum realitätsangepaßten Verhalten durchgelegentliches Versprechen, Fehlleistungen und ablenkendeTagträume zum Vorschein. In diesem Sinne verhalten sich dieSeelentiefen stets «unangepaßt» und gestalten ihr Eigenleben inden Bildern des Traumes, deren bedeutsamste aus einem verbor-genen Besitz urbildhaften Wissens schöpfen. Unterhalb der äuße-ren Verknüpfung von Bildprojektion mit Objektwahrnehmung istschließlich eine ursprüngliche Verschmelzung von Mond undSaturn in der Kernregion vorauszusetzen, aus welcher die vor-kommenden Schicksalsträume möglich werden. All diese Lei-stungen sind in den Seelenschichten latent vorhanden, dieVerfügung darüber betrifft die Entwickeltheit der übrigen We-senskräfte im Verhältnis zur urtümlichen Verfassung des Men-schen. Das Meßbild enthält kein Kriterium dafür. Wohl aber sagtdas Zeichen des Mondstandes - ergänzt durch Aspekte - einigesaus über Realitätsnähe und Schicksalsbereitschaft oder -angst,über die Lockerheit der Übertragungsfunktion und anderes sowiedie Assoziationsfähigkeit, wenn wir auch nicht die Assoziati-onsmuster kennen, die der äußere Lebensgang mit angesammel-ter Erfahrung hergestellt hat.

Bei der folgenden Darstellung verlassen wir die bisher ge-wohnte Einteilung nach Seinsebenen - die natürlich darin einbe-zogen sind - zu Gunsten der Kreisfolge. Verweist doch geradedas in Mond symbolisierte Ebben und Fluten der Seelenbewe-

31 Wir greifen hier die Anmerkung S. 120 nochmals auf. Die Ideen des Paranoikers sindunkorrigierbar durch Tatsachenerfahrungen, die ihn eines anderen belehren müßten. Wirsehen darin aber keinen Entzug an Realität, sondern lebensuntauglich fixierte Realität, derVerständigung mit anderen entzogen, die nun zum Rahmen eines von der Außenwelt abge-sperrten Phantasielebens wird. Die autistische Haltung von Geisteskranken überhaupt zeigt,daß «saturnische Erstarrungen», demgemäß Sperren gegen mondhafte Beteiligung an derWahrnehmung und mitmenschlichen Kontakt, also mangelnde Zufuhr von Wirklichkeits-erlebnissen, eine wesentliche Voraussetzung der Geisteskrankheit bilden. Auf dieserGrundlage bekommen denn die transsaturnischen Kräfte eine sinnverwirrende Rolle.

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gung auf die Folge von Wandlungsstufen, welche, in sich zu-rückmündend, der Tierkreis darstellt. Das über konstellativeGrenzen hiwegflutende Erleben schließt uns die Gesamtfolgeauf. Die Seele bildet ja kein abgegrenztes Bestandstück des Men-schen, ein bestimmter Einsatzpunkt im Kreis ist uns jedoch alsseelische Funktion angeboren, charakterisiert im Mondstand.Seiner Kombination mit dem Zeichen entnehmen wir das Eigen-tümliche des Stimmungstons, der Gemütslage und der Erwartun-gen, verbunden mit einer entsprechenden Gefühlsweise.

&WIDDER. Stimmungston der fraglosen Entschlossenheit, anfallende Pro-

bleme unter die Botmäßigkeit des Willens zu bringen; gering einfühlfähig inabweichende Anschauungen anderer, fährt ihnen durchs Wort und sucht imGespräch sich an die Spitze zu spielen, pocht oft weniger auf Verstanden-werden als auf Anerkennung. Die aktive Gemütslage will sich im ureigenenRhythmus darleben, frisch, kühn, gradlinig, manchmal etwas derb und laut,meist vorschnell, die zum Vorwärtsbringen seiner Sache nötigen Dinge be-denkenlos in Anspruch nehmend. Spontan aufblitzende Erwartungen mitdem Wunsch nach Sofortverwirklichung, Gefühle heftig in Zuwendung undBeiseiteschieben, im Kontakt besitzergreifend mit der Einstellung «so willich dich haben».

'STIER. Stimmungston des Hängens am Überdauernden, läßt Dinge, die

weder verlocken noch sinnenfällig bedrohen, vertrauensvoll auf sich beru-hen; im Gespräch bei Abstraktheiten und ungewohnten Gegenständen eherstumm, begriffsstutzig, wenn auch aufnahmebedürftig für geduldige Erklä-rungen. Die passive Gemütslage nimmt anschaubare Realitäten naiv gläu-big hin, bewegt sich gern in gediegenen Verhältnissen und in gleichmäßigerOrdnung, wählt und genießt, langsamer geht die Assimilation überraschen-der Eindrücke vonstatten. Unkündbar festgesetzte Erwartungen im Rahmendes Erreichbaren, Gefühle warten die Verwirklichung ab, anhänglich beieingegangenem Kontakt, im allgemeinen friedfertig und schlicht, bei Ver-teidigung von Angeeignetem widerstandsfest, trotzig ausharrend.

(ZWILLINGE. Stimmungston der jugendlichen Lebensneugier, zwischen

unbekümmert beurteilten Eindrücken hin und her springender Fragegeist,gesprächig, raschem Wechsel unterworfen, im Verkehr die Trennungsliniender Interessen innehaltend. Die in skeptischer Bespiegelung schwebende

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Gemütslage bleibt offen und unverbindlich, wenn nicht durch einleuchtendeGründe bestimmt, die mitunter zu jähem Umschwenken der Haltung führen,auch flüchtiges Aufmerksamwerden auf Probleme, die aus dem Vorrat ferti-ger Begriffe gar nicht beantwortbar sind. Sensationelle Erwartungen, beiausgelebtem Neuheitswert der Erfüllungen unvermittelt teilnahmslos, leichtintensivierbare aber oft zwittrige Gefühle mit superlativischer Bekundung,Anpassung des Kontakts an vorgesetzte Zwecke.

)KREBS. Stimmungston des Aufschließens verborgener Möglichkeiten,

rückgreifend in Erinnerungen der Frühzeit, vorausgreifend in der Phantasie,im Gespräch meist umständlich das Geahnte auf beweisbare Formen brin-gend, oft romantische Schwärmerei. Die empfängliche Gemütslage vonseelischer Bildsamkeit braucht einen Wurzelboden zur Entfaltung vielseiti-ger Gaben, begibt sich reise- und veränderungslustig, anregbar auf die Su-che; das Nichtverzichten auf die Eigenmelodie bringt häufig kapriziöseLaunen hervor, führt zu Ausweichungen und behelfsmäßigem Unterschlupf,Gekränktsein oder zuweilen Selbstbemitleidung bei Mißverstandenwerden.Ausgreifende Erwartungen, oft schlechthin uneinlösbar, doch Dankbarkeitfür Blickpunkte, die zum Verweilen und Umschauhalten einladen; Gefühleweich und nachgiebig, von intimer Kontaktnähe, geborgen erst in Vertraut-gewordenem.

*LÖWE. Stimmungston des totalen Einsatzes, bei projektiv zusammenge-

faßter Eindruckswelt ganz im lebendigen Augenblick aufgehend, gebrauchtHilfsmittel, wo sie gerade zu finden sind und respektiert die Dinge lediglichin ihrem Lebenswert; unternehmungsfreudiger Optimismus, Bedrückungenabschüttelnd, manchmal leichtsinnig, mitteilsam im Gespräch, kann schweretwas verschweigen, wenn das Herz übergeht, ansichhaltend nur, wo derStolz eine Äußerung verbietet. Die Gemütslage sucht erfüllte Gegenwart,sei es im tätigen Wirken des Alltags oder in festlichen Glanzpunkten, andenen der Gang der Zeit stillsteht, kreatürliche Selbstverständlichkeit in derDarbietung. Anerkennungshungrige Erwartungen, in denen sich der Selbst-entwurf spiegelt, wenn nicht freiwillig gespendet zuweilen herausgefordert;warmblütig im Kontakt, leidenschaftliche Gefühle können zur beherrschen-den Gewalt werden.

+JUNGFRAU. Stimmungston der wachsamen Selbstbewahrung, aus kriti-

scher Abwehr des Befremdenden eher nüchtern in schwebender Aufmerk-samkeit als hingegeben, ängstlich gegen das Unberechenbare, wenn auchNaturoffenbarungen zugänglich, läßt sich im Gespräch nicht in die Karten

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blicken; Abreagieren von Spannung im Werkfleiß, der aus Kleinstem undAlltäglichem noch Gewinn zieht. Die in fürsorgliche Maßnahmen auswei-chende Gemütslage beachtet genau klimatische Bedingungen und andereUmstände, Bekleidung, Sitte, sucht Nahestehenden sich auf diese Weisenützlich zu machen. Eingeschränkte Erwartungen, gegen Enttäuschungengesichert, kluge Einfädelung der Erfüllung konkreter Wünsche; gefühlsmä-ßige Zurückhaltung und Vorsicht, manchmal selbstbezogener Reinheitskult,ein Kontakt bekundet sich häufig auf dem Umwege über materielle Dienst-erweisungen.

,WAAGE. Stimmungston der weltoffenen Bereitschaft, nimmt in der Bezie-

hung zur jeweils vorgefundenen Lage, zu extremen Anschauungen oderverschiedenartigen Dingen und Charakteren einen überbauenden Blickpunktein; kommunikationsbedürftig, im Gespräch eine entgegenkommende undzwischen Widersprüchen vermittelnde Tendenz. Die impressible Gemütsla-ge des schwebenden Gleichgewichts strebt den akuten Anforderungen einemunter vorantragende, gemeinverbindliche Note abzugewinnen, Anregun-gen in einen ausgeglichenen Lebensstil einzubauen, heiter, geschmacks-mäßig gesteuert der herantretenden Reizkonstellation hingegeben. Unfest-gelegte Erwartungen, die erst im Gebrauchtwerden, im gemeinschaftlichenAnspruch und Auftrag, ihren Inhalt bekommen; Kontaktgefühle jenseits vonFürchten und Hoffen umfassen mit Eros-Unterschwingung alles, was nichtaus dem gerechten Maß heraustritt.

-SKORPION. Stimmungston des bedrohlichen Ausgesetztseins, Witterung

hintergründiger Gefahren, stöben gern in Dingen herum, von denen mannormalerweise nicht spricht, nimmt kein Blatt vor den Mund oder beobach-tet lauernd die Entlarvung anderer. Die reizbare Gemütslage spürt aufklaf-fende Risse des «schönen Scheins» und «faulen Friedens», wird erst beiaufgedeckten Karten das Mißtrauen los, gießt im Streitfalle eher Öl ins Feu-er als zu vertuschen; doch standhaft im Aushalten krisenhafter Verwicklun-gen, auch wenn in Verzweiflung gestürzt, wirft sich entschlossen demerkannten Übe1 entgegen, gegebenenfalls eigener Radikalverzicht. Phasen-haft veränderte Erwartungen, mitunter widersprüchlich gegeneinander ab-gesetzt; die leidenschaftlich aufwühlbaren Gefühle sind selten frei vonzerstörerischen Affekten, stark in Begierden, versucherischem Kontakt nichtausweichend oder aber schroff dagegen abgegrenzt, wenn eingesehen, war-um und wofür.

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.SCHÜTZE. Stimmungston der großen Sicht, entfesselte Bewegungslust von

Abenteuer zu Abenteuer, gleichsam ständig auf dem Wege zum Endzielbefindlich, so daß die herantretenden Dinge - noch so intensiv erlebt - im,Lichte der Vorläufigkeit stehen; freimütig in der Redeweise. Die ungeduldigaufs Künftige ausgerichtete Gemütslage braucht gläubigen Aufblick undVerehrung, eine gewisse Sakralstimmung mit unantastbaren Werten, verliertim idealen Schwung zuweilen das Verhältnis zur realen Gegenwart, derWunsch eilt den Mitteln des Zustandekommens einer Erfüllung weit voraus.Forderungshafte Erwartungen, durch Überspitzen der Situation leicht ent-täuscht auf sich zurückgeworfen; jäh aufflammende Gefühle, hoffnungsvollgesteigert im Kontakt oder vornehm distanziert.

/STEINBOCK. Stimmungston des Erduldens auferlegter Last, sorgendes

Bemühen um Pflicht und Auftrag, behutsames Vorgehen mit Einbau vonRückversicherungen gegen abschweifende Phantasie; im Gespräch ver-schanzt sich seelische Beteiligung gern hinter sachlichen Einwänden, Be-schwernissen. Die vom Üblichen eingezwängte melancholische Gemütslage,bedrückt durch konkrete Forderungen der Tageswirklichkeit, münzt häufigin «moralische Anrechte» um, was die Unterwerfung unter soziale Formenund Grundsätze an unmittelbarem Leben kostet. Ehrfürchtige Erwartungen,oft autoritätsgläubig in Hinblick darin gesehener Aufbaulinien einer überge-ordneten Welt, des Bleibenden; zurückgehaltene Gefühle aus Angst vorHintergangenwerden redlicher Absichten, etwas ungeschickt in der Er-schließung, häufig kontaktscheu oder Mangel an teilnehmendem Feingefühl,doch ernst in der Zusage.

0WASSERMANN. Stimmungston der Gelassenheit, umspringend in schwe-

relosen Aufschwung, den Ansprüchen seiner Überzeugung zur Verfügungstehend, wobei Mitteilung und Aussprache lebenswichtig; die Dinge be-kommen oft etwas schwebend Atmosphärisches je nach der Ideenwelt, inder sie gespiegelt werden, anderseits kühle rechnerische Behandlung seeli-scher Tatsachen. Die mitmenschlich eingestellte euphorische Gemütslagebraucht offene Horizonte der Weltbetrachtung, Klarheit, Helligkeit, aus wel-cher der Alltag seine Bedeutung empfängt, häufig ein Bildungseifer zur Be-herrschung der Klaviatur praktischer Verbesserungen. GesinnungsbedingteErwartungen, das Durchdrungensein hiervon macht duldsam, enthebt derWillkür momentaner Leidenschaften, doch auch wieder abgrenzend oderteilnehmend, je nachdem die Gefühle dadurch Spannung und Richtung emp-

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fangen; Kontakt heißt verstehender Austausch auf gleichem Boden, zuwei-len Vorliebe für ein gewisses Ritual.

1FISCHE. Stimmungston des Weltverlorenseins, sensibel umhergetrieben

durch widerstandslos empfangene Eindrücke, dem universellen Lebens-strom sich überlassend, umgebungsabhängig und beeinflußbar, dennochungebunden und festem Zugriff sich entwindend; Verständnis im Gesprächmehr vom angeschlagenen Ton aus als über konkrete Inhalte. In der Ge-mütslage hingebungswilliger Weiträumigkeit können verschiedenerlei Be-strebungen ineinanderfließen, kreuzen sich zuweilen in aufgewirbelterPanik, doch die aus allen Verkrampfungen lösende Elastizität, das Anheim-gebenkönnen, findet immer wieder Auswege, die anderen allerdings zuwei-len absurd vorkommen. Uferlose Erwartungen, meist mit undeutlichen Um-rissen beginnend, in wechselnden Lagen erneut aufgegriffen und abgeklärt;anschmiegsame Gefühle, trotz stimmungsbedingter heftiger Schwankungenirgendwie unverletzlich, nicht berechnend und milieubeengt im Aufgreifeneines Kontakts, haftend aber nur bei ausgeprobter innerer Bindung.

Nicht ohne Grund gelten in der astrologischen Tradition dieWasserzeichen als «sensitive Zeichen» in dem Sinne, daß sie dieempfängliche, phantasiebewegte Eigenart des Mondhaften un-mittelbarer auswirken. Unter den vier Seinsebenen ordnen wir sieder seelischen Ebene zu. Das Seelenleben ist ein Prozeß, der sichständig nach innen hin begibt und den Unterbau des geistigenLebens schafft - die psychischen Begleittöne des Denkens -, sowie der organische Lebensprozeß sich nach außen hin begibt undMaterielles als seinen Unterbau aufgreift. Dieser Beziehung derEbenen entspricht es, die Assoziationsfärhigkeit und Übertragungam geschmeidigsten in den Wasserzeichen funktionierend zu fin-den, relativ störrig in den Erdzeichen und wenn, dann in phanta-siearmer Gegenständlichkeit gehalten. In den Dispositoren derwäßrigen und erdhaften Kardinalzeichen, Mond und Saturn, sa-hen wir beheimatet, was Gerhard Pfahler «fließende» und «feste»Gehalte nennt (Bd. II, S. 91/92, Anmerkung). Hiermit berührenwir das Verhältnis von Kraft und Prinzip in Übereinstimmungoder Widerspruch (vgl. Bd. II, S. 54/ 55 ). KREBS ist ein Mond-zeichen, Mond steht darin im «eigenen» Zeichen, in Überein-stimmung: gleichgestimmte Qualität der Kraftäußerung, Stilge-

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mäßheit. STEINBOCK ist ein Saturnzeichen, Mond steht darin im«gegensätzlichen» Zeichen, in Widerspruch: gegengestimmteQualität der Kraftäußerung, Gefahr der Stilwidrigkeit oder posi-tiv bewältigt gegensatzhaltiger Stil.

Greifen wir nochmals den «Ausdruck» auf, so lesen wir beiKREBS (Bd. II, S. 191): «beseelter Ausdruck, gefühlsgetragen-melodisch, inhaltsmäßig mehr andeutend, unexakt, offen las-send» usw. Mit welchem Aszendenten auch kombiniert, durchdie Oberflächenreaktion durchdringend kann sich das Mondhaftestilgerecht äußern. Je stärker die Stellung von Mond im Gesamt-bild, umso verträumter die Einstellung zur Welt, umso symbol-näher sind die Anschauungen, unterströmt von verborgenenWünschen, umso lyrischer gestimmt ist die Ausdrucksweise. Un-gleich schwerfälliger verläuft die Folge von Erlebnissen undVorstellungen bei Mond in STEINBOCK (Bd. II, S. 237): «trocke-ne Redeweise . . ., verbreitet sich umständlich über ein sachlichesThema, nur durch Stoff und Gedankenführung fesselnd, im Per-sönlichen zurückhaltend» usw. Allerdings ist es immerhin Mond,und wo das Gemüt den gegensatzhaltigen Stil bewältigt, fließt es,nur zähflüssiger. Ferner kommt beim Ausdruck immer der As-zendent mit in Betracht. Liegt er wie im vorhin gebrachten Bei-spiel in LÖWE, so gilt angesichts der impulsiven Oberflächen-reaktionen erst für die gemütsmäßige Stellungnahme «auch in derErregung beherrscht», was gegebenenfalls ein momentanes Um-schlagen aus Furioso in Sostenuto sein kann.

Wo immer wir den gegensatzhaltigen Stil antreffen, bedeutetdies nicht quantitativ eine Schwächung, vielmehr hat die Kraftmit zuwiderlaufenden Bedingungen des Ausdrucks zu rechnen.Bei Saturn in KREBS ist das Gedächtnis für lebendige Augenblik-ke gut, doch in die objektive Sacherfahrung mischt sich allzu-leicht der subjektive Gefühlston dieser Augenblicke ein, derfreudige oder schmerzliche Bedeutungen mit den Tatsachen ver-knüpft; und so wird es festgehalten. Dies geschieht häufig in ver-schlüsselter, symbolistischer Form, ist übertragbar auf irgendwieanaloge oder beim Eindruck anwesende Dinge. Ein unschuldigerSachverhalt kann unangenehm besetzt sein, im krassen Fall eineunsinnige Angst auslösen, weil er bildliche Nebenumstände eines

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ehemaligen Schreckerlebnisses enthält. Die Bewältigung des ge-gensatzhaltigen Stils besteht hier darin, daß man sich darüberklar wird, ein einprägsames, aber vorwiegend subjektives Er-fahrungsbild der Welt zu besitzen, das, um ein objektives zu be-kommen, von den mitspielenden Erlebnisresten gereinigt werdenmuß. Bei einem Dichter wie Hölderlin und Trakl - mit ebendieserKombination - beruhte aber gerade auf solchen Begleittönen, der«Synästhesie», die Stärke des dichterischen Bildes.

Umgekehrt liegt es bei Mond in STEINBOCK. Die empfangs-bereite, rhythmisch sich entfaltende, Anschluß und Widerhallsuchende Seelenbewegung ist von Geburt an weniger gelockert,selbstwillig und freizügig, als ihr gemäß wäre. In das Szenariumder Innenwelt bauen sich konkrete, fertige Tatsachen und unum-stößliche Grenzen oder Verbote ein. Trachtet zwar jeder kindli-che Werdezustand solche Umschulung zu sprengen, so preßt siedoch, dem eigenen Zug der Strenge folgend, auf gefühlsunmit-telbare Bekundungen. Sprödigkeit und Härten treten an derenStelle, materielle Beschwernisse der Jugend hinterlassenschmerzliche Nachempfindungen, eingetretene Übertragungenhaften zäher als sonst. Die Bewältigung des gegensatzhaltigenStils erhebt hier das Gemüt zum Dienst am Allgemeinen, Wert-beständigen, mit Ernst sich in eine angemessene Aufgabe hinein-kniend; unbewältigt erlangt es Festigkeit durch Ausleihungkonventioneller Formen, Flucht in Attribute äußeren Ehrgeizes.Begreiflicherweise finden wir diese Kombination häufig bei Re-genten und Staatsmännern (Kaiser Augustus, Karl der Große,Kaiser Karl V., Wallenstein, Washington, Lincoln, Bismarck undWilhelm I., Masaryk, Hitler sowie, wenn die offizielle Geburts-zeit stimmt, Napoleon I.). Schwieriger ist die Versachlichung desGemüts für Frauen; es verlangt spezifisch Weibliches zurückzu-stellen, wenn Feinfühligkeit aufgehen soll in korrekter Behand-lung erfahrbarer Dinge. Mond als Muttersymbol bindet beidiesem Zeichen die Einfühlung in das Werdende an materielleMühe und Sorge, auch wo es von den Verhältnissen aus nichtnötig wäre, die saturnale Zeitbezogenheit zieht aus dem anrük-kenden Alter ein tragisches Motiv. Dennoch hängt bei jeder Be-wältigung des Widerspruchs von Kraft und Prinzip alles von der

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Entwicklungshöhe ab, die bei Mond in die Tiefe des Gemütsgeht. Neben Angst und Verzicht, traurigen Erwartungen und Un-geschick eines depressiven Gefühlslebens, die hier so häufig denTypus der Unterlegenen im Leben, nur noch Duldenden kenn-zeichnen, ein wenig höher die strenge Haushälterin und Leiterineines Gemeinwesens, finden wir die gefaßte Heiterkeit derDurchgedrungenen, finden Beständigkeit, Rechtschaffenheit undeine nirgends sonst angetroffene Grundsatztreue der Erfüllungeines Schicksals.

Antrieb, Durchsetzungskraft, aktive Entäußerung

�Im Gesamt-Lebensantrieb, symbolisiert durch die Sonne, ver-

standen wir die Zusammenfassung lebendiger Regungen zu ei-nem Ganzen. Dieser Zentralpunkt des laufenden Getriebes hat,schon in vorbewußter Dynamik, mit einer spontanen Schleuder-kraft, mit deren Tendenz zu Ausfallbewegungen und zur Durch-setzung nach einzelnen Richtungen zu rechnen, symbolisiertdurch Mars. Beide sind als Antriebssymbole verwandt, doch un-terschieden im Ganzheitlichen und Teiltheitlichen. Dementspre-chend finden wir diese Wesenskraft im Schema S. 78 (Bd. I) inder solaren Gruppe als aktive Entäußerung und entnehmen dem I.Band außerdem Stichworte wie Selektion, das Trieb- und Drang-hafte usw. Die erwähnten anfänglichen Schwierigkeiten, Sonneund Mars auseinanderzuhalten, entstehen im psychischen Aus-drucksbild. Leitliter liegt es im Physiognomischen, wo wir beiMars die Motorik für sich antreffen, direkt auf das Tätigkeitszielzuschießend, bei Sonne eine mehr durch Würde und Selbstgefühlgehaltene Bewegung. Befinden sich, den Aspekten vorgegriffen,der Gesamtantrieb und seine Entäußerung im Konflikt (Quadra-tur, Opposition), dann ist die Dynamik anders, doch ebenso ge-steigert wie bei Gleichrichtung (Konjunktion). Auch im Objekt

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des Antriebes besteht kein eindeutiger Unterschied. Sonne wieMars können sich auf ein Sexualziel, ein Arbeitsziel, eine Lei-stungstrophäe usw. richten, dieser triebunmittelbar, jene indirektals aktive Gesamtstimmung und Bereitschaft zum Handeln, dieAuslösung entsprechender Instinkte begünstigend. Nur in dersubjektiven Lebensbedeutung solcher Ziele - analog der Feld-stellung - begründet sich der Einsatz des einen oder anderen, beiKonjunktion fällt dies zusammen. Ein Rangunterschied liegt aberin der Kraftart. Es ist der Unterschied zwischen dem, was im Le-ben überhaupt zu tun als wert und würdig erachtet wird, womitman sich handelnd als Ganzer identifiziert (Sonne), sowie ander-seits einer vollführenden Trieb- und Energieform, der unter Um-ständen abgespaltenen Teilregung, um etwas Begehrtes auch zuerobern, zu packen, sich seiner zu bemächtigen (Mars). Diessollte im idealen Fall übereinstimmen. Tatsächlich aber könnendie darauf eingestellten Kräfte zusammengehen oder auseinan-derstreben, je nach Interesse und Spannungsform. Ferner, unddamit kommen wir zur Kombination von Planet und Zeichen,kann der Griff heftiger sein als der Herzenswunsch oder umge-kehrt das zentrale Begehren brennender als die zugreifendeHand; sie können in Tempo, Ausdauer, Wagemut, in der Bezug-sebene und anderem, was der Stilform angehört, verschiedensein.

Um die Kombination von Planet und Zeichen für sich zu erler-nen, betrachten wir zunächst den Antrieb und seine Verlaufsge-stalt in der Auslösung eines Geschehens ohne das Ziel. Die reineBewegungsweise haben wir im Temperament, ihm hängt die Be-ziehung zu einer der vier Ebenen des Seins an. Ferner kommt dieDreigliederung zur Geltung. Die Dynamik kann liegen:

kardinal: in den entscheidend vorwärtsbringenden Ansätzen,im stoßweisen oder nachdrücklichen Vorgehen von diesenPunkten aus,

fix: in der Nachhaltigkeit der Methoden oder im wiederholtenUmkreisen bestimmter Bemächtigungsobjekte, die einen grund-legenden Wert verkörpern,

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labil: in der wendigen und wechselnden Energiebekundung,dem Einsatz je nach Lage der Dinge und Gelegenheit zur sponta-nen Äußerung.

Inbegriffen sind diese Schattierungen in der Vitalitätsart. Wirerhalten daraus gewisse Aussagen, wenn wir Mars gleichsam alsäußeres Aktivum des in Sonne ausgedruckten Gesamtpotentialsbetrachten. Ein kämpferisches Bild zweier Extreme soll ihr Ver-hältnis verdeutlichen. Es gibt überaktive Vorposten einer friede-bedürftigen, verhältnismäßig inaktiven Hauptmasse, jene inständigem Geplänkel befindlich, diese ruhend bis zum Einsatzaufgerufen. Anderseits gibt es schwer bewegliche und passive,reaktionsstumpfe Vorposten einer schlagbereiten Kerntruppe, dieihre Stoßkraft aber erst dann offenbart, wenn als Ganzes ins Ge-fecht gezogen. (Wachsamkeit, geschickte Erkundigung und In-formation, um das Bild zu vervollständigen, sind eine andere,unter Merkur gehörige Sache.) Beziehen wir nun die Vitalitätsartder Zeichen auf Mars wie auf Sonne, so haben wir also dort dieAusgabe in direkter Berührung mit den Dingen, sozusagen die«handgreifliche» Seite, hingegen hier den Hauptherd der Vitali-tät. Stünde demnach Mars in WIDDER, so gälte für das äußereAktivum (Bd. II, S. 167): «stoßartige Vitalität, angreifend undvorwärtsdrängend, bei gerichtetem Impuls zäh in der Leistungs-spannung» usw. Stünde gleichzeitig die Sonne in STIER, so gältefür das Gesamtpotential (Bd. II, S. 174): «angestaute Vitalität,eine stark in Säften stehende, doch undynamische Zuständlich-keit, deren Kraftfülle gleichsam stockt» usw. Dies entsprächedem erstgenannten Extrembeispiel, das zweite wäre die Umkehr,Sonne in WIDDER und Mars in STIER. Vitalität tritt in dieser undjener Hinsicht gestuft auf, wobei freilich mit zunehmender Zen-trierung, zumal im bewußt zusammengefaßten Gesamtwillen,dieser regelnd auf die Teilaktivität einwirkt. Ohne solche Rege-lung könnten die Tatreize des Augenblicks die Kernhaltung über-fordern, in Fortführung des ersten Beispiels entstünde einabgespaltenes «Wollen, das gegebenenfalls über die Physis hin-weggehen und dann zu momentanen Zusammenbrüchen führenkann». Was in diesem Fall normalerweise Impulse zurückruftund die Reizreaktion in Zaum hält, ist der solare Anspruch von

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Wert und Würdigkeit, hier gemäß der materiellen Ebene, auf dieSTIER bezogen ist: ihm gelten nur aufbauende Realziele, doch inder Verteidigung von Erworbenem kommt die ganze Kraftfüllezum Einsatz. Anders im Gegenfalle. Dann muß die innere Akti-onsbereitschaft gemäß Sonne in WIDDER, für die der handelndeIchbeweis schon einen zentralen Wert darstellt, die sozusagenschlafenden Vorposten immer wieder aufrütteln und ermuntern,eine Trägheit in der Initiative überwinden.

Ein anlagemäßiger Konflikt stellt die innere Regelung in Frageund führt eher zur Verselbständigung des Trieb- und Dranghaf-ten. Dieser Fall der Dissonanzspannung wird unter «Aspekte»behandelt. Was uns vorerst angeht, ist die Zeichenverschieden-heit, auch ohne Aspekt gegeben, durch einen solchen nur ver-schärft. Etwa Sonne in SCHÜTZE (Bd. II, S. 226): «durch Begei-sterung entfachte Bewegungsfreude, steigerungsfähig bei nach-einander auftauchenden Motiven, die in gleiche Richtung drän-gen» usw.; die steigernde Aufeinandersetzung von Reizen wiebei Konjunktion fällt aber störend aus bei Mars im GegenzeichenZWILLINGE (Bd. II, S. 181): «unbeständig, Zeiten hastigen, ge-spannten Einsatzes wechseln übergangslos mit solchen nervösenBeirrtseins» usw. Nehmen wir das andere labile Gegensatzpaar,Sonne in JUNGFRAU (Bd. II, S. 2o3): «dosierte Vitalität, sie spieltsich in getrennten Reizbezirken ab, insgesamt abhängig von derBeachtung und Pflege einer, auch wenn sie kräftig angelegt ist,doch leicht störbaren Konstitution» usw., sowie Mars im Gegen-zeichen FISCHE (Bd. II, S. 249): «Wechsel von energiemäßigerSpannung und Entspannung in Einklang mit seelischer Ge-stimmtheit» usw. Immer haben wir in solchen Gegenstellungenzu beachten, was das Gesamtpotential und was das äußere Akti-vum betrifft; man kann nicht einfach sagen «Antrieb steht gegenAntrieb», muß vielmehr die Art der Antriebe aus Sonne undMars bestimmen.

Mit diesen Beispielen der labilen Zeichen wurde zugleich dieAbwandlung durch die «vier Elemente» berührt. Statt darausoder aus der Dreigliederung eine Stärke oder Schwäche derEnergie ablesen zu wollen, mache man sich den qualitativenUnterschied der Bezugsebene klar. Die Quantität zu suchen wäre

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irrig. Oft wird ein Maximum an Energie in den Feuerzeichen, einMinimum in den Wasserzeichen vermutet, weil die Bekundungdort am lebhaftesten, hier verhalten ist. Ähnlich steht es mit derLeichtheit der Äußerung in den Luftzeichen, der Schwerflüssig-keit in den Erdzeichen. Man lasse sich nicht durch die beobacht-bare Ausdrucksart über die verfügbare Gesamtmenge (Aussage-grenze!) täuschen.

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ERDE

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In den Erdzeichen wirkt sich die Energie am wenigsten um ihrer selbstillen aus; erst konkrete Ziele, an deren Begehrenswert sich die Mühe auf-

echnet, erwecken sie spontan. Um so zäher, Hindernisse und Versagungenalsstarrig überdauernd, ist der Mensch dann im Verfolgen solcher Ziele. Errscheint manchmal inaktiv, dies hängt aber von den Umständen ab. Auchine Aggression kann in voller Stärke einbehalten werden bis zur Auslösungei passender Gelegenheit. Bei Widerstand, erlittenen Kränkungen merkt erich genau den Anlaßgebenden; in dieser Hinsicht meist ein nachtragenderug, «eisgekühlter Zorn», der sich als Rachsucht einnisten kann.

Bei STEINBOCK hält eine wohlbewahrte Spannung vorschnelle Äußerun-en zurück, solange die Mittel zur Verwirklichung der Ehrgeizziele nichtreifbar sind, bei gegebener Handhabe jedoch wird keine Anstrengung ge-cheut, die Energie konzentriert und der Sache angemessen ausgegeben.icht zur Gesellschaftsmoral passende Triebe werden gemeinhin verdrängtder suchen straflose Auswege, selten unmittelbare Bekundung. Harter undus Mangel an Elastizität zuweilen rücksichtsloser Einsatz, konsequent underläßlich Stück für Stück auf seinem Wege erledigend.

Bei STIER kommt die Initiative letztendlich nur durch Lustmotive und an-chauliche Realziele in Gang, oft schwunglos im Ansatz, doch hartnäckigm weiteren Verfolgen des einmal eingeschlagenen Kurses, mit Bevorzu-ung ruhigen Tempos und Wiederkehr eingewöhnter Verrichtungen, wider-penstig gegen plötzliche Abänderungen. Durchsetzung durch Bestimmtheites Auftretens, Solidität und Beharrlichkeit. In ihm bekannten und bequemrreichbaren Dingen kein Kostverächter, gutmütig, solange nicht in der Un-bhängigkeit angetastet, doch Affektstauungen können sich jäh entladen.

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+Bei JUNGFRAU ein emsiger, methodischer, durch Nützlichkeits-

erwägungen bestimmter Umsatz der zum sauber Kleinmeisterlichen tendie-renden Energie, mit einem Hang zur Spezialisierung, häufig pedantischenZügen. Überwiegend egozentrisches 'Handeln, verfeinerungsfähig im Ein-gehen auf reale Bedingungen und Relationen, darin oft fürsorgliches Bemü-hen um Nächstangehörige, Triebäußerung vorsichtig und rückzugsbereit.Auch in der Aggression «spitz», Nadelstiche austeilend.

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In den Feuerzeichen wird die Energie sozusagen selbstherrlich, zu Toll-eiten fähig, dem spontanen Getriebensein gilt das Ziel im Bemächtigungs-ert, und solange es diese lebendige Zugkraft ausübt, kommt keine Mühe innrechnung. Der Impuls des Unternehmens setzt sich unmittelbar in Tatm, Hindernisse werden im Schwung überrannt. Steht jemand Bedenkenußernd, Umstände machend im Wege, so erregt er Widerwillen und An-riffslust, sich bis zum Jähzorn steigernd. Der Affekt meint aber den Wider-tand, nicht die Person, und ist mit dessen Wegfall ebenso rasch behoben.ffenem Streit kann herzliche Versöhnung folgen.

Bei WIDDER herrscht das in den Kopf gesetzte Vorhaben, dessen Ver-irklichung auf kürzestem Weg ungestüm, unerschrocken, komplizierteedingungen mißachtend, mit einer Direktheft angestrebt wird, die auch zurreistigkeit werden kann. Durchsetzung in tätigem Vorwärtsstreben überrledigungen von Fall zu Fall, rasch im Anpacken akuter Aufgaben, soweitie in die subjektive Blicklinie passen. Mehr Praktiker als Theoretiker, iner Erregung oft ein Heißsporn, normalerweise nüchtern zweckbestimmtesandeln.

Bei LÖWE vereint sich lebensbejahender Unternehmungsdrang mitchwungvoller Verwirklichung des Vorliegenden, möglichst mit der Dring-ichkeit vor Augen, durch Lob gefördert, doch reizbar gegen unbefugteinmischung; manche trauen sich zu, alles zu können, und übernehmen sichabei. Meist großzügig, mit Bevorzugung organischer Methoden und zuitarbeitern nicht ohne Herzenston, sofern der eigene Ehrenpunkt undachtanspruch respektiert wird. Affektstarke, meist aufrichtig bekundeteriebe; sie können manche ins Schleudern bringen, wenn nicht durch Ver-ntwortungsgeist werkmäßig gebunden.

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.Bei SCHÜTZE tritt der Zweck meist zurück hinter der ungeduldigen Freu-

de der Zielverwirklichung; es mag um heilige oder profane, abenteuerlichspannende Dinge gehen, die Hochbewertung gilt dem Einsatz, der Hergabedes Letzten, und Gefahr bildet eher einen Anreiz. Die elastisch beweglicheEnergie ist schwer in einen gleichmäßigen Trott einzuspannen, sie brauchtein Auf und Nieder, Anspannungen und Besinnungspausen, Eroberungen,gefolgt von Brachzeiten der Umstellung. Im Antriebsschwung häufig aufandere von mitreißender Wirkung, meist aber Einzelgänger in seinen Unter-nehmungen.

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In den Wasserzeichen erfordert es eine gewisse Gefühlshaltung, umpontane Bekundungen der Energie herauszulocken, das Ziel hat einentimmungswert, der jedoch bei geeigneter Atmosphäre übertragbar ist undnderseits wechseln kann. Je nachdem werden Unternehmungen frisch inserk gesetzt und flüssig fortgeführt oder aber, manchmal mitten im Zuge

efindlich, abgebrochen und in etwas anderes übergeleitet. Vieles hängtom Verhältnis der eigenen Seelenlage zur Resonanz der Mitwelt ab. Zu-eilen führt die Einfühlung in Gegenströmungen zu momentaner Schwächees Nachdrucks, Ausgleich suchend an Punkten des geringsten Widerstands,erstärkter Einsatz, wo von Sympathie getragen. Hochgradige Verletzlich-eit mit der Tendenz zurückzuschlagen, kann infolge Übertragung etwasöllig anderes treffen als den Anlaßgeber, manchmal gegen sich selber ge-ehrte Aggression.

Bei KREBS schwanken die Ziele mit der empfindsamen Eigenmoralität, iniesem Sinne meist stärkerer moralischer als physischer Mut; hierbei kön-en Skrupel und eingebildete Widerstände zu verarbeiten sein. Die von Ge-

ühlen gelenkte und phantasiereiche Initiative braucht häufig Ermunterung,nklang, um ihrer Einfälle ganz überzeugt zu werden; manchmal sindchwellenängste zu überwinden, manchmal vorschnell verpuffte Kräfteieder aufzuholen. Bei wechselnden Stimmungen dennoch nachhaltig inen Hauptanliegen, variable und verfeinerte Methoden, oft vielseitigernergieeinsatz. Sublimierungsbereite Triebe, auch Aggressionen bedienenich sanfter Formen.

Bei SKORPION erweist sich die reaktive, unruhevoll gärende Energie aus-auernd im Ertragen von Widerwärtigkeiten, wenn es ein Anliegen durch-

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zubringen gilt; oft wird sie erst durch Affekte voll herausgefordert, sei es imBesessensein von einem schweren Auftrag, im untersuchenden Spürsinn,bei Durchsetzung gegen eine Atmosphäre des Mißtrauens, Abwehr von Be-drohlichem. Zwischen Protesthandlung und Leistungsansporn wenig Ruhe-punkte, manche verbergen Anteilnahme hinter sarkastischer Abwertung desZweifelswürdigen einer Sache. Stark sexuell unterströmte Rhythmik, Ein-bruch in Grenzfragen, manches bleibt im Fragmentarischen stecken.

1Bei FISCHE eine schlechthin unberechenbare Lust zum Einsatz, dem

Stimmungswandel entsprechend eine vielseitig anpassungsfähige, an unter-schiedlichen Dingen sich versuchende, in weit gesteckte Vorhaben aus-schweifende Energie. Sie rollt sozusagen in Wellen an und kann sich leichtim Nächstliegenden, gerade Anreizenden verzetteln, wenn nicht hingerissenvon einer übergeordneten, als «Mission» empfundenen Sache. Dienstbereit,Schwierigkeiten ausweichend, aber wenn nötig sie elastisch durchhaltend,Bevorzugung feinfühliger Methoden, Aggression nur in Panikstimmung.

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LUFT

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In den Luftzeichen wirkt sich die Energie unter dem Vorspann zumindestager Vorstellungen, schärfer bei klaren Begriffen aus, das Ziel gilt in sei-em Bedeutungswert. Das äußere Geschehen liefert dem Menschen oft nurichtfeld und Gegenstand zur Verwirklichung in ihm bereitliegender Ideen,elche die Begleitstimmung der Tatenlust entfachen. Im Suchen nach Auf-ellung, Erweiterung des Spielraums gewinnt seine Aktivität an Schwungu zügigem Vorgehen. Über Personen und Dinge, welche für das Vorhabenninteressant sind, gleiten die Impulse flüchtig hinweg. Widerstrebendesird passend gemacht oder elegant umgangen, zornige Affekte heben sichegebenenfalls in klärender Diskussion auf, ohne Nachhall zu hinterlassen.

Bei WAAGE hängt der Energieeinsatz vom akuten Anreiz ab, er ist ebensoinnlich anregsam wie vom Umgang bestimmt, holt sich den Schwung über-eugten Müssens oft aus dem Gebrauchtwerden, die Mittel aus Kräften undlickpunkten anderer, doch ohne zu «kopieren». Die Mitte zwischen Ex-

remen innehaltend, entfaltet sich die eigene Tatkraft in der Kombination,ehr eitel in bezug auf Benötigtsein als ehrgeizig. Situationsangepaßtes

avieren, Schlichten und Vermitteln, bei oft leidenschaftlicher Anteilnahmem Für und Wider der vertretenen Meinungen, können diesen Führungsim-uls der leichten Hand hochbringen.

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0Bei WASSERMANN lebhaft ansprechbar auf zwischenmenschliche Bezie-

hungen, demgemäß einstellfähige Energie, deren fester Einsatz und sichereAusdauer von der Bestandskraft der tragenden Anschauungen abhängen.Die Impulse sind weniger spontan und triebhaft als lenksam durch Hinein-denken in eine Aufgabe, die einen Wissensschatz praktisch auswertet, erfin-derisch und unsentimental in der Anwendung neuer Mittel, darin originell,aber zuweilen kalt gegen organisch Verbundenes. Durch Einsicht bereit zurUmorientierung der Gewohnheiten.

(Bei ZWILLINGE springt sozusagen mit gesichtetem Zweck und Nutzen ei-

nes Zieles sofort die Formel der interessantesten Bewältigung heraus. Ener-gie voller Unrast und Wechselbedürfnis, intellektuell beschwingt, mitBevorzugung rasch zum Erfolg führender Methoden, darum Einzelheitenhäufig überhastend, jagend im Tempo, fintenreich, unschlüssig nur in derWahl der richtigen Taktik. Auch bei ernsten Absichten bleibt die Triebrich-tung selten konstant, hat gern «zwei Eisen im Feuer», oft mehr durch Ver-stand als durch Leidenschaft gebunden.

Wollen wir die Erfahrungen der Astrologischen Menschen-kunde intensiver auswerten, so müssen wir nun genauer erfassen,was mit dem Trieb- und Dranghaften gemeint ist. Nur übungs-halber betrachteten wir den Antrieb ohne das Ziel auf seine Ver-laufsgestalt hin. Im Trieb - bei aller Strittigkeit der Katalogisie-rung von Triebarten - ist ein solches Ziel mitzudenken. Als Trie-be verstehen wir Bewegungsursachen, zielgerichtete dynamischeAntriebe; sie treten gekoppelt mit Instinkten auf. Als Instinktebezeichnen wir Handlungsschablonen, ererbte Mechanismenzweckmäßigen Verhaltens, die zu einem bestimmten Ergebnisführen. Bei Koppelung steuern sie die Triebe unbewußt planvollauf dem Wege der Zielverwirklichung 32.

32 Der Triebbegriff hat für Anthropologen und Psychologen mancherlei Schwierigkeiten.

Einige Forscher suchen den Begriff deshalb auszuschalten, sprechen nur von Bedürfnissen,den Formen und Mitteln ihrer Befriedigung. Andere bemühen sich um eine Aufzählung undRangordnung der menschlichen Triebe, wobei die Auffassungen auseinandergehen voneinem oder zwei Grundtrieben bis zu einem System von Dutzenden solcher. Charakterolo-gisch wichtig ist uns, daß eine Mannigfaltigkeit von Bewegungsäußerungen zurückgeführtwird auf Ursachen, die als Anlagen allen Menschen gemeinsam sind, wenn sie auch indivi-duell unterschiedlich zur Erscheinung gelangen. Der Empiriker wird sich einer Theorie

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Zu diesem Thema bringt die Astrologische Menschenkunde ih-re eigenen Beobachtungen. Im Marssymbol bündeln wir sozusa-gen zusammen: lustvoll objektgerichtete Tätigkeit überhaupt,Angriffslust, und im Geschlechtlichen die spezifisch männlicheBesitzergreifung. In allem, was Trieb genannt werden kann, stelltMars die aktive Entäußerung dar, das Lustbezogene lernen wirdann im polaren Verhältnis zur Gegenspielerin Venus kennen.Mars für sich symbolisiert die tatbereite Unruhe, ein Drängenüber den Eigenbereich hinaus ins Ungewisse, zum Abenteuer,zur kraftmessenden Entscheidung. Hieraus kommt Selektion zu-stande. In der marsischen Erregungssphäre können Triebe sichkreuzen, und vermöge innerer Auslese kann der jeweils stärkste,das Dringliche, sich durchsetzen. Sie können einander auch ablö-sen, wenn etwa ein vom Geschlechtstrieb Erregter auf einen Ri-valen stößt und dieser seinen Kampf trieb weckt. ZugehörigeInstinkte sprechen auf Signale eines arteigenen Auslöserschemasan, worin sich der Weg der Energieabfuhr zur Befriedigung desBedürfnisses bestimmt. Der marsische Antrieb ist die entla-dungsbereite Energie selber, zielgerichtet die «Triebenergie».Erwähnt wurde bereits (vgl. S. 75), daß bei vorhandenem An-triebsüberschuß, den wir das Dranghafte nennen, sowie man-gelnder Anregung ein Suchen nach der Reizsituation entsteht, dieein Abreagieren der Triebe verspricht. Dabei kann ein ursprüng-liches Ziel in ein anderes umspringen, wenn neue Reize wirksamwerden. Dem «Marsischen» kommt es nur auf Verausgabung an.Dies wird nun wichtig für den mit Sublimierung bezeichnendenVorgang, ohne daß die Übernahme dieses Ausdrucks aus der Tie-fenpsychologie deren Trieblehren blind anerkennen heißt 33.

solcher Ursachen möglichst enthalten und zur Verhaltensforschung neigen, der naturwis-senschaftlich eingestellte Forscher zieht in Betracht, wofür er körperliche Lokalisationenfindet, der geisteswissenschaftlich eingestellte nimmt Triebe auch ohne derartige Lokalisa-tionen, etwa rein auf soziale Werte bezogene Triebe, an. Schon immer wurde die Fragediskutiert, wieweit Triebe sich von Instinkten ablösen können und, wenngleich ihnen eineunabstellbar zur Verwirklichung drängende Energie innezuwohnen scheint, entwickelbarsind.

33 Die unleugbaren therapeutischen Erfolge und theoretischen Verdienste der Tiefenpsy-chologie lassen viele übersehen, daß die Triebauffassungen der verschiedenen Schulendogmatisierte Annahmen sind, daß ferner die kausalen Methoden einseitig in die Vergan-genheit weisen und keine schöpferische Neubildung erklären. Freilich bieten sie damit feste

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Nehmen wir modellmäßig ein gleichbleibendes Energie-quantum an, dann beschäftigt uns hier die qualitative Seite einerUmwandlung der Energieform, die als organische Energie mitder Entwicklungs- oder Organisationshöhe auch die Entspre-chungen ändert. Der Triebseite des Marsischen genügt, ein Ob-jekt für sich begehrend es sich zu unterwerfen. Hingegen derAntriebsüberschuß wird zum «Drang über sich hinaus», beihochgradiger Steigerung nicht mehr im normalen Triebleben un-terzubringen. Dies kann auch zu Perversionen führen und be-rechtigt keineswegs schon zu Wertungen auf der Linie«Egoismus-Altruismus». Doch mit dem Wirksamwerden desselbstbestimmenden Faktors und dessen, was «innere Arbeit»genannt wurde, liegt im Dranghaften der Motor eines Hinweg-strebens über seinen Entwicklungszustand, eines Aufwärtsstre-bens im Bedürfnis nach neuen Reizen, nicht in den Triebzielenenthalten oder diese in anderer Form erlebend.

Sahen wir in den 12 Feldern die gegenständliche Ausrichtungsowie die Mittel zur Erreichung eines Ziels, vertauschbar analogder Organisationshöhe, so bieten uns die zwölf Zeichen gewisseSchemata der Reizumlagerung, der Verwandlung an. Die Subli-mierung bleibt also, wenn sie echt ist, im Rahmen derselben

Richtlinien zur Beobachtung von Einzelfällen und zur Erschließung von Zusammenhängenunterhalb bewußter Vorgänge, wodurch erst eine methodische Weiterführung möglichwird. - Unter der vereinfachenden Annahme eines Grundtriebes wie Sexualität kann manentdecken, daß die diesem Triebe innewohnende Strebung nach Lustgewinn auf anderelustbetonte Objekte übertragbar ist. Sehen wir darin nicht einen Lustgewinn neuer Art,sondern pochen wir darauf, daß das Streben ursprünglich von da und da herkäme und mit-hin dasselbe unter anderer Flagge sei, dann haftet der Sublimierung immer das Odium einesErsatzes an. Mögen wir auch das Unausweichliche der Übertragungsvorgänge, die zwin-gende Macht des Realitätsbewußtseins und sozialer Verpflichtungen betonen, unsere ganzeKultur beruht dann auf Ersatzbefriedigungen des Grundtriebes. Nicht anders ist es, wennwir Aggression oder Macht- und Geltungsstreben als Grundtrieb einsetzen. Was wir aberunter solchen Voraussetzungen entdecken, ist die Koinzidenz und Vertauschbarkeit desTriebhaften überhaupt, das wir im Symbol «Mars zusammenfassen, verstanden als ineinan-derspielende Mehrfältigkeit von Strebungen und Vielfachheit ihrer auf den vier Seinsebe-nen entwickelten Entsprechungen. Diese Einheit der Wesenskraft ist etwas anderes als diemonothematische Betrachtung der Lebensdynamik unter der Herrschaft eines Grundtriebes.Wir sehen den modus vivendi im Antrieb, der Gespanntheit auf Künftiges und Verwirkli-chung in der Umwelt; über die in allem Triebhaften liegende Wiederholung hinaus greiftder Drangüberschuß, die für Weiterentwicklung disponible Seite der Wesenskraft. Damitheben wir das spezifisch Menschliche vom Naturgeschöpflichen ab. (Vgl. hierzu Bd. I, S.175-177 mit Anmerkungen.)

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Konstellation, wechselt Richtung und Ausdruck nur hinsichtlichder Entsprechungen. Es gibt nämlich auch unechte, vermeintlicheSublimierungen und neurotische Formen solcher, beruhend aufeinem konventionellen Wertungsschema gemäß dem allgemeinenEntwicklungsweg von der Materialität zur Geistigkeit. WasWerturteilen dieser Art entspringt, darf nicht verwechselt werdenmit dem Bezug der Zeichen zu den vier Seinsebenen. Die Subli-mierung der Antriebe ist vielmehr genau auf der Ebene zu su-chen, materiell, organisch, seelisch oder geistig, auf die sich dasZeichen der Marsstellung bezieht. Anders wäre es Ablenkungvon seiner Problematik und der ihm angemessenen Arbeits- undAusdruckskraft. Ist Mars in einem Erdzeichen, so besteht dieSublimierung im verbesserten konkreten Wirken, indem es orga-nisch wärmer, beseelter und geistiger erfaßt wird, als in bloßerSachbezogenheit läge. Ist Mars in einem Luftzeichen, so bleibtdie geistige Bezugsebene des Wirkens bestehen; sie sollte nurbeseelter, organisch kontaktnäher und kontrolliert an geschaffe-nen Tatsachen ausgewertet werden. Die nächstgelegene Ebene istwichtig als Überformung oder Unterbau. So will das Materiellein seinen organischen Gebrauch übergeführt, hingegen das Gei-stige, das abstrahierte Wissen sozusagen aus seinem «Grundwas-serstand», aus analogen seelischen Begleittönen des geistigenLebens, gespeist sein. Sublimierung der Antriebe verlangt mit-hin, die in der Übereinanderstufung ausgedrückte menschlicheVollständigkeit in sein Tun aufzunehmen. Mit der Verwirkli-chung erhöhen sich die Entsprechungen auf der Bezugsebene, diedas Zeichen angibt.

Auch die weiteren inhaltlichen Beziehungen werden damitakut. Wenn gesagt wurde, daß wir in der Ausdruckssphäre denKräften und ihrem Zusammenspiel um einen Schritt näher sind.als in der Interessensphäre, dann war dies keine Redensart. Esheißt vielmehr, daß mit der Stellung der Planeten im Tierkreispraktisch mobilisiert wird, was die Zuordnung der 12 Prinzipienzu den Wesenskräften theoretisch anzeigt. Beides bildet eine le-bendige Einheit, was im kreisläufigen System als Abfolge auf-tritt, begreifen wir in der Kraft als unmittelbares Geschehen. Diesgeht uns besonders an, wenn wir die disponible Seite der Kräfte

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ins Auge fassen, hier also den Drangüberschuß und seine Unter-bringung in Formen, die nicht als Trieb und wiederkehrendes or-ganisches Bedürfnis determiniert sind. Wir bekommen damitgewisse Seelenmechanismen in die Hand. Gerade im Drangüber-schuß liegt ein positiver Grund der hartnäckigen Rückkehr zuvergangenen Niederlagen, verletzenden Eingriffen anderer in un-sere Souveränität, für Mars «auszuwetzende Scharten». JedeKampfsituation, bewältigt oder nicht, ist ein Ereignis, das ihnweckt und herausfordert, und der marsische Ehrgeiz richtet sichauf gesteigerten, präziseren, richtiger gesteuerten Einsatz, aufBessermachen. Dies bezieht sich in der Rückschau, der reflexi-ven Selbstkontrolle, auf Ausbesserung von Unbewältigtem. DerRückgriff auf vergangene Augenblicke der Schwäche kann unterZuhilfenahme anderer Wesenskräfte, für ethische Wertver-schiebung insbesondere von Jupiter, zum Ausgangspunkt äußereroder innerer Überwindungen, der Herausbildung höherwertigerEntsprechungen werden. Die Deutung verläßt damit allerdingsden Boden sicherer Aussagen über das Vorhandene, sie begibtsich in den Aussagebereich der vorgezeichneten entwickelbarenMöglichkeiten.

Manche Psychologen vereinfachen die Sachlage durch dasSchema: jeder Mensch ist aggressiv, stößt die Aggression aufGewissenshemmungen, das heißt eingeimpfte soziale Forderun-gen, dann wendet sie sich nach innen, es entsteht eine Schattie-rung des Masochismus im Gegensatz zur sadistischen Grund-tendenz. Was daran richtig ist, gilt für ein gleichbleibendesQuantum nicht gewandelter Aggressivität; unsere Unterschei-dung «tätiger und leidender Form» - wozu die Lage über oderunter dem Horizont hinzukommt enthält gewisse Voraussetzun-gen zur individuellen Anwendung des sadistisch-masochistischenSchemas. Doch die Lust des Quälens oder Gequältwerdens stellteigentlich eine krankhafte Entartung dar. Die in «Mars» enthalte-ne Aggressivität ist in der beschriebenen Weise sublimierungsfä-hig und die Skala der Abwandlung im Tierkreise ungleich reich-haltiger, als das genannte Schema hergibt. Entscheidend ist im-mer, was begehrt, erkämpft, erobert wird. Hiermit kommen wirzur Zuordnung bestimmter Zeichen als der Wesenskraft ver-

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wandt. Den Modellfall einer inneren Auslese und Reizumlage-rung bildet das Marszeichen SKORPION. Die im anderen Mars-zeichen WIDDER unbezweifelt verausgabten Ichtriebe geratendarin vor die Alternative «Vernichtung oder Kompensation zuGunsten des Mitmenschen». Im Äußerungsansatz reaktiv, be-währt sich darin die Energie besonders bei nochmaligem Durch-stehen erinnerter Situationen, affektiv eine Niederlage vernei-nend und Entschädigung für vermeintlich erlittenes Unrecht su-chend, oder aber, indem gerechtfertigtem Erleiden nicht mehrausgewichen wird, sich selber wandelnd. In der Kreisfolge be-nennt dies Zeichen den Zustand der Krisis, die Spannweite seinerEntsprechungen reicht vom ichsüchtigen Exzeß über den Kon-flikt der Selbstbezweiflung bis zum freiwilligen Opfer für dasGemeinwohl. Es ist der innere Überwindungskampf in statu nas-cendi. Die vielberufene «Ambivalenz», das Umschlagen von ei-nem Extrem ins andere, rührt aus der Konfliktmitte auch densadistisch-masochistischen Widerspruch auf. Wer die Kreiskon-struktion verstanden hat, begreift, daß es vorzugsweise hierin umdie Herausbildung der genannten Kompensations-Mechanismengeht (vgl. S. 44, Anmerkung); der in WAAGE, dem Gegenprinzipzu dem der Ichtriebe, erweckte Gemeinschaftssinn wird unterfe-stigt dadurch, daß die Triebkräfte der Einzelnen sich in die Be-dürfnisse der Gruppenseele einpassen müssen. SKORPION, dasZeichen hierhergehöriger dramatischer Seelenkämpfe, ist mitRecht das alte Symbol der Wandlung und Wiedergeburt. DieAnalogiebeziehung zum 8. Feld liegt darin: das Ich, das sich inradikaler Umlenkung seiner Triebe befindet, ist der Todeszonegeöffnet und nimmt Abschied von einem bisher naiv dargelebtenZustand. Ob solche Wandlungen statthaben oder nicht, liegt na-türlich jenseits der Aussagegrenze.

Übereinstimmend mit den Trieblehren setzt unsere Kreisfolgeden Anfang zwischenmenschlichen Geschehens in ein Marsprin-zip, dasjenige ungebrochener Ichtriebe, WIDDER. Der Unter-schied liegt darin, daß wir der Dimension besonderer undmomentaner Vorgänge eine solche allgemeiner und bleibenderVerhältnisse entgegensetzen. Sie ist der ersten gleichberechtigt.Dem Versunkensein im Selbsteigenen, KREBS, steht auf dieser

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Achse STEINBOCK als Kardinalprinzip unpersönlicher Fremdbe-ziehungen gegenüber. Geht die Auffassung vom Menschen nurvon einer, von der auslösenden Kraftart aus - Ichtriebe, derenHemmung, Verdrängung, Umlenkung und Wiederauftauchen inanderer Gestalt -, so erfährt man das STEINBOCK-Prinzip lediglichin negativer Form. Das gesellschaftstaugliche Verhalten wirddann zum Ergebnis von Verboten, Strafen, Gewaltmaßnahmen,aus Opportunitätsgründen angenommen, vom Realitätsbewußt-sein sanktioniert. Sinngemäß steht STEINBOCK im Dissonanz-verhältnis zu WIDDER. Seine Bewertung von diesem aus enthältaber den individualistischen Auffassungsfehler. Demgegenüberversteht die Astrologische Menschenkunde den Einzelnen ent-worfen auf seine Rolle und Bedeutung in der sozialen Mitwelt, siesieht den Beziehungskreis hervorgehen aus dem Zusammentretenverschiedener, zur Vollständigkeit des Wesensganzen nötigerKraftarten. Unter diesen Wesenskräften begreifen wir Saturn,dominant über STEINBOCK, als aufbauendes Komplement der Le-bensantriebe, hinter seinen das Persönliche beschränkenden For-men steht ein überpersönliches Aufbaugesetz. Ist man zu dieserEinsicht vorgedrungen, so zeigt der Januskopf sein anderes Ge-sicht: in uns selber wirkt seit Anbeginn ein selbstbeschränkendestektonisches Prinzip, mit welchem sich Anlage und Bestimmungdes Menschen als Mensch, wozu der gesellschaftliche Zusam-menschluß gehört, durchsetzt. Sinngemäß befindet sich das soverstandene Saturnprinzip im harmonischen Verhältnis zuSKORPION, gleichsam dem Drehscheibenprinzip zur Umlenkungder Ichtriebe in freiwillige Verzichtleistung zu Gunsten der Hu-manität. Nur «Allzumenschliches» zeigt sich in den gelegentlichzutagetretenden «schlechten», den brutal gewalttätigen und kata-strophalen Auswirkungen, sie entspringen dem Aufbegehrennicht abdankungsbereiter Ichtriebe gegen diese Forderung.

Jedes Prinzip der Kreisfolge, wie damit angedeutet, setzt derSublimierung eigene Aufgaben. Sie wollen bei Mars durch Reiz-umlagerung unter Mitwirkung der anderen Wesenskräfte gelöstsein. Sind hierfür operativ gedacht die Aspekte auf Mars heran-zuziehen, so liegt kontruktiv gedacht die Aufgabestellung bereitsim Aspektverhältnis der Zeichen selbst und ihrer Zuordnung zu

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den Wesenskräften. Theoretisches Durchdenken schließt auchhier die Praxis der Anwendung auf.

Mars finden wir mit Sonne und Jupiter zusammen auf der Seite aktivenLebensschwungs, durch sie wird das Leben dramatisiert, durch die Gegen-gruppe passiver Sachbindung bekommt es stabile Inhalte. Aus der erstenGruppe zusammen geht die Leistungskapazität im Umsatz dieser Inhaltehervor, sie hat in Mars ihre Spitze der reinen Aktivität, vereinseitigt als«Rekordsucht» und «Ellenbogengebrauch», all seine Entgleisungen sind«Tatsünden».

Reizempfinden, Formsinn, passive Zuordnung

�Angesichts des Verhältnisses der beiden Kräftegruppen fragt es

sich, wo hinsichtlich des Ausdrucks nun bei der Gegenspielerinzu Mars, bei Venus, die Kombination mit dem Zeichen ansetzt.Für Mars in seiner aktiven Vereinseitigung wäre Venus lediglich«Triebziel», «das Lustversprechende» und, wenn es hochkommt,«das objektiv Schöne». Seinem aktiven Zielwillen könnte mandas Streben nach passiven Zielen, das wären also solche der Dar-bietung sowie der Befriedung aller vom Trieb- und Dranghaftenerregten Unruhe, entgegensetzen. Dem Band I entnehmen wirStichworte wie Harmonie oder passive Zuordnung, Reizempfin-dung und Formsinn, das Ästhetische usw.

Wollen wir vorderhand das Typische dieser Wesenskraft erfas-sen, dann geht es noch nicht so sehr darum, wieweit es im indivi-duellen Falle gelingt, einen fruchtbaren und beglückendenAusgleich zu erreichen. Wir stellen erst die Zugehörigkeit zurGruppe der Sachbindung und der stabilen Inhalte einer Lebens-dramatik in Betracht. Bei Mars war es schwierig, seine Antriebs-natur von der unter Sonne begriffenen zu unterscheiden, beiVenus wiederum ist es schwierig, ihre Stellung auf der saturni-schen Seite nachzuvollziehen (Schema Bd. I, S. 78). Wer in ihr

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das Liebessymbol nur vom unbeschwerten Sinnengenuß, vomleichten Blut und der Lustempfindung her begreift, dem gilt Sa-turn geradezu als das sauertöpfisch sie Bedrückende, Einschrän-kende, in seinen Verboten von der Liebesgöttin umgangen, wosie kann. Bei dissonanten Aspekten erweckt dies düstere Erwar-tungen. Auch die Vergänglichkeit des schönen Augenblicks unddie Trauer darüber läßt uns Saturn nur in der sinnlichen Spiege-lung erleben, dann negativ. Das hier einander Widerstehendesind die Dimensionen der Oberflächenempfindung und der Tiefe.Von oben her besteht das Schöne relativ zu dem, der es empfin-det, und hat den Wert des Seltenen, Auserlesenen. Gleichwohlreicht das Venushafte auch in die Tiefe hinein mit dem absolutWohlgeordneten einer geschlossenen Existenzform, wie diepflanzliche Entfaltung aus dem Samenkorn, die tierische aus derEizelle erweist. Unabhängig vom Beschauer, vom Ungleichge-wicht vor sich gehender Prozesse und momentan zu überwinden-der Störungen darf man sagen: erst durch Harmonie kommtDauer in die Natur, deren Gebilde sind beständig vermöge desGleichgewichts in der Zusammensetzung der Teile und Propor-tion der Teilbewegungen; in einer Welt dynamischer Verände-rungen stellt sich dies her durch geregelte Wiederholung. Indiesem «Ewigkeitsaspekt» liegt das Saturnverwandte. Wohernähme selbst die Liebe, wenn sie Tiefe erreicht, ihre Kraft derAusdauer, wenn nicht aus dieser Verwandtschaft? Von da ausverstehen wir, wie schon gesagt, Liebe als Grundbefindlichkeit,für welche erotische Lust nur eine der Ausdrucksformen ist. Aufdas weibliche Geschlecht bezogen betrifft Venus das Insichruhenunterhalb reagibler Oberflächenempfindungen, das Ansichbindenvon Wegstrebendem, sowie eine undynamische Tendenz, Ein-flüsse von außen einzubeziehen, ausgleichend sie zu verteilen;schon in der weiblichen Keimanlage ist das Bewahren einer auf-bauenden Ordnung und Folge verankert.

Untersuchen wir den Ausdruck vom Blickpunkt der Be-gegnung mit dem Andersartigen, dann haben wir die Polaritätvon Venus und Mars im Auge, untersuchen wir sie vom Blick-punkt des Insichseins, dann die Verwandtschaft mit Saturn undweiterhin Merkur als drittem der Gruppe. Im ersteren drängt sich

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vor, was das Geschehen anders steuert als durch selektive Ener-gie, Tätigkeit und Leistungsdrang, nämlich dasjenige, was derAggression die Spitze abbricht: der Geschmack, die auf der Lust-Unlust-Schwelle erfolgende Wahl und Bevorzugung, das Sich-Öffnen und Verweigern im Kontakt, gesteigert in der Intimbezie-hung zum Eros, dem liebenden Umklammern und Vereinigen.Die Eigenart der venushaften Hingabe und Anpassung - zumUnterschied von der mondhaften - besteht aber darin, daß sie inaugenblicklicher Harmonie mit dem Anderssein des anderen sicheint und zugleich die eigene, dauernde wahrt oder nachträglichwieder herstellt. Wir begreifen sie vom Wesen des Systems imGleichgewicht, das auch ungedacht, naturhaft komplex geordnet,einfach «ist»: Vereinheitlichung, Zusammenhang, worin jedesBestandglied durch jedes andere mitbestimmt wird. Was satur-nisch als Baugesetz eines solchen Systems in abstrakter Formauskristallisiert werden kann, stellt sich aber venushaft in Anleh-nung an das Gegebene her - deshalb «passive Zuordnung» -; imscheinbar zufälligen Gebrauch vorhandener Mittel schafft es jenereizvollen Abweichungen, die stets der Situation gemäß in Er-scheinung treten. In bezug auf Merkur, in Denkrelationen über-setzt, können auch falsche Argumente einen richtig gemeintenZusammenhang interpretieren, ferner ist der absolute Wahrheits-begriff des Saturn venusmäßig ersetzbar durch einen taktischen:daß ich die Wahrheit sage unter Voraussetzung eines Partners,der sie begreift.

Auf der sachbestimmten Seite sind die Kräfte, ungeachtet ihrerVerwandtschaft, deutlicher gegeneinander abgesetzt. Wir greifenhier der Kombination voraus in bezug auf aspektmäßige Gleich-richtung. Denken wir an die beiden Antriebssymbole Sonne undMars, so ist es bei Konjunktion wie gesagt schwierig, zwischenbeider Regungen zu unterscheiden. Bei Konjunktion von Saturnund Venus hingegen erfordert es jeweils eine Besinnung, obFremdes zugelassen wird, ob man sich daran binden darf. DasProblem lautet: wieweit ist diese Person oder dies Ding auf Dau-er wesenswichtig (Saturn), wieweit nur ein ansprechender Reizdes Augenblicks (Venus)? In der direkten Begegnung drängt sichbei Venus die Oberflächenempfindung vor und der Unterschied

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tritt als Dilemma zutage, während bei Sonne und Mars die Im-pulse sich im Lebensschwung leichter vermischen. Als momen-tane Reizempfindung macht Venus gegenüber Saturn stärker dieSchwankungen des Temperaments mit, in reagibler Form kommtder Vitalitätston zur Geltung, und die entsprechende, Ebene gibtan, wo sich der ästhetische Formsinn am besten auswirkt, von woer seine bevorzugten Anregungen empfängt. Mehr latent ist dasHarmoniestreben wirksam, die Abstimmung der Eindrücke auf-einander. Dies alles kommt in der Stilform unterschiedlich zumAusdruck.

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Realistischer Kontakt ohne Überschwenglichkeit, schrittweise Zulassungach anfänglicher Reserve; oft spielen materielle Rücksichten, Verhältnissend Gewohnheiten mit, bei Übereinstimmung mit dem Partner garantierenie Dauerhaftigkeit, Beziehungen zuweilen von schicksalhafter Schwere.toffliche Genüsse, häufig zwar etwas massiv, aber das Nützliche undchickliche beachtend. Ästhetische Anschauungen gegenständlich, materi-lgebunden und formal, normativer Geschmack oder aber schwer abzubrin-en von dogmatisierten Standpunkten. Bevorzugung kompakt geschlossenerorm, in diesem Rahmen bildungsfähiger Schönheitssinn.

STEINBOCK. Kühle Sinnlichkeit, beständige Zuneigung, verhalten und de-ent, in Werbung und Ablehnung von sozialen Bedenken mitbestimmt, er-chließbar erst nach Erprobung redlicher Absicht, Annäherungsformeneist konventionell und unpersönlich; zuweilen heimliche oder späte Be-

riedigung verdrängter bzw. aufgesparter Empfindungen.

STIER. Genußfrohe Sinnlichkeit, geschmacksbedingte Zuneigung, natür-ich und wuchsecht, langsam in der Erschließung, aber anhänglich an Zu-elassenes und Vertrautgewordenes, behaglich in eingewöhnten Verhält-issen, meist mit Besitzanspruch auf liebgewonnene Menschen; mitunteruch komplezhafte Sperrung und öfter ungeschickt in neuen Situationen.

JUNGFRAU. Scheue Sinnlichkeit, verschwiegene Zuneigung, spröde undompliziert in der Erschließung, mimosenhaft empfindlicher Selbstschutz,

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Abwehr von Befremdendem, bei einigermaßen passender Partnerschaft abermitunter auch berechnend; liebt in Beziehungen das Begrenzte, Nette, Or-dentliche, zuweilen raffinierte Abwandlungen im Empfindungsleben.

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FEUE

Impulsiver, kreatürlich rasch hergestellter Kontakt, frei sich schenkend,obald es «zündet»; verlangt Herzlichkeit und vertrauendes Entgegenkom-en, leidenschaftlich in der Bekundung, begeisterungsfähig, forderndeserhalten zum Partner. Organisch lebensvoll Genüsse, stark im Verbrauchnd zu momentanen Übertreibungen geneigt. Ästhetische Anschauungenelten ohne affektive oder dramatisierende Momente, wirkungsbedürftig.evorzugung des vital Ansprechenden, Wärmestrahlenden und Schwung-ollen, sozusagen Lebensfülle gesiebt durch Bildung des Geschmacks.

WIDDER. Erobernde Sinnlichkeit, enthusiastische Zuneigung, ungeduldignd dezidiert, stürmisch augenblicksbestimmt in Werbung und Ablehnung,

n der Bekundung direkt, zuweilen etwas derb und burschikos; im Abflauener Empfindungswelle rasch ernüchtert, zuweilen Flucht in Hirnerotik, Be-errschenwollen des Partners.

LÖWE. Heißblütige Sinnlichkeit, überschäumende Zuneigung, affektstarknd eifersüchtig, selbstwertbetont im «Alles-oder-nichts»-Prinzip, will iner Beziehung mehr der Spendende als Empfangende sein; Charme alsachtmittel eingesetzt, häufig geschmeichelt durch Hörigkeit des Partners,

uweilen verselbständigter Schautrieb.

SCHÜTZE. Aufflammende Sinnlichkeit, herzbeschwingte Zuneigung, ver-hrungs- und steigerungsbedürftig, braucht vitales Ergriffensein in Einheitit Glaube an menschlichem Wert des Partners; mitunter überdrehter An-

pruch und daraus provozierte Abkehr, das Empfindungsleben vibriert überder unter dem Normalmaß.

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WASSE

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Seelenbewegter, mehr schwärmerischer Kontakt, der intimen Anschlußerlangt und einem Wechsel der Stimmungen oder untergründigen Span-ungen, bei schwankender Gleichgewichtslage unterworfen ist; sozusagen

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am Partner sich ansaugend, doch Nachlassen bei mangelnder Resonanz undnicht gefundener Anregung. Sensible und mannigfach differenzierte Genüs-se, wählerisch. In ästhetischen Anschauungen beeinflußbar, abhängig vonder Einstimmung und hineingesehenen Bedeutung, Auflösung des Forma-len, symbolistisch, zuweilen vorübergehende Geschmacksirrungen durchForttreibenlassen vom Gefühl. Bevorzugung von Übergängen, Wandlungen,transparenten Überschichtungen, vielartigen Lebensformen.

)KREBS. Zärtliche Sinnlichkeit, romantische Zuneigung, weich und ver-

träumt, in der Werbung schüchtern, skrupelhaft in der Ablehnung, im Er-schlossensein aufblühend; leicht suggestibel und verwöhnbar, mitunterNachahmungsgefühle in Anlehnung an den Partner, zuweilen schwelge-risch-genüßliche Launen in den Spielregeln des Eros.

-SKORPION. Suggestive Sinnlichkeit, begehrliche Zuneigung, ambivalent

und spannungsgeladen, angezogen vom Verborgenen und Problematischenim Partner, dem versucherischen Reiz unberechenbarer Situationen; zuwei-len Beziehungen von tödlichem Ernst, Wandlungen und Katastrophen aus-gesetzt oder brüsk abbrechend, mitunter über die Person hinweggehendesunruhevolles Suchen und Experimentieren.

1FISCHE. Sensible Sinnlichkeit, rückhaltlose Zuneigung, gefühlsüber-

schwemmt und dem Geschehen hingegeben; argloses Empfindungsleben,das sich schwer zweckdienlichen Ordnungen unterwirf, doch beirrbar undumschlagend in den Stimmungen, zuweilen von unberechenbaren Strömun-gen fortgetrieben; Liebe kann zum Dienst am Menschlich-Allzumenschli-chen werden.

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LUFT

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Geistig gesteuerter Kontakt, der auf Übereinstimmung der Interessen undwecke oder freiem Spiel der situativen Möglichkeiten beruht, relativ leichteknüpft oder gelöst. Spirituelle Genüsse, manchmal nervös-wählerisch,och meist an ein regelndes Maß sich haltend. Ästhetische Anschauungenäufig ausgedacht, von ideellen Forderungen abgeleitet, zumindest von Be-eutsamkeiten durchdrungen, umgekehrt die Geistigkeit formalästhetisch

mpressibel, dem Zeitgemäßen und Interessanten zugänglich. Bevorzugunges Auflichtenden, Weiträumigen mit heiterem Grundton, ein bildungs-edürftiger Schönheitssinn, der das Naturgegebene überbaut.

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,WAAGE. Ausladende Sinnlichkeit, darbietungshafte Zuneigung, verfeine-

rungsbedürftig und ausgeglichen, in Werbung und Ablehnung vom Reiz derSituation bestimmt, beschwingt und angezogen durch lustvoll erheiterndeGegenwart; zuweilen durch geistige Sympathie und sinnliches Gefallen ver-bundene Gemeinschaft, bei ihrem Fehlen leicht ein wenig verbummelt,spielerische Eleganz.

0WASSERMANN. Unbeschwerte Sinnlichkeit, lebhafte Zuneigung, sympa-

thiebedürftig und kameradschaftlich, oft überwiegt das gedankliche Aus-spinnen der Liebesgefühle und Situationen die Kontaktnähe; mitunterFreude am unverbindlichen Flirt, zuweilen auch irrlichternde Empfindungenund homophile Neigungen.

(ZWILLINGE. Spielerische Sinnlichkeit, wechselnde Zuneigung, nerven-

erregbar und ästhetisierend, rasch angezogen oder abgestoßen, zuweilenwählerisch-indifferent zwischen zwei Feuern oder Bespiegelung desselbenPartners von zwei Seiten; manche springen nur auf den Neuheitsreiz oderspannende Sensationen an, mitunter auch neckisches Fang- und Versteck-spiel mit den Empfindungen anderer.

Bei dieser summarischen Darstellung, die den Geschlechts-unterschied wegläßt (s. Ergänzung unter «Geschlecht», S. 503),gilt das Temperamentsmäßige für die sinnliche Reagibilitätschlechthin. Feuer- und Wasserzeichen erscheinen dabei in ge-wisser Hinsicht, nämlich der unmittelbaren Empfindung, begün-stigter, während Venus doch der Kräftegruppe nach auf deranderen Seite liegt. Dieser Unterschied ist bedeutsam für denAnsatz der ästhetischen Durchbildung, durch welche das Venus-hafte sich vom Gegenstand des Begehrens loslöst, von der frühe-ren Ästhetik als das «uninteressiert Schöne» verstanden. Erfassenwir in den Zeichen die Art und Weise des Ausdrucks, so sei im-mer bedacht, daß die «Art» durch Geburt festliegt, das Tempe-rament nicht veränderbar ist, die «Weise» jedoch im Rahmen derStilform ausgebildet werden kann. Dazu gehört bei Venus derGeschmack und die ihr eigene künstlerische Sublimierungsform.Bei entsprechender Begabung und Ausbildung sind hierauf die in

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Bd. II, S. 162 angeführten «Werkelemente der Künste» anzuwen-den. Ein Fehlgriff war es dagegen in der astrologischen Deutung,wenn versucht wurde, aus tätiger und leidender Form auf pro-duktive und reproduktive Künstler zu schließen. Die Äußerungbeider Formen kann unmittelbar gestaltend, nachbildend odergenießend sein, Kunstbegabung an sich - eine erbbegründeteFormaleigenschaft - steht jenseits der Aussagegrenzen.

Warum nun finden wir in der Wechselbezüglichkeit von Planetund Zeichen (Bd. II, S. 129 ff.) dieser Wesenskraft je ein Erd-und ein Luftzeichen zugeordnet? Hierbei meldet sich der Ober-begriff für Venus, Harmonie. Nicht ob und wieweit der jeweiligeAugenblick harmonisch empfunden wird, steht dabei zur Diskus-sion, sondern unter welchen Bedingungen der Betreffende amehesten im Gleichgewicht bleibt oder mit einem anderen, kon-taktmäßig Verbundenen, zum Einklang findet. Jenes, der Aus-gleich in sich selber, hat die günstigsten Voraussetzungen imZeichen STIER; dessen fixe und erdhafte Natur faßt die Stofflich-keit und körperbedingten innerseelischen Vorgänge als einheitli-che Reaktionsmasse zusammen. Die «Lust-Unlust-Schwelle» isthier ganz personbezogen, läßt Umweltliches nur in persönlichassimilierbarer Form eingehen. Dies bestimmt beispielsweise ei-ne Frau, Farbe und Schnitt ihrer Kleidung genau so zu wählen,.wie es zu ihr paßt. Hingegen die Gemeinsamkeit mit einem Duhat ihre günstigsten Voraussetzungen im Zeichen WAAGE; dessenkardinale und luftige Natur vergeistigt die sinnenwache Be-ziehung zur Welt, entwirft das Kontaktschaffende sozusagen inder Definition des Augenaufschlags und kann aus Vorhandenemden schönen Augenblick nach freiem Ermessen herstellen. Die«Lust-Unlust-Schwelle» ist ganz dubezogen. Hierher gehört etwadie Begabung, eine Geselligkeit harmonisch zu gestalten, derTakt zueinander passende Gesprächspartner zusammenzuführenoder von einem konflikthaltigen Thema abzulenken. Bei diesenbeiden Venuszeichen bewirkt die Reaktionsart der Empfindung,was gewollt und gedacht nicht so zwanglos zustande käme. Inder Kreiskonstruktion stehen sie sinngemäß den beiden Marszei-chen SKORPION und WIDDER gegenüber, und zwar in umgekehr-ter Aufeinanderfolge; das heißt also jenes, die Umlenkung der

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Ichtriebe, verschafft dem in WAAGE aufgegriffenen Kontakt eineBasis, dieses, das Zeichen unbekümmert hervorbrechender Ich-triebe, gewinnt seine natürliche Basis und Kraftreserve in STIER.

Aus der Skala der Abwandlungen im Tierkreis greifen wir da-mit heraus, was die bereits berührte Version «Planet im eigenenZeichen» und «Planet im gegensätzlichen Zeichen» auf Venusbezieht. Faktisch kann Venus in diesem wie in jenem stehen. DerVitalitätston, die Qualität des Zeichens ist ihr demgemäß gleich-gestimmt oder gegengestimmt. Finden wir etwa unter WIDDER

(Bd. II, S. 167): «stoßartige Vitalität, angreifend und vorwärts-drängend» usw., so kann der empfundene Augenblick, wenn Im-puls und Lustreiz zusammentreffen, ungemein lebensvoll sein.Dennoch ist diese Art des Erlebens wenig venusgemäß, die Hef-tigkeit des Begehrens kommt nicht zur passiven Einstimmung indie Situation, schwer läßt sich eine Dauerharmonie gestalten,weil die Wiederholung zu sehr abhängt von ichhafter Willkür,die in verinselten Spontanbegebenheiten aufgeht. Oder findenwir unter SKORPION (Bd. II, S. 218) «umsatzkräftige Vitalität,ansaugend und reaktiv sich verausgabend» usw., so kann der sen-sibel empfundene Augenblick, wenn Gefühlsstimmung und Lu-streiz zusammentreffen, von tiefgreifender Resonanz sein. Dochdas aufrüttelnde, zu affektiven Grenzen treibende Erleben - in derIntimsphäre mehr Sexus als Eros - entbehrt des ruhigen Gleich-maßes, die Wiederholung unterliegt ungleichen Spannungen,untergründig und ambivalent, der Kontakt muß sich unter wech-selnden Bedingungen immer wieder neu herstellen, schwierig füreine Dauerharmonie. Zwar haben wir uns zu hüten, aus einer ein-zigen Kombination ein abschließendes Urteil zu geben, doch Ve-nus betreffend fehlt diesen beiden Marszeichen das ihr nötige«sanfte Klima». In den Venuszeichen liegt dies schon im Vitali-tätston anders. Bei STIER (Bd. II, S. 174): «angestaute Vitalität,eine stark in Säften stehende, doch undynamische Zuständlich-keit» usw. Bei dieser passiven Empfindungsart kommt es daraufan, daß subjektive Bedürfnisse angeregt, geweckt, aus ihremgleichsam schlafenden Zustand herausgeholt werden. Die Eigen-harmonie bleibt in diesem Geschlossensein der Person gewahrt,das Erleben hebt sozusagen von der Reaktionsmasse nur ab, was

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den konkreten Bedingungen möglich, der Wunsch nach Wieder-holung haftet an bestimmten Merkmalen des Auslösers. Oder beiWAAGE (Bd. II, S. 211): «anregsame Vitalität, aus der sinnlichenReizempfindung sich verjüngend» usw. Hier ist Harmonie imvorhinein auf Kontakt mit einem Du, auf Ausgleich mit dessenAnderssein gestimmt, sich einpassend in die jeweils geschaffeneLage. Die Bereitschaft zur Wiederholung erwartet aber einenWechsel der anregenden Gesichtspunkte, spirituelle Neubele-bung, das weltoffene Prinzip kann nicht in Gleichförmigkeit ver-harren. Bei all diesen Reaktionen fällt allerdings derGeschlechtsunterschied ins Gewicht, wie später zu besprechensein wird.

Mit «Übereinstimmung» und «Widerspruch» von Planet undZeichen haben wir die markantesten Beispiele einer Betrach-tungsweise, welche die Planetenzugehörigkeit der Zeichen in dieDeutung einbezieht. Sie ist in jedem Fall von Belang und kommtzum Temperament hinzu. Venus in LÖWE als dem Sonnenzei-chen erreicht einen besonderen Grad von Herzlichkeit, aber auchHerrschlust gegenüber dem Geliebten, Venus in KREBS als demMondzeichen einen besonderen Grad von Hingabe, aber auchUnbeständigkeit. Beides betrifft stärker die Seite der sinnlichenReagibilität im Venushaften, das im Saturnzeichen STEINBOCK

etwas arm ausfällt, wogegen das stetige Gleichmaß gewinnt; Lie-be bedeutet hier weniger Sinnesrausch als Einheit von Neigungund moralischem Respekt. Dies stimmt überein mit dem Aspekt-verhältnis der Zeichen in der Kreiskonstruktion. Das strenge Sa-turnzeichen verhält sich darin dissonant zu WAAGE, dem leichtreagiblen Zeichen der Venus, aber im Einklang des irdischenTrigons zu ihrer eigenharmonischen Seite in STIER. Von leich-terer Reaktionsart ist das Zeichen des «fröhlichen Saturn», diemehr uranische Seite von WASSERMANN im luftigen Trigon mitWAAGE verwandt, doch fehlt ihm als saturnbezogen die orga-nisch unmittelbare Kontaktnähe des Gegenzeichens LÖWE. Umdie Deutung zu ergänzen, müssen wir dann schließlich dieAspektstellung des Dispositors über das Zeichen, in dem Venussteht, mitbedenken. So wird etwa der gläubig begeisterte Auf-schwung der Empfindungen bei Venus in SCHÜTZE eine Einbuße

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erleiden, nicht recht zum Zuge kommen oder Idolbildungen ab-bauen müssen, wenn der Dispositor des Zeichens, Jupiter, imQuadrat zur Venus steht. Die vollständige Deutung, so reichhal-tig die vorkommenden Schattierungen sind, ist mithin nichts an-deres als ein konsequentes Durchdenken der Beziehungen, diejeweils in einem Punkte der Konstellation zusammentreffen.

Von da aus leuchtet ohne weiteres ein, was mit Überein-stimmung und Widerspruch gemeint ist. Wo Kraft und Prinzipübereinstimmen wie bei Venus in STIER, stellt die Harmonie sichzwanglos her, sobald der persönliche Geschmack befriedigt wur-de. Im Widerspruch dagegen, im Marszeichen SKORPION, unter-liegt auch der Geschmack marsischen «Zwängen», unruhevollemDrängen und Suchen je nach der Marsstellung; dies treibt mitun-ter zu krampfhaften Versuchen, Harmonie zu erreichen, noch ander Schwelle der Beruhigung zweifelnd, ob sie je vollständigmöglich sei. Der Harmonieanspruch ist größer, er will den gan-zen Lebenshintergrund einbezogen spüren, während in STIER derreagible Zustand sich selbst genügen kann. Deswegen ist dieletztere Anlage nicht unbedingt «besser», nur bequemer. Eineverfrühte Zufriedenheit kann zum Verhängnis werden, wenn mansich an einen Partner hängt, bei dem die Entwicklungskräfte zurStagnation gebracht werden. Übereinstimmung heißt in jedemFall, daß die Kraft eindeutiger in ihrer Eigenart zur Geltungkommt, die Äußerung ist ohne weiteres «stilgerecht». Im Wider-spruchsverhältnis dürfen wir aber von «stilwidrig» nur als Ge-fahrpunkt sprechen, wir begreifen diesen schwierigeren Fall alsgegensatzhaltigen Stil. Stets hüte man sich vor Abwertungen, dieerst bei falschem Gebrauch der Kräfte berechtigt wären. Mars inSTIER ist auch aktiv, aber von Natur aus da, wo er zugleich ge-nießt, zumindest den Vorgeschmack greifbarer Früchte einer An-strengung hat. Venus in WIDDER ist auch passiv, aberherausfordernd passiv, nicht ruhig abwartend, bis die Situationreif ist. Mars in WAAGE kann auch aggressiv sein, wenn nämlichaus dem Gleichmaß der Empfindungen geworfen, in der norma-len Wahlsituation gibt er spontan seine Zustimmung oder wehrtlebhaft ab. Auch Venus in SKORPION kann harmonisierend wir-

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ken, am ehesten sogar, wenn ihre Bindekraft in Frage gezogen,problematisch aufgewühlt oder erschüttert wurde.

Gleich den «Werkelementen der Künste» (vgl. Bd. II, S.162/63) ist eine Anlage so berechtigt wie die andere. Der gegen-satzhaltige Stil bedingt in der «Lebenskunst» nur eine eigeneProblematik der Bewältigung. Er bedeutet keinen Konflikt nachArt der Oppositionsaspekte, die Schwierigkeit besteht vielmehrdarin, die Kraft trotz widersprechender Äußerungsbedingungenrein zu verwirklichen. Venus in SKORPION soll aus der Spreng-kraft gesteigerter Empfindungen heraus expressiv-harmonischwirken, Mars in WAAGE aus sinnen- und geistbeschwingendenZugkräften tätig sein; Venus in WIDDER soll aus willkürhaftemSpontanempfinden harmonische Bereitstellungen erzielen, Marsin STIER nicht nur durch realen Ertrag der Arbeit angetriebensein, sondern einen zusagenden Stoff durchformen.

In den unerschöpflichen Verwandlungen des Lebens findet gerade imFalle des Widerspruchs von Kraft und Prinzip häufiger eine Kompensationstatt als im Falle der Übereinstimmung. Die Ungemäßheit reizt die ausweg-suchende Haltung an und kann bei Vertauschung der Ebenen zu Weiterun-gen führen, die einen Konflikt, angezeigt durch hinzutretende Aspekte, aufandere Weise lösen als die Primitivform vorschreiben würde. Unter Primi-tivform verstehen wir hier keine minderwertige, sondern die lebens-unmittelbare Äußerung, bei Venus der sinnlichen Reagibilität. Im Verhält-nis zu Mars als dem Triebfaktor geht dies insbesondere das Geschlecht an.

Intelligenz, Ökonomie, zweckhafte Aussonderung

�Eine Abwandlung durch Temperament und Vitalitätston wer-

den wir am wenigsten bei Merkur erwarten, dem unsentimentalauf den Sachkern jedes Vorfalles eingehenden Verhalten. Dem I.

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Band entnehmen wir Stichworte wie Ökonomie oder zweckhafteAussonderung, Intelligenz, Zwecksinn usw., wobei das Intelli-genzhafte als bewußte Lebensleistung die instinktgegebenenHandlungsschablonen überhöht. Physiologisch meinen wir dienervenmäßige Reizübermittlung, Schaltung von Impulsen, Rück-koppelung, psychisch die verstandesmäßige Steuerung und somittaktische Richtigkeit im Sinne des bewußtseinswachen Daseins-stils. Daß dies im Schema Bd. I, S. 78 auf seiten der Sachbindungliegt, leuchtet ohne weiteres ein. Trotz der zweifelsfreien Ver-wandtschaft mit dem saturnischen Realsinn gilt jedoch das Mer-kurische nur für eine Denknaivität als gleichbedeutend mitSpiegelung der Wirklichkeit. Genauer untersucht folgt das ratio-nallogische Operieren mit Begriffen, Urteilen und Schlüssen demökonomischen Prinzip des kürzesten Weges, erreicht mit einemMindestaufwand an Mitteln, und es dient hauptsächlich demzweckbedingten, haushälterischen Sicheinrichten, der Lebens-tüchtigkeit in den Grenzen des Nützlichen. Eine Stichhaltigkeitanderer Daseinsweisen wird von ihm ausgeschlossen. Wenn wirvielleicht magische Welteinstellung, Traum, visionäre Schau imGefühl als mögliche Wirklichkeiten anerkennen, so verhält sichdemgegenüber die rationallogisch gedachte Wirklichkeit mit demAnspruch der einzig gültigen, gestützt einerseits auf praktischenErfolg, anderseits logische Beweiskraft des Weges, dahin zukommen.

Von der Intelligenzhöhe und der Verstandesausbildung wissenwir aus dem Meßbild nichts (Aussagegrenze!). Merkur rein mer-kurisch mit quantitativ rechnendem Denken beurteilt, ergäbe eineglatte Nichtaussage bis auf den Stellenwert, den Grad der Be-deutung im ganzen. Unsere qualitative Betrachtung kennt aberdie Stilform. Hiervon entnehmen wir den «Einzeldarstellungen»des II. Bandes zunächst, was über die Auffassungsweise gesagtist. Wir haben darin eine Abschattierung der für Merkur eigen-tümlichen Spannung zwischen venushafter Aufnahmebereitschaftund saturnisch wachsamem Mißtrauen, nämlich das «Wie» derAufmerksamkeit. Aus der fortwährenden Einwirkung der Weltauf unsere Sinne sondern sich uns bekanntlich Einzelheiten her-aus; anlagebedingt ist dabei, welche Gegenstände vornehmlich

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unsere Aufmerksamkeit erregen und apperzipiert werden (Fel-derkreis; hierher gehört die Denkhandlung als gerichtete Aktion,etwa Freuds «Denken als Handeln in kleinen Portionen»). Hinterdem Beachten dieser Dinge steht, nun auf die Zeichen geblickt,eine Einstellung zur Welt überhaupt, eine Art und Weise, dieDinge zu sehen und daraus Folgerungen hervorzutreiben, einDenkstil. Allerdings müssen wir zur Vollständigkeit noch dieProblematik heranziehen - Merkuraspekte - und natürlich die In-telligenzhöhe wissen, um sagen zu können, wie weit dieser Stilauch ausgewertet wird. Darin befinden wir uns im Ausbildbaren,im Bereich des Lernens sowie der gedanklichen Dauereinstellun-gen oder Denkgewohnheiten, nicht nur individuell, sondern sozi-al oder berufsbedingt, schließlich innerhalb der Beeinflussungdurch merkurische Tricks und Finten der Reklame, Propaganda,die unsere unwillkürliche Aufmerksamkeit bindet oder durchTarnungen, Ablenkmanöver ausklinkt. Das individuelle Auf-merken betrifft das Verhältnis zwischen Vorhaben und Signalender Außenwelt; außer der quantitativen Seite kommt qualitativdie persönliche Auffassung zur Geltung.

Hier sei mit einigen Beispielen deutlich auf die Fehleinstellungder überlieferten Astrologie hingewiesen, die in den Tafeln derWertbestimmungen, der «Würden» und «Schwächen» zum Aus-druck kommt. Man will damit in bezug auf Merkur etwas überden Grad der Intelligenz, über «guten» oder «schlechten» Ver-stand aussagen. Als erste und einflußreichste Würde gilt dasVerweilen eines Planeten «in seinem Himmelshause», seinemZeichen, also das Verhältnis, das wir als Übereinstimmung ken-nengelernt haben. Als größte Schwäche gilt das Verweilen in ei-nem seiner Natur entgegengesetzten, «feindlichen» Zeichen,worin er angeblich «vernichtet» sei, das Verhältnis des Wider-spruchs. Lägen die Dinge so einfach, dann hätte ein astrologi-scher Berater einem Hindenburg von der Befassung mit militä-rischen, einem Michelangelo von der Befassung mit künstleri-schen Beschäftigungen abraten müssen, denn jener hatte denMars, dieser die Venus «in Vernichtung». Ebenso steht es beiMerkur. Greifen wir den angegebenen Abschnitt für ZWILLINGE

heraus (Bd. II, S. 182), so lesen wir «abschätzende Auffassung,

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intellektuell-flattriges Angesprochensein, logisch folgernd undpraktisch» usw. Lesen wir demgegenüber die analoge Aussageüber SCHÜTZE (Bd. II, S. 228): «begeisterungswillige Auffas-sung, affektiv sinnsuchend und -gläubig, ausgerichtet auf Fern-ziele, Vorbilder, Ideen» usw. Fraglos werden wir die ersteKombination häufiger bei guten Kaufleuten oder Reportern an-treffen, allen, die ein kühles und wendiges Urteil brauchen, wäh-rend etwa ein Philosoph wie Voltaire oder ein Dichter wieDostojewski sich mit der zweiten Kombination ganz gut befandund deswegen keinen schlechteren Verstand hatte. Sie folgtennur einem anderen Stil zu denken, verglichen mit bloßem Beden-ken des Zweckdienlichen, war ihr Stil gegensatzhaltig. Odergreifen wir den entsprechenden Abschnitt für Merkur inJUNGFRAU heraus (Bd. II, S. 205 ), so lesen wir «auswertendeAuffassung, intelligentes, rasches Orientiertsein in genauer Nah-beobachtung, erfahrungsgebunden-kritisch» usw. Schlagen wirdie analoge Aussage über FISCHE auf (Bd. II, S. 251): «mit-schwingende Auffassung, phantasievoll-gefügig, schweifend,beweglich fließend, Eindrücken ausgeliefert» usw. Wen würdenwir als Finanzberater aufsuchen, als Sachwalter in einem Muse-um einsetzen, als Schreibwarenhändler erwarten, wem zum Berufdes Feinmechanikers raten? Zweifellos einem mit der erstenKombination. Waren aber deswegen Schopenhauer, Hölderlin,Victor Hugo, Baudelaire, um nur einige mit der zweiten Kombi-nation zu nennen, von minderem Verstand? Gewiß, wo Akribieund Sachbeobachtung, kritischer Untersuchungsgeist und Liebezu Einzelheiten bei einem Dichter hervortreten, kann wiederMerkur in JUNGFRAU am Platze sein. Diese Stellung finden wirbei Herder, Tolstoi, während Philosophen wie Leibniz, Spengler,Sartre aus der Note geschliffenen Intellekts von Merkur inZWILLINGE verständlich werden.

Zwar ausschlaggebend für den Stil der Verstandestätigkeit bil-det Merkur doch nur eine Komponente der geistigen Struktur.Hierfür bedarf es weiterer Bestimmungen. Die aggressive undzynische Geisteshaltung des reifen Voltaire könnten wir aus derSinngläubigkeit von SCHÜTZE allein schwerlich verstehen. Wirmüssen den Rückschlag der am Ideal gemessenen Enttäuschun-

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gen, ihr Umstülpen zum ätzend geistreichen Paradoxon gemäßder Stellung von Mars bei Merkur, beide in Opposition zu Ura-nus, in Rechnung ziehen sowie die Stellung von Sonne im ab-wertungsbereiten SKORPION, im Spannungsaspekt zu dem überSCHÜTZE dominanten Jupiter. Doch das Sinnsuchen und das Mo-tiv der Gerechtigkeit durchzieht die verschiedenen Lebensstufen34. Für Schopenhauers pessimistische Geisteshaltung wiederumund die bei ihm, trotz aller Weite des Denkens, auftretendenSelbstbezüglichkeiten ist es wichtig, daß Merkur an Sonne undSaturn durch Konjunktion gebunden und in Opposition zu Mondim Merkurzeichen JUNGFRAU stand. Der Bedeutung dieses Mon-daspektes vorgegriffen: eine Spannung zwischen dem Logos undgemütsmäßig besetzten Lebenswerten rollt das Problem derWirklichkeitsaussage von zwei Seiten auf, verlangt einen Ein-klang zwischen Begriff und gefühlshaltigem Bild herzustellen.Ein Nichtgelingen würde das Intellektuelle vom Emotionalen ab-spalten. Zu dieser strittigen Welt der «Vorstellung» steht dieWelt des «Willens» im gedanklichen Amalgam, wobei die Kon-junktion von Sonne und Saturn in FISCHE die Anschauung einesallbeherrschenden Fatums naherückt.

In Betracht der Kombination von Merkur und dem Zeichen, indem er steht, dürfen wir uns natürlich nicht nur an die Extremevon Übereinstimmung oder Widerspruch halten. Jedes Ausdruck-sprinzip, das in der Individuation zur Geltung kommt, wird eineeigene Note der Intelligenz entwickeln, allgemeiner gesagt: mitjeder Anlage überhaupt sind spezifische Lebensleistungen undSchwierigkeiten verbunden. Letztere liegen im Merkurischen imVerhältnis zu dem von ihm Ausgeschlossenen, weshalb geradeMond- und Neptunaspekte zu Merkur für die Bewältigung «in-flativer Vorstellungen» so wichtig sind. Die Einheit, die sichmerkurisch in der geistigen Person stiftet, stimmt außerdem nurselten mit der naturgeschöpflich-organischen Einheit zusammen.Hier zweigen die nervösen Störungen ab. Als weitertreibender

34 Bei Voltaire und Schopenhauer kennen wir nur die Tageskonstellation, nicht dieStunde, wissen also im Falle Schopenhauer nicht, wie eng die Opposition von Mond auf dieKonjunktion von Sonne, Saturn und Merkur war.

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Störfaktor gilt Uranus in Spannungsaspekten, den einheitlichenaktiven Lebensschwung vertreten Mars und Jupiter neben derSonne (mit der schlechterdings nur Konjunktion möglich ist). Diespezifische Lebensleistung des Merkurischen überzieht die orga-nische Pulsation mit einem Netz von mitteilbaren Sachbegriffenund Denkformen, die außer der Selbstverständigung eine Kom-munikation von Mensch zu Mensch ermöglichen. In dieser Hin-sicht erlangt das Aspektverhältnis zu Venus - in astronomischebenfalls eng gesteckten Grenzen - seine Bedeutung. Ihre Ver-wandtschaft mit Merkur in der sachgebundenen Gruppe liegt imFormalen und in der Wiederholung: der Mensch begreift imGrunde nur, womit er wiederholt umgeht und daran sein eigenes,mitteilbares Urteil herausbildet.

Mit solchen Ausführungen geraten wir in eine verwickelteKombination von Bestandstücken, die jedoch immer nur eineDeterminiertheit der geistigen Struktur, nicht der gedanklich er-zielten Ergebnisse kennzeichnen können. Wir gehen vorderhandnoch nicht so weit und wollen - absehend von Beeinflussungdurch Leidenschaften, Nervosität, Neurose als Protest der Seele -allein die Kombination mit dem Zeichen betrachten. Auch was esmit dem «verbrannten Merkur» der Tradition auf sich hat, gehörtunter die Aspekte und wird an seiner Stelle besprochen. Im Tier-kreis liegt wie immer die ganze Skala der Abwandlungen. Dochbeim kühlen, indifferenten Merkur ist es so, daß spärliche Zügeaus diesem Reichtum in das Intelligenzverhalten eingehen, vorallem tritt der Vitalitätston zurück, bedeutet dem rein Merkuri-schen eher eine Störung. Die Auffassungsweise aber enthält Be-ziehungen zu den vier Seinsebenen, die eine vorgeprägteWertwelt auch des Logos darstellen: bestimmte Verhältniswerteder Dinge bieten sich als denkmäßig verwendbar an. Hier beginntder Stil mit Hilfe des so oder so einspielfähigen Zentralnervensy-stems die herantretenden Fragen zu beantworten.

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Konkretisierendes Denken, scharf umrissene, eng gefaßte Vorstellungen,ildfixierend, die von den Erscheinungen ausgehen und das Gesetz ihresuftretens zu formulieren trachten.Bei STEINBOCK formalistisch, statistisch, konzentrativ, Gesetze vorfindli-

hen Verhaltens abstrahierend. Bei STIER naiv empiristisch, anschauungs-ebunden, akkumulativ. Bei JUNGFRAU experimentell die Empirieergliedernd, das Bestandteils-Mosaik praktikabel einteilend.

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FEUE

Zieldenken, auf das jeweilige Vorhaben ausgerichtet, entwerfend, projek-iv die Welt betrachtend, am Prozeß des Erreichens von Erkenntnissen be-eiligt, vom Affektleben gesteuert oder auch beeinträchtigt.

Bei WIDDER apodiktisch behauptend, schlagfertig setzend. Bei LÖWE

entralistisch ordnend, Ausschnitt und anschauliche Form sowie Rangstufeneachtend. Bei SCHÜTZE auf Letztforderungen der Einheit ausgerichtet, al-ernative Fragen, ethisch-praktisch.

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WASSE

Symbolisierendes Denken, vage, weit gefaßte Vorstellungen, bildver-auschbar. Verborgenes hinter den Erscheinungen suchend, andeutungswei-es Umschreiben, mehr formend als formulierend.Bei KREBS ein Zusammenhänge ahnendes Fühldenken, variativ. Bei

KORPION sezierend zweiflerisch, untersuchend oder zynisch abwertend,ymbolbegrifflich. Bei FISCHE abtastende Wahrscheinlichkeitsschlüsse, vonorrespondierenden Punkten her einem vorausgesetzten Gesamtzusammen-ang angepaßt.

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Begriffsdenken, jeweils um eine Schablonen- oder wesenhafte Idee grup-iert, die als Schlüssel der berechenbar angesehenen Erscheinungen gilt,inge im Systembezug betrachtend.Bei WAAGE vergleichende Anschauung, kombinativ, auf proportionalerößen eingestellt. Bei WASSERMANN planend und systematisierend, in ab-

trakten Begriffsordnungen sich bewegend. Bei ZWILLINGE ein Denken in

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Relativurteilen und dualen Unterscheidungen, zweckdienlich-praktischeFolgerungen.

Schulung und logische Ausbildung verwischen nie ganz diedamit umrissenen Denktemperamente. Bei Merkur in Luftzeichenfällt es relativ leicht, unsentimental, mit Abstand und oft Gleich-gültigkeit zum behandelten Gegenstand, der logischen Schlüssig-keit zu folgen. Eben an diesem Gegenstand haften die Erdzeichenin Beachtung aller Merkmale, der Denkvorgang ist darumschwerfälliger, soweit nicht in Bahnen eingelaufener Routine,doch gründlich, konsequent, umstandsgenau. Bei den Wasserzei-chen löst sich das Denken ungern vom Gefühlston des erlebnis-mäßigen Verhältnisses zu den Gegenständen, die Assoziationenfließen reicher und beseelt von hineinspielenden Bedeutungen;der Sachwelt gegenüber kommt es freilich auch zu reizvollenoder auch verfänglichen Inkonsequenzen. In den Feuerzeichenschließlich leben die Gegenstände von Entwurf, Überzeugung,Forderung, die sich damit verknüpfen; den Denkvorgang beflü-gelt der Schwung des Eroberns, Beherrschens; zuweilen derethosgetragene Ansporn einer Denkaufgabe, häufig aber nur dieLogik souveräner Behauptungen. Dies alles sagt nichts über Gei-stesschärfe, jedoch über die Qualitäten des Intelligenzgebrauchsaus, womit sich Formen der Auswertung abzeichnen. «Feuer»kann der rednerischen Eindringlichkeit zum Vorzug gedeihen,«Erde» der trockenen Tatsachentreue, «Luft» der Leichtigkeitdes Eindenkens in verschiedene Situationen und Charaktere,«Wasser» dem sensitiven Durcharbeiten des Stoffs mit Rücksichtauf das Stimmungshafte.

Abgesehen von diesen durchgehenden Zügen hat jedes Zeichensein eigenes «Denkklima», verständlich aus Dreigliedereng undPlanetenzugehörigkeit. Zum Beispiel sind die kardinalen Zeichendes Wasser- und Erdtrigons auf Mond und Saturn bezogen: hiererkennen wir wieder Pfahlers Typenansatz, die Unterscheidungfließender und fester Gehalte (Bd. II, S. 91). In den DispositorenMond und Saturn liegen zugleich Extreme der Altersstufen, dieTendenz zum Flüssigen, Unstarren in jugendlichen Anschau-ungen, dagegen spätere Festlegungen bis zum Einnehmen end-

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gültiger Position, die «Austrocknung durch Altersstarre». Derwirkliche Verlauf hängt natürlich vom geistigen Niveau ab, erkann den normalen Lebensphasen voreilen, ausseits steht der Fallder Genialität. Die Temperamentsart des Zeichens äußert sich inder teilnehmenden Funktion der sensibel und motorisch beein-flußten Körperteile, insonderheit der Hände, zumal bei primitive-ren Völkern und Volksschichten. Erworbene Sprechgewandtheitsteht aber ebensowenig im Meßbild wie die Ausbildung des ab-strakten Denkens.

Keinesfalls ist der Mensch in seiner naturgegebenen inneren Ordnung beiMerkur zu suchen, sondern derjenige, der sich eine künstlich erdachte Weltschafft, indem er beobachtet, laboriert, seine Berechnungen auf die Außen-welt anwendet. Gewisse Gefahren liegen darin, sein Bewußtsein so mit Fer-tigwissen zu besetzen, daß einem nichts mehr einfällt, was nicht in dieintellektuelle Schablone paßt. Gefahren wie Neid, Falschheit, Übervortei-lung liegen anderseits nicht im moralisch indifferenten Merkurischen selbst,sondern im Gebrauch. Diese Wesenskraft kann ebenso auch den höchstenForderungen des Gegenspielers Jupiter in die Hand arbeiten: Informationüber die Folgen einer Handlungsweise verbessert die Fähigkeit, Gutes zutun, sofern die Möglichkeiten einer Entscheidung durchdacht und die Fol-gen vorbedacht werden. In der Stellungnahme zu den Taten anderer lobt undstraft das Merkurische nicht, sondern klärt den Sachverhalt und seine Vor-aussetzungen, beschreibt das Erreichbare, behandelt den Unmündigen,bringt die Lebensverrichtungen auf technisch geschicktere Formeln.

Wertgerichtetheit, Optimalstreben, sinnhafte Rückbindung

�Einzelgewinn und -vorteil runden sich auf durch Verwirkli-

chung im Großen und Ganzen. Dies rückt das Jupitersymbol inden Blickkreis, und es treten andere Gesichtspunkte ein, überge-ordnete des Gesamtwohls sowie entscheidende Umstände derstrategischen Hauptlinie, die zur Reife, zur Vollendung führen.

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Dem I. Band entnehmen wir Stichworte wie Optimum oder sinn-hafte Rückbindung, Wertgerichtetheit und Sinnstreben usw.Nach dem Schema S. 78 befinden wir uns in der Gruppe aktivenLebensschwungs und auf der durchführenden Achse, Merkur ge-genüber. Auf dieser Achse werden Ergebnisse der Gegengruppein assimilierter Form, also gemerkte und ins Begriffsvermögenübernommene Sachbeobachtungen dem lebendigen Strebendienstbar gemacht. Wollte aber das Leben jeweils abwarten, bisapperzipierte Wirklichkeiten so hinreichend in einem Ich vor-handen seien, daß seine Impulse berechenbar zum Erfolge füh-ren, dann käme gar kein Handeln zustande. Auch Erfahrung«wird gemacht», setzt Tätigkeit und Wagnis voraus. SpontanesHandeln braucht eine dem Ziel zuerkannte Realität, eine Glau-bensannahme; zur erfahrenen Realität gelangen wir erst nach-träglich. (Darum sind dissonante Aspekte von Saturn soschwerwiegend: auf das unter Jupiter expansiv, gläubig, optimi-stisch gestimmte Ich wirken Erfahrungswirklichkeiten gleichsamals Kontraktionsdruck.) Wohin nun die Impulse treiben, worinjemand seinen Sinn und obersten Wert sieht, hängt von der Ent-wicklungshöhe ab (Aussagegrenze). Zwar vereinigen sich unterJupiter die aufwärts weisenden Tendenzen zum Streben nachdem Bestmöglichen, besonders der marsische Überschuß, dasDranghafte, kann durch entsprechende Wertverschiebungen ge-steuert und im inneren Aufbau der Struktur verwendet werden(vgl. S. 190 ff., Sublimierung). Überzeugend jedoch wird diesStreben aus der Rückbindung zum zentralen Anliegen, gekenn-zeichnet im Sonnensymbol. Hierin ist Jupiter der Auswirker desim Kern Begründeten, der Herzenssache. Entsprechend der Ur-sprungsnähe des Strebens im kernhaften Wollen sowie dem erar-beiteten Verhältnis zur Erfahrungswelt gibt es verschiedeneGrade, aus dem Gegebenen das Beste zu machen.

Bei allem Zug ins Große müssen wir also Jupiter zunächst inden Eigenheiten begreifen, die seiner durchführenden Rolle unterden Antriebssymbolen gemäß sind. Es gilt, das Sonnenhafte, dieschöpferische Potenz, in lebensförderlich hervorquellende Pro-duktivität zu überführen und die ausgereifte Frucht darzubringen.Diese organische Wertwirklichkeit bildet sein Um und Auf. Sein

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expansiver Zug ermißt sich keineswegs einfach an eingesetzterEnergie, der zum Äußersten treibenden marsischen Durchset-zungskraft, er tendiert vielmehr zum Wohlabgestimmten, demGanzen Zuträglichen. Das Regulative in Jupiter ist gegen allenExtremismus von abmildernder Wirkung, hat etwas Gemischtes,Gemäßigtes, vermittelnd zwischen den Ausfahrern von In-telligenz (Merkur) und Energie (Mars), verselbständigtem Sin-nengenuß (Venus) und Phantasiegehalten (Mond) wie pedanti-scher Tatsachenfeststellung (Saturn). Diese Einbeziehung allerWesenskräfte gibt den jupiterhaften Äußerungen insofern etwasÜberdeterminiertes, als sich stets mehrere Bedeutungen darinüberschneiden. Ihr Eigenes liegt in der wertmäßigen Abstim-mung des Vorhandenen auf das Gesamtwohl, individuell wiekollektiv. Es ist die Wohlfahrts-, Wohlstandskomponente, aller-dings auch in ihren verfänglichen Rückwirkungen, in maßlosemErfolgsrausch oder Völlerei als niveaubedingten Entgleisungen.Wenn ungestört und nicht durch ein «Zuviel» verweichlicht oderdesorientiert, hält aber diese Wesenskraft im Erobern wie im Ge-nießen das gedeihliche Maß inne.

Oft sind es der Fassungskraft überlegene, doch glaubens-gewisse Ziele, die hier das Streben lenken, aktiv bejahte Ideale,vor denen sich das Handeln zu rechtfertigen hat oder die einenPlan, ein Willensvorhaben mit Vernunftsgründen ausstatten.Nicht im begrifflichen Nachweis und in aufzählbaren Dingen be-steht die Komplexität, die Mannigfaltigkeit und Fülle, aus dersich höher oder tiefer, besser oder schlechter im Gesamtwert be-stimmt. Mechanische und quantitative Maßstäbe, Rekordziffernder Erfolgreichen und Arrivierten wären nur äußerlich auf dieglückliche Selbstverwirklichung anwendbar. Huldigt zwar dermenschliche Durchschnitt immer noch der antiken «fortuna ma-jor» und gehört zum Jupiterhaften tatsächlich verbreiterte Wir-kung und Vermehrung der Produkte, so liegt sein Wesen doch inder Glücksfähigkeit, die gegebenenfalls auch aus bescheidenemErtrag einen Sinn schöpf. Zu seinen Befriedigungen führt derSpannungsausgleich entgegengesetzter Wünsche, bewußter Ab-sichten und unbewußter Erwartungen, die Kunst, seine Lage er-träglich zu sehen und verträglich zur Mitwelt zu sein. Der

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Tendenz, mit uns geborene Möglichkeiten zur gesamtzuträgli-chen Entfaltung zu bringen, kommt es bei noch so hochge-schraubten Forderungen immer auf Erfüllung des Auftrags undGelingen an.

Hier setzt unsere Kombination mit dem Zeichen ein, indem wirfragen: auf welche Weise erreicht dieser Mensch sein Optimum,wie kommt er zu eigener Lebens-Leitlinie, Sinn und Vollendung,wie stellt er sich wesensecht und mit Aussicht auf Gelingen indie Umwelt hinein? Der Richtung nach, das ersahen wir aus demFelderkreis, liegt das gesuchte Optimum im beruflichen Erfolg,Liebesglück usw.; wird es aber außen oder innen gesucht, stetsist das «Wie» der Verwirklichung ausschlaggebend. Dies sagtuns, das Zeichen. Von der Auffassung, dem merkurischen Gegen-spieler hochbedeutsam, verschiebt sich die Aussage etwas mehrzum Ausdruck (Bd. II, Einzeldarstellungen). Doch ist es dersinngetragene Ausdruck, nicht der Gemütsausdruck wie beiMond oder die bloße Reaktionsform wie beim Aszendenten. Derjupiterhafte Ausdruck schließt Erworbenes ein, der auf obersterLinie bewerkstelligte Ausgleich im Ganzen sucht alle Vorzügedes betreffenden Zeichens auszuwerten, seine Klippen zu ver-meiden. Die Vitalitätsart wandelt die antriebshafte Note ab, derElementcharakter des Zeichens gibt an, auf welcher Seinsebenedie hoffnungsbeschwingte und sinngläubige Dynamik «richtigliegt».

Im großen Zuschnitt erhalten wir die erste Antwort auf eine sokomplexe Fragestellung, indem wir die Wirk- und Werdeformenbeachten, die Dreiheit von kardinal, fix und labil auf jeder Ebene.Unter Hinzuziehung des Oberbegriffs für Jupiter fragen wir,worin der betreffende Mensch das ihm zukommende, ihn zumOptimum führende Schaffensklima hat. Die Antwort entnehmenwir den Kennworten der Elementartrigone (Bd. II, S. 127-129).

Erdtrigon: das Optimum liegt bei STEINBOCK im stofflich Bewegenden,der tatsachengerechten äußeren Realitätsgestaltung, bei STIER im stofflichGrundlegenden, der Gestaltung aus physischer Notwendigkeit, bei JUNG-FRAU im stofflich Eingrenzenden, Gestaltung in Form exakter Sachbearbei-tung.

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Feuertrigon: Das Optimum liegt bei WIDDER im willensmäßig Antrei-benden, der Gestaltung aus richtendem Impuls, bei LÖWE im willensmäßigZusammenfassenden, der Gestaltung aus regulierendem Naturwillen, beiSCHÜTZE im willensmäßig Zielstrebigen, Gestaltung der handelnden Le-benssteigerung.

Wassertrigon: Das Optimum liegt bei KREBS im seelisch Schöpferischen,der Gestaltung aus innerer Lebensdirektive, bei SKORPION im seelischSpannungstragenden, der Gestaltung inmitten von Wert-Widersprüchen derSozialsymbiose, bei FISCHE im seelisch Teilhabenden, der Gestaltung imhöheren Auftrag.

Lufttrigon: Das Optimum liegt bei WAAGE im geistig Lenkenden, der Ge-staltung objektivierter Umweltserfassung, bei WASSERMANN im geistigOrdnenden, der Gestaltung im Rahmen gedachter Weltsystematik, beiZWILLINGE im geistig Fluktuierenden, der Gestaltung aus persönlicher Ur-teilsfindung.

Was uns beim ersten Gebrauch dieser Begriffe vielleicht ab-strakt anmutet, kann verdeutlicht werden an der hierin be-gründeten dreifachen Abwandlung der Temperamente (Bd. II, S.92 ff.), jeweils passende Ergänzungen herausnehmend. ZumStreben kommt bei Jupiter die innere Fruchtbarkeit und äußereBegünstigung hinzu, wobei Erbe und Umwelt mitsprechen, sodaß wir in dieser Hinsicht «Wenn-Dann»-Formulierungen haben.Die Dreiheit von kardinal, fix und labil gehört freilich zu denGrundbestimmungen der zwölf Zeichen überhaupt, sie kommtdaher bei der Abwandlung jeder Wesenskraft in Betracht. Wirkönnten bei jeder damit beginnen und uns fragen: worin liegt dieKernhaltung, der Gesamt-Lebensantrieb? (Sonne), die Tat- undDurchsetzungskraft? (Mars), der Schwerpunkt von Erfahrungund Konzentration? (Saturn), die Liebesempfindung, Ge-schmacksart und Harmonie? (Venus), die Intelligenz und Zweck-ausrichtung? (Merkur), die Gemütsart und Einbildungskraft?(Mond). Auch so gelangen wir zu richtigen Aussagen, doch na-turgemäß stehen die Wirk- und Werdeformen bei der Gruppe ak-tiven Lebensschwungs im Vordergrund und am meisten beiJupiter, wo die organische Wertverwirklichung dies alles zu-sammenfassen soll, um den Sinn des Daseins auszumachen. Hiererhalten wir damit den besten Einstieg in die Beurteilung der ju-piterhaften Verlaufsform, der sinnvollen Erfüllung, des Hinfüh-

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rens zur Lebensreife. In der jugendlichen Verfassung kommt diesweniger, hauptsächlich erst im projektiven Selbstentwurf, der zueiner im Leben verfolgten Leitlinie wird, zum Ausdruck. (Vgl.das Anskizzieren der späteren Reifeform in der Pubertät, Bd. I, S.89). Was wir «Frühreife» nennen, betrifft gewöhnlich nicht dasJupiterhafte, sondern eine begünstigte Entwicklung merkurischerFertigformen.

So hoch sich der Mensch aus dieser Wesenskraft seine Zielesteckt und Hoffnungen vorauswirft, die Vollführung setzt denlebensfähigen Kompromiß durch. Greift dies im Wertproblem aufdas zentrale Anliegen zurück, so besteht doch ein gewichtigerUnterschied, ob ich frage: was ist mir im Herzen zu tun wert undwürdig? Oder: wie verwirkliche ich mit zuhandenen Mitteln, wasmir lebenswichtig und sinnvoll erscheint? Nicht nur wegen äuße-rer Ablenkung oder Verführung durch «Gelegenheiten», sondernje nach dem Sonne-Jupiter-Verhältnis kann dies übereinstimmenoder verschieden sein. Die erste Frage beantwortet sich analogdem Sonnenstand aus Temperament und Anspruchsniveau, diezweite Frage zieht mit dem Jupiterstand zur Beantwortung allesheran, was die Wesensstruktur enthält und der Selbstverwirkli-chung in gegebenen Umständen dient. Diese optimale Verwirkli-chung kann anlagemäßig auf einer anderen Ebene liegen als derEigenwert-Anspruch, zu ihren Obliegenheiten gehört, in Kom-promißlagen wertmäßig intakt zu bleiben.

Als Versuch, trotz beibehaltenem Wunsch und Wert sich mitder jeweiligen Umwelt und ihren Anschauungen ins Benehmenzu setzen, verstehen wir das Wesen der Kompensation. Sie istnicht einfach Ersatz und Abfindung, wenn auch etwas Bestimm-tes vergütet und aufgerechnet wird. Zum Unterschied von psy-chischen Komplexen - starr bleibenden saturnischen Absiche-rungen gegen Unangenehmes, Widriges, Beschämendes - liegtim jupiterhaften Umtausch der Sinnträger eines Bestrebens dieWiederermöglichung frei flutenden seelischen Geschehens. Magdies merkurisch beurteilt manchmal einer Ausflucht täuschendähnlich sehen, so zeigt sich doch eben hieran der Unterschied zursaturnischen Kräftegruppe, die durch starre Zielfixierung dieFlucht vor unlösbar scheinenden Konflikten in die Krankheit

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veranlaßt, eine Hauptwurzel der Psychoneurosen. Auf der Jupi-terseite wird der Konflikt stets zu lösen gesucht, sei es auch mitVerzicht, Zurückstecken der Erwartungen und Kompromiß anbeiläufig erachteten Punkten, um die Kraft der Entscheidung fürzentral wertbesetzte Vorhaben zu erhalten. Etwas wie verzeihen-de Güte, weise, selbstüberwindende, heitere Gelassenheit ist nurauf diesem Boden möglich, allerdings nicht in der Jupiterstellungmitverliehen, sondern durch ihre Auswertung erwirkt. Beste An-lagen und begünstigende Umstände helfen nichts, wo die erwor-bene Reife, Ergebnis Belebten Lebens, mangelt. Bei Fehlent-wicklung kann dieselbe Anlage in Pyrrhussiege, Scheinerfolgeoder erheuchelte Bestätigungen, Kompensationen nach unten,umschlagen. Gerade bei Jupiter kommt es auf den selbstbestim-menden Faktor an, der über gut oder schlecht entscheidet.

Im bewußten Wachleben hat das Jupiterhafte mit der abklären-den Vernunft zu tun, die solchen Entscheidungen einen zentralenWertbezug gibt, indem sie die alltäglichen Widersprüche unterübergeordnete Blickpunkte stellt. Durch seine kompensatorischeTätigkeit steht Jupiter aber auch in Beziehung zum Unbewußtenund zwar im Empfang jener Weisungen des Traumlebens, dieuns einen selbsteigenen Sinn vermitteln wollen, die aufschließen,was die Anpassung an die Tageswirklichkeit verschüttet hat. Diesist die «vernehmende» Seite der Vernunft, ihr Anschluß an dieSelbstregulierung der Gesamtpsyche. Von da aus werden nor-malerweise etwa Härten, Einschränkungen des Berufslebenskompensiert durch lustbetonte Beschäftigungen in der Freizeit,das sozial geprägte Gesicht ausgeglichen im Privatleben. Gege-benenfalls leitet sich, in «Existenzträumen» vorangemeldet, eineWandlung der Persönlichkeit, ein synthetischer Reifungsprozeßein. In alledem liegt ein Gegensatz zum Merkurischen, das nieaus dem Unbewußten «empfängt», nur bis zur kritischen Alar-mierung reicht, wenn es etwas abzuweisen gilt, das unverträglichwäre mit dem bewußt vertretenen Charakterkern (WiderstandHypnotisierter gegen unmoralische oder verbrecherische Befehle,auch die Traumzensur gehört in diesen Zusammenhang). Das inJupiter verankerte aktive Ethos zeigt sich allerdings manchmalseltsam verklammert mit Leitsätzen des introjizierten Über-Ich

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(vgl. S. 93). Auf dieser Basis entstehen halb ernst gemeinte, halbscheinheilige Haltungen, eine künstliche Erregung übernimmt dieRolle des Anklägers, der pathetisch an anderen rügt, was er insich selber bekämpfen muß.

Wollen wir die Aussage über Jupiter vervollständigen, so müs-sen wir jedenfalls die Anteile beachten, die Kompensation undlebensfähiger Kompromiß am Erreichen des Optimums haben.Auch sie sind Mittel eines Heilers und Helfers in uns, sie wirkeneiner krankhaften Nachwirkung erlittener Verluste, Eingriffe,Versagungen, in summa erlebter Grenzen des Wollens, entgegenund bieten der Glücksfähigkeit andere Befriedigungen an. Wirdallerdings diese Tendenz selbstherrlich, so finden wir die «fauleTugend», die Bereitschaft, unter hochtrabendem Titel im vorhin-ein den bequemsten Weg zu gehen und Ausweichgelegenheitenaufzugreifen, sich um Entscheidungen herumzuwinden, das be-scheidene Glück oft «guter» Menschen. Die Anlage zu einemwohlmeinenden Verhaltensstil darf nicht über das Niveau täu-schen (Aussagegrenze), dessen niedere Stufen sich in baldigerErschöpfung neuer Kompensationsformen, in Stagnation undGleichlauf der Interessen bekunden. Seine erobernden, seineeruptiven Fähigkeiten zieht Jupiter nicht aus der Luft unver-pflichtender Ideale, sondern aus der Kraft des Ausfechtens urei-genster Anliegen. Er soll vor allem im Verhältnis zumantriebsverwandten Mars die innere Arbeit im ethischen Sinnesteuern, die in dessen Zeichen liegenden Sublimierungsformenaufschließen. Das Schöpferische echter Sublimierungen ist dieVerwandlung von Drang in Streben; der Energieüberschuß gehtdabei in die expansive Note des Jupiterhaften ein, worin er pro-duktiv wird im Verfolgen der eigenen Lebens-Leitlinie. Wenndiese Verwandlung nicht gelingt, entstehen die großsprecheri-schen Übertreibungen, das Schwelgen in Möglichkeiten, die An-geberei des «unreifen Jupiter». Dies kann zum jugendlichenÜberschwang oder zum Vorläufigkeitsstil infantil gebliebenerMenschen gehören, erworbene Reife aber findet zum Maß imBewußtwerden des persönlichen Sinns. Die Seinsebene, auf wel-che das Zeichen der Jupiterstellung bezogen ist, stellt die Ebeneder angemessenen Verwirklichung dar.

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Drang und Streben stellen sich sinnsuchend in die Welt der Materialitätinein, sie brauchen konkrete Aufgaben, um aus der Bewährung daran einohlgefühl erworbenen Eigenwertes zu gewinnen.

STEINBOCK wird produktiv im optimalen Ausschöpfen eines gegebenentoffs unter Anlehnung an Tradition und Beachten der Gesetzmäßigkeit, deseschichtlichen und sozialen Blickpunktes; Reifeerfolge auf Grund verar-eiteter Erfahrung. Zu langes Zögern jedoch, Warten auf Herstellung einer

oyalen Grundlage und Bestätigung durch sittliche Normen, bringt manchenls «Prinzipienreiter» ins Hintertreffen, andere veräußerlichen durch Expan-ität mit gebräuchlichen Mitteln und begnügen sich mit einem konventio-ellen Glück. Meist rechtschaffenes Streben, im Aktionsradius etwas einge-ngt.

STIER wird produktiv im ruhigen Ausreifenlassen des Selbsteigenen, pas-iv in seinem Naturgrund geborgen, durch festhaltende Gläubigkeit, gerich-et auf anschauliche, konkrete Werte; mehr stetige als steile Erfolgskurve,wangloses Wachsen durch Gunst der Umstände, häufig Verwaltungsgabender Verläßlichkeit im Anvertrauten. Die expansive Seite des Jupiterhaftenritt zurück, an seiner Stelle oft Lebensgenuß, behagliches Glück, das nichtm Gleichlauf gestört sein will. Das Streben bevorzugt gewohnte Bahnen,ie meist massiven Wünsche stauen sich an, bevor etwas zu ihrer Verwirkli-hung unternommen wird.

JUNGFRAU wird produktiv durch weise Beschränkung auf das Erreichba-e, haushälterisches Umgehen mit den Mitteln, Verbesserungen gehen ausinsichtiger Kritik hervor; schrittweise, vorsichtig berechnete Erfolge desxperten, unersetzlichen Rädchens im Getriebe, Sachwalters. Abgegrenzterrivatbezirk, oft «Glück im Winkel», expansives Streben verfängt sich häu-

ig in Kleinigkeiten oder sucht Verfeinerung der Kenntnisse auf einem be-timmten Gebiet; zu Nahestehenden häufig fürsorgliche Güte in kleiner,ohlabgemessener Dosis, auch in Wohltaten auf das Nützliche bedacht.

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Drang und Streben verlangen nach tätiger Sinnverwirklichung, worin sicher natürliche Eigenwert erhöht, erfüllt und zum Wirken über sich hinaus

reibt, souverän in der Aufgabenstellung.

WIDDER wird produktiv im Vorstoß in Neuland, durch Anwendung vonelbstgefundenem oder -erworbenem auf die jeweilige Situation in ihreresonderheit; Spontanerfolge aus unbekümmertem «Jetzt und Hier» desinsatzes. Durch Ungeduld, Übereilung oder vorschnellen Übergang zumächstlockenden kann man sich jedoch um die Früchte besten Wollensringen, manchmal auch durch Rechthaberei. Die milden, loyalen Seiten desupiterhaften treten zurück gegen impulsiv sich durchsetzende Expansität,ancher will alles Glück nur sich und seinem «Erstrecht» verdanken.

LÖWE wird produktiv durch zusammengeraffte Auftriebskräfte, großzügi-e Organisation entfaltungsbereiter Möglichkeiten, optimistischen Schwunges Herzens; Erfolge durch Kraft des vollen Einsatzes in dem, wofür Ehrend Verantwortung einstehen. Die hingebende Seite des Jupiterhaften tritturück hinter dem Machtwillen, der zuweilen die Kompensationen deseltungsbedürfnisses überspannt, auch sinnenfrohe Schaulust, welche daseben zum rauschenden Fest gestalten möchte; meist warmherziges «lebennd leben lassen», Schenkfreude.

SCHÜTZE wird produktiv aus der Spannung hoch gesteckter Ziele, derröße des Vorbildes und dem Pathos der Nachfolge; bewegte Erfolgskurveit mehr erobernder als platzhaltender Tendenz. Ein etwas abenteuernderug läßt die Ausgleichskomponente des Jupiterhaften gar nicht oder relativpät zur Reife kommen, zu hohe Erwartungen schaffen oft einschneidendenttäuschungen. Meist ein freimütiger rechtlicher Sinn, Spiel mit dem Un-erechenbaren und oft etwas Schaustellung dabei; zum Glückserlebnisraucht es eine sakrale und feierliche Note.

R

WASSE

218

Drang und Streben leben aus dem Grundgefühl eines verborgenen Sinns,orin die Beziehung zu Mensch und Ding anklingt und den ins Profane zu

iehen man sich scheut, Verwirklichung in selbstregulierend gefundenenufgaben.

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)KREBS wird produktiv vermöge vielseitiger, umstellfähiger Einfühlungs-

gabe, lebendigen Aufgreifens sich bietender Anregungen und deren weiter-pflanzenden Umsatz; Stimmungserfolge durch um sich verbreitete persönli-che Atmosphäre. Das in der Lebensfülle sich verstreuende Streben kannschwer auf nüchterne Ziele beengt werden, oft durch Anteilnahme abge-lenkt, die expansive Seite des Jupiterhaften ist phantasiebewegt und wirdmanchmal von Introversionsneigung aufgesogen. Weichheit und zuweilenSelbstverzärtelung statt kräftigen Wirkens nach außen, irgendwie Glück derTräumerei; meist gastfrei, tolerant und nachgiebig, mit einem gewissenHang zum Wohlleben.

-SKORPION wird produktiv im Austrag innerer Spannungen, in denen

Glaube mit Zweifel kämpft, Werte sich erproben und die jeweils akute Vor-stellung eine Leistungsphase beherrscht; schwankende, gewundene Erfolgs-kurve, die den inneren Wandlungen folgt, phasenbetont. Spürsinn für dasUngewöhnliche, manchmal fragmentarisches Herausschleudern neuer An-sätze, auch diplomatische Beobachtung des Lebens sozusagen aus demHinterhalt, Gereiftsein ist häufig Verzichten abgerungen und hat ein Erlei-den, manchmal Schuld und Katharsis zur Voraussetzung. Glück ist meist einvorübereilender, einmal affektbetont erraffter, ein andermal von Ahnungendes Zerstört-Werden-Könnens untergrabener Zustand; starke Regenerations-kraft nach Niederlagen.

1FISCHE wird produktiv aus der Hingabe an das Letztmögliche, durch

weitherziges Verstehen und Tolerieren auch mitmenschlicher Schwächen,durchdrungen von Sinn und Bedeutung eines Auftrags; Erfolg durch Maß-halten im Maßlosen, sonst sich leicht an Gelegenheiten verzettelnd. Man-chem fehlt die verständige Kanalisierung seiner Fähigkeiten oder er findetnicht zu zweckmäßiger Auswertung tatsächlicher Leistungen, bei einigenungewöhnliche Konzeptionen des Werks, fruchtbar die meisten. Im Mit-menschlichen eher zu viel Güte und Hilfsbereitschaft als zu wenig, für man-che besteht das Glück im Liebeswerk, unkontrollierte Nachgiebigkeit kannaber auch zur Schwäche werden.

fg

T

LUF

219

Drang und Streben suchen Abstand vom naturgegebenen Sinnhaften, Er-üllung im Auswerten geistiger Gesichtspunkte, durch die der Eigenwert sichehoben fühlt, frei beurteilte, zeitgemäße Aufgaben.

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,WAAGE wird produktiv durch eine Ausgleichs- und Vermittlerstellung, die

in jeweils vorgefundener Lage das beste verwirklicht, widerstreitende An-sichten zum Einklang bringt, verschiedenerlei Elemente verbindet; Erfolgedurch kombinatives Vermögen und manchmal diplomatisches Lavieren. Diewillensmäßigen, fordernden Seiten des Jupiterhaften treten zurück bei allzuharmonischen Verhältnissen; derselbe Mensch wird aktiver, wenn in seinemEigenen beansprucht; Glück der Gemeinsamkeit, braucht wechselnde Anre-gung und manchmal Ansporn durch Notlagen; meist Gerechtigkeits-empfinden und damit Bewährung im Zusammenwirken. Ohne Aufgabengelassen, gehen viele auf in heiterem, schönheitsverlangendem Genießen.

0WASSERMANN wird produktiv in gedanklicher Durchbildung praktischer

Vorhaben, Abklärung leitender Ideen, Fortschrittsglaube, vernünftige Be-herrschung der Triebe; Erfolge durch angewandte Menschen- und Sach-kenntnis, kann unsentimental mit Stoff und Aufgabe wechseln. Bei ernstvertretener Sache liegt das Glück im Ausharren bis zu ihrem Sieg, nie müdeim optimistischen Schwung, an die Stelle des ursprunghaft Schöpferischen,Persongebundenen, treten Gesichtspunkte allgemeingültiger Auswertungvon bereits Vorhandenem, darin erfinderisch, zuweilen auch etwas blutleereIdeologien, deren Forderungen über das Gedeihliche hinaufgeschraubt wer-den; meist humanitäre Einstellung, die alles im Licht des Verzeihlichensieht.

(ZWILLINGE wird produktiv durch Bespiegelung der Absichten von mehre-

ren Seiten zugleich, daraus erreichte entwickelnde Differenzierung, originellmehr im Ausbauenden und Vermittelnden, der aktuellen, praktischen An-wendung von bereits gefällten Grundurteilen; Erfolg durch rationelle Me-thoden und taktisches Geschick, in der Kurve unruhevoll und wechselnd.Die Ruhekomponente des Jupiterhaften tritt zurück, Vervollkommnung wirdin Studien und Reisen gesucht, bei geschäftlichen Nutzanwendungen trach-tet man auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Das Glück liegt im Kom-munikativen, und häufig zerlegt sich die große Leitlinie in Fall-zu-Fall-Erlebnisse mit interessanten Wendungen, geschenkten Augenblicken oderverpaßten Gelegenheiten. Auch in der Reife etwas Juveniles.

Naturgemäß ist es bei Jupiter besonders schwierig, in aphoristi-scher Form darzustellen, was als zusammengefaßtes Ergebnisverschieden konstellierter Kräfte herausgestellt wird. Die Pro-

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duktivität, Sinnfindung und Reife vollzieht sich oft aus Wider-sprüchlichkeiten im gesamten Kräftebild, hinzu tritt das teilha-bende «gut oder schlecht» der Umweltsmeinung. Nur denanlagemäßigen Ansatz, zu seinem Bestmöglichen zu kommen unddie Verlaufsform der reifen, also meist relativ späten Verwirkli-chung gibt die Jupiterstellung an. Somit sind dem Gesagten mehrbeispielhafte Hinweise als formulierte Endprodukte zu entneh-men. Die lebensnahe Deutung darf hier am allerwenigsten einemSchema verfallen, als sei das Ergebnis mit unterschiedsloser An-wendung einer und derselben Regel zu ermitteln. Für den Jupi-terbestimmten selbst bedeuten Schemata lediglich Denkmusterzum Begreifen seines Wegs der schöpferischen Selbstverwirkli-chung.

Sehen wir von Felderkreis und Aspekten ab, so tritt bei denZeichen wieder das Verhältnis von Übereinstimmung und Wider-spruch hervor. Die dem Gegenspieler Merkur zugeordneten Zei-chen ZWILLINGE und JUNGFRAU beeinträchtigen keineswegs denErfolg, verlegen nur das expansive Streben oft zu sehr auf äußereAbsichten, ohne von sich aus innere Erfüllung zu bieten. Der ge-gensatzhaltige Stil rollt das Problem auf, Zweck nicht mit Sinnzu verwechseln, Glück nicht mit Grien und Kniffen zu erreichentrachten, die große Leitlinie nicht der interessanten Abwechslungzu opfern. Man baut leicht auf Sand oder wird erfolgreich durchUnechtheiten der Haltung. Doch auch bei den stilgerechten Zei-chen SCHÜTZE und FISCHE kann das Gut, um dessentwillen manlebt und sich anstrengt, in der Anreicherung mit Gütern beding-ten Wertes untergehen, während bei jenem ideale Forderungenüber dem sonstigen Dasein schweben, bei diesem der Weg zuihrer Einlösung sich im Grenzenlosen verliert. Das schöpferischeNiveau, der Reifestil muß stets erworben werden. Die stilgerechteAnlage erleichtert nur den sinnvollen Einbau von Einzelhandlun-gen in das Gesamtstreben; der gegensatzhaltige Stil erschwert esbei ZWILLINGE, mit anpassendem Geschick, rationaler Be-greiflichkeit sich über den Augenblick hinaus nützlich zu machenund einen beständigen Kurs zu finden, bei JUNGFRAU, im haus-hälterischen Umgehen mit konkreten Dingen, in der meist eifri-gen Vervollkommnung sachlicher Einzelkenntnisse «den Wald

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vor lauter Bäumen zu sehen». Eine gewisse Dienstbarkeit ent-halten all diese labilen Zeichen; ob für eigene oder fremde Wohl-fahrt eingesetzt, entscheidet sich nicht durch Aspekte, sonderndurch Lösung der in ihnen ausgedrückten Problematik.

Freilich unterliegt auch die Wesenskraft Jupiter den gleichenRegeln wie die anderen Kräfte. Die von der « Wohltätertheorie»behauptete Begünstigung des Erfolges bei «gutem» Jupiterstandbezeichnet sinnvoll begriffen die optimale Auswertung einer An-lage; der selbstbestimmende Faktor findet gemäß dem Stellen-wert von Jupiter im Meßbild gewisse Erleichterungen oder Er-schwernisse, seine Absichten zu verwirklichen. Aber ihn selbstund seine schöpferischen Qualitäten oder Ziele ist damit nichtsgesagt, es gibt umgekehrt sogar Annehmlichkeiten, die den gei-stig Anspruchslosen leichter zugute kommen. Dies ist eine Frageder zum Gesamtwohl nötigen Kompensationen, des lebensfähi-gen Kompromisses im Verwirklichen der eigenen Leitlinie.

Die Kräftequalitäten der normalen SelbstverwirklichungZusammenfassung

Wieder vergegenwärtigen wir uns zusammenfassend die Aus-sagekraft des engeren Bezugssystems, bevor wir zum weiterenübergehen, nunmehr aus Stellungen im Tierkreis. Zum Überblickfolgen wir derselben Einteilung wie bei den Stellungen im Fel-derkreis (vgl. S. 116), sind uns jedoch darüber klar, daß der Fel-derkreis mehr die Richtung auf Gegenstände der Außenwelt, derTierkreis den mehr innenweltlichen Ansatz des Ausdrucks, dieQualitäten betrifft. Die Verknüpfung beider Kreise finden wir imZeichen des Aszendenten, worin sich Körperphysiognomie undhinzutretende äußere Prägung der Persona vereinigt mit einertemperamentsmäßigen Reaktionsform. Temperamenthaft unter-malt ist auch die Haltung im Willensbereich (Sonne), Gemütsbe-reich (Mond), Schicksalsbereich (Saturn), sowie die menschlicheSelbstbestimmung durch Tätigkeit (Mars), Empfindung (Venus),

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Intelligenz (Merkur) und Ausrichtung auf übergeordnete Werte(Jupiter).

Hat man die Tierkreisstellungen einer Konstellation so durch-gearbeitet, daß die Aussagen über Sonne, Mond, Saturn usw. fürsich verfolgt und in Stichworten notiert wurden, so drängen dieAussagen naturgemäß zu einer Gesamtbetrachtung. Schon dieBestimmung des Temperaments gestattet ja keine derart grob-schlächtig abrundende Aussage wie in einer Typologie, wir fin-den vielmehr stets ein Temperamentsgemisch, doch nicht inunbestimmter Form, sondern enthaltend, bei welcher Äußerungdiese und bei welcher jene Temperamentsart einsetzt. Dies gehtweniger die interessenmäßige Verankerung in der realen Welt an,wie im Felderkreis, als eben die Selbstverwirklichung gemäß denSeinsebenen, die im Wesensgefüge betont sind. In dieser Hinsichtbefinden wir uns, wie schon mehrfach gesagt, den Aufbaukräftenunseres Wesens um einen Schritt näher; die innere Dynamik ih-res Zusammenwirkens ziehen wir erst bei den Aspekten in Be-tracht. Da Ausdruckssphäre und Interessensphäre aber praktischineinandergreifen, schaltet als Zwischenübung die Ineinander-schiebung beider Kreise ein, untersucht an den Meßbildern ver-schiedener Individuen.

Im wechselseitigen Zusammenhang von Theorie und Praxis derDeutung begründet sich, daß bei einiger Kenntnis außerhorosko-pischer Bedingungen (Niveau, Umwelt, Familienerbe) die zutref-fende Entsprechung umso richtiger gedeutet werden kann, jebesser die Aufgliederung und Folge der Tierkreiszeichen ver-standen wurde. Wir können dann den Weg von der Anlage zurÄußerung gedanklich nachvollziehen. Das Schablonenhafte einerstückweisen Deutung verschwindet mehr und mehr zu Gunstender damit vorbereiteten Gesamtschau. Beispielsweise gilt alsproblematische Schattierung für alle Planeten der Standort indemjenigen Zeichen, das seiner «Regentschaft» vorausgeht. Inder Logik der Kreisfolge enthält diese Stufe vor der stilgerechtenVerwirklichung einer Wesenskraft besondere Aufgaben, um dieEigenart dieser Kraft zum Ausdruck zu bringen. «Stufe», diesbesagt, daß in der Kreisfolge gesehen jedes Zeichen zu seinem

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nachfolgenden hin tendiert. Ein so gestellter Planet steht also vorder Schwelle zu seinem reinen Ausdruck, noch aber beeinträch-tigt durch Auseinandersetzung mit einem anderen Stilprinzip.Hierbei greifen das Niveau der Entscheidungswahl, Umwelt undFamilienerbe besonders nahe in die Verwirklichung ein, sie er-wirken die problematische Schattierung, die in der verfeinertenDeutung zu beachten sein wird.

Für Jupiter etwa liegt dies Verhältnis in den Zeichen SKORPION

und WASSERMANN, die seinen eigenen Zeichen SCHÜTZE undFISCHE vorausgehen. Die ohnehin zwischen SKORPION undSCHÜTZE vorhandene Differentialspannung von Zweifel undGlaube bestärkt bei Jupiter in SKORPION seine Bedeutung alsGlaubenssymbol im Lichte der Strittigkeit. In höherem Grade alssonst hat der Glaube an sich, seine Produktivität, an einen ober-sten Wert gegen zweiflerische Anwandlungen zu kämpfen; mitdem jeweils Erreichten unzufrieden, wird der Sinn des Strebensimmer wieder in Frage gezogen, das Lebensrecht ringt mit demSchuldproblem, die schöpferische Unruhe lebt sich im Wandelihrer Grundlagen dar. Die optimale Leistung erwächst aus Verar-beitung untergründiger Regungen, Katastrophen, Umbruchten-denzen. (Typus positiver Bewältigung: Rainer Maria Rilke.Ferner: Georg Trakl, R. Dehmel, Ricarda Huch, Mörike, Tolstoi,Emile Zola, Fr. Wedekind, A. Schweitzer, G. B. Pergolesi,Edvard Munch, Cuvier, K. E. J. Vaihinger, Aug. Rodin, Le Cor-busier. Bei Politikern drängt sich die Auseinandersetzung mitdem Machtproblem vor: Lorenzo de Medici, Ludwig XIV., Na-poleon I., August Bebel.) Zwischen WASSERMANN und FISCHE

besteht die Differentialspannung von Systematik und Hingabe.Dies bestärkt bei Jupiter in WASSERMANN seine Bedeutung alsSymbol expansiver Wertsetzung im Lichte überschaubarer Regel.In höherem Grade als sonst hat der hilfsbereite Impuls zugunstendes Mitlebendigen mit einschränkender Ideologie, systemgerech-ter Ordnung, den Gleichmut stützenden Überzeugungen zukämpfen; die Teilnahme am irregulären Fall braucht eine Brilleder Rechtfertigung aus einem Gesamtnutzen, die Produktivität,einer Richtschnur bedürftig, wehrt sich gegen Auflösung im Ge-fühlsmäßigen, Sinngebung wird zur Besonnenheit. Die optimale

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Leistung erwächst aus auf klärender Idee, Bekenntnis, erfinderi-schem Geist. (Typus positiver Bewältigung: Immanuel Kant.Ferner: J. J. Rousseau, Novalis, Savonarola, H. P. Blavatsky,Madame Curie, Edgar Dacqué, David Fr. Strauß, Hans Driesch,Michelangelo, Daumier, J. K. Huysmans, Gottfried Keller, Ca-rossa, Franz Werfel. Auch bei Politikern bestimmt die ideelleEinstellung das äußere Wirken: Cesare Borgia, Gustav Adolf,Kaiser Friedrich III., Walter Rathenau.) Außerhoroskopische Be-dingungen gestalten die Wirklichkeit mit; ein untergründigerDrangüberschuß bei SKORPION kehrt die eruptive Seite, ein er-worbener Wissensschatz bei WASSERMANN kehrt die abklärendeSeite des Jupiterhaften hervor in Gemäßheit der beiden Zeichen.

Diese Betrachtungsart überschneidet sich bei Venus inWIDDER, Mars in WAAGE mit dem Verhältnis des Widerspruchsvon Kraft und Prinzip, woraus stärkere Aufstachelung und tur-bulentere Äußerungen hervorgehen als bei Venus in JUNGFRAU,Mars in FISCHE, die sozusagen sanftere Vorstufen der reinen Ve-nus- und Mars-Verwirklichung punkto Sinnlichkeit und Triebbezeichnen. Auch Merkur hat zwei Formen solcher Vorstufen,eine passiv realistische in STIER, eine aktiv voluntaristische inLÖWE, eine Stufe der nüchtern und sorgsam betrachtenden, ihreÄußerungen zurücklhaltenden und eine der spekulativ ihre Er-gebnisse zur Schau stellenden Intelligenz. Die Gefühlsqualitätvon Mond wiederum kommt in ZWILLINGE infolge Skepsis leichtzur Flucht vor dem Ausdruck des Gemüthaften, unmittelbarergibt sie sich aus im geistreichen Spiel mit Gefühlsnuancen, inirrlichternden Umschreibungen. Die willenshafte Kernsubstanzvon Sonne kämpft in KREBS mit Schwierigkeiten, durch ge-fühlsmäßige Skrupel und Beeinflussung durchzudringen zumentschiedenen «so und nicht anders». Saturn endlich braucht inSCHÜTZE den Abzug affektiver Stellungnahmen, um des reinenErfahrungsgehalts inne zu werden, während er in STEINBOCK,seinem eigenen und zugleich der Vorstufe seines anderen Zei-chens, an der Schwelle zum unbeschwerten Ausspielen mühsamerrungener Erfahrungen steht.

Derartige Andeutungen werden zwar erst mit der weiterge-führten Kombinatorik, dem tieferen Eindringen in eine Wesens-

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verfassung spruchreif. Ebenso steht es mit anderen, in der Kreis-folge begründeten Schattierungen. Solche Möglichkeiten des fei-neren Ausbaus zeigen aber jedenfalls, daß wir in der Deutungkeine fertigen Reaktionstypen und Eigenschaften erwarten dür-fen, daß vielmehr die Variabilität des Ausdrucks offen bleibenmuß für die Einwirkung außerkonstellativer Bedingungen. DieSelbstverwirklichung rechnet bewußt oder unbewußt mit allem,was an das Anlagengefüge herantritt. Zu unterscheiden hiervon,im Gefüge selbst enthalten, ist der Einbezug außernormalerKomponenten.

Außennormale Kräfte der Selbstverwirklichung

Es wurde schon auf die langen Umläufe der transsaturnischenPlaneten hingewiesen (S. 117), denen zufolge die Zeichen relativlangsam wechseln (bei Uranus durchschnittlich alle 7 Jahre, beiNeptun alle 13½ Jahre, bei Pluto alle 20 Jahre). Dies ergibt ande-re Gesichtspunkte für die Kombination von Planet und Zeichen;mehrere Jahrgänge haben eine solche Stellung gemeinsam, sie istindividuell untypisch zum Unterschied von Aspekten und Lageim Felderkreis.

Hinzu tritt die allgemeine Bedeutung der diesen Planeten ent-sprechenden Wesenskräfte. Transsaturnisch, dies bedeutet jen-seits der Grenzen normaler Erfahrung gelegen, über die normalenAufbaukräfte hinaus wirksam. Sie betätigen sich zwar inter-strukturell, in ihrer durch die Stilform bestimmten Eigenart aberhängen mehrere Jahrgänge zusammen. Wollen wir etwas überdiese Wesenskräfte aussagen, so ist in keinem Fall abzusehenvon der Entwicklungshöhe (Aussagegrenze!). Der Ausdruck, dieausbildbaren Fähigkeiten sind instrumental bedingt, im gesundenSeelenorganismus gelangen sie relativ selten zur Geltung, nur hieund da, wo sie aus übernormalen Anforderungen gebraucht wer-den und der Mensch entwickelt genug ist zum unbeeinträchtigtenEmpfang. Zur gedeihlichen Auswirkung kommt es darauf an, wie

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sie in den normalen Kräftehaushalt eingeschaltet, für das Niveauder Äußerung darauf, wieweit sie bewußt kontrolliert werden.Unter gegebenen Umständen bezeichnet dies einen Einbruchüberraumzeitlicher Weltzusammenhänge, einen akuten Anrufvon «jenseits der Grenze», eine Erleuchtung von menschheitli-chem Wert. Viel öfter dagegen, unkontrolliert, sind es nur Stör-funktionen im gesunden Weitergang, was allerdings nichtausschließt, daß ein unbeabsichtigter Durchbruch ein Sicher-heitsventil darstellen kann, dann nämlich, wenn der normaleHaushalt der Kräfte eingesperrt wurde in eine Persona, die derGesamtpersönlichkeit nicht entspricht. Als Warnungssignale ausdem Unbewußten dürfen solche irreguläre Äußerungen nichtübersehen werden. Anderseits können sich dauernde Abseitig-keiten, Süchte und inflative Vorstellungen herausbilden alsKompensation für verborgen eingenistete Übel. Ihre freundlich-ste Form sind die Chimären und schönen Täuschungen, durch diesich ein illusionistischer Glaube, der Wahn, «zu Besserem beru-fen zu sein», erhält; gefährlicher sind manische Zwänge, denAufbau zersetzende Phantasmen, vorgespiegelte Gewaltlösun-gen.

Bezüglich der Zeichenstellung gehe man mit der Kombinationsparsam um. In die Selbstverwirklichung münden darin Tenden-zen ein, die der Einzelne mit seinen Altersgenossen gemeinsamhat. Dies kann etwas Kontaktschaffendes und Verbindliches sein,ein Aufgreifen der Zeitstimmung, trennend wiederum ist dieHerausbildung einer Sondernote analog Aspekt und Feldstellung,durch die ein Generationsmerkmal besonders markant hervortritt.Im Zusammenhängenden kollektiv und zeitgeschichtlich bedingt,im Trennenden individuell, ist die Äußerung, wenn nicht Rück-griff auf Vergangenes, meist zukunftsgerichtet. Sie strebt in je-dem Fall hinweg über gegenwärtig Bekanntes und Gewohntes.

In diesem Sinne spiegeln allgemeine Erwartungen sich im Ein-zelnen, relativ zu den übrigen Kombinationsformen gesehen.

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Eingebung, Umstrukturierung

�Als uranisch gelten im kollektiven Maßstab die voraus-

greifenden Ideen einer Epoche sowie Dinge und Einrichtungen,mit denen man die Zukunft aufzuschließen glaubt. Zeitweiligsind es revolutionäre Spannungen und ihre Entladungen, Umbrü-che in der geschichtlichen Folge. Zu normalen Zeiten betrifft esgeistigen Aufbruch und Radikalisierung der Meinungen, techni-sche Neukonstruktionen, plötzlich auftauchende Ideologien, Ab-seitigkeiten, spontane Findungen, Sprünge35, unter Umständenschöpferische Intuition.

Mit zeitgeschichtlicher Färbung sowie in Relation zum Gesamtder individuellen Anlagen, die manche Züge verstärken, manchenicht zum Vorschein kommen lassen, ergibt die Tierkreisfolge:

&WIDDER

Stürmisch vorwärtsdrängende Eingebungen, die praktisch positive undkurzfristige Lösungen bevorzugen, knapp zielgerichtet, meist von neuemüberholt, bevor sie zu letzten Konsequenzen ausreifen; eigenwillige Be-hauptungen, heftige Schübe der Entwicklung und oft explosiv, mehr spora-dische als ausbauende Ideen.

'STIER

Im Empirischen anknüpfende Eingebungen, die real Vorhandenes unbe-denklich in Gebrauch nehmen; etwas verhaltener und schwerfälliger, dochmit Mutterwitz die bleibenden Grundmotive abwandelnd; wo kein Aufbausichtbar wird, mitunter defensive oder Trotzhaltungen, Ideologie verfeine-rungsfähig im Ästhetischen.

35 Das deutsche Wort «Sprung» ist unübersetzbar in seinem Doppelsinn; zustandshaft

meint es den aufklaffenden Riß, den Abgrund, dynamisch die darüber hinwegsetzende Tat.Uranus enthält diesen Doppelsinn: was in einzelnen Absurditäten aufklafft, kann durcherfinderische Eingebung segensreich überbrückt werden.

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(ZWILLINGE

Sprunghaß wechselnde Eingebungen, oft im sonderbar Geistreichen ver-sprühend oder darauf gerichtet, Neuheiten technisch in den Griff zu be-kommen; scharfe und unstetige Urteile, diagnostisch anskizzierende Ideen,meist betonter Fortschrittsgeist, wendig in der Auffassung, doch flüchtigerin der Durchführung.

)KREBS

Durch bildliche Phantasie ausgelöste Eingebungen, sie treiben mitunterzu überschwenglichen Weiterungen oder bevorzugen das romantisch Unge-wöhnliche, was stimmungs- oder launenhafte Einsprengsel in modernstePlanungen ergibt; unberechenbare Züge, Ideologie auf organisch lebensfä-hige Gründungen abgestimmt.

*LÖWE

Auf das vital Erspürte eingestellte Eingebungen, die selten das Humaneund zum Herzen Sprechende übergehen; großzügig spekulativ in Machter-weiterungen, mitunter exzentrische Unternehmungslust, gebändigt durchEinstehen für die Ehre des Werks, Ideologie in Einheit mit optischem Ge-genwärtigsein, humorvolle Einfälle.

+JUNGFRAU

Im Fachlichen und Sachlichen sich bewährende Eingebungen, erfinde-risch im genauen Ausbau, Ideologie spezialistischen Fortschritts; Esprit derWinkelzüge und des kritischen Abstands, mitunter sophistisch, meist ge-schäftstüchtig, spontanes Erfassen von Gelegenheiten mit vorsichtig metho-discher Auswertung.

,WAAGE

Aus offenem Horizont zufliegende Eingebungen, gemeinverbindliche Ide-en in Abstimmung auf die herantretende Lage, das organische Gleichge-wicht darin; oft scharfsinnig im Zusammenfassen von Anregungen, dasOriginalitätsstreben verläßt selten mitmenschlichen Kontakt sowie Anpas-sung an Gegenwartsforderungen.

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-SKORPION

Durch Zweifel an der Gültigkeit des Bestehenden geweckte Eingebungen,unruhig bohrend, im Umbruch der Werte und Verhältnisse neue Blick-punkte suchend; mehr fragmentarische und zeitbedingte als abschließendeLösungen, zuweilen sarkastisch an allen Fundamenten rüttelnd, rücksichts-lose ideologische Überschärfungen.

. SCHÜTZE

Projektiv sinnbehauptende Eingebungen, die ideologischer Begeiste-rungsfähigkeit eine Leitlinie, ein Ziel der handelnden Verwirklichung ge-ben, Tendenz zu Sofortlösungen; gläubiger Aufschwung und Pathos derUngeduld werden mitunter zur Geste oder bleiben Strohfeuer, oft ins Un-wirkliche verstiegene Forderungen.

/STEINBOCK

Auf harte Tatsachen bezogene Eingebungen, die Altbekanntem ein neuesGesicht abzugewinnen trachten oder umgekehrt veränderten Sachlagen inaltertümelnder Form begegnen; zuweilen Gründlichkeit und Tiefe, auchDämonie im Zusammenraffen eigener Erfahrungen, oft nur Eigensinn, derSonderliches zäh verteidigt.

0WASSERMANN

Traditionell unbeschwerte Eingebungen, inspirativ gleichmütiges Erfas-sen praktischer Gegenwartsaufgaben; konstruktiver Sinn, freigeistiger Witz,bleibt aber häufig im Banne einer papierenen Ideologie und befolgt derenRichtlinien ohne Kontakt zum organischen Sonderfall, dann Schematismus.

1FISCHE

Größtmöglicher Lockerung entspringende Eingebungen, zuweilen absur-de Treffer, auch Umformung von Entlehntem; oft zusammenhanglos, Auf-bauendes schwer von Zerfallsprodukten zu scheiden, zuweilen Ausbrüchevon Panik mit sprunghaftem Richtungswechsel, anderseits unbedingte Fol-gewilligkeit im Dienst am Mitmenschen.

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Schau, Einswerden

�Als neptunisch gelten im kollektiven Maßstab die Illusionen

einer Zeit, die hypothetischen Voraussetzungen, unter denen mansich im Gegebenen einrichtet und auf eine utopische Zukunft hinlebt. In diesem Sinne sind es Massenstimmungen, untergründige,von Mensch zu Mensch schwingende «atmosphärische» Bezie-hungen, Erwartungen eines erlösenden Wunders, Glückselig-keitsträume, wie auch Rausch und Taumel, unstillbareBedürfnisse als Ventile, die sich auftun, wo das Leben über Be-engungen hinausdrängt. Urtümliches und Zukunftsträchtiges rei-chen sich darin die Hand, beides gleich nebelhaft, was auf dieUnterscheidungs- kraft naiver Geister verwirrend einwirkt. UnterUmständen schöpferische Imagination.

Bei der langen Umlaufzeit ist die Anzahl erfaßter Menschenumfangreicher, ferner müssen wir geschichtlich noch weiter zu-rückgehen, um gleichgestimmte Generationen zu finden. DieAbwandlungen der Ausdrucksform sind daher vielartiger. Eshandelt sich normalerweise um subtile Ausgleiche des Alltägli-chen in der Zuwendung zum Geheimnisvollen, Berauschendenam Rande des Möglichen und Erträglichen; individuell stärkereBetonung oder Abstand zur Zeitstimmung ergibt sich aus Feldund Aspekt.

&WIDDER

Illusion der vorwärtsbringenden Tat, oft an der Spitze willensgläubigerMassenstimmung, irgendwie auf Neubeginn gerichtet, Fußfassen der Phan-tasie auf unbetretenem Boden, intensiviert in realpraktischen Aufgaben,Gründungseifer, jähe Stimmungsschwankungen, manchmal eigensinnigverrannt.

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'STIER

Illusion eines zu bewahrenden Erbes, auf Besitzrechte gerichtete Massen-stimmung, Verhaftetsein im Gegebenen, Naturwüchsigen, massive Genüsseoder Sensibilisierung auskostender Sinnlichkeit, stark aus Untergründigembestimmte Phantasie, stetige Erwerbungen und regelmäßiger Turnus stützenGleichmaß.

(ZWILLINGE

Illusion fortschreitender Einsicht, juvenile, praktischen Argumenten zu-gängliche Massenstimmung, auch Sensationsgläubigkeit, oft hektische Un-rast der Urteile und Stellungnahmen, intellektualisierte Phantasie inEntwicklungsfragen, erhellende Schau der Dinge, Nutzbarmachung neuerGebiete.

)KREBS

Illusion der unwägbaren Gefühlswerte, beeindruckbare, zuweilen wun-dergläubige oder im Gemüthaften versinkende Massenstimmung, Um-schmelzungsprozesse, Wandlungen, Vorahnungen, schweifende Phantasieam Rande des Möglichen, seelische Verfeinerung im Musischen oder Kulti-vierung des Privaten neben Weitendrang.

*LÖWE

Illusion des Ausspielens von Macht, auf vitale Persönlichkeitswerte ein-gestellte Massenstimmung, das Augenscheinliche, verwoben mit projekti-ven Erwartungen, bekommt Gewicht, häufig turbulente Strömungen undgewaltsame Formen der Disziplinierung, auf große Entwürfe gerichtetePhantasie.

+JUNGFRAU

Illusion der selbstbezogenen Praktiken, Massenstimmung auf technischeKniffe und Perfektion der Gebrauchsdinge gerichtet, Verknüpfung indivi-dualistischer mit universeller Betrachtung, aus introvertiertem Erlebenstammende Phantasie in oft einfallsreicher Fülle, Verfeinerung in Einzel-heiten des Auswertens von Bekanntem.

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,WAAGE

Illusion der friedlichen Vereinbarungen, opportunistische, auf-geschlossene Massenstimmung, auf Koexistenz eingestellt, Geschmeidigkeitdurch laissez faire und Konformismus, oft Verfeinerung im schönen Scheinder Dinge, leichtlebige Methoden, Phantasie in einigenden Gesichtspunkten.

-SKORPION

Illusion der reinigenden Umwandlung, untergründig gärende Massen-stimmung, zuweilen Exzesse, Wertzerfall, demgegenüber Herausbildungrettender Vorstellungen, auch mystische Phantasieströmungen, manchmaldem Kitzel des Schauders preisgegeben oder sonstwie gefährdet, ungleicheStimmungslage.

.SCHÜTZE

Illusion der ausgreifenden Glaubenskraft, zielstrebig pathetische Massen-stimmung, Berauschung an großen Hoffnungen, die zuweilen alles auf eineKarte setzen heißen, oft abenteuerliche, doch meist ideal gerichtete oderverklärende Phantasie, Schwung zur Einigung von Gegensätzlichem.

/STEINBOCK

Illusion der gesetzlichen Ordnung, durch bewährte Tatsachen bewegteMassenstimmung, Unregelmäßigkeiten im Widerstreit mit nüchternerStrenge, zuweilen Heiligung des Bestehenden, wenn auch Phantasie anSchäden und Abgründe heranfährt, stimmungsmäßiger Ausgleich und Vor-sorge, auf Überformung gerichtet.

0WASSERMANN

Illusion des aufklärenden Systems, freizügige, hoffnungsbeschwingteMassenstimmung, Rausch der festen Überzeugung sowie technischer Utopi-en in der Verwirklichung, regelhafte Methoden selbst in der Gangart derSteckenpferde, leichte Dispositionsfähigkeit, praktische konstruktive Phan-tasie.

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1FISCHE

Illusion der selbstverschwendenden Hingabe, rasch durch Suggestion be-wegte, erlösungsbedürftige Massenstimmung, Tendenz zu ungezwungenerLebensform, zuweilen auf physischer oder psychischer Anfälligkeit beru-hende, grenzenüberschreitende Phantasie, meist umfängliche, unerschöpfli-che Einbildungskraft.

Überwertige Energie

Als plutonisch gilt im kollektiven Maßstab der außerge-

wöhnliche Energieaufwand in Umgestaltung des Gegebenen, dersich oft drastischer Methoden und suggestiver Einwirkung aufdie Massen bedient. In normalen Zeiten und im privaten Daseinsind es Willenshandlungen, die über naheliegende Motive hinausetwas «magisch Bedeutsames» zu verwirklichen trachten. Seltenallerdings sind die Auswirkungen frei von Atavismen, Steigerungdes Triebhaften, Maßlosigkeiten. Unter Umständen schöpferischeTransformation.

Noch stärker treffen die Beschränkungen der Aussage auf dengroßen Rhythmus dieses jüngst entdeckten Planeten zu. Die Ab-wandlung durch die Zeichen bedarf noch umfangreicher Unter-suchungen, bevor sie gültig formuliert werden kann

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Dritte Hauptübung der Kombination:PLANETEN IM ASPEKT

In den ersten beiden Hauptübungen haben wir die charakterli-che Substanz studiert, Ausrichtung der Interessen sowie Eigen-schaftsanlagen, kombiniert mit jeder Wesenskraft. Auch wennwir gewisse Spielarten und variable Einflüsse uns mitdenken,vermittelt uns dies erst ein statisches Bild des Charakters. Nur sogesehen fiele der Mensch immer auf dieselben Eigenschaften,käme er stets auf dieselben Interessen zurück. Doch im eigentlichhumanen, seinem problematischen Wesen geht eine innere Dyna-mik vor sich, durch die er werden kann, was er von Geburt ausnoch nicht ist. Dies leitet zu einer weiteren Deutungskategorieüber, zu den Aspekten.

Was Aspekte sind und welche Arten wir darin unterscheiden,wurde theoretisch im I. Band behandelt. Inhaltlich meinen wirKräftebeziehungen. Haben wir deren verschiedene Arten begrif-fen, so obliegt uns nun, die Möglichkeiten zu untersuchen, diesich aus der Beziehung bestimmter Kräfte miteinander, dieserund jener, ergeben. Wir betrachten die Wesenskräfte von einerneuen Seite, nämlich Kraft mit Kraft kombiniert, in Zusammen-wirken oder Gegenspannung. Die Kombinationsübung sieht zu-nächst wieder von allem ab, was nicht die Deutungskategorieselbst betrifft. Wir legen also unsere bisherigen Notizen beiseiteund stellen nur in Rechnung, was erfolgt, wenn in einem We-sensganzen der Faktor x zum Faktor y in ein synthetisches oderanalytisches Verhältnis tritt.

Soeben wurde behauptet, ein Mensch könne werden, was ervon Geburt aus noch nicht ist. Dies will unmißverständlich auf-genommen sein, übereinstimmend mit der Grundauffassung desMenschen als werdende Gestalt, anders ausgedrückt in seinerEntwicklungsfähigkeit. Wir weichen darin ab von den meist ver-tretenen Anschauungen in der Astrologie, herrührend aus der an-tiken Sicht des Menschen. Nach diesen Anschauungen enthältdas Geburtsbild angeblich einen gleichbleibenden Charakter mit

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fertigen Eigenschaften sowie das diesem Einzelnen vorbestimmteSchicksal in Form unausweichlicher Ereignisse. Aspekte wurdenin dieser Betrachtungsweise als gut oder schlecht gewertet, so-wohl hinsichtlich der Charakterzüge als auch der Lebenswen-dungen. Sie gleichen Drähten eines Puppenspiels, durch die, werzum Lächeln bestimmt ist, immer in freundliche Lagen, wer zumWeinen bestimmt ist, in traurige und enttäuschende Lagen ge-führt wird, Mechanismen, welche den zornmütig Gespannten zuunüberlegten Handlungen reizen, den Hochmütigen zu Über-grifflichkeiten, und den Hemmungsbepackten stets hindern, zuvollführen, was er im Herzen möchte.

In Wirklichkeit nimmt der Mensch ändernd teil an dem, was ererlebt. Wohl gibt es innerseelische Mechanismen. Doch lenkensie nicht von oben her starre Figuren eines Puppenspiels, sondernsind eingeborene Federn und Hebel oder auch Gewissensschrau-ben unserer Erwartungen, Aufwallungen, Täuschungen, Projek-tionen und Regressionen, Besinnungspunkte. Sie bedingen vonunten her Entscheidungen und Taten in einem Drama, worin je-der mit sich selber und mit anderen in bestimmten Lagen sichauseinandersetzt. Um als Ganzer bestehen und eine Linie durch-führen zu können, wird er zur Ausbildung von Eigenschaften ge-nötigt. Indem die Anlagetendenzen sich ereignishaft bekundenund also Spannungen in der Außenwelt ausgetragen werden, vondort wieder Anlässe herantreten und Ereignisse auf ihn rückwir-ken, gelangt der Mensch zu einem von innen und außen be-stimmten Lebensmodus. In den Aspekten, als den Spannungs-formen, ist somit eine mitgebrachte Problematik ausgedrückt.Wir nennen sie die endogene Problematik, sie bleibt im Prinzipdieselbe. Anschaulich aber wechseln die gegenständlichen Ein-kleidungen als exogene Problematik, den Anschein hervorrufend,Konflikte sowie die Mittel und Wege ihrer Lösung kämen nurvon außen. Ihre Urformen jedoch, dies lehrt die revidierteAstrologie, liegen in uns selbst, und eine veränderte Einstellungkann auch die Form des Austragens ändern. Entwicklungsmäßigbesteht ein Unterschied, ob es konventionell übernommene oderselbst gefundene Lösungen sind, ob solche überhaupt angestrebt,erwirkt oder aber vertagt, mit Behelfen zugedeckt werden. Hier

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beginnt die Tätigkeit des selbstbestimmenden Faktors (Aussage-grenze!). Schrittweise erzielte Verbesserungen oder Senkungendes Niveaus treten jeweils in anderen Entsprechungen zutage;geändert ist damit die exogene Form des endogenen Inhalts. Mitsteigender Entwicklungshöhe sind endlich sprungweise Wand-lungen möglich, welche die Problematik in grundsätzlich neueEntsprechungen verlagern. Dies beantwortet zugleich diemanchmal gestellte Frage, wieweit der Mensch aus seinem Horo-skop heraustreten könne. Das eigentliche Werden als Menschvollzieht sich durch Entwicklung nach einem Selbstentwurf , sieverläßt keineswegs den Rahmen des Wesensgefüges, steht aberals solche nicht im astrologischen Meßbild.

An der Behandlung der Aspekte scheidet sich mithin unsererevidierte Astrologie am deutlichsten von der Auffassung, Cha-rakter und Schicksal seien im Horoskop unentrinnbar determi-niert und es stünde darin, ob man Heiliger oder Narr, Verbrecher,Genie oder Normalmensch würde.

Kombinieren wir zwei Wesenskräfte im Aspekt, so verstehenwir unter synthetisch (harmonisch) und analytisch (dissonant) jeeine bestimmte Form ihrer Wechselwirkung. Die Aussage betrifftden Ansatz, nicht das Ergebnis, ein Problem, nicht seine Lösung.Was als Ereignis herauskommt, ist aber charakterologisch wich-tig für die Beurteilung der Komponenten, denen es entspringt.Komponenten sind hier die durch Planeten symbolisierten We-senskräfte, ihr interstrukturelles Verhältnis drückt der Aspektaus, wörtlich der «Anblick». Dies Wort können wir in seinemDoppelsinn übernehmen. Sachlich verstanden bezeichnet es denWinkel- abstand zweier Planeten, wie er sich von der Erde ausdarbietet, inhaltlich die Beziehung der beiden Wesenskräfte, dieeinander im Aspekt gleichsam ein bestimmtes Gesicht zuwenden.Gemeint ist nicht «freundliches oder feindliches Anblicken» nachmittelalterlicher Version der beiden Aspektklassen, sondern Sa-turn kehrt im Aspekt etwa zu Mars andere Züge hervor als imAspekt zu Mond oder Venus, ebenso Jupiter, Mars usw. ihrer-seits, je nach den Komponenten, zu denen sie in Beziehung ge-raten. Wir haben also in jedem Aspekt zweierlei zu kombinieren:zuerst die inhaltlichen Züge der Wesenskraft, welche im Verhält-

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nis zu einer anderen geweckt werden, hinzutretend dann die syn-thetische oder analytische Spannungsform.

Wir sprechen von «Spannungsformen», denn in der seelischenDynamik erzeugt sich analog jedem Aspekt eine Äußerungs-spannung. Kombination von Wesenskräften heißt keineswegs,daß sich ihre Eigentümlichkeiten einfach «mischen» oder «legie-ren», auch nicht bei der Konjunktion, demjenigen Verhältnis, indem zwei Kräfte gleichgerichtet zusammenwirken. Die Eigenartder beiden Kräfte bleibt dabei gewahrt. Zur Ermittlung der Züge,die im Aspekt hervortreten, greifen wir wieder auf das SchemaBd. I, S. 78, zurück. Es ist ein Unterschied, ob zwei Symbole desaktiven Lebensschwungs oder zwei der passiven Sachbindungzueinander im Aspekt stehen oder ob die Gruppen sich kreuzen,also ein Symbol der solaren zu einem der saturnalen Gruppe inBeziehung kommt. Zwar benennt Opposition immer eine Gegen-satzspannung zweier Kräfte. Stellen wir nun zwei Antriebssym-bole wie Sonne und Mars gegeneinander, so bedeutet dies eineHochsteigerung, Aktivität nach zwei Seiten. Gleich steht gegengleich. Stellen wir zwei beharrende, formbestimmende Faktorengegeneinander wie Saturn und Venus, so bedeutet es Festlegung,Bindung in zweierlei Richtung. Wieder steht gleich gegen gleich.Die Schwierigkeiten im betreffenden Menschen entspringen dar-aus, daß sich die Verwandtschaft der Kräftegruppe summativgeltend macht. Anders, wenn zwei Vertreter der beiden Gruppengegeneinander geraten. Sonne kann (aus astronomischen Grün-den) nie in Opposition zu Merkur oder Venus stehen, nur zu Sa-turn; dies bedeutet dann einen Widerspruch daseinsbejahenderund daseinsverneinender Tendenzen. Saturn kann aber außer zurSonne zu Mars oder Jupiter in Opposition kommen. Im erstenFall entsteht das klassische Kraft-Hemmungs-Verhältnis in derForm, daß der akuten Drang- und Triebäußerung jeweils eine Zu-rückhaltungs- oder Verdrängungstendenz entgegenwirkt. Imzweiten Fall steht dem produktiven Gesamtstreben, seiner expan-siven Entfaltung, eine ebenso ganzheitliche Kontraktion in ver-schiedenen Formen der Einschränkung, je nach dem Vorstoß,gegenüber. Das Tektonische der saturnalen Macht weist jovi-sches Übermaß in seine Schranken. Diese zügelnde Schicksals-

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note verliert sich im Gegenüberstehen von Saturn und Mond.Hierbei kehrt Saturn seine depressiven, einförmig ermüdenden,verhärtenden, beängstigenden Seiten gegen variable Lebensfri-sche und Lockerheit hervor. Stehen wiederum Mond und Sonnesich gegenüber, die beiden Haupt-Lebenssymbole, Mond also inseiner nachgiebig-schwankenden, launenhaften, an momentaneEinzelheiten oder anfliegende Erwartungen sich hängenden Rol-le, Sonne als machtvoll mittelpunktstrebige daseinsbehauptendeKraft, so entsteht der Konflikt zwischen peripheren und zentralenNeigungen.

Bei jeder Kombination im engeren Bezugssystem deutet dasSchema der Gegensatzpaare auf diejenigen Züge, die im Aspektaneinandergeraten oder förderlich ineinandergreifen. Diesemreiht sich dann über die Oktavenbeziehungen, in Form von Aus-weitungs- und Überhöhungsproblemen, das weitere Bezugssy-stem an.

Einleuchtend ist aus dem Gesagten, daß derselbe Aspekt beijeder Planetenkombination in anderen konkreten Erscheinungenauftreten kann, obzwar das Gemeinsame der Aspektklasse sichimmer durchsetzt. Kombinieren heißt hierbei ermitteln, was ge-schehen könnte, wenn etwa Mars zu Saturn und nicht Venus zuJupiter in das mit Quadratur bezeichnete Spannungsverhältniskommt. Im ersten Fall sind dies die beiden «Übeltäter» der Vul-gärastrologie in einem «schlechten» Aspekt. Es lohnt bei ihm einwenig zu verweilen, um daran das Grundsätzliche des Konfliktszu begreifen. Wir nehmen bei einem solchen Aspekt keineswegsschon Unvollkommenes, Lebensfeindliches, Krankes, Fruchtlo-sigkeit, Unergiebigkeit, Zerstörerisches oder Minderwertiges alsgegeben, wie die vulgäre Benennung unterstellt, sehen nur denKonflikt der gehemmten Antriebsenergie und suchen uns zu ver-anschaulichen, was daraus hervorgeht. Jenseits der Aussagegren-ze liegt, auf welcher Entwicklungshöhe sich der Konflikt ab-spielt, ob es ethische Grundsätze, äußerer Gesinnungszwang odersachliche Widerstände sind, die den Triebkräften Zügel anlegen.Einschränkende Satzungen können auf Konformismus beruhen,

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Verhaltensregeln eines introjizierten Über-Ich sein36 oder einerselbst entworfenen Leitlinie entstammen. Gegen solche Schran-ken können primitive Triebhaftigkeit oder sublimierte, schon ingesittete Bahnen umgelenkte Antriebe aufbegehren. Das alleswissen wir nicht. Zwar sagen Zeichen und Feld einiges, wasWahrscheinlichkeitsschlüsse erlaubt, sofern wir das Niveau ken-nen. Jedoch vom springenden Punkt der Weiterentwicklung er-schließt das Meßbild letztendlich nur ein «soll», kein «ist». Überden wahren humanen Standort müssen wir uns Anhaltspunktevom lebenden Modell verschaffen.

Greifen wir, um diesen vielgefürchteten Aspekt zu verstehen,mit der vergleichenden Methode auf geschichtliche Beispiele, sofinden wir «Mars Quadrat Saturn» in seinen gewalttätig-schicksalhaften Entsprechungen bei Kaiser Nero, Edward theblack Prince (dem Sieger von Maupertuis), Iwan dem Schreckli-chen, Maria Stuart, Gustav Adolf, Friedrich Wilhelm dem Gro-ßen Kurfürsten, dem ermordeten Paul von Rußland und demgleichfalls ermordeten Umberto von Italien sowie Adolf Hitler.Eine dichterische Projektion solcher Gewalten entnehmen wirden Dramen von Christian Dietrich Grabbe, als schicksals-schwangeren Geschichtsgeist treffen wir sie bei Oswald Spengleran, die Übertragung ins Manuelle, den am harten Block sich er-probenden Bildhauermeißel, sehen wir bei Auguste Rodin, dieschauspielerische Selbstverwandlung bei Josef Kainz, eine inzahlenstrenger Form sich verströmende Dynamik der Töne ge-hört zum Wesensausdruck von Johann Sebastian Bach37. Sozusa-gen eine Volksausgabe für den kleinen Mann bietet uns KarlMay. Das Auskämpfen analoger Spannungen in einem abenteu-erlichen Dichterleben führen uns Ulrich von Hutten und Alexan-der Petöfi vor. Eine lange Liste offenkundiger Auswirkungen!Nehmen wir aber nicht auch verdrängten, auf Umwegen ausge-wirkten Trieb und Drang hinzu, wie erklären wir dann denselbenAspekt bei Eduard Mörike, Nikolaus Lenau, Anette von Droste-

36 Vergl. S. 93.37 Von Bach, Beethoven und anderen großen Persönlichkeiten wissen wir genau nur den

Tauftag, von Grabbe, Hölderlin und anderen nur den Geburtstag, keine Stunde. Bei lang-sam laufenden Planeten können aber bestimmte Aspekte untersucht werden.

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Hülshoff, Charles Dickens, Arno Holz? Übersetzt in religiösesund humanitäres Wirken schließlich finden wir die Spannung beiden beiden Theresen von Lisieux und Konnersreuth. Es ist jeden-falls einer der einschneidendsten Aspekte. Den Schlüssel für die-se Gegenspannung von «Gewalt und Folge», wie sie Goethenennt, brachte uns Sigmund Freud, der mit dem Mechanismusder Triebverdrängung den eigenen Aspekt entdeckte und defi-nierte.

Aus dem untergründigen Ansatz der Spannungen begreifen wirdie mannigfaltigen Formen des Auftretens, die unmittelbarenSpannungslösungen oder aber die Übersetzung dranghafter Ener-gie auf eine andere Ebene. Gewiß kann der Aspekt eine Gewalt-tätigkeit von schicksalhafter Schwere bedeuten. Immer wo Marsim Spiele ist, haben wir das Problem der Aggression (auch derbefürchteten, von außen kommenden), und wo Saturn im Spieleist, dasjenige einschränkender Notwendigkeit. Jene benennt ur-sprünglich die Gewalt von Antrieben, die sich auf Lebendesrichten und besonders beim Mann zum Tötungs- und Ausrot-tungsaffekt zuspitzen, sofern «böse» Widerstände gegen aufbau-ende Ziele gesetzt werden. Welche Triebbefriedigung gesuchtwird und was als böse gilt, steht nicht im Aspekt, ebensowenigdie Umlenkung der Energie im Falle der Sublimierung. Die amWiderstand, an der vor Augen stehenden alternativen Notwen-digkeit erhöhte Spannung kann in demselben Grade leistungsfä-higer machen, wie ein hungriges gegenüber einem satten undschläfrigen Tier es ist, freilich dann auch «gefährlicher». Diehumane Lösung des Konfliktes beruht nicht nur auf Brechungeines Widerstandes, sondern setzt folgerichtige Einsicht in dieeigene soziale Rolle voraus. Im Inneren des Menschen kann das«Böse» beruhigt und abgestellt werden. Bestimmte Gefühlstönebegleiten den Vorgang, und hierbei kann Saturn tatsächlich läh-mend und hemmend eintreten in einer seiner negativen Entspre-chungen: der Angst. Man muß befürchtete Gefahren und dasGefühl des heimlich Anrückenden, eben die Angst, unterscheidenlernen vom Tatsächlichen, den Bedingungen zu Verwirklichungdes Vorhabens. Meist geht dem Wagnis eine Beklemmung voran,bringt der aktive Durchbruch eine Befreiung.

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Wir rechnen die Quadratur zu den analytischen Aspekten. Dieswill besagen, daß zwei Wesenskräfte mit ihrer Eigenart sich ge-geneinander absetzen, was natürlich bei einer Quadratur zwi-schen Venus und Jupiter, den beiden «Wohltätern» derVulgärastrologie, ganz andere Erscheinungen hervorbringt. Sooder so beschaffen, in der Verselbständigung von Teilvorgängentrachten sich die beiden Kräfte aus der organischen Verbunden-heit herauszulösen. Eben hiermit bleiben sie jedoch konfliktvollaufeinander bezogen. Bei Venus und Jupiter besteht der Konfliktdarin, daß der Sinnengenuß das vernünftige Maß zu überschrei-ten droht, oder sich sonstwie nicht danach richtet, anderseits dieExpansität am Sinnlichen anknüpft, nur eben ein «Zuviel» dasStreben aus dem Gleichgewicht herauswirft. «Dissonant» ist ansolchen Aspekten das willkürlich Abgetrennte und Verselbstän-digte, «krank» wird der Mensch erst, wenn die Rückverbindungzum Ganzen abreißt. Quadraturen sind besonders bei Saturn-aspekten schwieriger als Oppositionen, da sie eher in Verfesti-gungen, Versteifung und Verkrampftsein hineintreiben. Docheine statistische Auszählung der Ergebnisse gestattet hier keinUrteil über die Ansätze, das durch sie gestellte Problem kannstets auch irgendwie bewältigt werden. Wir beurteilen denAspekt darum nicht nach der Häufigkeit dieser oder jener Aus-wirkung und bewerten die Spannung nicht moralisch als«schlecht», sondern sprechen vom Aufforderungscharakter derDissonanz. Dieselben Ausgangsbedingungen können von einergewissen Stufe ab und bei dementsprechender Selbstüberwa-chung - mit «gutem» oder «gesundem» Willen, der Rückverbin-dung zum Ganzen - zu einem kräftigeren und dabei differenzier-ten Profil der Lebensäußerungen führen. Die gleiche Spannung,die den einen niederwirft, wird dem anderen zum Entwicklungs-ansporn aus Einsicht in die Notwendigkeit, den Konflikt in sichzu lösen. Im Falle von «Mars Quadrat Saturn» verlangt dies, we-der die durch Widerstand gegebenenfalls zum Exzeß herausge-forderte Triebkraft noch die im Zurückhalten sich verhärtende,gegebenenfalls lebensfeindlich unterdrückende Hemmungskom-ponente vorherrschen zu lassen, sondern eine lebensfähige Syn-these der Kräfte herauszubilden.

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Starke Dissonanzen können also die Anzeiger wertvollster Er-werbungen sein. Voraussetzung ist, daß anlagemäßig Geschiede-nes, von Natur her Auseinanderstrebendes, schöpferisch aufein-ander bezogen wird; eine Arbeit nicht nur bewußter Erkenntnis,sondern innerseelischer Umstimmung, einer auch unbewußtenKräftesteuerung, indem der Mensch seine Grundhaltung gegen-über der naturgeschöpflichen verändert. Mit dem auf Grundanalytischer Aspekte Erworbenen, dem Aufrunden ihrer Einsei-tigkeiten durch überhöhenden Zusammenschluß, verwirklichtsich die «höhere Natur» des Menschen. Dies erklärt, warum wirin den Geburtsbildern bedeutender Persönlichkeiten so häufigKonfliktanlagen antreffen.

Umgekehrt liegt das Problem bei den synthetischen Aspekten.Von Natur aus bedeutet dies ein den Aufbau und Zusammenhalt.des Ganzen förderndes Verhältnis. Demgemäß greifen die beidenWesenskräfte, sogar wenn sie gegensätzlichen Gruppen angehö-ren, auf ergänzende Weise ineinander. Von selbst strebt ihre Dif-ferentialspannung zur Synthese hin. Einmal auf diese, einmal aufjene Kraft die Betonung zu legen, löst dann nicht gleich eineStörfunktion der unbetonten aus, sondern ruft ihr Ergänzendes zuHilfe. Dies geschieht relativ konfliktlos. Betrachten wir gegen-über der Quadratur den Aspekt «Mars Trigon Saturn», so wirktalso das Kraft-Hemmungs-Verhältnis in einer gegenseitigen Ab-stimmung, in welcher die Extreme nicht gesondert hervortreten.Aktive Impulse sind im vorhinein besser erfahrungsangepaßt,und Erfahrung ordnet sich wiederum auf tätige Konsequenzenhin, der Trieb staut sich weniger an Widerständen, Energie gehtleichter auf die Materialbedingungen ein. Die fallweise Bekun-dung heftiger Antriebe rechnet bei diesem Typus mit Schranken,an denen, wenn als notwendig und unübersteigbar erkannt, dieSelbstverwirklichung sich nicht wundreibt, sondern in ungemin-derter Frische sich greifbaren Dingen zuwendet. Es resultiert einewenn nötig harte, durchsetzungskräftige, auch bei offenen Gele-genheiten sachlich vorgehende, durch Vorsorge und Bedenkengebändigte Energiehaltung.

Dennoch, obzwar derart kontrollierte Tätigkeit reibungsloserzu gesunden Ergebnissen führt, bewerten wir den Aspekt nicht

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als «gut». Er ist «harmonisch», insofern seine Spannung aufgehtim Herbeiführen brauchbarer Lösungen. Doch fehlt ihm, wennnicht Dissonanzen anderer Art sich anreihen, jener Aufforde-rungscharakter, der über den angeborenen Zustand hinausweist.Seien wir gegebenenfalls dankbar für Dissonanzen! Verdienstlosmitgegebene Synthesen lassen die Kräfte oft an Belangloses ver-ausgaben. Konfliktmangel, relative Spannungslosigkeit stumpfen die Wachsamkeit ab, Fortfall von Zwangslagen bei hinzutre-tender Verwöhnung begünstigen die Empfindlichkeiten der Prin-zessin auf der Erbse. Tritt dann Bedrängendes in radikal neuerForm heran, zumal bei kollektiven Umwälzungen, so erweist sichdie «Gunst der Konstellationen» manchmal als ein Danaer-geschenk. Solche vielleicht liebenswerten Menschen lernten nieihre Harmonie in Frage ziehen; schicksalhaften Erschütterungender Grundlage begegnen sie meist mit eingespielten Reaktionen,die in extremer Lage unangepaßt sind. Demgegenüber habenanalytische Aspekte auch in normalen Zeiten etwas Aufrütteln-des, bedeuten wesensmäßiges Hineingestelltsein in Krise undEntscheidung. Der analog «dissonantem Saturn» in innerer NotGeübte nimmt unter Umständen williger harte Konsequenzen aufsich.

Natürlich darf man die Urteile nicht einfach umkehren, in derHarmonie lediglich Langeweile und philiströse Selbstzufrieden-heit erblicken, statt dessen disharmonisch gespannte Zuständeum ihrer selbst willen kultivieren. Der Konflikt hat nur Wert inHinsicht auf Entwicklungen, die daraus hervorgehen. Es gibtauch darin ein Übermaß, ein Gejagtsein, eine selbstbehinderndeUnruhe und Flucht vor der Reife, dem Stillhalten. Ausschlagge-bend ist die Verteilung und was man aus seinen Anlagen macht.Stimmigkeit oder Unstimmigkeit wollen in ihrer Ambivalenz be-griffen sein. Vor der «inquiétude humaine», der Unruhe im Men-schen, gerieten philosophische Systeme ins Schwanken; einigesahen darin eine Fessel des Guten oder das Böse schlechthin, an-dere den schöpferischen Ansporn, Gutes bewirkend. Solchensummarischen Begriffen setzen wir die Untersuchung der indivi-duellen Disposition entgegen: diese und jene Wesenskraft in ei-nem genau umrissenen Verhältnis, das Problem auf dieser oder

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jener Entwicklungsstufe gelebt, die Lösung gefunden oder ver-fehlt. Auch Krankheit, Schmerz, selbst Katastrophen und Unter-gang können unter richtigen Vorzeichen erlebt sinnvoll sein,wenn auch manchmal nur im daraus hervorgehenden Beispiel fürandere, sie zu überwinden. Wir berühren von den Anlagen herein durch Sigmund Freud aufgerolltes Problem, das «Unbehagenin der Kultur». Das aufstachelnde Unbehagen hält die Dynamikdes Seelenlebens in Gang, bringt uns weiter, wo die auf das«Schöne» und «Stimmende» abzielenden Bestrebungen versa-gen.

Von der individuellen Selbstbezogenheit, vom in sich ruhendenSein aus lehnen wir Dissonanzen freilich als unangenehm ab, siestören das Wohlgefühl, trüben die geruhsame Vollständigkeit desWesens. Standpunkthafte Wertungen möchten die entwickelndeDynamik ausschalten. Verschiedenerlei Aspekte im Menschenzum Ganzen rundend, sehen wir das Notwendige des Ineinander-greifens zweier gegensätzlicher Formen der interstrukturellenBeziehung. Die Bevorzugung einer der beiden Aspektklassen istso unstatthaft wie eine Bevorzugung von Mars oder Venus unterden Kräftesymbolen; wie bei diesem zeugenden Paar kommt esauf das Spiel der Gegensätze und die Frucht der Vereinigung an.Die Verflechtung von Harmonie und Dissonanz betrachten wirspäter bei der gesamten Konfiguration, worin Aspekte die Voll-zugsformen des wechselseitigen Kräfteaustausches darstellen.Vorläufig studieren wir erst die einzelnen Bestandstücke.

Sucht man in den Aspekten nur Eigenschaftsanlagen, so findetman etwa im Verhältnis von Merkur und Mars solche, die auchunter Mars in JUNGFRAU anzutreffen sind, oder bei Mond zu Sa-turn solche, die auch unter Mond in STEINBOCK fallen. Ein Planetim Zeichen des anderen ist jedoch nicht dasselbe wie diese bei-den im Aspekt. Das erste ergibt eine mehr stationäre Anlage,wobei der über das Zeichen dominante Planet eine bleibende Ein-flußnahme auf das Gebaren darstellt. Das zweite hingegen kenn-zeichnet eine dynamische Auseinandersetzung der beidenanalogen Kräfte. Es entspinnt sich darin die eigentliche Proble-matik, die je nach ihrem Anschnitt, ihrer Bewältigung ganz ande-re Eigenschaften entwickeln kann. Aspekte sind sozusagen die

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Drehscheiben, auf die uns das Schicksal einzufahren zwingt, mitderen sinnvollem Gebrauch wir aber Macht haben über die Aus-fahrtrichtung.

Es erübrigt sich zu betonen, daß in den nunmehr gebrachten Kombinatio-nen keine rezeptartigen Aphorismen zu erwarten sind, die fertig verwendbarnur in die Deutung eingesetzt zu werden brauchen. Sie sind vielmehr Anre-gungen zum selbständigen Weiterdenken in Anwendung auf den besonderenFall. Was die jeweils verbundenen Wesenskräfte aufrühren, modifiziert sichdurch Familienerbe, Umwelt, selbstbestimmenden Faktor.

SONNENASPEKTE

Bei Aspekten der Sonne frage man: welche Problematik entsteht, wennder Gesamt-Lebensantrieb durch diese oder jene Teilstrebung beeinträchtigtoder gefördert wird? Zwar wirken alle Wesenskräfte ganzheitsbezogen,doch ihrem Zentrum gegenüber - erstem unter gleichen - rückt bei den Äu-ßerungen das Teilheitliche zunächst in den Vordergrund, ihm gilt es alsGanzer sich zu stellen.

1. Wesen und Erscheinung

��Die beiden Haupt-Lebenssymbole im Aspekt vereinigen Ur-

männliches und Urweibliches, das Gebende und Empfangende,Potenz und angepaßte Funktion. Ihr Verhältnis kommt weniger ineinzelnen Zügen und auf gesonderten Lebensgebieten zum Aus-druck, es betrifft vielmehr das Ganze. Einerseits der aktive Kernund vitale Gesamtantrieb, plan- und zielsetzender Unterneh-mungsgeist, selbstmächtiger Wille, anderseits der Eindruck derAußenwelt auf das Gemüt und die instinktfrische Antwort darauf,Wechsel der Stimmungen, lebendiger Rhythmus. Die organisie-

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rende Kraft, die Selbstüberzeugung und Verantwortung im Da-sein tritt in Beziehung zur fühlenden Anteilnahme am umweltli-chen Geschehen mit seinen Schwankungen, zum passivenTeilhaben am Wandel der Erscheinungen. Dort zentrale Zusam-menfassung der Inhalte, für die es zu leben lohnt, hier bilderrei-che Zerstreuung. Das Mondhafte vertritt dies Ablenkende, dieVielgestaltigkeit einzelner Wendungen und Phasen, beseelt dietäglichen kleinen Dinge gegegenüber dem Sonnenhaften, demureigenen Wesensgehalt. Immer wieder soll vom zentralen An-liegen aus der Übergang zum flüchtigen Lebensaugenblick, um-gekehrt vom harmlosen Mitschwingen aus der Weg zurück zureigenen Stellungnahme gefunden werden. Darin verflechten sichvorwärtsdrängende und beschauliche Momente. In der geistig-seelischen wie in der leiblichen Gesamtverfassung spiegelt sich,wie diese Wesenskräfte jeweils ineinandergreifen. Sonne undMond sind zugleich Vater- und Muttersymbol; ihr Aspekt drücktEinvernehmen oder Mißverstand der Eltern in der Entste-hungsphase aus, ferner die in der Kindheit an ihnen erlebte Er-gänzung oder Geschiedenheit, schließlich die Problematik derBeziehung zu den Eltern.

Synthese: Einklang zwischen Willensdirektiven und Gemütswerten,Kernhaltung und äußerer Lebensart. In den Bestrebungen klares Verhältnisvom Zentrum zur Peripherie. Meist gesunde leib-seelische Einheitlichkeit,reiche Vorstellungskraft eines unternehmenden Geistes, der unmittelbar dieKräfte der Verwirklichung anleitet. Selten wird ein Unternehmen losgelöstvon seiner Auswirkung betrachtet, ohne Vorbereitung seiner Aufnahme beider Umwelt in Szene gesetzt. Darin liegt etwas Aufstiegförderndes. Impulsund Emotion werfen sich auf die Hauptrachen, die Grundabsicht schlägtauch bei der Bewältigung von Nebenumständen durch. Das Niveau stehtnicht im Aspekt; doch fast immer sind es Menschen, die aus jeder Situationetwas zu machen wissen, und zwar relativ mühelos, oft ohne besondereRealkenntnisse nötig zu haben. Dies verleitet freilich häufig dazu, die Dingeallzu leicht zu nehmen. Anregungen in der Kindheit dürfen nicht fehlen unddie Verhältnisse nicht zu sehr dem Wollen entgegengekommen sein, wennes sich stärken und anspannen lernen soll. Auch in sozial weniger gehobenerLage meist ein Auftrieb sowie eine selbstbezogene Sicherheit des Wesens insich. Schematische Versteifung auf ein Vorhaben kommt kaum vor; derbetreffende Mensch kann einen Grundgedanken den Ausführungsbedingun-gen angepaßt abwandeln, ohne ihn aus den Augen zu verlieren, wird jedoch

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aus überholten und sinnlos gewordenen Sachen aussteigen. Beifallsbedürf-tig, doch Wahrung des Standpunktes, bei Vertretern einer Regierungsauto-rität ihr Verhältnis zur Masse, die Volkstümlichkeit und Kunst, sie sich zuerhalten.

Analyse: Konflikt zwischen Absicht und Auswirkung bzw. gefundenemWiderhall, so daß die Einschätzung durch die Mitwelt verschiedenartig ist,wechselt, was wieder das Eigenwertgefühl trifft. Eine gewisse Zwiespältig-keit aus der Spannung zwischen Willens- und Gefühlsbeteiligung macht diesichere Lebensorganisation zum Problem. Mitunter klaffen Wesen und Er-scheinung auseinander, der Ruf ist dann ganz anders als das, worin Wertund Würde des Daseins gesucht wird. Erlebnismäßige Höhepunkte undAlltag gehen schwer zusammen, der Mensch braucht einen inneren Aus-gleichspunkt als Halt. Facht dies den Geltungstrieb an, so trumpft er zuwei-len auf mit Handlungen, die ihn erneut in Mißkredit bringen. Bei abhängigerStellung leicht Zerwürfnisse mit Vorgesetzten, in der Ehe vielfach ein Ver-langen nach «freier Hand». Unruhevolles Umschlagen aus selbstüberschät-zendem Anspruch in unentschlossene und schwankende Gemütszustände,auch Unstimmigkeiten zwischen äußerer Lebensführung und Gesinnung,Eigenkultur. Nebenumstände, die auf das Gefühl wirken, können den Kernund sein Hauptanliegen beirren. Nicht immer darum die Wahl förderlicherVerbindungen. Doch der gehobene Spannungsdruck der Impulse steigerthäufig die suggestive Wirkung auf andere, sie können momentan in denBann gezogen werden, was dem Selbstgefühl schmeichelt. Lampenfieberhindert kaum den Erfolg, wenn die Zusammenfassung der Kräfte im richti-gen Augenblick gelingt. Nur will Erfolg in vielfältigen Lebenslagen immerwieder neu erobert sein; die schwankende Lebensauffassung und gelegentli-che Irrtümer des Herzens, manchmal auch Mißachtung der Nächstbeteilig-ten, stellen die stetige Wirkung in Frage. Vielseitigkeit kann zum Verhäng-nis wie zum Grund einer Breitenwirkung werden. Dies «Niveau» hängt abvon einer Disziplin, welche die aufnehmende Bereitschaft sich nicht stärkerden Eindrücken öffnen läßt, als vom zentralen Anliegen umgesetzt werdenkann. Es kommt darauf an, daß der fließende Erlebnisstrom, die Empfäng-lichkeit für den Reiz des gerade Vorhandenen, nicht abgetrennt läuft vomPuls des Wollens und Entscheidens. Wichtiges und Beiläufiges muß in rich-tige Proportion gebracht werden. Die Konflikte gehen meist auf schwer ver-einbare Seiten im väterlichen und mütterlichen Erbteil zurück, oft Nachhallin der Kindheit erlebter Spannungen, Versagungen, überfremdender Einbrü-che.

Konjunktion: Unmittelbares Zusammenstimmen von Herzensregung undAusdruck, darum Echtheit der Haltung, wobei das Emotionale vom unter-nehmenden Wollen getragen wird. Ist jedoch der Einklang der Lebensfüh-rung mit dem Vertrauen in seinen Voraussetzungen gestört, so wird leichtalles hingeworfen. Die Selbstüberzeugtheit braucht eine gewisse Zustim-

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mung von außen, sei es direkt verspürte Wirkung, mitmenschlicher Zu-spruch oder nachträgliche Rechtfertigung. Bei allzu enger Konjunktion istdie Einstellung meist sehr subjektiv sowie die Lebenskraft (Zeichen undFeld beachten!) oft wenig durchsetzungskräftig. Schwierigkeiten entstehendaraus, daß verantwortliches Eintreten für eine Sache kaum einen Abstandzur Gemütslage erlangt. Viele möchten sich bei großen Unternehmungengleichzeitig um alle Kleinigkeiten der Ausführung kümmern, wodurch man-cher zum Sklaven seines Aufgabenkreises wird.

Alle Aspekte lebensvoll, abtötende Festlegungen vermeidend, das Ver-halten ist eher improvisiert als nach der Schnur einer Regel ausgerichtet.Sachlichkeit, Ausdauer, Materialbewältigung in dem, was nicht unmittelbaranspricht, wird erreicht aus der Disziplin der Aufgabe, der man sich ver-pflichtet.

2. Standpunkt und Logik

��Je nach Einstellung zum Leben (Zeichen des Sonnenstands be-

achten!) bleibt der Logos, auch in seinen Sondertouren, stets ir-gendwie im Dienst des zentralen Standpunktes. Das damitberührte Verhältnis von Sonne und Merkur drückt sich aspekt-mäßig so aus, daß sie nicht weiter als 28 Grad voneinander ent-fernt stehen können. Außer Konjunktion und Halbsextil ist nurder schwach dissonante 15-Grad-Aspekt (muß bis auf 1 Grad ex-akt sein) möglich. Zur feineren Kombination sind hier die übri-gen Bedingungen heranzuholen. Die Sonne kann sonstwie starkaspektiert, Merkur isoliert stehen, oder umgekehrt, einer von ih-nen kann sich näher an Horizont oder Meridian befinden,schließlich kann die Zuordnung von Kraft und Stilform (Bd. II,S. 132) dem einen von ihnen eine gewisse Dominanz über denanderen geben: Herz in Klammern des Verstandes oder Urteilund Überlegung vom Lebensimpuls fortgerissen. Dies ergänztdie Aussage über den Aspekt.

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Synthese: Grundanschauung und momentane Nutzanwendung greifenmeist reibungslos ineinander, die Organisation der Lebensumstände zweigtaus in begriffliche Unterscheidung und intellektuell gesteuerte Durchfüh-rung. Spontane Überzeugungen finden klar zum Ausdruck, zur logisch-diskursiven Beweisform im einzelnen. Natürlich hängt die Geistesschärfevom Niveau ab, oft fehlt «einschichtigem Denken» die weitertreibende Pro-blematik (angereihte Aspekte beachten!).

Analyse: wie gesagt nur schwach spürbar, und zwar in der Form, daß daslogische Erkennen eines Zusammenhangs und das Annehmen dieser Er-kenntnis sich nicht ohne weiteres koordiniert, sondern (zumal bei Über-schreiten der Zeichengrenze) zweierlei ist.

Konjunktion: Im exakten Fall (innerhalb drei Grad) heißt sie traditionell«verbrannter Merkur». Gewöhnlich wird darin eine Schwächung des Ver-standes gesehen. Es liegt jedoch so, daß die Urteilskraft zu eng an spontaneÜberzeugungen gebunden ist, infolgedessen findet das logische Erkennenschwer einen Abstand zum zentralen Standpunkt, der seinerseits häufig be-irrt wird durch nervöse Unruhe, sozusagen Vibrationen durchmacht. Sum-marisch gesprochen subjektive Einstellung. Bei hohem Geistesniveau (Aus-sagegrenze!) kann der unmittelbare Übergang einer Regung in Gedanke undWort zum Vorzug gedeihen. Im Durchschnitt krankt die bewußte Darlegungeiner Sache meist daran, daß nicht wahr sein darf, wogegen das Herzspricht; bei übersprudelndem Ausdruckswillen, wenn dabei das Mittei-lungsbedürfnis sich in Bedenken und Bedingungen verfängt, kommen auchStotterer vor. Für den rednerischen Ausdruck wirkt die Stellung über demHorizont gemeinhin überzeugender.

Bei allen Aspekten gibt die Entwicklungshöhe den Ausschlag, wieweitdas Aufblitzen einer Erkenntnis zusammengeht mit der scharfen Beleuch-tung der Sachlage. Normalerweise ist zur Objektivität ein größerer Abstandzwischen Sonne und Merkur wünschenswert.

3. Impuls und Kontakt

��Gemeinsam ist den beiden Kräften das Ordnungshafte, und

zwar vom organisierenden Grundgedanken aus sowie vom Emp-finden der Lage, dem Verhältnis zu Mitmensch und Umgebung.Der Winkelabstand zwischen Sonne und Venus kann 48 Grad

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nicht überschreiten, zu den vorigen Aspekten kommt das Halb-quadrat hinzu. Der Daseinswille in seiner aktiv schöpferischenPotenz setzt sich in Beziehung zur Sinneswelt, zu Geschmack,Genuß und den geregelten Bahnen, welche zwanglos die sozialeHarmonie erhalten. Eine Empfänglichkeit für diesen Ausgleich,friedvolle Zusammengewöhnung, für ästhetische Feinheiten, Ge-sittung und Takt steht in Proportion zur lebendigen Mitte desWesensganzen. Es geht um harmonischen Umsatz der von da er-teilten Direktiven, Angemessenheit hervorzubringender Er-zeugnisse. Die Liebe in ihrer spendenden und bindenden Kraft.

Synthese: Relativ leichtes Anbringen seiner Wünsche, da ein Willensvor-haben sich meist in konziliante Form kleidet und von Natur aus den gegebe-nen Verhältnissen anpaßt. Infolgedessen meist Beliebtheit. Auch derMachttrieb folgt dem Zug der sanften Gewalt, womit er empfindungsmäßigbejahte Menschen in Beschlag nimmt, sie sich gefügig macht, hingegenweniger Zusagendes auszuschalten sucht. Bestreben, die Kontakte im aus-gewogenen Gleichmaß zu halten. Impulse bekunden weniger als sonst naiveMeinungen, sie lassen selten die Diplomatie außer acht. Mitunter jedochfehlen Härten, wo es nötig wäre, echter Schönheitssinn wird mit sinkendemNiveau zur Schönfärberei.

Analyse: Störbares Gleichgewicht, Schwankungen im Gemeinschaftssinnwie im Beherrschen eigener Neigungen, der Organisation und Verwaltungeines anvertrauten Bezirks. Nicht immer die rechte Form, seine Wünscheanzubringen. In der Intimsphäre kann Empfindungslosigkeit abwechseln mitanspruchsvoller Zärtlichkeit (auf Zeichenverschiedenheit achten!), bei dro-hendem Kontaktverlust häufig betonteres Ansichbindenwollen dessen, waswiderstrebt. Vorkommende Liebes- und Geschmacksirrungen. Auf niede-rem Niveau (Aussagegrenze!) Gefallsucht, naschhafte und prahlerische Zü-ge, die über fehlende Harmonie hinwegtäuschen sollen. Bei entsprechenderEntwicklungshöhe leiten Dissonanzen eher dazu an, formelle Höflichkeitdurch erworbenen Takt zu ersetzen, ein Mißverhältnis zur Umgebung durchAnpassung zu überwinden. An die Stelle des angeborenen Sinns für das,was zusammenpaßt, kann ästhetische Erziehung treten.

Konjunktion: Meist Warmherzigkeit des Empfindens, die zentral ange-henden Dinge, selbst solche rein sachlicher Natur, werden mit Liebe getan.Starkes Bedürfnis nach Kontakt und Harmonie, anteilnehmend an allem,was der Geschmack bejaht, allerdings oft im Banne seiner Neigungen undWertung. Häufig echte Herzenshöflichkeit, aber auch Eifersucht, wenn dieZuwendung verschmäht wird. Bedürfnis nach Aussprache. Fehlen sozialeoder private Kontakte, dann Leiden unter einem «Nicht-gebraucht-Werden»,«Nicht-angenommen-Sein».

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Alle Aspekte steigern Empfänglichkeit der Sinne, Liebesverlangen, Hangzu schönen Dingen und Genußansprüche; im Lebensstil will das Musischezur Geltung kommen. Die außer der Konjunktion schwachen Aspekte wer-den oftmals überspielt vom Temperament (Zeichenstellung).

4. Eigenwille und Trieb

��In Beziehung treten zwei Antriebssymbole, der Grundantrieb

des Lebens sowie Trieb und Drang der akuten Äußerung. AlleAspekte sind möglich. Der Unternehmungsgeist wird in jedemFall gesteigert, doch geht es darum, was Wert und Würde im Da-sein hat, worauf sich organisierte Wirkungsmacht mit Überzeu-gung wirft, sowie anderseits, was den Tatendrang, den Mut zumWagnis, die Kraft der Durchsetzung und Leistung herauslockt.Der Aspekt gibt an, in welcher Spannungsform das zentrale An-liegen, Aufgabe und Verantwortungsgefühl sich aktiv verwirkli-chen. Motorik versinnbildlichen Sonne wie Mars, nur bedeutetdie erstere den Drehpunkt des Ganzen, einen regelnden Halt desUmtriebs durch das Wesenswichtige, während die exzessiveSchleuderkraft sich in der Tat um der Tat willen und der Gerich-tetheit des Handelns beweist. Gut und böse richtet sich nach derEntwicklungsstufe. Auch Zorn oder Haß haben etwas Anfeuern-des und setzen Energien frei. So treffen wir mitunter Gewaltnatu-ren, die sich eigenmächtig ihre Gesetze geben und Mittelanwenden, wie sie Ort und Zeitpunkt bieten; auch Hochentwik-kelte folgen einer vitalen Ethik, die sie mit verjährten Ansprü-chen anderer in Konflikt bringen kann. Disziplin wird hiererreicht aus freiwilliger Beteiligung an einer Sache, wenn derGrund dem Wesenskern eingegangen ist. Das Verhältnis vonSonne zu Mars betrifft das Problem des richtigen Einsatzes, mehrgeplant oder mehr improvisiert. Das rein Marsische, Mut undphysische Kraft sowie die Neigung, aus allem etwas zu «ma-chen», das Vorfindliche zu verändern und mit jeder Lage «fertig

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zu werden», bezeichnen erst die technische Voraussetzung einervon organischer Energie durchpulsten Lebensführung analogdem Sonnenstand. Hierin gibt den Ausschlag, wieweit der mo-mentane Tatreiz übereinstimmt mit einem zentral gesetzten Wertdes Wollens.

Synthese: Meist Eifer, Schwung und Begeisterung für die Organisationseiner Lebensaufgabe, praktisches Geschick in der Durchführung gegenWiderstände, oft mit einem Schuß Eigensinn. Gesammeltes Vorgehen in derVerbindung von Augenblicks- und Endziel, in der Ausgabe von Energie undAnwendung von Mitteln auf das große Ganze gerichtet. Häufig ein früheinsetzendes Erfolgsstreben, welches die Dinge selbstsicher vorwärtszutrei-ben weiß, partielles Besserwerden der Leistungen in Einklang mit klarenHauptabsichten. Mitunter eine glückliche Verbindung von physischem undmoralischem Wagemut (abgewandelt durch die Zeichen!), auch bei physi-scher Schwäche in irgendeinem Punkt durchsetzungsfähige Energie, wennnicht Verwirklichung kühner Entwürfe. Neben der Willenskraft und männli-chen Entschlossenheit wird die Neigung bestärkt, sich das Leben nach eige-nem Gutdünken einzurichten. Das Bestreben, in seinem Aufgabenkreis zuherrschen, führt allerdings häufig dazu, Gleichstrebende als Rivalen auszu-stechen (Niveauprobe!), selten wird Duldung zuwiderlaufender Meinungengefunden, und allzuleicht glaubt man, man könne und dürfe alles, was manwill. Auf hoher Stufe dagegen Vorkämpfer lebenswichtiger Ziele.

Analyse: Die Initiative ist gespalten, was keine Herabminderung, sonderneher eine Steigerung der Energie bedeutet, doch oftmals in unrechter Pro-portion verausgabt und mit Gefahr eines Raubbaus an der Lebenskraft. Häu-fig überkreuzen sich die Impulse, drängen beunruhigend aus der vorge-fundenen Ordnung heraus, steuern neue Ziele an, bevorzugen unbetreteneWege. Die Tatenlust schlägt gern über die Stränge, zuweilen tollkühn in denVorhaben, bei manchen verbohrt sich Rechthaberei in Sachen, die der Kern-haltung eigentlich unwert sind. Hieraus Verzettelungen. Reizbare Triebver-fassung, anderseits Leistungsstolz und oft überanspruchvolles Selbstbe-wußtsein, leichtes Umschlagen in Jähzorn. Zentral wichtige Aufgabenmüssen sich häufig gegen Kurzschlußhandlungen erst durchringen, Diszi-plin zu erwerben ist Salze der Entwicklungshöhe, nicht des Aspekts. Fastjeder hat Fehleinsätze der Energie und mißglückte Abenteuer zu verbuchen;zur Bewährung kommt es darauf an, daß und wie er sich zur Klarheit desihm Wesenswichtigen durchkämpft. Fehlt es darin, so bleibt ein von Affek-ten getriebener Unruhegeist mit überhitzten Vorstellungen, angriffslustigverfochten, ein «sich in die Brust werfen», das rasch Feinde schafft, sie aberauch annimmt. Nur bei verdorbener Substanz drückt man sich um dasDurchstehen der Kontroversen, die man aufrührt. Möglicherweise gilt die

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Tätigkeit sozial geringeren Verrichtungen, als dem Herzen erwünscht undder Begabung würdig. In anderen Fällen geht soziales Mißgeschick aufÜbereilung, kämpferische Leidenschaften und stachliche Überspitzungenzurück, auch ungeduldiges Abbrechen, bevor die Bedingungen einer Unter-nehmung ausgereift sind. Gewaltsamkeiten im inneren und äußeren Lebenkommen vor, Tendenz zu Verletzungen, bei Erkrankungen hohes Fieber undakuter Verlauf.

Konjunktion: Nicht zusammenprallende, sondern mehr durch-einanderwirbelnde Kräfte der Selbstbehauptung, wobei häufig erst durchhervorgerufene Reaktionen anderer sichtbar wird, was zentral wichtig warund was Augenblicksbedeutung hatte. Die Unternehmungslust kann zurStärke werden, wenn im Geschehen sich bleibende Lebenswerte aussieben,eine Klärung der Ziele erreicht wird. Spontaner Drang führt oft an gefährli-che Umstände heran, meistens zunächst unbesonnener Einsatz, eigensinnigund zuweilen verbohrt (wenn von der Gesamtkonstellation unterstrichen).Manchmal wirft das Wollen sich in etwas von bedingtem Reiz ganz undrückhaltlos hinein, von der eigenen Bewegung mitgerissen. In der Bekun-dung fast immer offenherzig und freimütig, ein wenig schroff. Sicherheit imentschlossenen Eintreten für eine Sache wird in jenen Dingen erreicht, mitdenen sich der Kern völlig identifiziert; Besinnung hierauf entwickelt dievon Haus aus fehlende Geduld. Im Reifestil ein Blick für den richtigen Zeit-punkt des Handelns, dann extensive Schlagkraft.

Bei allen Aspekten mehr Übertreibungs- und Tat- als Unterlassungs-sünden. Diese Menschen lassen sich schwerlich von anderen das Gesetzihres Handelns entreißen oder vorschreiben. Sonne und Mars sind ausge-sprochen männliche Symbole, infolgedessen auch bei der Frau betonteremännliche Komponente (s. «Geschlecht»).

5. Potenz und Ausbreitung

��Sinngebung, Aufgabestellung und Moralität eines Menschen

geraten in Verhältnis zur Fülle der Daseinsformen und Erfolgs-gelegenheiten. Der Glaube an sich selber kommt in Beziehung zuüberpersönlichen Ordnungen, vertreten durch die herrschendenPrinzipien von Gut und Böse, mit denen ein Lebenskompromißzu schließen ist. Beiderseitig macht sich in dieser Kräftekombi-

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nation das Ruhige und Besonnene geltend, ohne den Schwung zumindern. Wir finden Größe und Hoheit bei vorhandener Reife,wodurch die Lust am Dasein keineswegs beeinträchtigt wird. Diesittlichen Qualitäten freilich, von denen die astrologische Tradi-tion spricht, liegen in der Entwicklungsstufe, nicht im Aspekt. Esgeht darum, wieweit eigenschöpferische Ansätze, Entwürfe undUnternehmungen zur Reife und Vollendung, schließlich zum Er-folg gelangen, in fernerer Hinsicht wieweit der Mensch weltan-schaulich, religiös, kulturell oder im politischen Wirken darüberhinauswächst. Expansive Möglichkeiten auf allen Gebieten wol-len aus der Kernsubstanz geweckt, zu Gedeihen und Gelingengebracht werden. Jupiter veranschaulicht diesen Weg des Frucht-bringens, kann aber nur zum Lebensüberschwang führen, waspotentiell analog Sonne gegeben ist. Auf entsprechend niedererStufe wird das Optimum in Gipfelungen des Genußlebens ge-sucht, Glück und wunschgerechte Erfüllung können wunderlicherArt sein, Kultur ist oft ein heuchlerischer Überzug, auch Autori-täten sind zuweilen hohl. Schlummernde Fähigkeiten jedoch be-günstigt der Aspekt im Hervorkommen, Zeitlage und gefundenerAnklang kommen beihelfend in Betracht, Strebsamkeit ist fastimmer vorhanden. Auf das erworbene Maß der Selbsteinschät-zung gründet sich die Echtheit der Ziele, denen Hoffnung undVertrauen gebührt.

Synthese: Ein Aspekt, der gegebenenfalls an die oberste Grenze innererund äußerer gedeihlicher Entfaltung hinführt. Tatsächlich viele «Wohlbe-schaffene» und «Glückskinder», häufig fördern Protektion, Vorteile in Ver-bindung mit Behörden und Autoritätspersonen das Ansehen. Natürlich hängtder optimale Anspruch von der Entwickeltheit und erworbenen Reife ab,auch die sprichwörtliche Herzensgüte hat ihre Abstufungen. Großzügigkeitdes Wollens und vernünftige Überschau fehlen selten; doch auch ein bloßer«Lebenskünstler» und «sonniger Genießer» kann sie in seinen Dienst stel-len, mit den verliehenen Gaben aus dem Vollen wirtschaften, durch Humor,Freigebigkeit und verträgliche Gesinnung sich überall beliebt machen. Meisteine unverwüstliche Gesundheit, Regenerationskraft (doch angereihteAspekte beachten). Sind schöpferische Talente vorhanden, so reifen sie fastimmer zur ansprechenden Form aus und bringen Erfolg, daher der «Be-rühmtheitsaspekt» der astrologischen Tradition. Dies muß aber nicht beiLebzeiten geerntet werden, anderseits gibt es «Tagesberühmtheiten» sowie

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Naturen, die einen rücksichtslosen Machttrieb mit philanthropischen Idealenverbrämen und dabei Rechtsformen günstig für sich einzuschalten wissen.Immer kommt es darauf an, welche Kernsubstanz dieser auftriebsverheißen-de Aspekt zum Vorschein bringt. Bei einigem Niveau ein Sinn für das Edleund Ehrenhafte, Gemeinnützige, mitunter ein Drang, opferwillig den Durch-schnitt zu überbieten, sich an die Spitze von Einrichtungen zur Wohlfahrtanderer zu setzen. Auch in privaten Unternehmungen häufig eroberndeEnergie, Ausgreifen der Bestrebungen vereint mit Organisation des Platz-haltens und Verwaltens von Erworbenem (Zeichen beachten!). In allemVorgehen ein hoffnungsfreudiges Ineinanderspielen zielstrebiger und leben-spraktischer, tragbare Kompromisse eingehender Tendenzen. Ideale Forde-rungen werden deswegen nicht aufgegeben, ihre Einlösung verschiebt sichnur häufig in die Zukunft hinein. Im Persönlichen machen sich manchmaldie Kehrseiten geltend, wenn Bedingungen beengter Verhältnisse nicht ein-gesehen werden. Bei gesundem Einklang ein breiter Lebensstandard, jedochorganisches Maß, mitunter etwas bequem, aber Beachten förderlicher Me-thoden. Außerhalb der eigenen Vorhaben meist Duldung der Gesichtspunk-te, unter denen andere ihr Optimum erstreben.

Analyse: Im Konflikt sind Anspruch und Auftrieb kaum gemindert, sieführen nur leichter in übertriebene und unstete Versuche, sich zur Geltungzu bringen und rasche Erfolge einzuheimsen. Meistens ist dabei mit sozialenund inneren Schwierigkeiten zu rechnen, selten laufen die Spannungen ohneZerwürfnisse mit bestehenden Auffassungen von Moral, Recht und Gesetzab. Häufig Glaubens- und Vertrauenskrisen, Reibung an Autoritäten odervorgesetzten Stellen. Hier aber scheidet sich das Niveau, ob die Vernunftneue Wege allgemeiner Gültigkeit sucht oder ob zur Durchsetzung seinerPerson eine Loyalität vorgetäuscht, scheinheilige Methoden eingesetzt wer-den. Oft stört unbefriedigter Ehrgeiz die Ruhe des Herzens. Manche sucheneine Kompensation in üppiger Genüßlichkeit, Leichtsinn und Verschwen-dungsliebe, tragen ihren Lebensanspruch bombastisch zur Schau, hängensich an äußeren Prunk. Idealer Veranlagte kommen zu wohlmeinenden aberüberspannten Erwartungen, werden dadurch intolerant gegen die Durch-schnittswirklichkeit und ernten Enttäuschungen. Manches gute Wollen kannsich nur nicht wirksam mit dem Gegebenen ins Benehmen setzen. Es gibtauch Gelegenheitserfolge ohne rechte Dauer, anderseits wird manchmalGroßes mit zweifelhaften Mitteln zustandegebracht. Ein echter schöpferi-scher Impuls kann sein Werk gegen geltende Auffassungen und widrigeUmstände erzwingen, das Ringen darum macht die Haltung allerdings we-niger entgegenkommend, zumal in Fragen der Rechtlichkeit. Einigen wirddie Gesundheit zum Problem. Die Konfliktlösung verlangt stets, selbstver-schuldete Mißhelligkeiten in gebesserte Absichten umzumünzen, Mäßigkeitund Selbstzucht gegen affektive Auflehnung zu setzen. Gerade die Disso-nanz kann so zum Hebel erworbener Tugenden werden, und bei Hochent-

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wickelten besteht sie lediglich darin, daß nach jedem Erreichten immer nochein Besseres angestrebt wird.

Konjunktion: Gesteigerter Andrang von Plänen, mit unbedingtem Glau-ben an deren Wert und Würdigkeit, so daß man sich bei der Ausführungleicht übernimmt oder zu rasch auf den Enderfolg abzielt, was bei niederemNiveau in Großsprecherei, Prahlen und Prunk mündet. Auf höherem Niveaunimmt man gern einen angesteuerten Idealzustand vorweg, setzt ihn ge-danklich schon als gegeben, baut Luftschlösser, projiziert seine Erwartun-gen in die Umwelt hinein. Doch sind die Unterschiede im allgemeinenweniger markant als bei der Analyse. Meist Überzeugung von seinem An-recht und Voraussetzung bester Absichten bei den Mitmenschen, optimisti-scher Expansionsdrang, der Überschüsse einer im übrigen gemäßigterenGesamthaltung abführt. Bedingtheiten und beengte Verhältnisse sind aller-dings schwer einsehbar; treten solche zwingend heran, so führt dies zuÜberkompensationen an irgendeiner Stelle. Statt sich an gutgemeintemWollen oder äußerlich erlangter Geltung zu beruhigen gilt es, die Forderun-gen des Eigenwerts gereift und mit Wirkungsbreite an den richtigen Mannzu bringen. Im Umgang meist generös, wohlwollend.

Bei allen Aspekten eine Tendenz der Anreicherung, nicht nur materiellverstanden; die Begabungen brauchen ein weites Spielfeld und eine großeLeitlinie, aufbauend und am angemessenen sozialen Ort ausgewirkt. Min-derwertigen wird bequemer Genuß und Zehren von den Früchten anderer,manchen Ruhm- und Ehrbedürfnis zur Klippe, an welcher bessere Möglich-keiten scheitern.

6. Freiheit und Zwangslauf

��Das existentielle Grundproblem in individuell erlebter Sicht.

Jeder Schöpfungsimpuls muß sich eingrenzen, will er zur Gestaltkommen. Das Formale bildet die Bedingung eines sich offenba-renden Inhalts. Die hierauf eingestellten Kräfte bringt der Aspektin ein Verhältnis. Stimmt es, dann setzen vitale Antriebe und Le-bensgläubigkeit sich auseinander mit dem Bewußtsein vonSchranken, denn der freie Entwurf bedarf der Erfahrenheit, umsich im Notwendigen und Gesetzmäßigen zu verwirklichen. Die

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erst im Handeln erfahrenen Hemmungen und Verzögerungen, dieBrechung des Willens an Widerständen und die Umwege, die zumachen er genötigt wird, sichern mit der erlangten Kenntnis vonMaterialeigenschaften, Bedingungen, Umständen den weiterenAufbau. Affekte pendeln nur zwischen Ja und Nein, Erkenntnisdringt durch zur Daseinsbemeisterung. Wer diese Problematikhat, von dem wird sachliche Überlegung in der jeweiligen Ent-scheidungswahl verlangt, damit er die Konsequenz aus Vergan-genem wie die Vorsorge für Künftiges in die Verantwortungübernimmt. In sozialer Hinsicht geraten Ungebundenheit, will-kürliche Selbstbehauptung sowie anderseits Pflicht, Traditionund Sitte in Beziehung. Vor dem Welthintergrund sieht sich dieeigenmächtige Entschlußkraft schließlich dem Schicksal gegen-übergestellt; mag es in «günstigen Schickungen» oder in unange-nehmen «Schlägen» herantreten, immer fordert es den Kern desGanzen zur Stellungnahme heraus. Hieran scheidet die Entwick-lungshöhe, ob man sogar unerwünschte Erfahrungen als «sein»Schicksal annimmt, sie ohne Kampf in persönliche Lebens-voraussetzungen überführt, oder ob man unfrei wird, indem mansich dagegen sperrt, sich verkannt, bedrückt, unglücklich, zu kurzgekommen fühlt, in uneinsichtige Schwere und Düsternis ver-sinkt. Manches privat nicht Aufgehende führt zu sozialen Ziel-setzungen. Diese ernsten Aspekte verlangen die Vereinigung vonVitalität und Wirklichkeitssinn in jeder Lage. Es sind die beidenVatersymbole; ihr Aspekt gibt ein dementsprechendes Erbe ansowie die förderliche oder hemmende Rolle des Vaters in derfrühkindlichen Entwicklung, beim Mann die eigene Autorität inder Vaterschaft.

Synthese: Aufbauwille und Sicherung der Eistenz greifen meistens positivineinander. Die Überzeugungen, die Strahlkraft des Menschen stützen sichauf ein Selbstbewußtsein, das nicht nur im persönlichen «Sosein» wurzelt,sondern darüber hinaus in Traditionen, Sachkenntnis, Verhältnissen desStandes oder im Familienerbe. Im allgemeinen Dauerhaftigkeit, eine be-herrschte und erfahrene Art, sein Leben zu organisieren. Das Eigentlichekommt bei manchen relativ spät zum Zuge, andere packen früh schon um-ständliche und schwierige Aufgaben an. Natürlich hängt das Ergebnis vonden entwicklungsmäßigen Voraussetzungen ab, unter denen Erfahrungengemacht, und davon, wieweit die vorgefundene Wirklichkeit akzeptiert, in

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den Willen zur Daseinsbewältigung aufgenommen wird. Selten unbedach-tes, kritikloses Handeln, da wesenswichtige Impulse sich der Kontrolledurch Tatsachen oder vertiefenden Studien unterstellen. Häufig daher einematerialgerechte, umsichtige, methodisch sorgfältige Arbeitsweise, auchGeduld und Takt in den Äußerungen. Anlegen wichtiger Pläne auf langeSicht. Die manchmal umständliche Herausbildung von Entschlüssen, Zu-rückhaltung, wo andere bedenkenlos begeistert mitmachen, gibt einigenetwas Unfrisches, zumal in unbekannten Lagen, sie gewinnen den leichtenSeiten des Lebens schwerlich Geschmack ab. Doch auch sie sind nicht le-dern und störrisch, wenn sie Fuß gefaßt haben. Oft ein distanzierender,grüblerischer Zug und Bereitsein für ernste Gespräche. Einige erscheinender Menge zu ungütig und streng, manche Hochgestiegene umgibt ein kalterGlanz, sie hüten ihre Reservate; fast immer jedoch Unbeirrtheit in wesentli-chen Dingen, die zugleich Angelegenheiten des Herzens sind, von dem, wassich ihnen als richtig bestätigt, bringt sie niemand ab. Ein Mensch, der sichfest in der Hand hat, wenn er will.

Analyse: Lebens- und antriebshemmende Wesenszüge oder Schicksale,die aber Konzentration, Wirklichkeitssinn, Ausdauer und letztendlich Ent-schlossenheit zum Dasein nicht zu beeinträchtigen brauchen. Allerdingssetzt dies die Überwindung einer zumindest latenten Lebensangst voraus,manchmal auch gesundheitlicher oder sonstiger Schäden und Verzichte.Gerade Dissonanzen bringen vielfach «Hartgesottene», bei hohem Niveauauch Meister der Verschmelzung von Inhalt und Form hervor. Doch es wirdihnen nicht leicht gemacht und geht selten ohne zeitweise Depressionen ab.Die Selbstverwirklichung hat mit äußeren und inneren Schwierigkeiten zukämpfen. Es kann ein Mißverhältnis zwischen Anlagen und der Gelegen-heit, sie auszuwirken, vorliegen, eine Ungunst sozialer Verhältnisse odereine Zeitlage, die Herzensanliegen in den Schatten stellt, dagegen formelleLeistungen hervorkehrt und anerkennt; auch Erbbelastungen kommen vor.Jedenfalls sind Lebensantrieb und Wirklichkeitserfahrung schwer zusam-menzubringen. Die Freiheit der Impulse hat sich mit einer stummen Gegen-rechnung zwangsläufiger Bedingtheiten, oft unliebsamer Konsequenzen dereigenen Vergangenheit, aufgedrungener einstiger Parteinahme oder der Fa-milientradition auseinanderzusetzen. Oft ist es unerklärliches «Pech-Haben», Zu-spät-Kommen, Gelegenheiten-Verpassen. Lebenslust und Ent-täuschung wechseln bei manchen wie Licht und Dunkel, dann ist stetigesZutrauen zu sich, statt Anlehnung an fremde Autorität, das zu lösende Pro-blem. Darin liegt meist der schwache Punkt, und viele behindern sich durchUnglückserwartung. Starke Naturen bauen sich ein tiefer fundiertes Selbst-bewußtsein auf, indem sie negative Erfahrungen gedanklich ummünzen,Verneinungen ihres Wollens in ein «Trotzdem» umstülpen. Schwache Natu-ren, von Haus aus menschenscheu, verdrießlich, versinken in Pessimismus,passivem Schicksalsglauben, wenn nicht irgendeiner Form von Selbstaus-

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streichung. Wieder andere haften zu fest an Vergangenem und bringen beiveränderter Lage nicht die Kraft auf, über ihren Schatten zu springen. Beigeistig Minderbemittelten wird persönliches Versagen verdreht in verbohrteBezichtigungen, autokratischen Starrsinn. Meist spielen Probleme vonSchuld und Strafe, formellem Recht oder Unrecht eine Rolle, oft ergebensich verkrampfte Zustände, sich schadlos haltend am Schwächeren. All dieswill grundsätzlich und mit offenem Visier gelöst sein, fordert eine gleichstarke Überwinderkraft heraus. Es geht darum, spekulativen Lebensglaubenaus solchen Behinderungen freizusetzen, ihn unabhängig zu machen in le-benspositiver Verarbeitung der Erfahrungswelt.

Konjunktion: Wenn vitaler Brennpunkt und erfahrungsmäßiger Schwer-punkt des Daseins in eins fallen, mögen andere Anlagen vielleicht Unbe-kümmertheit und Leichtsinn anzeigen, doch in den tiefsten Entscheidungendes Herzens geht der Mensch gründlich, bedacht und meistens langsam vor.Er holt den ganzen Ballast in Erfahrung gebrachter Präzedenzfälle undpraktischer Erwägungen heran, enge Bindungen bedeuten ihm auferlegtePflicht oder zu große Beschwernis, man findet darum viele Einzelgänger.Strahlendes im Wesen hat sich gleichsam durch Rauch und Ruß hindurch-zukämpfen. Der unternehmende Impuls und das freie Bekenntnis von Über-zeugungen tritt ferner in eine Abhängigkeit von formellen Rücksichten;mancher schränkt sich unnötig ein oder hält mit dem Wichtigsten hintermBerg, manche stolpern über ein Mißtrauen gegen sich und andere. Dogma-tisch übernommene Grundsätze können den Lebensschwung abschnüren,doch selbsterworbene Einsichten lichten wiederum düstere Erfahrungen; aufhohem Niveau gibt es Beispiele «Durchgedrungener», welche den Sieg übererlittene Verneinungen prägnant zum Ausdruck bringen. Sogar physischenthält derselbe Aspekt, der für einige Lähmung bedeutet, gegebenenfallsdie Voraussetzungen zäh erarbeiteter Federkraft. Zuweilen Entlastungendurch einen formalistischen Spieltrieb.

Bei allen Aspekten will das Selbstvertrauen gestärkt sein zum «wollendürfen», sei es durch perfekte Leistungen, sei es durch Befriedigung desBedürfnisses nach äußerer Ehrung, was aber oft erst in vorgerückten Jahreneintritt. Wichtig ist väterliches Erbe und Vorbild; im schlechten Fall Ten-denz zu chronischen Erkrankungen, seelische Belastungen, im guten Fallzähe Lebenskraft, deren Widerstandsfestigkeit und Ausdauer sich manchmalerst im Unglück oder im Alter beweist.

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7. Kern und Exzentrizität

��Verhältnis zwischen dem Drehpunkt eines normalen Getriebes

und dem Absurden, Ausgefallenen oder Revolutionären. Von le-bendiger Ordnung und ganzheitlicher Organisation aus gehenBeziehungsfäden zu Kräften, die diesen Rahmen sprengen, wennihnen kein Ventil gelassen wird. Einerseits impulsmäßiges An-steuern des Augenscheinlichen, greifbarer Dinge, anderseits Ein-beziehung fernabliegender, die Sicht umstellender Blickpunkte.Das Problem geht um ursprüngliches Erfassen des Ungewöhnli-chen, Umwälzenden und sein Hereinziehen, Fruchtbarmachen,um erfinderische Neugestaltung im individuellen und sozialenLeben. Das Augenmerk richtet sich je nach der Entwicklungshö-he auf dringliche Zeitforderungen, der eingenommene Stand-punkt kann den Erwartungen vorauseilen oder es kommt nur zuwirrköpfigen Einfällen mit Abstand zur gewohnten Norm. Imüberpersönlichen Format die Verwerfungen, Überformungen undRisse im Gefüge, die einen Zusammenbruch ankünden oder ei-nen Umsturz auslösen können. Individuell das Mitbewegtwerdenvon solchen Vorgängen, Blickwechsel, Abkehr von konservati-ven Methoden.

Synthese: Irgendwie gehen Bekanntes und Überraschendes, Natürlichesund Künstliches, real Vorhandenes und ideal Gefordertes eine tragkräftigeVerbindung ein. Häufig ein origineller Geist voll erfinderischer Ideen sowiefreizügiger Lebensstil mit lockeren Bindungen, die einen abrupten Wechselzulassen. Auch unpedantische Arbeitsweise: Änderungen im Spielplan vor-behalten. Manche haben einen «Riecher für Gelegenheiten», wendig in derintuitiv bestimmten Zielsetzung, oft wissen sie plötzlich Herantretendesweitblickend für die eigene Existenzgrundlage nutzbar zu machen. ErleseneGeister bilden sozusagen den Spähtrupp für kommende Entwicklungen,richten ihre Pläne nach übergeordneten Weisungen aus. Doch das Niveausteht selbstverständlich nicht im Aspekt, und es gibt ebenso Blender, Unbe-rechenbare, deren Quersprünge aus momentan lockender Ablenkung her-vorgehen, automatisch ablehnend, was sie für stagnierenden Gleichlaufhalten. Einige besitzen die Gabe, widerspruchsvolle Ansichten schlagwort-

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artig auf einen Nenner zu bringen, gegeneinander- oder auseinanderstre-bende Elemente durch außergewöhnliche Losungen zu bändigen. Anderegehen schöpferisch mit paradoxen Formulierungen um, blitzschnell in ver-änderter Lage die Vorboten des Kommenden benennend. Viele Übermittlerdes Zeitgeistes, technischer Reformen, fast immer eine große Spannweiteder Unternehmungen, situationsangepaßtes Handeln; radikal vom Gewohn-ten abweichende Auffassungen werden meist in geschickt interpretierenderForm vorgetragen.

Analyse: Die Tendenz, Stauungen und Müdigkeiten zu überwinden, dasBestehende aus den Angeln zu heben, führt zuweilen zu krampfiger Wider-spenstigkeit gegen den herrschenden Ton. Psychologisch wie schicksalhafthat das Wollen häufig mit Störungen und Querwirkungen zu rechnen, mit«Zufällen», die stetigere Absichten durchkreuzen. Es finden sich Schroff-heiten oder Überspanntheiten der inneren Haltung, nervöse Überreizung unddann rücksichtslose Schärfe, Voreiligkeiten. Dies wird oft zur Ursacheplötzlicher Trennungen. Im pathologisch gesteigerten Fall Paroxysmus, Un-berechenbarkeiten einer explosiven Natur. Gehobenes Niveau erweist sichhier im Willen zum Zusammenhalt, ungeachtet gelegentlicher exzentrischerNeigungen; es geht dabei um Überführung wechselnder Spannungen in einegedanklich überhöhende Stellungnahme, die meistens erst in einer gewissenAbständigkeit zum Herkömmlichen ihre befriedigende Formulierung findet.Aus so gefundenem Blickpunkt bekommt auch das Übliche neue Farben.Geringere Anpassung, doch intuitiv gesteuerte Disziplin kann von hoherWarte aus andringenden Mißhelligkeiten widerstehen. Häufiger freilich sinddie Querköpfe, die Überdrehten und Verstiegenen, die ihre Welt von einemPunkt ausseits der geltenden Meinungen aufzäumen, sie aber nicht mit Sub-stanz ausfüllen können. Viele «Gewohnheitsrebellen», aufbegehrend gegenjede Form von Autorität; ihnen wird die Umkehr des Gewohnten zur Manie.Auch echte Inspirationen dienen mitunter mehr der Lust am Ausgefallenen,jäher Richtungswechsel ist keine Seltenheit, Unternehmungen werden un-motiviert abgebrochen, oft genau an dem Punkt, wo Reife einsetzen müßte.Bei Nichtbeherrschung dieser Kräfte besteht immer eine latente Störbarkeit,die unvorhergesehenen Tatsachen gegenüber, besonders im Verkehr oder insonstigen technischen Gefahrenregionen, verhängnisvoll werden kann. Mit-unter auch Selbstschädigung durch übereilte Entschlüsse.

Konjunktion: Fast jeder dieser Menschen hat entscheidende Krisen durch-zumachen, in denen sich Spreu von Weizen siebt; auch fest in der TraditionVerankerte sehen sich unerwartet in eine neue Lage versetzt, in der die altenWerttafeln nicht mehr gelten. Bei starken Naturen kann dies, zumal in Zu-sammenhang mit Entdeckungen, Erfindungen, sozialem Umbruch, zurgänzlichen Umorientierung führen. Schwache Naturen dagegen geraten insTaumeln, schlagen von einem Extrem ins andere um. Meist eine Kernhal-tung hohen Grades an Eigenart, unstet und absonderlich in spontan auftau-

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chenden Neigungen, schubweise zu Ziel und Aufgabe gelangend. Auf un-entwickelter Stufe auch Bluff, auf Augenblickswirkung bedachte Behaup-tungen, Überraschungstaktik, welche die klarste Sachlage verwirren kann.

Bei allen Aspekten freie Ansichten, Unabhängigkeitsstreben. Das in derErregung überstürzte Tempo bedarf einer Kontrolle, wenn die Anlage zugedeihlicher Auswirkung kommen soll. Inspirative Ideen stellen das Pro-blem, daß die Gesamthaltung aus skizzenhaften Ansätzen abändernder, ver-bessernder Art zur wirklichen Wandlung und Reife gelange. Radikaletechnische Lösungen wollen mit dem Menschlichen auf neuer Grundlageübereinkommen. In Fällen der Versäumnis zuweilen selbstquälerische Neu-rosen.

8. Lebensschwung und Universum

��Die Eigenständigkeit des organischen Ganzen kommt in Ver-

hältnis zum entgrenzenden Weltgefühl, das ureigene Anliegen inBeziehung zum Aufschluß fernliegender Möglichkeiten. Einer-seits Selbstbeherrschung, tätiger Antrieb im Sinne seiner Aufga-be, verantwortliche Macht und Entschlußkraft, anderseitsWunschbild, Traum, Vorspiegelung und Wunder. Wieweit hierWahn und Blendwerk vom Wesentlichen ablenken oder über-normale Wirklichkeiten einsickern, ermißt sich nicht am stim-mungsmäßigen Durchdrungensein des Strebens und der Zugkraftdes Gewollten, sondern am erworbenen Horizont des Weltblicks.Wesentliche Ziele liegen jedenfalls jenseits des Vertrauten, vorAugen Stehenden und überhaupt den Sinnen Gegenwärtigen. DasProblem dreht sich um Ausweitung des Könnensbereiches, ohneeinem Rausch zu verfallen und Illusionen nachzujagen, so daßDinge, die anderen vielleicht phantastisch vorkommen, in denBrennpunkt der Betrachtung, Stellungnahme und Entscheidungrücken und schließlich Motive des Handelns abgeben. DieseAspekte rühren an den Quellbereich sowohl visionärer Wahr-heitsfindung als auch trügerischer Vermutungen. Im überpersön-lichen Maßstab betreffen sie die Gesamt-Atmosphäre der Zeit, in

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welche hineingestellt der Einzelne zu wirken hat, individuell dieAusrichtung des zentralen Standpunkts auf weitestgehende Sichtder Selbstverwirklichung.

Synthese: Das Offenbare und das Geheimnisvolle gehen im Streben eineVerbindung ein, der nur Ziele von letztendlich symbolischem Wert genü-gen. Leicht aber wird der Realblick dadurch gefärbt, und der Wille be-rauscht sich an Projekten, die über das Normale hinausgreifen und sich imUnbestimmten verlieren. Bei schöpferischen Naturen kann dies dennochHand und Fuß haben und umfangreiche Vorhaben ins Werk setzen, die einehypothetische Wirklichkeit in eine greifbare verwandeln. Dies hängt von derEchtheit der Inspiration ab sowie dem kritischen Blick für das, was manvollbringen kann. Unschöpferische, solche, die sich im Verhältnis zwischenWollen und Können überheben, folgen dagegen oft einer Fata Morgana.Fast alle haben ein Organ für unwägbare Stimmungswerte, für das Unaus-sprechliche, das, abgesehen von äußeren Beziehungen, zwischen den Men-schen schwingt, auch für verborgene Zusammenhänge im Naturgeschehen.Häufig eine Beziehung zu Dichtung und Musik, zur Stimmungsseite desKünstlerischen (das Formale und Manuelle muß anderweitig gegeben sein),unterstützt durch psychische Empfänglichkeit und lebhafte Phantasie. Nei-gung zu Grenzgebieten des Wissens, zuweilen mediale Gaben, die in prakti-schen Berufen sich als Vorahnung kommender Entwicklungen, Abfangenschwebender Zeitprobleme oder richtiges Abschätzen der im Verbraucherlatenten Bedürfnisse auswirken können. Auch der synthetische Aspekt ver-langt aber neben einer gewissen Entwickeltheit eine Pflege der Sensibilität.Bei gröberen Naturen stürzt sich das Angezogenwerden vom Rätselhaften inEntstellungen des Wirklichen oder genüßliche Entgleisungen, oft werdenGlückseligkeitsträume durch Narkotika befördert, irgendein Stimulans brau-chen die meisten zur Anregung. Das zentrale Anliegen verliert sich häufigin gleitenden Definitionen, und hinter jedem erreichten Ziel taucht eine of-fene Frage auf. Menschen, die selten etwas ganz abschließen können.

Analyse: Die Phantasie ist eher stärker aufgerührt als geschwächt, was inkünstlerischer Hinsicht, verbunden mit ebensolcher Sensibilisierung, dieschöpferischen Fähigkeiten sogar steigern kann. Anders steht es mit demRückbezug zum Handeln in Raum, Zeit und Kausalität, wo strikte auf Feh-lerquellen geachtet werden muß. Schwache Naturen, bei denen Vorgespie-geltes um Halt und Form zu kämpfen hat, die ohne Zutrauen zu einem ab-grenzenden Standpunkt vom Strom des Erlebens mitgezogen werden, unter-liegen oft der Beeindruckung durch die Seltsamkeit einer Sache, sie«fliegen» geradezu auf das Wunderbare und können leicht zum Opfer einesgeschickt angelegten Betruges werden. Andere, sich selbst beweihräu-chernd, umgeben sich mit Kulissen einer erborgten schöneren Welt, flüchtenvor strenger Verantwortung in ein Phantasiereich, entziehen sich präziser

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Stellungnahme. Häufig gedeiht hier die «Lebenslüge» und die «Wahrheitmit doppeltem Boden», einen Schritt weiter abwärts kommt es zum Betrugan der Mitwelt. Natürlich aber steht das moralische Niveau nicht im Aspekt,nur eine Gefährdung des Zusammenhalts, des Existenzwillens oder, wennschon moralisch, der Eigenmoralität. Dies führt auf entsprechender Stufe,besonders bei hinzutretender Wirkung von Rauschmitteln, zur moralischenAuflösung. Manche kultivieren das Erlebnis des Zeiten-Übergangs, derVerwandlung, im Reiz der Zersetzung und Fäulnis. Starke und zu sich ent-schlossene Naturen reißen das Steuer herum zu Gesundung bringender Ent-haltsamkeit. Dann findet man betonte Abgrenzung gegen korrumpierendeEinflüsse, eben weil das anlagemäßige Ausgesetztsein verspürt wird. Es gibtaber auch sensiblere Gefährdungen bei Hochentwickelten, Überfeinerten,die zwischen mehreren Begabungen schwanken: Wucherung der Einbil-dungskraft und Ängste, die auf eine empfundene Leere, einen schicksalhafteingetretenen Mangel, ein ungestilltes Bedürfnis oder einen unfaßlichenVerlust zurückgehen. Bei ihnen wird sozusagen ein ansaugendes Vakuumbehelfsmäßig überdeckt und die Lösung an falscher Stelle gesucht, etwa inverfehlter Bindung aus «Einsamkeitspanik»; zur Heilung braucht es denAufbau innerer Sicherheit durch ein individuell erworbenes Können. Immerbetrifft die Problematik übernormale Ziele, Projekte über den Durchschnitthinaus; an ihnen hängt das Eintreten für sich selber. Die Sublimierungen lie-gen vorwiegend im Musischen und Psychologischen.

Konjunktion: Dieselbe Problematik ist meistens undurchsichtiger. Einüber Selbstzufriedenheit hinwegstrebender Zug in der Kernanlage kann sichin überpersönlich orientierten Aufgaben segensreich auswirken. Ohne sol-chen tätigen Umsatz jedoch wird der Hang zum Außergewöhnlichen zu engan subjektive Erwartungen geknüpft. Dann tritt leicht eine psychische Infla-tion ein: phantastisch aufgebauschte Vorstellungen, Illusionismus, Verspre-chungen ohne Deckung in realen Erfüllungsmöglichkeiten neben einerSucht nach Stimmungserfolgen. Was also dichterische Phantasie oder musi-kalische Gestimmtheit sein könnte, wird in eine unangebrachte Realistikhineingezogen, was oft die Hauptziele vernebelt und umweltlich ein skan-dalöses Verkanntwerden ergibt. In gemilderter Form ästhetische Überkultur,bei gröberen Naturen massive Berauschung. Auch in den Sublimierungen istauf geistige Erregungsmittel und Süchtigkeiten zu achten.

Bei allen Aspekten findet sich Feinfühligkeit und freies Umspringen mitden Tatsachen, gemäß einer gelockerten, oft aber auch anfälligen, schwerdefinierbaren Einflüssen ausgelieferten Willensverfassung. Man darf nichtin Folgschaft eines illusionsfördernden Umgangs geraten, auch «Ismen»können zur Gefahr werden. Mitunter rätselhafte Begegnung mit transzen-dentalen Mächten.

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MONDASPEKTE

Bei Aspekten des Mondes frage man: welche Problematik entsteht, wennHingabe und beseelte Anteilnahme an einer Person oder Sache beeinträch-tigt bzw. gefördert wird durch eine andere Wesenskraft? Im Verhältnis zurvitalen Selbstbehauptung (�) wurde dies bereits behandelt.

9. Gefühl und Beobachtung

��Mit Mond und Merkur gerät der Gemütswert der Dinge in

Verhältnis zu ihrem Begriff und ihrer Zweckdienlichkeit. DerLogos stattet die Bilder der Wahrnehmung und Phantasie miteinzeln beobachteten Merkmalen aus. Der Gefühlsstrom gehtnormalerweise der zerlegenden und verknüpfenden Tätigkeit desVerstandes parallel, kann sich aber auch verselbständigen. Insbe-sondere die unbewußte Tiefe dieses Stromes sieht oft anders aus,als in der Beleuchtung von oben dem Menschen bewußt wird.Unten geht es um Bedeutungen für das Innenleben, oben um sol-che für äußere Interessen und Anpassung an das Vorgefundene.Der Aspekt setzt Symbolgehalt, Andeutungen und Übertragun-gen wie auch die reaktive Gestimmtheit der gesamten Seelenvor-gänge auf die Eindruckswelt in Beziehung zur geregeltenBetrachtung, zur methodischen Untersuchung derselben Tatsa-chen sowie endlich zum Ausdenken von Zweck und Mittel desVerhaltens darin. Hier bildhafte Erscheinung und erinnerndesWiedererkennen, da begriffliche Abstraktion und logische Hand-habung. Ob dies reibungslos ineinandergreift oder miteinanderkollidiert, auf jeden Fall ergibt sich eine Regsamkeit des Geistes,eine sowohl Instinktwache als auch nervenmäßige Beteiligung anakuten Vorfällen, verbunden mit lebhafter Einbildungskraft. Essind die beiden «Reiseplaneten» der astrologischen Tradition;

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dies entspricht einer beweglichen, betriebsamen Haltung undVeränderungslust.

Synthese: Rasche Orientierung, fast stets eine Fülle von Einfällen zur je-weiligen Sachlage, die Blickpunkte vereinigen Phantasie mit Zwecksinn.Meistens Beobachtungsgabe und Schlagfertigkeit eines gesunden Men-schenverstandes, wirklichkeitsnahe, trotz Beachtens formeller Elemente. Obdies mehr hausbackene Lebensklugheit oder methodisch erzogener Scharf-sinn ist, sie wissen sich gemeinverständlich auszudrücken und schöpfenvielfach aus dem Alltag, Begriffliches erfüllt sich mit lebendigen Inhalten.Bei gegebenen Voraussetzungen bleibt dies natürlich im Vulgären stecken,beschränkt sich dann auf die Befriedigung allgemeiner Bedürfnisse oder dieVerbreitung überall verwertbarer Kenntnisse. Auch bei gehobenem Niveauselten ein Denken um des Denkens willen, mehr in Hinsicht auf praktischeAuswertung von Lebensregeln, deren logische Fundamente gesichert er-scheinen. Theorien vermeiden «müßige Probleme» und machen einenPunkt, wenn eine Sache durchdacht ist, der Lauf der Vorstellungen gehtunbeschwert zur nächsten über. Dies eignet für kursorische Erledigungen.Häufig ein aufgeweckter, findiger Kopf in gefühlsgewandter Anpassung andie herantretende Gelegenheit, sein Wissen anzubringen, der flüssige Um-satz der Gedanken pflegt haushälterisch mit den in Frage stehenden Dingenund geschickt mit der eigenen Seelenlage umzugehen. Kaum je verbohrteFanatiker. Beweglichkeit der Lebensführung, Einsammeln von Kenntnissenauf Reisen, oft die eifrigsten «Notieren» und Virtuosen der Kursbücher,Liebe zur Literatur orientierenden Inhalts, vielseitiger Umgang.

Analyse: Weniger assimilationsbereit, obzwar ebenso unmittelbar auf dasHerantretende eingehend. Der Konflikt zwischen dem Begriff einer Sacheund dem Bild, das man sich von ihr macht, spannt stärker verarbeitendeErfahrung und Können an. Oberflächliche lassen daher die Probleme unaus-geschöpft, bleiben im Fühldenken und in juveniler Haltung stecken. Einetwas unruhiger, zu veränderlichen Anschauungen treibender, doch bei ge-gebenen Voraussetzungen entwicklungsfördernder Aspekt. Gewiß gibt esIrreführungen der Einbildungskraft, die Spaltung zwischen Emotionalemund Intellektuellem gleitet mitunter ins Krankhafte ab, zumal wenn eine«Inflationstendenz» die Vorstellungen in ein und dieselbe Richtung, in derkeine Lösung zu erhoffen ist, wuchern läßt. Aber dies ist Sache des Niveaus,das hier Ernstnehmen der Inhalte heißt. Man muß sich immer wieder kri-tisch «zur Ordnung rufen», geistig auf eine gesunde Basis stellen. Mituntermachen sich unerklärliche Momente des Seelenlebens geltend. Bei manchengeschieht dies zum Schaden objektiven Denkens, den wenigsten gelingt eineunbedenkliche Anpassung an das Gegebene, während im Künstlerischen dersubjektive Anschnitt und das Austragen individueller Problematik häufigzum Vorzug wird. Für ein geschärftes Denken kann gerade die Abweichung

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der Gefühlsinhalte von der abstrakten Linie fruchtbar werden, soferne manaus Irrungen und Wirrungen lernt. Immer geht es darum, den aufgelockertenVorstellungsbereich logisch auszuwerten. Wo dies ermangelt und das Den-ken, statt die Oberhand zu behalten, den sich einstellenden Assoziationennachläuft, kann freilich geistige Regsamkeit sich abwegiger Phantasmen,gemüthafter Vermutungen und wohlgemeinter Abrundungen bedienen. Aufdiesem Boden gedeihen dann sektiererische Schwärmerei, gefühlsdurch-setzter Intellektualismus, in minderwertigen Fällen der Klatsch und die Sen-sationslüge. Hochstrebende wiederum sehen sich häufig Fehlbewertungenoder verbessernden Ratschlägen, wenn nicht übler Nachrede ausgesetzt, daihnen meistens das Verbindliche, die sich gemeinverständlich ausdrückendeGeduld von Haus aus fehlt. Solche müssen erst erworben werden. Die Intel-ligenz betätigt sich selten ohne Gemütserregung; diese in Fesseln zu haltenkann eine pointierte Ausdrucksweise hervorbringen, zuweilen eine «scharfeZunge». Das Problem lautet, Sachverhalte genau zu erfassen, ohne die Tiefedes Erlebens zu beschneiden, Entscheidungen des Gemüts ohne Schwä-chung der Urteilskraft zu vollziehen. Wenngleich öfter unausgeglichen,wandelbar im Denken, nervös beirrt oder den Faden verlierend, sofern ineine Umgebung nüchterner Zwecklichkeit versetzt, gelangt der Mensch, derdie Spannung richtig handhabt, doch meist zu einem höheren Denkniveau.

Konjunktion: Der Verstand ist eng mit Gemüthaftem verbunden, und diePhantasie hat wiederum einen realistischen Einschlag, die Neigungen sindweniger gespalten. Doch die Ergebnisse wirbeln oft mehr auf, als gewohntund dem Durchschnitt angenehm ist, finden daher eine geteilte Reaktion,weil sie weder den reinen Logiker noch den reinen Stimmungsmenschenganz befriedigen. In gekonnter Verbindung meist gute Erzähler, die einenReichtum an Vorstellungen mit Beschränkung auf das Spannende vereini-gen, im Urteil oft «taufrischer Mutterwitz». In unentwickelter Form einAnimismus und die Einstellung, daß nicht wahr sein könne, was nicht fühl-bar ist; im Gegenspiel der überzüchtete Intellekt, der Gefühlstöne ängstlichvermeidet. Das Problem dreht sich um die Einheit von Seelenbildung undWissen.

Bei allen Aspekten eine Vielseitigkeit, das in Angriff Genommene wirdvon mehreren Gesichtspunkten aus beleuchtet und durch alle Wendungendurchgeführt; die Dissonanz leidet eher an einem Zuviel als einem Zuwenig.Häufig Sprachbegabung. Freude an der Bewegung, an Änderungen der Lageund des Blickfeldes, doch Neuigkeitshascherei ist dem Niveau anzurechnen.Zur Klippe, an welcher Vertiefung scheitert, wird manchmal der Funktiona-lismus.

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10. Gemütswallung und Sinnesreiz

��Die emotionale und die ästhetische Beteiligung an der Welt,

Gefühl und Empfindung, kommen in ein Verhältnis. Der Aspektbetrifft also weniger die Tatsachen, wie sie an sich beschaffensind, als wie sie erlebt werden, sei es gefärbt durch Wunsch undErwartung, sei es im sinnlich hingenommenen Zustand. Die see-lische Anteilnahme läßt Eindrücke einerseits ausschwingen,durch sie sich formen, enthält anderseits affektive Abwehr oderassoziative Übertragung, weitergesponnenes Anklingenlassen(Zeichen beachten!). Demgegenüber wird die Hingabe an denSinnesreiz durch Lust und Unlust regiert, der Geschmack, derSinn für Form und Proportion trachten ein harmonisches Eigen-reich zu gestalten. Kommt beides in Beziehung, so ist das sub-jektive Wechselspiel haftender und suchender Tendenzen be-sonders lebendig. Das Problem besteht darin, eine seinem See-lenleben zusagende Umgebung zu finden, in ihr die Wünsche imEinklang mit den Verhältnissen zu verwirklichen und einen anre-genden menschlichen Kontakt herzustellen. Da sich die Welt nurin bedingter Weise wunschgerecht anbietet und nach Geschmackgestaltet werden kann, fordert der Aspekt insbesondere auch pas-sive Ziele heraus; dies bedeutet Sublimierung gegenüber dem,was nicht behagt und schlechterdings hingenommen werdenmuß. Beide Wesenskräfte stimmen überein in der friedlichen Lö-sung auftauchender Konflikte, der Umgehung von Hindernissenund aufgesuchten Entschädigung für Nichterlangtes, in der Fä-higkeit, letzten Endes sich zu fügen und im Gegebenen zu-rechtzufinden. Es sind die beiden spezifisch weiblichen Symbole,hiermit Zusammenhängendes s. unter «Geschlecht».

Synthese: Meist leiblich-seelische Harmonie, eine verträgliche und emp-fängliche, feineren oder gröberen Genüssen ergebene Seelenhaltung, liebe-voll teilnehmend. Erosbeziehungen spielen eine große Rolle; imallgemeinen Umgang mit gewohnten Personen und Dingen, Bevorzugunggleichmäßig sich wiederholender Situationen mit abwechslungsreichen Un-

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terbrechungen. Oft ausgeprägter Ordnungssinn, Vermeiden von Mißklang inseinem Eigenreich, Ausgleich zwischen beruhigenden und auffrischendenEindrücken, dabei lebhafte Reaktionen, doch gehalten in angepaßten Maß-stäben der Form und des Takts. Häufig eine natürliche diplomatische Bega-bung, ein Mensch, der das rechte Wort zur rechten Stunde zu sagen weiß,und dies auf eine Art, die selten Anstoß erregt. In ästhetischen Fragen einInstinkt für das Passende, im Geistigen eine Neigung zu ausgewogenen Sy-stemen in nicht zu schwer verständlicher Darstellung, psychologisch einenach Gleichgewicht strebende, zartfühlig die Fäden entwirrende Einstim-mung. Viele hegen gern schöne Dinge um sich, Formsinn zeigt sich auch inzweckbestimmten Berufen. Öfter eine musische Nebenbeschäftigung oderdahingehende, aufrundende Interessen. Natürlich ist dies nur ein Teil derGesamtverfassung und kann durch Gegenwirkungen eingeschränkt werden;irgendwo aber braucht dieser Mensch einen umfriedeten Bezirk, worin ersich, in glücklicher Einheit von Gefühl und Empfindung, zwanglos gehen-lassen kann. Durch soziale Umwälzungen, unstetige Verhältnisse aus seinerOrdnung geworfen, wird er aber leicht direktionslos; besonders wenn durchVerwöhnung lebensuntüchtig, stoppelt er sich die Anschauungen nach Be-lieben zurecht und hascht nach momentanen Befriedigungen. GegebeneSublimierungen liegen im Musischen, bei Künstlern leichte Hand undFormphantasie, auch dekorativer Geschmack. Normalerweise sanftmütig,zuweilen sentimentales Zärtlichkeitsbedürfnis, Anlehnungs- und Kontakt-wünsche, stets gesellig.

Analyse: Im Konflikt zwischen seelischen und sinnlichen Bedürfnissengeht es auch beim schärfsten Spannungsaspekt keinesfalls gewaltsam zu.Eher werden verstohlene Seitenwege mit naschhaften oder stimulierendenEntschädigungen aufgesucht. Heftig jedoch sind die Leidenschaften, pro-testhaft gespannt die Wünsche, auch wo sie sich nicht offen durchsetzen.Dem Grund von Unstimmigkeiten, schon frühkindlich bedingt, ist oftschwer beizukommen, da durch Übertragung und Kompensationen über-deckt. Die angeborene Dissonanz liegt darin, daß gefühlsmäßig fesselndePersonen und Gegenstände mitunter schwer vereinbar sind mit dem, was alsschön und genußvoll empfunden wird. Emotionen trachten sich von diesem,Sinnesreaktionen von jenem loszureißen. Häufig widerstreiten Eros undFamiliensinn einander, die Liebe sucht vom Lustreiz aus andere Partner alsvom seelischen Verbundensein her, dies macht besonders die Ehe schwierig.Bei manchen ist die Wahlsituation immer gespalten. Bei anderen pendelt dieEntwicklung zwischen selbstvergessener Aufopferung, sorgendem Bemü-hen und Augenblicken des Lustbegehrens, jähem Ansichraffen des Reizbie-tenden. Wieder bei anderen schlägt die Spannung um in betonte Abwertungmenschlicher Beziehungen vom Ästhetischen, des erotischen Kontakts vomMoralischen aus. Zuweilen hebt sich eine idealisierende Schwärmerei her-aus aus der Welt, in welcher man konkret lebt, das heimlich Angebetete

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findet seine Nahrung in der Einbildungskraft; es erscheint unvereinbar mitder normalen Ordnung der Dinge. Was so insbesondere Sensitive (Zeichenbeachten!) mitunter zur Selbstquälerei in der Intimsphäre oder zumindestzum Gefühl des Unerfülltseins führt, kann bei robusterer Anlage und laxemLebensstil turbulente Ereignisse heraufbeschwören, in welchen der Menschzum Sklaven seiner Launen und Stimmungen, Eifersüchte und Beeinflus-sungen wird. Bei bloßer Unterdrückung kommt die innere Unausgeglichen-heit meist in äußerer Unordnung, unbedachten Geldausgaben oder Verlustenaus Achtlosigkeit, Vernachlässigung der Kleidung und ähnlichem zum Aus-druck. Die Lösung des Konflikts erfolgt weniger vom Begrifflichen aus alsdurch fallweises Abwägen gefühls- und empfindungsmäßiger Teilnahme;Gleichgewicht ist kaum ohne Sublimierungen erreichbar, diese aber erhaltenaus der Spannung lebhafte Farben. Zu vereinigen ist die Freude am Schö-nen, sinnlich Beeindruckenden, mit einem das Seelische befriedigendenFunktionskreis, der irgendein Anvertrautes in Obhut nimmt. Dies kann insozialen Aufgaben liegen; adäquater ist der Umsatz der Kräfte in der Kunst-gestaltung. Auch Kunstgewerbe, Mode, Dekoration kommen in Betracht.Bei hohem Geistesniveau manchmal eine förderliche Reibung des Psycho-logischen mit dem Formalästhetischen, Blick für Problematik des Lebens inseinen Verwandlungen.

Konjunktion: In der Jugend häufig naturgegebene Anmut und persönli-cher Zauber, etwas Knospenhaftes. Der Sinn für die «reizvollen Überflüs-sigkeiten» des Daseins will nicht durch allzu sachliche Strenge verwirt-schaftet sein, sondern in der Entwicklung zur Geltung kommen, auch in derTätigkeit, zumindest im privaten Lebensstil. Lebhafte Schwankungen derEinstellung zur Umgebung, wobei Sinnesreiz und zärtliches Gefühl oftschwer auseinanderzuhalten sind. Entgegenzuarbeiten ist einer Tendenz zurSelbstverzärtelung. Zuweilen übermäßiges Beherrschtwerden von Begleit-erscheinungen des zentralen Anliegens, eine Stärkung des regelnden Taktsund das Ablegen von Eitelkeiten gibt Sicherheit in den herantretenden Si-tuationen. Das Gleichgewicht ist weniger störbar als bei der Dissonanz,doch Mangel an Anregung löst Unbehagen aus. Der Geschmack will erzo-gen und vom Sentimentalen gereinigt sein, anderseits besteht ein Bedürfnisnach Umsorgen von Heranwachsenden, oft eine Gabe, Unmündigenzwanglos etwas beizubringen; von der Kindergärtnerin zum Kulturreferen-ten gibt es viele Möglichkeiten.

Bei allen Aspekten dieser Verbindung von «Amor und Psyche» ist einehochgradige Empfänglichkeit vorhanden sowie relativ leichte Sublimierfä-higkeit des «Wandertriebs in der Liebe». Die Lösungen liegen mehr im«Lassen» als im «Tun» und zielen auf harmonische Lebensangepaßtheit ab.

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11. Leidenschaft und Mut

��In verschiedenem Grade ist das Gemüt erregbar, und wenn tä-

tige Impulse hierzu in Beziehung treten, feuern sie die Vorstel-lungen auf rasches Zielerreichen an. Durch das Wech-selverhältnis erhalten die Gefühle leidenschaftliche Glut, steigernsich die akuten Antriebe aus dem seelischen Ansporn. Der Ge-schlechtstrieb im besonderen erfährt mit diesem Aspekt seineAufstachelung, doch die Auszweigungen sind so vielseitig wiedas Seelenleben. Je primitiver der Mensch, umso affektiver dieZielsetzung, rascher und heftiger das Handeln, ungebunden undflüchtig in der Konsequenz (zumal ohne den Gegenzug entspre-chender Saturnaspekte). Empfindsamere, seelisch Passive, sindbei Dissonanzen zuweilen das Opfer solcher Aggressionen vonaußen; bei ihnen kehrt sich der Mut in Angst davor um. Ander-seits kann er sich in inneren Kämpfen bewähren, wo Drang undAnlaß nicht in Deckung stehen oder Triebe einander kreuzen, einEntwicklungswert gegen Liebhabereien oder ablenkende Ein-flüsse erst erobert sein will. Es gibt auch eine Tapferkeit desStillhaltenkönnens. Mit gehobenem Niveau und wachsender see-lischer Verfeinerung verlegt sich die profilierte Schärfe mehr inden geistigen Nachdruck, anzutreffen etwa als wachsame Bereit-schaft, bei Herausforderung von Gemütswerten sich spontan zuäußern. Die Arbeitsenergie ist häufig dem Wandel der Stimmun-gen unterworfen, die leicht dramatisierte Gefühlskurve nimmtkämpferische Züge an, wenn es gilt, sein Werk zu verteidigen.Dies kann jedoch wiederum in Nachgiebigkeit und Anpassungumschlagen; manchmal Menschen, die, nachdem die Aufregungsich ausgetobt hat, durch gutes Zureden um den Finger zu wik-keln sind. Freilich steckt darin auch die Niveaufrage, stets aberliegt eine Lösung des Kräfteproblems mehr in der taktischen Be-herrschung des Augenblicks, als in starrer Anwendung strategi-scher Grundsätze. Offen und ehrlich wird abreagiert, was sichmanchmal im Geheimen zusammenbraut, stark erregende Ge-

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fühlsüberzeugungen führen zuweilen zu kühn entschlossener Tat.Dies ist meistens eine aus erfühlter Sachlage und Affekt gebore-ne Unternehmung. Oft enorme Schlagkraft in der Sofortreaktion,allerdings auch Unbedachtheiten; viele behalten darin etwas ju-gendlich Ursprüngliches. Als Muttersymbol und männlichesTriebsymbol haben Mond und Mars einen Bezug zu dem unter«Geschlecht» Besprochenen.

Synthese: Das Handeln erfolgt meist in Einklang mit der Gefühlslage, eswidmet sich im allgemeinen aufbauenden, lebensförderlichen Zielen. Einepsychisch und moralisch wagemutige Verfassung, die nichts auf die langeBank schiebt, bei entsprechen- der Gestimmtheit und passenden Umständenrasch entschlossen zur Tat übergeht. Manchmal wählerisch in Anliegen undMethode, von Launen beeinflußt, doch in Notlagen, oder wenn es unter denNägeln brennt, ein unerschrockenes Gemüt. In den Mitteln zuweilen weni-ger skrupelhaft, vom Äußerungsdrang erfaßt wird das Nächstliegende ergriffen und ausgespielt mit einer Direktheit, die volkstümlich derb sein kann,aber nie kalt ausgedacht. In der Berücksichtigung anderer nicht immer einFingerspitzengefühl, trotz normalerweise vorhandener Einfühlung; manchertrachtet auch Angelegenheiten von bedingtem Wert durchzudrücken. Unter-nehmungslust, bei einigen drängen sich sportliche, technische Gesichts-punkte vor, die Antriebe anderer haben einen sentimentalen Einschlag (Zei-chenstellung!); ausschlaggebend und für jedes Niveau gültig ist das zügigeVorgehen, die flüssige, kursorische Bewältigung der anfallenden Dinge. Oftwird das Handeln unbewußt gesteuert; die Selbständigkeit des Urteils be-währt sich am besten in wechselnden Aufgaben, worin die lockere Erlebnis-frische zur Geltung kommt. Viele beweisen praktisches Geschick in All-tagsaufgaben, solchen der Betreuung oder Zurechtweisung anvertrautenLebens, auch in technischen Gelegenheitsarbeiten. Weniger zum Hinaufdie-nen auf vorgeschriebener Stufenleiter geeignet. Seltener als bei den Disso-nanzen schießt die Abenteuerlust übers Ziel, auch die Phantasie hält sich imRahmen des Möglichen, lästige Fesseln werden freilich abgeworfen.

Analyse: Mit der Stimmung wechselnder Energieeinsatz, gleiche Erreg-barkeit, doch unberechenbarer. Auf Zeiten höchster Anspannung könnenpassive Zustände folgen, in denen zwar die Vorstellungskraft rege und leb-haft arbeitet, der Einsprung in eine Tat aber nicht gelingt. Es sind Ansätzevorhanden, denen nur die Durchsetzung fehlt. Ohne äußere und innereKämpfe wird kaum etwas von seelischem Wert erreicht, häufig sind Tren-nungen, Gewaltsamkeiten zu verarbeiten. Auf niederem Niveau aufbrausen-de, ja brutale Naturen voll ungebändigten Begehrens, mit etwas abenteuern-der Prahlsucht, abgelöst durch zeitweilige Stumpfheit. Andere machen ihrenAggressionen Luft auf Umwegen; das psychische Spiegelmotiv kann auch

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zu Selbstbestrafungen führen. Wieder andere sammeln sozusagen Trophäenihrer Leiden, kultivieren ihre Narben. Die Spannung bringt die Stufenunter-schiede krasser zum Vorschein, bis zur höchsten Stufe aber geht eine innereRuhelosigkeit durch, die sich in angemessener Tätigkeit verausgaben muß.Seelische Motive biegen hierbei die Aggressionen um, sublimierte Trieb-formen schützen etwas in Obhut genommenes gegen Gefahren. Solche akti-ven Wächter von Gemütswerten erreichen im Geistigen eine demonstrativeSchärfe, künstlerisch steht dem ein zeichnerischer Zug analog. Was andereneine Kleinigkeit bedeutet, kann diese Menschen in Aufregung versetzen,hitziges Werben um ihre Auffassung schlägt um in schneidende Kühle derAbfertigung gegnerischer Meinungen. In der Zielrichtung meist überspannteErwartungen, ein seelisches Klima, das Wetterwolken heraufbeschwört;untergründig Gärendes kommt in undiskutablen Wünschen oder unduldsa-mer Parteinahme zur Geltung. Das Problem geht um Disziplinierung derHeftigkeit durch hochgesteckte Ziele, welche die Einbildungskraft beschäf-tigen, bei objektiver Würdigung der Umstände, in denen sich das Vorhabenverwirklichen läßt, insgesamt also um Haushalten mit seinen Kräften. Im-mer ist eine reizbare Triebanlage zu bewältigen, ohne den seelischenRhythmus zu stören; psychogen gilt die sprichwörtliche Redensart, daß hin-untergeschluckter Ärger sich auf den Magen schlägt. Was nach Außerungdrängt, will umgelenkt, nicht unterdrückt sein. Bei innerseelischer Gestört-heit manchmal Unfallneigung, manuelles Ungeschick oder Verpassen desrichtigen Augenblicks.

Konjunktion: Der Tatreiz ist eng mit dem Gefühlsverhältnis zur Sachegekoppelt, die Energie insofern ungleichartig in den Leistungen, sie brauchtetwas subjektiv Zusagendes. Neben der Bestimmung des Aktionsradius ausdem Temperament (Zeichenstellung!) macht sich seelische Einfachheit oderKomplizierung geltend; es kann ebensowohl ein Anliegen tollkühn um je-den Preis durchgesetzt, wie eine spielerische und verträumte Linie innege-halten werden, untergründige Vorgänge und Anschluß an Vertrautessprechen dabei mit. Irgendwie anregungsbedürftig, im Handeln phantasie-bewegt und improvisierend, von der Stimmung des Augenblicks be-schwingt. Der Lebensstil liebt Abwechslung und kurze Erledigungen, läßtsich schwer in langfristige Aufträge, unlebendig empfundene Pflichten ein-spannen. Triebhaftigkeit sucht mitunter Auswege in Nebenbeschäftigungen.

Bei allen Aspekten will die Energie, auch wenn rein wirtschaftlich odertechnisch betätigt, in Fühlung mit dem seelischen Erleben stehen. DerPhantasie soll ein Spielraum gelassen sein; direkt oder indirekt steigert diesdie Antriebsfrische.

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12. Wachstum und Reife

��Zwei Symbole der Fruchtbarkeit. Voraussetzungslos sich Neu-

em öffnen, sinnvoll das Empfangene zum optimalen Ertrag brin-gen, dies umreißt ihr Verhältnis. Auf der einen Seite haben wirErfüllung, kindliche Aufnahmebereitschaft, sich Anregenlassensowie Anheimgeben- und Anvertrauenkönnen, auf der anderenSeite den schöpferischen Umsatz in Rückbindung zu lebensnahenAbsichten, Steuerung der reifeförderlichen Umstände und wohl-tätigen Einflüsse zur möglichen Vollendung. Sein Bestmöglicheserreicht der Mensch freilich nicht ohne eigenes Zutun. Wohl gibtdas Zusammentreten dieser Kräfte ihm Auftrieb und hoffnungs-vollen Schwung, doch der Aspekt enthält nur funktionale Er-möglichungen. Je nach selbst entworfener Leitlinie und sozialenUmständen wollen sie ergriffen, gestaltet sein. In letzter Hinsichtwird Jupiter als Glückssymbol häufig falsch eingeschätzt; erschafft ja keine Gunst äußerer Verhältnisse herbei, wenn dieSelbstverwirklichung abseitig gesucht wird, dies hängt von derLeitlinie ab. Es kann jemand zur Reife kommen ohne äußerenErfolg und Ruhm. Anderseits bezeichnet Mond in diesem Zu-sammenhang die allgemeine Gestimmtheit, volkstümliche An-schauungen, individuell den Kontakt dazu, und wer sie zu seinenoptimalen Voraussetzungen rechnet, sein Streben darauf einstellt,findet unter diesem Aspekt relativ leicht zu Anklang und Be-liebtheit. Die Dissonanz benennt nur gespannteres Ringen darum,gelegentliche Fehlkontakte und Mißverständnisse. Vornehmlichdeutet diese Kombination auf Erwartungen höherer Sinngebung,Rechtlichkeit, Wohlfahrt der Gesamtheit, sozusagen Feierstundenim Alltag. Wenn der individuelle Fall häufig dahinter zurück-bleibt und mehr das private Wohlleben im Auge hat, so ist diesSache der Entwicklungshöhe, nicht des Aspekts. Güte, Großmut,sittliches Empfinden können nur in Erscheinung treten, wo sieentwickelt wurden. Anstrengung suche man unter anderenAspekten; bei diesem Aspekt wird lediglich die Fülle des Vor-

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handenen in gelockerter Form , auf gegriffen und verwertet, inloyalem Verständnis der Mitlebenden den lebensfähigen Kom-promiß zustande bringend. In bezug auf Mond als Muttersymbolsei das unter «Geschlecht» Gesagte einbezogen.

Synthese: Die meisten Unternehmungen kommen gut in Fluß, doch diehochgesteckten Forderungen treffen nicht immer zusammen mit der Ener-gie, sie zu erfüllen. Häufig wirken günstige Umstände auf die Entwicklungein; zu leicht geschenkte Gunst in der Jugend kann aber zum Verhängniswerden, indem sie den Hang zum Angenehmen, die Bequemlichkeit und dieTendenz, sich um jeden Preis in guter Stimmung zu erhalten, unterstützt.Begeisterungsfähigkeit für sinnhaltige Ideen, fruchtbare Phantasie, vor-wärtstragender Optimismus und ein Bereitsein, wenn nicht gerade zum Op-fer, so doch zur Kompensation bei eintretender Nichterfüllung. PersönlichVersagtes ist ausgleichbar im Wirken für das Gemeinwohl. Höchste Werteund Beiläufiges verweben sich zu abmildernder Toleranz, darum selten Fa-natiker. Häufig Wohlwollen und Güte, vertrauendes Entgegenkommen, ge-rechtes Maß; oft liegt das Produktive weniger in originellen Blickpunktenals in großzügiger Entfaltung einer schon angeschlagenen Thematik, einge-hend auf vorhandene Bedürfnisse. Erfolge durch die Gabe der Vermittlungvon Werten allgemeiner. Bedeutung, der Verwaltung von Gemeingut, sei esmateriell oder geistig. Im Werdegang meist eine Tendenz des Aufstiegs undder Anreicherung, nicht zum mindesten durch erfolgfördernde Konzessio-nen, auch eine gewinnende Art im persönlichen Umgang trägt dazu bei;Wachstum ist auf jeden Fall gegeben, der Grad erreichter Reife hängt vominneren Wert des Menschen ab. Die Klippe oft besseren Strebens liegt imGemeinplatz und der Flucht in Tagesaufgaben, schwache Naturen sinken abin das zwanglos sich Darbietende, richten sich gutherzig, «gemütlich», darinein. Dann findet man jugendliche Idealisten, die zwanzig Jahre später zumSpießbürger werden. Diese Menschen brauchen ein inneres Forum der Reli-giosität oder humaner Zielsetzungen, vor denen sie sich gefühlsmäßig recht-fertigen, sowie daraus hervorgehend eine Mission, einen Auftrag, um ihremeist vielseitigen Gaben im Streben zum Höheren zusammenzufassen.

Analyse: Schärfer scheidet die Dissonanz die niveaubedingten Formen.Zum Unterschied von der Mond-Merkur-Dissonanz, die schizoide Einstel-lungen verstärkt, besteht eine lockere Zuwendung zur Mitwelt, deren Bei-falls bedürftig. Dies führt bei schwachen Naturen zu allzukompromißlerischer Anerkennung gängiger Münze, bei verdorbenen zumSchein loyalen Verhaltens, zur Vortäuschung dessen, was als erstrebenswertgilt. Es gibt Erfolgshascher, die sich schöner Worte bedienen und genaubesehen nichts so heiß essen als sie im Prinzip kochen. Andere überhebensich in aufgeblähten Hoffnungen und drängen in Stellungen, für die ihnendie Voraussetzungen fehlen. Wieder andere kranken an ungenügendem Zu-

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trauen zu sich und ihrem Glück, erscheinen gleichgültiger, lässiger als siesind. Charakterstärke fordert hier ein seelisches Austragen der Spannung,die, was als oberster Wert angesehen wird, inneren Schwankungen abringenmuß, manchmal Ungerechtigkeiten um der höheren Gerechtigkeit willen zuerdulden hat. Mißverständnis der Zeitgenossen hindert allerdings selten dienachträgliche Anerkennung wertvoller Leistungen. Das Verhalten ist weni-ger weide gesinnt als bei der Synthese und nicht zu jeder Stunde bereitwilligoder wohlwollend; oft stacheln innere Nöte zu Übertreibungen, auch Un-duldsamkeiten an, manchmal muß teilnehmendes Fühlen abgestellt, der Be-liebtheitswunsch übergangen werden, um ein hochgestecktes Ziel zuerreichen. Manche Fehlschläge entstehen daraus, daß Pläne nicht richtigausgereift sind, aus einer momentanen Stimmung zu früh mit der Ver-wirklichung begonnen wird. Anderseits hat dieser Aspekt meist den Vorzugjugendlich unbekümmerter Aufnahmefähigkeit. Dies kann aber auch zumErgreifen des Sensationellen, Provisorischen, führen, um der eigenen Reifezu entgehen, zur Verzettelung, statt zur Abklärung. Gefahr ist immer dieInflation der Werte: leben über die Deckung hinaus und dann krampfhafteVersuche, sich über Wasser zu halten. Das Niveau zeigt sich daran, daß manden hochfliegenden Schwung einer Leitlinie auch im Alltag durchhält, seineexpansive Kraft nicht in Angelegenheiten von bedingtem Wert verschleu-dert. Wertgesichtspunkte befinden sich beim Konflikt in ständiger Reibung,gerade dies kann richtig zusammengefaßt und einer führenden Idee unter-stellt die Produktivität steigern.

Konjunktion: Entweder Frühreife oder eruptive Hervorbringungen nachlängerer Vorbereitung. Häufig eine glückliche Hand in dem, was höhereGesichtspunkte mit durchschnittlichen Bedürfnissen vereint. Zuweilen einausgeprägtes Gefühl für die Stunde, in der eine Sache reif ist, Abwarten-können ohne Sinkenlassen der Hoffnung. Der meist betonte Ehrgeiz kannauch bei minderem Wert des Angestrebten ganz vom Seelenleben Besitzergreifen. Die Produktivität, wenn nicht im eigenen Traumleben befangen,ist auf bestimmte Verbraucher eingestellt, die Ausdrucksweise kontaktnahe,gemeinverständlich und spricht latente Erwartungen an, im Handeln. häufigExponenten eines Kollektivwillens. Bei Durchdrungensein von einer Auf-gabe und im akuten Augenblick schwemmt die optimistische Stimmungsla-ge alle Bedenken fort, gegebenenfalls eine Masse mitreißend, eine derVoraussetzungen des Gelingens.

Bei allen Aspekten eine Einstellung auf Breitenwirkung, meist reformeri-sche Gesinnung und Hilfswilligkeit, Lavieren zu einem Endziel, im Durch-schnitt von Typenwert. Die Stärke des Aspekts liegt im Erfüllungscharakter,der je nach angestrebtem Sinn aus dem Gegebenen das Beste zu machensucht.

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13. Erwartung und Tatsache

��Die Extreme des Weichen, Flüchtigen, Lockeren, Nachgie-

bigen sowie des Harten, Beständigen, Verfestigten, Sperrigengeraten hiermit in Beziehung. Im zeitlichen Ablauf kommen ju-gendliche Unbefangenheit und Lebenshunger in Verhältnis zuAlterserfahrung und konzentrierter Wirklichkeit. Darin ist nichteinfach der Weg vom Kind zum Greis enthalten, sondern einepolare Aufeinanderbeziehung, die in allen Lebensabschnittenwiederkehrt. Immer wieder steht Naivität im Keimpunkt desWerdens, demgegenüber Gewordenes, Erfahrenes, Überlieferteseine Rückenstütze bilden. Späteres meldet sich schon voraus,Früheres klingt nach, eines bestimmt das andere. Im einen suchenwir Halt und Schwerpunkt, im anderen binden wir uns los undlassen uns treiben. Je nach Betonung des saturnischen oder mon-dischen Pols ergibt sich übertriebene Beschäftigung mit der Ver-gangenheit, zwangshafte Festlegung, Abreißen des Kontakts zumlebendigen Fluß der Gegenwart, oder aber Flucht vor der Reali-tät, Beseelung des belanglos scheinenden Augenblicks als Brük-kenglied zur unaufgeschlossenen Zukunft. Die Eigentümlichkeitdes Aspekts duldet keine Vereinseitigung im Extrem. Seine Pro-blematik verlangt, die aus der Phantasie geborenen Wünsche inÜbereinstimmung zu bringen mit den Bedingungen des wirkli-chen Seins. Tatsachen müssen dafür so verarbeitet werden, daßweder Enttäuschung noch aufgedrungene Pflicht in komplexhaf-ten Rückständen den Seelenschwung hindern, sondern die Ge-mütsregung ihre freie Beweglichkeit behält. Immer wieder willder Traum vom Leben hinübergerettet sein in realistische Sicht.Dann erst hat Erfahrung nichts Abtötendes, ist vielmehr einSchutz für das Weiterwachsende. Es soll also die Flüchtigkeit derLaunen und Stimmungen verknüpft werden mit unzerstörbarenWahrheiten, in der vorübergehenden Erscheinung der Hinter-grund der Dauer gesehen, das Gefallen an Zufallswirkungen eineEinheit bilden mit dem Suchen nach dem notwendigen Grund.

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Die Frische und Elastizität des Erlebens sieht sich auf harte Pro-ben gestellt, wenn wir uns im Erbe, in den Schranken des Milieusund der geschichtlichen Zeitlage als Objekt von Fremdwirkungenerfahren, die Einpassung in unsere soziale Rolle bewußt vorneh-men. Dies fordert letzten Endes ein Annehmen des Schicksals inallen Bedingungen der Existenz, ohne die seelische Ursprüng-lichkeit auf zugeben. Die hineinspielende Bedeutung von Saturnals Vater- und Mond als Muttersymbol s. unter «Geschlecht».

Synthese: Meist ein realistisch angepaßtes Seelenleben, das sich demgreifbar Wirklichen zuwendet und sich auch mit unliebsamen Tatsachenabfindet, der Notwendigkeit ins Auge sieht. Wünsche halten sich im Rah-men der möglichen Verwirklichung, schweifen selten (sofern kein Neptun-aspekt angereiht) in grundlose Phantasmen ab. Grundsätzliche Einsichtenwerden relativ reibungslos aufgenommen, die Gewissenslage bestimmt dasFühlen mit, und dies untermalt die Selbstbeherrschung. Haben sich früh-kindlich eingeimpfte Forderungen darin festgesetzt, so werden sie meistautomatisch befolgt, oder aber ein ebenso früh entwickelter Widerstand ge-gen aufoktroyierte Maßstäbe setzt sich in übertragener Form fort, bis einGrund zur Änderung des Verhaltens einsehbar ist. Ähnlich wirkt ein Res-sentiment aus bedrückter Jugend nach, häufig mußten Schuld- oder Bezich-tigungsgefühle ausgemerzt werden durch spätere Erfahrung, lebensangepaßtverarbeitet. Meist ein langsamer Entwicklungsprozeß. Die Selbstsicherheitwird gestützt durch das Gefühl, eine praktisch brauchbare Arbeit zu leistenoder für jemanden da zu sein, die Stärke liegt in der seelischen Konsequenz,seinen Auftrag zu vernehmen und zu erfüllen. Auch bei eingeschränkterAusgangslage häufig langsamer Aufstieg zu .dauerhaften Positionen, geför-dert durch Bemühen um innere Intaktheit oder äußeren Ruf . Man erstrebtweniger den klangvollen als den gediegen fundierten Namen. In der Bekun-dung der Gefühle um eine Schattierung sachlicher und nüchterner als siesind, manche erscheinen zu Unrecht kühl, indifferent. Das Einsammeln vonErfahrungen braucht meistens eine Rückenstütze durch Tradition, Anleh-nung an autoritative Personen oder ein geschlossenes Gedankengebäude.Wenige können ohne Ängste und Verkrampfungen ganz allein gegen allebestehen, es sei denn mit komprimierter Alterserfahrung oder im Festhalteneines «Schlüssels zur Lösung der Welträtsel». Normalerweise Bevorzugungeines festen Standorts, vertrauter Gesichter, bestimmter Gepflogenheiten imBeruf, Bindung an ein Arbeitsmaterial, einen sozialen Pflichtenkreis. Inirgend etwas verläßlich Scheinendem, dessen Grenzen ungern überschrittenwerden, wurzelt die Gefühlslage, und das, woran der Mensch seelisch hängt,kann ein Dogma bedeuten. Meist behält das Erleben in der Sphäre der Her-

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kunft, auch bei Nachwirkungen empfundenen Mangels oder erworbenemAbstand dazu, seine Zugkraft.

Analyse: Ein Aspekt von oftmals tragischer Spannung, die nur aus derTiefe der Einsicht lösbar ist, doch eben dadurch zur Seelengröße erziehenkann. Die Lockerheit wird bedrängt durch Tatsachen, die sich eindrucksmä-ßig festsetzen, innerer Aufschwung hat gegen Tendenzen der Zurückhaltungund Angst vor Bloßstellung anzukämpfen, wenn nicht gegen den fatalenHang, sich im vorhinein schlecht weggekommen und minderbegabt zu be-trachten. Viele sind übelnehmend und verschlossen, besonders, wenn Erb-schäden vorliegen. Mitunter schwierige Jugendumstände oder schicksalhaf-ter Eingriff in das Familienleben, die auch im Fall von Verdrängung einenBeginn mit getrübten Erwartungen ergeben. Es können erfahrene Bosheiten,Mängel und Mißerfolge, unverarbeitete Schreckeindrücke auf dem Gemütlasten, zuweilen in Form von Zwangsvorstellungen. Wenige sind frei vonBedrücktheiten, anhaltenden Depressionen und der pessimistischen Nei-gung, im Herantretenden vorwiegend die negative Seite zu sehen. Mancheblicken nur auf das Schadhafte, Unverläßliche im Leben und wittern hinterjeder Neuerung einen Pferdefuß, geraten in einen selbstbeschränkendenTeufelskreis. Gewiß ist es auch eine Niveaufrage, wenn Sicherungen imkrampfhaften Anklammern an starre Regeln und Pedanterien gesucht wer-den, bei weiterem Absinken findet man argwöhnischen Eigensinn, mehroder minder versteckte Scheelsucht. Die Lösung liegt immer im «Loslas-sen», Vertrauen fassen können zum Unbekannten, zur Verwirklichung ge-rechtfertigter Erwartungen. Es handelt sich um Symptome eines schwer-fälligen Seelenklimas, das rechtschaffene Absichten keineswegs zu hindernbraucht und durch Mangel an Anpassung ihnen häufig selbst im Wege steht.Automatisch eintretende Besorgnisse können in sachliche Vorsorge umge-münzt werden, Unzulänglichkeitsgefühle zu zähem Fleiß führen, wobeiKlarsicht über die Grenzen des Könnens eine umso gewissenhaftere Durch-formung dessen, was man beherrscht, erzwingt. Oft wird Schwunglosigkeitdurch saubere Werkgesinnung ausgeglichen. Meist eine Empfindlichkeitgegen Spott, Geringschätzung, weil fast immer latente Schuldgefühle vor-handen sind; in pathologischen Fällen schlagen durch die Mitwelt fühlbargemachte Schwächen in Rachsucht, diese wieder in Selbstbestrafungen um.Letztere können auch die Form der Krankheit annehmen; für die Gebäror-gane der Frau ist der Aspekt meist schwierig, bei Erkrankungen überhaupteine chronische Tendenz. Gemütsmäßige Selbstsicherheit bildet immer denverletzlichen Punkt. Hieraus entspringende Mutlosigkeiten können auchdurch formelle Anerkennung nur zeitweilig behoben werden, nachhaltigerwirkt Zuspruch und verstehende Geduld vertrauter Personen, die krisenfesteund sachliche Maßstäbe anlegen. Die eigentliche gefaßte, entschlossene,wenn auch kaum je heitere Realitätsbewältigung ist Frucht einer Selbster-kenntnis sowie der Hingabe an seine Sache, seine «Lebenspflicht».

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Konjunktion: Eine von Haus aus schwerblütige Gefühlsnote mit Unweg-samkeiten und Härten, manchmal noch behindert durch komplexhafe innereStaudämme, schreibt eine langsame Entwicklung vor. sei konsequenterDurchführung bringt sie jedoch oft umso größere Lebenszähigkeit zum Vor-schein. Häufig sind Weltangst und Depressionen, auferlegte Verzichte, so-wie in manchen Fällen ein schwieriges Verhältnis zur Mutter zu über-winden. Man kommt schwer von frühkindlichen Festlegungen los. Geradetief Veranlagte bleiben manchmal im Schatten der Vergangenheit hängen,ummauern sich mit Sicherungen gegen Lebenszufälle, in denen sie häufignur die «Tücke des Objekts» sehen. Dagegen oberflächlichere, schwacheNaturen, vom Leben immer wieder überrannt, leiden unter Minderwertig-keitsgefühlen und Verzagtheiten. Der Starke findet seine Gewissensruhe,indem er sich in eine Arbeit, eine Pflicht hineinkniet, das Herausbilden einerRoutine erleichtert ihm die Erledigung seiner Obliegenheiten. Meist Ange-zogenwerden durch hintergründige Probleme, deren geistige Aufhellungeinen Halt bietet.

Bei allen Aspekten geht es um Akzeptieren erkannter Sachverhalte, vordenen die Gefühle zunächst zurückweichen, die sie zu umgehen trachten.Einsicht in die Gründe des Unzulänglichen lichtet die Düsterkeiten, lockertauf, Leichternehmen der Realität verschafft der Phantasie einen Spielraum.Die mehr auf Dauerndes als auf Zufälliges ausgerichtete Seelenhaltung kannso gefestigt auch harte Proben bestehen.

14. Eindruck und Intuition

��Seelischer Brennstoff kann plötzlich auflodern, wenn sich der

geistige Funke an zufälligen Wendungen im Alltagsleben ent-zündet. Der intermittierende Wirkungscharakter dieses Aspektsentspricht dem Unberechenbaren solchen Zusammentreffens.Auf seiner Grundlage bilden sich keine Dauereigenschaften aus,höchstens sensibilisiert sich die Bereitschaft für Gedankenblitze:Intuitionen, erfinderische Einfälle, originelle Vorstellungen, an-knüpfend an Flüchtigem und Gelegentlichem. Je nach der Ent-wicklungshöhe ist dieser Sprung ins Unerwartete eine umstürzen-de Idee oder ein Bluff, im Wirrkopf entfacht sich nur ein Stroh-

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feuer, und unterbelichtete Gemüter haschen nach Überraschungs-effekten. Auf jeden Fall werden Gleichlauf und kontinuierlicheFolge durchbrochen. Meist psychometrische Begabung oder son-stige ungewöhnliche Seelenanlagen, Kontrolle und Auswertungliegen nicht im Aspekt. Die Gemütsverfassung ist sehr lebhaft,gelockert, reizbar, empfänglich für wechselnde Eindrücke, dieGeistesverfassung wendig, oft reformatorischen Instinkten ange-schlossen, sie begegnet Überraschungen, sogar herantretendenUngeheuerlichkeiten mit einem Sofortprogramm. Ob es aus-geführt wird, sofern nicht augenblicklich, reaktiv, liegt in derKräfteverbindung ebensowenig wie konsequentes Durchhalten.Spontane Umschwünge der Stimmung sind häufig, schubweiseEntwicklungen, Sympathie oder Antipathie auf den ersten Blicknicht allzu selten. Konform geht diesem ein eigenwilliger Le-bensstil, wobei wieder das Niveau entscheidet, ob er sich nachkonstruktiven Gedanken ausrichtet oder mehr von einer Suchtnach dem Ausgefallenen bewegt ist. Mancher wird immer wiedervon sich selbst überrumpelt, andere, nervös beirrt, treiben eineunabsichtliche Störtaktik, fallen mit der Tür ins Haus. Es gibtauch glückliche Funde, ohne geistig ausgebaut zu werden, undInspirierte, die ihre eigenen Eingebungen nicht verstehen. Erstbei erarbeiteten Voraussetzungen ein klares Durchdringen desEntdeckergeistes.

Synthese: Eine unruhige Seelenlage steuert neuartige, überbauende Ge-sichtspunkte an; schlagartig öffnet sich zuweilen das für ein Leben ent-scheidende Blickfeld. Im Gepacktsein von einer Idee rasch disponierend,dann mitunter unbeugsame Festigkeit im Eintreten für absonderlichste Plä-ne. Bei anderen, und dies liegt an der Charaktersubstanz, sind Einfälle eben-so schnell verflogen wie aufgetaucht. Unberechenbarkeiten im Gefühls-leben, Aufbruchsstimmungen, tasten den Umkreis nach allen Seiten ab, ma-chen sozusagen Stichproben mit dezidierten Instinkturteilen, was angenom-men oder verworfen wird. Manchen genügt der Anhauch eines umstürzen-den Gedankens, um die Dinge andersherum zu werten. Bei minderem Ni-veau ergibt sich etwas schmalspurig Eigenbrötlerisches mit wechselndenFanatismen. Echte Intuitionen eilen der erfüllenden Wirklichkeit voraus, beihinzutretender Genialität (Aussagegrenze!) oft weittragende Entdeckungen.Von einem in das Gemüt eingegangenen Standpunkt, sei er noch so extremund widerspreche er dem Augenschein, läßt sich dieser Mensch nichts ab-

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handeln und findet es meist gar nicht nötig, ihn zu begründen. Umständlich-keiten liebt er überhaupt wenig, wo das Evidenzerlebnis spricht. ZuweilenAufwerfen kühner Perspektiven, manchmal etwas spritzig Geistreiches. Ei-nige leben in einer konstruierten Welt mit der Haltung: wenn die Wirklich-keit nicht damit übereinstimmt, umso schlimmer für die Wirklichkeit!Besser angepaßte Naturen beweisen sich oft praktisch geistesgegenwärtig,in augenblicklicher Schaltung den Zufall bewältigend, ihr spontanes Er-greifen des Richtigen hat jedoch wenig Geduld mit schwierigen, kompli-zierten Mitteln. Im zwischenmenschlichen Verkehr der Abwechslung inPerson und Blickweise bedürftig, nur durch Außergewöhnliches befriedigt;bei minder Anspruchsvollen genügt der Nervenkitzel. Mitteilsam in seinenErleuchtungen gegenüber Gleichgestimmten, Sperren gegen Profanierungdessen, was einem heilig ist.

Analyse: Noch gespanntere Gemütsverfassung, sprunghaft ihren Einge-bungen folgend, neben erstaunlichen Treffern kommen bei Überstürzunghäufiger Fehlgriffe vor. Im Schicksal unerwartete Aufschlüsse unter zuwei-len kritischen Begleitumständen, auch jähe Trennungen, Verzichte, manch-mal katastrophales Überranntwerden der Entwicklungsbereitschaft, Vorzei-tigkeiten. Dem entspricht innerlich eine Erwartung starker Reizungen, etwasleicht Übertriebenes, Exaltiertes. Man ist gemeinhin bei diesen Menschennie ganz sicher vor Überraschungen, Rebellionen, protesthafter Umkehr derNormalität, Standpunktverlegung von einem Extrem aufs andere, «Damas-kus-Erlebnissen». Viele reagieren auf zwangshafte Lagen mit einem Par-oxysmus. Die Entwicklungshöhe bestimmt sich hier aus seelischer Reifeoder Unreife, die den sporadischen Einfällen eine Grundlage gibt, sowie derKontrollfähigkeit im Verhältnis zum Vorhandenen. Es gibt explosive Gei-ster mit Hingabe an das Absurde, deren oft vielversprechende Ansätze imRohbau stecken bleiben, weil schon ein neuer Entwurf sie lockt. Demge-genüber findet man seelisch Frühreife, die einen ungewöhnlichen Blick-punkt zur Welt beziehen und in einem Leben voller Zwischenfälle, an ihnenwachsend, ausformen. Zähigkeit und Arbeit auf lange Sicht setzt Besessen-sein von einer werthaltigen Idee voraus, die in der unbewußten Tiefe ankert.Einige müssen sich hierfür zeitweise von der Umwelt abschließen, um derimmer verspürten Gefahr der Ablenkung zu entgehen. Andere scharen einenmöglichst gefügigen Kreis von Mitarbeitern, Schülern, Anhängern um sich,die ihre Inspirationen durchführen oder als Resonanzverstärker wirken; diesgeht selten ohne Störungen und Krisen ab. Seelische Nöte in Verbindungmit Selbstgefälligkeit stülpen sich zuweilen in snobistisches Auftreten um.Man findet zynisch Geistreiche, verbohrte Querulanten, eigensinnige Son-derlinge; jeder tritt irgendwie über den Rand der Normalität, was aberdurchaus nicht im Sinne der astrologischen Tradition schon Geisteskrank-heit bedeutet. Die psychische Gefährdetheit liegt in der zeitweilig gestei-gerten Intensität des Erlebens bei gestörtem Kontakt, daraus oft neurotische

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Hochspannung, Instinktbeirrungen. Unachtsamkeit, Fehlschaltungen könnenzu Unfällen führen. Doch der Aspekt enthält nur eine gewisse Verände-rungslust und nervöse Reizbarkeit, nicht das Ergebnis. Bei einem Zuschußan Genialität (jenseits der Aussagegrenze wie das Pathologische) geben ge-rade die Konflikte die Spannkraft zu bedeutenden Leistungen.

Konjunktion: Ein fein empfindliches, aber irritables Gemüt mit reichhal-tigen Einfällen, rasch zum Ungewöhnlichen entschlossen, wenn die Über-zeugung zündet. Selten ein Werdegang ohne Krisen, Durchkreuzung derPläne, er schließt oft jähe Wendungen ein, welche die Originalität hervor-locken oder die Instinktsicherheit auf die Probe stellen. Im allgemeinen eherreformerisch als revolutionär gestimmt, skurrile, mitunter querköpfig ver-fochtene Züge im Gefühlsleben, manche vollführen einen Wirbeltanz unzu-sammenhängender Impulshandlungen.

Bei allen Aspekten eine geistige Gewecktheit, die über intellektuelleMethoden hinausgeht, gemütsmäßig aufgeschlossen für zeitgemäße Fragen.Meist ein wechselvolles Leben, Gefühl für den Neuheitsreiz herantretenderAnregungen.

15. Alltag und Wunder

��Spiegelbildliches und Vorgespiegeltes liegen in diesem Aspekt

nahe beieinander, der gewohnte Gang der Dinge wird durch-scheinend für Außernormales, die Vielgestalt täglicher Eindrückeerlangt symbolische Bedeutung. Es handelt sich dabei um keineausgedachten, sondern um ahnungsvoll empfundene transzen-dentale Zusammenhänge, die aber in der Einbildungskraft fort-wuchern können zu abstrusen Vorstellungen. Manche seelischenBedrängnisse werden beantwortet durch glaubhafte Halluzinatio-nen, der Wahn borgt sich gern den Schein höherer Wahrheiten.Dem stehen echte Visionen, nachträglich bestätigte Vorausschau,«zweites Gesicht» gegenüber. Die Täuschungsquellen bestehenim entwicklungsmäßigen und instrumentalen subjektiven Zu-stand (Aussagegrenze). Der Aspekt enthält nur eine Fein-empfindlichkeit und das schwer zu befriedigende «gegenstands-

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lose Sehnen». Die Beteiligung des Gemüts führt oft hellfühligeoder telepathische Begabungen irre durch Herbeiziehen von Ge-wünschtem oder Befürchtetem; Kontrolle stützt sich auf andereAspekte. Manche werden überschwemmt von unerklärlichenStimmungen, lockenden Reizempfindungen; adäquate Aus-drucksmöglichkeiten liegen in Musik, Dichtung, visionärer Male-rei, bei mangelndem Formwillen allerdings mit Gefahr desAbgleitens in den «Stimmungskitsch». Eine physische Vergröbe-rung bedeutet der Gebrauch von Rauschmitteln, aus psychischenUrsachen bilden sich Süchte und manische Einstellungen aus,moralisch kann «Erdichtetes» als Lüge auftreten, doch meist oh-ne eigentlichen Vorteil zu suchen, nur um phantastische Bilderanzubringen. Erst auf hohem Niveau wird der Mensch ganz vonSelbsttäuschung frei. Für künstlerische Imagination, Befassungmit psychischen Grenzsituationen oder metaphysischen Fragenkönnen dann auch Dissonanzen wertvoll werden. Mitunter sehe-rischer Blick für verborgene Zusammenhänge, sogar im Wirt-schaftspraktischen und im wissenschaftlichen Experiment.Meistens allerdings entsteht nur die verfängliche schöne Illusion,eine passive Träumerei mit schwärmerischer Verklärung derDinge, wie man sie sich wünscht. Bei schwachen Naturen wirdSelbstauflösung begünstigt. Eine subtile Problematik, die keinegroben Lösungen verträgt.

Synthese: Hochgradige Empfänglichkeit für die seelische Atmosphäre,kann durch die Mitwelt getragen oder von ihr abgestoßen werden, doch nieganz sich ausschalten. Schöpferische Naturen bringen hypothetische Vor-aussetzungen ihrer Zeit zu Lösung und Ausdruck, in höchster Form überper-sönliche Sendung. Entwicklung im Vertrauen, geführt und zu etwas berufenzu sein; der Werdegang ist zuweilen bestimmt durch unglaublich scheinendeVerknüpfung von Umständen, seltsame Begegnungen. Einfachere sehen dieDinge mehr verschleiert und geben sich gern den sanften Täuschungen hin,Neigung zur Utopie. Manche beweihräuchern ihre eigenen Gefühle fürMenschen, die sie verehren; mit ihren ins Grenzenlose schweifenden Emo-tionen schwimmt ihnen die Wirklichkeit davon, ohne daß sie es merken.Kritischere halten sich abseits vom Illusionismus, bei ihnen oft ein Blick fürdas Wesen einer Sache, traumsicher richtige Einschätzung von Charakteren,auch wo man nichts Genaues weiß. Um viele webt ein Geheimnis, zumal sieungern alle Karten aufdecken und ihr Persönliches lieber im Unbestimmten

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lassen, einige kultivieren diesen Nimbus, bei Minderwertigen eine zur Täu-schung aufgezogene Kulisse, proteushaft sich wandelnd. Anderseits soforti-ge Teilnahme, wo stimmungsmäßig Gemeinsames berührt wird, mitunterfeinfühlige Hilfsbereitschaft, dezent in Ermittlung und Zuweisung.

Analyse: Dieselbe empfängliche Gemütsart, stärker rauschbedürftig undmeist in Konflikt mit der vorhandenen Wirklichkeit. Häufig darüber hinausschwingende Phantasie, die sich bessere, schönere Möglichkeiten vorspie-gelt, und der Wunsch, irgendwie zum Glückshaushalt der Welt beizutragen.Wo seelische Wirrnis sich sozial nicht zurechtfindet, wird dies allerdingsauch mit unrechten Mitteln und an ungeeigneten Objekten versucht. Gege-benenfalls Schaden durch Verleumdung, schlechte Nachrede. Schwachewerden leicht zum Opfer von Mystifikation und Betrug. In Gefühlsange-legenheiten häufig mysteriöse Beziehungen; Heimlichkeiten, Zwiespältig-keiten der Entscheidung. Spielen beirrte Instinkte mit, so liegen Fehlgriffenahe und die Tendenz, in Skandalgeschichten hineingezogen zu werden.Gewollt oder ungewollt treiben viele Sabotage an der geltenden Ordnung,auch Wertvolle entziehen sich ihren Maßstäben, wo sie beengen. Im Falleder Genialität (Aussagegrenze) kann die Vertauschung der Ebenen desScheins und des Seins zum Wirkungsmittel werden, künstlerische Wagnisseam Rande des Darstellbaren, Aufschlüsselung psychischer Grenzfälle erge-bend. Auch Unberufene geben sich freilich «genialisch» im Sinne vonSchlamperei, unordentlichem Gebaren, und in der Politik weiß man oftnicht, wo der Illusionist aufhört und der Betrüger anfängt, auch Wohlmei-nende «schlittern hinein» in etwas, dessen Zusammenhang und Grund sienicht überschauen. Das ethische Niveau bringt vielerlei Schattierungen her-vor, doch findet man mehr gutherzig Irrende, Haltlose oder selbst Ge-täuschte als Übelwollende. Häufig Unsicherheiten des Benehmens unterVerschleierung außernormaler Beweggründe sowie Verzagtheiten und ihreKompensationen; manche mischen sich leicht in Dinge, die sie nichts ange-hen und finden schwer aus den Verstrickungen heraus.

Konjunktion: Verträumtheit, eine irgendwie auf schwankendem Bodenbefindliche, von unbekannten Horizonten angezogene Seelenlage. Sie strebthinaus über Grenzen des Milieus, gewohnter Verrichtungen, empirischerAnschauungen: in lebhaftem Traumleben einen Ausweg suchend und ei-gentlich nur in der Welt der Dichtung oder Musik ausdrückbar. KonkretereVerwirklichung bleibt, infolge Unbestimmtheit der Ziele, bei den meistenein passiver Wunsch. Nicht immer gute Menschenkenntnis, vielfach blindfür Fehler von Personen, an denen das Gefühl hängt. Ausgleichshalber einOrgan für die Zeitlage und von da ein Erfassen spezifisch «moderner» See-lenprobleme und ihrer Lösungsformen, persönlich meist Ausweichen vorharten Bedingungen in ein Phantasiereich. Bei manchen ein seelisches Va-kuum, das alles Faßliche einsaugt und auf verborgene Wünsche hin stili-siert, Weitensehnsucht mit Umschlagen in engste vor Naheliegendem.

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Mitunter Panik des Alleingelassenseins, sich unverstanden und verkanntfühlen.

Bei allen Aspekten heißt das Problem, seine Inspirationen in Einklang zubringen mit der Welt von Raum, Zeit, Kausalität. Viele werden von okkul-ten Fragen angezogen; entsprechende Fähigkeiten wollen mit Bewußtseinder Fehlerquellen ausgebildet sein.

MERKURASPEKTE

Bei Aspekten des Merkur frage man: welche Problematik entsteht, wennder Verstand in seiner Farblosigkeit und moralischen Indifferenz beein-trächtigt oder gefördert wird durch eine Wesenskraft, deren Einsatz sichauch ohne kritischen Beobachter vollzieht? Im Verhältnis zur vitalenSelbstbehauptung (�) und zur gemüthaften Einstellung oder Funktion (�)wurde dies bereits behandelt.

16. Intelligenz und Gleichgewicht

��Auffassung und Urteilskraft des Verstandes tritt in Beziehung

zur Sinnesempfindung sowie dem Organ für Maß, Proportion,Symmetrie in der Erscheinungswelt. Der Winkelabstand zwi-schen Merkur und Venus, den beiden «inneren Planeten», kann68 Grad nicht überschreiten, die Aspektmöglichkeiten reichenvon der Konjunktion zum Sextil. Man mag damit Logos und Erosin einem so nahen Verhältnis sehen, daß sie sich nie grundsätz-lich widersprechen oder miteinander in ernsten Konflikt geraten.(Wo es den Anschein hat, geschieht es indirekt, über angereihteAspekte.) Letzten Endes ist jede Verstandestätigkeit eine be-griffliche Mitteilung oder urteilende Selbstvermittlung von Emp-findungen, verknüpft nach logischen Regeln. Die Venuswelt gehtaber in dieser Apperzeption und ihren Folgerungen nicht auf;

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dies verstehen wir am besten aus den Sublimierungen; worin diebeiden Kräfte das Verhältnis von Kunstverstand und Kunstemp-finden angeben. Der verfeinerte Sinnesgenuß kann auch außerlo-gisch gestaltet werden, ja, darin liegt sein Eigentliches. Das imAspekt aufgeworfene Problem lautet, wieweit die formalästheti-sche Seite des Denkens nicht nur zur gefälligen Darbietung, son-dern zum Gleichgewicht in einem geschlossenen System führt,wieweit anderseits bewußtes Erfassen der Wirklichkeit das Lust-Unlust-Verhalten beeinflußt. Praktisch schließt dies ein, wie Lie-be und Zweckrücksichten vereinbar sind. Im Venushaften liegenneben Eros und künstlerischem Geschmack ferner sozialer Kon-takt und verbindliche Umgangsform, dem steht im Merkurischendie nüchterne Ausrichtung nach Einzelinteressen gegenüber. Ins-gesamt das Problem, wieweit sich das Schöne mit dem Nützli-chen verträgt.

Synthese: Meistens angenehme Ausdrucksweise und fröhliche Gewandt-heit im Umgang, die Verschiedenheiten überbrückt, soweit Kontakt undVerständnis reichen. Nicht selten diplomatische Anpassung an den Ge-sprächspartner, Hineindenken in die durch die Lage zugewiesene Rolle so-wie Bereitschaft, sie durchzuführen. Verfeinerung der Sinnesnerven undgedankliche Beachtung von Geschmacksfragen können eine geschliffeneForm erreichen, vorteilhaft für Berufe, die formatästhetische Momente ein-beschließen (nicht nur Künstler und Kunstgewerbler, auch technische Kon-strukteure, Mathematiker usw., in sportlicher Hinsicht rhythmische Gymna-stik und Kombinationsspiel). Diese Kräfteverbindung betrifft aber wenigerdie Wahl eines bestimmten Tätigkeitsgebietes, als das Zusammengehenzweckdienlicher Absichten, rascher Auffassung und erworbener Handfer-tigkeit mit ansprechender Darbietung, ohne an Prägnanz zu verlieren. Dieskann sich natürlich auf unterschiedlichem Niveau und in verschiedenerRichtung äußern, etwa in fürsorglichen Maßnahmen. Es gibt auch eine Har-monie des Wirtschaftskörpers und Gleichgewichtsprobleme in der Technik,ferner Werbemethoden und vieles, für dessen Behandlung diese Kombinati-on geeignet ist. Mitunter gleicht sich praktische Tätigkeit durch schöngeisti-ge Interessen aus, sei es auch nur in Form geselliger Veranstaltungen.Bildungsstreben und Kunstfleiß gehen gut zusammen, auf mancherlei Weisewird das Begriffliche schwerelos, indem das Schöne hinzutritt. Gern siehtman die Dinge ein wenig besser als sie in Wirklichkeit sind, vielmehr richtetsich die Aufmerksamkeit vorwiegend auf das Angenehme, Zusammen-klingende. In näheren persönlichen Bindungen, erotischen oder sonstigenKontaktformen werden kluge Rücksichten selten außer acht gelassen.

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Analyse: Mehr kleine Unstimmigkeiten, Störungen, Fehlgriffe, als tief-greifende Konflikte (die sich in angereihten Dissonanzen ausdrücken), häu-fig eine gewisse Reizbarkeit auf Grund empfindlicher Nerven. ImGeschmacksmäßigen dreht sich das Problem einerseits um Vermeiden vonüberflüssigem Zierrat, anderseits um Freihalten des sinnlichen Anspruchsvon nüchternen Zweckschranken; doch nur in verkrampften Fällen (Aussa-gegrenze!) sperren Ideologie und Geschmack sich gegenseitig. Die Intelli-genz ist von gleicher Aasregsamkeit wie beim Sextil, nur die Anwendungerworbener Kenntnisse nicht immer proportioniert zum Bedürfen und Erle-ben, leichter kommen daher Irrwege der Entwicklung oder mißleitete Emp-findungen vor. Die Lösung besteht darin, die ästhetische Welt und diejenigenützlicher Absichten in einen überzeugenden Einklang zu bringen.

Konjunktion: Sinnenwache Intelligenz, oft verbunden mit der Fähigkeit,das hinzugelernte Neue, die Aufrundung des bereits Bekannten in das per-sönliche Leben einzubauen. Weniger als beim Sexöl ist das «uninteressiertSchöne» erreichbar, Harmonie bleibt mehr an die subjektive Interessensphä-re gebunden und das Denken an dasjenige, was empfindbar ist, es lehnt ge-wöhnlich Abstraktheiten ab. In der Liebe setzt selten die Selbstüberwachungaus, was bei Unsicherheiten in der Unterscheidung von Eigenwert undFremdwert allerdings leicht zu Schwierigkeiten in der Kontaktgewinnungoder Hingabe führt, indem sich «Ausgedachtes» störend einmengt. Meistjedoch ein den Gegebenheiten angepaßter, in den praktischen Rücksichtendiskutabler, dennoch im Geschmack eigener Lebensstil. Im Gebaren, inKleidung und häuslicher Einrichtung geht das Nützliche mit dem Schönenoff auf eine dezente, wenn nicht raffinierte Weise zusammen. Das Problemverlangt, weder die technische und zweckhafte Seite der Dinge, noch denpersönlichen Geschmacks einseitig herrschen zu lassen.

Alle Aspekte tendieren zur durchdachten Verfeinerung der Ge-nußfähigkeit, doch auf Eitelkeiten muß man aufpassen. Mit dem Niveausteigt das einheitliche Ausgewogensein mehrschichtiger Interessen und Le-bensziele.

17. Urteilskraft und Aktivität

��Bei diesem Zusammentreffen dreht es sich darum, etwas dem

Verstande Zuhandenes praktisch in den Griff zu bekommen und

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mit ihm eine zweckhafte Absicht zu verwirklichen. Dies beginntbereits mit dem Richten der Aufmerksamkeit auf ein nützlichesZiel und der Bereitschaft, tatkräftig anzupacken, das aktive Ge-triebensein wirkt wieder anfeuernd auf die Verstandestätigkeitzurück. Der Aspekt betrifft vorwiegend technische Fertigkeit undMotorik des Handelns. Gemeinsam ist das Moment der Schärfe,bei Mars die Schärfe des Einsatzes im entscheidenden Punkt, beiMerkur die Schärfe im Beurteilen der jeweiligen Lage, der Um-stände und Bedingungen zur Erreichung des Vorhabens mit ein-fachsten Mitteln. Die präzise Zusammenschaltung vereint fest-stellenden Begriff und gefälltes Urteil mit durchführender Hand,die bündige Klarheit vertretener Thesen wird zur wendigen Si-tuationsbeherrschung. Breite des Blickfeldes, Verantwortlichkeitoder Sentimentalität gehören nicht hierher und sind abgesehenvom Niveau unter anderen Aspekten zu suchen. Deshalb findenwir hier ebenso die schmalspurigen Könner verschiedenstenFachs, in der Wirtschaft den Typus des Managers, wie den wis-senschaftlichen Experimentator, finden raubtiergewandte Ag-gressoren ebenso wie begeisterte Vorkämpfer für den allge-meinen Nutzen. Indifferent gegen Inhalte sagt der Aspekt nur,wie diese «manipuliert» werden. Hierin liegt die Kühle derKräftekombination bei aller oft vorhandenen Hitzigkeit der voll-führenden Auswirkung. Körperlich ist die Innervation der Bewe-gungsorgane berührt, geistig die wachsame Beobachtung undSchlagfertigkeit, häufig verbunden mit Diskussionslust, zuweileneinem lehrhaften Zug.

Synthese: Unternehmungsfreude, meistens durchdachte Entschlußkraft inWort und Tat, Leidenschaften mit berechnenden Zügen oder eingebaut ineine Ideologie. Spontane Sachlichkeit in Dingen, die Hand und Fuß haben,sofortige Inangriffnahme, wo sich der aussichtsvollste Hebel bietet. Bevor-zugung von kurzfristigen Lösungen; Sinn für langwierige Aufgaben nurdann, wenn sie in viele Einzelhandlungen mit interessanten Wendungen zer-fallen, die ein taktisches Geschick zur Geltung bringen lassen. In diesemRahmen meist ein scharfsinniger Beobachter und regsamer Arbeiter, genauin der Beurteilung der Sachlage, übungsfähig, erlernbare Handfertigkeiten.Wenn keine hindernden Aspekte sich anreihen, ist dies der geborene Tech-niker und Praktiker in allen Berufen, sei es enger verstanden in Handwerkund Maschinenbau, im Militärischen, sei es als Chirurg oder Sportlehrer. In

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den Künsten der Duktus des Pinselstrichs oder Meißelhiebs, die gravierteLinie, der Bogenstrich, in rein intellektuellen Berufen entschiedene, aberelastische Stellungnahme mit Kritik, Witz und Finten, häufig eine kämpferi-sche Note. Auch gewandte Redner findet man, überzeugende Darlegung derAnschauungen. Die geistige Seite, oft mehr vital als begrifflich konstruktiv,kann natürlich vulgär und der Ausdruck dann grob, holzschnittartig sein,wachsende Entwickeltheit und methodische Erziehung bringt feinsinnigereDurchbildung. Fast immer eine gewisse Geschäftigkeit und Unruhe, dienichts, wovon das Interesse gepackt ist, gern auf die lange Bank schiebt.Nicht selten mutiges Auftreten in seinem Könnensbereich, ohne jedochzweckmäßige Rücksichten außer acht zu lassen, gute Laune unter einemHauch von Sarkasmus. Bei allzu einseitigem Hochzüchten von Leistungen,eingespannt in einen gleichbleibenden Tätigkeitskreis, besteht die Gefahreines Leerlaufs in anderen menschlichen Qualitäten.

Analyse: Derselbe unternehmende Geist meist voreiliger, im Umgangleichter aufbrausend. Die trennende Tendenz der beiden Kräfte scheidet beimangelnder Verarbeitung ihres Konflikts zwei Typen. Der eine, nervösreizbar, im Handeln bedenkenlos sein Ziel anvisierend, in der Redeweiseparteinehmend, ausfällig, ist immer auf dem Sprung, sucht Streit und aktiveAuseinandersetzung, hält Keckheit schon für Mut oder unhöfliche Schroff-heit für Wahrheitsliebe. Die Geisteshaltung des anderen Typus hat mehrsezierende Schärfe und kritischen Blick, aber diese Kritik wird allzuleichtSelbstzweck und unterbindet dann aufbauende Tatkraft; der Mensch gibtsich gedanklich so viel mit seinem Vorhaben und dessen Bedingungen ab,daß er häufig nicht zur Ausführung gelangt oder sich in Ansätzen und pro-beweisen Teilaktionen verzettelt. Auch kann der Absprung in die Tat so oftin Gedanken erfolgt sein, daß sie, wenn es endlich dazu kommt, einer mehrausgedachten als wirklichen Situation entspricht. Beides vereinigt sich zu-weilen in einem Mischtypus. Dieser wechselt von einem zum anderen Ex-trem, springt aus begrifflicher Kälte, welche die Aktionen aufhält, in über-hitzte Triebhaftigkeit mit Kurzschlußhandlungen um, ebenso pendelt dasVerhältnis zur Mitwelt zwischen schroffer Ablehnung und Werbung umBeifall. Doch der Konflikt kann ja auch bewältigt werden. Seine Lösungbedarf der Entschärfung überspitzter und summarischer Urteile sowie einerDisziplinierung der inneren Unruhe, die sonst sich und die Umgebung nichtin Frieden läßt und Zustände haßt, in denen «nichts geschieht». StetigeSelbstbeherrschung erwächst aus einer begeisternden Pflicht, einer Aufgabe,welche zugleich Initiative und technische Intelligenz beschäftigt. Gerade dieKonfliktnot kann bei willensmäßiger Anspannung zu durchdachter Werk-methode und Haushaltung mit den gegebenen Mitteln führen, die angebore-nes Geschick überwiegen. Dieses sowie Fleiß und geistige Regsamkeit sindmeist vorhanden, ferner eine Lockerheit, die sich vor dem ausführenden Tunungern begrifflich festlegt. Die inhaltliche Ausrichtung aber ist Sache des

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Niveaus wie im Negativfalle die von der astrologischen Tradition behaup-tete Neigung zu Diebstahl, Plagiat oder sophistischer Ränkesucht. Im Posi-tiv- wie im Negativfalle liegt es meist so, daß für spontan auftauchendeAbsichten kurzerhand die rechtfertigenden Argumente herangeholt werden.Natürlich gibt es auch unterdrückte und umwegig ausgelassene Aggressio-nen sowie ins Geistige transponierten Lebensneid. Viele zutagetretende Feh-ler gehen zurück auf verbissene Standpunktsbehauptung, auch triebhafteAusgleiche gegen Engen des Milieus, des Fachs oder anderswo erlitteneBeschränkungen.

Konjunktion: Meistens eifriges Verfolgen der subjektiv zwingenden In-teressen (Feldstellung beachten!), lernlustig und bei erwartetem Zuwachsmit neugierigem Spürsinn direkt das Fesselnde angehend. In der Entwick-lung stellen sich bestimmte und gezielte Fragen, die auf tätige Anwendungvon Antworten abgestimmt sind. Im akuten Fall bekommt die Praxis denVorrang vor langen Überlegungen, und dies regt wieder die Weiterbildungan. Zuweilen wird ein sich verselbständigendes theoretisches Bewußtseinstoßweise überrumpelt durch triebhafte Zielrichtungen, die zur Praxis drän-gen. Bei anderen saugt ein einmal fixiertes Hauptinteresse alles übrige insich, so daß vielseitigere Anlagen verkümmern, von da aus scharfe, unduld-same Urteile, welche die eigenen nicht abreagierten Spannungen und un-verwirklichten Bedürfnisse treffen. Es hängt vom Gesamtniveau ab, wieweitdie Tätigkeit isoliert das Erleben beherrscht oder ganzheitlich eingebaut ist.Häufig allerdings stellen taktische Instinkte sowie die Einheit von körperli-cher und geistiger Funktionslust (Zeichen beachten!) Ausgleiche her. Wich-tig für Auflockerung der schizoiden Neigung sind vielseitiger Umgang,gefühlsbetonte Begegnungen.

Bei allen Aspekten eine Tendenz, Vorhaben und Anschauungen in Gren-zen des rational Einsehbaren zu halten, Kritik von technischen Einzelge-sichtspunkten aus, häufig eine satirische Ader. Wo Blickweise und Tätigkeitnicht mit dem Lebensgefühl übereinstimmen, können Triebstörungen, Neu-ralgien, Disfunktionen der Verdauungs- und Ausscheidungswege eintreten.Von Wichtigkeit sind daher die seelischen Imponderabilien und die Ein-sicht, daß unter Umständen von Wert ist, was nicht unter das kritische Mes-ser fällt.

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18. Zweck und Sinn

��Oberste Werte in kleine Münze umsetzen, dem organischen

Ganzen mit bedingten Mitteln dienen, dies Problem wandelt sichmit Entwicklungshöhe und Reife, je nachdem Klugheit undWeisheit zusammenkommen. Im Wirtschaftlichen etwa soll derPfennigskaufmann, der genau die einzelnen Vor- und Nachteilebedenkt, sich einigen mit dem Bankier, der große Summen be-wegt. Im Sozialen korrespondiert der Schalterbeamte mit demPlaner der Gesamtwohlfahrt. Geistig geht es um die Verknüpfunglogischer Prämissen und stichhaltiger Argumente mit grundsätz-lichen Einsichten, der Ausrichtung von Begriffen nach überge-ordneten Gesichtspunkten, oder um das Verhältnis von Erwie-senem zu Glaubensthesen. Der unbeteiligte, nüchterne Rechnerund der lebensgläubige Anwalt der Menschenrechte, der ge-wandte Taktiker und der überschauende Stratege, in den Künstenhandwerkliches Können und Weihe der Grundstimmung, diesalles soll ineinandergreifen, im mitmenschlichen Umgangschließlich Gescheitheit und Güte. Die Beziehung dieser beidenregulativen Kräfte braucht Vermittlung und Ausgleich von Fallzu Fall. Die Lösung des Problems duldet kein ein für allemalstarr festgelegtes Ja oder Nein, sondern verknüpft das Einzelnemit dem Ganzen auf den verschiedenen Ebenen des Seins. Eszerfällt in eine informative und diskutable Seite, die den augen-blicklichen Bedarf betrifft, sowie die Seite des optimalen Werts,forderungshaft durch eine überdauernde Leitlinie zur Geltunggebracht. Solche «Zweigleisigkeit» wird mitunter, nicht nur beianalytischen Aspekten, sondern niveaubedingt (Aussagegrenze!),zur Ursache von Täuschung und Selbsttäuschung. Sie zu über-winden ist eine Redlichkeit der Absichten nötig, aber auch einegewisse Denkschulung, die kritisch durch beruhigendes Wohl-meinen hindurchblicken läßt.

Synthese: Die Vorzüge liegen nicht immer in einer tiefen und scharfen,vielmehr einer ausgeglichenen Geistesverfassung, wachsam in den leitenden

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Prinzipien, doch auch im Kleinformat dem Anerkennungswürdigen gerechtwerdend. Worin dieser Mensch seinen Sinn sehen mag, er trachtet ihn mög-lichst erschöpfend, den praktischen Einzelaufgaben angepaßt, zu verwirkli-chen. Dies wird ihn bei loyaler Einstellung und Fleiß über den Durchschnittseiner herkömmlichen Sphäre hinaustragen; insofern ist es ein ausge-sprochener «Erfolgsaspekt», der über dem Guten, Bekömmlichen, Sinnvol-len selten das Nützliche außer acht läßt. Häufig der Typus des praktischenLebensphilosophen, der sich in Rat und Tat bewährt. Bei entsprechendenVoraussetzungen eine ehrenhafte, philantropische Gesinnung, sowohl be-sonnene als auch einem Glaubensschwung angeschlossene Strebsamkeit;dies oder gar schöpferisches Denken steht allerdings nicht im Aspekt. Beiminderem Niveau setzt man gern die funkelnde Phrase oder den salbungs-vollen Ton für geschäftliche Expansion ein, raschfertiger Optimismus, gro-ße Worte können nach Gläubigkeit aussehen und Erfolg bringen. Zuweilenwird ein gutes Wollen unecht, indem man zu begehrlich die Anerkennungseiner Wohltaten erwartet. Andere ertränken ihr Streben nach Besserem ineinem gutmütigverständigen, lebensgenießerischen Stil. Meistens aber fin-det sich eine Umsicht, die das Einzelne im Auge behält, ohne das Lebens-ganze zu beeinträchtigen, insofern «vernünftige» Haltung. Im Zusammen-wirken verliert das Merkurische das ehrfurchtslos Abstrakte, bekommt überdas Sachliche hinaus eine Ausrichtung auf Wert und Rang der Dinge, wäh-rend das Jupiterhafte, auch bei überströmender Wärme rational gelenkt, dieEinstellung auf das Gemeinwohl und den Glauben an eine sinnvolle Welt-lenkung beisteuert.

Analyse: Der Konflikt bedeutet verschärfte Problematik, aber nicht Ab-stumpfung der Geistesanlage. Stärker sieben die Niveauunterschiede aus, inwelchen Punkten ein «Entweder-Oder», in welchen ein «Sowohl-als-Auch»statthat. Wertgerichtete Menschen tendieren mehr zum ersten, haben aberoft Schwierigkeiten, ihre Entschiedenheit lebenstechnisch zu verwirklichen.Hierin Lässigere tun sich leichter und drehen den Mantel nach dem Wind,richten ihre Entschlüsse auf den Kompromiß mit geltenden Meinungen aus.Wer den Konflikt geistig durchträgt, wird zu genauerer Stellungnahme ge-zwungen. Dies kann das Höchste in ihm herausfordern, erfolgreich odernicht. Dem alles Relativierenden dagegen genügt meist ein scheinbaresVorwärtsgehen eigener und fremder Angelegenheiten, es gibt darunter vieleErfolgshascher und Opportunisten, aber auch Mißleitung guter Anlagen.Nicht nur das moralische, auch das geistige Niveau entscheidet; mancheschwanken zwischen Skepsis und Aberglaube, viele werfen die Dimensio-nen des Großen und Kleinen ständig durcheinander, anderen verwirrt sichdas Verhältnis des Nützlichen zum Guten. Jedoch die traditionell behaupteteUnaufrichtigkeit, Heuchelei, Bigotterie, auch schwatzhafter Bekehrungsei-fer oder auf Vorurteile gestützter Dünkel und dergleichen liegen natürlich,wo sie vorkommen, nicht nur im Aspekt. Unschlüssigkeit im Wechsel mit

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übertriebenen Versprechungen, Unvorsichtigkeit in entscheidenden Augen-blicken und andere Mängel finden sich bei Beschränkteren oft als Ausdruckeiner Konfliktnot, fehlender Überblick gibt der Spannung etwas Ver-klemmtes. Es kommt auch Glücklosigkeit vor aus Ungeschick, redliche Ab-sichten angenehm zu präsentieren, oder Prinzipienreiterei, welche die damitBedachten verstimmt, einige scheitern an einem großen Plan, weil ein Lochin der Berechnung war. Bei entsprechender Entwicklungshöhe bekommtgerade die Dissonanzspannung eine aktive und gedankenreiche Note, wennauch gewagte Vorhaben mitunter nur um Haaresbreite erreicht werden; denSchöpferischen stachelt der weltanschauliche Konflikt zu seinem Optimuman. Das Problem heißt, ein hochgestecktes Ziel nicht aus nervöser Unrast zuverfehlen oder durch taktische Finten bei der Wegbahnung zu entwerten.

Konjunktion: Der Glaube an eine persönliche Mission gründet sich aufeine darin enthaltene Identität des Nützlichen mit dem Guten, zumindest dasSuchen danach. Auch hier hängt es freilich von der Entwicklungshöhe ab,wieweit Umfang und Ausmaß der Absichten durch besondere Leistungengedeckt werden. Zuweilen hindert eine Denkbequemlichkeit, die sich mitungefähren Abrundungen begnügt, den eigentlichen Fortschritt. Bei anderenwird das exakte Erfassen der Tatsachen überspielt durch hineingeseheneWünsche, Projektionen, die sie als besser vortäuschen oder Anlaß zu enttäu-schenden Erfahrungen werden. Haltlose Naturen legen sich die Grundsätzenach dem Vorteil zurecht. Meistens jedoch ein weitblickender Geist, lernbe-reit, durch Überdenken gewonnener Ergebnisse vorschreitend zu neuen Zu-sammenfassungen, Einsatz der Kritik, um das Vorhandene zu verbessern.

Bei allen Aspekten werden sachliche Erledigungen von einer gewissenBeschwingtheit getragen. Trifft der erhoffte Erfolg nicht ein, dann relativleichte Umstellung auf das Erreichbare, sich Abfinden können mit Kompen-sationen.

19. Verstand und Erfahrung

��Zwei verwandte und leicht auf einander abstimmbare Kräfte

gehen eine Verbindung ein, ihr Gemeinsames verschmilzt im Er-fahrungsbegriff. Das Merkurische verliert in diesem Aspekt seineNervosität und Flüchtigkeit, wird gehaltvoller, das Saturnischeverliert etwas von seiner Schwere, wird geistig durchlichteter. Ob

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dies allerdings Tiefe des Denkens ist, ob die logische Neben- undUnterordnung der Begriffe stimmt, hängt von der Entwickeltheitund geistigen Ausbildung ab. Das Problem geht um leiden-schaftslose, sachlichmethodische Verbuchung der Wirklichkeitund um konstruktive Formulierungen, welche dem realistischenGesamtblick entsprechen, ohne die weitere Apperzeption zu hin-dern. Das Beurteilte und Vorgestellte soll mit dem Tatsächlichenübereinstimmen. Harmonie oder Dissonanz geben darüber keinegültige Auskunft; auch bei jener wird oft das eigene Urteil zu-rückgestellt zu Gunsten einer Anlehnung an Dogma, Traditionoder der Berufung auf Autoritäten, während diese ebenso oft diegeistige Wachsamkeit anspannt. Es kann immer auch umgekehrtliegen, je nachdem Konflikt oder Konfliktlosigkeit der geistigenHaltung eingebaut sind. Lebenswerten gegenüber ist dieserAspekt mehr indifferent und kühl. Er kann die charakterliche Ei-genständigkeit und Grundsatztreue festigen, kann aber auch (an-gereihte Aspekte beachten!) gewisse Züge unlebendig versteifen,die, wenn sie sich vordrängen, Mut und Unternehmungslust be-schränken. Im gesunden Verhältnis ergibt sich Eignung für wis-senschaftliche Arbeiten, beamtete Stellungen, Sachwaltung undVorsorge, reale Sicherungen, Kontrollaufträge. Das Werdende,Aufkeimende wird meist vom schon Gewordenen und Bekanntenaus beurteilt; darum oft Menschen, die sich nur mühsam im«Strömenden», in einer turbulenten Gegenwart zurechtfinden undnach dem Bleibenden, Sichergestellten ausschauen.

Synthese: Meist ein kühler Logiker und Rechner, zumindest in einer«Spezialabteilung» seines Wesens, in den realen Absichten kaum bestech-lich durch Gefühle, auch wenn solche den Oberflächenausdruck beherr-schen. Die Aufmerksamkeit richtet sich konzentriert auf gesicherteKenntnisse und nutzvoll unterzubringende Tatsachen. Bei gutem Erbe einsystematischer, gewissenhafter, genauer und gründlicher Arbeiter, der keineEinzelheit und keine anerkannte Vorschrift außer acht läßt. Hohes Intelli-genzniveau kann unter Umständen zusammen bestehen mit charakterlichenMängeln, die verborgen gehalten werden; etwa nicht eigentliche Notlügen,sondern ausweichende Antworten, kluges Verschweigen aufklärenderWahrheiten, wo das offene Wort gefährden könnte. Gegebenenfalls über-nehmen Lücken im sonst ausgezeichneten Gedächtnis diese Rolle. Auchheimlich interessierte Fragen und sich Verschanzen hinter Formalität oder

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Pedanterie gehören hierher, zuweilen unabhängig von redlicher Gesinnung.Mit ansteigender menschlicher Entwicklungshöhe kommen Exaktheit undVorsicht einer anvertrauten oder vertretenen Sache zugute, das Gemerkteund einmal Erlernte ist ziemlich beständig gegen Vergessenwerden, die Bil-dungsgrundlage wird damit zur Stütze des Charakters. Häufig formale Ta-lente, Zahlen-, Sprachen- und Paragraphengedächtnis, statistisch vorgehen-des oder mathematisches Denken. Bei mehr praktischer Einstellung auchVerhältnis zu Bodenbewirtschaftung und Bauwesen oder zu speziellen Ma-terialien, Haushaltspraxis. Oft wird eine Familientradition fortgeführt, sei esim geistigen Fundament, sei es im erfolgsichernden Erwerbssinn und Aus-dauer auf einem Sachgebiet.

Analyse: Logik und Systematik entwickeln sich unabhängiger vom Wirk-lichkeitssinn, manchmal zum Vorzug der theoretischen Intelligenz, manch-mal zum Schaden des sachangepaßten Verhaltens. Diese Spannungzwischen Begrifflichkeit und Realität kann einen problematischen Denkerergeben, der den Dingen kritisch auf den Grund geht. Das Niveau steht frei-lich nicht im Aspekt. Die Haltung ist meist eigenwilliger gegen Autoritätund Üblichkeit, es kommen auch Wirklichkeitsfremde vor, die geltende An-schauungen mit überklugen Systemen auszustechen trachten. Auf primitiverStufe engherzige und mißtrauische Tyrannen, die in Ränkesucht, hinterlisti-gen Methoden eine Entschädigung für das niederdrückende Bewußtseinihrer Unzulänglichkeit suchen. Es gibt auch die Schattierung des «Dumm-schlauen», der sich ängstlich an das Nächstliegende, Greifbare klammertund dabei pfiffige Hintergedanken ausspielt, viele geraten in Abhängigkeit,weil ihnen die freie Disposition über die Dinge ermangelt, darum Flucht inKonservativismus. Die einem forschenden Genius förderliche Tendenz, nurBeweiskräftigem zu vertrauen, führt bei Unterbelichteten zur Formenstarre,manche hängen aus Lebensangst an einem Schnürboden von Prinzipien, diesie für unumstößlich sicher halten, bei engem Gesichtskreis eigensinnig,verschlossen. Gerade die Konfliktnot kann aber trotz gewisser Schwerfäl-ligkeit wiederum Scharfsinn auf einem bestimmten Sachgebiet entwickeln,das übrige verdrängend, Gegengift ist Anhalten zu vielseitiger Betrachtung.Manchmal Lernschwierigkeiten bei Hochbegabten, vielfach Stauungen inder Pubertät mit Spaltung zwischen einer ausgedachten idealen Welt unddem gewöhnlichen Dasein, in das alles Schwere, Belastende, Unvollkom-mene hineingelegt, als «bös» verurteilt wird. Auch bei geistiger Weite findetsich häufig .ein gewisser Zwangslauf im Denken, der beharrlich um be-stimmte Fragen kreist, bis die entlastende Lösung gefunden ist. In solchemOkkupiertsein von Inhalten kann die Produktivität stocken, langfristigesBemühen um den Schwerpunkt einer Sache. Höchstes Denkniveau führtinfolge unbestechlicher Sachlichkeit leicht zur Vereinsamung. Häufig De-pressionen, bei nervösen Erkrankungen chronische Tendenz.

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Konjunktion: Kann im Gegensatz zum «verbrannten» (s. �:�) der «eis-gekühlte» Merkur genannt werden. Jedenfalls eine zähflüssige, sachgebun-dene, sich gern in einem System verkapselnde und nur dem schlüssigenBeweis ganz vertrauende Denkverfassung. Oft schalten sich hemmende«Warumfragen» vor die bedenkenlose Auffassung und rasche Durchführungeines Anliegens; man muß die Nützlichkeit oder den gesetzmäßigen Grundeingesehen, einen Weg gefunden haben, der erfahrungssicher zum Zielführt. Was auf entsprechendem Niveau eine Tiefe und wissenschaftlicheGründlichkeit erreichen hilft, wird bei Beschränkteren zur bloßen Umständ-lichkeit des Verfahrens. Vielen fehlt der spekulative Schwung, sie blickennicht über die gegebenen Tatsachen hinaus (Zeichen beachten!). Bei man-chen unterdrückt Zwecksinn, gläserne Klarheit der Form oder Gewissens-zwang die lebendigen Regungen, bei vitaleren Naturen wirkt dies nurwohltätig bremsend auf das Temperament. Meistens Sachgedächtnis undKonzentration, die vom Wahrnehmungsbereich ausklammern, was nichtbegrifflich beurteilt werden kann; gerade dies führt oft zur Prägnanz desAusdrucks.

Bei allen Aspekten eine gewisse Herbheit und Strenge, Suchen nach demGesetzmäßigen, Notwendigen, Berechenbaren. Das Verhältnis zur Traditionhindert oft leichtes Sichzurechtfinden in vorbildlosen Lagen. Meist ein wirt-schaftlicher Zug. Hie und da Strebertum. Im Alter zähes Verfechten dererrungenen Anschauungen.

20. Schlußfolgerung und Eingebung

��Im Verhältnis zwischen logischer Berechenbarkeit und er-

hellendem Geistesblitz liegt die Oktaven-Überstufung des Mer-kurischen und Uranischen. Zu vereinigen ist die schrittweise Ori-entierung, ausgehend vom offenbar Zweckmäßigen und kausalDenkbaren, mit der einschießenden Erleuchtung und sprunghaf-ten Umorientierung. Gemeinsam ist beiden Kräften die Tendenzzur Bewußtmachung, wobei man aber merkurisch sich in eineSachlage hineindenken muß, um folgerecht aus gegebenen Prä-missen das Richtige erschließen zu können, während man ura-nisch eine spontane Gewißheit hat und zuweilen die Kette

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möglicher Schlußfolgerungen im entscheidenden Glied ergreift.Verläßlicher ist meistens das erste, am Beweisbaren erläutert, daszweite kann ein treffsicheres «gewußt wo», aber auch ein Irrlichtsein. Dies hängt vom instrumentalen Bereitsein ab, nicht gleich-bedeutend mit Intelligenzentwicklung. Was auf inspirativer Stufe(Aussagegrenze!) zum Anstoß schubweiser Entwicklungen wird,Erfindungen, Entdeckungen hervorbringt, bleibt im unterbelich-teten Fall nur störende Unruhe, Abseitigkeit, Griff nach dem sen-sationell Neuen und führt zur Unterbrechung normalerweiseaussichtsvoller Methoden. Zur vollen Geistesverfügung muß bei-des, die merkurische Punkt-für-Punkt-Logik und das uranischeDenken in Knotenpunkten, zusammentreten. Allerdings hat diesmehr mit grundsätzlicher Änderung und geistigem Umbruch zutun, als mit ruhigem Ausbau auf gleichbleibendem Boden. Dannerfassen wir intuitiv sofort die Struktur des Wesentlichen, strebenin noch Unbekanntes, Künftiges, während der Verstand gleich-zeitig aus Bekanntem die Gründe herbeiholt und die Ausfüh-rungsbedingungen kritisiert. Häufig daher produktive Einfälle,fallweise Verbesserungen im sozialen Fortschritt oder unge-wohnte Einfälle auf speziellem Gebiet. Oft freilich bleibt es beieleganten Wendungen, situationsangepaßt, ohne tiefgehendeDurcharbeitung des Sichtfeldes. Im Falle der Nicht-Bewältigungvorschnelle Entschlüsse, überstürzte Schaltung und Auslassungs-fehler, Querwirkungen, Absurditäten.

Synthese: Die Komponenten greifen weniger hastig und verwirrend inein-ander als meist im Konfliktfall. Eingebungen werden relativ mühelos insachliches Durchdenken der Gründe und Hilfsmittel übergeleitet. Verschie-dene Schattierungen vom geistreich vorurteilslosen Denker, bei weltmänni-scher Angepaßtheit in seinen wesentlichen Stellungnahmen doch präzise,unsentimental und fest, bis zu den schnurrigen Freiheiten des Eigenbrödlers.Es sind nur unterschiedliche Stufen um Sitte und Brauch abzuschütteln.Schnelle Auffassung mit der Fähigkeit, auch zu überraschend Herangetra-genem einen unabhängigen Blickpunkt zu beziehen, häufig weitgehendeToleranz trotz Innehaltung von Grundüberzeugungen. Meist ein Sinn fürmoderne Probleme und Arbeitsmethoden, neuartige Zweckformen, in derenAbänderung erfinderische Einfälle, zuweilen geschickte Bastler. Geistig wiemanuell ein systematisches und zugleich flüssiges Eingehen auf radikaleWendungen. Dies kann allgemeine «Pionierhaltung» sein oder sich auf ein

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Spezialgebiet beschränken, als solches natürlich nicht im Aspekt enthalten.Vorfindlich bei Elektrotechnikern, Konstrukteuren, Physikern, Fliegern,Wirtschaftsstrategen, Politikern wie bei Künstlern und Dichtern, die in ir-gendeinem Punkt eine neue Sicht vertreten, bei Wissenschaftlern häufig einaufklärerischer Zug. Neben fortschrittlicher Einstellung und Weitblick oftein Originalitätsstandpunkt, der aus seiner Sicht Zurückgebliebenes gernaphoristisch mit Kernsätzen erledigt.

Analyse: Häufig jähe Wendungen im Werdegang, Krisen der geistigenStellungnahme, dann wieder unsichere Strecken mit nervengespanntemTaumeln zwischen Möglichkeiten, unterbrochen von rasch aufholendenSchüben. Fast immer sonderbare Entwicklungen. Zuweilen bereitet Skepsisdie Entladung umsturzbereiter Kräfte vor, bei anderen wird verständigeEinordnung in das Gegebene durchkreuzt von schockartigen Einflüssen.Jedenfalls ein spannungsgeladenes Geistesklima mit Plötzlichkeiten, Über-raschungen. Die Ansichten können dem real Erfüllbaren weit vorauseilen, eskommt zu abrupten Forderungen oder Behauptungen, deren logische Be-gründung oder Widerlegung schwierig ist. Mitunter steckt darin selbstüber-schätzender Anspruch bei seichtem Niveau, nervöser Hast und zersplitter-tem Handeln. Umgekehrt können Urteile und Schlußfolgerungen den Ereig-nissen nachhinken im Bemühen, sie begrifflich zu verarbeiten. Manchengehen in kritischen Augenblicken die Nerven durch, andere begegnen ihnenmit paradoxen Überspitzungen, wieder andere finden gerade aus Krisen zuerleuchtenden Aufschlüssen. In bezug auf Richtigkeit kommt es natürlichimmer darauf an, wer die Einfälle hat und wessen Verstand sie urteilsmäßigauswertet. Das Problem heißt, Nahebeurteilung und Verrechnung im Ge-samtblick zusammenzubringen sowie praktische Konsequenzen daraus zuziehen. Viele vermeintliche Sendungen entspringen dem unbewältigtenKonflikt, dem Wunsch, sich origineller zu geben als der Verstand ausreicht.Im Falle echter Sendung arbeitet die Spannung das, was bei minderem Ni-veau bloße Sperrigkeit und Quersprung ist, in überdimensionierter Schärfeheraus, und es gelingen mitunter Formulierungen, Entwürfe, Perspektiven,die einem Normalverstand irrsinnig vorkommen, sich aber bewahrheiten.Geniale dürfen sich dahin vorwagen, wo kleine Geister zerbrechen. DemMittelmaß haftet meist etwas nervös Zerfahrenes an, zuweilen findet mankühne Ansätze mit ungenügend durchdachtem Nachdruck, einen Wider-spruchsgeist, der sich in Kleinigkeiten verfängt, oft auch «ewig Unvollen-dete» und geistreiche Wirrköpfe. Sensible Erregbarkeit der Nerven, Un-fallsneigung aus Voreiligkeit, im pathologischen Fall unbeherrschteAusbrüche und Durchrisse.

Konjunktion: Sprunghafte und wendige Geistesverfassung, rasch im Er-greifen der Situation. Ein Hang zum Sonderbaren und Ausgefallenen kannmitunter Probleme von überraschender Seite her anpacken, auch Altge-wohntes in ein neues Licht setzen. Der intuitiv gefärbte Verstand, metho-

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disch erzogen, gelangt oft aus Alltäglichem angeregt zu außergewöhnlichenEinsichten. Im unterbelichteten Fall mehr eine eigensinnig skurrile Note,zuweilen launenhafte Possen und Narreteien, Taktlosigkeiten.

Bei allen Aspekten ist eine gewisse Unstetigkeit zu bekämpfen. Manmöchte «aus der Reihe tanzen», wo oft kein innerer Anlaß vorliegt, mancherist vom eigenen Witz geblendet. Viele private Konflikte lösen sich durchAnschluß an einen sozialen oder kulturellen Umbruch; der Hochwertigebetrachtet sich auch in normalen Zeiten als Glied einer Gesamtentwicklung.

21. Gewißheit und Ahnung

��Das Wissen von wäg- und meßbaren Dingen kommt in Ver-

hältnis zum Erträumten, Vermuteten, Visionären. Einerseits dergesunde Menschenverstand, der sich an gewohnte Maßstäbe undnachweislich Vorhandenes hält, anderseits die uns beflügelndePhantasie mit ihren Gefahren illusionistischer Vernebelung, dochauch die inspirative Schau. In diesem Zwielicht kann das Un-wahrscheinliche möglich werden, in irgendeiner Weise stellt sichdas Problem des Übergangs vom Endlichen ins Unendliche. Esgeht darum, geistig Fuß zu fassen auf unbekanntem Boden, denHorizont über das Plausible hinauszuschieben. Ein methodischerzogener Verstand befaßt sich etwa mit Grenzgebieten exakterForschung, sicherstellendem Begreifen ihrer Phänomene; er be-darf erhöhter Wachsamkeit gegen ein Unterminiertwerden vonunbewußten Wunschregungen. Das rein Merkurische büßt in die-ser Verbindung leicht an Schärfe ein, gewinnt aber an Weite.Wirtschaftliche und politische Orientierung geht gern spekulativvor, verfolgt hypothetische Ziele von Massenformat, das Techni-sche des Unternehmens und der berechenbare Erfolg genügt denTagträumern noch ungeborener Entwicklungen kaum. Religiosi-tät bekommt einen mystischen Unterton, das Begriffliche ist häu-fig seelischen Dämmerzuständen angeschlossen. Stets, auch bei

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vorhandener hellseherischer Begabung, ist Selbstkontrolle nötig,um nicht mit Berauschtwerden vom Erschauten den Täuschungs-quellen zu erliegen. Das Imaginative, Atmosphärische und Stim-mungshafte gelangt am besten in den Künsten zur Geltung, Mu-sik stellt eine der wesentlichen Entsprechungen dar, das Merkuri-sche geht dabei in das Manuelle ein. Natürlich steht das Niveaunicht im Aspekt; auf seine Rechnung gehen die korrupten Er-scheinungen und die Neugier, Geheimnisse entschleiern zu wol-len, wo Schweigen besser am Platz wäre. Bildungsmäßig geeig-neter für das Erfassen von Totalzusammenhängen als von kon-kreten Einzelheiten.

Synthese: Angeborener Sinn für das Unaussprechliche, ein durch bild-schöpferische Phantasie auf gelockertes Denken, das verborgenen Zusam-menhängen zustrebt. In das Blickfeld des nüchternen Verstandes greifenhäufig transzendental bestimmte Vorstellungen ein. Kritik hängt allerdingsvon der Geistesschulung ab, ihr Mangel wird oft durch nerven- und sinnes-mäßige Verfeinerung ersetzt. Manche haben Mühe, auszudrücken, wofürihnen die Worte zu eng scheinen, sie meinen etwas hinter dem, wovon siereden. Selten ein Mensch, der alle Karten aufdeckt, bei minderem Niveaubewußte Tarnung der Absichten. Im Zusammenleben meistens psychischeFeinfühligkeit, die Trennendes verschweigt und Klippen diplomatisch um-schifft. Zuweilen ein Spürsinn, der kommende Entwicklungen vorauswittertund bei wirtschaftlichen oder politischen Maßnahmen den Stimmungsfaktorberücksichtigt, demgemäß im Verhalten ein Stellungbeziehen, ohne sich dieHände zu binden. Selbst ein hausbackener Verstand kann zusammengehenmit geschickter Manövrierfähigkeit, ja, Raffinesse in der Vorbereitung desBodens für inszenierte Unternehmungen. Andere sind in sozialer Hinsichtüberschwemmt von einem glückverheißenden Erwartungsrausch und ma-chen utopische, weltverbessernde Vorschläge. Das Angezogensein vomRätselhaften, von unerschlossenen Möglichkeiten und Wundern kann be-sonders in künstlerischer Betätigung fruchtbar werden im Ausdenken phan-tasievoller Motive, eingetaucht in eine schwebende Gesamtstimmung. Inden Wissenschaften wirkt diese Kombination als Sinn für Randproblemeund solche, in denen das Wissen auf eine Zusammenschau hinsteuert; dem-entsprechend wechselseitige Durchdringung verschiedener Ebenen derSicht, ausweitende Arbeitshypothesen. Häufig ein ästhetisierender Zug imDenken.

Analyse: Im Konflikt steigert sich einerseits der Plänereichtum, die vomGewohnten abweichende Phantasie, anderseits die Gefahr trügerischer Vor-spiegelungen. Abwandelnd wirkt hauptsächlich das moralische Niveau

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(Aussagegrenze!), während das Intelligenzniveau sogar bei kriminellenNeigungen hoch sein kann, was dann einen Zug der Verschlagenheit ausbil-det. Ein weiterer abwandelnder Faktor ist die Auflösung des Persönlich-keitszusammenhalts oder dessen Abwehr; letztere, meist erlebt als Angst,den Boden zu verlieren, ruft betonter die Ratio zu Hilfe, im Falle der Struk-turlockerung dagegen entstehen häufig kompensatorische Wahnideen.Bleibt ferner das Neptunische streng vom Merkurischen geschieden undwird kein Übergang vom Traum zur nüchternen Lebenspraxis gefunden, soentsteht die Durchkreuzung und Störung unbeweisbarer Gefühlsgewißheitendurch den Intellekt. Bei unüberwachter Vermischung kann der heimlicheKult des Wunderbaren, Unergründlichen zur Sucht werden und zur Kon-fusion führen, indem ständig undefinierbare Vorstellungen einströmen, de-nen der Logos weicht und wogegen er nur Konstruktionen setzen kann. DieProblematik verlangt, Schein von Sein zu trennen und zu überwachen, wasman gedanklich in Beziehung bringt. Dies gilt vor allem für das Verhältnisdes Unbewußten zum Bewußten. Manche bleiben stecken im Dialog zwi-schen niederer Habsucht und der Ahnung höherer Aufgaben, andere schlit-tern bei besten Vorsätzen in eine Korruption hinein, bestochen durch Ver-hältnisse, leichtere Genußmöglichkeiten. Dies folgert freilich ebensowenigaus dem Aspekt wie die traditionell ihm zugeschriebene Lügenhaftigkeit.Letztere beruht oft auf Selbstberauschung an dem, was «psychische Inflati-on» heißt, und wobei der Realsinn in Verlust gerät. Auch aus Gründen desSchutzes, der Tarnung, kann ein Illusionsnebel mit zweckbedachter Wir-kung sich auf andere ausbreiten. Alle Grenzen sind hier fließend. MancheFlunkerei stellt den Versuch dar, langweiligen Feststellungen phantastischeLichter aufzusetzen, manche Hochstapelei ist eine auf falsche Akzente ge-brachte Selbststilisierung. Natürlich finden sich , auch betrügerische Medi-en, die den Phänomenen «nachhelfen». Positiv wirkt dieselbe Spannung,wenn das Begiffliche transparent wird für hintergründige Wahrheiten, so-bald also das Visionäre in symbolische Form eingeht, etwa im Dichteri-schen.

Konjunktion: Im vulgären Fall meist unbestimmte Urteile, psychischeVernebelungen der Sicht, auch Hereinfallen auf Mystifikationen. Selbst beigehobenem Niveau und kritisch erzogenem Verstand häufig die Tendenz,sich präziser Stellungnahme zu entziehen, elastische Umgehung heiklerFragen. Wo das Neptunische stärker in den Ausdruckswillen eingeht, ent-steht der «mystische Stammler». Von echter Inspiration getragen erlangt dasDenken eine ungewöhnliche Weitsicht, die aber selten von Zeitgenossenbegriffen wird. Die Praxis braucht irgendwelche religiöse, soziale oderkünstlerische Motive, die über das Vorgefundene hinwegweisen. Mituntereine seltsame Verbindung schwärmerischer Ideen und menschlicher Hilfs-bereitschaft mit technischen Griffen, hinter denen vorteilsuchende Absich-ten stecken.

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Bei allen Aspekten ein Sinn für das Verborgene, Transzendente, häufigBeschäftigung mit okkulten Fragen. Ein leicht störbarer Harmoniewunschüberwölbt auch das Gegensätzliche. Schadhafte Stellen werden mehr mitfeinsinniger Ironie aufgedeckt, friedliche Lösungen suchend, als aggressiv.Zuweilen Panikstimmungen, sobald der Logos aussetzt.

VENUSASPEKTE

Bei Aspekten der Venus frage man: welche Problematik entsteht, wennselbsteigene Harmonie und Gleichgewicht des sinnlichen Kontakts mit derUmwelt beeinträchtigt oder gefördert wird durch eine andere Wesenskraft?Im Verhältnis zur vitalen Selbstbehauptung (�), der emotionalen Anteil-nahme (�) und der Verstandestätigkeit (�) wurde dies bereits behandelt.

22. Bereitschaft und Gewalt

��Geschlechtlichkeit im engeren wie im übertragenen Sinne, in

allem Tun und Lassen; ist mit diesem Aspekt berührt. Zwei mit-einander gesetzte, korrelativ aufeinander bezogene Verhaltens-weisen gehen eine Verbindung ein. Hier das auf Anregung,Durchdrungenwerden, Belebung harrende Gleichgewicht, dieRuhelage resonanter Empfindungen, dort ihr gegenübergestelltdie anregende, eindringliche, belebende Aktivität, das Ungleich-gewicht tätiger Impulse. Eines kann ohne das andere sich nichtrein zur Geltung bringen: Doch die Leidenschaft geschlechtlicherEinseitigkeit ist noch nicht Harmonie der menschlichen Bezie-hung. Im gesamtmenschlichen Sinne sind wir ambivalent. Darinlautet das Problem, wie der Friede mit sich und anderen, die aus-gleichenden Kontaktformen und das Störungen beseitigende Er-haltungsstreben in Einklang zu bringen sei mit unruhevollenAntrieben zur Änderung des Bestehenden. Vorwärtstreibende

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Dynamik soll schlummernde Fähigkeiten erwecken, gestaltge-benden Formsinn aufschließen und Stagnation verhüten, doch imMaß befruchtenden Ansporns gehalten sein. Der Einbruch in einebestehende Ordnung wirkt notgedrungen mehr oder minder ge-waltsam; indem er jedoch auf latente Bereitschaften eingeht undihnen konform sich auswirkt, enthemmt er sie und strömt in le-bensförderliche Bahnen ab. «Männliche» Rauhbeinigkeit wirddabei in «weibliche» Schule genommen, das Kämpferische, Ag-gressive sozusagen im Boudoir des Geschmacks zu feineren Sit-ten erzogen, die ästhetische Wahl wiederum wird erst lebens-schöpferisch durch Energien, auf die sie anspricht. Ohne solchenkorrelativen Einfluß würde das Marsische sich in Überschärfun-gen, zerstörerischen Aktionen, das Venushafte sich in erschlaf-fendem Genießen und Zeitvertändelung totlaufen. Psychologischverlangt dies Richtung der Motorik, Abfuhr von Energieüber-schüssen an Beeindruckendes, anderseits Umschaltung der Sin-nesreaktion in tätige Antwort. Sozial ist es das Verhältnis vonVerträglichkeit, Gesellung und Eingewöhnung zum individuellHervorstechenden, das die Gemeinschaft sprengt. Unterschiedein der Deutung bei Mann und Frau s. unter «Geschlecht».

Synthese: Durchblutete Sinnlichkeit in Einklang mit gesteigerten Lebens-antrieben, wobei ein Übermaß maskuliner Derbheit oder femininer Schwä-che sich im Kräfteaustausch aufhebt. Im sozialen Verhalten bekommenweder Zerstörungslust noch bedingungslose Anpassung die Oberhand, pri-vat werden aggressive Anwandlungen in Zaum gehalten durch verbindlicheFormen. Oft sorgloses Gefallen an Vergnügungen und galanten Abenteuern,mitunter ein charmanter und warmherziger Leichtsinn (Zeichen beachten!),auch bei ernsterem Streben dahin umstimmbar, sofern Trieb und Empfin-dung unmittelbar angesprochen werden. Fast immer starke Geschlechtskraftund sicherer Wahlinstinkt, zwar den Bedingungen des Partners angemessen,doch unverstellt zur Erfüllung gebracht. Bei eintretender Versagung derErwartungen und Wünsche, wenn im sexuellen Ausleben behindert, kanndas Lustmotiv relativ leicht sublimiert werden, besonders in künstlerischerForm; sinnenfrohe Leidenschaftlichkeit geht dann ein in farbig-plastischeVorstellungskraft und vital durchfühlte Ausdrucksweise, das Formniveauliegt freilich nicht im Aspekt. Ebenso gibt es Umleitungen ins Soziale oderReligiöse, mehr mit lebhafter Wunschprojektion nach greifbaren Attributenverlangend als gedankenblaß. Wunsch, Erwartung und Begehren findenmeist einen Weg zur hinreichenden Auslösung und Befriedigung.

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Analyse: Das Schönheitsverlangen ist eher gesteigert, das sexuelle Begeh-ren eher aufgestachelt als abgeschwächt, doch Mögen und Können liegenöfter in Widerstreit. Der fühlungnehmende Kontakt geht schwer zusammenmit der fordernden Energie, Hingabe und Anspruch verfehlen einanderleicht, es gibt auf allen Gebieten störende Überschneidungen von Passivitätund Aktivität. Mitunter eine hochgespannte Trieb- und Sinnenwachheit, dieim normalen Leben nicht unterzubringen ist. In schwierigen Fällen kommtes zur Spaltung zwischen Eros und Aggression, sie gehen getrennte Wege.Auch in unverfänglichen Beziehungen kann sich das spontane Ergreifen desAugenblicks gegen das reaktive Empfinden der Umstände stellen. Wurzelndie Spannungen auch meist in Komplizierungen des Trieblebens, worin oftdie Nachwirkung frühester Erlebnisse Verwirrungen stiftet, so sind sie an-derseits im Triebmäßigen allein nicht befriedigend lösbar. Sublimierungs-formen bekommen darum häufig den Wert von seelischen Sicherheits-ventilen; gerade dies kann etwa künstlerischen Gestaltungen lebhafte Dra-matik und farbige Glut geben. Letzten Endes dreht sich die Problematik umDienstbarmachung destruktiver Energie für konstruktive Harmonie. Gefähr-licher sind deshalb die Übertragungen ins Politische, wo, um etwas aufzu-bauen und zu erhalten, häufig streitbare Kräfte in Gang gesetzt werden.Selten geht es ohne Übertreibungen dieser Art ab, bei vorhandener humori-stischer Note lebt sich dies gern karrikierend und parodistisch aus. Humor-loser religiöser Ernst dagegen unterwirft die triebmäßige Unruhe undReizbarkeit zuweilen gewaltsam einer Askese, ohne den Spannungsherdunterdrücken zu können. Die Lösung liegt immer im erworbenen Abstandzum Affekt in seiner Besinnungslosigkeit, auch zu Umformungen; Leerlaufund Resignation sind auf die Dauer nicht tragbar bei dieser oft «saftstrot-zenden» Anlage. Schaff ende Energie will im organischen Gleichgewichtdes gesamten Lebensstils ausgegeben sein, die Kultivierung des Genießenssteht dabei nicht hinter tätigen Aufgaben zurück. Triebschicksale treten re-lativ früh ein und verlaufen ereignismäßig meistens anders als erwartet.Fehlgriffe der Wahl haben mitunter unliebsame Konsequenzen, und vorbeu-gende Besinnung ist daher besser als Korrigieren der Nachwirkungen.

Konjunktion: Eine ambivalente Lage zwischen oder über dem Ge-schlechtsgegensatz, die oft zu seltsamen Liebesschicksalen führt. Bei sin-nenwacher und triebstarker Gegenwärtigkeit rollt sich das Thema dereigentlichen menschlichen Begegnung auf. Bereitschaft und Gewalt könnensich dabei gegenseitig stören oder verbinden; stößt man beim Partner aufkrasse Einseitigkeiten, so kreuzen sich zuweilen freundliche und feindlicheGefühle zur «Haßliebe». Eher eine leidenschaftliche Erfülltheit vom Fürund Wider dessen, was Eindruck macht, als Indifferenz; diese stark model-lierte Beteiligung gehört zum gesunden Fall, bis zunehmende Reife sie ab-klärt. Doch Empfänglichkeit und aktiver Anspruch sperren sich mitunter; impathologischen Fall sadistisch-masochistische Spannung. Meist ist der

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Mensch zu sehr mit seinen Schwankungen beschäftigt, um andere restlos fürsich zu gewinnen oder Fremdem sich ganz hinzugeben. Erwartungen habenhäufig einen aggressiv fordernden Zug, während unbewußt Schritte unter-nommen werden, welche die volle Befriedigung unterbinden; die Antriebs-kraft ist wiederum in entscheidenden Augenblicken oft lässig, unentschie-den, und macht das Ereignis von empfundener Zustimmung abhängig. Pri-mitiv eine verzehrende Sinnlichkeit, auch Dreistigkeit im Verhältnis zumanderen Geschlecht (Zeichen beachten!) mit dem Stachel der Unruhe, dieweder Maß noch Dauerbindung findet. Auf hohem Niveau stoßweise her-vorquellende Produktivität, in künstlerischer Übertragung häufig Werke, diesich selbst genügen, ohne daß viel auf die ausgeübte Wirkung geachtet wird.

Bei allen Aspekten eine mit dem Kontakt wechselnde Lebensnähe, auchfür Abstraktheiten ein Aufsuchen der Menschen und Dinge, die sie an-schaulich einkörpern. Beziehungen dramatisieren sich leicht, häufig über-eilte Verbindungen oder Unbeherrschtheiten, die vom Leben korrigiertwerden.

23. Genuß und Bedeutung

��Diese beiden «Wohltäter» der vulgären Astrologie haben eines

gemeinsam: das Maß. Es gilt jedoch in verschiedener Hinsicht;beim Venushaften ist die Proportion eines Reizes zum anderengemeint, beim Jupiterhaften die auf das Bestbekömmliche ab-zielende Mäßigung. Jenes verharrt auch beim aufgegriffenenKontakt mehr im eigenen Erlebnisraum, dieses wirkt expansiv indie Umwelt hinein oder findet aus der Beziehung dazu zumselbsteigenen Sinn des Daseins. Darin liegt das regelnde Maß desJupiterhaften, und im Streben nach dem Wohl für alle setzt essich ab gegen das Maß der Venuswelt, persönliches Harmonie-verlangen. Ästhetischen Genuß, Liebeslust, alles was von denSinnen lebt und bei inadäquatem Reiz oder Übersättigung inUnlust umschlägt, bringt dieser Aspekt in ein Verhältnis zur sogesehenen Bedeutung. Ideale wollen daher mit Sinnenkultur zu-sammengehen. Die Echtheit übergeordneter Ziele, einer Sinn-

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gebung, ist allerdings Sache der Entwicklungshöhe und Reife(Aussagegrenze!), worin sich gesellige Bedürfnisse vereinen miteinem höheren Wert des Zusammenseins. Normalerweise kommtes nur zur Verbindung des Angenehmen mit dem Verträglichen.Besonders wichtig ist der Aspekt für die Ehe, deren Glück janicht allein auf der Leidenschaft beruht, sondern dem Schritthal-tenkönnen in der Entwicklung, dem geistigen Zusammenwach-sen. Hier und natürlich auch außerehelich bezeichnet er dasVerhältnis zwischen Liebe und Vernunft, was freilich ebenso ineinem kompromißhaft aufeinander abgestimmten Wohlleben seinOptimum erreichen kann. Die Aspektart gibt keine Auskunft dar-über, worin das Bestmögliche gesucht und wieweit es vom Ge-nußwunsch auf gesogen wird. Oft spannen Dissonanzen eherdazu an, nach Verbesserung zu trachten, doch gemeinhin sprichtman eher von Hunger und Liebe als von Elementargewalten -verfeinerungsfähigen -, nicht von Güte, Gerechtigkeit, Vervoll-kommnungsstreben und anderen ethisch-produktiven Tugendenals solchen. Auch im «günstigsten» Aspekt bleibt es häufig beifriedlich-schiedlichen Regelungen und bequemem Lebensstil,einem Verhalten, das nirgendwo aneckt.

Synthese: Eine Härten abschleifende Betrachtungsweise, ausgleichenderTakt im Umgang, breitet ein gewisses Wohlwollen über die Gesamthaltung.Auch im aktiven Streben wird die Forderung verspürt, sich den Gegeben-heiten einer beständigen Bindung einzupassen, während die passivenWunschformen sich den Glauben an den Menschen erhalten. Im großenganzen aufbauende Tendenz, gerundete Selbstentfaltung und voller Lebens-genuß, eine selten verletzende Offenheit der Darbietung. Dies ergibt aller-dings bei minderem Niveau auch beifallsabhängige Genießer und Schön-redner, die als selbstverständlich ansehen, daß ihnen die Früchte des Da-seins in den Schoß fallen, manche durch Geltungsstreben aufgebauschteUnbedeutendheit. Mit dem Niveau steigt die Anstrengung, das Vorgefunde-ne zu verbessern und die eigenen Produktivkräfte aufzuschließen, die dannmeist gemeinnützige Inhalte mit gefälliger Form vereinen. Je beherrschen-der die humanen Grundsätze, um so mehr hat der Mensch zu geben. Dieskommt zuweilen in weitherziger Hilfsbereitschaft, überströmender Wärmezum Ausdruck. Im Religiösen kaum je fanatisch, mehr einer praktisch-vernünftigen Weltlenkung vertrauend. Oft ein Reinlichkeits- und Ordnungs-bedürfnis in der Wahl der Beziehungen und Unterhaltsmittel, für derenPflege einiges getan wird. Meist auch äußerer Aufstieg, doch ist die tradi-

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tionelle Bewertung als «Glücksaspekt» mit Einschränkung aufzunehmen;Erfolg und glückliche Selbstzufriedenheit des launigen Großtuers kann be-günstigt sein durch Ringen um größere Wirkungsbreite, anderseits daswohlproportionierte Ausmaß in sublimierten Formen gesucht werden. Jenachdem verlegt sich die Selbstüberzeugung von bequemen Bestätigungenauf das Erreichen hochgesteckter Ziele. Meist aber beliebt im persönlichenUmkreis.

Analyse: Weniger sorglos, auch mit den Erfolgen selten zufrieden. DerKonflikt besteht darin, daß hochgespannte Hoffnungen, zumal im Liebes-verlangen, nach etwas greifen, was nicht herbeizuzwingen ist, und manch-mal, wenn ein glücklicher Augenblick sich einstellt, das Dargebotene nichtangenommen werden kann. Dies liegt nicht immer am persönlichen Versa-gen; man kann sich in bester Absicht zwischen die Stühle setzen. Das Pro-blem wird gemeistert durch situationsgerechte Einstellung auf dasVorhandene, Würdigung und Genuß auch des Unerwünschten. Die astrolo-gische Tradition vermeint zu Unrecht, Abfälliges über den menschlichenWert sagen zu dürfen; ein hoher Entwicklungsgrad wird in diesem Aspekteher gesteigert, während ein niederer sich leichter bloßstellt im Haschennach Ersatzbefriedigungen und Scheintugenden. Liebe und Gerechtigkeitkönnen auch hier die Leitsterne sein, nur glaubt man weniger vorbehaltlosan eine Weltordnung, in der alles zum Besten eingerichtet ist, sieht dieTragweite von Liebeserweisungen weniger optimistisch an. Dies kann zumHebel einer schöpferischen Werbekraft werden, die aus dem Mitmenschenoder aus sich schaffen will, was sich nicht voraussetzungslos ergibt. DerSinn auch eines fragmentarischen Werks liegt oft in der vermittelten Be-deutung, dem zurückgelegten Weg, dem vorgelebten Beispiel. Ein Fehlensolcher Inhalte wird allerdings gern durch große Worte ersetzt; es entstehtder Anerkennung suchende Streber oder es kommt zu Maßlosigkeiten imGenußleben, manchmal zu beidem in einer Person, zu irgendeiner Üppigkeitder Ansprüche über die Deckung hinaus. Bei anderen wagt sich dies Expan-sive nicht hervor, sie verweichlichen im Wohlstand mit Beschönigung eige-ner Fehler, ablenkenden Wunschprojektionen. Wieder andere geraten durcherotische Instinktbeirrungen in ein turbulentes Leben, greifen allzu raschden Kontakt auf, wenn sie sich von einem Partner bestätigt glauben; müssensich mit zwiespältigen Beziehungen abfinden. Vielfach Dissonanzen in derEhe, entwicklungsmäßiges oder soziales Mißverhältnis der Partner, auchsonst Abschließen nicht einzuhaltender Verträge. Eine den eigenen Anlagenentsprechende Leitlinie und das richtige Maß der Übereinkunft mit anderenbringen Stetigkeit in den Lebensstil.

Konjunktion: Die Empfindungswelt erhält oft eine übertriebene Bedeu-tung, welche sie zum Sinn des Daseins erhebt, wichtig für Übertragungenins Künstlerische. Im normalen Leben ist dies schwieriger unterzubringen,und niveaumäßig vorhandene ausschweifende, üppige, eitle Bedürfnisse

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bringt die Überschwänglichkeit dieser Kräfteverbindung zum Vorschein.Projektive Erwartungen führen mitunter zur Hörigkeit, Enttäuschungen zuWertkrisen; dabei fallen angereihte Aspekte anderer Planeten und derenFeldstellung ins Gewicht. In der Wirkung durch das persönliche Auftretenmeist sympathisch, kontaktgewinnend, vernünftig und maßvoll, anderseitswird das in den eigenen Anschauungen Gültige auch für die Mitwelt alsverbindlich angesehen, was ungewollt Überheblichkeiten ergeben kann.Selten eine Liebeszuwendung ohne gütigen Grundzug und ein wenig Göt-zendienst. Wird dies nicht abgenommen, so staut sich das Verlangen in psy-chischen Sackgassen. Im übrigen etwas bequem, viele legen sich gern in einfertig gemachtes weiches Bett, verführbar durch luxuriöse Annehmlichkei-ten, die aber auch im Kulturellen liegen können, geordneter Verhältnissebedürftig oder an ihrem Mangel leidend, meist philanthropische Einstellung.

Bei allen Aspekten kommt es auf geistige Fundierung der Sinnlichkeit an,um nicht zufälligen Reizwirkungen zu erliegen. Meistens Anreicherung-stendenz, aber auch großzügiger Verbrauch. Härte, Schärfe, klare und ent-schiedene Stellungnahme ist in Aspekten anderer Planeten zu suchen.

24. Lustreiz und Konzentration

��Ein ernster Akkord des Empfindungslebens ist mit diesem

Aspekt angeschlagen, er verlangt, von der Oberfläche zur Tiefezu dringen, soll er nicht als Abhaltung und Minderung erlebtwerden. Leicht wird bei diesem Kräftepaar der Punkt der innerenVerwandtschaft übersehen und der Unterschied dem Gegensatzvon Lust und Unlust zugeschanzt. Der ästhetische Genuß einerSache und die Auskristallisation der Erfahrung daran sind freilichzweierlei, jener kann besonders im Beginn durch Einbildungs-kraft verschönt werden. Hierdurch mitbedingt bringen die Ereig-nisse dann oft Enttäuschung. Bei adäquater Verbindung jedochnimmt das Empfinden unbestochen vom Begehrungswunsch ander Feststellung der Tatsachen teil, wie umgekehrt die Erwar-tungen der ungeschminkten Wirklichkeit gelten. Der Konfliktfallbekommt häufig eine tragische Note dadurch, daß gedankliche

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Konzentrate, Vorschriften, Pflichtbegriffe fremd zur naivensinnlichen Bereitschaft, zur unbeschwerten Aufnahmefähigkeitstehen; analog der Triebhemmung bei Mars entsteht dann eineEmpfindungssperre, und als «schlechtes Schicksal» erscheintmitunter, was an der selbstgezogenen Kluft oder einem hartnäk-kig festgehaltenen Wunsche liegt. Die gemeinsame Passivität derKräfte wirkt dann negativ. Anderseits ist das Venushafte in die-ser Kombination weniger unstet, verführerisch und locker alssonst, pocht das Saturnische weniger kalt auf materielle Maßstä-be, bestätigt vielmehr den inneren Grund einer Bindung. Richtetsich etwa die Liebeskraft auf einen Menschen in aller Wirklich-keitsnähe, mit Einschluß seiner realen Bedingungen, so kannman eine sonst nicht zustandekommende Ausdauer und Stand-haftigkeit, ja eine Opferbereitschaft bis zur Versachlichung sei-ner selbst entfaltet finden. Mit aufgehäufter Lebenserfahrung imvorgerückten Alter wird dieser Aspekt gemeinhin leichter lebbar,doch kann er sich bereits in der Jugend als unbedingte Entschlos-senheit einer Zuwendung bewähren. Auf hoher Entwicklungsstu-fe wacht eine Gewissenhaftigkeit der Grundsätze über dieHerzensregungen. In den Sublimierungen kommt meist ein durchTradition, Material und Gebrauchszweck bestimmtes Formgefühlzum Vorschein, die unter Vermeiden überflüssigen Zierrats kul-tivierte Schönheit der Sache an sich. Der Aspekt gilt besonders inBeziehung zur erotischen Seite der Weiblichkeit, s. «Ge-schlecht».

Synthese: Meist stehen Empfindungsweise und Grundsätze im Einklang,die Wünsche erstreben in diesem Rahmen einen Ausgleich mit der Wirk-lichkeit. Auch äußerem Zwang, selbst harten Notwendigkeiten gelingt esselten, eine so erlangte Einstellung umzuwerfen. Der Lebensstil sucht sichden sozial gültigen Anschauungen anzupassen, sofern nicht tief verwurzelteGewohnheiten, Familientradition und dergleichen dagegen sprechen; kon-servative Haltung gegenüber Neuerungen in dem, was als schön gilt, in Mo-defragen meist dezent. Häufig Enthaltsamkeit im Triebleben aus formellenRücksichten, manchmal Ungeschick und Schwerfälligkeit im Kontakt, oderaus einer dem Wahlinstinkt unterstellten Selbstbeschränkung, «sich aufspa-ren» für die wesentliche Beziehung. Eingegangene Bindungen pflegen festzu sitzen, und bevor es dazu kommt, werden gewisse Proben verlangt. Ern-ste Neigungen, treu und aufrichtig gemeint, wollen realistisch unter Beweis

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gestellt sein; zuweilen wird das Liebesschicksal sehr durch materielle Tat-sachen geformt. Was äußerlich betrachtet manchmal wie Herzenskälte aus-sieht, beruht meistens auf einer gewissen Scheu und Kargheit der Bezeu-gung, ergänzt durch ein Idol der Untadeligkeit. Mißverstandenwerden dieserAnlage oder Mangel, sie auszuleben, erzeugen häufig erotische Minderwer-tigkeitsgefühle. Die durch Achtung vor dem Partner und harmonische Zu-sammengewöhnung unterstützte Stabilität der Empfindungen ermöglichteine konfliktlose Treue in Liebe und Freundschaft; die Gefühle konzentrie-ren sich innerhalb der Anschauungsgrenzen und des darin Erlaubten aufihren Gegenstand, erfüllen auch nüchterne Verrichtungen mit Bedeutungund Gewicht. Geeignet für Vertrauensstellung in korrekten Obliegenheiten,haushälterische Neigung, Vorsorge für Liebgewonnene, zuweilen ein takt-voll ausgedrücktes Mitgefühl mit Armen, Leidenden, Zukurzgekommenen.Im Beruflichen soll geschmackvoll ausgefeilte Form mit Gediegenheit derSache und Materialwert zusammengehen. Musisch weniger geschickt, eherdurch Studium erlangbare Perfektion der Formgebung; häufig ein Sinn fürdas Bauwesen, in Kleidung und Wohnung, im Ausstattungsmäßigen eineBevorzugung dunkler, erdiger Farben; auch eine melancholische Musikalitätentspricht dieser Grundstimmung.

Analyse: Es bedarf einer gewissen Entwicklungshöhe, wenn aus erlebtenVersagungen, «Frustrierungen», oder aus empfindungsmäßigem Unausge-fülltsein keine Härten und Lücken im Charakter resultieren sollen. Beson-ders in der Pubertät können nicht eingesehene Verbote oder sozialeSchranken, irgendwelche dem Lustwunsch aufgedrungene Verzichte unbe-wußte Fixierungen hemmender Art schaffen; mitunter fragt es sich, wieweitbeschränkte Liebeskraft schon erbmäßig zurückgeht und als «angeboreneLieblosigkeit» aufscheint. Doch die Dämme sind meist ein Ergebnis ausAnlage und Individualgeschichte. Jedenfalls können Enttäuschungs-bereitschaft, Verdrängung und Rückschlag eines Zwangs zu nachhaltigenKonflikten führen. Zuweilen berühren sich die Extreme krankhafter Schamund des Vergnügens an Obszönitäten, im pathologischen Fall bilden sichFetischismus, Ekelfixierungen und ähnliches heraus. Störrigkeiten undleichte Störbarkeit des erotischen Gleichgewichts finden sich auch im ge-sunden Fall. Zur geistigen Bewältigung der Empfindungsscheu darf manetwas, was unmittelbar lockt und schön anmutet, nicht beeinträchtigen las-sen durch begriffliche Fixierung von Nebenumständen, seinen Wert nichtmessen an dem, was in analogen Fällen sich hinterher als Realität herausge-stellt hat. Zur freien Verbindung der Kräfte kommt es auf Abstand des äs-thetischen Erlebnisses zum Wirklichkeitssinn an. Immer sind gewisseUnfreiheiten des geselligen Verkehrs zu überwinden, selten ein ungezügel-ter Genuß. Sublimierungen müssen damit rechnen, daß dem Lustreiz zu-nächst die naive Unschuld fehlt, die Gestaltungskraft sich durch einen Wallvorgefaßter Begriffe und zähflüssiges Haften am Gegenstand hindurch-

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arbeiten muß; der Geniale (Aussagegrenze!) tendiert zum formalen Aus-druck tiefer Inhalte. Dies macht besonders die Kunst zum ernsten Auftrag.Bei Dilettanten bleibt sie mehr eine «unglückliche Liebe» als Kompensationfür sonstige Versagungen, im Gegenfalle bildet sich ausgesprochene Kunst-feindschaft aus oder die Kritik des Zukurzgekommenen. Falsche Bezie-hungswahl kann zur Tragik in der Ehe führen, eben weil sie mitunter alsheiliges Dogma gegen Diskrepanzen durchgehalten wird. In anderen Fällenwird eine Dauerbindung durch Abwehrreaktionen hinausgezögert, wennnicht unterbunden, erschwert, verlangsamt ist immer die Hingabe an den«schönen Augenblick». Selten ein Werdegang ohne schicksalhaften Bruchvon Beziehungen; manche nehmen eine fremde Schuld auf ihre Schultern,auch soziale Schicht, Kulturniveau können trennendes Schicksal werden. Inalledem sowie in beruflicher Zusammenarbeit und sozialer Stellung findenhäufig erst Spätlösungen, umso gefestigter, ihre glückliche Form. Die posi-tiven Ergebnisse liegen im ernsten, gewichtigen Einsatz verarbeiteter indi-vidueller Erfahrungen, im zähen Festhalten am Erworbenen.

Konjunktion: Erfahrung und Grundüberzeugungen, häufig aber auch auf-gedrungene Verbote, bilden einen Bremsblock oder einen nur in bestimmterWeise durchlässigen Filter für das Lustbegehren. Je nachdem Abriegelungoder Steuerung des empfindungsmäßigen Weltoffenseins, oft ein redlichesSuchen nach endgültiger sozialer oder anschauungsmäßiger Einordnung,wobei aber die Erkenntnisform hauptsächlich. in der Empfindung liegt. An-fänglich häufig Kontaktscheu, Schwerfälligkeiten, auch Ungeschick im Um-gang sowie aussetzende Reizempfänglichkeit, wo die Sperren liegen. Dane-ben ernste und unbedingte Hingabe, sofern eine Identifizierung mit Personoder Sache eintritt. Das Ergriffensein vom Liebesempfinden kann denGrund des Existenzbewußtseins aufwühlen. Im Verhältnis zur Realitätschicksalhaft festgelegt durch das, was nacheinander in den Gesichtskreistritt, denn nur dasjenige, worin die Persönlichkeit empfindungsmäßig Fußgefaßt hat, vermittelt ihr eine Selbstsicherheit. Zuweilen ist die Gefühlslagedurch äußere Notwendigkeiten beengt, findet in oberflächlichen Vergnü-gungen nur Ersatzbefriedigung ohne bindenden Halt. Verkapselte Erwar-tungen, schwer erfüllbar, ankern in der Tiefe, oft erst harmonischeSpätlösungen.

Bei allen Aspekten ein schwerblütiger Zug, melancholischer Grundtonder Empfindungen. Private Bindungen sind oft erst durch freiwillige Ver-zichte haltbar. In echten Sublimierungen tendiert die Anlage zur Größe undunbedingten Form.

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25. Bindung und Freizügigkeit

��Sinnlicher Kontakt, empfundene Reizsituation kommt in Ver-

hältnis mit intuitivem Vorstoß zu neuartiger Sicht. Schwerlidsfolgt die Wahl von Beziehungen, die Ausgestaltung des Daseinsden geltenden Normen, gesucht wird vielmehr das Ungewöhnli-che in den gewöhnlichsten Genußformen. Dies bedeutet gewisseExtravaganzen des Geschmacks, Unregelmäßigkeiten der sozia-len Einpassung, spontan aufgegriffene Kontakte, deren Bin-dungsform wieder locker gehalten sein will, sollen sie nicht zurFessel werden. Niveau ist eine Frage der Inhalte, um die es hier-bei geht, sowie der ästhetisch verfeinerten Form, in der sie dar-geboten werden. Die unberechenbaren Empfindungen könnenauch «Fünfminutenbrenner», die Geistesblitze eine Flucht in zy-nische Grillen und Sondertouren sein, der Lebensgenuß sich insnobistische Abweichungen verirren. Die Neigung zu einem vonKonventionen freien Verkehr zwischen den Geschlechtern führtim Falle unbewältigter Spannung zur Abkehr überhaupt oder zurPerversion. Die Problematik enthält, daß Augenscheinliches undAltgewohntes oft als langweilig empfunden, nach vorwärtswei-senden Gesichtspunkten ausgerichtet wird, auf irgendeine Art einkulturrevolutionärer Impuls sich geltend macht. Dies kann eingeistiger oder künstlerischer Umbruch, eine politische Neuge-staltung der Verhältnisse sein, kann im Heer der Filmleute, Es-sayisten, Kunstgewerbler, Modeschöpfer, technischen Konstruk-teure am ästhetischen Gesicht der Zeit mitformen. Mehr asozialgelebt, ohne solchen Anschluß an eine Umgestaltung mitmensch-licher Beziehungen, bleibt es bei gelegentlichen «Verrückt-heiten» und Seitensprüngen, aberwitzigen Gelüsten, aus demRahmen fallenden Liebesgeschichten. Wesenskräfte sind imPrinzip nie ausschöpfbar; bei diesem Aspekt abnorm durchgei-stigter Sinnlichkeit muß man das Momentane des Vollzugs be-achten und jeweils aufpassen, wann das Venushafte gesättigt ist,damit das Uranische nicht weitertreibend in Überreizungen führt.

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Synthese: Labile, oft etwas sensationsbedürftige, mitunter romantischverstiegene Empfindungslage. Im Umgang meist witziger, sprungbereiterund faszinierender Ausdruck, rasche Reaktionen, insbesondere magnetischeAnziehung auf das andere Geschlecht. Häufig originelle Quersprünge undUmblendungen der Blickweise, auch erfinderisch im Technischen, wennaber unbeschwert von Materialerfahrung, können dies schön konstruierteBlindgänger sein. In allem hängt der geistige Gehalt von der Inspiration ab.Bevorzugung eigener Wege in Sozialanschauungen, reformerisch, zukunfts-gerichtet, unerwartete Schwenkungen, wo sich neue Ausblicke eröffnen, beiminderem Niveau bindungslos und leichtfertig verspielt. Wechselnde Be-ziehungen, abgestoßen vom normalen Gleichlauf, Liebe auf den ersten Blickoder unerfüllbare Idolbildungen, die dann gern in «platonische Liebe» ein-münden. Bei Frauen oft prickelnder Charme mit plötzlichen Ausbrüchenund wieder beirrender Taktik. Im Habitus mehr auffallend als angepaßt. DieInteressen brauchen sozusagen einen «Aufhänger», um das Vorhandenegeistreicher und bedeutsamer als gewohnt zu sehen, dann Sammlung unterdiesem Gesichtspunkt. Bei seinem Mangel mehr zerstreuend, sich treibenlassend mit abrupten Kursänderungen, in der Arbeitsweise wie in privatenGewohnheiten die Langeweile fliehend. Mitunter Vorausschau kommenderDinge, am Anschaulichen erweckte Intuition, besonders beim Eingeheneiner Beziehung spontane Gewißheit ihrer Grenzen und ihres Ausgangs.Anstelle abwartender Wärme meist stichflammenartige Überhitzung.

Analyse: Der Konflikt zerfällt stärker in die Extreme, die Spannung be-tont das Trennende, die Abständigkeit zum Normalen. Das nervenmäßigleicht störbare Gleichgewicht hält sich oft an konstruierte Harmonie- undGlücksideale, deren gläserne Starrheit an der Wirklichkeit zerbricht. Aussolchen Katastrophen gewinnt der Geniale (Aussagegrenze!) an Größe deskünstlerischen Ausdrucks, auch soziale Entwürfe können sie überbrücken,während sich bei mangelndem Persönlichkeitszusammenhang zuweilen eineAbwanderung ins Pathologische ergibt, in Spaltungserscheinungen, Perver-sionen. Dies liegt natürlich nicht im Aspekt, der nur ein unberechenbaresNaturell, der regelnden Disziplin bedürftig, angibt. Es sind sowohl Zügello-sigkeit und entgleisende Erregung möglich als auch puritanische Strenge,welche das Wirkliche an ausgedachten Ordnungen mißt, selten ein Gleich-maß naiver Gefühlswärme. Beirrungen des Wahlinstinkts können in krisen-haltige Beziehungen hineinmanövrieren. Manchmal empfindungserregte«Sofortprogramme», die zu bleibenden Ergebnissen gesteuert sein wollen,wenn es nicht taube Nüsse sind. Die leitenden Ideen werden meist konzessi-onslos verfochten, mitunter überspitzt auf Grund sozialer Abseitsstellung;auch schicksalhafte Trennungen oder Körperschäden, merkwürdige Ver-kettungen in Herkunft und Familie können an der Radikalisierung mitwir-ken. Selten ein Werdegang auf «goldener Mittelstraße» ohne Überraschun-gen, Krisen, Entwicklungsschübe. Bei verschrobener Erosentwicklung mit-

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unter intensivierte Wunschkraft, die auf Versagungen mit heftigem Ge-fühlsausbruch, auf Erfüllungen mit plötzlichem Erlöschen des Interessesreagiert. Die Lösung liegt immer in der inneren Konsequenz des Vordrin-gens zu einer neuen Sicht, dabei aber Kontakte zu vielschichtigeren Persön-lichkeiten und Verhältnissen ausbauend, so daß nie die Menschlichkeit füreine Idee geopfert wird.

Konjunktion: Irgendwie ein Sondergänger in der Empfindungsweise, derSpannungen und Erschütterungen geradezu braucht, geistig mit deren Deu-tung beschäftigt. Zuweilen eine gefährliche Erregbarkeit, wenn nicht normalunterzubringen oder in Pervertierungen umschlagend eine krankhafte Ent-wicklung bis zum zerstörerischen Paroxysmus. Natürlich liegt dies nichtallein am Aspekt (auch wenn Feld- und Zeichenstellung in Betracht gezo-gen), manche verbinden sich mit einem Partner unberechenbaren Charaktersund werden von dessen Wirrnissen immer wieder überrascht, vergewaltigt,auch sonst abnorme Partnerschicksale. Geht die Lösung in die konstruktiveIdee, so findet sich häufig ereignisbetonter Einsatz für soziale oder künstle-rische Ideale, sprunghaft auf getaucht. Eine Vorkehr gegen Verranntheitenund Katastrophen liegt darin, sich den Kontakt nicht nur zu den Umsturz-,sondern auch den Aufbaukräften seiner Zeit zu erhalten.

Alle Aspekte tendieren zu exzentrischen Stellungnahmen, zeitweisenÜbertreibungen. Gelegentliche Sicherheitsventile sind nicht zu verwechselnmit der zur Lösung nötigen Erwerbung neuer Grundlagen. Verbindende undtrennende Anreize wollen mit einem Wissen, warum sie des Aufgreifenswürdig sind, nämlich als Hebel einer Entwicklung, gehandhabt sein.

26. Gestalt und Entbundenheit

��Im Verhältnis der sinnlichen und außersinnlichen Welt ist die

Oktaven-Überstufung des Venushaften und Neptunischen ent-halten. Ihr Zweierlei wird meist als eine über dem Anschaulichenschwebende Phantasiewelt erlebt, bestenfalls reicht ein Symbo-lismus an die Inhalte heran. Der Aspekt vereint ästhetische Maß-stäbe, organische Gleichgewichtserfordernisse einerseits mittranszendentalen Weisungen anderseits, also die Harmonie desraumzeitlich begrenzten Gebildes mit universellen Zusammen-

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hängen. Insgesamt steuert er die Durchdringung der Empirie vomvisionären Allverbundensein an. Doch solche erweiterte Schaufindet in der Blicknähe sinnlich greifbarer Dinge wenig Sicher-heit (nur entwicklungsmäßiges Bereitsein, Aussagegrenze); imAnsprechen der Reizempfindungen, dem Kontakt und Genuß in-nerhalb der Sinneswelt, bleibt es meist bei Berauschung,Schwärmerei und vorgespiegelter Fata Morgana. Auf niedererStufe ergibt dies verworrene, manchmal wahnhafte Vor-stellungen, Gefühlsduselei, wenn nicht moralische Auflösung.Die steigende Entwicklungshöhe erlöst von persönlichen Lust-und Schmerzempfindungen in der Totalität des Weltgefühls, dif-ferenziert den Wahlinstinkt unter Beibehalten vertrauter Bindun-gen, Familien- und Sozialbeziehungen, entbindet aber von derenEnge und Standpunkthaftigkeit; die so gegründete Schau erreichtweitestgehende Freiheit vom Illusionismus. Dies geschieht kei-neswegs in abstrakter Form, sondern bezeichnet für eine verfei-nerte Empfindungsweise dasjenige, was als «irdische undhimmlische Liebe» verstanden wurde, das Verhältnis des Aphro-ditischen zum Seraphischen oder, schlichter gesagt, das Aufge-hen sinnlichen Begehrens in der universellen Menschenliebe.

Synthese: Neben Zartgefühl im sinnlichen Kontakt ein Sinn für das Wun-derbare, eine als beglückend empfundene Hingabe an das zwischen denDingen schwebende Geheimnis. Die über Lust und Unlust hinausgehendeLiebeskraft kann in einer empfundenen Mission selbstvergessen den eige-nen Nutzen zurückstellen, gegebenenfalls in stiller Weise für das allgemeineWohl wirken. Sublimierungen bewegen sich sonst vorwiegend im Künstle-rischen, insbesondere dem Musikalischen. Dem steht im gröberen Falle dieBerauschung an Phantomen, an Wunschträumen und Utopien gegenüber,wenn nicht Alkoholismus und sonstige Süchtigkeit. Das mindere Niveaustört seltener die Gutwilligkeit und das Entlastetsein vom Druck der Realitätals die Echtheit der Zuwendung; sie enthält dann häufig Verschleierungenpersönlicher Interessen, meist unbewußt. In unentwickelten Fällen manch-mal indolentes Verträumtsein, Abhängigkeit von lustweckenden Stimmun-gen. Die erotisierte Phantasie, losgelöst von verpflichtenden Bindungen,kann sich auch in zweifelhafte Genüsse übersetzen und in einer Welt desScheins ausleben. Meist steht das Lustmotiv jenseits der Moral und engerRücksichten, in hohem Grade sublimierungsfähig. Bei hinzutretender Ge-nialität (Aussagegrenze!) werden die natürlichen Dinge transparent für denStimmungsfaktor, ausgesprochen in der Musik, doch auch malerische Nu-

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ancierung, dichterische Verklärung. In sozialer Hinsicht oftmals praktischbetätigte Menschenliebe, frei von Formalitäten, wenn nicht, niveaubedingt,verdorbene Sinnlichkeit ablenkt. Manche Entwicklungen verlaufen wie voneinem Schutzengel geführt, hellfühlige Anlagen, Zweites Gesicht.

Analyse: Der Konflikt braucht starke Gegenstrebungen gegen seine auflö-sende Tendenz. Er steigen oft Konfusion und Selbsttäuschung, führt in min-der entwickelten Fällen zu unentschiedenem Schwanken, bei verdorbenerSubstanz zu moralischer Haltlosigkeit, Bequemlichkeitslügen. Manche be-finden sich lebenslang auf der Suche nach einem schwer zu verwirklichen-den Glückszustand, weichen hartem Anspruch aus und verfallen sinnlichenVerführungen. Doch ist dies nicht Sache des Aspekts, der nur die beirrbareSensibilität anzeigt. Bei klarer innerer Stellungnahme ergibt gerade die Dis-sonanz eine Abgrenzung gegen ein Bestochenwerden der Sinnesreaktion,eben weil man die Anfälligkeit spürt. Ausseits geltender Normen, an denGrenzen des Darstellbaren, schöpft der Geniale aus derselben Spannung, diejene, welche den Schlüssel nicht finden, nur trunken von Phantasmen macht.Niveau fordert hier auch Geschmack und Ohr für die Stimme der Zeit, dieunbewältigte Phantasie der Abwegigen und ihrer Heimlichkeiten kann stö-rend in das Gegebene eingreifen. Auch das Schicksal tritt häufig mit frag-würdigen Zwischensituationen, der Aufhebung fester Ordnungen heran;manche wachsen schon in undurchsichtigen Familienverhältnissen auf, an-dere geraten in zweifelhafte Partnerschaft hinein. Die Mißleitungen ent-springen weniger dem Tun als dem Lassen, nämlich Geschmacksirrungen,einem Einfluß erliegen, nicht Durchdringen zum Ergreifen der Zügel. Den-noch gibt es hier ebenso das «Schutzengelmotiv», das bei manchen unterVerwebung von Eros und Mystik in greifbarer Gestalt ins Leben tritt. Selteneine Entwicklung ohne fehlgegangene Erwartungen, Desillusionierung undwiederum «Gnadenerweise»; die geistige Verarbeitung bietet einen Blick-punkt jenseits der Konflikte. Der Aspekt verlangt eine beherrschende Visionder eigenen Sendung, gegebenenfalls im Eingehen auf die kollektive Stim-mungslage erlangt.

Konjunktion: Sensible Einfühlungsgabe, oft die Tendenz, alles für einegroße Liebe hinzugeben, auch wenn sie nur ein Wunschtraum bleibt. Esmuß nicht Liebe zu einer Person sein (Zeichen und Feldstellung beachten),sie kann auch einem empfundenen Auftrag oder einem Humanitätsidealgelten. Manche üben einen rätselhaften Zauber auf dafür empfänglicheMenschen aus, ohne sich dessen bewußt zu sein. Bei den meisten allerdingssind die Ziele unklar und die Erwartungen verschwommen. Sich und ande-ren undurchsichtig zu bleiben, liegt häufig an einer Inzucht der Stimmun-gen, die dem Seltsamen nachgehen; Menschen, die in ihren geheimen Be-dürfnissen erraten sein wollen.

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Bei allen Aspekten strebt eine Sehnsucht über das Vorgefundene hinweg.Die Reaktionen entziehen sich oft dem Nahkontakt, spiegeln aus dem Ab-stand heraus um so gesteigerter den alles verbindenden Lebensstrom.

MARSASPEKTE

Bei Aspekten des Mars frage man: welche Problematik entsteht, wennTrieb und Drang des Handelns beeinträchtigt oder gefördert wird durch eineandere Wesenskraft. Im Verhältnis zur vitalen Selbstbehauptung (�), deremotionalen Anteilnahme (�) der Verstandestätigkeit (�) und Sinnesemp-findung (�) wurde dies bereits behandelt.

27. Leistung und Ertrag

��In jedem Zusammenwirken steigern sich diese beiden An-

triebskräfte. Der Aspekt betrifft die bestmögliche Auswirkungvon Trieb und Drang eines Menschen. Er setzt Aktivität undDurchdrücken eines Vorhabens, Leistungsenergie, in Beziehungzum Vollbringen und Vollenden, soll zum ausgereiften Ertraghinführen. Ziehen diese Kräfte an einem Strang, so ist das Marsi-sche um eine Schattierung besonnener und gewinnt das Jupiter-hafte an spontaner Unmittelbarkeit. Jupiter gibt im expansivenVerwirklichungsdrang etwas an Würde und Zeremoniell auf, er-teilt als regulierender Einfluß des Gesamtstrebens aber Mars ei-nen großzügigen Schwung, indem die bloße Wucht des Einsatzessinnvoll gesteuert wird. Im Konflikt setzen sich allerdings dieUnterschiede umso schärfer gegeneinander ab; dann entsteht dasProblem, Übertreibungen zum gerechten Ausgleich zu bringen,ohne über der Kompromißbereitschaft den kämpferischen Nach-druck, wo er zu Recht sich durchsetzen will, abzuschwächen.Gemeinsam ist beiden Wesenskräften die Begeisterung für Taten,

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welche die Dinge vorwärtstreiben, doch das Ethos der Tat will indiesem Verhältnis abgestimmt sein auf den ethischen Grundsatz,der einem Gesamtwohl genügt. Gilt im Marsischen nur die Kraft,über Mitbewerber zu obsiegen, so im Jupiterhaften auch die Wil-ligkeit, Abmachungen zu treffen, Verträge innezuhalten, Gleich-gestimmte zusammenzuschließen und somit letztendlichKompensationen für zurückgehaltene aktive Entäußerungen an-zunehmen. Die Mutproben lagern sich um, Minderungen der Ag-gression sollen der Reife und optimalen Fruchtbarkeit zugutekommen. Allerdings wird dies «Soll» beim «Haben» unvoll-kommen entwickelter Anlagen nicht erreicht. Rechtlichkeits-standpunkte überspitzen sich dann, man versteht Leistung mehrsportlich-technisch, stolpert über sozialwirtschaftliche, kulturelle,weltanschauliche, religiöse Einwände und wendet in rascher Ent-gegnung selbst den falschen Zungenschlag an. Bei diesemAspekt betonter Männlichkeit muß es aus bewältigten Ansprü-chen erst zur Abklärung gekommen sein.

Synthese: Ein durch Vernunftsgründe mitgelenkter kämpferischer Geist,meistens unermüdlich auf eroberndes Vorgehen, rasches und ungehemmtesInswerksetzen großer Pläne gestimmt. Vereinfachende Dynamik stärkt dieaufbauende Kraft. Instinkt für die zum jeweiligen Vorhaben dienendenMittel, die aufzugreifenden Förderungen, allem Lebenskräftigen und Hoch-strebenden sich verwandt fühlend. Meist erfolgreich, wenn auch nicht im-mer zum Genuß der Erträge gelangend; mitunter jemand, dessen Leistungenerst relativ spät anerkannt werden oder der zeitlebens befruchtend, vor-wärtstreibend auf andere wirkt, ohne selbst viel davon zu haben. Auf hohemNiveau steht ihm aber die Aufgabe im Vordergrund, er packt die Umständein den entscheidenden Punkten an, weiß innere oder äußere Schwierigkeitenzu überwinden und, vom Anrecht seiner Sache überzeugt, bringt er sie zumSiege. Diesem mehr zur Marsseite neigenden Typus, gerade, aufrichtig, zu-weilen etwas grob, oft ein hitziger Vorkämpfer, steht der auf die Jupiterseiteneigende zur Seite (Zeichen beachten!). Er ist gleicherweise optimistischbeschwingt, will aber auch die Früchte genießen und hat das weitere Gedei-hen des Werks im Auge, gibt der sozialen oder kulturellen Auswirkung denVorrang. Die aufbauende Tüchtigkeit liegt bei beiden natürlich am bestenauf einem aus Impuls und Neigung gewählten Gebiet. Vielen ist der Berufauf den Leib geschrieben, in etwas ihnen nicht zusagendes gezwängt werdensie sich die Bahn zur gefühlten Berufung frei machen. Auf physischer Ebe-ne sind Sport, das Technische und Motorische in Wirtschaft und Militär-

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dienst bevorzugt, dem reiht sich die politische Dynamik an sowie die Aus-mündung lebendiger, praktischer Methoden im Gemeinwohl. Auf kulturel-len Gebieten kommt das Dramatisierende, das streitbare Rechtsbewußtsein,die tätige Mission zur Geltung, auch in den Künsten, in den Wissenschaftenzeichnen sich die Konturen der Unternehmungslust und des unbedingtenGlaubens an seine Aufgabe ab. Meist eine Fülle von Einzelhandlungen und-werken, die vom Arbeitseifer zeugen, Stil- oder Richtungswechsel, wennStagnation droht. Kaum je findet man Pedanten, aber viel ehrgeizig Drang-geladene; die sich manchmal zur Durchsetzung ihrer Sache der Gewaltmittelbedienen, wenn nicht die Umkehr in freiwilliges Selbstopfer im Zug derAufgabe liegt. Auf dem Wege der Selbstverwirklichung wechseln oft biszum Exzeß gehende Anstrengungen mit Phasen der Umgruppierung, Streit-und Trennungsstriche mit großmütigem Verzeihen und Neuanknüpfung. DieBeziehung zu Organen des physischen Umsatzes und der Blutbildung ergibtmeist gesunden Unterbau.

Analyse: Die Spannung gefährdet, übertreibt, fördert unter Umständenextreme Leistungen. Häufig Konflikte zwischen gutem Willen, Kompro-mißbereitschaft und anderseits Spaltungstrieb, Aggression, erhöhter Reiz-barkeit; dies führt zu streitbaren Auseinandersetzungen und ist juristischerProzeßführung wenig günstig. Auch unprovozierte Zusammenstöße kom-men vor. Die Lösung liegt im Erkennen notwendiger Kompensationen unddementsprechender Lenkung der Energie. Proteste gegen die Überzeugunganderer treffen oft geheime Glaubenspostulate im Angreifer selbst. Duld-samkeit gegen Rivalen will gelernt sein. Das Problem geht um Fruchtbar-machen der Unzufriedenheit mit eigener und fremder Leistung am richtigenOrt, im richtigen Gewande. Bei vielen sind die Ansprüche weit über dasKönnen gesteigert, sie wollen mehr, als durchführbar ist, und so viel sieauch erreichen mögen, das Begehren greift weiter; oft dringen sie dann inGebiete vor, die sie nicht ausfüllen und zu halten vermögen. Der Sinn fürdas Wohlbeschaffene, lebensfähig Vollendete, muß den vorwärtsdrängen-den Ehrgeiz in Zaum halten, die Spannung auf Verbesserungen von be-dingtem Wert richten. Stets bedarf es einer Vernunftshöhe, die der Kühnheitdes Einsatzes gleichkommt. Wo diese innere Reife fehlt, entstehen zuweilentollkühn Unbeherrschte, die alles auf eine Karte setzen, das Wagnis um desWagnisses willen lieben und mit dem Glück spielen, dadurch eine Katastro-phe herbeiziehen. Andere kommen zu einer Verzettelung der Kräfte undsehen das naheliegende Vernünftige nicht, bewegen sich in einem Hexen-kessel von Wollen und Wünschen bei mangelnder Geduld zum Vollbringen(angereihte Saturnaspekte wichtig!). Neben den Mars-Übertreibungen gibtes Jupiter-Untertreibungen: Abblasen, Unterlassen, wo eine Anstrengung«nicht nötig» erscheint. Störungen familiärer Eintracht oder sozialer Bezie-hungen kommen vor, wenn vorhandene Gewaltsamkeit nicht durch ange-messene Arbeit sinnvoll ausgewogen wird; doch die traditionell zugeschrie-

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bene Brutalität ist Sache primitiven Niveaus, nicht des Aspekts. Mitunterfindet man Mißbrauch angehäufter Güter, Verschleuderung und Ver-schwendung als Ausdruck nicht ausgewerteter Talente, da bei diesem Kräf-teverhältnis nur das Selbsterworbene eine Befriedigung gibt. Die Aufleh-nung gegen Gesetz und Recht zeugt wiederum meist vom Nichterfaßthabendes lebendigen Ethos. Oft stecken dahinter unbewältigte Triebbeschränkun-gen, die aggressiv gegen Vorschriften überhaupt stimmen. Hebung des Ni-veaus besteht bei diesem Aspekt in gedanklicher Disziplin ohne Lahm-legung des Energieeinsatzes. Es kommt dann zu den Verfechtern eineshochgesteckten Anspruchs, die eine leitende Idee in schöpferischer Tat, inrhythmisch wiederholter Arbeitsleistung von immer neuen Ansätzen aus,verwirklichen. Hier wurzelt der Anteil des Eifers am Genie, die Organisati-on des Vollbringens. Im Persönlichen können dabei Grobheit und Güte imWiderstreit liegen, zuweilen werden Nackenschläge hervorgerufen durcheine an falsche Personen verschwendete Großherzigkeit. Selten ein leichtverträglicher Charakter, besonders auf Verrat und Hintergangenwerden rea-giert er meist mit eruptiven Ausbrüchen. Körperlich oft Tendenz zu Gallen-und Leberleiden.

Konjunktion: Betontes Erfolgsstreben, was nicht einfach «persönlichenErfolg» betrifft, sondern das Gelingen einer mit Glaube und Leidenschaftvertretenen Sache. Einige Angriffslust, wenn etwas dem Streben im Wegesteht, doch die sich einordnende Loyalität, das Rechtliche und Religiöseüben einen mildernden Einfluß aus, scharfe Protesthaltungen gehen mei-stens erst aus Gewissenskämpfen hervor. Im allgemeinen optimistisch be-schwingte Energie, maßvoller Vorwärtsdrang, hoffnungsfreudig, gutmütigeSeiten suchen Entschädigung in einem manchmal etwas sarkastischen Hu-mor.

Allen Aspekten entspricht ein mehr tätiges als beschauliches Leben, meistein markanter Werdegang und Aufstieg.

28. Energie und Widerstand

��Aspekt der harten Aufgaben, worin der Trieb und Drang mit

inneren Hemmungen, äußeren Widerständen und schicksalhaftenGefährdungen zu rechnen hat. Es geht um Bewährung der sich

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entäußernden Aktivität, deren Antriebswucht in Fesseln er-schwerter Existenzbedingungen gehalten ist. Die hierbei zusam-mentretenden Kräfte nennt die astrologische Tradition die beiden«Übeltäter», nicht ganz zu Unrecht, doch anders verstanden alsgemeint: wollte man die Sünden der Menschheit aufzählen, wersteht dann höher auf dem Brett, der Täter oder der Grübler? Je-ner, wenn er entgleist, quält und tötet offenbar, heiß und blutig,mit rauher Hand, dieser in seinen Fehlschaltungen oder Mißach-tungen bewirkt es kalt und schleichend, versteckt, auf heimlichenUmwegen im Neinsagen zu Lebensrechten. Dennoch gilt auchdas Wort, daß kein bedeutendes Ziel erreicht worden sei ohne«Gewalt und Folge», also folgerichtigen aktiven Einsatz. Darinliegt die Lösung des hier gestellten Problems. Das Marsische, diespontane Unternehmungslust und Leistungskraft, bekommt indieser Verbindung mehr Nachhaltigkeit und kann eine Tat bis zuden letzten Folgen durchführen; das Saturnische, die sachlicheBeschränkung, wenn man sie in Form materieller Eigenschaftenund struktureller Notwendigkeiten des Gesellschaftsbaues erfaßt,bietet sich schaffender Kraft als Baustein an. Freilich steht damitdem subjektiven Ansatz eine Objektivierung der Absichten ge-genüber, die wir in die wenig beliebten Worte «Pflicht», «Ge-wissen» oder die eher anerkannte «Sacherfahrung» kleiden. DerKonflikt reißt die Kluft dazwischen auf, primitiv als Spannungdes Kraft-Hemmungs-Verhältnisses erlebt. Jedes Kind beginntprimitiv und damit parteinehmend für marsische Triebfrische,selbst reifer Erkenntnis fällt es schwer, dem Saturnischen dennegativen Beiklang abzunehmen, die Entschlossenheit muß übertragische Gefühle obsiegen, um sich den Schwung zu bewahren.Notgedrungen durchläuft unser Werdegang das Dilemma, Trie-benergie aufzustauen und in sozial nützliche Bahnen umzuleiten,schon in Rücksicht auf die Folgen für uns selbst. Die Lösung istausschlaggebend für den Aufbau des Charakters, einschließlichder Meisterung des in der Wesensstruktur verschlüsseltenSchicksals.

Synthese: Einsatzkräftige, durch Erfahrung mehr und mehr gebändigteAktivität, schon von Beginn an auf das Notwendige beschränkt. Mut, Un-ternehmungsgeist eignen sich eher zum Ertragen von Beschwerden und Ge-

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fahren als zum tollkühnen Angriff, selbst widerstandshart, sofern Wider-stände und Angriffe von außen erkannt werden als unumgängliche Beigabenzum Erreichen eines langfristig gesteckten Ziels. Im Streitfalle wird dieserMann nicht blindlings vorgehen, sondern suchen, wo der Gegner eine Lückein der Deckung läßt, und auch in der sozialen Durchsetzung beachten, wodie Umstände eine Tür offen halten. Die Energiebekundung ist von nach-haltiger Entschlossenheit und Konsequenz; selbst bei gegenteiligem mo-mentanem Ausdruck (Zeichen der Marsstellung!) verläuft sie stetig undsachlich im Handeln auf lange Sicht. Typus der Zuverlässigkeit im Rahmenseiner letzten Absichten, die er allerdings manchmal geheim hält; hat er sicheine Aufgabe gestellt und zu etwas verpflichtet, dann wird er die Sachedurchführen, soweit er kann. Sie muß sich jedoch mit seinem Interesse dek-ken, wozu er oft lange Überlegungen braucht. Bei niederem Niveau mitun-ter Schleicher und Streber, die formell alles erfüllen unter Voraussetzungen,mit denen sie hinterm Berg halten. Im Verhältnis zur Mitwelt häufig etwasHartes und Störrisches; Menschen, die schwer verzeihen und keine Krän-kung oder Zurücksetzung vergessen. Die Beweggründe spontanen Zugriffsbetreff en mitunter weit zurückliegende Dinge und kassieren Ent-schädigungen für ehemalige Niederlagen ein. Bei solchen Zwangsmotivenkönnen Impulse von fanatischer Durchschlagkraft auftreten. Normalerweisegewinnt die Initiative durch Materialkenntnis oder ist vom Streben danachbeherrscht. Erfolgreich in Unternehmungen, die sich mit der Verarbeitungvon Rohmaterial oder mit der Anwendung geistiger Extrakte befassen, sooder so auf eine sozialtaugliche Form gebracht, meist gründlich und gewis-senhaft, geduldig, vorsorglich. In Kontrollaufgaben wird Abrechnung aufHeller und Pfennig verlangt. Mit der Entwicklungshöhe (nicht gleichbedeu-tend mit Intelligenzniveau, sondern Integrität höherer Entsprechungen)steigt die Wissenschaftlichkeit des Vorgehens. Oft braucht der Ehrgeiz un-persönliche Motive, sei es Dogma, Handwerksehre, Ruhm des Hauses, ob-jektive Leistung. Zeitweise Verschleppungstendenz zur Aufsparung derKräfte für den Einsatz an wichtigen Punkten. Auf Grundlage der ererbtenPhysis meist zähe Gesundheit, manche zwar kränkeln zeitlebens, werdenaber doch alt.

Analyse: Gemeinhin stärkere Anforderungen, sowohl motorisch-willens-mäßig als auch seelisch. und geistig, je nach der Ebene, auf welcher diekaum vermeidbaren Konflikte ausgetragen werden. Tatsachen stellen sichoft feindlich und aufhaltend gegen spontane Zielsetzungen, Ansporne findenversperrte oder schwer zu bahnende Wege. Hieran siebt sich das Niveauaus, die ethische Sauberkeit. Traditionelle Aussagen wie «Herzenskälte,Grausamkeit und Blutdurst» sind ein fundamentaler Fehlgriff der Deu-tungsweise. Wenn angetroffen, dann steckt darin die Aufstachelung primiti-ver Triebe durch Widerstand und Schicksalsdruck, manchmal erzwungeneKälte. Auch bei gehobenerem Niveau können unterdrückte Energien in

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Rachsucht und verbissene Härte umschlagen; ein eingenistetes Ressentimentführt zuweilen zu hinterhältigen Methoden. Auf negative Fixierungen istjedenfalls zu achten. In anderen Fällen herrschen die Kräfte geteilt; affekt-betonte Inangriffnahme von Unternehmungen wechselt dann mit Phasen derLähmung und Energielosigkeit, zornig überhitzte Trotzhaltung mit schnei-dender Kälte der Abfertigung von Unangenehmem. Der Aspekt fordert Ent-schlossenheit zu sich und seinem Auftrag, woraus der Überlegenheitsan-spruch gegenüber den Bedingungen, selbst schicksalhaften Behinderungen,hervorgeht. Dies setzt häufig ein Durchstehen von Trieb- und Gewissens-nöten voraus, die Bewältigung von Schuldproblemen, freiwillige Ver-zichtleistungen, bei entsprechendem Erbe das Fertigwerdenmüssen mit ei-nem körperlichen Mangel. Erklärlich daher «Überkompensationen», Um-stülpung von Minderwertigkeitsgefühlen in Streben nach Geltung, oder aberein Abwandern der Angst vor dem eigenen Mut in Zwangshandlungen, imExtremfall gewaltsame Selbstzerstörung. Frei von Depressionen vor einemwichtigen Entschluß sind wenige, viele hindern sich selbst durch übertrie-bene Befürchtungen. Der Aspekt deutet für all dies nur die Belastungsprobean, angereihte Aspekte mildern nicht die Spannung, können aber die Lösungbegünstigen. Heißt der Inhalt etwa Kampf gegen Familientradition, so reichtdie Aspektspannung nur zu einem «frei wovon», zu Protest und Loslösung,das «frei wozu», die Wurzelung in etwas neuem, will selbst gefunden undkann durch andere Aspekte unterstützt werden. Entscheidend ist immer diegeistige Einsicht in die zugeteilte Aufgabe, das Unterbringen der Triebener-gie darin und die einem gefundenen Ausweg dienstbar gemachte Sach-kenntnis. Häufig Spätzündung eines solchen « Jenseits der Enttäuschungen»und dann Festhalten der eingeschlagenen Richtung. Anfänglich werden ma-nuelles Ungeschick, Unangepaßtheit an die Lage zuweilen die Ursache ei-nes Unfalls. Mitunter strenge oder nicht genug auf das Individuelleeingehende Erziehung, Beschlagnahme durch das väterliche Vorbild oderKonflikt infolge dessen Mangels.

Konjunktion: Trieb und Drang, insbesondere der Sexualtrieb, unterliegenhäufig einem Verdrängungsdruck, der ihre Spontaneität bindet. Dement-sprechende Selbststilisierung oder äußere Verhältnisse können die Arbeits-willigkeit festlegen, anderseits oft Wandlung durch Protest dagegen,konzentriertes, zuweilen rücksichtsloses Verfolgen ehrgeiziger Ziele.Manchmal wiederum durch Ängste und Besorgnis behinderte, vor befürch-tetem Mißerfolg zurückweichende Aktivität; sie hält sich dann an verläßlichscheinende Maßstäbe, entweder begrifflicher Natur, formelle Vorschriftenoder Erfahrungstatsachen. Aktives Bekenntnis zu sich in der Zielsetzung(Feldstellung beachten!) läßt selten die materiellen Sicherungen außer acht.Sparsame Ausgabe der Kräfte, schwunglos, wenn Impulse durch sachlicheRücksichten gebremst werden.

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Alle Aspekte tragen die Konsequenz des Lebenskampfes von Vorfahrenweiter, die Erbsubstanz ist daher besonders wichtig für die Auswirkungen.Häufig eine Neigung zum Polemisieren, manche bilden jede hinzukommen-de Erfahrung in ein Kampfmittel um. Eine gewisse Lieblosigkeit der Urteileüberwindet erst, wer i den Kampf mit eigenen Schwächen aufnimmt.

29. Ansporn und Überraschung

��Aus dem Verhältnis spontaner Tatenlust zur Eingebung des

akuten Augenblicks entstehen oft Menschen, die im Handeln sichselbst um eine Nasenlänge voraus sind. Dies kann Geistes-gegenwart in überraschender Lage sein oder auch Sofortreaktionmit Fehlzündung. Es kommt auf eingespielte manuelle Griffe undErzogenheit des wendigen Geistes an, Disziplinierung also desMarsischen und Uranischen, sowie nachträgliche Kontrolle derVorgänge und Lernen daraus (angereihte Saturn- und Merkur-aspekte wichtig), um die an sich schwerelose Überaktivitätfruchtbar zu machen. Bei solchem Gehaltensein, erworbenenKenntnissen und Grundsätzen, vor allem echter Inspiration,kommen zuweilen erfinderische Entwürfe großer Tragweite zu-stande. Gegen die Beherrschung ist die Aspektform ziemlich in-different, der Konflikt steigert nur die Notwendigkeit, eingeeignetes Ventil zu finden. Umgekehrt nützt der «beste» Aspektnichts, wenn die Sprengkraft im Belanglosen verpufft. Dannbleibt nur das Unruhige, Aufgewühlte eines Lebensgangs vollerZwischenfälle und plötzlicher Schwenkungen. Die Lösung wirdmeist in Aufgaben gefunden, die irgendwie aus den Vorurteilendes Zeitalters heraustreten, sei es mit Anschluß an revolutionäreBewegungen, Umwälzungen in der Technik und Wirtschaft, oderin einer geistigen Sonderstellung, oft mit kämpferischer Note.Müßigen Betrachtungen ist der Aspekt feind, er verlangt unmit-telbares Tun, wobei es freilich auch Arbeitsflüchtige gibt, die einErnstnehmen der Sache durch geistreiche Improvisationen erset-

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zen wollen. Aufregung wird leicht mit Anregung verwechselt,Überfallstechnik mit produktiven Einfällen. Fast immer ein Hangzum Abnormen, bereit für Angerufenwerden vom «neuen Ton»,eine auf das Künftige ausgerichtete Anlage.

Synthese: Meistens sprunghafte Sicherung des Tuns im brennenden Au-genblick, situationsangepaßt, mitunter jedoch leidenschaftliche Starrköpfig-keit im einmal gefaßten Entschluß, zumal wenn der Unabhängigkeitsdrangdabei berührt ist. Ein Mensch, der gern unbetretene Wege geht und nochnicht dagewesene Tatsachen schaffen, zumindest eine neue Kombinationaus schon bekannten Elementen finden und anwenden will. Kritik am Vor-handenen, mehr oder minder weitblickend oder nur absurd, sie bedient sichhäufig ironischer Anführungsstriche. Auf niederem Niveau auch Querulan-ten. Meist Begabung für die technische Seite der Berufsausübung, wobeisich konstruktive Ideen mit Energie und Handfertigkeit verbinden, etwas«Ingenieurhaftes» selbst in den Künsten und der Politik. Intelligenzhand-werker, Reklametechnik, auch Umgang mit Elektrizität, Sprengstoffen, Ex-plosionsmotoren. Erfinderische Züge dabei, sie entwickeln sich aus derpraktischen Beschäftigung mit dem Gegenstand. Zuweilen schlagartigeDurchführung entscheidender Unternehmungen. Meist ein «Schwimmengegen den Strom» und darin oft ideell wirksamer als im äußeren Erfolg, dadem Durchschnitt etwas zu gewaltsam. Geistesgegenwart, Leistungs-intensität in außergewöhnlichen Lagen.

Analyse: Steigerung der Gewaltsamkeit, des Eigensinns, wenn nichtdurch geistigen Überblick auf fruchtbare Ziele gelenkt; dann unbedingterEinsatz für sie. Ein infolge Reizbarkeit und sonderbarer Ansichten sichschwer einpassender Charakter, mitunter etwas Exaltiertes, auch Sarkasmen,Schroffheiten; wird das Streben durch äußere Verhältnisse unterdrückt, sowirken die Spannungen selbstzerstörerisch nach innen oder machen sichLuft in unbedachten Ausbrüchen. Manche suchen einen Ort der Zurück-gezogenheit auf, um Zusammenstöße zu vermeiden und den unabhängigenBlickpunkt zu wahren. Andere können die Nervenprobe des Zusammenle-bens mit «Unterbelichteten» nicht durchhalten und explodieren, statt ruhigeEntwicklungen abzuwarten, deren Gesetz sie wohl überblicken, aber imTempo nicht mitmachen wollen. Akte der Auflehnung gegen Autorität,Schädigung dadurch. Auch Beherrschtere haben gegen den Andrang exzen-trischer Einfälle und Tatreize anzukämpfen. Fast alle ziehen einen entschie-denen Strich gegen Methoden der Vergangenheit. Das erfinderische Inge-nium wird durch die Dissonanz nicht beeinträchtigt, nur der Kampf umDurchbringen einer Entdeckung erschwert. Oftmals schicksalhafte Durch-kreuzung der Absichten; wenn nicht Katastrophen allgemeinen Ausmaßesoder einschneidende Trennungen im Werdegang. Unfallstendenz aus beirr-baren Impulsen, Fehlschaltung, oder Trotz gegen Naturgewalten.

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Konjunktion: Reizbare, unruhevolle Anlage, die zu plötzlichen Unter-nehmungen und bei Widerstand zu heftigen Ausbrüchen neigt. Im unkon-trollierten Fall vorschnelle, doch starrköpfig verfochtene Urteile, sichVerbohren in ein Vorhaben, auch vom Zaun gebrochener Streit. Gewaltsam-keiten werden mitunter umgebogen in die Tendenz der Selbstverletzung.Fehlgriffe durch Übereilung, starke Gärungen in der Pubertät. Heilsam iststetige manuelle Beschäftigung, statt auf «Geistesblitze» zu vertrauen eineKontrolle der logischen Mittel und Wege, Ablenkung auf soziale und kultu-relle Ziele. Off kritische Ironie, faszinierende Wirkung, die Überraschungs-siege begünstigt, jedoch zu breiteren Erfolgen einer erworbenen Wissens-grundlage bedarf.

Alle Aspekte sprechen auf das Ursprüngliche im neuartigen Gewand an.Entschlüsse sind sozusagen Blitze aus heiterem Himmel, jeweils mit sugge-stiver Bestimmtheit ins Werk gesetzt. Unstabilität des Strebens, selten einWerdegang ohne Krisen und Bruch mit Vergangenem.

30. Tat und Traum

��In allem Tun liegt Endlichkeit, das Geschehene wirkt aber in

unendliche neue Tatmöglichkeiten hinein. Ein Genügen an ab-schließenden Leistungen ist am wenigsten zu erwarten, wennTrieb und Drang in Beziehung treten zum Grenz-überschreitenden. Es entsteht der Traumtäter, der im Handelnseiner inneren Schau folgt, oder der tätige Mystiker, der Verbor-genes ans Licht heben will und auch in realistisch verkappterForm auftritt, um nicht als Geheimniskrämer zu gelten; doch beimangelnder Inspiration kommen jene halt- und bodenlosen, reiz-bar-launenhaften Vernebeler klarer Ziele zustande, bei denen je-des Bemühen das Gefühl hinterläßt, ins Danaidenfaß zuschöpfen. Gestellt ist das Problem, die spontane Tatenlust nichtverkümmern zu lassen durch den Anhauch von Ungewißheit undVergänglichkeitsstimmung, worin sich ihr Wert relativiert undaufhebt. Die Lösung besteht im Bewußtsein, daß die bescheiden-

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ste Einzelhandlung im Fluß des universellen Geschehens von Be-deutung ist, wenn sie die allgemeine Entwicklung fördert. Wederder Rückhalt starrer Werttafeln noch augenscheinlicher Erfolgstützen den Handelnden, sondern. indem er herausstellt, was ihnbewegt, befreit er seine Vision vom Strittigen und Zweifelhaften.Er kann eine vorübergehende Bedeutung in den Ansporn auf-nehmen und alles Vertrauen in das entscheidende Wagnis setzen,mit der Durchführung wird die weitere Wegstrecke sichtbar.Gemeinhin freilich bleibt es bei phantasiebewegter Dramatik,dem Einschalten von Behelfszielen als Vorspann, oftmals trüge-rischen Vorstellungen. In unterbelichteten Fällen führt die Illu-sionshascherei zu Fehlleitungen der Kraft, die zum Absprung be-nötigte Lust am Tun wird dann aus der Berauschung am Scheingezogen. Das Greifbare dieses Aspektes liegt allein in der Relati-on des Übergangs «frei wovon - frei wozu?», die Richtungbraucht den Reiz eines zu lösenden Rätsels. Ein Kräfteverhältnis,das unbekannten Ufern zusteuert.

Synthese: Meist eine Tatbereitschaft mit feinfühliger Witterung für dasAusmaß der Dinge, um die es geht, Streben nach umfassenden Aufgaben.Wo aber nicht wenigstens ein genialer Einschlag vorhanden ist (Aussage-grenze!), drängt das Wollen leicht über das Können hinaus und gerät insUferlose. Bei künstlerischer Anlage nimmt Sensibilität und farbige Einbil-dungskraft dem Marsischen etwas von seiner Schärfe, dieses wieder steigertenergievoll die Gestaltungskraft. Häufig Musikalität und dichterische Frei-heiten im Stimmungszauber. In prosaischen Berufen fällt es schwerer, diePhantasie am Zügel des Verstandes zu halten (Merkuraspekte wichtig), dasNeptunische geht aber auch bei realistischen Absichten in taktisches Finger-spitzengefühl ein sowie in den Spürsinn für kommende Entwicklungen. ImUmgang meistens hilfreiches Verständnis, Einfühlungsgabe mit praktischenRatschlägen auch in anscheinend verfahrenen Situationen, was etwa demPsychotherapeuten und Pädagogen zugute kommt. Andere werden vomWeitendrang beherrscht, Typus des geborenen Seefahrers und Globetrotters.In den Wissenschaften übersteigt Gesamterfassung fachliche Beengungendes Gesichtsfeldes, Tendenz zu Entdeckungen aus der Einbeziehung ver-borgener Naturzusammenhänge. Am schwierigsten ist es für Politiker, denGrößenwunsch oder das Gefühl, eine Mission zu erfüllen, vom Utopismusfreizuhalten. In jeder Weise braucht man freien Raum, unbetretenes Land,und paßt schwer in ein beschränktes Milieu; herrscht dieses, so treibt es zuWucherungen in heimlichen Kompensationen.

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Analyse: Phantasieleben und verfeinerte Sinnlichkeit befinden sich imKonflikt mit der praktisch tätigen Welt., Dies kann zur Abspaltung des ei-nen vom anderen führen oder aber zu ihrer chaotischen Durchdringung,wenn nicht erhöhte Wachsamkeit die geeigneten Auswege findet. Naturge-mäß scheidet die Entwicklungshöhe, die hier hauptsächlich die Gesinnungbetrifft, schärfer die Wirkungsformen. Die von der astrologischen Traditionbehaupteten Neigungen - moralische Unzuverlässigkeit, Verführbarkeit,Betrügerei, Trunksucht, Morphinismus, geschlechtliche Ausschweifungenund dergleichen - kommen zwar vor und stellen typische Entsprechungender beiden Wesenskräfte dar, doch ihrer entgleisten Form. Sie sind nichtSache des Aspekts, sondern fortgeschrittener Charakterzerrüttung. Milieuund korrumpierende Einflüsse können solche Erscheinungen begünstigen.Im Aspekt ist nur enthalten, daß die Aktivität leichter Phantomen nachjagt,sich pedantischen Ordnungen widersetzt, und die Rauschempfänglichkeitmitunter in kontrollose Handlungen stürzt. Das Begehren wird oft ins Uner-füllbare gesteigert, oder der Tatreiz entzündet sich an Vorgaukelungen, diesich erst später enthüllen, und wer in eine Manie geraten ist, hat dann schonneue Bilder aufgezogen. Manche reiten zeitlebens auf Chimären; man findetverwegene Phantasten darunter, ihre Ziele lösen sich immer wieder inRauch auf. Hier wirkt nicht einfach das Argument, daß die Beschränkungden Meister macht, sondern Ziele in ihrer Vergänglichkeit wollen abge-stimmt sein auf seine Gesamtkonzeption des Lebens in seinen Verwandlun-gen. Auch gesundes Streben gilt Dingen, die unter gegebenen Bedingungenschwer oder nur teilweise verwirklicht werden können. Bei vorhandenerGenialität (Aussagegrenze!) können Leistungen an den Grenzen des Mögli-chen zustandekommen. Doch auch bescheidener Dienst am Mitmenschen,unter humaner oder religiöser Observanz, kann hinreichende Entspannungbringen.

Konjunktion: Der Tatendrang bedarf weiter Sicht. Oft umfangreiche Plä-ne oder eine von Gewohnheiten abweichende Gesamtschau, die sukzessivein einzelnen Unternehmungen oder Werken abgewickelt wird. Wo der Hori-zont dafür fehlt oder, was häufiger ist, im Nebel verschwimmt, werden dieZiele utopisch, und bei gesenktem Niveau tauchen jene Gestalten auf, die imTrüben fischen. Das Angestrebte wird meist mit diplomatischem Spürsinnund einstimmungsfähiger Phantasie verfolgt, zuweilen an der Grenze desErlaubten oder mit Gebrauch unzuverlässiger Mittel.

Bei allen Aspekten eine gewisse Vielseitigkeit, die entweder in mehrereTätigkeiten aufsplittert oder in der Betätigungsart zur Geltung kommen will.Mitunter stimmungsmäßige Vorbereitung von Einstellungen, die erst inspäteren Generationen spruchreif werden.

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JUPITERASPEKTE

Bei den Aspekten des Jupiter frage man: welche Problematik entsteht,wenn das Streben zum Lebensoptimum beeinträchtigt oder gefördert wirddurch eine andere Wesenskraft? Im Verhältnis zur vitalen Selbstbehauptung(�), der emotionalen Anteilnahme (�), der Verstandestätigkeit (�), derSinnesempfindung (�) und Aktivität (�) wurde dies bereits behandelt.

31. Ausdehnung und Zusammenziehung

��Entfaltung und Tragweite schöpferischer Lebensleistung in

Vergleich gesetzt zu ihrer Tiefe, dem Gehalt an umgesetzterWirklichkeitserfahrung: damit ist das Verhältnis dieser beidenKräfte benannt. Es sind sozusagen die stärksten Figuren imSchachspiel, wobei das Jupiterhafte die Hinführung zum Endsiegüber das Schicksal, das Saturnische die Sicherungen übernimmt.Der Aspekt stellt uns die Frage: wieweit kann ausgeübter Zwang,seien es materielle Verhältnisse, die Last des Gewordenen,Überlieferten, Üblichen, oder seien es innere Hemmungen, denAufschwung zum Bestmöglichen hindern? Verwirklichung heißtdie Antwort! Sie verlangt Überlegung, Fleiß, Zielstrebigkeit, ge-duldige Arbeit, sonst bleibt es beim flauen Kompromiß, und dasSpiel geht günstigenfalls remis aus. Zumal der Konflikt stellt dieFrage genau, jeder Ansatz, Zug um Zug, hat sich mit der Gegen-rechnung auseinanderzusetzen. Der Sinn und oberste Wert, dieFruchtbarkeit, der Genuß eines Lebens wollen eingebaut sein insoziale Bedingungen und geschichtliche Folge, um Stabilität zubekommen. Erfolg wird nicht wahllos Beliebigen zuteil. Er be-ruht mit auf der Gabe, schöpferisch auszubilden und anzubieten,wofür Bedürfnis und Erwartung in der Umwelt vorliegt. Keimfä-higes treibt zur Frucht, das integrierende Gesetz sorgt dafür, daß

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die Bäume nicht in den Himmel wachsen. In dieser Verbindungverliert das Jupiterhafte den verpflichtungslosen Optimismus, dasStreben wird gehaltvoller, umgekehrt verliert das Saturnische diekalte Sachlichkeit bloßer Feststellung, erwärmt sich an lebendi-gen Zwecken. Infolgedessen ist Erfahrung hier den produktivenAbsichten angeschlossen und gehört zu deren Ausreife. Legenschicksalhafte Ereignisse die Axt da an, wo die Begabungen amüppigsten wuchern, so darf dies die Hoffnung nicht niederdrük-ken, die Kraft des Gedeihens verlangt Einsicht in die Gründe desMißerfolgs, um die Ansprüche auf das Erreichbare zu lenken. Esist der Aspekt der zugleich sinnvollen wie realistischen Selbst-verwirklichung und Verfügung über sein Geschick, sofern manals Gelegenheit zur Kontrolle versteht, was für Uneinsichtige nurein Bremsbock ihrer Wünsche ist.

Synthese: Im allgemeinen ein hartnäckiges und zielbewußtes Hinauffuh-ren zum Gipfel des real Erreichbaren, vernünftiges Unterbringen erlangterMehrwerte. Meist konfliktlose Übernahme und sinnvolle Verwendungüberlieferter Gesichtspunkte, Unterlagen, Methoden, die Schaffensabsichtengreifen die bisherige Vorarbeit in den gewählten Gebieten auf, führen dieResultate weiter in Einklang mit neuen Erfahrungen. Vorwärtsdrang ohneÜbereilung, aufbauende Tendenz. Die Verbindung von Fortschrittlichkeitund Verläßlichkeit bringt Erfolg, häufig ein Bestreben zur gewissenhaftenAusfeilung, Vollendung bis zum letzten. Die Zähflüssigkeit kann zum Se-gen werden in Lagen, in denen andere mit denselben Überschüssen ver-schwenderisch umgehen und unsicheren Zielen nachjagen; dieser Typus hältan sich und spart Arbeitsenergie für entscheidende Höhepunkte, Affekte undArgumente für gewichtige Auseinandersetzungen auf. In den Endzielenmateriell wie geistig auf bestandkräftige Form der Arbeitsfrüchte eingestellt,die darauf gerichtete Hoffnung überwindet vorübergehende Verzagtheitenoder Stagnationen. Unter stabilen Verhältnissen meist ein gesundes Urteil,maßvoll und bedacht; die Niveauunterschiede betreffen hauptsächlich nurInhalte und Gesichtskreis, selten, daß jemand den Boden der Rechtlichkeitverläßt. Bei Umwälzungen wird gewöhnlich, was vom Gewohnten ab-weicht, zuerst als Störung betrachtet und solange abgewehrt, bis der fort-schrittliche Grundsatz darin erkannt ist; dieser kann dann ebenso unbeugsamverfochten werden mit dem Ehrgeiz, als «Stütze der Gesellschaft» zu gelten.Auf bescheidenem Niveau genügt allerdings die praktische Bewährung desNeuen. Im Wirken nach außen ist häufig ein kulturelles oder familiäres Erbezu verwalten sowie umzubilden im Sinne lebendiger Gegenwart.

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Analyse: Stärkere Unzufriedenheit mit dem Erreichten, was wieder zumAnsporn für weitere Anstrengung werden kann. Konfliktvoller schon in derÜbernahme der Tradition, Kampf um davon abweichende Anschauungs-,Leistungs- und Lebensformen, um seine persönliche Leitlinie. Der Glaubedaran kann zum führenden Problem werden, er verlangt, mit einschränken-den Bedingungen der Verwirklichung, die manchen Begabten an seinemgroßen Format hindern, fertig zu werden. Dies schließt einen intensiverenKampf um Selbstvertrauen ein; bei Überzeugtsein von seinem Auftrag dieHerausbildung einer «Trotzdem»-Haltung. Hier siebt sich die Charaktersub-stanz aus. Schwache Naturen weichen vor der Auseinandersetzung zurück,werden durch Mißerfolge ängstlich, pessimistisch, klammern sich bigott undunduldsam an das Alte, ihnen selbst nicht recht glaubhaft, oder sie lassensich nach ersten Enttäuschungen indifferent vom Leben treiben. (Zeichenbeachten!) Andere laufen Sturm gegen vergreist empfundene Verhältnisse,Rechtsformen, Satzungen; sind aber objektive Erfahrung und Pflichtbe-wußtsein schlecht entwickelt, so ähnelt dies krampfhaftem Geltungsstreben,das die Dinge auf den Kopf stellt. Manche schwanken zwischen den Extre-men hemmender Skrupelhaftigkeit und Anstoß erregender Bedenkenlosig-keit; dies kann in längeren Perioden miteinander abwechseln: Auf jedemNiveau besteht die Konfliktlösung im Erlangen der Reife, worin die Über-zeugung von sich und seiner Mission befestigt wurde durch Selbsterfahrungsowie anderseits in Grundsätzen, welche den Drang, über die Stränge zuschlagen, eindämmen und auf wohltätige Kompensationen richten. ÄußereReibungsflächen wollen durch innere Arbeit abgeschliffen sein. In den Wis-senschaften geht es um Bewältigung eines spröden Stoffs, im Religiösen umDurchdringung dogmatischer Sätze mit lebendigem Glauben, in der Wirt-schaft, im Staatlichen um Anerkennung organischer Lebensbedingungengegen Profit und geschriebenes Recht, in den Künsten um gehaltvolleDurcharbeitung der Form. Auch starke Naturen haben mit Schicksalshärten,sachlichen Schranken oder Unverstand einer trägen Masse zu rechnen; hier-an erprobt, steht das Glück beim ernsten Vollendungswillen und der Ein-sicht in die Umstände, unter denen eine Produktion ausreift. So ist mancherSchaffensweg reich an Enttäuschungen, Durchkreuztwerden der Pläne oderVerzichten; Erfüllung und Erfolg kommen oft erst spät oder in einer Form,die anders aussieht als die ursprünglichen Absichten. Zu früher und zu billi-ger Erfolg wird manchmal mit einer Spätphase der Unproduktivität gebüßt,den sozialen Zeitverhältnissen vorzueilen ergibt meist Rückschläge. JederÜberschuß über die Norm hinaus muß einzeln den Bedingungen abgerungenwerden, das Genie (Aussagegrenze!) beweist sich im vollen Einsatz derSchaffenskraft trotz sachlicher Zielbegrenzung, so daß die Letztforderungenlogisch hintereinander gestaffelt sich zur Reifeform entwickeln.

Konjunktion: Meistens aufbauende Lebenstüchtigkeit, ehrgeizig, zäh undgründlich, an der nur auszusetzen ist, daß sich der Betreffende manchmal zu

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viel Zeit läßt, bis er mit seinem Eigentlichen herausrückt. Auf der Willense-bene treten manche früher auf den Plan mit außergewöhnlichen, durchSchwierigkeiten hindurch erkämpften Leistungen., geistig kann die Tendenzzum Großformat solche abspiegeln. Über die Richtung entscheidet vielfachschon das Erbe, mitbekommene Begabungen oder Belastungen, auch Mi-lieu- und Zeitschicksale sprechen mit, zuweilen baut sich die Produktion aufdem Protest gegen Beengungen auf. Plus und Minus hängen oft an einemFaden. Wenn Versager zustandekommen, dann stimmt meist die Wirklich-keitserkenntnis nicht mit den Grundsätzen und der Leitlinie überein. Dies istjedoch selten der Fall; gemeinhin werden im Gegenteil genau die Erfahrun-gen gemacht, die der produktiven Anlage dienlich sind, und die Absichtenwiederum passen sich dem Erfahrungsbild ein. Negatives Schicksal kanndurch Vervollkommnungsstreben gewendet werden, doch das Überschreitender Norm hängt vom selbstbestimmenden Faktor ab (Aussagegrenze!). Un-zufriedenheit ist oft ein Zeichen höheren Anspruchs, bei niederem Niveauwird sie überdeckt durch selbstgefällige Äußerungen im Rahmen konven-tioneller Maßstäbe. Schwache Naturen behalten aus tragischen Situationenetwas Gedrucktes, wagen sich nicht über Kompromisse mit dem Gegebenenhinaus, starke dagegen nehmen es gerade mit dem Schwersten auf, holenihre Ergebnisse aus den Kehrseiten des Lebens, machen es sich zur Aufga-be, mit «dem Dunklen» fertig zu werden. Manche opfern private Hoffnun-gen für die Erfüllung einer ernsten Pflicht.

Alle Aspekte kommen erst im Reife- und Altersstil, mit eingebauten Er-werbungen, voll zum Zuge. In der Jugend entwickelt sich der produktiveAnspruch, in mittleren Jahren verlangt das Verarbeiten der Bedingungen,die Ergebnisse auf die Höhe dieses Anspruchs zu bringen und das Niveau zuhalten.

32. Regelung und Umschwung

��Zwei auf das Künftige gerichtete, doch im Tempo und in den

Methoden verschiedene Kräfte bringt dieser Aspekt in Bezie-hung. Wo die eine mildernde Umstände berücksichtigt und denLebenskurs im Rahmen bestehender Rechte weiterzuführentrachtet, will die andere radikal das Steuer herumreißen zu Gun-sten einer Neukonstruktion. Im Jupiterhaften reift der Schöp-

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fungsimpuls allmählich zum Werk, im Uranischen stülpt dieSicht von noch nicht Dagewesenem blitzartig die Verhältnisseum. Jenes lenkt in ein Vollendungsstadium, dieses versetzt unsan einen Anfang. Das Problem verlangt, innerhalb laufender Be-tätigungen den Vorausblick fruchtbar zu machen, über wohlmei-nende Rücksichten hinweg nach unbedingten Lösungen zustreben. Dabei verliert das Jupiterhafte seine gemütlich-behäbigeNote und gewinnt größere Straffheit, während das Uranische sichkeineswegs am Aufrollen erstaunlicher Perspektiven genügt,sondern vermittelnde Züge bekommt. Freilich entsteht, besondersim Konflikt, öfter ein Hans-Guck-in-die-Luft, andere betrom-meln das normale Durchschnittsgebaren mit ausgefallenen Ideenmehr widersprüchlich als überzeugend, bei pathologischem Ein-schlag ergeben sich mitunter perverse Glücksbedürfnisse. Wich-tig sind hier Ventile für inneren Überdruck. Meistens werdenKompensationen im Bereich der Erkenntnisse gefunden, für sichgepflegt oder in weittragende praktische Auswirkungen hineinge-führt, erfinderisch, lehrhaft-verbessernd, anstoßgebend für Pha-sen ruhigerer Entwicklung. Das leicht Verflüchtigte, Auflichten-de dieser Kräfteverbindung, die oft gefundene schwereloseGroßzügigkeit der Pläne bedürfen eines anderweitig verankertenRealsinns, um nicht Ballons ohne Ballast steigen zu lassen.

Synthese: Meist ein weitblickender Optimismus, der im Eingehen aufkommende Entwicklungen friedliche Lösungen bevorzugt bzw. auf beque-mem Wege erreichen will, was die radikale Forderung verlangt. Eine um-stürzlerische Jugendphase kann mit wachsender Reife zu lebensfähigenKompromissen hinüberwechseln, andere folgen im vorhinein der Tendenz,Krisen abzubiegen und entscheidend Neuem in ein «Einerseits-Anderseits»auszuweichen. Je nach Temperament (Zeichenstellung!) ein heftiger odergemäßigter Vorwärtsdrang, glückliche Einfälle und häufig erfinderischerBlick, von Aufwallungen begleitete Intuitionen, mitunter faszinierende,dramatische Eindringlichkeit der Bekundung. Dies kann etwa dem Volks-führer, dem Pädagogen eine mitreißende Wirkung geben, beim Geschäfts-mann in schlagende Werbemethoden eingehen. Das geistige Leben bewegtsich im Vordergrund zeitgemäßer Fragen, wobei das Ideologische oft miteiner Glaubensthese verschmilzt; Befassung mit Grenzproblemen des Wis-sens. Künstlerische Ausdrucksformen unterstellen sich dementsprechendenLeitmotiven, meist sie zugkräftig einkörpernd. Der kulturelle Blickpunktspielt neben dem Organisatorischen und technisch Erfinderischen auch bei

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prosaischen Berufen irgendwie eine Rolle. Auf seichtem Niveau findet manallerdings auch Menschen, die schillernde Seifenblasen aufsteigen lassenund sich belustigen, wenn sie an der Realität zerplatzen, selbst bei Tiefsin-nigen ist häufig etwas Eulenspiegelei in Wort und Tonfall. Demgegenüberfindet man auch fanatische Verfechter schrullenhafter Gedankengänge, son-derbarer Rechtsauffassungen. Im Umgang vereint sich meist unsentimenta-ler Scharfblick mit würdigendem Verstehen, freundlichem Entgegenkom-men.

Analyse: Der Konflikt steigert oft die Querköpfigkeit, die aber entdecke-rischem Eifer zugute kommen kann, indem man sich radikal für seine Ideeeinsetzt. Auf niederem Niveau häufig nur Auffallenwollen um jeden Preis.Mitunter bricht mit plötzlicher Elementargewalt hervor, was in innerenSpannungen ausgereift ist. Im Verhältnis zur Umwelt gilt es auf dem Sprungzu sein und den Zufall zu meistern; gutgläubiges Vertrauen führt leicht zuverpaßten Gelegenheiten, unaufmerksames oder verstiegenes Wollen führtmitunter zu Unfällen. Wenige erreichen ihren Gipfel ohne enttäuschendeZwischenfälle, die sie einer Mißgunst der Lage, eigenen Kontrollfehlernoder vorschnellen Projektionen verdanken. Relativ frühes Hervortreten vonBegabungen, wobei die Unausgereiften meist übereifrig schon ein Endzielverfolgen; bei Geisteswachen lenken jedoch auch Irrtümer zum Guten, in-dem die geschaffene Lage zu Verbesserungen anregt. Manche freilich blei-ben ein uneingelöstes Versprechen, da sie vor irrlichternder Bezauberungder Mitwelt nicht dazukommen, ihre Ideen zu sammeln und ausreifen zulassen. Auch Hochbegabte müssen ihre Vollendung abwarten lernen. Viele,durch Entschlüsse und Gegenentschlüsse in der Stellungnahme verwirrt,lassen Wesentliches unfertig liegen, eilen von einer genialen Improvisationzur anderen, nirgendwo auf Dauer sich einrichtend. Die Problemlösungverlangt, in der Durchgestaltung seiner entscheidenden Vorhaben auf derHöhe des Entwurfs zu bleiben, den Bedingungen der Ausführung nicht vor-zueilen, sondern mit ihnen Schritt zu halten. Beherrschung und Beständig-keit erwirbt der Produktive in der Sammlung auf eine Aufgabe, welche denWert seines Einzigseins verkörpert, während Unbeherrschte ihre Gaben ver-zetteln und an äußeren Querwirkungen sich wundreiben. Der Durchgedrun-gene wird auch ein Mißgeschick mit heiterer Ironie ertragen.

Konjunktion: Mehr reformerische und humane als revolutionäre Haltung,auf jeden Fall fortschrittlich, hoffnungsbeschwingt, zukunftsgläubig. Wennim Gegenfall der ewig unzufriedene Nörgler aus Prinzip vorkommt, dannsteckt dahinter die Verzweiflung, seine eigene Begabung nicht ausgeschöpftund Anschauungskonflikte nicht durchgestanden zu haben. Meist gefestigteÜberzeugungen; um ihretwillen wird gelegentlich ein Mißfallen riskiert,doch die Gesamtvernunft sucht oppositionelle Neigungen in Einklang zubringen mit dem Herangetragenen. Der Aspekt mildert Kraßheiten des Ura-nischen ab. Mitunter Frühvollendete, zumindest stürmischer, unsteter in der

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Jugend und «Überraschungssiege», wenn die Gaben begünstigt wurden undsich frei auswirken konnten. Unabhängige Blickweise, vorwärtsdrängendeImpulse können mit Wohlwollen und einer gewissen Feierlichkeit zusam-mengehen (Zeichen beachten!). Zuweilen schicksalhafte Verluste, Trennun-gen, unerwartete Zwischenfälle.

Bei allen Aspekten hängt die Persönlichkeitsreife von der geistigen Ver-ankerung ab, die schöpferische Durchsetzungskraft von der Inspiration.

33. Entfaltung und Weite

��Die bestmögliche Reife und der Gipfel des Glücks schließen

einen Horizont ein, hinter dem noch ein Weiteres erahnbar ist.Was dies Undefinierbare, das Neptunische sei, ist jupiterhaftenMaßstäben im Grunde unfaßlich, bei aller Expansität bleiben die-se Maßstäbe im Zuträglichen. Kommen die beiden Wesenskräftein Beziehung, so streben wir hinaus über vernünftige Regel undKompensation für nicht Erreichtes, folgen geheimnisvollen Lok-kungen. Wunsch, der Bestimmtem gilt, geht über in gegen-standsloses Sehnen, und leicht übersteigen utopische Ziele dieSchranken des Willens, des Bildungsgangs, des sozialgeschicht-lichen Zustandes. Wir benötigen demgegenüber Härte, Schärfeund Exaktheit (angereihte Saturn-, Mars- und Merkuraspektewichtig), um uns in die empirische Welt hineinzustellen, benöti-gen einen inneren Halt (angereihte Sonnenaspekte wichtig), umnicht von Stimmungen oder korrumpierenden Einflüssen fortge-schwemmt zu werden. Diesen Aspekt in die Selbstverwirk-lichung einzubeziehen braucht gesicherten Stand und reali-sierbare Aufgaben. Die Lösung seiner grenzenaufhebenden Pro-blematik schreibt sich vor aus dem Verhältnis zum übrigen Ge-füge, es sind Relativlösungen. Ohne zusammenfassende Besin-nung, die ihm Gehalt gibt, treibt das Jupiterhafte in Verbindungmit dem Neptunischen in ein uferloses Chaos von wohlmeinen-der Gläubigkeit bis zu raffinierter Sinnenkultur, für sich gelebt

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führt der Aspekt zu schwelgerischer Phantasie, wenn nicht zuüberzogenem Genußleben. Gegen Süchte bildet die moralische,gegen täuschende Verschwommenheiten die geistige Entwick-lungshöhe einige Vorkehr, die Verführbarkeit durch das Unbe-kannte wird willensmäßig gebändigt und gesteuert. Konflikteaber, die im pathologischen Fall die Persönlichkeitsauflösungfördern, können im genialen Fall eine überpersönliche Missionaufschließen, sei sie im religiösen, humanen, kulturellen Wirken,sei sie im Vollführen eines politischen Auftrags gelegen. Positivbestimmt sich das Handeln aus einer Weite menschlichen Ver-stehens, dem Gefühl für das mit allem Lebenden geborene Recht.

Synthese: Mitunter traumsicheres Auffinden von Menschen und Umstän-den, welche Vorhaben und Entwicklung fördern, ebenso Erspüren unter-gründiger Gegenwirkungen. Mancher Werdegang ist begünstigt durchwunderbare Hilfe in ausweglos erscheinender Lage. Bleibt dies im materi-ellen Eigennutzen, so kann ein Machtrausch entstehen, der vorhandene Be-reitschaften und Phrasen der Menschenbeglückung benutzt, sich aber in deneigenen Illusionen verfängt. Auf hoher Stufe dagegen eine Bekämpfungsolcher Scheinerfolge, täuschender Praktiken und Bestechlichkeit, der Kor-ruption auf der ganzen Linie; Eignung für entsprechende Geheimaufträge,Vertrauensposten, erfolgreiches Vorgehen in zwielichtigen Verhältnissen.Zuweilen undurchsichtige Charaktere, denen ihre letzten Motive selbst nichtklar sind, gelingende Verschleierungsmanöver. Häufig Befassung mit psy-chologischen Grenzfragen, unerforschten Naturzusammenhängen, in derKunst ein Angezogenwerden vom Hintergründigen und Stimmungsmäßi-gen. Politisches Wirken in sozialen Übergangsphasen. Die geistige Eignungbetrifft weniger die Formulierung prägnanter Tatsachen als das Kombinati-ve, das Denken in Wahrscheinlichkeitsreihen. Entdeckungen rücken mitun-ter längst bekannte Dinge in eigenartige Beleuchtung, die bisher unbeachte-te Seiten aufscheinen läßt. Oftmals steht eine mystische Weltschau fremd zuempirischen Tatsachen, bei fehlender Selbstkritik viel Aberglaube unterdem Deckmantel des Okkultismus. Die moralische Entwicklung tendierthäufig zum Religiösen, Undogmatischen, mehr im Sinne praktischen Wir-kens für Hilfsbedürftige, was etwa dem ärztlichen Ethos zugute kommt.Philanthropische Aufgaben entsprechen der universellen Menschlichkeit;Gastfreundschaft, die nicht von persönlicher Sympathie abhängt. Meist eineSensitivität für Feinabstufung von Werten, in der Produktion selten zu Endemit Einfällen und Hilfsmitteln.

Analyse: Stärker hebt sich die Welt der Phantasie vom bürgerlichen Le-ben ab, mystische Strömungen oder musische Betätigungen können in

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Spannung zum Alltag ihr Sonderleben fristen, manche leben im Zwiespaltzwischen Ideal und Wirklichkeit. Andere suchen ihr Glück in heimlichenGenüssen zweifelhafter Art. Doch die von der astrologischen Tradition be-hauptete Charakterlosigkeit und Lumperei ist mangelndem Rückhalt, niede-rer Stufe zuzuschreiben, nicht dem Aspekt. Freilich finden sich auch unterBerühmtheiten solche, die etwas vom Schmierenkomödianten an sich ha-ben; vielfach verworrene Vorstellungen und Lebensziele, eine bohemien-hafte Lebensführung. Es gibt Verschwender, Verführer und andere, dieOpfer eines Betruges werden. Die meisten brauchen irgendein Stimulans zurErregung des Aufschwungs. Umgekehrt kann moralische Reinigungssuchtbei selbst Anfälligen zur Lust führen, in Skandalgeschichten anderer Her-umzuwühlen. Außernormale Wunschkraft, Schwelgen in Möglichkeiten,Haschen nach einem momentanen Glückstaumel wird auf mancherlei Weisezur Manie, wo nicht der geniale Funke aus derselben Spannung einenReichtum herausholt. Im schöpferischen Umsatz besteht das Problem darin,daß die Persönlichkeit schwer zur abgerundeten Auswirkung ihrer Bega-bungen gelangt, oft ihrer Vielseitigkeit gewisse Beschränkungen auf erlegenmuß, um das Mögliche zu erreichen. Bei manchen wird die Reife illuso-risch, indem sie den Ausdruck für letzthin Unsagbares suchen. Meist gibt esim Werdegang mysteriöse Vorfälle, Schwankungen und vernebelte Strek-ken, manchmal Bekehrungen oder Berufenwerden zum Gipfel der Leistungdurch die kollektive Lage, einige tauchen unter nach Erfolgen.

Konjunktion: Unbewußte Motive überschleiern häufig das Vernünftige,bei einigem Niveau zu Gunsten praktischer Entscheidungen für gerechte,bessere Zustände. Manche haben eine feine Witterung für Glück und Erfolg(Feld zeigt an, wo aufgesucht), bei Nichtbeachtung realer Verhältnisse abermanchmal Übertreibungen, Einbuße durch Überspannung der Möglichkei-ten. Oft beruht der Erfolg auf der Ermittlung eines auszufüllenden Vaku-ums, Entwicklung und Aufstieg zuweilen unter mysteriösen Begleit-umständen, die einen Drang zur Größe fördern können. Seine Verwirkli-chung hängt vom Erlebnis der Berufung ab. Im Durchschnittsfall (und ohneentsprechende andere Aspekte) ist die Anlage meist zu passiv für hartenKampf, das Wohlbefinden macht sich abhängig von der Atmosphäre desOrts und der mitmenschlichen Umgebung; im Gegenextrem vagabundieren-de Neigungen, Weitendrang. Ausgleich für unverwirklichten Ehrgeiz, un-tragbare Bindungen und dergleichen sucht man oft in Genußgiften und son-stigen Anomalien. Sublimierungen im Religiösen, Künstlerischen, Sozialen.

Alle Aspekte rollen die Frage auf, worin der Griff nach fast Unmögli-chem, die Anregsamkeit durch rätselhafte Zusammenhänge, das transzen-dentale Bedürfnis untergebracht werden. Ohne Sublimierungen kaumlösbar. Manche Lebensgänge verlaufen, wie von einer unbewußten Gesam-tregulierung gesteuert.

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SATURNASPEKTE

Bei Aspekten des Saturn frage man: Welche Problematik entsteht, wennder reale Rückhalt und der Einbau von Erfahrungen beeinträchtigt oder ge-fördert wird durch eine andere Wesenskraft? Im Verhältnis zur vitalenSelbstbehauptung (�), der emotionalen Anteilnahme (�), der Verstandes-tätigkeit (�), der Sinnesempfindung (�), der Aktivität (�) und dem Opti-malstreben (�) wurde dies bereits behandelt.

34. Tradition und Neugestalt

��Ein hartes Zusammentreffen zweier Wesenskräfte, das klare

Entscheidungen fordert. Kompakte Schwere erfahrbarer Wirk-lichkeit, ihr in gebräuchliche Normen eingegangenes Gesetz undhierin Konsequenz der Geschichte kommt in Beziehung zur un-beschwerten Idee des Andersseins, zu veränderten Zuständen underneuerndem Umbruch. Geht es im Verhältnis dieser beidenKräfte um Fortschritt, dann macht er sich nicht von selbst, ~ son-dern will Bestehendem abgerungen sein. Er braucht Einsicht inunhaltbar Gewordenes, Überholtes und Verbesserungswürdigessowie einen Entwurf, der das Kind nicht mit dem Bade aus-schüttet, sondern übernimmt, was bleibende Bedeutung hat. Oh-ne gedanklichen Überblick, und besonders im Konflikt, spaltetsich die Parteinahme, einerseits zwangshaft für Beibehaltung desAlten, anderseits impulsmäßig für Einsetzung des Neuen. Stattkonservativer oder rebellischer Einseitigkeiten sollen aber Real-sinn und intuitiver Blick zusammenfinden zur Ermittlung des je-weils richtigen Kurses. Das Saturnische verliert in diesem Aspektetwas von seiner starren Abwehrhaltung, das Uranische etwasvon der unvermittelten Plötzlichkeit; gemeinsam ist beiden derBezug zum Systemganzen. Was in einem alten System nicht

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mehr gelingt, soll im neuen Betätigungsraum finden. Insofernfolgt die Lösung aus mehrmaliger Umblendung, die eine und die-selbe Sache sowohl in überlieferte als auch in umgestaltendeBlickweise rückt. Verfehlt man die Anbahnung, ist man einerveränderten Lage nicht gewachsen, so verdichtet sich Ungenü-gen, schleichende Unzufriedenheit zur seelischen Krise undrichtet sich zerstörerisch nach innen, mißachtet man das Erhal-tungswürdige, so meutert man grundlos, stellt alles Altherge-brachte auf den Kopf und wirkt zerstörerisch nach außen. Im So-zialen heißt dies, sowohl festen Widerstand aufzubringen alsauch, wenn es die Sache verlangt, eine radikale Schwenkung zuvollziehen. Im Persönlichen will immer wieder der Sprung überseinen Schatten gewagt sein, damit Bejahung von Traditionellemnicht einem Beharrungszwang in eingelaufenen Bahnen, Aufgrei-fen von Gegenwartsforderungen nicht momentaner Änderungs-lust verdankt wird. Richtig verstanden ist es der Aspekt geistigerVerjüngung sowie vorurteilsloser Stellungnahme an Wende-punkten des Schicksals, seine Tugenden sind Entschlossenheitund Durchhaltekraft.

Synthese: Auch in schwierigen Lagen oft geistige Wendigkeit, welche dieTatrachen so umgruppiert, daß sie etwas von ihrer Schwere verlieren. Ge-faßtes Angehen der Probleme, neuen Ideen zugänglich, wenn sie ins Erfah-rungsbild passen, selten den Boden der Tradition ganz verlassend. Manbeißt sich sozusagen die Zähne am Bekannten aus, bevor eine Abänderungspruchreif gilt, doch lange im stillen Vorbereitetes kann blitzschnell zumVorschein kommen. Mitunter wird es katastrophal, wenn man damit nichtfertig ist und plötzliche Entscheidungen herantreten, meist jedoch rascheKonzentration auf das Wesentliche. Ein Kurswechsel schließt Ausdauer undGeduld im Begehen der neuen Bahn ein. Härter und dabei schmalspurigwird die Auswertung bestimmter Grundsätze in der Praxis, je beschränkterdas Niveau; mit solchen Leuten ist nicht gut Kirschen essen, sofern manandere Meinungen hat. Bei gehobenem Niveau weicht das Unduldsame zuGunsten ernsten sich Hineindenkens, auch in Dinge, die einem ursprünglichnicht liegen. Meist gründlich und präzis in realpraktischen Aufgaben unterAnwendung erprobter Neuerungen. Der Landwirt etwa gebraucht moderneMaschinen und Bearbeitungsweisen, ohne seine Bodenständigkeit zu verlie-ren; der Wirtschaftsunternehmer pflegt die Tradition seines Hauses, verfolgtaber wachsam Produktionsverbesserungen, Marktveränderungen, zug-kräftige Werbeformen; der Wissenschaftler befreundet sich mit der Technik

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oder Tagesaufgaben, ohne seine Kriterien aufzugeben. Häufig ein Interessean politischen Ereignissen, wenn man nicht in Angelegenheiten seinesFachs aufgeht. In der Argumentation kühl auf Tatrachen gestützt, bei Aus-einandersetzungen zuweilen unnachgiebige «Holzhammermethode», fürwahr befundene Ideen aber auch entsagungsbereit, standhaft.

Analyse: Kluft zwischen gebräuchlichen Methoden und umstürzendenGedanken, Stetigkeit und abrupte Wendungen stoßen aufeinander. Die Ab-wehr bevormundender Gewalten, anderseits das Suchen nach festem Eigen-kurs bringt viele Fanatiker hervor. Mancher ist Revolutionär aus Prinzip undhat mit Stumpfheit der Masse, mancher ist Traditionshüter und hat mit re-bellischen Kräften zu kämpfen. Der Erfinder steht der Tücke des Objekts,der Platzhalter fließenden Verhältnissen gegenüber. Jeder sucht nach Haltund Richtung, und mancher fordert Widerstand heraus. Wer sich auf Neu-tralität zurückziehen will, wird leicht zwischen den Mühlsteinen zerrieben,verzichtlose Einpassung in das Gegebene gelingt selten. Die Lösung desKonflikts besteht darin, Tradition und Erbe in Neuland hinüberzuretten,wobei die Erfahrungen unter anderem Gesichtswinkel, als sie früher galten,zu sichten und tauglich zu formen sind. Der Unreife erlebt im Überkomme-nen nur Freiheitsbeschränkung (angereihte Jupiteraspekte wichtig!), seineDurchsetzung bringt Unruhe, Streit oder er zernagt sich in inneren Konflik-ten. Extremistische Behauptungen müssen immer wieder zurückgerufen undkorrigiert, anders formuliert werden, was einen Beobachter geschliffenenGeistes voraussetzt. Herantretende Härten sind nicht ohne Entschlossenheitzu meistern, Schwache geraten in faule Resignation, Starke wählen sichdagegen besonders schwierige Aufgaben, insofern bewirkt der Aspekt eineAuslese. Auf hoher Stufe beweist sich der Charakter im kompromißlosenDurchkämpfen seiner Grundanschauungen, auch wo Abweichungen von derNorm zum Nachteil ausschlagen. Unzugängliche und Eigenwillige gibt esfreilich auch in minderem Format, wetterwendische Polterer, komplexbe-haftete überempfindlich Reizbare, zu jähen Ausbrüchen geneigt, mürrischeSonderlinge. Wie jeder Aspekt hat dieser viele Varianten bis zur gefähr-lichen Skrupellosigkeit. Manchen sind schon durch Erbe und Herkunft ge-wisse Zwangssituationen auferlegt, die überwunden werden müssen, anderewerden erst durch Erkrankungen, Katastrophen, einschneidende Trennungenzu dem geschmiedet, was ihrer schicksalsharten, beständigen Natur ent-spricht. Für geistige Vertiefung ist der analytische Aspekt unter Umständenförderlicher, da er weniger Ausweichpositionen zuläßt.

Konjunktion: Häufig stärkere Schwankungen und Krisen, die mehr oderminder mit wirtschaftlichen, politischen oder geistigen Umwälzungen derZeit zusammenhängen. Meistens aber zähe Querköpfigkeit, die in konformi-stischen Lösungen kein Genüge findet, sondern einen eigenen Standpunkteinnimmt. Wer das Umstürzende will und in Gang setzen hilft, hat mit her-vorgerufenem Widerstand der Beharrungskräfte zu rechnen, wer sich gegen

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Zeitforderungen sperrt, ist dem Angriff ändernder Umstände ausgesetzt(mehr sozial oder privat s. Feldstellung). Das Auffinden neuer Wege kannplötzlich erfolgen, ihr Begehen setzt Geduld, Konsequenz in Fleißaufgabenvoraus. Mitunter ruckartiger Aufschwung auf eine höhere Ebene nach demZusammenbruch unhaltbar gewordener Anschauungen oder Gewohnheiten,doch nichts von Bedeutung wird einem in den Schoß geworfen, auchGlücksfälle muß man als solche erkennen. Einige nehmen um ihrer Über-zeugung willen Verpflichtungen auf sich, mit denen die Durchfüh-rungsenergie schwer fertig wird, sie lassen aber nicht davon ab und bindenso sich selber die Hände. Zuweilen eine äußere Stagnation im Werdegang,in der sich eine jähe Wendung vorbereitet.

Bei allen Aspekten ein hartnäckiges Einsetzen für das, was als zwingenderkannt wurde. Zwischen gestern und morgen gestellt, lebt die Stellung-nahme zur Gegenwart aus der Spannung des Übergangs.

35. Wirklichkeit und Phantasie

��Was sich anscheinend miteinander nicht verträgt, das materiell

Greifbare und das Imaginative, kommt aus diesen Wesenskräftenin Beziehung; die empirische Welt, der verläßliche Boden unterunseren Füßen, scheint ja aufgehoben und nichtig, wenn die Ein-bildungskraft mit den Erscheinungen spielt. Doch keine Vorspie-gelung ist so grundlos, daß sie nicht in unbewußten Regungenihre Wurzel hätte, und keine Tatsache völlig gesichert, außer imBewußtsein, das von den Sinnen zehrt. Die Schwelle zwischendem Bewußten und dem Unbewußten hat mit diesem Aspekt zutun. Von der einen Seite flutet das Neptunische an, von der ande-ren greift das Saturnische ein (zusammen mit dem Merkurischen)in dem, was «Traumzensur» genannt wird: Zurechtrückung derTraumbilder nach plausiblen Erfordernissen des Wachbewußt-seins. Dies gibt uns ein Modell für das saturnische Verhältniszum Eindringen geträumter oder ungeträumter Phantasieproduktein sein Revier. Saturnische Realität, dies heißt Eingebautsein inNaturgesetze, wie wir sie auf dem Umweg über das Experiment

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herauskristallisieren. Hierauf stützt sich Objektivität und realisti-sche Haltung im Dasein, hinzu treten tektonische Bedingungendes gesellschaftlichen Zusammenlebens. Dem. stehen Vorgängedes Innenlebens gegenüber, die eigenen Gesetzen und Erforder-nissen folgen. Echte Inspirationen, der seherische Blick, die Ah-nung transzendentaler Zusammenhänge fassen sich im Neptuni-schen zusammen mit individuell bedingter Phantasietätigkeit undschließlich, als Entgleisungen, wahnhaften Verzerrungen undstimmungsmäßiger Unterminierung des Gesellschaftsbaues. DasSaturnische grenzt sich von Haus aus vorsichtig ab gegen dasUnverläßliche der neptunischen Welt. Der Aspekt gestattet keinUrteil über Genialität oder Wahnsinn und ihre Zwischenstufen,ebensowenig über den Stand der Gesellschaftsmoral. Er bezeich-net das Verhältnis zwischen der Anwendung sachlicher Kriterienund der Einbildungskraft, die deren Grenzen überschreitet. DasProblem betrifft also die Entgrenzung normalerweise geltenderAnschauungen in Richtung auf eine erweiterte Weltschau sowiedie dagegen geltend gemachten realistischen Rückhalte und Si-cherungen. Dies enthält alle Möglichkeiten der Erhebung, dievorzugsweise im Musischen und Religiösen liegen, aber auchalle Gefahren eines leeren Illusionismus und der Selbsttäu-schung. Die Abweichung nach hier oder dort ist jenseits der Aus-sagegrenze begründet.

Synthese: Meist eine innere Elastizität, kraft derer der Mensch durchSchicksalsschläge nie ganz aus den Angeln zu heben ist, weil er das Heran-tretende in seine Traumwelt einbaut. Anderseits bedient sich die Phantasierealer Bilder und verschmilzt so mit den Wirklichkeiten, daß diese ihrennur-sachlichen, nur-nützlichen Charakter verlieren. Dies kann sich in äußerePflichten, staatsmännische oder wirtschaftliche Aufgaben oder in geistigesowie künstlerische Formen einkleiden, irgendwie ist es «bauende» Phan-tasie, gesetzlichen Ordnungen nicht fremd. Sublimierungen bewegen sichgern in den Extremen der Architektur und Musik, im engeren wie im über-tragenen Sinne. Wenn denkerisch auf hoher Stufe, sozusagen absolutes Ge-hör für Wahrheiten jenseits des Empirismus. Auf niederer Stufe dagegendrängen sich Auswertungen sophistischer Art vor, etwa das Entlegendstemit Scheinbegründungen zu verfechten, seine wahren Absichten zu tarnen.Die Aspektart gibt darüber keine Auskunft, es können auch gutmeinendeSelbsttäuschungen einfließen. Häufig eine Hellfühligkeit mit praktischem

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Einschlag, diplomatisches Umschiffen noch gar nicht sichtbarer Klippen, inundurchsichtigen Lagen bewährte Vorausschau, mitunter kühle Ausdauer inpanikartigen Situationen, von einer inneren Stimme gelenkt; Eignung fürGeheimdienst oder Aufträge, die Verschwiegenheit erfordern. Wo derWirklichkeitssinn vom Machttrieb beherrscht ist, bekommt dieser leichtphantomatische Züge in der Tendenz zu weit ausgreifender Konzentration.Bei anderen eine Liebe zur Zurückgezogenheit, um aus dem Verborgenenzu wirken, etwa die Fäden einer Untergrundbewegung zu lenken, auch Ge-heimgesellschaften wohltätiger, weltverbessernder Absichten. Oft ein un-mittelbarer Kontakt mit den Armen, Entrechteten, im Leben zu kurzGekommenen. Bei gedanklicher Tiefe kann die Darstellung sich realistischabsichern, sozusagen aus einer Schamhaftigkeit des Geistes die eigentlichenInhalte gegen Mißverstandenwerden schützend. Künstlerisch Formphanta-sie. Mitunter ein etwas bizarrer Humor mit versteckten ernsten Bedeutun-gen.

Analyse: Im Konflikt scheidet sich schärfer echte Inspiration von Entglei-sung, Täuschung, Mißbrauch. Die Gespanntheit kann zur Spaltung zwischenWirklichkeit und Phantasiewelt treiben, ihre Vermischung irgendwie zueinem Chaos führen, oder aber im genialen Fall (Aussagegrenze!) das Ab-norme, Gewagte in die Gestaltung eines eigenartigen Wirklichkeitsbildeseinbeziehen. In künstlerischer Form ist dies eine visionäre oder erträumteWelt, der Religiöse erlebt sie als Offenbarung, unter realpraktischen Ab-sichten wird sie meist zur Utopie oder hüllt ein Vorhaben, eine gesellschaft-liche Position in eine Wolke sanfter Täuschungen ein. Viele verwechseln ihrIdol mit dem real Vorhandenen. Anderseits gibt es Entdecker sublimer Na-turzusammenhänge und Wechselwirkungen; es kommt immer darauf an,daß sich eine Inspiration der Wirklichkeitskontrolle unterwirft und an ihrden Inhalt fortbildet. Auf niederer Stufe oder im unterbelichteten Fall isteben dies Verhältnis verwirrt, phantastische Vorgaukelungen oder Stim-mungsbedürfnisse dringen ein in die Stellungnahme zur realen Welt, in An-schauungen und Gewohnheiten, heben den festen Rückhalt auf. Ein undderselbe Aspekt kann übermäßigen Gebrauch von Rauschgiften ergeben wieihre schroffe Ablehnung, man verfällt dem Reiz oder kämpft gegen die An-fälligkeit an, ebenso verschleiert der eine lügnerisch seine Absichten, derandere wird zum Opfer von Selbsttäuschungen, Verleumdungen, man nutztihn betrügerisch aus. Einbildungskraft in Dissonanz zu den Tatsachen ist aufjeden Fall am Werk. Bleibt daran gemessen nicht auch die Liebe oft eineIllusion? Dennoch, was kann sie bewirken! Ihre Wirklichkeit liegt auf eineranderen Ebene als der nutzbarer Tatsachen; so lebt hier mancher mit sera-phischen Liebesgefühlen in einem Reich unwägbarer Werte. Eben deshalbstößt er mit Brutalitäten oder zumindest Mißverständnissen einer realisti-schen Umwelt zusammen, überzüchtet er aber diese Empfindlichkeit, dannkann auch eine normale Begegnung zur Qual werden. Im robusteren, wenn

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auch minderwertigen Gegenfall wird die Illusionsbereitschaft der Mitweltkühl für eigennützige Zwecke ausgewertet, der Mensch bedient sich zwei-felhafter Methoden des Erwerbs oder lebt als Parasit. All dies ist Sache derEntwicklungsstufe, wonach sich die Entsprechungen des Aspekts richten.So oder so wird die Selbstverwirklichung meistens von schwer kon-trollierbaren Strömungen unterspült. Im tragischen Fall kann eine schlei-chende Krankheit am Werk sein, oder hinter gesichert scheinenden Unter-nehmungen kann Auflösung, Skandal lauern. Auch redliche Absichtenhaben oft mit dem Unsicherheitsfaktor, mit rätselhaften Querwirkungen zurechnen. Manchem wurde schon im väterlichen Erbe eine unverläßlicheKomponente mitgegeben, einem anderen gehen erst im Alter die Augen auffür das, was ihn zeitlebens geführt hat. Stets ist die Aufgabe gestellt, durchIllusionen hindurchzublicken, und darin kann ein hoher Erkenntniswert lie-gen.

Konjunktion: Beim Gekoppeltsein dieser «Diesseits- und Jenseits»-Extreme hängt es stark vom Gesamtbild der Konstellation ab (Feldstellungbeachten), wieweit die Phantasie eine Bindung an gegebene Realitätenüberhöht oder als Illusionismus eine verhängnisvolle Rolle spielt. Natürlichaber gibt die Entwicklungsstufe den Ausschlag über das Auffinden vonSublimierungen, wenn Bedürfnisse konkret nicht in Erfüllungsmöglichkei-ten unterzubringen sind. Einige zehren vom romantischen Nachhall einerausgeklungenen Welt, andere arbeiten mit an der Kultur kommender Gene-rationen, wer nur für den Tag lebt, findet darin wenig Genüge; er wird da-durch meist anfälliger für Trug und Berauschung.

Alle Aspekte gebieten eine Wachsamkeit in bezug auf die Verläßlichkeitdes Bodens, auf dem man geht. Erwartung des Wunderbaren kann von au-ßen her schlecht befriedigt werden, Innenerfahrung jedoch schließt tiefge-hende Einsichten auf.

URANUS- UND NEPTUNASPEKTE

Die Aspekte dieser beiden Symbole wurden bisher aus der Beziehung zuSymbolen des engeren Bezugssystems betrachtet. Bringen wir jetzt diesebeiden Symbole selbst in Beziehung miteinander, so befinden wir uns imweiteren Bezugssystem und treten damit aus der streng individuellen Pro-blematik heraus.

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36. Neuland und Möglichkeit

��Mit anwachsend langsamerer Umlaufzeit der Planeten geht bei

ihren Aspekten die individuelle Problematik immer stärker inGenerationsproblemen auf. Stellen wir jetzt in Betracht, wiekollektive Umstellungen des Blickpunktes sowie allgemeine Ge-stimmtheit und utopische Erwartungen sich im einzelnen treffen,so kennzeichnet dies mehr den geschichtlichen Typus. Immerhinspielt es individuell eine Rolle, wie das allen Zeitgenossen Ge-meinsame in das Wesensgefüge eingebaut ist. Individuelle Ent-wicklungshöhe entscheidet ferner darüber, ob und wie es alspersönliches Problem begriffen wird. Zweifellos kann man so-ziale Umschichtungen erleben, technische Errungenschaften unddie damit verknüpften Erwartungen in Gebrauch nehmen, ohnedas Herantretende anders als in puncto «Zeitgemäßheit» auf sichzu beziehen. Dies ist der häufigste Fall. Seltener treffen wir be-wußte Teilnahme an den Verschiebungen im sozialen Gefüge,Einstimmung in schwebende Auf gaben der Epoche und inspi-rierten Erfindungsgeist. Im unbewußten Untergrund des zeitge-nössischen Verhaltens bewegen wir uns jedoch enger imSchlepptau dieses Aspekts, als gemeinhin erkannt wird; die oftangeführte «Duplizität der Fälle», die «Gleichzeitigkeit analogerEntdeckungen» und ähnliches lebt von einer hiermit zusammen-hängenden geheimen Kommunikation. Während der Durch-schnitt sich an üblichen Lösungen genügt, wird, was die meistenunscharf nur eben mitmachen, einigen zum brennenden persönli-chen Problem, Neuland zu sichten und seine Möglichkeiten an-zuskizzieren.

Synthese: Ein mehr oder minder origineller und findiger Umsatz von An-gelegenheiten des Zeitgeistes und Zeitgeschmacks. Mitunter geistreicheKonstruktionen, die allgemeine Wunscherwartungen formulieren oder dasinnere Anliegen der Epoche aufschließen, Verwirklichung neuer Möglich-keiten. In genialen Fällen geistiges Führerturn von übernationaler Bedeu-tung, vor allem die unbewußte Stimmungslage entwickelnd. Bei einfacheren

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Menschen ein mehr unklarer Fortschrittsgeist, passive Teilnahme an Re-formbestrebungen. Zuweilen auch eigenbrötlerische Ideale oder sich heraus-sondernder Ästhetizismus, der «elfenbeinerne Turm». Erfinderische Note imUmkreis arbeitsmäßig bekannter Dinge, religiöse und soziale Probleme,Wohnkultur meist konfliktlos wunschgefärbt.

Analyse: Gespannteres Teilhaben an Umwälzungen bedroht innerseeli-sches Gleichgewicht, die Differentialspannung zwischen verschiedenenEntwicklungsstufen macht sich mitunter chaotisierend, mitunter in neuerWeise richtunggebend bemerkbar. Ideale stellen sich Gefühlsschwankungenentgegen, technische Griffe haben sich mit mystischen Strömungen, Rück-blicke auf Vergangenes mit einem Geschmackswandel auseinanderzusetzen.Im ganzen mehr auf Änderung des Bestehenden gestimmt, im Geistigen undPolitischen extremere Führernaturen, künstlerische Formproblematik undStimmungsumschwung. In der Masse meist ein Pendeln zwischen dem An-gezogenwerden von abrupten «Patentlösungen» sowie anderseits berau-schenden, nebelhaften Bildern «besserer Zustände».

Konjunktion: Erlesene Einzelne erleben Angelpunkte der allgemeinenEntwicklung, tätig oder erleidend, mitunter von einer Idee besessen, gegendie das Privatleben zurücktritt. Im Durchschnittsfall mehr irritable Span-nungen, Gleichgewichtsverlagerungen, durch welche abnorme Anlagen her-vortreten.

Besonders bei exakten Aspekten ist der Mensch irgendwie in Krisen undUmwandlungen der geschichtlichen Epoche hineingestellt, was Propheten-gebärde und chiliastische Erwartungen begünstigt. Je nach angereihten an-deren Aspekten förderliche oder verlustreiche Teilnahme am Zeitgeschehen.

PLUTOASPEKTE

Von den Aspekten des äußersten bisher bekannten Planeten seihier nur andeutend die Rede. Die kurze Zeit seit seiner Entdek-kung, die lange Umlaufsdauer erlaubt zum hinreichenden Ver-gleich hauptsächlich die Rückberechnung geschichtlicher Fälle,was einen stetigen Umlauf gemäß den errechneten Bahnelemen-ten voraussetzt. Dies ist für eine Vielfachheit von Umläufen nochungesichert, eine Reihe von Astronomen vertritt die Theorie, daßPluto gar kein ursprünglicher Planet, sondern ein losgelösterehemaliger Satellit des Neptun sei. Ob dies zutrifft oder nicht,jedenfalls werden die Berechnungen hypothetisch, je weiter wir

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in die Jahrhunderte zurückgreifen. In der Hauptsache sind wir aufBeobachtungen an Zeitgenossen angewiesen. Die bisherigen Be-obachtungen verdichten sich jedoch zu dem im I. Band beschrie-benen Grundcharakter einer der Plutostellung analogen Wesens-kraft, so daß einiges zum weiteren Studium vorgelegt werdenkann.

Nehmen wir die Stichworte «Metamorphose» und «über-wertige Energie», so ist damit gesagt, daß die Entwicklungshöheund Sublimierung eine noch entscheidendere Rolle spielt alsschon bei den anderen beiden transsaturnischen Planeten. Wirwissen aus dem astrologischen Meßbild nicht, worin die über-wertige Energie untergebracht wird und wohin ein Mensch seineExistenzform zu wandeln strebt. Die verbreiteten Aussagen überPluto, meist Fällen der Nichtbewältigung dieser Wesenskraft,abnormer, gewaltsamer oder moralisch unterwertiger Befreiungsolcher Energien entnommen, sind mit großer Vorsicht aufzuneh-men. Sie sagen nichts über die Fälle der Sublimierung, gar dieVerallgemeinerung als «Übeltäter» ist unstatthaft.

Auf Aspekte bezüglich sei die Beobachtung angeführt, daß dieAuswirkung der mit Pluto benannten Wesenskraft fast indifferentist gegen die Aspektklasse und von daraus gezogenem «gut» oder«schlecht» hier am wenigsten gesprochen werden darf. Wichtigist, daß überhaupt ein Aspekt besteht; nur ein kräftiger Aspektund ein enger Orbis kommen in Frage. Eine Wertung ist darausnicht abzuleiten. Wohl aber gibt der aspektierende Planet eineRichtung an, in welcher sich die interstrukturelle Auseinander-setzung bewegt, wohin also die überwertige Energie abfließenkann. In diesem Sinne folgen einige Angaben für Sublimierun-gen, an ihnen können auch die entgleisenden, unvollkommenenund die Behelfslösungen gemessen werden, wenn wir derenmeist versteckte Motive aufsuchen.

� Aspekte mit Sonne rollen das Problem eines neuen Menschenbildesauf, dem der Kern nachstrebt oder mit dem er sich auseinandersetzt. Oppo-sition bedeutet hierbei unausweichliche Konfrontierung, gerade am Negati-vum kann sich das Streben verstärken.

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� Aspekte mit Mond rollen das Problem einer völlig gewandelten Ge-mütslage auf, der angestrebten oder aufgedrungenen Übersetzung in einesolche. Quadratur bedeutet hierbei stärkstes Durchkreuztwerden angebore-ner Gefühlshaltung durch Erlebnisse.

� Aspekte mit Merkur rollen das Problem einer Intelligenzverlagerungauf, wobei der angestrebte Wissenshorizont den logisch erarbeiteten odererwerbbaren weit übersteigen kann.

� Aspekte mit Venus rollen das Problem des «sinnlich-übersinnlichenFreiers» auf, erwecken Empfindungen von spiritueller Liebe bis zum dämo-nischen Verfallensein. Am meisten nähert sich das Trigon einer Lösbarkeitim empirischen Sein.

� Aspekte mit Mars rollen das Problem überwältigender Taten auf, wo-bei die Lösung im Herausfinden angemessener Ziele, Wirkweise und er-worbener Disziplinierung liegt. Am zwanglosesten beim Sextil erreichbar.

� Aspekte mit Jupiter rollen das Problem höheren Sinnstrebens auf, des-sen Realisierbarkeit sich freilich nach dem Gesamtniveau richtet. Bei Män-geln hierin, und besonders bei der Opposition, können Kulthandlung,Gnadenerlebnis abgetrennt vom Genußleben bestehen, wenn der Aspektnicht die Überwinderspannung weckt.

� Aspekte mit Saturn rollen das Problem der Festigung eines Wirklich-keitsbildes, das noch. andere Tatsachen als empirische zuläßt, auf, nahege-legt durch schicksalhafte Ereignisse. Quadratur bedeutet hierbei härtesteAlternativen für einen Anschauungs- und Wesenswandel.

� Aspekte mit Uranus rollen das Problem radikal neuer Zielsetzungenauf, angelehnt an kollektive Vorgänge, intuitiv erfaßt und persönliche Be-dürfnisse überschreitend. Opposition bedeutet hierbei Höchstspannung derVeränderungslust und bedarf besonders der Besinnung.

��Aspekte mit Neptun rollen das Problem der transzendentalen Zeugungeiner neuen Ära auf, für den Einzelnen gegebenenfalls Berufensein hierin,wobei die Früchte allerdings nicht «von dieser Welt» sein können; bei nie-derem Niveau Abgleiten ins Unzulängliche. Konjunktionen bedeuten Um-schaltepunkte im Maßstab der Generationen.

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FORMENLEHRE

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ALLGEMEINE RICHTLINIEN DER FORM UND STRUKTUR

Das Meßbild der individuellen Geburt enthält lediglich einenAusschnitt aus den vielfachen Möglichkeiten, wie sie in der Ele-mentarlehre und den Hauptübungen der Kombination behandeltwurden. Verfolgen wir diesen Gedanken, so offenbart sich jedeStruktur in gewisser Weise als einseitig und begrenzt. Doch jederEinzelne ist in der Zusammenfassung der für ihn charakteristi-schen Züge wiederum ein Ganzer. Die Wesenskräfte stellen janichts anderes dar als die zum Aufbau, zur Erhaltung und zurVerwirklichung eines Lebensganzen nötigen dynamischen Kom-ponenten, die beiden Kreissysteme ihre Abwandlungs-, dieAspekte ihre wechselseitigen Beziehungsformen im individuellenFall. Wer diesen Fall deuten will, muß immer den Einbau vonEinzelheiten in das Ganze im Auge behalten. Das Einmalige undEigene hebt sich dabei vom Hintergrund allgemeinmenschlicherAnlagen ab, allgemein sind auch die Formen der Zusammenfü-gung, so daß sie in Regeln gefaßt werden können. Die vollkom-mene Deutung allerdings hält sich gleicherweise fern vonschematischen Konstruktionen aus solchen Regeln, wie ander-seits, der Aussagegrenzen bewußt, von der Absicht, sämtlichekonkreten Einzeldinge und -Wendungen aus dem Meßbild her-auslesen zu wollen. Diese nur-individuellen und ganz speziellenAuszweigungen sind meistens Wege in den Tod, in habituelleGewohnheiten, Stagnation und Erstarrung, während der kosmi-sche Entwurf des Menschen ihn rückverbunden zur Lebenstota-lität zeigt. Hierin zuvörderst, das einzelne belebend, liegt dieBedeutung der Wesenskräfte, die wir ob ihrer Unerläßlichkeit fürden Organismus auch Ganzheitskräfte nennen. Mit solcherGanzheit meinen wir keineswegs die temporäre und wechselnde,auf die Geltung der Persona abgestimmte Einheit im Ichbewußt-sein, vielmehr das Wirken großenteils unbewußt steuernder In-stanzen. In ihrer nie aussetzenden Koordination bestimmen sie

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den Lebenslauf oft wider Willen, obzwar gemäß der Ver-wirklichung unseres Selbst.

Struktur ist Schicksal, indem sie Notwendigkeiten vorschreibt,die außerhalb bewußten Wollens stehend dieses zur Stellung-nahme zwingen.

Der hier gelehrte Deutungsstil bezweckt das Erfassen der we-sentlichen Anliegen und Probleme eines Menschen auf den er-sten Blick. Dieser durch das Kosmogramm ermöglichte Einbruchin das Wesenhafte der Entscheidungen - im Augenblick des Evi-denzerlebnisses eins mit dem Ichbewußtsein, meist aber sorgsamabgeschirmt - verfährt umgekehrt wie das gewohnte psychologi-sche Vorgehen, das in der Analyse von Lebenszeugnissen desBetreffenden sowie daraus gezogenen Folgerungen besteht. Ab-gekürzte stichwortartige Ermittlung von Tatsachen jenseits derAussagegrenzen ist auch für unser Verfahren erforderlich, um dieEntsprechungen richtig einzusetzen. Doch hierin liegt In-formatives, nicht das Hauptgewicht der Deutung. Die Deutungselbst folgt dem im Kosmogramm enthaltenen Stellenwert seinerKomponenten. Hat man über die Elementarbegriffe verfügengelernt, dann gilt es, sich durch Bekanntschaft mit verschiede-nerlei Stellenwert ein und derselben Komponenten für den be-sagten «ersten Blick» zu schulen. Die Verantwortlichkeit derAussage setzt vor die Deutung als Kunst, vor die intuitive Schaudes Ganzen also, die Übung. Vorangehend ist wissenschaftlicheArbeit zu leisten; sie besteht in der Analyse der Kosmogrammebiographisch hinreichend bekannter Persönlichkeiten, abge-schlossener Charakterbilder der Lebensläufe, ergänzt durch stän-dige Beobachtung am lebenden Modell, wo sich der Charakternoch in der Prägung und die Lebensentscheidung im Gange be-findet. Hierfür dienen dann Personen des näheren Umgangs oderaktuell hervortretende Zeitgenossen. Solche analytische Untersu-chung schafft die Voraussetzungen zur synthetischen Deutungherbei. Freilich ist dies eine langfristige Aufgabe, und neugieri-gen Anfragern gegenüber bleibe man, der Äußerung sich enthal-tend, lieber in der Übung, bis man eine Sicherheit erlangt hat,statt' durch vorschnelle Aussagen in den Mitmenschen einzugrei-fen.

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Die verschiedenen Geburtsbilder unterscheiden sich in der La-gerung ihrer Komponenten. Den hierbei zutage tretenden Reich-tum an Möglichkeiten untersuchen wir auf das vorwaltendeOrdnungsprinzip hin. Überfliegen wir den bisher gegangenenWeg. Die zuerst geübte Kombination der Planeten mit Zeichenund Feld gab den Kräften eine bestimmte Ausdrucksfärbung undGerichtetheit, die Aspekte setzten sie in Beziehung zu einander.Das damit Erworbene müssen wir zum Teil jetzt zurückstellen,um die Ordnung des Zusammenbaus zu begreifen. Haben wiraber den Stellenwert der Bestandstücke erfaßt, dann kommt unsdie Kenntnis ihrer Beschaffenheit wieder zugute, indem sie derso ermittelten Rolle im Ganzen das Fünkchen Leben einhauchtals die Bedingtheit, in welcher der Einzelne empfindet und fühlt,entscheidet und handelt. Bei den vorgeführten Beispielen, an de-nen dieses oder jenes Ordnungsprinzip klarzumachen versuchtwird, werden also gelegentlich die bereits aus den Hauptübungenbekannten Kombinationsformen herangezogen. Anderseits han-deln die aufeinanderfolgenden Abschnitte vom zusammenhän-genden Gebrauch solcher Kombinationsformen, so daß wir unsmanchmal zwischen Rückgriff und Vorausgriff bewegen. Mit-unter macht die Sichtung der vorkommenden Fülle an Formeneine gedankliche Kleinarbeit, eine Auszweigung in Einzelheitenunvermeidlich. Die Vorstellbarkeit wird bei geschichtlichen Per-sönlichkeiten erhöht durch Beschäftigung mit biographischenArbeiten, welche das Wesensgefüge eingebettet und verwirklichtin äußeren Umständen zeigen, vor allem die einer persönlichenProblematik abgerungene Leistung.

Als erstes versuchen wir die Struktur im großen Zuschnitt zusehen.

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EINLAGERUNG IN GEBIET UND SEINSEBENE

Das Einmalige und Eigene, das jeder Mensch ist, deuten zulernen aus seiner Geburtskonstellation, heißt uns bei dem begin-nen, was er mit allen anderen gemeinsam hat. Jeder muß essenund trinken, atmen und sich bewegen, und nimmt darin leiblichin allgemeiner Weise an den vier Elementen der Alten teil. Wirverstanden sie als Gleichnis für die Seinsebenen des Materiellen,Seelischen, Geistigen und der organischen Dynamik. Kennen wirdie Affinität der Tierkreiszeichen zu diesen Ebenen, so ermessenwir daraus die besondere Art, in welcher der Einzelne wesens-mäßig auf den Ebenen gelagert ist. Wir sehen eine bestimmteVerfassung, eine Konstitution, und schränken die unbestimmteVieldeutigkeit seiner Teilhabe daran - einer wie alle - auf die ihmeigene Form des Teilhabens ein. Der Methode nach wenden wirauch bei der übrigen Deutung stets das Verfahren an, die Viel-deutigkeit der Bestandstücke, nachdem wir sie einzeln in dieHand bekommen haben, aus übergeordneten Blickpunkten ein-zudämmen. Dieses formale Vorgehen führt, der Zusammenfü-gung folgend, zur Heraushebung der charakterlichen Besonder-heit.

Zunächst also fassen wir den rohen Zuschnitt des Individuellenins Auge, der in seiner «Seinshaftigkeit» liegt. Wir sind uns na-türlich klar, daß dies erst eine Vorarbeit für die eigentliche Cha-rakterdeutung sein kann. Gleichzeitig beachten wir denGrundsatz, die Aussagekraft keines der verwendeten Deutungs-mittel zu überfordern. Die Einlagerung in die Seinsebenen be-trifft nur den Unterbau beständigster Einstellungen undAusdrucksweisen, das Temperament vor allem, wegen seinerUnveränderlichkeit vielfach vom Charakter selbst unterschieden.

Um einen Überblick zu bekommen, stellt man am besten eineTafel auf, die im Fall von Friedrich d. Gr. (Fig. 15) so aussieht:

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LUFT ����� Asz.WASSER

FEUER � � � Friedrich d. Gr.

ERDE � ���

Wir trennen hierbei die Symbole des engeren und des weiterenBezugssystems, da die letzteren mehr generationsmäßige als in-dividuelle Eigentümlichkeiten bezeichnen. Von persönlicherWichtigkeit jedoch ist der Aszendent. Im Fall von Johann Wolf-gang Goethe (Fig. 17) sieht die Tafel so aus:

LUFT �WASSER ����� �� Asz.FEUER � Goethe

ERDE �����

Schließlich betrachten wir noch das Beispiel MichelangeloBuonarotti (Fig. 24), womit die Anordnung einer solchen Tafelweiterhin als bekannt vorausgesetzt wird.

LUFT ���WASSER ������� ���FEUER � Michelangelo

ERDE Asz.

Diese drei Beispiele zeigen erhebliche Unterschiede, und wersich aus den anfallenden Meßbildern solche Auszüge macht, wirdimmer wieder andere Anordnungen antreffen. Quantitativ geht esum die Stärke der Betonung oder den Ausfall bestimmter Ebe-nen, qualitativ darum, welche Wesenskräfte diese oder jene Ebe-ne einnehmen. Bei Friedrich d. Gr. sehen wir die mit «Wasser»bezeichnete Ebene ganz ausfallen, bei Goethe fiele die mit«Luft» bezeichnete Ebene aus, wenn nicht der generationsver-bindliche Uranus dort stünde, bei Michelangelo wäre die mit«Erde» bezeichnete Ebene nur durch den langfristig veränderli-

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chen Pluto besetzt, wäre nicht mit dem Aszendenten die persön-liche Reaktionsweise erdhaft eingestimmt. Die Symbolik der vierElemente, ihr Bezug zu den vier Seinsebenen darf als bekanntangenommen werden (vgl. Bd. II, S. 77 ff.). Der Ausfall einerEbene bedeutet selbstverständlich kein Nichtvorhandensein, wirheben ja das Individuelle vom Hintergrund des Gemeinsamen ab.Auch Friedrich d. Gr. hatte eine Seele, die Wesenskraft des Ge-müts ist durch den Mond ausgedrückt. Wir werden ihn in diesemFall mit Saturn in Konjunktion finden und daraus Schlüsse aufdas psychische Verhalten ziehen. Die Tafel sagt nur, daß Ge-fühlsvorgänge nicht seine entscheidenden Stellungnahmen beirr-ten, weil die Gesamteinstellung zum Sein einen Abstand vomEmotionalen wahrte, daß vor allem die zentralen und aktiven Re-gungen sich frei davon hielten und der geistigen Führung unter-stellten. Goethes geistige Leistung steht außer Diskussion. Wasdie Tafel zeigt, ist der realistische Ansatz der Selbstbehauptung,das Bodenfassen in materiell ausgerichteter Tätigkeit, das Kon-kretnehmen von Liebe und Kunst. Gleich wichtig und die Pro-duktivität tragend waren die Spiegelungen im Gefühlsleben; seinorganisch und visuell eingestellter Verstand bekam die Rolle ei-nes Bindegliedes zwischen diesen Ebenen. Die Seinshaftigkeitvon Michelangelo schließlich hätte sozusagen keinen Boden un-ter den Füßen gehabt, wäre nicht die Reaktionsweise vom As-zendenten aus im Materiellen verankert gewesen. Sein Werk,seine Aktivität und sein Schicksal lagen in der gigantischen Ein-körperung zentraler und peripherer Seelenkräfte, in großen Di-mensionen konform der Grundstimmung seiner Zeitgenossen,überwölbt von geistiger Abklärung. Auf diese Beispiele kommenwir später unter anderen Gesichtspunkten zurück.

Die Ausdrücke Feuer, Wasser, Luft und Erde sind von unver-wüstlicher Symbolkraft. Feuer - dies bedeutet tatsächlich dasFeurige, Wärmestrahlende, Leuchtende und Glänzende im Men-schen; Individuen mit viel Feuerzeichen sind hitziger als andere,haben normalerweise eine höhere Bluttemperatur, geraten leich-ter in Aufwallung. Wasser - dies bedeutet das seelisch Flüssige,Gelöste, Weiche und Wandelbare; Menschen mit viel Wasserzei-chen wechseln öfter die Stimmung als andere, fühlen sich leicht

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in eine fremde Atmosphäre ein, motorisch passiver als die vori-gen, sind sie in hohem Grade wetterempfindlich, von sich auskalt, suchen gespendete Wärme auf. Luft - dies bedeutet Geistig-keit oder doch wenigstens Bedürfnis nach Aufhellung der Si-tuationen, Enthobensein von stofflicher Schwere, darum Durch-sichtigkeit und Weite; Menschen mit viel Luftzeichen haftennicht am Konkreten und wechseln ideologisch beeinflußt raschden Standpunkt, orientieren sich sozusagen aus der Vogelschauund gleiten leichthin über die Dinge weg. Erde - dies bedeutetstoffliche Schwere, Härte, Dichtigkeit, Gebundensein durch Tat-sachen und materielle Umstände; Menschen mit viel Erdzeichenachten überwiegend auf konkrete Sachwerte, kühl und realistisch,lassen sich von keiner Begeisterung hinreißen, selber durch Din-ge und Umstände begrenzt, setzen sie anderen sachliche Schran-ken.

Kurz, die aus der Elementarlehre schon bekannten Eigen-tümlichkeiten machen sich bei gehäuftem Auftreten als Unter-malung der Lebens-Grundstimmung geltend. Die quantitativeBetrachtung ist allerdings nicht so zu verstehen, daß man dieSymbole einfach als Punkte auszählt, sie wollen vielmehr in ihrerGewichtigkeit und ihrem inhaltlichen Wert für die Lebens-Grundstimmung eingesetzt sein. Gegenüber dem mehr indiffe-renten Merkurstand etwa gilt die Betonung am stärksten, wennSonne, Mond und Aszendent auf einer Ebene zusammentreffen,was zwar selten, aber doch vorkommt. In Fig. 32, Emile Zola,haben wir dafür ein Beispiel. Wo wie bei Zola das Feuerelementvorherrscht, ist um die Erkenntnis des reinen Seins der Dinge einGürtel von Leidenschaften gelegt. Als Fall der Überbetonung ei-ner Ebene sei dies aufgezeichnet:

LUFT �WASSER ��� �FEUER ��������� Asz. Zola

ERDE

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Es ist interessant und warnt vor einem äußerlichen Sche-matismus, den «Realisten» hier ohne wesenhaften Bezug zurmateriellen Ebene zu finden. Dies verstehen wir erst aus derweiteren Einlagerung, wonach Saturn in SCHÜTZE im 1. Feld tri-gonal eine große WIDDER-Häufung zusammenfaßt. Zolas affektiv-aggressive Lebens-Grundstimmung kleidete sich mit der Personain den realistischen Zeitstil ein. Allerdings sprechen wir immervon Mehr- oder Minderbetonungen, auch der kosmisch nichtErdgebundene ist faktisch ein Erdgeborener.

Solde Feinheiten, die sich aus Kommendem ergeben, lassenwir noch offen, wenn wir die Lebens-Grundstimmung ermitteln.Diese ist meist gemischt, aber nicht im Sinne undifferenziertenZusammenmischens. Gerade unsere Beispiele zeigen, wie sich inder Gesamtstimmung bestimmte Kräftegruppen gegeneinanderabheben. «Untermalung» bedeutet keinen gleichförmigen An-strich, es gibt auch kein durch Auszählung ermitteltes einzigesder vier Temperamente. Bei der genaueren Analyse berücksichti-gen wir dann die Zeichenunterschiede, hier, um den großen Zu-schrott zu bekommen, fassen wir sie zusammen nach derElementarzugehörigkeit der Zeichen. Wir erhalten damit vierGrundstimmungen, die Einzelheiten verbindend:

LUFT = geistige DurchlichtungWASSER = seelisches MitschwingenFEUER = organische BewegungslustERDE = materielle Verdinglichung

Je nach der Betonung der Ebenen hat die Lebens-Grund-stimmung eines Menschen an diesem oder jenem teil, und sie istetwas, was zum Bestand der Gesamtpersönlichkeit gehört. Tu-genden wie Untugenden zweigen von hier ab, etwa: Erde = ver-läßlich, aber auch Starre, Gleichgültigkeit, Feuer = betriebsam,aber auch jähzorniges Aufbrausen, Übertreibungen, Wasser =besinnlich, aber auch Verweichlichung, Lässigkeit im Prakti-schen, Luft = bedacht, aber auch Flatterhaftigkeit, nervöse Mo-tivsprünge. Gewisse Grundhaltungen ergeben sich, etwa: Erde =sich und die Dinge als konkrete Sache nehmend, im Gefestigten

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und Bewährten verankert, Feuer = in sich selbst souverän, imWollen auf andere gerichtet, Wasser = abhängig durch Erleidenund Geschehenlassen, unabhängig durch Wandlungen, Luft =bewußt sich in Beziehungen wissend, frei durch urteilsmäßigeVerfügung darüber. Dies alles, noch unausgeführt, eben als Un-termalung verstanden, wird nun bedeutsam für die Abwicklungder Probleme. Die Seinsbezüglichkeit der Grundstimmung gibtden Aspekten bestimmte Entsprechungen. Ein erdhaft betonterMensch wird sich weniger um die geistige Formulierung als umpraktische Lösung der Probleme kümmern, beim Luftbetontenliegt es meist umgekehrt, er haftet darum weniger an den Ein-kleidungen, dem Feurigen kommt es auf rasches Vorwärtstreibender Prozesse, dementsprechende Zielsetzungen an, beim Wasser-betonten hängt wiederum alles von Gefühlsresonanz und Stim-mung ab. Ziehen wir diese Einlagerung nach den vorgefundenenProportionen in Betracht, dann verstehen wir die Äußerungenbesser, und ein Quentchen davon wird in jede Einzeldeutung ein-gehen.

Seinshaftigkeit meint unreflektiertes Sosein, «man ist so», einStück Natur. Die Überschichtung der vier Ebenen gibt uns einstationäres Bild dessen, nennt die Bezogenheit desselben, was inden Temperamentsäußerungen als dynamischer Vorgang be-schrieben wird. Dahin gehören Ansprechbarkeiten, Reaktions-formen, doch die charakterliche Ausprägung geht weiter durchInteresse, Gegenständlichkeit. Wer ich bin, erfahre ich aus derZuwendung zum Dasein, durch Richtung der Kräfte. Hierin be-gegne ich anderen und ihrem Anspruch, bin in einen Tatsachen-zusammenhang hineingestellt, es betrifft mein «in der Weltsein».

Das Besondere eines Ich im Verhältnis zu Menschen und Din-gen, sein Entworfensein auf Umwelt, ermißt sich aus der Über-kreuzung von Horizont und Meridian. Diese Konstanten derpersönlichen Struktur schneiden die vier Quadranten aus, nachdenen sich unsere soziale Beziehungsform gliedert.

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Sozialwirklichkeit

IV Gesellschaft Gemeinschaft III

Ich

I Einzelner Sippe II

Du

Herkunft

Bei der üblichen Deutung der Felder haben wir ein Mosaik vonGegenständen, deren Bedeutungszusammenhang nicht erkennt-lich oder gar verfälscht ist. Ein grundsätzlicher Fehler liegt in derBetrachtung, als ob der soziale Raum Luft wäre und lediglichRückwirkungen auf seine Tatsächlichkeit im einzelnen determi-niert seien. Die Quadranten enthalten jedoch das Eingebautseindes Einzelmenschen; die Unermeßlichkeit des Lebens ist einge-fangen in ein Grundmuster, nach dem wir mehr oder minder so-zialtauglich oder kontaktlos sind. Der Mensch ist von Geburt anin bestimmten Gebieten zu Hause und darauf eingestellt, genauin ihnen Freud und Leid zu erfahren, er zeigt sich angelegt aufbestimmte Formen der Gemeinsamkeit oder Aussonderung. Hierstellt sich etwas wie persönliches Schicksal her: Situationen vontypischem Charakter kommen unter Auswechslung der Erschei-nungsform immer wieder zustande, das Individuum ist auf siegeeicht und strebt solche ihm wesenstypische Situationen an,mag auch Reizansprechung und Gefahrsignal gegebenenfalls zurHaßliebe zusammentreten. Die mit Anpassung oder Protest ver-bundenen Spiegelungen im Ich stellen nur die psychologischeSeite der Notwendigkeit ihres Herantretens, der schicksalhaftenSeite dar. An dieser Schicksalhaftigkeit haben Tendenzen derGruppenzugehörigkeit oder Vereinzelung teil, wie im Aufriß desQuadrantenschemas enthalten.

Mit der Anwendung dieses Schemas bekommen wir das «inder Welt sein» des Individuums, seinen Entwurf in Hinblick auf

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Gegenständlichkeit und gesellige Bemeisterung des Daseins.Wieder schränken wir die unendlichen Möglichkeiten auf Be-stimmtes, Charakteristisches ein. Die Verknüpfung der beidenkreisläufigen Systeme wird hergestellt durch die Zeichen an As-zendent und MC: persönliche Reaktionsform und Weltstand-punkt. Hiervon und von der Dreigliederung der Quadranten sehenwir noch ab, wenn wir erst die Einlagerung der Kräfte nach in-nen- und außenweltlicher Richtung, Ich- und Dubezüglichkeit insAuge fassen.

Vergegenwärtigen wir uns sechs später ausgeführte Beispielevon Überbetonung eines Quadranten: Franz Kafka (Fig. 14), Be-nito Mussolini (Fig. 19), August Strindberg (Fig. 22), MarcelProust (Fig. 2o), Vincent van Gogh (Fig. 21), Ernst Häckel (Fig.13). Die Folge der Quadranten ist immer dieselbe wie auch beider Anordnung im Kosmogramm, weshalb ihre Bezifferung un-nötig wird. Übungen dieser Art schulen den Blick, so daß wir dieBetonung gleich im Kosmogramm sehen, der Auszug dient zurVerdeutlichung.

������ �� ������ ������� �� �

Kafka Mussolini

����������������������������� ���� ������ � � � � �����

Strindberg�� ����� �����

Proust

� � � � � � ���� � ���� ������

van Gogh �� ��� ����

Häckel

Erinnert sei immer wieder: die astrologischen Deutungs-elemente sind Grundformen im Erleben jedes Menschen, wir er-leben sie nur in unterschiedlicher Betonung der Stärke und Häu-figkeit ihrer Äußerung. Die bleibenden Unterschiede bezeichnendas Individuelle. Kein Ich lebt unumschränkt, und selbst eine

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Robinsonade, sofern sie heute noch möglich erscheint, setzt dasErfahrenhaben einer sozialen Mitwelt und ihrer Errungenschaftenvoraus. O6 und wie aber das Soziale anders als etwas Lästiges,Beschränkendes erlebt und verstanden wird, wie tief Gesetz undPflicht, Verzichtleistenkönnen verwurzelt sind, ist individuell. ImFalle Proust stehen die anlagemäßigen Voraussetzungen dafürschlecht. Da sich einzig Saturn über dem Horizont befindet, ist eswahrscheinlich, daß ein solcher Mensch nur ein Negativum, et-was Beängstigendes darin erlebt, und die Selbstbezüglichkeit desII. Quadranten hysterische Formen annimmt38. Wir wollen aberin bezug auf eine Endaussage vorsichtig sein und handeln erstvon Grundlagen, zu denen entsprechende biographische Datenhinzukommen müssen. Der Ausdruck «Sippe» für den vielver-zweigten II. Quadranten schließt Familie, Anhaftung an die Her-kunft, wie Unterschlupf im eigenen Gehäuse, Triebleben, sichUmgeben mit verwandt empfundenen Dingen oder Zugehörigkeitzu einer «Arbeitssippe» ein, die Lösung der Problematik kann

38 Eine neue Sicht der Angst als Grundbefindlichkeit in jedem Menschen, die ange-

nommen und gemeistert sein will, während sie unberücksichtigt gelassen lähmt und ab-stumpft, bringt der Psychoanalytiker Fritz Riemann in «Grundformen der Angst», E.Reinhardt, München-Basel, 1961. R. sieht vier Grundformen der Angst: Angst vor derSelbsthingabe, erlebt als Ich-Verlust und Abhängigkeit, Angst vor der Selbstwerdung, er-lebt als Ungeborgenheit und Isolierung, Angst vor der Wandlung, erlebt als Vergänglichkeitund Unsicherheit, Angst vor der Notwendigkeit, erlebt als Endgültigkeit und Unfreiheit.Dementsprechend stellt er vier Typen auf, an denen die vier großen Neuroseformen, die wirheute kennen, erscheinen: schizoide, depressive, zwangshafte und hysterische Persönlich-keiten oder Strukturen. Diese Grundformen der Angst sieht R. zusammenhängen mit unse-rer Befindlichkeit in der Welt, dem Ausgespanntsein zwischen zwei großen Antinomien,die wir in ihrer Widersprüchlichkeit leben sollen. Als verdeutlichendes Gleichnis bringt erdie kosmischen Bewegungen der Erde: Drehung um ihre eigene Achse und Umlauf um dieSonne, sowie das Gleichgewicht zwischen Schwerkraft und Fliehkraft. R. geht über dasbloße Gleichnis hinaus in der Annahme, daß der Mensch als Bewohner dieser Erde densel-ben Gesetzmäßigkeiten unterworfen sei, dieselben Bewegungsimpulse als unbewußteTriebkräfte und latente Forderungen in sich trage. - Wenn Angst als leib-seelisches Erlebnisastrologisch auch unter Saturn, vor allem im Verhältnis zu Mond, verstanden wird, so daßin jedem Fall deren Stellung berücksichtigt werden muß, sehen wir in den Quadranten dochdispositionelle Voraussetzungen für die genannten vier Grundformen. Zu ihrer tatsächli-chen Herausbildung sind entsprechende lebensgeschichtliche Hintergründe nötig. Oberbe-tonung des I. Qu. tendiert zur Angst vor Selbsthingabe, des III. Qu. zur Angst vor derSelbstwerdung, des II. Qu. zur Angst vor der Notwendigkeit, des IV. Qu. zur Angst vor derWandlung. Wir müssen die Begriffe und besonders den der «depressiven Persönlichkeit»(die Phasen einer manischen Zuwendung einschließt) allerdings im Sinn der RiemannschenDefinitionen verstehen, um sie auf die Quadranten anzuwenden.

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nur aus dem Selbst kommen. Sehen wir ab von familiären Um-ständen (Aussagegrenze!) und von dem auf die Herkunft bezug-nehmenden Zeichen (worin mit ähnlicher Quadrantenlage beiZola das Zeichen WIDDER einen enormen Unterschied gegen dieKREBS-Betonung bei Proust ergibt), so sehen wir schon bei ge-ringer Mehrbetonung der oberen Hälfte am Beispiel Häckels einezweifellos «lebenstüchtigere» Lösung. Analog der Besetzung desIII. Quadranten wurde sie erzielt aus Kontakt und Gefolgschaft;die bedingungslose Anerkennung der Person und Lehre Darwinsrief die eigenen Produktivkräfte wach.

Im Fall von Kafka ist fast ausschließlich der IV. Quadrant be-tont, so daß die Riemannsche Definition der zwangshaften Per-sönlichkeit, Angst vor Wandlung, erlebt als Vergänglichkeit undUnsicherheit, bei sonstigen dahin deutenden Anzeichen wörtlichübernommen werden kann. Das Abbröckeln von Dauer und Sta-bilität, verläßlichen sozialen Werten, die Formen einer Beschrän-kung der Liebesfähigkeit wurden für Kafka zum einschneidendenErlebnis. Wie alle Beispiele greifen wir auch dieses später wiederauf und werden noch andere Züge finden. War aus den Seinsebe-nen nur eine Untermalung der Gesamtstimmung zu erschließen,so dürfen wir bei den Quadranten nicht über eine festgestellteGrundausrichtung des motivischen Spielraums hinausgehen. Beivan Gogh steht einer gleichfalls starken Besetzung des IV. Qua-dranten eine gewisse Betonung des II. gegenüber. Die zwangs-hafte Persönlichkeit ist hier weniger durchsichtig und ausschließ-lich, doch wissen wir, wie das soziale Motiv van Gogh jahrelangzu einer fanatischen Selbstentäußerung trieb; auch in seiner letz-ten künstlerischen Phase lag ein Erzwingenwollen des ihm un-umstößlich Richtigen, verstanden als menschheitliche Aufgabe.

Nun die Überbetonung des I. Quadranten, wie sie bei Strinbergvorliegt: eine verabsolutierte Ich-Werdung führt naturgemäß zurAngst vor Hingabe. Ist einem ein Du zu nahe gekommen, sokann die automatisch eintretende kühle, wenn nicht feindseligeBeobachtung seines Verhaltens dann ein Abhängen der Bezie-hung vorbereiten, ein eben angebahnter Kontakt ruft Schroffhei-ten der Abwehr hervor. In der überwertigen Rolle der eigenenPerson werden wir später einen der Gründe für Strindbergs Ehe-

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konflikte finden. An dieser Stelle sei beim Verwenden ge-schichtlicher Beispiele davor gewarnt, für das, was man biogra-phisch ohnehin weiß, im Kosmogramm «einigermaßenhintreffende» Belege aufzusuchen; an solchen Beispielen erläu-tern wir hier den Gebrauch der Deutungsmittel und lassen nurgelten, was aus einem solchen denknotwendig erschlossen wird.Im Fall einer Quadrantenbetonung wie bei Strindberg kann le-diglich gesagt werden, daß der motivische Spielraum - freilichentsprechend den Zeichen WASSERMANN und FISCHE anlagemä-ßig sehr weit - sich hauptsächlich auf die Voraussetzungen derIchwerdung beschränkt. Es entsteht die Frage, unter welchen Be-dingungen und bis zu welchem Grade ein Partner sie akzeptierenkann.

Im Gegenfalle einer Überbetonung des III. Quadranten bedeu-tet Hingabe an das Du kein Problem. Zu einem solchen wird dasAusgeliefertsein, die Abstandslosigkeit des Erlebens auf der ge-heimen Flucht vor sich in das Anderssein. Der Mensch birgt sichvor dem, was er als Isolierung empfindet, im Klima einer Ge-meinschaft, bei Mussolini geweitet zur Nation, wie er sie durchdas Werkzeug seiner Partei schaffen wollte. Man opfert seinSelbst einem Pakt des gegenseitig Sich-Brauchens. Die Ver-lustangst treibt dazu, den anderen zu idealisieren, in manischübertreibender Zuwendung ihn beherrschen zu wollen, gleichzei-tig aber wird man von ihm beherrscht. Man gerät in offenen oderverdeckten Zwiespalt mit sich, die Abhängigkeit von einer idea-len Vorstellung stürzt den Menschen bei Abwendung des realenDu in Depression. Die Konfliktnot sucht den Unterschied derbeiden Du-Gestalten, der idealen und der realen, zu verwischen,häufig führt dies zum Ableugnen einer solchen Kluft, um derVerzweiflung zu entgehen. Zumal wenn alles wie hier über demHorizont steht, wird der extraversive Zug oft zu einer Fassaden-haftigkeit der Haltung.

Allerdings, wo die Sachen hart im Raum sich stoßen wie in derInteressensphäre, und die Vergesellschaftung der Besitzrechteuns ein kollektives Schicksal unterlegt, wo das Entworfensein aufUmwelt zum individuellen Schicksal wird, kommt auch derselbstbestimmende Faktor stärker zur Geltung. Einer Aussage

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über Ergebnisse müssen wir uns enthalten, wo nur die Grundaus-richtung des motivischen Spielraums determiniert ist. Mit wech-selndem Erfassen der Bedeutungen tritt ein Wandel derEntsprechungen ein. Der selbstbestimmende Faktor verfügt aberwiederum nicht völlig frei über die Dinge, sondern eingesponnenin die wesenseigene Problematik, die am Aspektgerüst sichtbarwird.

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DAS ASPEKTGERÜST

Beurteilen wir einen Menschen nach einem Intelligenztest, sounterwerfen wir seine intelligenten Leistungen einem von außenangelegten Maßstab. Das mit Hilfe einer Norm gewonnene Urteilsagt wenig darüber aus, was Intelligenz im Wesensgefüge undseelischen Haushalt dieses Menschen bedeutet. Es spiegelt ihnvon der sozialen Brauchbarkeit seiner Mitteilungen her, betrifftsein Leistungsbild in dieser Hinsicht. Anders die Aussage aus derMerkurstellung bei seiner Geburt, die wiederum nur streift, wasder Intelligenztest ermittelt. Im Meßbild kann sich etwa derAspekt «Merkur-Trigon-Saturn» vorfinden, der Verstand aberunterdurchschnittlich den Anforderungen des Intelligenztests ge-nügen. Wir haben dann die Verfassung eines Menschen, dessenVerstand in den normalerweise verlangten Bekundungen unge-schickt ist, wenig ausgebildet und vielleicht gar nicht ausbil-dungswillig - das gibt es: trotz Ausbildungsfähigkeit eine Sperre,einen Selbstschutz gegen Störung dessen, worauf sich die sub-jektive Selbstsicherheit stützt -, ein Verstand aber, der in Ein-klang mit dem Erfahrungsbild des betreff enden Menschen steht.Wir stellen nicht in Betracht, ob er Latein gelernt hat, die Ver-kehrssignale bewältigt, einen Fragebogen richtig ausfüllt und imGespräch mit einem intelligenten Durchschnittsmenschen be-grifflich stets dessen Erwartungen angemessen schaltet; daß esrelativ langsam geschieht, liegt im Aspekt. Wir fragen vielmehrnach der interstrukturellen Rolle und Bedeutung des Verstandesbei diesem Menschen. Diese Frage beantwortet uns der Stellen-wert des Merkur, wozu auch sein Aspekt zu Saturn gehört. Eskommt nicht nur die Apperzeptionsfähigkeit in Betracht, für dieder Aspekt eine gute Voraussetzung im Sinne langsam-sicherenBegreifens bildet, sondern vor allem die Bedeutung von Saturnfür Selbstschutz, Integrität, die im besagten Falle auf die geistigeHarmonie bezogen gilt. Zur Erhaltung dieser Harmonie darf erseinen Geist nicht aufsplittern in Kenntnisse, Urteile, Anpas-

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sungsformen, die sein Streben nach absoluter Geschlossenheit inseinem Eigenreich - vielleicht ist er Künstler, vielleicht Landwirtoder Gärtner, eine Saturnstellung etwa in STIER könnte uns dar-auf führen - durch Relativierung gefährden würde. Er ist so klug,wie er es braucht. Saturn tritt hier als Revierschutz ein, und einegeheime Regie bewirkt, daß der Mann nur so viel apperzipiert,als er harmonisch verarbeiten kann und nur dasjenige, was zurGrundlage seiner Existenz paßt.

Ebenso steht es mit den Äußerungen aller übrigen Wesens-kräfte. Der Wert der astrologischen Aussage liegt in der inter-strukturellen Rolle und Bedeutung. Darauf gründet sich eine Cha-rakterologie, die nicht von äußeren Maßstäben ausgeht, wichtiginsbesondere für die therapeutische oder erzieherische Praxis, fürRatschläge und Behandlungsformen, die für diesen und keinenanderen Menschen stimmen.

Natürlich ist damit nichts gegen Intelligenztests und ähnlicheempirische Befunde gesagt, wir werden im Gegenteil möglichstviel dergleichen anwenden, um lebensnahe zu deuten. Hervorge-hoben wurde aber eine Grundeigentümlichkeit der Astrologi-schen Menschenkunde, das Struktursehen, das auf ein Verständ-nis des inneren Gefüges zielt. In der Deutungsmethode fort-schreitend, kommen wir jetzt zur Zusammenfügung bisher ein-zeln zurechtgelegter Bausteine und beginnen mit dem Aspekt-gerüst. Aspekte, wie wir sie als Problemansätze untersuchten,weisen auf ein Ganzes hin. Der lebende Mensch steht mit seinerSelbstbestimmung gleichsam im Mittelpunkt aller Winkel, diesein Ganzes in einzelnen Facetten spiegeln. Ihn beschäftigen die-se und jene Probleme zugleich, oberflächlich oder untergründig,die Lösung des einen kann nicht völlig isoliert von der Lösungder anderen erfolgen, Jugendprobleme enthalten schon den Keimvon Altersproblemen. Von den Eigenschaftsanlagen, die sich ausder Kombination von Planet und Zeichen ergeben, von den Inter-essenrichtungen, die aus dem Felderkreis hervorgehen, werdenganz bestimmte Züge angefordert, um bei der Lösung mitzuwir-ken. Die Problematik setzt sich in Gang gemäß den Aspekten,auch bei äußerer Auslösung, und gewöhnlich wirft jeder Planetmehrere Aspekte, das heißt, die entsprechende Wesenskraft gibt

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sich nach mehreren Seiten aus. Die zusammenfassende Aspektfi-gur (vgl. Bd. I, Anhang: Franz Schubert) versinnbildlicht das dy-namische Gefüge der Ganzheit, in den Kräfteverhältnissen alsruhendes Bild gesehen. Der Charakter der Planeten als «Wand-ler» gegenüber dem relativ starr bleibenden Fixsternhimmel ist ineinem bestimmten Augenblick festgehalten.

Wenn man die Aspektaussagen einzeln aneinanderreiht, wirdman im individuellen Fall hie und da Übereinstimmungen, Ver-stärkungen gewisser Züge, oft aber auch Widersprüche antreffen.Dies sind dann keine logischen Widersprüche im Kopf des Be-trachters, sondern widersprüchliche Anlagen im lebenden Mo-dell. Es kann jemand großzügig in Liebesangelegenheiten undkleinlich in Geldsachen sein oder umgekehrt, je nachdem dieAspekte liegen. Er kann seine Berufsziele sorgsam, gewissenhaftund sachlich, mit zäher Energie verfolgen, die Entschädigungdafür aber in leichtfertigen Vergnügungen suchen: alles in allemnicht beschreibbar mit summarischen Eigenschaftsbegriffen. Insolchen Widersprüchen steckt seine Problematik. Im einzelnenergeben sich die Probleme jeweils aus dem Verhältnis zweierKräfte; doch ein und dieselbe Wesenskraft, etwa aktive Ent-äußerung, wirkt sich hier so, da so aus, als Arbeitsenergie andersals in sexueller Triebform. Dies symbolisiert meistens Mars inzweierlei Aspekten, etwa einem synthetischen Aspekt zu Saturn,einem analytischen zu Venus - abgesehen von Zeichen und Fel-dern, welche die Äußerungsweise und -richtung näher umschrei-ben -; Venus und Saturn können außerdem, jeder für sich, wiederin anderen Aspekten stehen. Alle Spannungen, verschiedenenQuellen entspringend, hat der selbstbestimmende Faktor inmittender Probleme im Sinn der Gesamtpersönlichkeit zu vereinen. DieAuf gaben seiner Ergänzungs- und Ausgleichstätigkeit verstehenwir als Überbauprobleme aus dem Aspektgerüst, Formen voneiner gewissen Selbständigkeit gegenüber den erfaßten Gliedern.

Was in den bisherigen Hauptübungen der Kombination erar-beitet wurde, bleibt in Geltung. Wir erweitern nur das Blickfeldder Relationen und grenzen damit die Möglichkeiten ein, die je-des Symbol, wenn wir es für sich betrachten, offen läßt. Mit un-serer Weiterführung soll keineswegs ein verschwommenes

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Ganzheitsgefühl unterstützt werden, das der konkreten Einzel-heiten entraten zu dürfen glaubt. Vielmehr nähern wir uns demGrundsatz der fortgeschrittenen Deutung, nie eine Aussage voneinem isoliert gesehenen Punkt aus abzugeben, sondern stets deneinzelnen Punkt in Beziehung zu allen anderen Punkten zu sehen.Detail als Selbstzweck, sich in interessante Einzelfeststellungenverlieren, dies wäre die nur-merkurische Methode; anderseitswohlmeinende Ganzheitsbetrachtung, die vor Bewunderung desbeziehungsreichen Kosmos die Einzelheiten übergeht, dies wäreeine nur-jupiterhafte Methode. Erst in der Vereinigung diesesGegensatzes, über die eigene konstellative Bedingtheit sich er-kenntnismäßig hinaushebend, kommen wir zur richtigen Deu-tung.

Bei den Aspekten ist eine figurale Zusammenfassung be-sonders am Platz, da sie ihrem geistigen Gehalt nach aus Figurender Kreisgeometrie hervorgehen (Bd. I, S. 247 ff.). Tritt eine sol-che Figur infolge von aneinandergereihten Aspekten vollständigauf, beispielsweise ein durchlaufendes Trigon, so können wir voneiner darin ausgedruckten Formqualität innerhalb der Gesamt-struktur sprechen. Diese Form hat einen konkreten Inhalt durchdie Art der zusammengefaßten Planetensymbole. Ferner bildensich nicht nur die Grundfiguren der Kreisgeometrie, sondern häu-figer zusammengesetzte Figuren. Um der Vorstellung entgegen-zuarbeiten, es gehe um eine rein formalästhetische Betrachtung,wollen wir uns anhand mehrerer, eine geschlossene Figur bilden-der Aspekte eine zusammenhängende Problematik klarmachen.

Wir nehmen zum Ausgang der Untersuchung die Oppositionzwischen Jupiter und Uranus (Aspekt 32).

Unter Opposition verstanden wir eine Gegensatzspannungzweier Kräfte. Die Opposition zwischen Jupiter und Uranus hateinen bestimmten Inhalt: den Konflikt zweier auf das Künftigegerichteter, doch im Tempo und in den Methoden verschiedenerKräfte. Jeder der Opponenten kann nun einen synthetischenAspekt zum selben dritten Planeten werfen, der eine ein Trigon,der andere ein Sextil. Dieser dritte Planet steht dann im Verhält-nis zur Opposition im «harmonisierenden Punkt», das heißt, die

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damit symbolisierte Wesenskraft beteiligt sich in besondererWeise an der Lösung des in der Opposition ausgedruckten Pro-blems.

Betrachten wir die folgenden sechs Beispiele, zur besserenVergleichbarkeit in derselben Anordnung der Hauptachse aufgezeichnet.

Gemeinsam ist diesen sechs Fällen die Opposition zwischenJupiter und Uranus. Es war jeweils eine Spannung zu bewältigen,worin der Ausreife bis dato gültiger Anschauungen eine umstür-zende Sicht gegenüberstand. Wir lassen Zeichen und Feld nochaußer Betracht, natürlich ebenso, was jenseits der Aussagegrenzeliegt: Erbe, Umwelt, selbstbestimmenden Faktor. Haben wir unsdie Bedeutung des harmonisierenden Punktes zu eigen gemacht,so bekommt es ein inneres Leben, ob wir in einem solchen Son-ne, Merkur, Venus, Mars, Saturn oder Neptun antreffen, die hieralle mitspielen; bei Cuvier, wenn die biographischen Angabenstimmen, käme auch der Mond hinzu, in Konjunktion mit Ura-nus39. Ferner wird hier nun wichtig, in welchem Verhältnis siezur Oppositionsachse stehen, welche Figur sie mit dieser bilden.

Zunächst, wenn wir uns an den Figuren die Menschen ver-gegenwärtigen, sehen wir Wesenskräfte bestimmter Art an derProblemlösung beteiligt. Auffälligerweise rückt bei vieren unterden in Betracht gezogenen Fällen am harmonisierenden Punktder Neptun ein, ohne weiters begreiflich bei der von Spuk, Wun-dergeschichten und Seltsamkeiten angezogenen Dichterin (1).Am anderen harmonisierenden Punkt sehen wir außerdem dasSymbol der Sinnesempfindung, Venus, beim Musiker (2) undbeim Maler (6). Um diese beiden Planeten beim Begründer dervergleichenden Anatomie (4) plausibel zu finden, müssen wiraußer seinem Zeichentalent die «neptunische» Rolle der wissen-schaftlichen Hypothese in Betracht ziehen und wissen, daß Cu-vier, an der Konstanz der Arten festhaltend gegen die Anschau-ung, daß neue Formen von den alten abstammen, die Hypothese

39 In den französischen Biographien ist der 23. August 1769 als Geburtstag angegeben,

Montbéliard; als Stunde wird genannt 4 h a. m. Doch unter einem Bildnis, das Cuvier sei-nem Freunde Pfaff sandte, ist von ihm selbst handschriftlich vermerkt: «George Cuvier, del'institut nat. né le 24. August 1769, á son ami Pfaff.»

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aufeinanderfolgender Umwälzungen der Erdrinde aufstellte; auchwird an ihm die Allseitigkeit seines Wissens gerühmt. Was dieanderen beiden Fälle angeht, so brauchten zweifellos auch GrafZeppelin40 und Sven Hedin41 das visionäre Element, doch war esnicht in diesen Zusammenhang eingebaut, nicht auf ihm beruhtedie Lösung und Durchgestaltung des Jupiter-Uranus-Problems(bei Zeppelin steht Neptun nur im schwachen Halbsextil zu Ura-nus). Sie waren Männer der realistischen Erschließung neuerRäume. Dem Erfinder (3) wurde die Eroberung des Luftraumszum Herzensanliegen, das steuerbare Luftschiff zum Inhalt seinerIntelligenzbetätigung; im harmonisierenden Punkt finden wirSonne und Merkur. Dem Entdeckungsreisenden (5) war der Zu-gang zur bislang verschlossenen Mitte Asiens das Herzensanlie-gen, es stand zusammen mit Unternehmungsgeist und wissen-schaftlichem Tatsachenblick im Gleichgewicht zur Hauptspan-nung; in zwei harmonisierenden Punkten finden wir Sonne undSaturn.

Noch verweilen wir sozusagen bei der Bestandsaufnahme und müssen,wenn wir die jeweilige Beihilfe der Wesenskraft im harmonisierendenPunkte verstehen wollen, den analytischen Aspekt 32 ergänzen durch ange-reihte synthetische Aspekte. Bei Anette v. Droste-Hülshoff kommen hinzudie Aspekte 33 und 36, bei Franz Schubert 23, 25, 26, 33, 36, beim GrafenZeppelin 5, 7, 18, 2o, beim Baron Cuvier 22, 23, 25, 26, 27, 29, 33, 36, beiSven Hedin 5, 6, 7, 31, 34 bei Paul Klee 23, 25, 29, 33, 36. Ferner findenwir in manchen Figuren noch Konjunktionen und bei Klee eine weitere Op-position eingebaut, bei Zeppelin kommt hinzu Aspekt 2, bei Cuvier 30, beiKlee 3o sowie 22, 26. Wollten wir die Deutung hier mit Ablesen der fürjeden Aspekt gegebenen Aussagen beginnen, ohne bereits eine Vorstellungder Wesenskräfte zu haben, so daß uns die Stichworte weiterleiten zu eige-nem Durchdenken, so gerieten wir ins Unübersehbare. Zur ordnenden Über-schau im individuellen Fall verhilft uns Aspektstärke und -exaktheit, dochgibt es außer diesem Lebensbezug noch formal ordnende Gesichtspunkte.

Eine Beachtung des Unterschiedes, ob der harmonisierendePunkt von Jupiter aus gesehen rechts oder links der Opposition

40 Geb. 8. Juli 1838, 9 h 3o m a. m. (nach anderer Angabe 10 h 30 m), Konstanz.41 Geb. 19. Februar 1865, 4 h a. m. Stockholm.

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zur Uranus liegt, folgt später bei «Kreisläufige Tendenzen». Inunserer noch statischen Betrachtung der Verhältnisse fällt an densechs Beispielen auf, daß sie verschiedene Figuren bilden. Wirsehen bei t) und 3) ein rechtwinkliges Dreieck mit der Oppositionals Hypotenuse, bei 2) und 4) ein Trapez, das ein halbiertesSechseck darstellt, die Opposition als Schnittlinie gedacht, bei 5)eine Drachenfigur mit eingebautem vollständigen Trigon, dessenBasis durch die Opposition geteilt wird, bei 6) ein regelmäßigesRechteck mit zwei Diagonalen, deren eine die in Betracht ste-hende Opposition von Jupiter und Uranus ist. In den Fällen 3)und 6) werden Ecken durch eine Konjunktion verstärkt, dies än-dert aber nicht die Figur als solche.

Daß eine derartige Figur etwas aussagt, was über die einzelnenAspekte hinweggreift, leuchtet wohl zuerst am Beispiel 5), beimdurchlaufenden Trigon, ein. Hier haben wir im Verhältnis vonSaturn, Sonne, Uranus den idealen Fall einer harmonischenGanzheitsbeziehung (vgl. Bd. I, S. 266/67). Dieses Bild der Ruhein der Bewegung ist aber nur Bestandglied einer Gesamtfigur, inwelcher die existenzbestimmenden Symbole Sonne und Saturn,Gesamtantrieb und Erfahrung, harmonische Abstützungen bildenfür Jupiter, Symbol der Sinngebung, keife, Produktivität, seiner-seits in Höchstspannung befindlich zu Uranus, dem umschwung-bewirkenden Symbol. Uranus bedeutet dadurch nicht einfach nureinen der Dreieckspunkte. Sein Gehalt ist vielmehr in der Dra-chenfigur noch auf andere Weise beansprucht als der von Sonneund Saturn: intuitiver Durchstoß wird sozusagen zum Hauptliefe-ranten geregelter Produktivität, ihrerseits gestützt durch dasGleichgewicht von Unternehmungsgeist und Erfahrung. In jederFigur, die eine Opposition enthält, gibt dieser starke Aspekt eineHauptachse der Problematik an, die Drachenfigur ist ein über-wiegend auf eine solche Achse ausgerichtetes Bild. Bei der kom-plexen Drachenfigur bleibt das eingebaute Trigon nichtschlechthin Trigon, die eingebaute Opposition nicht nur Opposi-tion usw., sondern alle Aspekte sind Bestandglieder einer zusam-menhängenden Problematik und wollen in diesem Zusam-menhang beurteilt sein.

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Wir kommen damit zu einer Betrachtungsart, die sich heute als«Gestalthoroskopie» gegen die rein rechnerischen Auffassungengeltend macht42. Was eine solche Figur anzeigt, bleibt dasselbe,wenn wir die im beschriebenen Fall vorhandenen Symbole aus-wechseln, dann nämlich tritt die Transponierung der Gestaltqua-lität ein43. Dies gilt für alle Figuren, ihr Gehalt stellt dem selbst-bestimmenden Faktor ein Überbauproblem. So führt uns dasRechteck Fig. 6) ein mit verschiedenen Symbolen besetzbaresVerhältnis ineinandergreifender Einzelprobleme vor. Es ist ge-kennzeichnet durch zwei gleich wichtige Oppositionen, derenPole in synthetischen Aspekten zueinander stehen. Gegenüberder betonten Einachsen-Richtung in der Drachenfigur beruht die-ses «Parallelogramm der Kräfte» auf der fluktuierenden Bezie-hung zweier Höchstspannungen, die umgeleitet über hergestellteAusgleiche abwechselnd ineinander spielen. Machen wir uns denUnterschied inhaltlich klar. Wenn die Opposition von Jupiter undUranus die Achse einer Drachenfigur bildet, so erwächst dieTendenz, alles an sich reißend raketengleich vorwärtszusausen ineine Zielrichtung, gegeben durch intuitive Sicht; problematischaber wird es, Vertrauen zu gewinnen durch vernünftige Erklär-barkeit der dazu nötigen Maßnahmen und Mittel sowie produkti-ve Gestaltung der Wege, das Ziel zu erreichen. Dies kann einerein geistige Problematik bleiben. Bei Paul Klee44 jedoch stehtquerverbunden hiermit die Opposition von Mars und Venus, die

42 Als Hauptvertreter sei Dr. Walter Koch genannt, der in zwei instruktiven, zusammen-hängenden Aufsätzen «Gestalthoroskopie» (Astrologische Monatshefte 7/8 und 11/12,1957) dieses Thema behandelt. Von ihm stammt der Begriff der «Drachenfigur», der diesesRichtungsbild ähnlich dem eines Kinderdrachens einleuchtend benennt; andere Namen sindmehr als Anregung der deutenden Phantasie zu verstehen. Rudi bei Dr. Koch ergibt sich dasGestaltsehen als notwendige Folge seiner Aspektlehre. Allerdings läßt er in stärkerem Ma-ße, als mir vertretbar erscheint, außerplanetarische Punkte zu, auch möchte ich den Begriffder Achse eindeutig auf einen Kreisdurchmesser beziehen.

43 Die beiden Ehrenfelsschen Kriterien der Gestaltqualität besagen, daß das Charakteri-stische der Gestalt unabhängig ist von den zusammensetzenden Elementen. Es kann daherin andere Elemente transponiert werden. Melodie und Rhythmus, geometrische Formbe-stimmtheit, Länge und Breite sowie Größe in ihrem Einklang zu einem Ganzen gehen alsGestalt nicht aus der zusammensetzenden Materie hervor. - Die Berührung hiermit liegtschon in unserer Auffassung der Wesenskräfte als gestaltbildende Tendenzen, nicht-physikalische und -chemische Energien, welche die materielle Herstellung einer Gestaltbewirken. Daher die Abgrenzung von «Gestirneinflüssen».

44 Geb. 18. Dezember 1879, 3 h so m a. m. Münchenbuchsee/Bern.

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Achse der sinnlichen Auszeugung. In ihr wurzelt die unverfälschtästhetische und blutvolle Darstellungskraft des Malers. Wederdiese noch jene Achse dominiert in einem solchen Rechteck (eskann sich nur um eine Verschiedenheit der Einlagerung handeln,bei Klee liegt die Mars-Venus-Opposition in Horizontlinie), we-sentlich ist dieser Figur die fluktuierende Beziehung, das ab-wechselnde Ineinanderspielen der beiden Achsen. Darin liegt dasÜberbauproblem. Daß Mars in Konjunktion mit Neptun steht,brachte im Frühstadium den Zeichner und Radierer Klee in denVordergrund. Die Konjunktion verändert nicht die Figur, ver-doppelt nur die eine Achse, so daß auch noch (sehr exakt) Nep-tun-Opposition-Venus gilt, was, wie wir wissen, die Übersetzungsinnlicher Form in die «höhere Oktave» angeht. Inhaltlich könnteman von einer «Anatomisierung des Traums» sprechen, die zursinnlichen Bildwerdung strebt, gemäß der Achsenbetonung einUnterschied zur Zusammenschau anatomischer Vergleichungenbei Cuvier, dessen sehr weite Konjunktion von Mars und Neptunkeine Opposition zu Venus hatte.

Beim vorgeführten Rechteck schneiden sich die beiden Achsenin harmonischen Winkeln. Stehen sie quer zueinander, im disso-nanten rechten Winkel, so entsteht das durchlaufende Quadrat,worin jeder Eckpunkt zum andern im Verhältnis der Sperrigkeitund relativen Unvereinbarkeit liegt (vgl. Bd. I, S. 268/69). Diese,andernorts «verspanntes Kreuz» genannte vollständig besetzteFigur ist eine harte Charakterprobe, doch, wie dort gesagt, nichtaufzufassen als vierfache Blockierung, als Erschwernis des ansich schwierigen «Sisyphus-Aspekts». Vielmehr bietet sich durchdie Klarheit überkreuzter Achsenrichtungen, der beiden Opposi-tionen, einem starken Geist die Handhabe, enorme Unterschiedezu vereinen. Ein solches Quadrat kann hier in Zusammenhangmit einer Jupiter-Uranus-Opposition nicht gezeigt werden45. Be-züglich der Lösbarkeit der darin enthaltenen Problematik sei je-

45 Bei Anette v. Droste-Hülshoff läge hierzu im rechten Winkel eine Opposition zwi-

schen Mond und Venus, wenn der Geburtstag 10. Januar 1797 als verläßlich angesehenwerden dürfte. Nach Mitteilung des Familien-Archivs ist dies keineswegs sicher, ebenso-wenig der 12., der auf dem Grab in Meersburg steht. Die Opposition Jupiter-Uranus bleibtgradgenau bestehen.

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doch auf das Vorhandensein dieser Figur im Geburtsbild vonRainer Maria Rilke46 hingewiesen (Fig. 8); dort kreuzten sich dieOppositionen Saturn-Uranus und JupiterPluto.

Blicken wir auf die in unseren Beispielen zweimal vor-kommende Trapezfigur und haben wir das Prinzip des Sechsecksverstanden (Bd. I, S. 273/74), so erkennen wir darin das halbierteSechseck in seiner inneren Konstruktion. Proportional spielt derRadius des umschreibenden Kreises die Hauptrolle. Die Figurgibt uns das Bild eines Menschen, dessen Aktionsradius sichnach der ihm zugänglichen Seite voll entfaltet. Damit wird auchdie Lösung der Oppositions-Problematik in Angriff genommen.Bei Schubert liegen die harmonisierenden Punkte, die sexti-lischen Abstützungen und gekreuzten Trigone allein auf Venusund Neptun; sein Aktionsradius blieb in künstlerisch-musika-lischen Formen. Bei Cuvier steht außerdem Neptun in plaktischerKonjunktion mit Mars; die Imaginationsgabe war zunächst auftätigpraktische Ziele verwiesen und kam erst in der Zusammen-schau der Arbeitsfrüchte voll zum Zuge47. Den völlig reali-stischen Gegenfall dieser Trapezfiguren gibt uns das Geburtsbildvon Yuri A. Gagarin48 (Fig. 7), dem Astronauten, der den erstenWeltraumflug ausführte. Wir sehen die Opposition zwischen Ju-piter und Uranus sextilisch abgestützt durch Saturn und, wenndie Geburtszeit «bei Sonnenaufgang» stimmt, den Mond. (Spätam Nachmittag kam der Mond aus dem Orbis heraus, es bliebdann nur das Dreieck Jupiter-Uranus-Saturn.)

Wesentlich für die sextilische Harmonie ist, daß sie ungeachtetinnewohnender Spannung die Mittel und Kräfte nicht überfor-

46 Geb. 4. Dezember 1875, kurz nach Mitternacht 3./4., Prag.47 Noch befinden wir uns bei einer Teilübung und dürfen Ergebnissen der Gesamtkom-

bination nicht vorgreifen wollen. Natürlich reicht die Aspektierung allein nicht hin zurAussage «dort Musiker, hier Anatom». Neben außerhoroskopischen Bedingungen kommenFeld- und Zeichenstellung sowie Exaktheitsgrad der Aspekte in Betracht. Die FISCHE- undKREBS-Besetzung bei Schubert, die JUNGFRAU- und LÖWE-Besetzung bei Cuvier betonendort das Künstlerische, hier das Wissenschaftliche, verbunden mit der Optik des Augen-menschen und organisatorischem Willen. Eine zeichnerische Anlage, Betätigung und Lieb-haberei bei Cuvier ordnet sich den wissenschaftlichen Zwecksetzungen unter. Beachtens-wert ist bei ihm die Gegensätzlichkeit des JUNGFRAU-Zeichens zum Neptunischen, währendbei Schubert Neptun in SKORPION stand.

48 Geb. 9. März 1934, n. Breite 55° 30', ö. Länge 35°.

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dert, sondern im direkten Bezug zum Vorhaben einsetzt (vgl. Bd.I, S. 273). Die Trapezfigur stellt aber nur die Hälfte eines Sechs-ecks und der Konstruktion des Sechssterns dar, unberücksichtigtbleibt die andere Hälfte. Dementsprechend beschränkt sich derAktionsradius auf einen bestimmten Teil der Weltbeziehungenrealistisch, künstlerisch, je nach einbezogenen Kräften und Zei-chen.

Im rechtwinkligen Dreieck schließlich liegt eine weitere Re-duktion des eben Gesagten. Wenden wir im vorigen ver-gleichsweise den pythagoräischen Lehrsatz an, so wird das«Quadrat der Schwierigkeiten» aus der Opposition aufgewogendurch die «Quadrate harmonischer Lösungen» aus Trigon undSextil. Das mit der Jupiter-Uranus-Opposition aufgerollte Pro-blem findet im Dreieck als Beihilfe eine einzige Wesenskraft. InFig. 1) ist dies die dichterisch-visionäre Traumwelt, bei einerKonjunktion wie in Fig. 3) tritt eine Koppelung ein, hier deszentralen Anliegens mit der Verstandestätigkeit. Handelt es sichaber nicht um Sextile und Trigone, steht vielmehr ein Symbol inQuadraturen zur Opposition, ohne daß das Quadrat vollständig inErscheinung tritt, so haben wir statt des harmonisierenden Punk-tes einen «kritischen Punkt». Diesen Platz nimmt im GeburtsbildBismarcks (Fig. 9), auf der Opposition von Sonne und Jupiter mitdarüber errichtetem Trapez auf gebaut, der Mond ein. Er stehtzwischen Uranus einerseits, der plaktischen Konjunktion Saturn-Mars anderseits, in Quadrataspekten zu Sonne und Jupiter. Wirfinden also das Symbol der Gemütsverfassung (Mond) im kriti-schen Punkt zwischen autoritärem Willen (Sonne) und Recht-lichkeit, abgestimmt auf das Gesamtwohl ( Jupiter). Jedes dieserSymbole drückt sich bekanntlich in mehreren Entsprechungenaus, dem Charakterbild korrespondieren im Werk die äußerenEntsprechungen. Vergegenwärtigen wir uns die epochale Lagefür das staatsmännische Wirken Bismarcks, so bestand für einenpreußischen Staatsmann die Schwierigkeit, das gespannte Ver-hältnis zwischen König (Sonne) und Volk (Mond) zu bewältigen,gegen beide verwirklichte Bismarcks «Entweder-Oder» dort und

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«Sisyphusarbeit» hier mit der deutschen Einigung ein übergeord-netes Optimum (Jupiter); beihelfend wirkte das Aufgreifen um-gestaltender Zeitströmungen (Uranus), ihnen nahm aber Bis-marck den revolutionären Wind aus den Segeln durch die «Blut-und-Eisen»-Lösung dreier Kriege (Mars-Saturn, ihr weiter Ab-stand durch die Aspekte zusammengezogen). In dieser symmetri-schen Figur hat der Mond eine Mittelstellung, er versinnbildlichtdie gegen zeitweise Schwierigkeiten im großen ganzen gewon-nene Volksstimmung.

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Auf die vorgeführte Weise untersuchte Figuren sind Übungsbilder, durchdie wir uns die Fähigkeit erwerben, Gestalttendenzen von einer amorphenAnlagenmasse zu unterscheiden. Was hier an einer einzigen Opposition er-läutert wurde, will natürlich an allen vorkommenden Oppositionen durchex-erziert sein, die in Betracht gezogene zwischen Jupiter und Uranus hat nichtetwa eine bevorzugte Bedeutung. Je mehr wir uns im Sehen solcher Figurenüben, bis wir sie schließlich beim ersten Blick erfassen - wofür die im An-hang, Bd. I, gezeigte Art der Aufzeichnung eine Anschauungsstütze bietet -,um so geläufiger wird uns die interstrukturelle Rolle und Bedeutung derWesenskräfte. Die gesamte Aspektfigur ist freilich in den seltensten Fälleneine Zusammenstückelung solcher Einzelfiguren. Wie später besprochenwird, werden wir noch die Ungenauigkeiten und Unverbundenheiten zubeachten haben. Studieren wir die im Leben anfallenden Geburtsbilder, sofinden wir manchmal einen einheitlichen Zusammenbau des Ganzen, häufi-ger aber Lücken neben geschlossenen Partien, mitunter einen Zerfall in zweikaum verbundene Gruppen oder eine relativ zusammenhangslose, aufge-splitterte Anordnung. Es gibt, summarisch gesagt, gedrängte oder offeneStrukturen, dementsprechende Zusammenballung oder Verteiltheit der Pro-bleme, schließlich auch Abseitsstellungen einzelner Wesenkräfte.

Betrachten wir das vollständig aufgezeichnete Kosmogrammvon Franz Schubert (Anhang Bd. I), so finden wir Saturn abseitsvon der sonstigen geschlossenen Aspektfigur; streng genommengilt nur der starke Quadrataspekt des Mondes, ein schwächererdes Jupiter, hingegen liegt das Trigon des Merkur an der Zuläs-sigkeitsgrenze und ist kaum zu rechnen. Von der Gesamtfigur herführt sozusagen eine Sackgasse zu diesem Saturn im 12. Feld,durch Jupiter wird diese Sackgasse dem vorhin betrachteten Tra-pez angehängt. Die Quadratur zwischen Mond und Saturn enthältdie Problematik « Jugend-Alter». Die Verkoppelung von Mondund Jupiter und durch diesen mit dem Problemgefüge des Trape-zes darf angesehen werden als Herausforderung früher Reife undgesteigerter Produktivität in Vorahnung eines frühen Endes. Einsolcher, durch Aspektdissonanz abseits gestellter Saturn legt na-he, ihn im «toten Punkte» befindlich zu sehen. Bedenklich in die-sem Sinne stimmt es, wenn wir ihn auf ähnliche Weise abseitigdissonant finden bei Georg Trakl49, Heinrich v. Kleist, Giovanni-

49 Geb. 3. Februar 1887, 6 h 3o m p. m. (vermutl. etwas früher) Salzburg.

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Battista Pergolesi50, Robert Schumann und anderen. Wie falsches aber wäre, die Bezeichnung «toter Punkt» als unentrinnbaresFatum und Hinweis auf ein frühes Ende zu verstehen, zeigt unsdas Geburtsbild von Ernst Häckel (Fig. 13). Dieser begeisterteVerfechter der Lehre Darwins lud allerdings den ganzen Haß derGegner auf sich und erlebte eine Vereinsamung im Alter, er-reichte aber doch ein solches von 85 Jahren. Analog dem überMars dominanten Saturn vertrat er einen streitbaren Materialis-mus, doch entsprechend den starken «luftigen» Komponentengeschah es sozusagen unter idealistischen Vorzeichen. Den Ent-wicklungsgedanken begrüßte er als «Zauberwort, durch das wiralle uns umgebenden Rätsel lösen oder wenigstens auf den Wegihrer Lösung gelangen können», in seiner Malbeschäftigung, inden «Kunstformen der Natur», kam die Dominanz von Venusüber Saturn zur Geltung. So komplexe Anlagen gemahnen uns,immer die ganze Konstellation in Betracht zu ziehen und ausEinzelfällen keine verallgemeinernden Faustregeln zu bilden.Saturn in Häckels Geburtsbild steht keineswegs in einer ange-hängten Sackgasse wie bei Schubert. Seine Gegenüberstellung zuder innerhalb eines Trigons versammelten Hauptgruppe wertenwir unter einem anderen, noch zu erläuternden Gesichtswinkel.Immerhin besagt eine solche Stellung, daß in diesem Punkte einbeachtenswertes Problem und bei Saturn eine existentielle Er-probung vorliegt.

Ein Planet, sogar eines der Haupt-Lebenssymbole Sonne undMond, kann - ein ziemlich selten vorkommender Fall - auch ganzunaspektiert stehen, im «isolierten Punkt. (Isoliert heißt hieraspektlos, nicht etwa abseitige Stellung gegenüber einer zusam-menhängenden Gruppe der übrigen Planeten.) Dies bedeutet einHeraustreten der betreffenden Anlagenkomponente aus der Pro-blematik, die für sich genommen nach den gegebenen Regelnabrollt. Die entsprechende Wesenskraft wirkt sich dann relativanschlußlos gemäß Zeichen und Feld aus. Begreiflicherweise istdies besonders verfänglich beim Sonnenstand; die einigendeKraft des Wesenskerns kann sich den auftauchenden Konflikten

50 Geb. 4. Januar 1710, 3 h a. m. Jesi.

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gegenüber schwer geltend machen, aktives Wollen wird leichtein krampfartiges «zur Ordnung rufen», in der Passivität belassenist die Kernhaltung entweder spürbar vorhanden oder nicht vor-handen wie ein kontrolloses Naturphänomen. In derartigen Fällenwird die Bewußtseinsbildung und von da ausgehende Selbsterzie-hung wichtig, demgemäß im Kosmogramm die Merkurstellung.

Vorsicht bei abschließenden Urteilen! Dazu gemahnt erstensdie allgemeine Regel, daß eine charakterwichtige Aussage mehr-facher Bestätigung bedarf, zweitens die Weiterbildung der Me-thode. Wir berücksichtigen noch andere symmetrische Verhält-nisse. Greifen wir die Opposition zwischen Jupiter und Uranuswieder auf, so sind nun drei Beispiele zu bringen, bei denen sichkeine der angeführten starken Planetenfiguren findet, Albert Ein-stein, Chr. Fr. Hahnemann51 und Robert Schumann.

Bei Einstein (Daten Bd. I, Anhang) könnte man mit weit ge-nommenem Orbis eine Drachenfigur in Betracht ziehen, gebildetdurch zwei Quincunxaspekte von Mars und Merkur auf den ab-seits gestellten Uranus, ebensolchen Halbsextilen auf Jupiter,wobei Mars und Merkur untereinander im Sextil stehen. Merkurwird verstärkt durch die Konjunktion mit Saturn, der nicht mehrim Halbsextil auf Jupiter, wohl aber im schwachen Sextil zuMars und im Quincunx auf Uranus zu rechnen ist. Mars darfnoch in Konjunktion mit dem aufsteigenden Mondknoten gese-hen werden, zu dem auch Merkur und Saturn ihre Sextile werfen;doch den Mondknoten gleicherweise wie einen Planeten in eineSymmetriefigur einzubauen, gilt hier als abwegig, wollen wirnicht den Unterschied zwischen Wesenskraft und Anfangspunkteiner Kreisordnung fallenlassen (zur Deutung des Mondknotensvgl. S. 433). Lösen wir aus dem vielschichtigen WesensgefügeEinsteins diese Drachenfigur heraus, so stützt sie sich auf dasVerhältnis des Sextils zwischen Mars und Merkur zur Oppositionzwischen Jupiter und Uranus. Dies ist zulässig, aber anders zudeuten als die Figur bei Sven Hedin, die auf glatten Harmo-nieaspekten beruht. Wir sehen in dem kleinen harmonischenDreieck von Mars-Merkur-Jupiter, verankert in dem durch Saturn

51 Geb. 11. April 1755, 0 h Meißen.

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verstärkten Merkur, den rechnerischen Vollender der klassischenMechanik, von deren Basis er kraft seiner Intuition, analog Ura-nus, den Vorstoß in eine völlig neue Sicht erzielte. Hierbeikommt neben der Gegensatzspannung die Eigenart der Quin-cunxaspekte zur Geltung (vgl. Bd. I, S. 286/87 sowie Fig. S.

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276), beim Genialen «über die Ausschöpfung des Gegebenenhinaus zu ungeahnten Folgerungen treibend».

Ist denn aber das Aspektverhältnis zwischen Mars und Uranusschlechthin als Quincunx zu betrachten? Bisher ließen wir diegenauen Zahlen unberücksichtigt und genügten uns an der Er-füllung einer Aspektart im zulässigen Orbis. Wir erhielten damitdie ersten neun Figuren. Deren ideale Gestaltqualität findet sichin keinem der Fälle grad- und minutengenau verwirklicht. Wür-den wir starre Werte handhaben, so müßten wir darin ein Mankoerblicken. Wir haben es jedoch mit Lebenswerten zu tun, undhierbei ist die Abweichung von der strengen Geometrie, obzwardiese hinreichend ist für eine überschlägige Betrachtung, bedeut-sam. Beim Schöpfer der Relativitätstheorie dürfen wir am wenig-sten eine holzgeschnitzt winkelrechte Struktur erwarten. DerQuincunx hat 150 Grad mit 5 Grad Orbis bei starken Planeten.Ihm nahe liegt das Biquintil mit 144 Grad, wobei normalerweisenicht über 1 Grad Orbis hinausgegangen werden sollte. Der inFrage gestellte Aspekt bei Einstein beträgt 145° 41', er ist nochein Quincunx, doch schon an der Grenze zum Biquintil. Die Ei-genart des Biquintils besteht im Heraustreten aus der Normal-wirklichkeit in eine ungewohnte, doch in sich wohlproportio-nierte Ordnung, die Eigenart des Quincunx besteht im «nichtmehr» und «noch nicht». Auf der fließenden Grenze zwischendiesen beiden müssen wir im vorliegenden Fall das Symbol derAktivität sehen. Die Lebensarbeit dieses Mannes erschloß denZugang zu dem, was heute das Atomzeitalter genannt wird.

Für die genauere Untersuchung von Symmetrieverhältnissenwird ein weiterer, häufig ohne Zusammenhang mit dem Wesens-gefüge angewandter Deutungsfaktor wichtig: der ekliptischeSchnittpunkt (Halbsumme) zwischen der Stellung zweier Plane-ten.

Wer sich die Beziehungen zwischen Mensch und Gestirn nur in Form von«Gestirnstrahlen» vorstellen kann, wird diesem Mittel als einem «bloß rech-nerischen Punkt» ablehnend gegenüberstehen. Es geht hier ähnlich wie inder Beurteilung abstrakter Malerei, sofern man Bilder nur vom Gegenständ-lichen aus betrachtet und nicht das Erstrecht der Proportionswerte sieht. In

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der Deutung der Kräftestruktur kommt es auf Proportionen an, jeder Aspektist eine solche, und die Zugrundelegung der Kreisgeometrie führt zu denInhalten. Schnittpunkte treten dabei als Halbierungen auf. Der Schnittpunktder Opposition ergibt das Quadrat, derjenige des Trigons das Sextil usw.Gehen wir über diese regulären Aspekte hinaus, so hat es auch seine Be-wandtnis, wenn ein Planet im Schnittpunkt eines irregulären Verhältnisseszweier Planeten steht, er empfängt etwas aus der Kombination dieser bei-den. Als ein solcher Empfänger darf an dieser Stelle ebenso ein anderer aus-gezeichneter Punkt des Kosmogramms gesehen werden, der aufsteigendeMondknoten, der Aszendent, das Medium Coeli, nicht aber als Sender, darinunterscheidet er sich von der Wesenskraft. Allerdings muß man dieseSchnittpunkte mit kleinem Orbis rechnen und darf I Grad nach rechts oderlinks selten überschreiten. Die Berechnung ist sehr einfach, indem wir denKreis zu 360 Grad ohne Zeichenunterschied nehmen, die beiden Gestirn-stände zusammenzählen und das Ergebnis durch zwei teilen. Der im Kreisgegenüberliegende Punkt bildet mit diesem zusammen eine Achse, bei ei-nem Trigon ist dies der dritte Dreieckspunkt. Addieren wir auf diese Weisedie Mars- und Saturnstellung bei Einstein.

Mars 26° 55' STEINBOCK = 296° 55'Saturn 4° 12' WIDDER = 4° 12'

301° 07'

Die Teilung ergibt 150° 33' = 0° 33' JUNGFRAU, als Gegenpunkt 0° 33'FISCHE. Am erstgenannten Schnittpunkt steht Uranus mit 1° 18' JUNGFRAU.

Um dies zu deuten, greifen wir die bei den Aspekten gegebe-nen Stichworte auf und beziehen das Ergebnis aus «Energie undWiderstand» auf das, was Uranus im Gesamtbild aussagt. Diesbedeutet einen zügelnden Einfluß, eine durch Leistungsenergie(Mars) und Tatsachenforschung (Saturn) auf die Intuition ausge-übte Kontrolle. Mit dieser Ergänzung sehen wir nun die Drachen-figur der Aspekte noch etwas anders als vorher; die Ungenauig-keit hat die Bedeutung, daß Saturn, nicht in dieser Figur enthal-ten, in ein besonderes Verhältnis zu Uranus rückt, außer ihremohnehin bestehenden Quincunx52.

52 Eine Zusammenstellung je zweier der vorkommenden Deutungsfaktoren mit einemdritten, in ihrem Schnittpunkt befindlichen, bringt Reinhold Ebertin in «Kombination derGestirneinflüsse», Ebertin Verlag, Aalen, 1961. Die Deutung denkt mehr an Ereignissebeim Übergang eines Planeten über einen solchen Schnittpunkt, während hier von der cha-rakterologischen Bedeutung die Rede ist, die Schnittpunkte also in die Untersuchung der

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Wenden wir diese Gesichtspunkte auf das Geburtsbild vonHahnemann an, so bekommt die dreifache Opposition auf Jupitereine andere Rolle, als in dessen bloßer Gegenüberstellung zuUranus, Mars und Venus enthalten. Eine schöpferische Sinnge-bung analog Jupiter ist immer stark mit Wertungen verquickt.Zur Uranusopposition gehört in allen bisher besprochenen Fällender Anspruch, hochwertige Eingebungen zu haben bzw. die For-derung, einen Fund in den obersten Rang zu rücken, um ihn pro-duktiv auszuwerten. Tritt nun dabei Mars in Konjunktion mitUranus - abmildernd folgt ihm hier allerdings Venus auf demFuße -, so wird der kämpferische Impuls zur Durchsetzung sol-cher hochbewerteter Intuitionen geweckt, denn hiervon und vonder Verteidigung der neuen Sicht hängen Glaube und Selbstver-trauen ab. Dies erklärt Hahnemanns streitbaren. Geist, die Hef-tigkeit seiner Angriffe auf die Schulmedizin, wodurch er sichvieles verdarb. Jupiter steht derart dissonant und abseitig zur üb-rigen Konstellation, daß man ihn im «toten Punkt» befindlichsehen könnte, wenn diese Benennung auf Jupiter erstreckt wer-den dürfte und nicht noch eine andere Betrachtungsart gälte (sie-he später unter «Kräftedynamik»). Hahnemann mußte jedenfallsimmense Schwierigkeiten überwinden, bevor er überhaupt zumMedizinstudium kam und der Grundgedanke der Homöopathie inihm ausreifen konnte, die Marsopposition zu Jupiter, flankiertvon einer ebensolchen des Uranus und der Venus, zeigt aber auchdie zielgespannte Energie an.

Hier tritt nun eine Bestätigung, sozusagen ein Festziehen derSchrauben hinzu, wenn wir die Schnittpunkte zwischen Uranusund Mars sowie Uranus und Venus berechnen. Der erste fällt auf10° 15', der zweite auf 9° 15' FISCHE, fast minutengenau im Ge-genpunkt zwischen beiden steht Jupiter. An unseren Stichwortender Aspekte orientiert können wir sagen: die Ergebnisse aus«Ansporn und Überraschung» sowie «Bindung und Freizügig-keit» vereinigen sich beim Aufkommen einer neuen Sicht. IhreSpannung im Verhältnis zur schöpferischen Ausreife gabHahnemann den Antrieb, im Streben nach Erfüllung der ihm Wesensstruktur einbezogen, nicht unabhängig davon gelten. Dieser Unterschied sei beiAnregungen über die Kombination aus diesem Werk bedacht.

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sinnvollen Aufgabe durchzuhalten, die dabei eingesetzte Kraft(Mars) war ihm zugleich Inhalt seiner Lebensharmonie (Venus).Berechnen wir ferner den Schnittpunkt zwischen Sonne und Sa-turn, die in schwachen Anderthalbquadraten zu Jupiter stehen, sofällt er auf 9° 18' FISCHE bzw. JUNGFRAU, wieder finden wir Ju-piter auf dem einen Achsenpol. (Es entsteht die Figur, die Dr.Koch einen «Doppeldrachen» nennt.) Für das Durchtragen dersich gesteckten Aufgabe empfängt Hahnemanns «Jupiterkraft»noch das Ergebnis der existenzbestimmenden Achse unsererElementarordnung, der Auseinandersetzung von «Freiheit undZwangslauf ».

Schwach, doch im zulässigen Orbis ist die Opposition zwi-schen Jupiter und Uranus bei Robert Schumann, eine der beidenKräfte-Achsen in einem lockeren Gefüge. Die Ungenauigkeitvon 6½ Grad bedingt, daß von Venus ein Trigon zu Uranus,kaum aber ein Sextil zu Jupiter gilt, auf der anderen Seite nur einSextil von Pluto zu Jupiter. Solche Asymmetrien sind wichtig.Berechnen wir den Schnittpunkt zwischen Venus und Pluto, sofällt er auf 13° 17' STIER bzw. SKORPION und damit in die unge-fähre Mitte der Differenz; beredmen wir den Schnittpunkt zwi-schen Pluto und Merkur, letzterer in Konjunktion mit Venus, sofällt er auf 10° 31' STIER bzw. SKORPION. Auch wenn wir beiPluto noch kleine Unsicherheiten der Rückberechnung anzuneh-men haben, liegt Uranus im Schnittpunkt von Pluto und Merkur.Als Beitrag zu einer vollständigen Deutung des Geburtsbildesvon Robert Schumann sehen wir darin eine wesentliche Voraus-setzung für frühes Hervortreten der Begabungen und schließli-chen Zusammenbruch. Das Intelligenzsymbol in seiner Bezie-hung zum magischen Umwandlersymbol, beide im gleichen Ab-stand zu Uranus am Medium Coeli, versinnbildlicht einen Hoch-druck überwertiger Energie, den die Bewußtseinstätigkeit zuletztnicht mehr ausgleichen konnte. (Über das Gesamtbild siehe«Kräftedynamik».)

Die Übungen der Gestaltschau werden um so erfolgreicher vorangehen, jemehr wir uns freihalten von dogmatisch beeinflußten Erwartungen und un-befangen hinblicken, wie eine Konstellation gefügt ist. Es gibt eine unauf-

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zählbare Mannigfaltigkeit der Abwandlungen. Manche Konstellationenbieten sich als geschlossene Aspektfiguren dar, andere, aufgelöstere, werdenerst mit Beachtung von Schnittpunkten richtig erschlossen, wenige sindganz gestaltlos. Die Aufzeichnung des Aspektgerüsts soll uns ein Bild desGefüges vermitteln (daher Ungenauigkeiten und Stärken der Aspekte zumAusdruck bringen!). Wenn wir unsere Übungen mit der Opposition von Ju-piter und Uranus begannen, so diene dies als Anregung, dieselben Planeten-figuren mit ausgewechselten Komponenten an anderen Oppositionen zuuntersuchen; die gleiche Anordnung wie bei unseren Beispielen läßt diejeweiligen Probleme herausgelöst aus dem übrigen Zusammenhang durch-denken. Es sind «Geläufigkeitsübungen» wie zum Handwerklichen jederKunst nötig. Solche Untersuchungen haben außerdem den Vorzug, daß sie -abgesehen von der rasch veränderlichen Mondstellung - auch bei ungenaubekannter Geburtsstunde schon Aussagen ergeben.

Unsere Untersuchung der inneren Gestalt begann mit der Op-position, das ist der Höchstspannung zweier Kräfte, womit dasweitestgehende und oft führende Problem eines Menschen be-nannt ist. Wir wiederholen: die Opposition ist darstellbar alsAchse zur Anlagerung gewisser Figuren, gebildet durch hinzu-tretende unterstützende oder erschwerende Kräfte. Angesichtsder ungleichen Umlaufsrhythmen der Gestirne gibt es natürlichvielfach Konstellationen ohne solche Gegenüberstellung. Dannfehlt die Kräfte-Achse; wir untersuchen zunächst, ob und wieaneinandergereihte Aspekte sich zu einem unregelmäßigen Viel-eck zusammenschließen, etwa ein Quadrat und ein Trigon, ge-schlossen durch ein Quincunx. Derartige Figuren enthalten einenWechsel der Aspektklasse (synthetisch und analytisch), ein unddieselbe Wesenskraft ist dabei auf «angenehme» wie auf «unan-genehme» Weise eingesetzt. Eine solche Teilfigur kann wiederdurchschnitten werden von einer anderen, nicht mit passendenGradzahlen einhängbaren, aus Sextilen, Halb- und Anderthalb-quadraten oder sonstwie zusammenhängend gebildeten. Schließ-lich gibt es Aspekte, an die sich keine anderen anreihen, Proble-me von verhältnismäßig isolierter Bedeutung (ganz isoliertekommen kaum vor, in diesem Bezug wird der Abschnitt «Domi-nantenverkettung» wichtig). Einen Überblick bekommen wirdurch ein duales Ordnungsprinzip, das mit der Entfaltung, desAspektkreises (vgl. Bd. I, S. 264) zusammenhängt. In der Man-

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nigfaltigkeit möglicher Lagerungen zeigen sich zwei Grundten-denzen, lassen sich im Extrem zwei Typen aufstellen: den oppo-sitionell gespannten Typus, eine Struktur mit mehreren Opposi-tionen, und den Häufungstypus, eine Struktur mit mehrerenKonjunktionen.

Einen ausgesprochenen Häufungstypus wird uns das noch ein-gehender besprochene Geburtsbild von Charles Baudelaire (Fig.31) vorführen. Dort findet sich eine zusammenhängende Folgevon Konjunktionen, die den Ausdruck «Kettenreaktion» recht-fertigt. Ein einziger harmonischer Aspekt, gebildet vom An-fangspunkt der großen Konjunktion, Merkur mit seinem Trigonzum Mond, dieser wiederum steht in Quadratur zum Endpunkt,zur Sonne; der als «Herr des Aszendenten» (früher auch «Ge-burtsgebieter» benannt) betonte Merkur befindet sich anderseitsmit Mars zusammen in Quadratur zur Konjunktion von Neptunund Uranus. Zwischen Neptun und Mond klafft eine Lücke, eineaspektlose Region (sofern wir nicht 8/18 als Aspekt verstehen).Berechnen wir aber den Schnittpunkt, so fällt dieser mit 12° 26'WIDDER gradgenau zwischen Jupiter und Saturn. Damit ziehenwir eine andere Version der Anwendung von Schnittpunkten inBetracht. Derjenige zwischen Neptun und Mond trifft zusammenmit demjenigen zwischen Jupiter und Saturn, das heißt also, hiervereinigen sich die Ergebnisse aus «Alltag und Wunder» sowie«Ausdehnung und Zusammenziehung»; damit entsteht eine ima-ginäre Achse (sie braucht nicht durch einen Planeten besetzt zusein), um welche die Konstellation gelagert ist, und welche hierdie Konjunktionenkette an ihrer dünnsten Stelle durchteilt. Siekommt bei Baudelaire inhaltlich auf die Weise zur Geltung, daßauf der einen Seite entsprechend Sonne und Saturn die existenti-ell bedeutsamen Gedanken aus der Grundsubstanz aufscheinen,auf der anderen Seite die Region des Sinneslebens mit seinen Be-rauschungen aber auch dichterischen Äußerungen steht, die fürdie Mitwelt so oft zum Anlaß abfälliger Urteile wurden.

Eine Abwandlung des Häufungstypus entsteht, wenn mehrereschwach oder gar nicht miteinander verbundene Konjunktionensich auf beschränktem Raum zusammendrängen wie im

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b

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Geburtsbild von Franz Kafka. Hier steht die ganze Konstellationaußer Uranus innerhalb von 52°, paarweise finden wir beisam-men Mars und Neptun, Pluto und Saturn, dann folgt die Dreier-konjunktion von Merkur, Venus, Mond, zuletzt die Konjunktionvon Sonne und Jupiter; die mittleren Fünf befinden sich im Zei-chen ZWILLINGE, die äußeren beiden Konjunktionen in STIER undKREBS. In einem solchen Fall ist zunächst der Gehalt der Kon-junktionen zu untersuchen. Sie fassen sich gebündelt in Aspektenmit Uranus zusammen, schwach verbunden mit ihm steht auchSaturn im kritischen 105-Grad-Aspekt. Nur Pluto ist nirgends er-faßt. In seiner Konjunktion mit Saturn, der am meisten isolierten,kann man bei Kafka den Herd der Angst, der Verschleppungs-manöver und geheimen Selbstanklagen, das über jedermann undniemand schwebende Urteil und Gericht sehen; ein neues Wirk-lichkeitsbild kündet sich in scharf hervorgehobenen Kehrseitendes vorgefundenen an. Berechnen wir den Schnittpunkt zwischenSaturn und Jupiter, so fällt er mit i 3 ° 46' II auf den Mondstand :die Gemütslage als Empfänger der Auseinandersetzung zwischendiesem Negativismus und dem optimalen Auftrieb, ihre unmit-telbare Bekundung ist angewiesen auf die Konjunktion mit Ve-nus und Merkur im ausgesprochen «literarischen» Zeichen.

Einen Mischtypus stellt uns das Geburtsbild von Ernst Häckelvor, mit nur einer Opposition, wobei aber Saturn hervorgehobender übrigen Konstellation gegenübersteht, die sich innerhalb ei-nes Trigons lagert. Was wir bezüglich des dissonant abseitigenSaturn «existentielle Erprobung» nannten, hängt mit Anderthalb-quadrat am mondhaften Mitspieler in diesem Trigon bzw. demdaraus verwirklichten Verhältnis von «Leidensduft und Mut»(Aspekt 11). Es ist Forscher- und Beobachterleidenschaft, dievon Saturn, aus dem Reich empirischer Tatsachen, gespeist wird,in Mars zu streitbaren Argumenten verwandelt und analog demSisyphusaspekt von Mars zu Jupiter einer massiven Gegnerschaftvorgesetzt (Mars in Konjunktion mit Neptun wie bei Cuvier undKlee). Wie eine Selbstdefinition dieses Saturn im Feld der An-onymität klingt der Ausspruch: «Unter Menschen bin ich oft al-lein gewesen. Mit mir selbst allein nie. Dann habe ich gesammeltund gemalt und war in der Sonne.» Das zweite Anderthalbqua-

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drat trifft mit Sonne den Wesenskern, innerhalb der Kette Ura-nusVenus-Sonne-Merkur zu sehen (vgl. «Kreisläufige Tenden-zen» ), im ideologisch gründenden Zeichen WASSERMANN inQuadratur zum peripheren Symbol, Mond im Erdzeichen STIER.Das Auseinanderklaffen von Wesen und Erscheinung (Aspekt 1),anklingend im Kampf gegen Glaubenspostulate und bürgerlicheBehäbigkeit (Aspekte 27 und 33), zeigt Häckel vor der Mitweltvon Gezänk umgeben, verketzert, bei sich als intuitiven Her-zensmenschen, dem Evangelium geistigen Fortschritts aufge-schlossen. Berechnen wir die Schnittpunkte zwischen Sonne undMond sowie Merkur und Mond, so fallen sie auf 12° 51' und 14°12' WIDDER Lind umklammern in Pluto den Saturnopponenten,hier richtet sich die Achse der völlig dissonant verspannten Dra-chenfigur ein, welche das Bild beherrscht.

Der oppositionell gespannte Typus kann auf mehreren neben-einanderliegenden oder mehreren auseinandergezogenen Oppo-sitionen beruhen. Den ersten Fall haben wir bei Friedrich d. Gr.;hier stehen sich gegenüber Sonne und Mars in WASSERMANN

sowie Mond und Saturn in LÖWE, letztere ganz eng gekoppelt.Den zweiten Fall haben wir beim Kronprinzen Rudolf von Habs-burg in Form von drei Oppositionen: Mars in SCHÜTZE und Ura-nus in ZWILLINGE , Merkur in JUNGFRAU und Neptun in FISCHE

sowie Mond Ende STEINBOCK und Saturn Anfang LÖWE

(schwach, nicht eingezeichnet). Am genauesten und den Horizontbeherrschend ist die erstgenannte. Ineinandergefügt sind dasRechteck Mars-Mond-Uranus-Saturn und das Trapez Merkur-Mars-Mond-Neptun. Es ergäbe sich ein geschlossenes Sechseck,wenn zwischen Uranus und Neptun noch ein Sextil zu rechnenwäre, die Lücke zwischen Mars und Merkur könnte man als eini-germaßen geschlossen auf fassen durch das Sextil, das Mars inden Schnittpunkt zwischen Merkur und Venus wirft.

Wir verstehen Wesen und Lebenslauf geschichtlicher Persönlichkeitenanders als gewohnt, wenn wir ihre Struktur am Geburtsbild untersuchen.Allerdings bringt uns hier Heldenverehrung ebensowenig weiter als abfälli-ge Kritik, und die Beurteilung darf nicht am äußeren Resultat ansetzen.Wenn der Durchgedrungene bewältigt hat, was der Gescheiterte nicht be-wältigen konnte, dann sieht nachträgliche Betrachtung die Dinge gern auf

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eine Weise, als hätte es so sein müssen. Dies ist vor allem die Einstellungfatalistischer Astrologie, währen.' das Geburtsbild nur die problematischeWurzel der Ereignisse und Verhaltensweisen zeigt.

Lassen wir uns in der Deutung solcher Figuren von der An-schauung leiten. Es ist klar, daß im Zusammenfallen mehrererAchsen wie bei 15) sich eine gewisse Verarmung der Gerichtet-heit, doch um so intensivere Einspannung in die führenden Be-lange ausdrückt. Die «röntgenisierende» Strukturbetrachtungsieht ab von den oft blendenden Zügen, der Vielinteressiertheit,denen der WASSERMANN-Geist seine Breitenwirkung verdankt,blickt hier auf das Beherrschende einer verdoppelten Achse. Be-sonders bei Beteiligung von Sonne und Mond, den Haupt-Lebenssymbolen, sowie von Saturn und Mars verlangt dies eineKonzentration der Hauptinteressen und deren tätige Vorherr-schaft. Die Grundentscheidungen spitzen sich schicksalsmäßigmeistens auf ein «Entweder-Oder» zu. Dagegen das Auseinan-dertreten mehrerer Achsen wie bei 16) enthält eine Aufge-teiltheit, welche Begabungen begünstigt, wenn sie frei nach allenSeiten spielen können, drängt weniger zur Konzentration derHauptinteressen, zumal die Sonne hier im kritischen Punkt zurturbulentesten Gegensatzspannung steht. Sonst ist diese Strukturim Entwurf viel reichhaltiger, und die sextilische Verbindung derAchsenpole tendiert zum Sechseck, der Gestalt des rationellenGleichgewichts. (Vgl. demgegenüber die rechtwinklige Über-kreuzung zweier Achsen bei Rilke!) Eine Zusammenfassungmüßte die Aktionsradien ins Gleichmaß bringen. Die lockereOpposition von Saturn und Mond bei 16) enthält ungleich gün-stigere Voraussetzungen als die enge Konjunktion von Saturnund Mond bei 15). An Druckverhältnissen gemessen hätte eherder Kronprinz Friedrich scheitern müssen. Jedoch seine disso-nantere Charakter- und Schicksalsstruktur stellte die Alternativenwiederum einfacher, härter, auf unmißverständliche Weise, in derakuten Zuspitzung war sie ausweglos, wenn nicht der selbstbe-stimmende Faktor sich für die mit Sonne und Mars betonte «Re-präsentativperson» entschieden hätte. Diese Entscheidung stehtnicht im Kosmogramm, nur gewisse Voraussetzungen finden

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sich darin. Die Sonne, Symbol der väterlichen Haltung, der Re-gentschaft sowie des eigenen zentralen Anliegens, drängt gemäßdem Einbau im oberen Achsenpol zur öffentlichen Macht. Mut-tergebundene Gefühle analog Mond beim Saturn konnten, als esdarauf ankam, abgewürgt werden. Bei Rudolf hingegen steht dieSonne im Feld und Zeichen unumschränkter Lebenstriebe, imkritischen Punkt zur horizontbeherrschenden Opposition vonUranus und Mars. Seine Schwierigkeit lag in der Durchsetzungeines zentralen Anliegens gegen die Eingebung des Augenblicks.Die Schüsse auf die Geliebte und sich waren die Tat unbe-herrschter Impulse; dahinter mochte eine Flucht aus der Resi-gnation stecken, weil er mit seinen Ideen, welche die Traditiondes Hauses Habsburg umstürzten, gegen den Vater nicht durch-drang. Verhängnisvoll bei dieser auf sextilische Vollständigkeitangelegten Struktur ist, daß die Verbindung von Uranus zu Nep-tun und über diesen zu Merkur ausfällt; der vernebelnden Ein-flüssen ausgesetzte Verstand war ohne Zugang zu den augen-blicksbestimmenden Nerven- und Affektreaktionen.

Nur in einer Gesamtdeutung ließen sich freilich sämtliche mit-sprechenden Faktoren aufführen, die beiden Kosmogramme wer-den hier nur als 2 Formen des oppositionell gespannten Typuszum Vergleich gestellt. Paradoxerweise erschwerte der «günsti-gere Fall» dem selbstbestimmenden Faktor die positive Entschei-dung.

Nie darf jedenfalls außer acht bleiben, welche Wesenskräftesich zu einer bestimmten Figur verbinden, aber die Figur als sol-che sagt auch schon etwas. Eine Mittelstellung zwischen 15) und16) nimmt das Geburtsbild von Johann Wolfgang Goethe53 ein.Hier ist die ungenaue Opposition der Haupt-Lebenssymbole,Sonne in JUNGFRAU und Mond in FISCHE, in genügenden Ab-ständen flankiert auf der einen Seite von der sehr genauen Oppo-sition zwischen Venus Ende JUNGFRAU und Jupiter Ende FISCHE,auf der anderen Seite von der am Rand der Zulässigkeit stehen-den zwischen Merkur in LÖWE und Uranus in WASSERMANN. Der

53 Der Plutostand in der Zeichnung ist nach neu bekannten Bahnelementen berechnet,etwas abweichend von demjenigen in der Tabelle des I. Bandes. Das gleiche trifft bei W. A.Mozart zu.

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oppositionell gespannte Typus tritt uns in gemilderter Form ent-gegen. Die Achsen haben hinreichend Spielraum, sich gegenein-ander abzuheben, auch die in gleichen Zeichen liegenden; sie be-sitzen sozusagen jene Ellbogenfreiheit, die wir in Fig. 15 vermis-sen. Die Zeichengleichheit zweier Oppositionen besagt hier, daßdie Hochspannung von Venus und Jupiter - «Genuß und Bedeu-tung» nach unseren Stichworten - anklingt in derjenigen vonSonne und Mond - «Wesen und Erscheinung» -, demgegenüberstellt sich aus der in anderen Zeichen gelagerten Opposition zwi-schen Merkur und Uranus die geistige Klärung her.

Immer will die Form der Figur auch im Inhalt der Spannungengesehen sein. So muß man in Fällen, bei denen Konjunktionenund Opposition zusammentreten, erst inhaltlich ermittelt haben,was die Konjunktionen besagen, bevor man die Spannkraft derOpposition richtig versteht. Schon bei Hahnemann hatten wireine Dreierkonjunktion mit einem Opponenten, extremer nochfinden wir diese Form bei Wolfgang Amadeus Mozart. Es sinddieselben 3 Faktoren, die auch bei Joseph Haydns Geburt (Fig.28) zusammenstanden, bei Haydn mit Jupiter, bei Mozart mitNeptun als Opponent. Die Deutung der Dreierkonjunktion wirdim Abschnitt «Kreisläufige Tendenzen» für sich behandelt, skiz-zieren wir einmal den Unterschied der Oppositionen an. BeiHaydn steht das Reife- und Fruchtbarkeitssymbol in Spannungzum verarbeiteten Formenarsenal; dieser Jupiter in WAAGE be-stimmt am MC das öffentliche Gesicht als das eines ausge-wogenen, loyalen Staatsbürgers, vielleicht als Deckmantel für dieureigene WIDDER-Dynamik, die in sublimierter Form nach außendringt. Bei Mozart wird Neptun in LÖWE im 12. Feld zum Sym-bol einer weltweiten Musikalität, die über Technik und Formge-wandtheit sowie über WASSERMANN-Kimpositionskunst hinaus-greift; Mysterium in Spannung zu klar geschliffenem Geist er-reicht hier sein Äußerstes. Bei Hahnemann wird Jupiter inJUNGFRAU im 8. Feld zum Motiv des Heilers und Helfers, derüber Abbau, Todesursachen mit einem Minimum an materiellemAufwand zu obsiegen trachtet, er stellt die eigene Physis als Ex-perimentierfeld in seine Untersuchungen ein. Bei Häckelschließlich wird Saturn in WAAGE zum Konzentrationspunkt des

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Versuchs, die empirischen Erscheinungen auf. einen General-nenner zu bringen, der, dem 12. Feld gemäß, zugleich als Richt-linie für eine kommende Geistesentwicklung gelten kann. Wirkommen zur wenn-dann-Formel: mit einem abseitigen Oppo-nenten ist die Kraft bezeichnet, die gespannteste Erwartungen be-friedigen kann, wenn das in ihr verschlüsselte Problem gelöstwird.

Aus dem Bisherigen ist die Einsicht zu ziehen, daß die We-sensgefüge nach gewissen Hauptformen oder Typen gebildetsind, die in untergeordnete Zwischenformen und einzelne, durchAspekte gekennzeichnete Abwandlungen zerfallen. In bezug aufdie Formenmannigfaltigkeit studiert man nie aus. Es gibt ähnli-che Konstellationen, genau dieselbe kehrt kaum je wieder. Daaber die Aspekte durchgängig gleiche Beziehungsformen sind,verschieden nur in den aspektierenden Planeten, wird jede Figurvon innen heraus verständlich. Zur Beurteilung des Dringlich-keitsgrades der entsprechenden Probleme beachte man Aspekt-stärke und Genauigkeit.

Wird hier von «angereihten Aspekten» gesprochen, dann indem Sinne, wie in Goethes Konstellation dem Quadrat Uranus-Saturn sich das Trigon Saturn-Mond und diesem wieder die Op-position Mond-Sonne anschließt. Der Zusammenhang ist nicht inder Form zu denken, daß von drei so verbundenen Planeten dermittlere die «Wirkungen» der beiden äußeren aufeinander «über-trägt», eine oft angetroffene Auffassung, die sich nach dem Mo-dell einer so verstandenen Dreierkonjunktion entwickelte. ImBeispiel würde Saturn die Wirkung von Uranus auf Mond über-tragen - eine unsinnige Vorstellung. Vielmehr spielt naturgemäßin die Lösung des Problems «Uranus Quadrat Saturn» das Ver-hältnis «Saturn Trigon Mond» hinein, da im Gliede «Saturn»verbunden. Mit solcher Betrachtung kommen wir zu Problem-ketten und sehen eine zusammenhängende, manchmal in sich zu-rückmündende Folge, wie sie die figurale Aufzeichnung vor Au-gen führt. Was im Beispiel «Uranus» heißt, steht in einer Kette,die schon von Merkur, über diesen von Pluto und somit aus demdurchlaufenden «Wassertrigon» herkommt; «Sonne» ist auchkein Endpunkt, sondern führt zu Mars. Zusammengefaßt sehen

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wir einen tätigen Menschen, dessen Impulse letztendlich aus derLockerheit der seelischen Ebene herrühren (Wassertrigon), dochmachen sie verschiedene Stadien der apperzipierten Anschauung,Vergeistigung sowie kritisch zurückhaltender Bedenken durch,bevor sie, als wesenswichtig erkannt, zur physischen Tat führen.Dies war das Beherrschte in Goethe, und mit zunehmendem Al-ter prägte sich immer mehr die Saturndominanz über das Zeichender Marsstellung aus. Eine in sich zurückmündende Teilfigur ha-ben wir in der Beziehung Jupiter-Neptun-Venus-Jupiter. Wirkönnen sie als rechts- oder linksläufige Abfolge von Problemensehen, im figuralen Zusammenhang bekommt Neptun die Rolledes harmonisierenden Punktes. Solche Ausgleiche der Gegen-spannung von Venus und Jupiter erfolgen natürlich verschiedenje nach dem Niveau, beim vielschichtigen Menschen können ver-schiedenerlei Entsprechungen eintreten. In banalster Form ist esdie Flucht aus der unbefriedigenden empirischen Welt in eineIllusionswelt, in sublimierter Form der Venuskomponente kommtes zu musischen Gestaltungen der sublimierten Jupiterkompo-nente, und in einem wissenschaftlichen Geist entspringt die seineSicht weitende Hypothese, bei Hochsensiblen und Menschen mitprophetischer Gabe ist an einen spannungslösenden Einsatz desVisionären zu denken. Vergegenwärtigen wir uns das Erlebnisdes zweiten Gesichts beim Weggang Goethes aus Sesenheim.Der Zusammenhang lag vielleicht in der Mahnung einer innerenStimme, in der Person Friederikens dem «Venushaften» seinereigentlichen Bedeutung nach nicht genügt zu haben, verknüpftmit der « Jupiter»-Einsicht, daß Vollkommenheit einer Bindungihm wahrscheinlich überhaupt nie zuteil werde; die Vision dereigenen Wiederkehr in anderer Gestalt brachte lösenden Trost indieser Zerrissenheit.

Völlig unaspektierte Konstellationen, bei denen auch Schnitt-punkte keinen Gefügeaufbau erkennen lassen, kommen kaumvor. Doch gibt es verhältnismäßig amorphe Bilder, von denennoch die Rede sein wird. Sie stellen die Frage, ob bei Mangelstarker Aspekte die entwickelnde Problematik fehlt und, obgleichvielleicht temperamentsmäßig (Zeichenstellung!) eine Dynamikvorhanden ist, diese dann mehr einer Ausprägung von Anlagen zu

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Eigenschaften, habituell durch die Umwelt beeinflußt, dient. Er-innert sei, was in der Einleitung zur Aspektübung gesagt wurde,der Mensch könne im Durchstehen seiner Problematik zu mehrwerden, als er von Geburt aus ist, ferner, daß gerade in den Ge-burtsbildern bedeutender Persönlichkeiten so häufig Kon-fliktspannungen anzutreffen sind. Dies besagt ja nicht nur, unswerde nichts von Wert geschenkt. Vielmehr bekommt der Ein-zelne eine überdurchschnittliche und bleibende Bedeutung für dieMitwelt dadurch, daß er mit Lösung seiner persönlichen Pro-bleme zugleich aus dem allgemeinen Formenarsenal der Aspekteetwas von übergeordnetem Wert gestaltet. Diese gestaltende,entwickelnde, den Menschen als werdende Gestalt angehendeTätigkeit ist wohl zu unterscheiden vom Umtrieb in der angebo-renen, sozusagen im Entwurf fertigen Gestalt, die sein Geburts-bild angibt, wenn sie auch auf dieser fußt. Wir sehen daher in dergestaltmäßigen Betrachtung der Geburtsbilder kein Prinzip, dasvon der Unterscheidung der Aspektklassen und einzelnen We-senskräften absehen könnte. Wohl aber fragen wir, ob es auchGesichtspunkte einer dynamischen Überformung der Bestand-glieder gibt, aus denen erkenntlich wird, wohin die Problematikbei richtigem Einsatz der Kräfte treiben könnte.

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DIE KRÄFTEDYNAMIK

Die besprochenen Planetenfiguren machten ersichtlich, daß ei-nerseits die Gruppierung im Kreise etwas aussagt, was nichtschon in den Bestandgliedern liegt, anderseits diese Figuren aberihr Leben von den Komponenten beziehen, die zu solchen Figu-ren zusammentreten, sie jeweils bilden. Auf dem eingeschlage-nen Weg müssen wir vorderhand weitergehen, um sukzessivejene aus den ersten Hauptübungen schon deutbaren Einzelheitenfür den Gesamtblick fruchtbar zu machen. Es gilt, das Ineinan-dergreifen der Komponenten noch von einer anderen Seite zuverstehen als derjenigen des Zusammenbaues, einer Statik. Wirfragen, ob in der Anordnung eine Dynamik erkenntlich ist, die,abgesehen vom innewohnenden Tempo der Wesenskräfte - lang-samem, zögerndem Tatsachenfortschritt des Saturnischen, un-vermutetem Aufblitzen des Uranischen, frisch vorwärtsdrängen-der Energie des Marsischen usw. - eine Kraft gegenüber eineranderen in den Vordergrund rückt, einem einzelnen Kraftsymbolvielleicht eine beherrschende Note im Zusammenspiel gibt, ande-re zurücktreten läßt und dergleichen.

Bei Franz Kafka fanden wir ein Geburtsbild, das Uranus denübrigen Kräftesymbolen gegenüberstellt wie den Daumen zu denFingern der Hand (Fig. 14). Schon optisch muß unmittelbar dieSonderstellung einleuchten, die Uranus zukommt, da er zumNächststehenden der auf 52° - ein Kreissiebentel - gedrängtenKräftegruppe einen Abstand von 67° innehat. Diese Sonderstel-lung wird dadurch unterstrichen, daß Aspekte von allen außerPluto in ihm zusammentreffen. Das Leben spielt sich in dem en-gen Sektor ab, den das Trigon des Uranus zu Neptun ausschnei-det, zur anderen Seite abgestützt durch das Sextil zu Jupiter beider Sonne; der führende Konflikt betrifft nicht den Wesenskern,sondern faßt sich in das Quadrat des Uranus zur Dreierkon-junktion von Merkur, Venus und Mond. Würden wir, der voll-ständigen Kombination vorgreifend, in Betracht ziehen, daß diese

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Quadratur in den beiden Merkurzeichen liegt und zwischen Mer-kur selber und Uranus bis auf einen halben Grad exakt ist, nochexakter der schwache, aber kritische 105-Grad-Aspekt zu Saturnals dem Realitäts- und Erfahrungssymbol, so sähen wir bedenkli-che Voraussetzungen für einen neurotischen Konflikt. Die Ten-denz der zwangshaften Persönlichkeit wurde schon aus derÜberbetonung des IV. Quadranten erschlossen (vgl. S. 383). ZurManifestwerdung bedarf es entsprechender Umwelt und früh-kindlicher Erlebnisse, hier weisen die beiden eng an Merkur ge-schlossenen weiblichen Symbole Venus und Mond in mütterlicheRichtung, wovon noch zu sprechen sein wird, anderseits aber, insublimierter Entsprechungsform, auf die Umsatz- und Befrei-ungsmöglichkeit im künstlerischen, genauer gesagt, literarischenAusdruck. Im Mond liegt außerdem, wie wir bemerkten, derSchnittpunkt zwischen Jupiter und Saturn, «Ausdehnung und Zu-sammenziehung». Auch ohne solche oder noch weiter vorsto-ßende Deutung, auf bisherige sichere Kenntnisse beschränkt,sehen wir auf jeden Fall die Sonderstellung des Uranus. Er ist inder Figur der Angelpunkt des Ganzen, dürfen wir sagen, selbstwenn wir die Stunde nicht kennen. Verstehen wir die spiegel-bildliche Bedeutung des Kosmogramms - wie oben so unten -,dann kommen uns aus dem Anschauen der Figur gewisse Ein-sichten, die im additiven Zusammentragen von Einzelfeststellun-gen nicht zu gewinnen wären. Diese Einsicht besteht hier imErfassen des Uranus als archimedischem Punkt.

Wir müssen gleichsam mit den Augen denken lernen, umDeutung als Kunst zu erreichen, das heißt, den geistigen Gehaltdes Anschaubaren aufschließen, bevor die begriffliche Logik unssagt, daß dieser Uranus, der Stunde nach im 2. Feld befindlich, ineinem Beamten der Arbeiter-Unfall-Versicherung in Prag 1908eine einigermaßen entsprechende Erwerbsgrundlage fand. DieFigur zeigt etwas, was über solcherlei soziale Einpassung hinwegden Vorrang der Wesenskraft betrifft. Das uranisch Absurde, dieumstürzende und paradoxe Sicht der Dinge, gefördert durch dieAbseitsstellung als Jude, mit seinem menschlichen Anliegen ineiner mehrsprachigen Stadt dem Streit der Nationalitäten ausge-setzt, das war der «Daumen», der durch Gegenüberstellung zu

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den «Fingern» den schmalen Sektor der Kafka-Welt in den Griffbekam.

Spinnen wir das Bild der menschlichen Hand weiter, so könnenwir eine Reihe von Figuren noch anders als statisch verstehen;bei Einstein etwa hat Uranus, bei Hahnemann hat Jupiter, beiHäckel hat Saturn eine abgespreizte Stellung zur übrigen Kon-stellation, betonter noch als bei Kafka, da der Kreis oppositionelldurchteilt wird. Grundform unserer Aufzeichnung ist immer derKreis. Wie schon bei den Erdraumfeldern gesagt und nicht nurauf die Ausrichtung nach Horizont und Meridian bezüglich, giltals Grundsatz der Deutung, daß, was vom Mittelpunkt gesehensich gegenüberliegt, einem anlagemäßigen Gegensatz im Men-schen entspricht. Das Verhältnis so gestellter Komponenten fas-sen wir in den Begriff der Spannung (vgl. Bd. II, Anmerkung S.66/67). Zum Unterschied vom Temperament, das sich, wenn ge-spannt, bei seiner Auslösung naturhaft darlebt, enthält sie imAspekt eine gesteuerte Lösungsmöglichkeit. Wir sprechen dahervon problematischer Spannung bei den Aspekten. Was Goetheals Kennzeichen der Spannung überhaupt ansah, «Bereitschaftsich zu manifestieren, zu differenzieren, zu polarisieren» (Bd. II,S. 66), stellt die dynamische Voraussetzung der Aspektbildungdar, gipfelnd im Kräftezwiespalt (Opposition). Aspekte sind indiesem Sinne von einem beliebigen Punkt des Kreises her gese-hen Ausdehnung und Schrumpfung der Spannungsmöglichkeit,allerdings nicht gleichförmig, sondern gestuft. Hierbei tretendann die geometrischen Figuren als statische Voraussetzungender Aspektbildung ein.

Mit den Aspekten berühren sich somit zweierlei Blickweisen.Die eine nimmt den Menschen als gestaltetes Wesen in seinerbleibenden Struktur - hierbei wird der einzelne Aspekt eingebautin ein ruhendes Gefüge betrachtet -, dieses beurteilt in seinemgeometrisch geordneten Bau, «kristallinisch». Die andere siehtden Menschen als ein selber gestaltgebendes Wesen in proble-matischer Spannungshaltigkeit, worin er seine Situation steuern,bereits Vorhandenes verändern, sich entwickeln und als dessenAusdruck seine Umwelt gestalten kann. Die überlieferte Astrolo-gie, die am Gedanken vorbestimmter Fertigprägung hängt, ver-

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führt leicht zu einer Überwertung der ersten Blickweise; einmöglichst kristallgleicher Bau des Kosmogramms mit einerMehrzahl synthetischer Aspekte erscheint dann als das Wün-schenswerte. Demgegenüber macht heutige Lebensforschunggeltend: Leben im Ursprungszustand ist amorph und Gestalt dieFolge einer geschichtlichen Entwicklung. Geht harmonischeSpezialisierung zu weit, dann entsteht der Fall, daß das Wesensich anderen Umständen als denen, für die es ausgerüstet ist,nicht mehr anpassen kann. Richtig funktionierende Instinkte undbeim Menschen ethisch einwandfreie Grundsätze können einerLebenslage unangepaßt sein. Der Wert übernommener Gestaltbesteht im Zwang zu konsequenter Weiterbildung in bestimmtenBahnen, gesichert unter gleichbleibenden Umständen. Doch beiradikal veränderter Lage liegen Ansätze zu vorbildlosem Werdenoft im Amorphen, sofern entwickelnde Spannung vorhanden ist.Der Drang, das Gegebene zu ändern, erwacht notwendigerweiseda, wo Probleme brennend werden, aus Konfliktspannungen her-aus. Nur dürfen wir nicht mit bloßer Umkehr der traditionellenWertsetzungen die Dinge richtiggestellt glauben. Die Frage, dieuns jede Konstellation zu beantworten aufgibt, betrifft das pro-duktive Verhältnis von Ebenmaß und Unmaß innerhalb der vor-liegenden Struktur. Hat man sich hinreichend im Gestaltseheneingeübt, so muß die Deutung nun methodisch zum Aufsuchender Gestaltungsansätze übergehen.

Es war durchaus folgerichtig, wenn in der neueren Astrologieversucht wurde, über die einzelnen Aspekte und Figuren hinwegdie Sichtungsmöglichkeiten des gegliederten Kosmogramms,seines Formengefüges, in Angriff zu nehmen54.

Die Ergebnisse decken sich in der Hauptsache mit schon Er-läutertem. Es kommt bei übergreifender Betrachtungsweise nicht

54 Vor allem sei Chr. Meier-Parm genannt («Ganzheitsschau im Horoskop», Baumgart-

ner-Verlag, Warpke-Billerbeck, 1954), der die Geburtsfigur unter übergreifenden Ord-nungsprinzipien betrachtete. Er nennt als solche 1) das der Gegenüberstellung oderPolarität, 2) der harmonischen Verteilung, 3) das der Näherung oder Konjunktion; dem fügter an 4) disharmonische Hochspannungshoroskope, in denen die Planeten dissonant undmeist amorph über den ganzen Kreis ausgebreitet sind. Die vielfachen Unterteilungen sindgenannten Orts nachzulesen, ebenso Parms Meßverfahren. Wo meine Auffassung und Deu-tungsweise abweicht, geht dies aus dem nachfolgenden Text hervor.

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so sehr darauf an, zur Feststellung eines oppositionell gespanntenTypus die exakten Oppositionen aufzuzählen, auch das aspekt-mäßig ungenaue Gegenüberliegen zweier Gruppen im Kreis nä-hert sich bereits diesem Typus. Ebenso sind zum Häufungstypusnicht eine bestimmte Anzahl genauer Konjunktionen nötig, eineNäherung ergibt sich bereits, wenn alle Positionen auf der einenHälfte des Kreises liegen, und um so mehr, je enger sie zu einererkenntlichen Gruppe zusammengezogen sind. Schwieriger stehtes mit der Beurteilung gemischter Anordnungen, wieweit darineine Moderation der Extreme und harmonische Gesamtfigur er-blickt werden darf.

Nach den aus solchen Untersuchungen hervorgegangenen Be-griffen würde Uranus bei Kafka und Einstein, Jupiter beiHahnemann, Saturn bei Häckel der «Spannungsherrscher» hei-ßen. Dies schließt eine positivere Wertung der Opposition ein alsin der Tradition, die nur die Dissonanz sieht. Es liegt nicht derart,daß ein oppositionell zur Hauptgruppe gestellter Faktor ge-schwächt und auf das tote Geleise geschoben sei - so war auch S.400 «Saturn im toten Punkt» nicht gemeint, vielmehr so: Saturnim Negativum macht sich lebensfeindlich geltend, psychisch alsuntergründige Melancholie, physisch in Krankheitsform -, son-dern die Hochspannung fordert seinen Beitrag zur Selbstverwirk-lichung exzessiv heraus. Ernst Häckels angenommener und in dieSelbstverwirklichung «eingebauter» Saturn lieferte das Gegen-beispiel zu abfälligen Urteilen. Bei Hahnemann hatte Jupiter als«Heiler-und-Helfer»-Motiv eben nicht die verträglichwohlwol-lende, auf Erfolg mit gebräuchlichen Mitteln gestimmte Form desGehabens, die in und außer der Fachwelt leichteren Anklang ver-schafft. Das Optimalstreben wurde vielmehr angetrieben durchdie erwähnten Spannungen. Ob allerdings der Mensch solcheSpannungen durchzutragen fähig ist, ob er sie produktiv bewäl-tigt und nicht nur umhergeschleudert wird, liegt jenseits der Aus-sagegrenze. Die Herausforderung kann nur vorhandene Substanzzum Vorschein bringen (Parm, von dem der Begriff des Span-nungsherrschers stammt, spricht hier vom Charakter-Relais).Ähnlich wie mit jupiterhafter Förderung der Lebenswohlfahrtsteht es mit einer Technik und Formgewandtheit übersteigenden,

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in Neptun ausgedrückten Musikalität. Sie gehörte bei Friedrich d.Gr. zur anonymen Erholung, der Erneuerung totgelaufener Im-pulse (Sonne Quadrat zu Neptun in 12, umgelenkt auf Trigon zuPluto in 5), war bei Wolf gang Amadeus Mozart trotz der be-deutend «schlechteren» Neptunstellung keineswegs behindert,sondern im Gegenteil gesteigert und auf das Höchste angespannt.Solche Deutung der Spannungs-Höhepunkte betrifft die Kräfte-dynamik. Wenn außerdem dieselbe Neptunstellung bei Mozarteine schleichende Krankheit und ein Armeebegräbnis an baldvergessener Stelle, die Jupiterstellung bei Hahnemann ein erfolg-loses Ringen um Anerkennung seiner neuen Heilmethode sym-bolisiert, so sind dies feldmäßige Entsprechungen in der Körper-lichkeit und im sozialgeschichtlichen Raum. Der Geniale nimmtsowohl diese äußeren Bedingungen als auch die mit Oppositio-nen verknüpften inneren Zerreißproben in seine Selbstverwirkli-chung auf. Umgekehrt darf man freilich nicht aus solchenStellungen auf Genialität schließen - es gibt auch schlechte Ärzteund schlechte Musiker, aber nicht des Kosmogramms wegen -,sie steht jenseits der Aussagegrenze, ebenso Erbgesundheit, dieHahnemann 88 Jahre alt werden ließ.

Wer in der Deutung auf konkrete Treffer ausgeht, wird alsowieder einmal gewarnt vor schematischer Anwendung von Re-geln unter Mißachtung der Aussagegrenzen. Positiver Gewinnaber ist die Aufmerksamkeit auf jene Wesenskraft, deren inter-strukturelle Lage die entscheidende Anstrengung herausfordert.Im Fall von psychischen Erkrankungen liegt im «nicht Ange-nommenhaben», im Verdrängen ihrer Ansprüche und Unausge-wertetlassen ihrer Möglichkeiten meistens der Herd der Verwick-lungen. Es muß dann nach erreichbaren adäquaten Lösungen derSpannung gesucht werden.

Immer ist Besinnung auf den richtigen Einsatz der Deutungsmittel erfor-derlich. Wie schon in der Einleitung gesagt, sind mehrere Deutungsstilestatthaft, das gehört zum Wesen der Deutung als Kunst. Für die wissen-schaftlich-methodische Seite heißt es, daß es in dieser Hinsicht kein allein-seligmachendes Verfahren gibt und gar wohl unterschieden werden muß,was Übung und was Anwendung ist. Wer aufklärende Beratung, Therapieund für sich selber objektive Erkenntnis im Auge hat, muß mit einem Mini-

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mum vorgefaßter Meinung an die Besonderheit des Falles herangehen. DieKonstellation selber bestimmt den Einstieg. Das Künstlerische liegt ja nichtin einer Kompositionsaufgabe, sondern im richtigen Hinsehen, in der auf-nehmenden Betrachtung und Beurteilung, wie das Vorliegende komponiertsei. Liegt ein Geburtsbild vor, wie das von Mussolini (Fig. 19), wo allesüber dem Horizont steht, oder wie das von Strindberg (Fig. 22), wo sich fastalles im I. Quadranten zusammendrängt, dann werden wir vom Horizont-Meridian-System ausgehen müssen. Es wäre falsch, beide Arten vom Sche-ma einer Konjunktionsfigurine aus einander «gleichzumachen», das Ge-meinsame ist vielmehr verschieden zu sehen, und bei der Konjunktion rücktdie Einlagerung in den Vordergrund. Ist es dagegen ein extrem polaristi-sches Bild wie das von Friedrich d. Gr. (Fig. 15), dann gebietet diese Son-derheit der Struktur, zuerst auf den Kräftegegensatz zu achten, was aber mitdem Aufbrechen der Spannungen zugleich einen Widerstreit von «Reprä-sentativperson» und «Tiefenperson» bedeutet. Im Falle großer Häufungen,denken wir an Baudelaire (Fig. 31), erhebt sich ganz natürlich die Fragenach dem Gebiet, in dem die hauptsächlichen Gewichte und Entscheidungenliegen, sowie nach dem Prinzip, das die Äußerungen beherrscht. DieseWIDDER-Häufung im 8. Feld ist jedoch etwas anderes als eine solche im 4.Feld wie bei Emile Zola (Fig. 32), und im 8. Feld ist wieder etwas andereseine KREBS-Häufung wie bei Stefan George55. In einem rund verteilten Bild,bei Ausbreitung der Planeten über den ganzen Kreis, lautet das Problem fürden Deuter wie für den so strukturierten Menschen, der Vielstrebigkeit Herrzu werden. Dann wird es besonders wichtig, wenn sich ein «maximal be-deutsamer Planet» (v. Klöckler), ein «Spannungsherrscher» (Parm) anbietet,aus dem die Gesamtproblematik aufzuzäumen ist. Praktisch spielen alleFragen nach Feld, Zeichen, Seinsebene, Dominantenkette, Exaktheit derAspekte usw. in die Strukturfrage hinein, nur zum Erlernen müssen wir sietrennen. Auf dem hier eingeschlagenen Übungsweg sollen wir die einzelnenStationen kennenlernen, um später im herantretenden Fall frei damit umge-hen zu können.

Denken wir den vollen Kreis als Inbegriff menschlicher Mög-lichkeiten - in den beiden kreisläufigen Systemen ordnungshaftaufgegliedert -, so bedeutet die Häufung einen verengten Aus-schnitt. Sie ist das Extrem der Einseitigkeit, von Ausdruck undRichtung. An die Stelle behinderter Breitenentfaltung tritt imidealen Fall die um so stärkere Einsatzbereitschaft eines Kräfte-bündels. Hierüber schwankten in der früheren Astrologie die Be-urteilungen zwischen «geballter Kraft» und «Spannungsarmut».

55 Geb. 12. Juli 1868, 3 h p. m. Büdesheim bei Bingen.

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Ob und wieweit nämlich diese potentielle Stärke zur wirklichenwird, hängt von Bedingungen ab. Die problematische Spannungzwischen den Kräften beschränkt sich auf die Differentialspan-nung, das bedeutet Abhebung ihres Unterschiedes gegeneinan-der. Konjunktion heißt ja keineswegs ungefähre Mischung vonAnlagen, sondern problematisch ist, wie aneinandergekoppelteVerschiedenheiten vereinbar seien, und dabei wird wichtig, wel-che Wesenskräfte aneinandergeraten, in welcher Reihenfolge undmit welchen Abständen es geschieht. Sehen wir von letzteremnoch ab, so erleichtert es schon bei einer Zweierkonjunktion dieVerschmelzung, wenn Mond und Venus, also Gefühl und Emp-findung, erschwert es sie dagegen, wenn Mars und Saturn, Ener-gie und Widerstand, zusammenzubringen sind. Eine mehrfacheKonjunktion differenziert die Aufgabe, und wir haben uns dieCharaktere der einzelnen Planeten genau anzusehen, um die Dif-ferentialanspannung ermessen zu können.

Naturgemäß gibt es Fälle, in denen Kräfte stark unterschied-lichen Charakters ihre Spannfähigkeit gegeneinander so veraus-gaben, daß es kaum zur umweltlichen Äußerung hinreicht; dasinnere Gleichgewicht verbraucht sie, zumal wenn Zeichen undFeld eine Introversionsneigung andeuten. Dieser Art etwa ist derZusammenstand von Uranus und Sonne bei Marcel Proust, inKREBS und im mitternächtigen 4. Feld. Weiterhin kommt es vor,daß eine Wesenskraft die andere zu unterdrücken sucht wie dasSaturnische das Mondhafte bei Friedrich d. Gr., obzwar solcheVorherrschaft sich nicht automatisch einstellt, so daß Sonne im-mer «verbrennt», Saturn immer «verfinstert». Der nicht besetzteRaum spielt insofern mit, als von ihm ein horror vacui ausgeht,den der Betreffende bewußt vielleicht gar nicht merkt, aber tem-peramentsmäßig zu überdecken sucht. So kann man sich Baude-laires persönlichen «Dandykult» erklären aus der Übermacht desWIDDER-Prinzips in einem Feld, worin das Ich von den Lebens-hintergründen eingeschluckt wird. Auch der narzißtischeJUNGFRAU-Aszendent reicht zur Erklärung der auftrumpfendenGeste nicht aus; der unbesetzte Quadrant der Eigenperson wurdehier zum Projektionsraum eines Agierens, als ob es sie gäbe. BeiZeichen starker Einigungstendenz, wie LÖWE, doch nicht er-

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langtem innerem Ausgleich, entsteht wiederum die Gefahr ver-krampft eingespielter Reaktionsweisen einer bloß «zusammen-gebackenen» Anlagenmasse. Probleme eigener Art also stellt dieHäufung, je nach Zusammensetzung der Wesenskräfte, wobeiaber von der Einlagerung nicht zu abstrahieren ist.

Im Aspektkreis (Bd. I, S. 264) sahen wir die Dynamisierungdes Verhältnisses zweier Kräfte ausgehen von der Konjunktion,gipfeln in der Opposition; als Bauformen des Gefüges stelltenwir dem Häufungstypus den oppositionell gespannten Typus ge-genüber. Allgemein gesagt bedeutet dies einen Unterschied zwi-schen gebundenen und entbundenen Kräften. Von der Spannungbetrachtet liegt auch in der Konjunktion eine Bereitschaft, sich zumanifestieren, zu differenzieren, zu polarisieren. Infolgedessenwird es bei Häufungsfiguren, abgesehen von ihrer inneren Zu-sammensetzung, wichtig, ob ein anders gestellter Faktor durchweiteres Ausgreifen im Kreis die manifeste, das heißt sich äu-ßernde, offenbar werdende Spannung liefert, welche die Gesamt-problematik in Gang bringt oder dirigiert. Dieser Faktor, wennvorhanden, ist um so beachtenswerter, je weiter er außerhalb derbeherrschenden Häufung steht. Umgekehrt wirft sich beim oppo-sitionell gespannten Typus die Frage auf, ob vorhandene Kon-junktionen darauf hinweisen, wo eine relative Beruhigung durchZurückziehen auf den latenten Zustand, die Bereitschaft, erreich-bar ist. Versuchen wir uns dies an einigen Beispielen klarzuma-chen.

Betrachten wir in diesem Sinne locker vortastend zuerst einigeHäufungen auf ihre Lage hin, soweit dadurch die Dynamik derKräfte bestimmt wird. Das Geburtsbild von Benito Mussolini hatgewisse Ähnlichkeiten mit dem von Kafka insofern, als nur derSektor innerhalb eines Trigons besetzt ist und Uranus eine absei-tige Stellung einnimmt (Geburt im gleichen Jahr und Monat).Der zwar geringere Abstand von Uranus zum Nächststehendender Hauptgruppe beträgt immerhin noch 45°, als Halbquadratbringt er die Problemspannungen «Kern und Exzentrizität»,«Schlußfolgerung und Eingebung» (Aspekte 7 und 20) zur Wir-kung. Außerdem wird die Sonderstellung von Uranus dadurchbetont, daß er als einziger Planet im IV. Quadranten den übrigen

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im III. gegenübersteht. Bei Kafka stand er als einziger im I., demQuadranten der Eigenperson, den übrigen im IV. Quadranten ge-genüber; bezeichnet er damit einen Spannungsfaktor im Eigenle-ben, sozusagen Explosionen nach innen, so in seiner kulminie-renden Stellung im Falle Mussolinis den extraversiven Ausgriffoder Paroxysmus, die schlagartige Unternehmung im sozialenRaum. Dieser Uranus im 10. Feld wurde zum Gestaltungsansatzund Leitmotiv eines Lebens: revolutionäre Umgestaltung derstaatlichen Machtverhältnisse erhob, Katastrophenverwicklungstürzte Mussolini. Durch Ausrichtung auf die uranische Aufgabebekam er seine Begabungen in den Griff, wuchs an ihr mit allem,was «dynamische Lösungen» verträgt. Saturn, Symbol der Stetig-keit wie der konservativen Mächte, störte allerdings mit seinemHalbquadrat auf Venus das Gleichgewicht (Aspekt 24; zu 23,Venus Konjunktion Jupiter, gehört auch das Thema «Frauen»).Am Verlust des Steuerruders wirkten Täuschungen über seinePartner mit, analog Neptun am Deszendenten, dem anderen Drei-eckspunkt, der ihn vorher, im suggestiven Ausspielen einesStimmungsfaktors der Zeit (Aspekt 36), emportragen half. Vonder Dreierkonjunktion wird noch die Rede sein.

Bei Marcel Proust haben wir als Gegenbild zu Mussolini eineintroversiv gelagerte Häufung, ausgedrückt durch Konjunktionenim KREBS-Zeichen, wobei das Symbol des Optimums, Jupiter,am unteren Meridian steht. Ihm gegenüber befindet sich Saturnim eigenen Zeichen STEINBOCK und als einziger über dem Hori-zont. Im damit angerührten Problem (Aspekt 31) wird die Qua-drantenlage ausschlaggebend (vgl. S. 381). Außenwelt bedeutetzunächst etwas Bedrückendes, Belastendes, Angsteinflößendes,als feindliches Negativum zum glücklichen Geborgensein imSelbst erlebt. Mars im kritischen Punkte hierzu symbolisiert ei-nerseits Gebundensein durch Krankheit, anderseits Ablehnungeigener männlicher Triebe. Ein Leben in seelischen Dämmerzu-ständen, inaktiv, hypersensibel, phantasiebewegt, umsomehrNeptun am Aszendenten in Quadratur zu Uranus gilt, der seiner-seits in der Differentialspannung zur Sonne alle Rebellion gegendiesen Zustand aufbraucht, die Lebensinstinkte nur umbiegen,pervertieren kann. Das Paradies liegt im Entschwundenen, im

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Mutterleib. Was ohne Gestaltungsvermögen ein pathologischerFall geblieben wäre, wurde jedoch durch produktives Aufgreifendes Ansatzes zum künstlerischen Ereignis: eine literarisch aufge-baute Welt aus der Perspektive lustvollen Leidens, aus einem be-reits mit der mütterlichen Verzärtelung akzeptierten Kranken-zimmer. Der Rückzug aus der bedrohlichen Saturn-Realität wan-delte sich in eine feminisierte seelische und sinnliche Bemächti-gung der Dingwelt analog dem Trigon, das Mond und Venus mitSaturn bilden.

Stellen wir uns nun vor, Mussolini wäre wie Proust in großbür-gerlicher Verwöhnung aufgewachsen und Proust als Arbeiter-kind, von klein auf Entbehrungen ausgesetzt und auf harte Wirk-lichkeiten gestoßen: die Konstellation bliebe, die Deutung müßteanders lauten. Mussolini wäre leichter in führende Stellungengetragen worden, das Managerhafte seiner Gesamtanlage hätterevolutionäre Inhalte mehr in der Technik der Menschenbehand-lung, weniger im Aufrollen grundsätzlicher Fragen des Staatsor-ganismus gesucht. Bei Proust dagegen hätte die Familie aufHeuschnupfen und sonstige Äußerungen seiner allergischen An-lage weniger Wert legen können. Die Selbstbezüglichkeit hättekeine gleich starke Resonanz gefunden, einen Daseinskampf mitnüchternen Tatsachen hätte er kaum bestanden. Derselbe maxi-male Spannungsfaktor, dort Uranus, hier Saturn (einschließlichseines Marsaspekts) müßte sich anders auswirken. Dies lenkt aufdie Beachtung von Verhältnissen jenseits der Aussagegrenze,gegen die, im Rahmen gegebener Anlage, auch guter Wille nurbedingt etwas ausrichten kann. Einen gewissen Anhalt bezüglichder frühkindlichen Situation gibt zwar die Mondstellung. Da fin-den wir bei Mussolini den Mond zwischen Saturn und Mars,Härte und Schärfe, böse eingeklemmt, bei Proust entsprechendder lockeren Konjunktion mit Neptun sozusagen weich in Illusi-onswatte gebettet; manche wollen daraus auf das Milieu der Her-kunft schließen. Doch nicht dieses steht im Kosmogramm, nurdie kindliche Wunschsituation und Reaktionsart, die auf eine ihrbesser oder schlechter zusagende Wirklichkeit trifft. Ausschlag-gebend wichtig für die Seelenbildung ist aber mütterliche Obhutoder deren Mangel. Das tatsächlich erlebte mütterliche Verhalten

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wirkt hier vorprägend; denken wir etwa anhand des Beispiels 15)an die unheilvolle Rolle der Mutter Friedrichs d. Gr. bei einer zurMutterfixierung neigenden Anlage.

Zur Deutungstechnik ist anläßlich der Konstellation von Proustzu ergänzen, daß bei einer solchen Häufung im «Mondzeichen»,mit Mond nahe bei Neptun am Aszendenten, auch den Mond-knoten eine erhöhte Bedeutung zukommt. Die Stellung des auf-steigenden Knotens im 3. Feld und in ZWILLINGE gibt einenHinweis auf literarische Darstellung innenweltlichen Gesche-hens56.

Auch ohne Opposition kann sich ein spannungsbeherrschenderPunkt klar gegen eine Häufung abheben, und es braucht nicht eineinzelner Planet, es kann ebenso eine Kräftekoppelung, eineKonjunktion sein. Diesen Fall haben wir bei Vincent van Gogh.Gehen wir davon aus, welchen Kreisbogen der Abstand des be-herrschenden Punktes zur Hauptgruppe und welchen sie selbstumspannt, so zeigt sich die bei Kafka gefundene Anordnung ge-weitet in das Verhältnis 78 : 63 Grad. Die Straffspannung im in-neren Bau der Figur übernimmt das Quadrat der KonjunktionMars-Venus zur Konjunktion Mond-Jupiter, ausgleichend steht

56 Die landläufigen Deutungen des Mondknotens mit ihrem «günstig» und «ungünstig»beachten nicht das Hereinragen einer anderen Sphäre des Lebens in unsere normale, zodia-kal ausgerichtete Bewußtseinswelt, das in den beiden Schnittpunkten der Mondbahn mit derscheinbaren Sonnenbahn zum Ausdruck kommt. Verständlicher ist es dem, der sich denGehalt matriarchalisch bestimmter Frühkulturen klarmacht, im Unterschied zur patriarcha-lischen Denkweise, die uns gemeinhin als undiskutabel gilt. Wir handeln etwa nach demGrundsatz: «Das Kommende wird nicht geformt durch das, was Menschen in der Vergan-genheit gelitten, sondern durch das, was sie daraus gelernt haben.» Dies ist herakleischeMoral und Haltung, um die Stationen der Sonnenbahn zu bewältigen, und scheint eineunumstößliche Wahrheit auszusprechen. In der lunaren Welt gelten andere Verhaltensre-geln, etwa: «Man kann alle Fragen damit beantworten, daß man das Richtige tut»; dasRichtige aber deckt sich dabei keineswegs mit dem logisch Schlüssigen, sondern ist intuitiveingegeben. Wir verstehen den aufsteigenden Mondknoten am besten als Eingangstor zumUnbewußten, als Anheimgeben an das lebensfunktional Passive untergründiger Gefübleund bildhafter Assoziationen. Es hat gewisse Berechtigung, wenn darin persönlicher Bezie-hungskontakt gesehen wird (Ebertin: Anknüpfung, Verbindung), sofern der Blickpunktsozialer Zwecke und die Wertung aus dem lebensschöpferisch Aktiven, dem Solaren, aus-geklammert sind. Gemeint ist zwangslos hergestelltes Gewähren oder Sich-Verweigern,alles andere als willkürhaft und darum wichtig für gestaltende Phantasie, irrationale Bestä-tigung. Die beiden Mondknoten versinnbildlichen den im Verborgenen zurückgelegten Wegder Seele, Empfängnis im Unbewußten und Auswerfen des Gewachsenen an das Tageslicht.(Vgl. Bd. II, S. 342/43.)

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dagegen der starke Lösungsaspekt des Trigons von Merkur zuMond-Jupiter, einer Konjunktion, in welcher Aspekte der gan-zen, vom Sextil des Saturn zu Neptun eingeschlossenen Haupt-gruppe zusammentreffen. Die Beruhigungstendenz der Konjunk-tion von Mond und Jupiter im Feuerzeichen SCHÜTZE heißt dortnatürlich nicht Abdämpfung der Impulsivität, sondern eintretendeSeelenruhe, wenn vom Sinn eines Tuns überzeugt. Es entsteht dasBild eines schräg zu Boden sinkenden Fallschirmspringers, derausgebreitete Schirm schwebt hoch über dem Horizont, «über derErde», fast ganz in dem für die Menschheit bedeutsamen IV.Quadranten (über den von hier ausgeübten Zwang vgl. S. 382).Bei einer solchen Seelenlage im begeisterungswilligen Feuer-prinzip, die lodernden Emotionen mit religiösem Grundton auf

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oberste Werte ausgerichtet (Aspekt 12), gab den Ausschlag, wosie in ihrem Wachstums- und Reifeprozeß ankam. Das Feld einersinnerfüllten Arbeit wurde zum Ort der Selbstverbrennung. Dendramatischen Abschluß können wir im Anderthalbquadrat desUranus auf den Mond als «Kurzschlußhandlung» vorgezeichnetsehen. Doch für die verhängnisvolle Erkrankung ungeachtet ei-nes gut ausgestatteten Verstandes entsprechend dem Merkur-trigon, wovon van Goghs Briefe zeugen - bildet dieser Aspektlediglich den Auslöser der im mütterlichen Erbe enthaltenenepileptischen Anlage. Bedeutsam ist die sextilische Verbindung,welche die Endglieder der Hauptgruppe, Saturn und Neptun, inein harmonisches Verhältnis setzt (Aspekt 33), sowie der Ab-schlußstrich zwischen Saturn und Mond durch ein Biquintil, dassich dem Quincunx zu nähern beginnt. Es ist der Bezug zuschöpferischen Vorgängen außerhalb normaler Ordnungen, un-ruhig, differenziert, von hohem Mannigfaltigkeitsgrad. Einenprogrammatischen Auftakt des Expressionismus kommt esgleich, daß die Mond-Jupiter-Konjunktion den absteigendenMondknoten einschließt (vgl. Anmerkung 19).

Mehrmals wurde gesagt, daß ein Planet im Geburtsbild die interstruktu-relle Rolle und Bedeutung der entsprechenden Wesenskraft angibt, nichtwas sich nach äußerer Sicht auf dem damit betonten Gebiet ereignet. Dieobjektive Beschaffenheit des mütterlichen Erbes konnten wir bei van Goghaus dem Kosmogramm nicht wissen, nur analog der Mondstellung im 6.Felde, daß es die körperliche Konstitution bestimmte. Dadurch war auch dieGeisteskrankheit mitbedingt. Dies ist von einschneidender Wichtigkeit fürdie Deutung der Aspekte. Worin etwa die synthetische oder, vulgär gesagt,«günstige» Bedeutung eines Trigons liegt, gilt in Abhängigkeit von Erbeund Umwelt sowie vor allem dem entwicklungsmäßigen Zustand des Men-schen, dessen kosmischer Entwurf in Betracht steht. Sein Verhalten in An-gelegenheiten des betreffenden Gebietes kann in Widerspruch liegen zudem, was man bei schematischer Anwendung der Regeln darüber aussagenwürde. Die für andere mißverständliche und gar nicht «harmonische» Aus-wirkung kann aber dennoch zur Erhaltung des individuellen Einklangs ge-rade so und nicht anders nötig sein. Ändern würde sie sich nur bei andererUmweltslage oder Umstellung der inneren Voraussetzungen, im letzterenkann eine anormale Entwicklung gewisse Schranken setzen. Immer sprichtentscheidend mit, was jenseits der Aussagegrenzen an Bedingungen vor-liegt. Eben zogen wir das Erbe in Betracht, bei komplexhaften Festlegungen

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fällt ins Gewicht, was sich als Reaktion auf umweltliche Verhältnisse her-ausgebildet hat, wofür allerdings das Kosmogramm die Basis bestimmterAnlagen enthält.

Wenn wir zur Deutlichmachung eine so vielschichtige Per-sönlichkeit wie August Strindberg heranziehen, so darf wie beiallen Beispielen natürlich keine biographische und psycho-logische Vollständigkeit erwartet werden. Etwas eingehenderfassen wir jedoch die bereits gestreifte, vom Kosmogramm auszunächst paradox scheinende Eheproblematik ins Auge. BeimDurchdenken zeigt sich, daß ein Spannungsherd durchaus nichtauf dissonanten Aspekten zu beruhen braucht, daß ferner die ei-gentlichen Lösungen in Transformationen des Lebenswunschesliegen können. Wer oberflächlich urteilend den «Glücksplane-ten» in solcher Stellung im «Ehehaus» sieht, wird alles anderevermuten als drei mit fliegenden Fahnen eingegangene, drei unterHaß und Verbitterung geschiedene Ehen. Die Opposition desMerkur auf Jupiter ist schwach, gradgenau jedoch das Trigon des

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über Merkur und Sonne dominanten Uranus zu Jupiter. Aller-dings hat das Uranische die Tendenz, einer Verewigung untrag-barer Kompromisse gegebenenfalls den trennenden Schnittvorzuziehen. Dies wird hier bedeutsam; verfolgen wir weiterhinvorausgreifend die Dominanzverhältnisse und finden in seinemZeichen WASSERMANN die Sonne, so sehen wir diese wieder do-minant über die Jupiterstellung in LÖWE. Das «Du» lebt für einensolchen Menschen unter Gesichtspunkten des «Ich», denn wieschon aus der motivischen Grundausrichtung ersehen (S. 384),verlegt die überwiegende Besetzung des I. Quadranten dasHauptgewicht in die Eigenperson. Im Zentrum herrscht einetheoretisierende Selbstanalyse und Stilisierung auf den Edelmen-schen. Er bezieht die Argumente seines Eigenwerts aber aus ei-nem «Wunsch-Du», einer mit verschwenderischen Farbenausgestatteten Partner-Projektion, worin allein schon die Ursacheeinkassierter Enttäuschungen liegt. Jupiter in seiner Abseitsstel-lung lenkt das Augenmerk auf das, was er repräsentiert, die ander Zulässigkeitsgrenze stehende Opposition des Merkur ver-schärft sich infolgedessen, mitleidlos genauer Beobachtung ange-schlossen, zu hochgradiger nervöser Reizbarkeit, wenn psy-chopathologische Momente hinzutreten.

Sie kamen hinzu, teils aus Anlage, teils umweltsbedingt. Ein-schränkend für das Verhältnis zur Weiblichkeit, als Tendenz grauin grau malender Empfindungen, gilt die Konjunktion von Venusund Saturn (plaktisch, Aspekt 24). Folgen wir der Dominanz vonSaturn über das Zeichen STEINBOCK, so finden wir darin das an-dere weibliche Symbol zusammen mit dem männlichen Trieb-symbol (Aspekt 11). Dies beinahe klassische Anzeichen einerMutterbindung steht als einziges außer Jupiter über dem Hori-zont; Mars zu diesem in Anderthalbquadrat deutet auf Streitlustund verletzliches Rechtsgefühl, seine Konjunktion mit Mond im12. Feld entsprach einem Gemüt als Marterstätte auf Grund desfrüh sich einnistenden Ressentiments. (In diesem Zusammenhangwird auch seine Dominanz über die Uranusstellung wichtig.)Strindberg verlor die Mutter mit 13 Jahren, die Beziehung zurStiefmutter war schlecht wie die zum hart und eigensüchtig emp-fundenen Vater. Eine dem Halbwüchsigen in die Hände gefallene

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Schrift über Onanie brandmarkte diese als schwere Sünde, drohteKrankheit und frühen Tod an. Tief litt er unter dem Abstand zurgesellschaftlichen Oberschicht, wonach er verlangte «wie nacheinem Heimatland, aber das Sklavenblut der Mutter lehnt sichdagegen auf ». Strindberg, als «Sohn einer Magd», fühlte sichsozial am unrechten Ort, von Kind auf gedemütigt, geschädigtund zu kurz gekommen.

Nach solcher Vorgeschichte sich selbst findend, war Strind-bergs Persönlichkeitswert, ohnehin schon ausgeprägt bei Sonneim 1. Feld, angestachelt, analog dem WASSERMANN-Zeichen aufgeistiger Grundlage den Sieg davonzutragen. Die Überkompen-sation mußte sich insbesondere auf Lebensanspruch und Selbst-behauptung der Partnerin richten. Durch Jupiter in LÖWE symbo-lisiert, sollte sie die optimalen Erwartungen verkörpern, ohneseiner Empfindlichkeit weh zu tun; erotisch wurde die Auseinan-dersetzung durch ein Quincunx (Tantalusaspekt!) des Jupiter zuVenus-Saturn in Schwebe gehalten. Ein Planet im 7. Feld be-nennt im unmittelbaren Bezug das Motiv der Partnerwahl, be-zeichnet die eigene Reaktionsweise im Zusammenleben, meintim übertragenen Sinne die Fremdperson überhaupt. Dies heißthier: die weitschweifigen Anlagen der Hauptgruppe wollten sichim Großformat zusammengefaßt, gestärkt und bejaht fühlen, Er-füllung finden durch eine triebgesunde Frau, die mit ihm durchdick und dünn ging, entsprechend dem Uranustrigon aber zu-gleich einen Zugang zur geistigen Welt hatte. Im heraufbeschwo-renen Wirbel des Lebens verblaßte dies hineingetrageneGötzenbild, aus dessen Perspektive er die Frau, mit der er wirk-lich lebte, beurteilte. Bei solchem Vorgang macht sich dieSelbstbezüglichkeit von LÖWE geltend, die wegretouchiert, wasin die einem anderen zuerteilte Rolle nicht hineinpaßt, bei Aus-einandersetzungen gern in affektiver Anschuldigung den Spießumdreht. Dieselbe Jupiterkomponente wurde aber fruchtbar inübertragener Form, wenn auch, was dichterisch Blut und Farbehat, aus tatsächlichen Begegnungen stammte. Was dem Ehelebenabträglich war, die Projektionskraft, wuchs mit der schöpferi-schen Qualität des Uranusaspekts dem Dramatiker hinzu, dem

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sich eine Welt personhaft eingekörperter Leidenschaften han-delnd vor Augen stellte.

Die im hohen Norden mögliche Schräglage des Meridians zum Horizontschafft hier ein instruktives Beispiel der «großen Einseitigkeit». Bei derKonstruktion dieses Geburtsbildes ist von Belang, daß der Abstand des amtiefsten gestellten Planeten, Pluto, sowohl zu Jupiter als auch zu Mars 113½Grad beträgt, so daß Pluto genau im Schnittpunkt zwischen beiden steht.Der größere und disharmonische Abstand erstreckt sich zwischen Jupiterund Mars. Die Figur ist sozusagen ein geschlossener Block, der nach oben,dem öffentlichen Bewußtsein zugekehrt, eine widerspruchsvolle und um-strittene Persönlichkeit darbietet. Berechnen wir den Schnittpunkt derHauptgruppe, so fällt er mit 29° 5' WASSERMANN ganz in die Nähe desNeptun am Beginn des Zeichens FISCHE. Hier liegen die verborgenen, gegendie Umwelt abgeschirmten Motive der Traum- und Märchenspiele. ZurFeinstruktur gehört endlich der exakte 165-Grad-Aspekt von da zum aufstei-genden Mondknoten: Ansatzpunkt der paranoiden Vorstellungen in Strind-bergs «Inferno»-Krise. - Für die Gesamtbeurteilung einer Figur kommt inBetracht, ob und wo sie geschlossen und wo sie offen ist und wie die Tei-lungspunkte ihrer Seiten im Ganzen liegen.

Da Aspekte die Möglichkeit in sich tragen, durch Lösung vonProblemen die Spannungen zu steuern und ihrer Herr zu werden,leuchtet ein, daß eine geschlossene Aspektfigur mit Spannungs-Höhepunkt bessere Aussichten für die Herausbildung einer füh-renden Leitlinie bietet als eine amorphe Struktur. Amorph heißt:die Planeten sind über den Kreis ausgebreitet, stehen aber un-gleich voneinander entfernt, bilden keine genauen Aspekte undinfolgedessen keine geschlossene Aspektfigur. Wie schon gesagt,können Menschen mit solchen relativ ungestalteten Strukturen inveränderlichen Lagen oft besser den Anforderungen gerecht wer-den als prägnant durchgestaltete und strukturmäßig richtungsbe-stimmte, vorausgesetzt allerdings, daß die Zeichen keine Ten-denz zu Schwerfälligkeit und Festfahrung enthalten. AspektloseStrukturen sind zwar kaum möglich, es gibt jedoch öfter solche,die in gar nicht oder schwach verbundene Aspekte zerfallen, oh-ne daß diese sich zu Teilfiguren des Ganzen zusammenschließen.Vitalität, Dynamik ist solchen Charakteren und Lebensläufen oh-ne weiteres nicht abzustreiten. Die Struktur ermöglicht aber keine

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Ganzheitsdynamik in dem Sinne, daß starke Probleme sich gegenschwächere durchsetzen und das Bemühen um ihre Lösung dieFührung übernimmt. Schwer kann darum ein konsequenter Wei-tergang auf selbstentworfener Linie erreicht werden, der über denMilieufall hinaus zu einer eindeutig erworbenen Gestalt führt.Man muß sich freilich hüten, aus der Struktur schon Bewertun-gen abzuleiten. Es kann sich um tief gefühlte und ethisch hoch-wertige Äußerungen, talentierte und tüchtige Leistungen handeln,besonders in Kurzform und in Umständen, die den Anlagen ent-gegenkommen. Bei langfristigen und anlagemäßig «wenig lie-genden» Aufgaben wird es meistens gut sein, wenn ein solcherMensch das innere Unmaß dadurch ausgleicht, daß er sich anmaßgebende Vorbilder anlehnt, an bestimmte Lebensregeln hält.Natürlich modifiziert sich dies durch Zeichen und Felder.

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Begreiflicherweise sind von geschichtlich bedeutenden Per-sönlichkeiten wenig Beispiele für diese im Durchschnitt häufigervorkommende Kategorie zu erbringen. Es finden sich lediglichgewisse Annäherungen, wo mangelnde einheitliche Gestaltetheitdes Wesens eine letzte große Zusammenfassung verhinderte. Alsvielleicht genialsten Fall einer solchen Tragik wollen wir das imAusschnitt schon gebrachte Geburtsbild von Robert Schumannjetzt vollständig aufzeichnen und etwas ausführlicher besprechen,um in Hauptzügen einen Überblick über seine Ganzheit zu erlan-gen. Es bietet ein Beispiel für Schwierigkeiten, die weniger inschwierigen starken Aspekten (sie alle sind ungenau außer derKonjunktion von Sonne und Mars) als in der Lockerheit des Ge-füges begründet sind.

Das schon mit dem Sonnenstand in ZWILLINGE angeschlageneThema des Zweierleiseins durchzieht auch den Aufbau des Kos-mogramms. Wenn in Schumanns Selbstzeugnissen spielerischdas Doppelgänger- und Maskenmotiv auftaucht, wenn sich ihmeigenes Urteilen und Empfinden in die Gestalten des Florestanund Eusebius sowie des zwischen den Zerstrittenen Frieden stif-tenden Meister Raro aufspaltet, so gehört dies zwar zum geläufi-gen Wortschatz der Romantik, bedeutet aber das existentielleBekenntnis eines auf «romantische Ironie» angelegten Menschen.Besprochen wurde bereits die Opposition von Jupiter und Ura-nus. Wir sehen diese Achse hier gleichlaufend mit dem Meridian,und zwar so, daß im Pol der Herkunft die produktiven Anlagenein gleichsam schlummerndes, noch ungehobenes Erbe darstel-len, Jupiter im konservativ-eigenwüchsigen STIER: gutbürgerli-ches Milieu einer deutschen Kleinstadt, Vater Buchhändler undnicht zum Zuge gekommener Dichter. Demgegenüber ist derobere Pol, der Weltstandpunkt, besetzt vom Symbol des Um-bruchs im unruhevoll-spannungsgeladenen SKORPION: Zeit-forderungen, Zukunftsmusik im Gegensatz zu provinzieller Be-häbigkeit. Neben dieser Achse und nur schwach harmonisch mitihr verbunden steht eine andere, gebildet durch Saturn, dominantüber den Aszendenten STEINBOCK, in ebenso ungenauer Opposi-tion zum Zusammenstand von Sonne und Mars (Aspekte 6 und28). Diese exakte Konjunktion der beiden Antriebssymbole

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(Aspekt 4), im labilen Zeichen, kann am wenigsten einen Ruhe-punkt bieten: momentaner Tatreiz und Herzensanliegen streitenum den Vorrang. Infolge der Ungenauigkeit der Achsen entstehtkein Parallelogramm der Kräfte (wie bei Klee, Fig. 6), der Sa-turndruck reicht gerade hin, um den geschäftig-juvenilen Tätig-keits- und Kampfgeist in Schade zu halten: eine zweifellosvertiefende Widerstandsspannung, die aber gegebenenfalls zuunmäßiger Härte gegen sich selbst verleitet.

Lange schwankt der Jüngling, früh über vielseitige Gaben ver-fügend, zwischen Literatur und Musik. Mit 16 Jahren des ver-ständigen Vaters beraubt, unterwirft er sich dem Spruch derMutter und studiert Jus. Doch bald gelangweilt von dieser trok-kenen Vorbereitung einer sicheren bürgerlichen Laufbahn, begibter sich beim Klavierpädagogen Wiek in die Lehre, unterbricht,Zufallsreizen nachlaufend, durch Reisen, seiner schöpferischenBegabung unsicher, bis er sich endlich für die Kunst entschließt.«Mein ganzes Leben war ein zwanzigjähriger Kampf zwischenPoesie und Prosa, oder nenn es Musik und Jus», schreibt er andie Mutter. Nun will er der Paganini des Klaviers werden, über-trumpft die strengen Anweisungen Wieks und kommt auf denunseligen Einfall, sich den dritten Finger der rechten Hand fest-zubinden, um den vierten unabhängiger zu machen. Ergebnis istdie Lähmung der ganzen Hand. Das Unglück des Virtuosen wirdzum Glück des Komponisten und die Verzweiflung zum Hebel,sich ganz auf die eigentliche Begabung zu werfen. Doch denZwittrigen hält es nicht in einseitiger Linie. Als Haupt der kunst-revolutionären «Davidsbündler» gründet er die «Neue Zeitschriftfür Musik», trägt kritisch und polemisch, sich in mehrere mitein-ander streitende Pseudonyme aufteilend, seine Gedanken überKunst gegen das Philistertum voran.

Ein Spannungs- und Kampfsystem, soweit bisher betrachtet.Mit dem Dominanten des Mars- und Sonnenstandes, Merkur amDeszendenten, springt es über in ein anderes System, gebildetdurch Merkur in Konjunktion mit Venus (Aspekt 1 6) und in Re-zeption zum Mond, dieser im Merkurzeichen JUNGFRAU, jener imMondzeichen KREBS. Hier ist der Gefühlsromantiker und fein-sinnige Schwärmer zu Hause, der behütet und ein wenig bemut-

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tert sein möchte aus der Sehnsucht, die Unnatur des Verstandesin zärtlichen Empfindungen zu erlösen. Der Parodist und Träu-mer kommt damit zur Ruhe, bei empfangenen Anregungen über-schwemmt von Einfällen einer unerschöpflichen musikalischenPhantasie. Nahrung und Halt dieser beirrbaren Seele ist das beieinem Du gefundene Verständnis. In jahrelangen Kämpfen er-ringt er sich zur Gattin die kongeniale Clara, in den europäischenHauptstädten schon gefeierte Pianistin; ihr Vater, sein LehrerWiek, hat sie von klein auf geschult und will sein lebendesKunstwerk keinem Mann überlassen, leistet dem Paar unmensch-lichen Widerstand, bis vor Gericht die Dispens erteilt wird.

Biographisches soll uns aber hier nur das Bild erläutern. Ab-gesehen von der Aufgelockertheit der Struktur zeigt uns dies aufden ersten Blick das Zerteiltsein in die beiden Systeme. Das har-monischere System saugt sich an das Du an, im dissonanterenfinden wir das zentrale Anliegen, doch verbunden mit Schwan-kungen; Kämpfen, zu überwindenden Widerständen. Intellektuellgefärbtes Wollen trifft auf harten Stein, durchaus kein Schicksalim Schlafrock, wie es manche der Biedermeierzeit andichten.Das Lösende, Erfüllung Bringende in den fluktuierenden Span-nungen liegt auf Seiten des Mondhaften, dem Anschlußsuchenund passiven Vertrauen; Venus, das Symbol friedlicher Vereini-gung, hat den stärksten Harmonieaspekt zu Uranus oben und istdominant über Jupiter unten. Hieraus erwächst, was uns anSchumanns Musik als persönlich anspricht und wofür das Unfi-gurale des Gefüges die Voraussetzung bildet. Geburtsmäßig vor-geprägt ist das sensible Empfinden, dessen Motive geistreich ver-schlungen und verkettet werden, dem KREBS-Zeichen gemäß mitserienhafter und lyrischer Tendenz, während Gesetz und Form imAszendentenzeichen STEINBOCK ankern. Stimmungsmäßig liegtim Saturnischen der depressive Gegensatz zu sonniger Heiterkeitund Lebensfülle; entsprechend seiner Konjunktion mit Neptunklingt in den Düsterkeiten das Hintergründige an57. Denken wir

57 Schon aus der Dresdener Zeit berichtet der Hausarzt, Dr. Helbig: «Sobald er sich gei-

stig beschäftigte, stellten sich Zittern, Mattigkeit und Kälte in den Füßen und ein angstvol-ler Zustand ein mit einer eigentümlichen Todesfurcht, die sich durch Furcht vor hohenBergen und Wohnungen, vor allen metallenen Werkzeugen (selbst Schlüsseln), vor Arznei-

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uns aus dieser Konstellation die transsaturnischen Planeten weg,so bleibt als ausgesprochen harmonische Stütze einzig das Sextilzwischen Merkur und Mond (Aspekt 9); fügen wir mit ihnen dieaußernormalen Mächte hinzu, so bekommt das Trigon von Venuszu Uranus (Aspekt 25) eine beherrschende, das Sextil von Jupiterzu Pluto eine stützende Bedeutung. Aber auch die Quadratur desPluto auf Sonne und Mars tritt verschärfend, bedrohlich heran,eine Spannung, an die Schumann ungern rührte.

Mit 46 Jahren ist dies an feinen Fäden hängende Gefüge un-gleicher Kräfte zerrieben. Saturn hat die Stellung inne, die wir«toten Punkt» nannten, und es schienen keine Kräfte vorhanden,ihn zu bestehen. Früh beginnen die Vorstellungen, das Lebenwerde nicht lange dauern. Entsprechend der Konjunktion Saturnsmit Neptun (Aspekt 35) verschieben sich die Ebenen der Wirk-lichkeit. Es kommt zu Anfällen von Panik, Angstzuständen,Selbstmordversuchen, der Wahn rückt näher mit Halluzinationen.Hinzu treten Gehörstörungen und Sprachschwierigkeiten, zuletztversinkt Schumann in bodenloser Schwermut, aufgejagt vonapokalyptischen Visionen. Außer den Quincunxbeziehungen zuMerkur und Venus sehen wir nur das Quadrat des Neptun zuMond, des Saturn zu Pluto, ungenaue, schwer zu verarbeitendeAspekte. Berechnen wir den Schnittpunkt zwischen Mond undPluto, so fällt er mit 8° 50' SCHÜTZE in die Mitte zwischen Saturnund Neptun, Gegenstück zum vorhin berechneten zwischen Mer-kur und Pluto, der auf Uranus fällt.

Mit solchen Untersuchungen schreiten wir langsam zum Er-fassen einer Gesamtproblematik vor, müssen uns jedoch immerRechenschaft geben über die Mittel, dahin zu gelangen. Um inden letztbesprochenen Fällen einen Überblick zu bekommen,mußten wir insbesondere den Dominanzverhältnissen vorgreifen.Im Schwerpunkt unserer Untersuchung bleibt aber noch das Ge-

en und Vergiftungen zu erkennen gab.» Symbolisch beachtlich: «hoher Berg» für Saturn-SCHÜTZE, «metallene Werkzeuge, Schlüssel» für Mars-Saturn, «Arzneien, Vergiftung» fürNeptun. In der Quadratur von Pluto in FISCHE zur Konjunktion von Mars und Sonne inZWILLINGE, diese unter Saturnopposition, sehen wir einen Hinweis auf Kräfte und Organe,die beim abstrusen Entschluß, sich einen Finger festzubinden, beteiligt waren. Über dieOrgangrundlagen vgl. vom Verfasser «Tierkreis und menschlicher Organismus», Ebertin-Verlag, Aalen, 1958.

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füge und die Abflußrichtung der Kräfte. Das Beispiel Schu-manns, einer verhältnismäßig amorphen Struktur, lehrt uns: einesolche Struktur besagt nichts gegen die Qualitäten eines Men-schen, braucht nicht die Dynamik und Folgerichtigkeit seinerEntwicklung zu hindern, nur den Zusammenhalt erschwert sie,auch bei optimaler Auswertung der Naturbegabung. Bei entspre-chenden Anlagen verführt dies zu kontrollosen Einzelhandlun-gen, ein ähnlich destruktiver Fall wird später mit Otto Weiningergestreift. Schumann hatte Spürsinn genug, zu wissen, was dieAuswertung seiner Talente begünstigte: ein regelmäßig einge-teiltes Leben, Anschluß an mitschwingende Weiblichkeit undFamilie sowie richtige Einschätzung stagnierender Perioden,nämlich neue Aufgaben sich erst dann vorzunehmen, wenn mansich innerlich dazu reif fühlt. Dies entsprach den wenigen har-monischen Stellungen im Geburtsbild. Bei anderen liegt es an-ders.

Wir verstehen allmählich die interstrukturelle Rolle und Be-deutung, die sich aus dem Geburtsbilde ergibt. Im Fall vonStrukturen, die auf einen Höhepunkt der Gespanntheit aus-gerichtet sind, geht es mehr um eine hervorgehobene Leitlinie,Eindeutigkeit der Richtung. Auch bei Strindberg fanden wir Aus-gerichtetsein auf ein Du, sogar richtungsbetonter, aber nicht inForm passiver Erwartung und Hingabebereitschaft. In bezug aufdas eheliche Du kehrte das Leben schroff die Vorzeichen um, dieaus den Erfordernissen geistiger Souveränität in der Eigenpersonstammten, schöpferisch wurde die Projektionskraft beim Drama-tiker. Bei van Gogh wieder herrschte die Ausrichtung auf ein op-timales Lebens- und Entwicklungsziel, etwas, das seinem Daseineine Seele und einen Sinn gab, gefunden in beschwingter manu-eller Tätigkeit, seiner ausdrucksstarken Malerei. Im Falle vonProust handelte es sich um ästhetische Verdauung der Tatsa-chenwelt, vor deren Härten seine Lebensinstinkte zurückwichen.Umgekehrt mußte Mussolini gerade dort seinen Selbstbeweis er-warten, alles auf eine intuitiv ergriffene Karte setzend NietzschesKlebe gefährlich» zu verwirklichen trachten; was bei Strindbergdas Ausnahmerecht der großen Persönlichkeit war, hieß bei ihmmit Sonne im Gegenquadranten der sacro egoismo der Nation.

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Der bei Mussolini kulminierende Uranus stand bei Kafka, inmit-ten des Quadranten der Eigenperson, als sarkastischer Beobach-ter einer dem Zeitgeist und sozialen Zustand ausgesetztenHauptmasse von Anlagen gegenüber. Bei Baudelaire, einem ge-drängteren Häufungstypus, fehlt ein derart beherrschender Punktaußerhalb der Hauptmasse, er hat nur einen Aspekt des lösendenAusdrucks (Mondtrigon) und einen solchen außernormalen Ge-spanntheit (Neptun- und Uranusquadrat) auf den intellektuellen«Sprecher» (Merkur), seine eindringliche Wucht lag in der Ein-spurigkeit des überbetonten Prinzips. Bei einem oppositionellgespannten Typus wie Friedrich d. Gr. brachte die große Alter-native des Lebens die Unterdrückung des einen Pols, dessen An-spruch in Kompensationen abwanderte. Bei Goethe aber findenwir ein Gleichgewicht polarer Gespanntheit verwirklicht, dieSynthese eines Lebens, sein Hauptkunstwerk. In alledem stecktnicht nur Vorbestimmung, sondern Selbstverwirklichung aus sei-nen Bedingungen heraus.

Derartige Überlegungen können uns durch keine Regeln abgenommenwerden, umso weniger, als unsere Betrachtungsart nicht von äußeren Kenn-zeichnungen wie Staatsmann, Dichter, Maler, Musiker ausgeht und spezielleBegabungen dafür aufsucht, sondern uns mitten hinein in die Werkstatt derCharakterbildung versetzt. Unser Durchdenken stützt sich aber auf solcheRegeln, Kräfte und Probleme betreffend, durch die der selbstbestimmendeFaktor einen Charakter aus seinen Anlagen schafft. Dieser «Gebrauch derKräfte» geht jeden Menschen an, unabhängig von seinen speziellen Bega-bungen. Die Eignung für dies und jenes sehen wir als eine Sache der Einla-gerung in die Ausdrucks- und Interessensphäre, trennen dies ab von dercharakterbildenden Dynamik, Gehalten werden die Entwicklungen, wie sieauch verlauf en, im Rahmen einer Struktur, durch welche das Zusammen-spiel der Kräfte und Ineinandergreifen der Probleme vorgeschrieben ist. Diebiographischen Darstellungen eines Werdegangs sind bedingt verwendbar,verhalten sich jedoch zur Gestaltschau an Hand des Kosmogramms wie dieNacherzählung einer Geschichte zur Inhaltsangabe, die das prinzipiell Be-deutsame heraushebt. Diese Grundbedeutungen finden wir, absehend vonspeziellen Begabungen, Milieuwirkungen und dergleichen, im kosmischenEntwurf. Auch die Selbsterklärung des Betreffenden verschleiert oft denSachverhalt allgemeinmenschlicher Anlagewurzeln, die im Einzelfall sooder so verbunden auftreten.

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Wie steht es nun bei Menschen mit überwiegend harmonischgebauter Struktur? Sie sind durchaus nicht von Problemen frei,und harmonisch heißt hier nicht, sich als harmonisch empfindenoder von der Mitwelt so empfunden werden. Summarische Ur-teile wie der «heitere Mozart», der «schwermütige Michelange-lo» greifen ohnehin daneben. Untersucht man deren Geburts-bilder und bewertet man die Aspekte ebenso summarisch nachdem überlieferten Schema, sie mengenmäßig auszählend, so er-wartet man eher das Gegenteil. Doch das eine ist oberflächlich,das andere falsch. In bezug auf die Aspekte sagt uns der Über-blick, ob und wieweit ein Mensch zur Kräftesynthese veranlagtist und vorhandene analytische Spannungen sich dem einfügen,ferner, wieweit ihn das Schicksal begünstigt, sie vollkommenauszuwirken und sein Optimum zu erreichen. Bewußter steht sodie Frage beim schaffenden Künstler, beim Produktiven über-haupt; der unschöpferische Prosaiker, der nüchterne Realist fragtnach Glück und Erfolg, meint aber, wenn auf Selbstverwirkli-chung bezogen und nicht nur äußerlich hingesagt, im Grundedasselbe. Natürlich gibt es kollektiv bessere oder schlechtereStrömungen für ein Vorhaben, und die Jahrhunderte wechselnmit der Einkleidung. Was früher «Fürstengunst» war, heißt imdemokratischen Zeitalter «Anklang beim Publikum finden» oderauch «Arriviertsein», vielen genügt das Bankkonto als Maßstab.Der Sinn des Strebens hat immer zeit- und niveaubedingte Ent-sprechungen. Es ist die Jupiterfrage, und im Hintergrund steht dieSaturnfrage. Nachdem wir uns einigen Blick für das Problemge-füge erworben haben, gehen wir auf solche Inhalte ein und unter-suchen, welche Stellung die eine, welche die andere Wasserkraftin der Struktur hat. Auch ohne gegenseitigen Aspekt kann dabeieine scheinbare Differenz von Charakter und Schicksal sichtbarwerden, genauer gesagt, ein Zusammenprall von Absicht undGelegenheit.

Besonders nahe legt uns dies das Geburtsbild von Michel-angelo Buonarotti, wo Jupiter abseits der trigonal aufgebautenHauptfigur nur in schwachen Aspekten mit ihr verbunden steht.Die Frage lautet hier, wieweit dies Symbol des optimalen Stre-bens sich der Kräftesynthese einfügt. Dies können wir nur am

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Gesamtbild des Lebens ermessen. Wiederum darf weder biogra-phische noch psychologische Vollständigkeit erwartet werden,doch zur eigentlichen Aufgabe des Biographen, aus dem Gewor-denen Schlüsse auf die Bedingungen des Werdens zu ziehen, ha-ben wir im Kosmogramm die Grundfigur. Das Übungsbeispielbetrifft die Abseitigkeit eines Punktes zur Harmonie des Ganzen,ohne daß er einen Spannungs-Höhepunkt bildet.

Inmitten von rücksichtslosen und tückischen, edelmutigen odergeistreichen und wiederum verschlagenen Kraftnaturen der Re-naissance, zwischen dem Schönheitskult der Ästheten und dem

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Humanitätsideal platonischer Philosophen, bewegt sich einMann, der bitter ernst nimmt, was den meisten ein Spiel und Er-satz für verlorengegangene mittelalterliche Glaubenskraft bleibt.Gegen die Umwelt ist er abgeriegelt durch Saturn in Deszenden-tennähe, dominant über den Aszendenten STEINBOCK. Dies Er-fahrungssymbol steht im empfindsamen, kränkungsbereitenZeichen KREBS, die Quadratur zu Venus in WIDDER wird zumlebenslangen Ringen um apollinisch klare Kunstform, Sublimie-rung leidenschaftlicher Empfindungen. Zum mütterlichen Sym-bol steht Saturn im Anderthalbquadrat, mit 6 Jahren verliert derKnabe die Mutter. Frauen werden in diesem Leben kaum eineRolle spielen. Saturn ist aber zugleich ein Punkt des mächtigflutenden dionysischen «Wassertrigons», das ihn mit den Kon-junktionen von Sonne und Mars, Uranus und Neptun verbindet.Die beiden einander nähernden Transsaturnier in SKORPION be-herrschen als Signale der großen Umwälzung und Blickweitungdie Öffentlichkeit, über sie dominant ist Mars, der zusammen mitder Sonne in FISCHE steht, dem sensibelsten Zeichen, seinerseitsunter Dominanz des Neptun. Diese angeborene Kräftesyntheseumfaßt vom Kern des Systems dessen ganzes Ausmaß, denn inOpposition zur Sonne finden wir den sonnenfernen Pluto, so daßsich, einbeschlossen das durchlaufende Trigon, eine Drachenfi-gur bildet. Das mit dem Mond in Konjunktion befindliche Intel-ligenzsymbol steht zur Venus im stärksten harmonischen Aspekt,das diese mit Merkur haben kann, im Sextil. Nur Jupiter, demAszendenten am nächsten und damit zum «persönlichen Gesicht»gehörig, ist abseits gerückt, aspektarm. Als stärkste Spannung hater ein Halbquadrat des Mars. Man kann dies auf den Faustschlagdes Torrigiano beziehen, der dem Sechzehnjährigen das Nasen-bein zertrümmerte und sein Antlitz verunstaltete, auf spätereKämpfe mit Auftraggebern, Steinmetzen, mit der Natur, um dieim Gebirge ausgesuchten Marmorblöcke unter den Meißel zubekommen. Wie bei Strindberg kann man Streitlust und verletzli-ches Rechtsgefühl darin begründet sehen, doch der Aspektkommt aus dem neptunischen Prinzip, und öfter weicht Miche-langelo aus, flieht, wo er sich gedemütigt und von Feinden ver-

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folgt fühlt. Solche Augenblickshandlungen waren von Visionenund Ahnungen eingegeben.

Auf diese Weise wird man viele der bekannten Charakterzügeund Schicksale herauslesen. Käme es zur Kennzeichnung einesCharakters allein auf die Jupiterstellung an, so würde sich daserste summarische Urteil nun umkehren. Man könnte dann Mi-chelangelo als glücklosen Mann bezeichnen, auch wo er sich er-folgreich durchsetzt, und demgegenüber Mozart (vgl. Jupiter inFig. 18) als glücklichen Mann auch im Unglück. Dies rückt derWahrheit näher, ist aber unvollständig. Zur Erläuterung desSachverhalts muß einem Inhalt des Abschnitts «Dominantenket-te» vorgegriffen werden. Im berührten Zusammenhang kommt inBetracht, daß Jupiter in der Zuordnung der Stilformen zu denKräften des engeren Systems (Bd. II, S. 132) gleichfalls über dasFISCHE-Zeichen dominant ist. Hierdurch erst bekommt der Mars-aspekt seine Schärfe, erhält das genaue Quintil zwischen Jupiterund Neptun seine Wichtigkeit als «Bezug zu schöpferischenVorgängen außerhalb normaler Ordnungen» (Bd. I, S. 272).FISCHE unter Neptundominanz ist das Unendlichkeitssymbol,tendiert zu überdimensionierten Raumvorstellungen, Mars undSonne darin - zusätzlich erworbenen Könnens - versinnbildlichenmit ihren trigonalen Aspekten das Zutrauen, Aufgaben von nochnicht dagewesenem Ausmaß zu bewältigen, zumal die Pluto-Opposition zur Sonne (auch bei Nietzsche vorfindlich) beim Ge-nialen das Thema des Übermenschen anschneidet. Jupiter im 1.Feld wiederum symbolisiert das persönliche Grundstreben zuseinem Optimum, in WASSERMANN eine von ideeller Größe be-flügelte Expansität. Dieses gesteigert durch jenes führte zum Ab-schluß von Riesenverträgen, die nicht eingehalten werdenkonnten, teils weil eine momentan sich bietende Gelegenheit zumgewaltigeren Werk verlockte - Beiseiteschieben des Vertrags mitdem Kardinal Piccolomini über 15 Statuen, um den «David» aus-zuführen -, teils, weil die Macht eines neuen Auftraggebers einealte Verpflichtung aufhob - Behinderung des Juliusgrabmalsdurch Leo X. und Clemens VII. -, teils auf Grund der unruhigenZeitläufte.

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So wird die «Tragödie Michelangelo» langsam deutlich als einLeiden, das aus überflutender Fülle stammte, wo sie auf Grenzenstieß. Daß die geplanten 40 Statuen des Juliusgrabmals schließ-lich auf sechs reduziert wurden, umdüsterte ihm zwei Lebens-drittel. Begann sein Werdegang mit dem unerhörten Glücksfall,als Jüngling von Lorenzo de Medici in sein Haus gezogen zuwerden, erwuchs dem Mann daraus der hartnäckige Anspruch derErben auf seine Arbeitskraft. Aber die saturnische Zensur ist nieganz negativ, mag sie auch der so empfinden, den sie trifft. Dasgrößte Werk seiner dreißiger Jahre, die Decke der Sistina, ver-danken wir einem unter Widerwillen angenommenen Auftrag,die Mediceerkapelle wurde aus einer Zwangslage gestaltet unddie unvollendeten «Sklaven» zeugen stärker von MichelangelosSchöpferkraft, als vermutlich das fertige, dem Plan nach überla-dene Grabmal hätte verkörpern können. Dieser Saturn im 7. Feldzeigt ihn sozusagen mit einem dunklen Schicksal verheiratet,dessen Vollstrecker vornehmlich die ihm gebietenden Päpste wa-ren. Noch sein letztes großes Werk, das jüngste Gericht, erfuhrals tragischen Rückschlag (Venusquadrat!) eine kleinliche Ein-mischung in seine künstlerische Absicht, Wandlungsstufen derSeele in der Bewegung nackter Gestalten, inneres Aufgewühlt-sein in ihrer traubigen Zusammenballung, im auf und nieder ge-henden Wirbel darzustellen. Sein Verhältnis zur Mitwelt war vonfrüh an abgestempelt durch diesen Saturn, seelisch erlitten, abernicht erkenntnismäßig überwunden. In einer Zeit, da selbst ge-niale Geister unbekümmert ihren materiellen Vorteil verfolgten,machte der in diesen Dingen sauber und rechtlich denkendeMann böse Erfahrungen mit den Menschen; die vertrauensselig-ste Anlage, die FISCHE-Einstellung, schlug um in ängstliche Ab-sperrung, Mißtrauen gegen alles Fremde. Eben dieses Zurück-geworfensein auf sich schloß aber in der Spätreife den geistigenGehalt der Jupiterstellung auf sowie ihren quintilischen Bezug zuNeptun, dem anderen Herrscher über das zentral und peripher -durch Sonne und Mond - betonte FISCHE-Prinzip. Dieser Gehaltheißt Selbstüberwindung. Die letzten Sonette suchen eine Ver-söhnung freigeistiger Menschlichkeit mit dem christlichen Ge-danken, Ruhe im Ungestüm seiner die Zeitgenossen

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erschreckenden Eigenwilligkeit. Als sichtbarer Ausdruck einesInsichseins, aller Schwankungen und Irrungen enthoben, über-wölbt die Kuppel der Peterskirche die Stationen des individuellenLebens.

Weitaus öfter als die Problematik gestaltenträchtiger Fülle, schicksalhaftauf Grenzen stoßend, kommt freilich die Problematik der Armut, des Man-gels vor, der beschränkten Gestaltungskraft, die einen gegebenen Raumnicht ausfüllen kann. Es hieße die Möglichkeiten der Aussage überschreiten,aus Michelangelos Geburtsbild das Genie ersehen, wie ebenso umgekehrt inirgendwelchen Geburtsbildern die Anzeichen tatsächlich mangelnder Sub-stanz nachweisen zu wollen. Nur Erschwernisse, Gefahrenmomente sinddarin erkenntlich. Was vorhandene Substanz, das unerkenntliche X, gegebe-nenfalls dennoch erreicht, zeigte uns das Beispiel von Roben Schumann.Ein Grundfehler der vulgären Astrologie ist es, Gestirne und ihre Aspektefür ein schöpferisches Plus oder Minus, geschweige denn für Entwicklungs-stand und Ethos haftbar zu machen. Die Konstellation bietet nichts als einFormengefüge, das allerdings die Erfüllung bestimmter Aufgaben begün-stigt oder behindert und eine ureigene Problematik des Einzelnen enthält;mit ihrer Erkenntnis gelangt sein Eigenes zur besseren, formgerechten Er-füllung seines Inhalts. Wir können es auch als Werkzeughaftigkeit ansehen,ohne daß das letzte Wort über den Stoff, aus dem das Werkzeug gebildet ist,sowie den Geist, mit dem es gehandhabt wird, gesprochen werden kann.Das Gesamtbild, zu dem unsere Kombination nun allmählich vorgedrungenist, gibt die Überformung der Bestandglieder. Ein schöner alter Ausdruckdafür ist das Thema. Die rund besetzte Konstellation von Michelangelo oderauch von Goethe rollt naturgemäß das Thema einer breiteren Menschlich-keit auf, als eine eng besetzte wie die von Kafka oder Baudelaire. Damit istkein Werturteil abgegeben, denn der Vorzug einer Leistung kann gerade aufdem zusammengedrängten Gesichtswinkel beruhen.

Das Werkzeug hat in sich, wozu es am besten dient. BeimStaatsmann kommt in Betracht, wieweit der Mann am Schaltbrettzum geschichtlichen Augenblick paßt.

Jeder Anfänger erkennt in Oliver Cromwells Geburtsbild58 aufden ersten Blick eine harte, schlicht gebaute und geschlosseneStruktur. «Energie und Widerstand» (Mars und Saturn), in

58 Über die Geburtsstunde Cromwells besteht keine Sicherheit. Wenn die Angabe von

Partridge stimmt, dann ist wie in unserer Zeichnung vorwiegend die Westhälfte besetzt, undJupiter steht am Deszendenten. Wir betrachten aber die Struktur unabhängig davon.

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schärfster Spannung befindlich, teilen den Kreis in eine besetzteund unbesetzte Hälfte. Im kritischen Punkt dieser Achse steht dasSymbol des Optimums, des Rechts und der Wohlfahrt (Jupiter).Hier hängt sich eine Teilfigur ein, die Kern und Peripherie (Son-ne und Mond), oder auf politische Begriffe übertragen, Regie-rung und Volk in ein nach beiden Seiten abgestütztes Verhältnisbringt. Der aufgetauchte Gedanke der Volkssouveränität schlugWurzel in diesem harmonischen Dreieck, gemäß dem dissonan-ten Spannungsdreieck die Gewalt rechtfertigend, als der Gedankevom göttlichen Recht des Königtums seinen Anspruch über-spitzte. Das zentral betonte Zeichen STIER ist von keiner Theoriegeleitet, aber ein Dogma wie die Gewissensfreiheit des Einzelnenkann unbeugsame Festigkeit ergeben; das peripher betonte Zei-chen JUNGFRAU behält stets das Gefühl für praktische Erforder-nisse, seine kluge Anpassung erweist sich im Benutzen von Ver-hältnissen, die man nicht geschaffen hat. Den Angelpunkt bildetJupiter in KREBS, mehr ein Gebrauchtwerden als ein Streben, esbedarf dazu gefühlten Berufenseins, über den Erfolg entscheidetvon außen gesehen «Glück haben», von innen «sein Bestmögli-ches leisten». Dieser vierschrötige Landedelmann und gute Fa-milienvater fügte sich unter der unparlamentarischen HerrschaftKarls I. eher in Verletzungen früherer politischer Grundsätze, alsder Puritaner in religiöse Bedrückung. Sein eleganterer VetterJohn Hampden behielt recht: «Wird es ernst, dann wird derplumpe Gesell der erste Mann Englands.»

Mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges betrieb Cromwell dieAnwerbung und Ausbildung einer eigenen Reiterei, sorgfältigausgestattet, durch Gesinnung diszipliniert, seine unwidersteh-lichen «Eisenseiten». Er fühlte sich dazu gemacht, Schwierig-keiten zu begegnen. Urplötzlich trat eine hervorragende kriegeri-sche Begabung, mutiger Einsatz seiner selbst und täuschungsloseFolgerichtigkeit des Urteils hervor, in den Feldzügen und Partei-kämpfen der großen Auseinandersetzung rückte er auf, bis diehöchste militärische und politische Macht in seiner Person verei-nigt war. Gedanken einer politischen Zukunft, von denen seineEpoche noch keinen Begriff hatte, kleideten sich damals in reli-giöse Schwarmgeistigkeit. Seiner gradlinigen Struktur entspre-

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chend, mit Pluto im Marszeichen WIDDER nahe bei Uranus, inseinen Unternehmungen von überwertiger Energie durchdrungen,erscheint uns Cromwell als alttestamentlicher Prophet in Solda-tenrüstung, der in den Ereignissen den Finger Gottes und in er-rungenen Siegen das Eingreifen der Vorsehung erblickte. Von daher und in gärender Zeit nach saturnischer Notwendigkeit han-delnd, vertrugen einander Grausamkeiten wie das Massaker vonDrogheda sowie weitherzige Duldung, wo er nicht Feinde desechten Glaubens sah. Die Überzeugung, zum allgemeinen Wohlzu regieren, erlaubte ihm als Lordprotektor gelegentliche Nicht-achtung der Gesetze; tragischerweise mußte er Willkürmaß-nahmen, welche einst die Revolution ausgelöst und den Königaufs Schafott gebracht hatten, wie Verhaftung ohne richterlicheAnklage, Erhebung von Steuern ohne parlamentarische Ermäch-tigung, wieder einführen. Geschah dies auch in anderem Geiste,ist die Form der Militärdiktatur in England auf die Dauer dochunannehmbar; hier lag analog dem schwachen Quadrat vonNeptun zu Merkur ein mit Erklärungen nicht wegzuwischenderStimmungsfaktor, und Cromwell war ein ehrlicher, doch keingeschickter Redner, er sagte, er halte es für seine Aufgabe, Sa-chen zu reden, nicht Worte.

Beim Staatsmann bestimmt etwas, was hier nur am Rande ge-streift werden kann, die Wirkung mit: das nationale Klima. Gün-stig für Cromwells persönliche Wirkung war die Kombinationvon Sonne in STIER und Mars in WIDDER. Auf den englischenVolkscharakter wirkt vertrauenswürdig, wer mit Sinn für dasGewachsene kaltblütig und besonnen lange zurückhält, fremdeMeinungen ruhig anhört und vorsichtig die Bedingungen für seinVorhaben prüf, sich vergewissert, geduldig abwartet, bis die Ent-scheidung reif ist, um dann Zeit und Umstände benutzend denHeißsporn in sich loszulassen. Im französischen Volksklimagelten andere Voraussetzungen. Dies erklärt zum Teil, daß einMann der funkelnden Phrase, mit rein persönlichem Geltungsan-spruch den Namen ausspielend, um welchen der Mythos vergan-gener Größe schwebte, einen geschichtlichen Atemzug langwirken konnte. Bei ihm finden wir beide Antriebssymbole inWIDDER und bemerken, daß mit den erdhaften Zeichen die für

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einen Staatsmann so wichtige reale Rückversicherung und sach-liche Geduld fehlen. Ausschlaggebend aber ist immer die Werk-zeughaftigkeit, der Bau der Struktur.

Halten wir das Thema Napoleons III. neben das von Cromwell,so empfinden wir sofort den Mangel an Geschlossenheit bei einerden Zeichen nach gesteigerten Impulsivität. Die den Kreis teilen-de Achse trägt hochentzündlichen Explosivstoff, diesen Kompo-nenten gaben wir die Stichworte «Kern und Exzentrizität»,«Antrieb und Überraschung». Von Uranus her steht die Achsebindungslos zur Repräsentativperson, geprägt durch Saturn imMarszeichen, SKORPION in Quadratur zum Mond in WAS-

SERMANN, dem Uranuszeichen. Abgesehen von darin bedingterVerzögerung des Weges zur Macht wurde ihm schon die MutterHortense, Schwägerin des ersten Napoleon und Eikönigin vonHolland, zur Wegbereiterin des Schicksals, indem sie romantischdurchsetztes persönliches Unglück in einem schwärmerischenNapoleonskult kompensierte. Die Knabenseele formte sich imMuseum des großen Onkels und in der Atmosphäre einer ent-thronten Familie mit Anhang, das abenteuerliche Blut, angetrie-ben vom Dynamismus der exakten Koppelung von Tat- undUnternehmungssymbolen, empfing daraus hinreichende Losun-gen.

Zum Biographischen gehört die verwegene Vorgeschichte derMachtergreifung, die Verschwörerschule der Carbonari, der ver-unglückte Putsch in Straßburg, die Ausweisung nach Amerikaund heimliche Rückfahrt, das nochmals mißglückte Unternehmenvon Boulogne, die Festsetzung in Ham und tollkühne Flucht ausder Festung. Dem 3. Feld entspricht die schriftstellerische Akti-vität, nicht nur in Form von Artikeln und Erlassen, sondern in derSchweiz entsteht ein vielbeachtetes artilleristisches Werk; die«Idees Napoléennes» entwerfen das Programm des in vielen Far-ben schillernden Bonapartismus, der geschäftig berechnendeAnwärter auf die Macht sucht in der «Ausrottung des Pauperis-mus» sogar Scheinlösungen der sozialen Frage für seine Zweckeeinzuspannen. Hochgekommen nach der niedergeschlagenen Ju-nirevolution von 1848 durch arrangierte Präsidentenwahl undnachmaligen Staatsstreich, installiert sich der Kaiser auf dem

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Thron als Beunruhiger seiner Epoche, der überall in und außerEuropa, wo es kriselt und brennt, seine Hand dazwischen hat.Das Sextil von Sonne und Mars auf Mond in WASSERMANN ent-hält generöse Züge und kann eine momentan zündende Wirkungauf die Massen ausüben, nur das Symbol der Stetigkeit und Dau-er, Saturn, befindet sich in verhängnisvoller Quadratur im totenPunkt. Es ist etwas weiblich Pathisches in diesem Charakter, diePhantasie ins Übermaß aufgebauscht analog dem Quadrat zwi-schen Jupiter und Neptun, durch die Zeichen FISCHE undSCHÜTZE in Rezeption stehend. Neptun wirft wiederum ein Tri-gon auf den Zusammenstand von Merkur und Venus, wie Plutound Jupiter im 2. Feld; wir sehen den Verschwörer und Lebe-mann in dunkle Geldgeschäfte verwickelt, das Staatsoberhaupt inBeziehung zur Hochfinanz, Unterstutzer und Nutznießer der po-litischen Expansionsbestrebungen. Hier zieht sich die glänzendeFassade des zweiten Kaiserreichs auf, Wohlstand vortäuschendund mit wirklichen Fortschritten in zivilisatorischen Einrich-tungen, eine durch das raffinierte Polizeisystem abgesichertezweifelhafte Oberschicht, dahinter unsichtbar die Masse der De-portierten und Opfer sinnloser Kriege. Die aus überbetontem I.Quadranten hervorgegangene Staatsführung entspricht dem, wasNapoleon in den «Fragmenten zur englischen Geschichte» äu-ßert: «Auf Erden sind alle Menschen in größerem oder geringe-rem Grade Schauspieler. Jeder wählt aber seine Bühne und seinPublikum für sich und bietet alle von seinem Ehrgeiz angesta-chelten Kräfte auf, um den Beifall dieses selbstgewählten Par-terre zu erwerben.»

Geschichte ist jedoch kein Theater. Zwei genauen Kon-junktionen im Marszeichen WIDDER Steht im anderen Mars-zeichen SKORPION mit Uranus der irrlichternde Umstürzer, mitSaturn der Schicksalsvollstrecker gegenüber. Dieser tritt auf inGestalt eines anderen Staatsmannes mit Saturn am Deszendenten.Bismarcks Kunst, Napoleon III. zu überspielen, bestand darin,dessen Prestigepolitik und bedenkenlose Tatenlust in einem ihmgenehmen Zeitpunkt herauszulokken. Napoleons unvorsichtigeKriegserklärung von 1870 hat seinen Sturz herbeigeführt.

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Zeichnen wir jetzt Bismarcks Geburtsbild vollständig auf, sosehen wir gleichfalls den halbierten Kreis, fast alles auf einer derbeiden durch die Sonne-Jupiter-Opposition abgeteilten Hälften.Nur Venus in STIER greift darüber hinweg und kulminiert amMC. Sie steht im Quincunx zu Jupiter in ihrem anderen ZeichenWAAGE und in Quadratur zu Mars, dieser dominant über dieSonne in WIDDER sowie im Trigon zum Mond in STEINBOCK.Eine kräftige Figur schiebt sich also mit ihrer entgegenkom-mendsten, passiv empfänglichen Komponente gegen das «öf-fentliche Gesicht» vor, hält sie aber in Spannung zur tatbereiten,schroffen Schlagkraft. Dies kennzeichnet den Diplomaten, der inkonzilianter Form, bedachtsam lavierend, vorsichtig die realenVerhältnisse abwägend, sein Ziel verfolgt, bis er die entschei-dende Stunde gekommen sieht. Ein Kapitel für sich ist die Mer-

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kurstellung: die anfälligste Nervenverfassung in einer vom Wil-len beherrschten Struktur.

Mit solchen Halbierungen hat es etwas auf sich, was von Fallzu Fall studiert sein will. Sie enthalten sozusagen eine einseitigeSpiegelung der Welt und eine den Verkehr zur anderen Seite be-einträchtigende Hochspannung. Hierbei kommt es darauf an,welche Hälften der Ausdrucks- und Interessensphäre besetzt undwelche Wesenskräfte in Opposition sind. In den Oppositionensteckt sich die Bannmeile erregender innerer oder äußerer Zwi-schenfälle ab. Ferner ist die Art der halbseitigen Strukturierungwichtig. Eine Betonung des kritischen Punktes wie bei Crom-well, Ludwig XIV., Mazarin und - wenn wir die übergreifendeVenus abrechnen - Bismarck setzt einen Angelpunkt der Span-nungen ein, der sich mit «Entweder-Oder» und meist dazu vor-handenen «Ellenbogen» nicht abtun läßt, sondern in seinerEigentümlichkeit erarbeitet werden muß. Das persönliche Wollenkann auch an kollektiven Fragen der Zeit scheitern, wie KaiserKarl V. zeigt, Uranus im kritischen Punkt zur Opposition vonMars und Pluto. Kämpfe bleiben kaum erspart, wenn man aufhervorgehobenem Platze steht. Eine eingebaute Trapezfigur wie-derum bedeutet, wie schon erwähnt, anlagemäßig, daß sich derAktionsradius des betreffenden Menschen nach der ihm zugäng-lichen Seite voll entfaltet; dies sehen wir gleichfalls bei Bismarcksowie anders gerichtet bei Cuvier und Hemingway59, letztereraußerdem mit Mond und Venus im kritischen Punkt. Der Aus-gleich kann schließlich in einem einzigen harmonisierendenPunkte liegen, so bei Georg Büchner60 mit Sonne in diesem Ver-hältnis zur Opposition von Mars und Mond; eine leidenschaftli-che Gespanntheit wurde aus zentralem Anliegen schöpferischgestaltend umgesetzt. Bei Napoleon III. fehlt diese ganzheitlichausgleichende Innenstruktur, der obere Meridian liegt in derLücke zwischen Saturn und Uranus, und fragen wir nach werk-zeughafter Eignung für die staatsmännische Aufgabe, so fällt dieAntwort angesichts des I. Quadranten für Menschheit und Volks-

59 Geb. 21. Juli 1898, kurz nach 3 h p. m. Oak Park (Chicago).60 Geb. 17. Oktober 1813, 5 h 30 m a. m. Goddelau/Hessen

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gemeinschaft wenig befriedigend aus. Derartige «Struktur-mängel» sind durch kein Geschick in öffentlichen Mani-pulationen zu ersetzen. Auch nicht durch guten Willen, wie dastrotz starker Besetzung des IV. Quadranten dennoch amorpheGeburtsbild des Kaisers Friedrich III., dessen liberale Gesinnunggegen Bismarck nicht durchdrang, anzeigt. Im Reiche Tolstoiszogen sich die alternativen Schnittlinien auf ungefährlicheremBoden.

Wir verweilten länger beim Thema des «halbierten Kreises»,weil besonders in dieser Figur ein Gesetz zum Ausdruck kommt,das sich im polaristischen Aufbau unserer Deutungselemente be-gründet: einseitige Betonung strebt in ihren Gegensatz. Hierinentspringt bei der Halbierung die Tendenz, den Abfluß der Span-nungen «außen» zu suchen. Manche Notlage im Eigenreich führtzum Überanspruch im Fremdbereich und umgekehrt, die unbe-setzte Hälfte spiegelt ergreifenswerte Ziele oder projektive Er-wartungen vor. An solche Menschen ist oft schwer heranzu-kommen, wenn sie ihre Dynamik selbst nicht überblicken und ander Eigentümlichkeit des Erstrebten vorbeigreifen, schwer kön-nen sie das ihnen Unbekannte in Rechnung stellen.

Zusammengenommen sollten die gebrachten Strukturbilderveranschaulichen, daß unser Verhalten nicht schlechthin eineSumme von Reaktionen darstellt, deren Anlagekomponenten sicheinzeln auf zählen lassen, sondern daß wir immer als Ganzerreagieren und dieser Zusammenhang aus der Art unserer Struk-tur hervorgeht. Dies ist für die Gesamtschau wichtig. Betrachtetdie durchschnittliche Menschenbeurteilung oft ausschließlich undjedenfalls viel zu sehr die Motive, so lehrt uns das astrologischeMeßbild, als maßgebend die Strukturen in Betracht zu ziehen. Anallem Gewordenen jeder Lebensphase sind stets die gleichen Bil-dekräfte im selben Ordnungsverhältnis beteiligt, wenn auch zeit-lich nach einem individuellen Entfaltungsrhythmus ungleichhervortretend. Gehen wir diesem Rhythmus rechnerisch nach, sodrängen die gemachten Beobachtungen die Frage auf, ob wir ei-ner restlosen Determination ausgeliefert oder ob Änderungendurch Einsicht möglich sind. Es geht nicht nur darum, gewisse«Dummheiten» nach empfangener Belehrung durch die Ereig-

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nisse abzustellen, was wieder in einer so oder so beschaffenenIntelligenz determiniert sein kann. Die grundsätzliche Frage be-antwortet sich auf Grund hinreichender Erfahrung mit der Er-kenntnis, daß das Schicksalhafte sich auf einen Strukturzwangerstreckt, daß die eine solche Struktur verwirklichenden Entspre-chungen jedoch veränderlich sind und im Bereich freier Ent-scheidungswahl liegen. Aus unserer inneren Gestalt können wirnicht heraus, doch sind Wandlungen, Niveauerhöhungen, Umla-gerungen der Interessen erreichbar, die sie aus habituellen Zusät-zen befreien und das Wesenhafte, den «kosmischen Entwurf »,erst zur Geltung bringen. Die innere Arbeit betrifft einzelne An-lagen, die Kontrolle tatsächlich erreichter Wandlung ergibt sichaus der Überformung der Bestandglieder. In ihr ist das Entwor-fensein auf Mitwelt enthalten. So verbesserungswürdig das kol-lektive Schicksal scheint, mit dem der Einzelne strenger oderlockerer verzahnt ist und dem er nur durch Einstellung gerechtwerden kann, über das individuelle Schicksal sich zu beschwerenhat niemand Grund. Gerade dissonante, kräftig durchgeformteund relativ geschlossene Aspektfiguren lassen keine Aufteilungin «Problemchen» oder Überkultivierung von Teilregungen zu,weil das Ineinanderfluten und wiederum sich gegeneinander Ab-setzen der Kräfte, die Notwendigkeit des Zusammengreifens derSpannungen, eine Stellungnahme des Ganzen verlangt. Eskommt auf den selbstbestimmenden Faktor an. Stärkster Struk-turzwang kann Sprungbrett zu höchster Freiheit werden.

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KREISLÄUFIGE TENDENZEN

Im vorangegangenen behandelten wir einige Grundformenstrukturmäßiger Zusammenfassung der Kräftesymbole, dochWesen und Deutbarkeit der Häufungen ist noch nicht genügenderhellt. Besinnen wir uns auf die Ableitung der Aspekte aus dem«dynamischen Kreis» (Bd. I, S. 262 ff.), so stellt die Konjunktionlediglich den Ansatz zur Entfaltung einer Problematik dar, dieihrer Gipfelung in der Opposition zutreibt. Mit Konjunktionenmehrerer Planeten wissen die wenigsten Deuter etwas anzufan-gen, auch unsere bisherige Untersuchung stellte erst die Diffe-rentialspannung in Betracht. Zwar sagt dies bei der Konjunktionzweier Planeten einiges aus, wie aber sind Häufungen gleichderjenigen bei Baudelaire unter einem einheitlichem Gesichts-punkt zu deuten? Hier bekommt einen praktischen Wert, was injener Ableitung rein theoretisch erschien, das dort «Impulsion»und «Repulsion» genannte Verhältnis, die Stellung eines zweitenPunktes zum ersten im Bogen von 0° bis 180° oder im Bogenvon 180° bis wieder zurück zu 0°. Das darin berührte dynami-sche Verhältnis darf allerdings nicht verwechselt werden mit demaus der wahren Bewegung von Gestirnen (geozentrisch gesehen)abgeleiteten, ihrer Fortlaufsgeschwindigkeit sowie der Recht-und Rückläufigkeit. Die tatsächliche Himmelsmechanik kommterst für lebenszeitliche Berechnungen in Betracht. Charakterlidsist es verkehrt, aus der Rückläufigkeit etwas Nachteiliges er-schließen zu wollen, wie oft gedeutet. Hierzu verführten Beob-achtungen über Applikation und Separation von Planeten imAspekt, wenn diese also gemäß ihrer Eigenbewegung in den ge-nauen Aspekt hineinlaufen oder sich daraus entfernen. Dies wirdwichtig für die Zeitgestalt, die Abwicklung der sogenannten Se-kundär-Direktionen. Es ist ein Verhältnis, das nur die problema-tische Beziehung im Fortgang des Ganzen betrifft, messungs-mäßig immer entgegen der Uhrzeigerrichtung, also in Tierkreis-folge gedacht.

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Unter diesem Gesichtswinkel greifen wir auf die Dreier-konjunktion bei Mozart zurück (Fig. 18) und ziehen ebensolcheKonjunktionen zum Vergleich heran. Dieselben Gestirne sind inverschiedener Aufeinanderfolge antreffbar, es entstehen sechsVariationen. Die Aufeinanderfolge wurde hier an entsprechendenBeispielen von links nach rechts dargestellt, die eingeklammertenZahlen geben den gradmäßigen Abstand an, zuletzt folgt das Zei-chen, in welchem die Konjunktion bei der Geburt stattfand.

1. W. A. Mozart � (5) � (1) � WASSERMANN

2. Tycho de Brahe � (3) � (2) � SCHÜTZE-STEINBOCK

3. A. Schopenhauer � (1) � (8) � FISCHE

4. G. Savonarola � (6) � (7) � WAAGE

5. J. Haydn � (5) � (4) � WIDDER

6. O. Weininger � (10) � (4) � WIDDER

Um die damit gegebenen Unterschiede überschläglich zu be-urteilen, bedienen wir uns der Stichworte «Lebensantrieb» fürSonne, «Baumaterial» für Saturn, «Verstand» für Merkur, ver-stehen aber natürlich darunter Vereinfachungen der nun schonbekannten komplexen Inhalte. Im dynamischen Kreis steht derErstgenannte zum Zweitgenannten im Verhältnis der Impulsion,das heißt, von der betreffenden Kraft geht entsprechend ihrerÄußerungsart ein Andrang auf die andere aus. Ist die andringen-de Kraft Saturn, so wird man in den meisten Fällen von einemErfahrungsdruck oder Druck schicksalhafter Tatsachen sprechenmüssen unter Begleiterscheinungen wie Beängstigung, Behinde-rung, formellen Rücksichten; das «Baumaterial» der Existenz übteine bestimmende Macht auf das nachfolgend Genannte aus. BeiMozart ist «Lebensantrieb» das nächst Betroffene, dessen satur-nisch eingefärbter Andrang geht weiter auf «Verstand». Satur-nisch ist aber auch das Vatererbe (Aussagegrenze!), hier derVorzug einer musikalischen Formbegabung, fernerhin rechnetdazu der traditionelle Formenschatz, der in die Erfahrung ein-ging. Vorbehaltlos hingenommen entstand im WASSERMANN-Stilein fast selbsttätig laufendes Spielwerk abstrakter, musikalischerFormen, in die sich jede Regung des Lebensantriebes einzuklei-

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den vermochte. Die «tote» verschmolz mit der «lebendigen» Exi-stenz und wurde Baumaterial des zentralen Anliegens, wogegendie Miseren des Lebens an Bedeutung zurücktraten; der Verstandhatte nur zu registrieren und logisch durchzuarbeiten. Begreifenwir diesen Zusammenhang, dann verstehen wir auch die Neptun-opposition richtig als die beherrschende Spannung einer Musika-lität, welche das geistreiche und formensichere Spiel atmosphä-risch beseelte und aus der sich der eigentliche mozartischeZauber herleitet.

Anders, wenn der registrierende Verstand unmittelbar dem Er-fahrungsdruck ausgesetzt ist wie bei Tycho de Brahe61, wobei dasSymbol der Erfahrung in SCHÜTZE eine Auslese erhabener Ge-genstände bevorzugt, bei Tycho die astronomische Beobachtungals wissenschaftliches Hauptanliegen seiner Zeit; dies wurde zumBaumaterial für die unter STEINBOCK rechnende mathematischeIntelligenz. Die Stellung am Deszendenten unterstützte die Ehr-furcht vor objektiven Tatsachen. Der so bestimmte Lebensantriebwar wiederum durch ebendiese Stellung gebunden an Willkürund Macht des Herrschers, von dessen Gunst er abhing, reprä-sentiert durch die als letzte nachfolgende Sonne. Tychos Weltbildenthält den für STEINBOCK stilgemäßen Versuch, eigene Erkennt-nisse mit überlieferten Meinungen zu vereinbaren.

Bei Schopenhauer und Savonarola62 steht der Lebensantrieb anerster Stelle, an letzter bei jenem die Verstandesformulierung, beidiesem die Antwort der Tatsachen. Sehen wir in einer solchenDreiheit das Verhältnis von These-Antithese-Synthese, so be-deutet, was sich dazwischenschiebt, den antithetischen Faktor.Bei Mozart war dies der sieghaft sich durchsetzende Lebensan-trieb, bei Tycho der Verstand. Im Fall von Schopenhauer lautetedas Problem, wie weit der Lebensantrieb die dagegen geworfeneErfahrungswelt, auch deren dunkle und zwangshafte Seiten,durchdringen und sich ihrer bemächtigen; sie als Baumaterialeiner souveränen Auffassung gestalten konnte. Erbanlagen undMilieutatsachen wirken dabei mitbestimmend auf die Auskristal-

61 Geb. 14. Dezember 1546, 2 h 45 m p. m. Kundstrup (Schonen).62 Geb. 21. September 1452 bei Sonnenuntergang, Ferrara

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lisation von Erfahrungen, zum FISCHE-Stil gehört passives Erlei-den der Welt und die Neigung, philosophische Inhalte auf psy-chologische zu bringen. Die Opposition von Mond aus dem Mer-kurzeichen JUNGFRAU bedeutet ein Einspinnen in selbstbezogeneVoraussetzungen des Seelenlebens. Im Falle Savonarolas stießder Antrieb unmittelbar auf den Verstand. Die Antithese idealerForderungen schob sich vor den Aufbau einer sachbestimmtenWelt, das Erfahrbare mußte dazu passend gemacht werden, umals «Baumaterial» akzeptabel zu sein. Gemäß dem WAAGE-Stllund der Stellung im 7. Feld ging es dabei um Formung einerGemeinschaft unter diesen Vorzeichen, verwirklicht unter denBrüdern von San Marco. Schicksalhaft wurde jedoch die exakteMarsopposition aus WIDDER auf Saturn sowie die Quadratur vonMond in STEINBOCK zu beiden (Mond im kritischen Punkt undunter Saturndominanz wie bei Bismarck, doch Saturn und Marsin Gegensatzspannung). In Übertragung auf das Politische for-derte Savonarolas heftige Aggression die realen Mächte seinerZeit auf Leben und Tod heraus, die Volksstimmung schlug um,er erlitt Schiffbruch mit seiner Idee.

In den beiden zuletzt betrachteten Variationen steht der Ver-stand an erster Stelle. Bei Josef Haydn traf er auf ein Anlagema-terial, das wie bei Mozart ein auszuschöpfendes musikalischesErbe enthielt; die begrifflich geklärte Form wurde, aufgegriffenvom Lebensantrieb, zum Baumaterial seiner Existenz. Zur Ver-schmelzung von These und Antithese trug bei, daß scharf zwi-schen Merkur und Saturn die Opposition des Jupiter trifft, ihreSpannung sich aber der Sonne mitteilt, dem als Synthese heraus-gebildeten Formwillen. Jupiter ist dominant über Mars und Ura-nus am Aszendenten und Mars wiederum über die Dreiheit inWIDDER; mit ungeheurer Fruchtbarkeit gestaltete Haydn die da-mit gekennzeichneten Vorstöße in musikalisches Neuland unterFortführung der Tradition. Im selben Zeichen WIDDER liegt dieDreiheit bei Otto Weininger, eigentlich eine Viererkonjunktion,denn Merkur steht dem ihm vorangegangenen Jupiter näher alsder Sonne, die ihrerseits nahe an Saturn heranrückt. Hier bildeteeine frühreife, äußerst fruchtbare, eigenwillige, erstmalige Ge-danken aufwerfende Intelligenz den Ansatz, aus blieb jedoch die

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Synthese eines altersmäßig abgeklärten Baumaterials; mit 23½Jahren beging er Selbstmord. Ein Vergleich der straff gespanntenFigur von Haydn - ausgenommen die Mondstellung, die auf dieEhe als wunden Punkt hinweist - mit der amorph aufgelockerten,oppositionslosen von Weininger sagt vieles ohne Worte. Ander-seits weist der Vergleich mit der noch stärkeren WIDDER-Häufung im 8. Feld bei Baudelaire auf den Unterschied hin, obals Abschluß einer solchen Kette dort Saturn oder Sonne steht.Bei Saturn als Endpunkt behält öfter Resignation oder, erinnernwir uns an Savonarola, herausgefordertes Schicksal das letzteWort. Die unter Saturn mögliche Synthese hat etwas von abzu-dienender Pflicht. In diesem Sinne finden wir die Reihenfolgeder Variation sechs bei Albert Schweitzer verwirklicht, wobeiMerkur und Sonne eng aneinandergerückt in STEINBOCK, Saturnmit 10° Abstand in WASSERMANN Standen. So beachtenswertdiese Abstände für die Verarbeitung der Differentialspannungsind, das Ergebnis hängt nicht an ihnen; im selben Verhältnis fin-den wir Merkur und Sonne beisammen in WAAGE, Saturn davonabgerückt in SKORPION bei Heinrich v. Kleist (Daten Bd. I, An-hang), der gleichfalls freiwillig aus dem Leben schied.

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Mancher, der zur Praxis drängt, ist vielleicht der berühmtenMänner überdrüssig und fragt sich, wie er solche Feinheiten aufPersonen seines Umgangs anwenden soll. Es sind jedoch Grund-züge, die sich auf jeder Ebene in entsprechenden Tatsachen äu-ßern. Betrachten wir das Geburtsbild des Schweizer Großunter-nehmers Gottlieb Duttweiler63, so finden wir darin die Folge �(3) � (9) � in LÖWE. Wer das Geheimnis seines Erfolges verste-hen will, gewinnt wenig, wenn er ihn aus einer Zusammenbal-lung im Machtprinzip erklärt und nun Jupiter, das Erfolgssymbol,in Quadrat zu Sonne und Venus sowie in Opposition zu Neptun,diesen wieder in Quadrat zur Venus, Mars in Quadrat zu Saturn,Mond in Quadrat zur Venus sieht, in einem somit überwiegenddissonanten Bild lediglich Uranus Sextil Saturn, abgeschwächterMond Sextil Uranus aber genau Mond Trigon Saturn sowie dieplaktische Konjunktion von Jupiter und Mond. Der Ansatz Dutt-weilers lag in einem organisatorischen Grundgedanken, welcherdie Belieferung der Käufer mit Lebensmitteln auf eine neue Basisstellte: Verkaufsautos, großer Umsatz bei kleiner Gewinnspanne,Verzicht auf Luxuspackungen, aber Datumstempel, wodurch dieFrische der Waren überprüfbar ist, schließlich Aufbau der überallgleichen Migrosgeschäfte. Die uranische Idee nahm zuerst satur-nische Form an, als Durchführungsgesetz aufgegriffen von einerbetriebsamen Intelligenz. In diesem uniformen Rahmen setztesich der Macht- und Ausbreitungswille durch. Zum «Baumateri-al» gehört natürlich Sachkenntnis, im LÖWE-Stil der unmittelba-ren Lebensversorgung dienlich64.

Solche Untersuchungen befreien uns von der vulgärenMeinung, eine Konjunktion von Sonne und Saturn bedeute stetseine Behinderung des Lebensantriebes. Die Menge an Vitalitätzeigt sich nicht im Kosmogramm determiniert, nur die Art undWeise ihrer Äußerung, der Stellenwert der Sonne sagt uns, wo ihrrichtiger Einsatz liegt. Mit Vitalität allein, ohne Vorschub desGedankens, der die Sacherfahrung auf eine fortschrittliche Formbrachte, wäre Duttweiler nicht zum Erfolg gekommen; er war in

63 Geb. 15. August 1888, Zürich.64 Bei Kaiser Franz Joseph I. folgen in diesem Zeichen � (½) � (2) �.

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dieser Hinsicht der «tychonische» Typus (Fall 2), bei dem dasSonnenhafte hinter dem Saturnischen, nach Zwischenschaltungdes Merkurischen, einsetzt. Für den «mozartischen» Typus (Fall1), wo das Sonnenhafte auf das Saturnische antwortet und dasMerkurische die Endauswirkung übernimmt, darf man als Par-allelfall den Dichter Alfred de Musset anführen65, der dieselbeFolge im SCHÜTZE-Stil, mit Mond in Oppositon, darlebte. Zei-chen und Feld sowie angereihte Aspekte wandeln ein solchesGrundverhältnis nur ab. Der Gegenfall, daß das Sonnenhafte vordem Saturnischen einsetzt, braucht sich nicht wie bei Schopen-hauer im Philosophischen zu bewegen, wenn auch Merkur dasEndglied bildet. Im Thema liegt die Überwindung materiellerSchwere aus dem Lebensantrieb heraus, dies kann als «Baumate-rial» die eigene Physis betreffen und die Beherrschung als Kör-perintelligenz zum Ausdruck gebracht werden. Als Beispieldiene die Tänzerin Palucca66, berühmt durch ihre akrobatischenSprünge, wobei wenige ahnten, welches zäh verbissene undanatomisch durchdachte Training vorausging, um Glied für Gliedzur obersten Leistungsfähigkeit zu bringen. Es ist derSTEINBOCK-Stil selbstüberwindender Härte; die Folge beginntmit Sonne in diesem Zeichen am IC, setzt sich unter jeweils 2°Abstand über Saturn, Merkur fort zu Jupiter, in Saturn ist zu-gleich der Regent des Zeichens erfaßt: ein Beispiel vollkomme-ner Selbstverwirklichung auf materieller Ebene. Beachtenswert,daß hier das Symbol optimaler Reife das Endglied, bei Weinin-ger das Anfangsglied einer Kette ist.

Die damit an die Hand gegebene Richtschnur verlangt zur geläufigenAnwendung, nach und nach alle mehrfachen Konjunktionen in gleicherWeise durchzudenken. Mit dem Verständnis der Auf einanderfolge lichtetsich der Charakter der Häufung. Bei solchen Übungen kommen wir derWirklichkeit näher, wenn wir auf das Wesen der künstlerischen Variationachten. Sie besteht nicht nur im Umspielen fertiger Bestandstücke in eineandere Tonart, ohne daß sich der Gehalt ändert, es geht vielmehr um Aus-Schöpfung eines Themas durch die Möglichkeiten der Verwandlung. Solcheliegen hier ferner im selbstbestimmenden Faktor und der durch ihn gestal-

65 Geb. 11. Dezember 1810, 11 h a. m. Paris.66 Geb. 8. Januar 1902, 0 h 15 m a. m. München.

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teten konkreten Lage. Die Deutung soll die Bedingungen seines richtigenEinsatzes klären, die Anwendung der Regel will daher an verschiedenerleiLebenslagen sowie am Zusammenspiel von Vitalität, Sacherfahrung undIntelligenz bei Sonne, Saturn, Merkur sowie der übrigen Wesenskräfte er-probt sein.

Ungeachtet der erwähnten strukturellen Ähnlichkeiten erfassenwir nun deutungsmäßig die unterschiedliche Zusammensetzungder Dreierkonjunktionen bei Mussolini und Kafka, ausschlagge-bend für die Seelenhaltung. In beiden Fällen ist mit Mond inZWILLINGE ein fragesüchtig erwartungsgestimmtes, wechsel- undaussprachebedürftiges Gemüt gegeben, insbesondere Labilitätder kindlichen Beeindruckung. Bei Mussolini findet sich die Fol-ge � (2) � (4) �. Sie besagt: väterliches Erbe und Ausgangsmi-lieu, die Erfahrung von Klassenunterschieden und dementspre-chenden Behinderungen graben sich als Baumaterial der Seeleein, die, eine starke Differentialspannung bewältigend, in derIdentifizierung mit der Volksseele eine streitbare Lösung derProbleme sucht. Dem 7. Feld gemäß wirft sich die proklamierteSynthese mit Wucht und Beredsamkeit auf die Mitwelt, die auf-gerührte kriegerische Dynamik verschlingt am Ende ihn selbst.Wurde bereits darauf hingewiesen, daß bei anderer Herkunft an-dere Entsprechungen eintreten würden, so beruht dies im indivi-duellen Falle hauptsächlich auf dieser Saturnstellung. Analogdem ZWILLINGE-Prinzip prägen sich beim Ansprechen der Er-fahrungskomponente auf «Zweigeteiltheit» dieselben Tatsachenverschieden ein, je nachdem die Gesellschaft aus unterer oderoberer Perspektive erlebt wird. Aus den Sextilen von Sonne undMerkur ergibt sich die Anlage zu organisatorischer Gestaltungder so gesehenen Verhältnisse, dem LöavE-Prinzip gemäß, undMerkur ist dominant über die Dreierkonjunktion. Anders beiKafka, schon durch die zurückweichende Tendenz der Sonne inKREBS, unter Dominanz des Mondes. Als Folge findet sich � (0)� (4) � . Merkur in gradgenauer Konjunktion mit Venus undnachfolgendem Mond deutet auf die mütterliche Erblinie derVerstandesbildung - Kafka selbst berichtet ausschließlich vonihr. Exakt ist ferner die Quadratur des Uranus, die vieles perver-

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tiert und quälend macht, bis man seine geistige Sonderstellungfindet. Das so beschaffene Merkurische, wiederum dominantüber Uranus, drückt sich aus in sonderlingshaften Zügen, nervö-ser Unruhe und Kontaktarmut, sowie in der konstitutionellen Ge-fährdung der Lunge, der Kafka mit 41 Jahren erlag. Verborgenhinter vorgeschaltetem Intellekt, der «gläsernen Wand», war dasLiebesmotiv im Empfinden und Fühlen. Venus ist dominant überMars, Mond über Sonne: der Zugang zur Weiblichkeit bliebzeitlebens ein schwer lösliches Problem, den wenigen Freundengegenüber bestand eine fast feminine Anlehnung. In ihren Ab-wicklungen entsprechend dem Uranusquadrat selbstanalytisch,JUNGFRAU-gemäß, auf Nadeln gespießt, treibt die Dreiheit aberzu einer seelischen Mutation. Das Aussprachebedürfnis bei die-sem schüchternen und daher schweigsamen, unauffälligen, emp-findsamen und doch leidenschaftlich erregbaren Menschen nahmden Umweg über das geschriebene Wort, kühl, klar im Bau derSätze, Kompensation für ungelebtes Leben «im Grenzland zwi-schen Einsamkeit und Gemeinschaft».

Mit der Aufeinanderfolge haben wir das Prinzip, aus dem wirselbst so außerordentlichen Häufungen wie bei Baudelaire bei-kommen können. Wenn hier sieben Kräftesymbole in einemRaum von 22° zusammengedrängt stehen, so ist dies nichtschlechthin eine kompakte Masse von Elementen, deren Äuße-rungen sich zum Teil infolge ihrer Gegensätzlichkeit Sonne undSaturn, Mars und Venus - aufheben, sondern eine Abfolge, beiwelcher gerade die Gegensätze durch ihre Differentialspannungwertvoll sind. Sprachen wir von Kettenreaktion, so heißt diesnatürlich keineswegs, daß jede Einzelregung diese Kette durch-laufen müsse. Der Ausdruck meint vielmehr eine konstruktiveZusammenschaltung, auf die sich die individuelle Eigenart grün-det und die in Augenblicken sowie in Lagen, bei denen sämtlicheindividuellen Kräfte mobilisiert werden, auch den Ablauf regelt.Besonders ausschlaggebend sind dabei Einleitungs- und End-symbol. Im vorliegenden Fall ist Merkur das Einleitungssymbolund bildet den einzigen synthetischen Aspekt des Gefüges, dasTrigon zum Mond, während die Sonne, das Endsymbol, zum

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Mond eine Quadratur hat. Diese aspektmäßige Unterstreichungfaßt die Kette auf ungewöhnliche Weise zusammen. An ihremBeginn entspringt der Dichter, im Bekenntnis des Erlebens, imlösenden Wort liegt die einzige naturgegebene Kontaktmöglich-keit zur Welt, sein am Ende «entblößtes Herz» findet sich unver-söhnlich gespannt gegenüber dem, was von ihm beurteilt Ober-fläche und Schaum ist. (Mond zunehmend, verkehrt gez.).

Dominant über den Aszendenten JUNGFRAU gilt Merkur inFISCHE. Er, mit Hilfe lunarer Gefühle analog KREBS, webt dasGewand der Dichtungen, «an allen Ecken den Zufall des Reimeswitternd»: bilderreicher Lyrismus, impressible Lockerheit undgeschmeidige Form bei selbstbezogener Einstellung. Von Merkurschreitet die Kette voran über Pluto zu Mars, wo die Introversion(von dessen Spannungsverhältnis zu Uranus-Neptun ausgehend)gleichsam mit Hammerschlägen an das Tor der Lebenshinter-gründe pocht, das Reich des Todes und der metaphysischenSymbole, der schattenhaften Zwischengefühle und Abenteuer desGrauens, welche dem 8. Feld gemäß den Willen zu beugen su-chen. Was hier an apodiktischen Behauptungen sich ausspricht,wird in der stürmischen Rhythmik des WIDDER-Stils vorgetragen,präzise und undiskutabel, Zweifeln nur im Durchstehen innererKämpfe ausgesetzt. Die überwirklichen Schönheiten der «fleursdu mal» färben sich ein aus den Quadraturen von Neptun undUranus, abnormen Spannungen, sie binden die Konjunktion vonMars und Venus enger zusammen, die mit Jupiter gesteigerte«Ekstase der Wollust», die uns «den Geschmack der Paradieselehrt».

Jenseits der Cäsur der Erschöpfung, des Überdrusses (vgl. S.410, die imaginäre Achse) und der «Gewissensbisse mit den ver-gifteten Zügen», die «sich von uns nähren wie die Made von denToten», folgt in der Konjunktion von Saturn und Sonne derKerngehalt, manchmal bewußt verschleiert. Aus den Gegensät-zen von Fleisch und Geist, Hölle und Himmel, Satan und Gott,«die das menschliche Herz als hauptsächlichen Kampfplatz ge-wählt haben», gestaltet sich ein die Dualismen überformendesWeltbild, in welchem Baudelaire seinen eigenen Widerstreit vonMelancholie und Aufruhr zu erlösen sucht. Dem WIDDER-Impuls

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kommt es nur auf den bahnbrechenden Weg an. «In die Tiefe desAbgrunds tauchen, Hölle oder Himmel, was machts? In die Tiefedes Menschen, um Neues zu finden!»

Lehrreich ist es, Häufungen im selben Zeichen bei verschie-denen Persönlichkeiten gegeneinander zu halten. Der Vergleichlehrt uns besser die Auf einanderfolge verstehen, besonderswichtig, wenn die Sonne, Symbol des Wesenskerns, sich in derReihe befindet. Eine WIDDER-Folge im 8. Feld sahen wir bereitsbei Weininger. Während jedoch bei Baudelaire der über WIDDER

dominante Mars gewaltsam die Pforte des Hintergründigen auf-sprengt, um am Ende ein Ja zum Dasein zu erzwingen, eröffnetsich die Kette bei Weininger mit Jupiter, einer hineingetragenenOptimalforderung; am Ende steht das erhärtete Nein, Saturn. DasTatsymbol Mars in ZWILLINGE wird sozusagen von zwei Seitenumworben. Ein schwaches Sextil des Saturn wirbt um Annehmender Erfahrungswelt, das stärkere Quadrat des Jupiter hält die for-dernde Idee dagegen. Nahe bei Jupiter steht der über Mars domi-nante Merkur. Vielleicht war der Selbstmord eine nervöse Re-flexhandlung, mitbedingt durch die erotische Situation Weinin-gers. Der genaue Aspekt fällt in den Schnittpunkt von Merkurund Venus.

Eine auf 8° zusammengedrängte WIDDER-Folge zeigt das Ge-burtsbild von Emile Zola, im 4. Feld stehen hintereinander � (4)� (1) (2) � (1) �. Wer von der öffentlichen Gestalt des lei-denschaftlichen Anklägers ausgeht und unpsychologisch urteilt,wird über dem Horizont mehr als nur Jupiter erwarten, auchwenn er dessen Zeichen SCHÜTZE am Aszendenten und darinSaturn sieht, trigonal zur ganzen Kette. Dem Temperament nachwar ein Choleriker par excellence eingesperrt in sein Selbst, docham Aszendenten stand das am meisten zur Projektion geneigteZeichen. Die Kette beginnt im Grundaffekt der Selbstüberzeu-gung, Sonne in WIDDER, emotional abgefangen vom Mondhaftenund verstärkt in Pluto, aufgeputscht zum kämpferischen Motiv,dem auch über jene Jupiterstellung in SKORPION dominantenMarshaften, und endet mit Merkur, dominant über das ZeichenJUNGFRAU am oberen Meridian. Dorthin werden die Pfeile ver-sandt. Das sachlich zurückhaltende Saturntrigon liegt gradgenau

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auf Merkur. Ein für die Ungeduld der beiden Feuerzeichen rela-tiv spätes Durchdringen stellte den Mann, der seinen Schreibtischnur verließ, um Informationen zu sammeln, auf die öffentlichePlattform. Vielmehr nicht er als Person, sondern sein Wort er-langte Breitenwirkung. Dies Wort konnte standpunkthaft irren,wie die peinlichen Mißverständnisse im Schlüsselroman überseinen Jugendfreund Cézanne enthüllen. Doch ungeheure schrift-stellerische Fruchtbarkeit begründet sich in den Trigonen, dievom 3. Feld her Venus und Uranus auf Jupiter im sozialkriti-schen Zeichen und Feld werfen: eine revolutonäre Anklage ge-gen die bestehende Gesellschaft, ästhetisch eingeformt imnaturalistischen Zeitstil. Argumentation und Bilder entstammendem 4. Feld: das Familienerbe, das Milieu, die Erde im Sinneblutsmäßiger Ursprünglichkeit, ja, in «Germinal» steigt Zolasverkappte Symbolik sogar unter die Erdoberfläche, und das My-sterium zweier Menschen vollzieht sich eingeschlossen imBergwerk.

Ein Temperament, bei dem sich die Dynamik der Aufein-anderfolge langsamer, stetiger abwickelt, ist unter erdhaften Zei-chen zu suchen. Eine vom Trigon zusammengefaßte Kette, beiZola saturngerecht durch Erfahrung gezügelte Aggression, be-kommt hieraus und durch unterschiedliche Zusammensetzung einverändertes Gesicht. Dies treffen wir bei Teilhard de Chardinan67. Im fixen, sowohl auf reale Tatsachen als auch auf dogmati-sche Überzeugungen gestützten STIER-Zelchen folgen innerhalbvon 11° einander � ( 1½) � (6) � (3) � (½) �. Sie stehen im12. Feld sämtlich in Trigon zu Uranus in JUNGFRAU im 4. Feld.Am Anfang sehen wir den Paläontologen seine Erfahrungensammeln; ausgereift, vereinheitlicht und zur universellen An-schauung gebracht gemäß Jupiter, Sonne, Neptun, strebt die Ab-folge im Endgliede Venus auf ein harmonisch geborgenesWeltbild hin, uranisch umwälzende Blickpunkte eingebaut in diebleibenden Grundüberzeugungen. Der Naturforscher und derPriester einigen sich, die in der Stille geleistete Lebensarbeit wirderst nach dem Tode bekannt.

67 Geb. 1. Mai 1881, 7 h a. m., Sarconat, Dép. Puy de Dôme.

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Massiv zu sichtbarer Erscheinung ausgeformt, dem 10. Feldentsprechend, ist die STIER-Häufung beim Architekten Hans Po-elzig68. Die Kette � (7) � (3) � (1) � (5) beginnt im Produk-tivsymbol, mit Großplanung ästhetischer Formen, das zentraleAnliegen setzt sich zwecklich-nützlich durchdacht in neue städ-tebauliche Maßstäbe um. Dies Geburtsbild leidet an einem Span-nungsmangel, hauptsächlich Saturn im Anderthalbquadrat Jupiterbeschneidet das Überdimensionierte, den expansiven Zug; zumübrigen Gefüge pendelt die Beziehung zwischen Trigon zuMond-STEINBOCK und Sextil zu Uranus-KREBS, doch ohne straf-fe Gespanntheit einer Opposition dieser beiden.

Eine solche Kette kann auch in das nachfolgende Zeichenübertreten; Beispiel: der Maler Georges Bracque69 mit � (0) �(6) � (6) (6) � (0) � (8) �, davon die ersten vier in STIER, dieanderen drei in ZWILLINGE und � bereits im 3. Feld. Hier liegtder Anfangs- und Schwerpunkt in Verschmelzung von Visionund gediegener Bekanntschaft mit dem Material, am Ende stehtdie leichte Hand, das geistreiche Spiel mit der Form; im Ablaufüber die Felder symbolisiert sich der Werdegang vom Handwer-ker zum freien Künstler.

Eine Fülle von Beispielen, den ganzen Tierkreis hindurch (gestreift wurdeschon die Häufung in SKORPION bei Hans Driesch, S. 100), könnte auf dieseWeise herangezogen werden. Bei genauerer Analyse ist auf die innere Glie-derung aus der Anzahl zusammengefaßter Komponenten zu achten. DieViererkonjunktion zerfällt naturgemäß in zwei Paare, so diejenige beiWeininger in Jupiter-Merkur und Sonne-Saturn. Bei den gebrachten Fünfer-konjunktionen in STIER (Teilhard und Poelzig) nimmt die Sonne, das zen-trale Symbol des Wesensganzen, auch die Mitte der Kette ein. Der Vierer-konjunktion in STIER sieht man bei Bracque eine Dreierkonjunktion inZWILLINGE nachfolgen, wobei die exakten Konjunktionspaare Neptun-Saturn und Merkur-Jupiter als malerische und zeichnerische Tendenz sichabheben, während bei Baudelaire der Fünferkonjunktion in WIDDER, mitJupiter in der Mitte, eine denkmäßige Zweierkonjunktion in FISCHE voran-geht. Anders, als wenn die Sonne in der Mitte steht, ist ihre Stellung beiZola am Anfang, bei Baudelaire am Ende einer Fünferkonjunktion. All diesund anderes hat seine Bedeutung, obzwar man im Beginn der Untersuchun-

68 Geb. 30. April 1869, 11 h a. m. Berlin.69 Geb. 13. Mai 1882, 2 h 30 m a. m., Argenteuil, Dép. Seine-et-Oise.

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gen mehr auf das Grundproblem der gar nicht so seltenen Häufungen über-haupt achten wird, die Gleichgerichtetheit eines Bündels von Kräften. Dasdurch Zeichen und Feld bestimmte Einseitige wird gegebenenfalls zur Stär-ke, gibt der Persönlichkeit ein betontes Profil. Bei einem gehobenen Niveauallerdings wird diese einseitige Richtung häufig verdeckt durch umfassendeBreite der Blickweise, Vielzahl einbezogener Gegenstände und Praktiken.Die problemschaffende Eigenart der Kräfte macht sich infolge ihres Gebun-denseins aneinander erst in Form der Differentialspannung geltend. Umsowichtiger daher angereihte Aspekte, mit denen entfaltete Spannung, dieVerschiedenheit abweichender Ausdrucksprinzipien und Interessen, zumDurchbruch kommt. Die hieraus gemeinhin extensivere Lebensdramatikbildet das Gegenspiel zur oft intensiveren Dramatik der Auseinandersetzungin den einer Beruhigung zustrebenden Konjunktionen.

Mitunter begegnen dem Studierenden sogenannte «Horo-skopzwillinge», das heißt konstellative Übereinstimmung bei un-gleicher Herkunft. Im letzteren, dem Familienerbe und meistensder Umwelt, sind außerhoroskopische Faktoren berührt, dieselbst bei absoluter Gleichheit des Kosmogramms verschiedeneEntsprechungen ergeben. Bei einer Abweichung um Minuten(und natürlich des geograpischen Orts) treten schon Veränderun-gen im Horizont-Meridian-System auf, also des erscheinungs-und interessenmäßigen Eingelagertseins, bei einer Abweichungum Stunden und Tage ändert sich vor allem der Mondstand. Diesonstigen struktiven Veränderungen können sich bei großen Häu-fungen im Unterschied der Aufeinanderfolge bemerkbar machen,wonaäi oft übereinstimmende komplexe Anlagen sozusagen an-ders herum aufgezäumt werden. Als instruktiven Fall betrachtenwir die betreffenden Auszüge aus den Geburtsbildern von LouisPasteur und Alexander Petöfi 70, dieser ist fünf Tage später gebo-ren als jener.

Bei Pasteur findet sich die Kette � (4) � (8) � (1/2) � (2) �,bei Petöfi � (2½) � (1) � (1) � (2). �, bei beiden in STEINBOCK

und im 3. Feld. Dieselben Planeten also, Zeichen und Feld über-einstimmend, doch in anderer Anordnung; solche Veränderungender Folge zeigen, welche der gemeinsamen latenten Anlagen in

70 Geb. 27. Dezember 1822, 2 h a. m. Dôle (Jura), sowie 1. Januar 1823, kurz nach Mit-

ternacht, Kiskörös (Südungarn).

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den Vordergrund rücken. Skizzieren wir Pasteur: künstlerischeAnlagen, dichterische Phantasie wurden dem Vorspann des nüch-ternen Tatsachenverstandes unterworfen, er widmete sich denNaturwissenschaften, arbeitete mit zäher Geduld dem Durch-bruch seines entdeckerischen Ingeniums vor. Hier geht die Kettevom eröffnenden Merkur zu Uranus, dem 3. Feld entspricht es,daß er, der Lehrende, zeitlebens ein Lernender blieb. Die Be-deutung der herausgearbeiteten Grundlagen einer Sterilisationund Antiseptik wurde Pasteur besonders nahegelegt durch die inStraßburg erlebten schrecklichen Wundinfektionen während desKrieges von 1870/71. Dieser «saturnische Schutz organischenLebens» demonstriert die trigonale Zusammenfassung der gan-zen Kette durch Saturn in STIER. Personal körperte Saturn im 7.Feld sich in der Partnerin ein, Tochter seines Dekans, einer vor-bildlichen Gelehrtenfrau. Demgegenüber Petöfi: Herkunft ausärmlichen Verhältnissen in einem gegen Frankreich damals zu-rückgebliebenen Lande, das umherschweifende Leben einesSchauspielers, Dichters, Soldaten. Die Saturnstellung im 7. Feldverwirklichte sich in der Ehe mit einer Frau sozial höheren Ran-ges, einer Adligen, Gesinnungsgenossin einiger kurzer glückli-cher Jahre. Bei Petöfi stand in Neptun das Visionäre, verbundenmit dem nachfolgenden Uranus die euphorische Stimmung einesanbrechenden Zeitalters, am Anfang, Endglied der Kette war inVenus der künstlerisch geformte Ausdruck des 3. Feldes. Auchhier ist Venus dominant über die Schicksalskomponente. Dochaus der kollektiven Lage forderte der «saturnische Schutz orga-nischen Lebens» härteren, unbedingten Einsatz, Teilnahme amKampf der Ungarn für ihre Unabhängigkeit. Nun bekommt Ge-wicht, daß die bei Pasteur mit 9° kaum zu rechnende Quadraturdes Mars zu Saturn sich in fünf Tagen auf 4½° verengt hatte, daßferner der bei Pasteur völlig harmonisch gestellte Jupiter im 8.Feld sich bei Petöfi in Quadratur zum Mond befand. Petöfi fiel inder letzten Schlacht des unglücklichen Krieges von 1849, derTote blieb unauffindbar, und seine Gestalt ging ein in den My-thos der Nation.

Abgesehen von so verschiedener Umwelt und der aktuellenEinkleidung des genaueren Mars-Saturn-Quadrats verändert der

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Mond, der in fünf Tagen die größte Strecke zurückgelegt hat, dasGesamtbild. In beiden Fällen befindet er sich in Merkurzeichen,aber der Fortgang im Kreis bedeutet hier einen Dimensionsge-winn. Bei Pasteur steht der Mond in ZWILLINGE im 8. Feld,aspektarm, mit nur einem Halbquadrat zu Saturn; das schwierigeVerhältnis zur Mutter kann man darin bezeichnet sehen. BeiPetöfi ist er in JUNGFRAU und ins 11. Feld gerückt, er bildet einvolles Trigon mit Saturn und Neptun und ergreift damit den An-satz der Kette. Nicht die Person der Mutter, sondern die Mutter-sprache wurde Petöfis seelischer Nährboden, in der Weite desdurchschweiften Landes bei Hirten und Bauern am Herdfeuerabgelauscht, umgeformt zur Resonanz in der größeren Wahlhei-mat, dem Ohr der Epoche71.

Unsere Auszweigung in die Mannigfaltigkeit der Einzelfällefaßt sich zusammen nach dem Grundsatz: das Geburtsbild stelltein Gesamtpotential der Wesenskräfte dar, ihre gegenseitige Be-ziehung ist abschattiert gemäß den Figuren der Aspekte. Hierbeienthalten die Häufungen als Bereitschaft, was die bis zur Oppo-sition ausgreifenden Aspekte als entfaltete Spannung zur Äuße-rung bringen. Das Aspektgerüst als solches gilt unabhängig vonder Fixierung im Frühlingspunkt oder im Aszendenten, welchedie Zeichen und Felder festlegen. Entnehmen wir diesen die Ab-wandlung der Kräfte nach Ausdruck und Richtung in Form voneinzelnen Anlagen, so verstehen wir die ganzheitliche Beziehungsolcher Bestandstücke aus dem Aspektgerüst.

Darüber hinaus geht, wenn wir von «Impulsion» oder «Repul-sion» im dynamischen Kreis sprechen, eine Betrachtungsart, dielosgelöst von Frühlingspunkt und Aszendent die Beziehung imFortgang des Ganzen ins Auge faßt. Dies hatten wir bei mehrfa-chen Konjunktionen untersucht. Weiterhin kann jedes Kraftsym-bol dabei als Ausgang eines Fortlaufs bis zur Opposition dienen;wir haben zu berücksichtigen, ob ein anderes Symbol in derKreisrichtung vor oder hinter ihm steht. In der alten Astrologietauchte dieser Gedanke bereits an Hand der zum jährlichen Um-

71 Es mag mitgespielt haben, daß Petöfi teilweise serbisch-slowakischer Herkunft war(der Name ist eine Magyarisierung von Petrovicz). Die dichterischen Schönheiten einerSprache entdeckt man oft besser aus einem Abstand heraus.

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lauf gegenläufigen Tagesbewegung auf. Man unterschied, ob einGestirn vor oder nach einem anderen im Osten aufging, dachtesich das nachfolgende Gestirn gleichsam «hinterher gezogen».Insbesondere betraf dies die Rolle der Venus als Morgen- undAbendstern. Um eine Verwechslung auszuschalten, beachte mandie Gegenläufigkeit der täglichen Drehung zur hier genommenendirekten Richtung: was auf niederer Gradzahl steht, geht früherauf, von ihm aus denken wir einen Andrang (Impulsion) auf dasin späterer Gradzahl vor ihm Stehende ausgeübt, sinngemäß übtdas über 180° hinaus Stehende einen Gegendrang (Repulsion)auf diesen Ausgangspunkt aus. Allerdings führt dies zu Untersu-chungen, die man anfänglich besser zurückstellen wird, bis ge-nügende Sicherheit in den Hauptübungen der Kombination undder Betrachtung der stationären Planetenfiguren erworben wurde.

Hinsichtlich der letztgenannten Beispiele ist es bei Pasteur vonBedeutung, daß ab Merkur gesehen die ganze Konstellation in-nerhalb von 180° lagert, der Vorantritt des Verstandessymbolsüberformt die unmittelbar anschließende Kette. Am weitestenvon ihm entfernt steht der Mond, dessen Stellung im Merkurzei-chen erhält durch die Impulsion des Merkur eine Verstärkunghinsichtlich der Vorherrschaft des Rationalen über das Seelische.Bei Petöfi hingegen hatte der Mond die 180° von Neptun, demAnfangspunkt der Kette, bereits überschritten, er steht zu diesemin Repulsion; das analog dem anderen Merkurzeichen rationaleingefärbte Gemüthafte übt einen regelnden Gegendrang auf dasVisionäre und Stimmungshafte aus. Setzen wir einen Impulsi-onsbogen beim Mond an, so reicht sein Einfluß über die ganzeKette hinweg bis zu Mars.

Blättern wir die früher gebrachten Beispiele durch, so treffenwir einen ähnlichen Fall wie bei Pasteur bei Baudelaire an, nurdaß der Mond hier im eigenen Zeichen steht und Merkur imNeptunzeichen. Setzen wir einen Impulsionsbogen beim Neptunan, so haben wir wieder denselben Fall wie bei Petöfi, alle We-senskräfte außer dem Mondhaften stehen unter neptunischemAndrang, der regelnde Gegendrang ist aber kein rational einge-färbter, sondern ein seelisch selbstbezogener. Solche Feinunter-suchungen sind von Aussagewert, wo wir klar gesonderte

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Gruppen haben, bei einer amorphen Struktur führen sie insUferlose, bei einer Kette nehmen wir sinngemäß nur den An-fangspunkt als Ausgang eines Bogens. Im Falle Baudelairesüberschneiden sich so gesehen hauptsächlich zwei Systeme. DieKräfte des normalen Aufbaus einschließlich der überwertigenEnergie (Pluto) sind am Zügel des rationalen Verstandes gehal-ten, im Impulsionsbogen des Merkur. Diesem Zweckhaften unddenkmäßig Geordneten entzieht sich der visionäre Stim-mungston, das Intuitive (Neptun-Uranus), steuerbar nur aus derGemütskraft (Mond). Die konkreten Auslöser seiner Ekstasen,seiner außernormalen Erlebnisse, lagen für Normalbürger imReiz des Verdorbenen und Zweideutigen, zu unterscheiden sindhiervon die herausgezogenen und dichterisch verarbeiteten In-halte. Personen oder Gegenstände, die etwas auslösen, könnenvom Betreffenden momentan überwertet werden, für das inhalt-lich Gestaltgebende sind sie nur Einkleidung.

Neptun als Ansatzpunkt eines die ganze Figur einbe-schließenden Impulsionsbogens kann freilich auch die Bedeutungtrügerischer Illusionen haben. Sehen wir uns darauf hin das Ge-burtsbild von Mussolini an, so beleuchtet dies Neptun am De-szendenten hinsichtlich der auf Gemeinschaft gerichteten Erwar-tungsstimmung. Neptun kann ferner das Unfaßliche schlechthin,das schwer zu Definierende und einem festen Zugriff sich Ent-ziehende bedeuten, ein Stimmungsfaktor in Kafkas Werken, wieihn die Neptunstellung mit Mars zusammen im 10. Feld nahelegt.Immer ist dabei auch das Endglied von Bedeutung; bei Mussoliniund Kafka ist es Uranus, erstrebter Umschwung und geahnteKatastrophe. Die Anfangspunkte solcher Konstellationen, diekeinen halben Kreis bedecken, geben sozusagen eine Unterströ-mung des Ganzen. Bei van Gogh finden wir dort den Mond,gradgenau in Konjunktion mit Jupiter, am anderen Ende stehtSaturn, wobei der Unterschied von SCHÜTZE und STIER in Rech-nung kommt: hoffnungsbeschwingte und sinnstrebige Gefühlestoßen auf das Realitätssymbol im fixen und erdhaften Zeichen,Eingezwängtsein in Empirie wirkt als Bremsbock des andringen-den Ausdruckswillens. Mond dominant über den Aszendenten

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zeigt die intensive persönliche Beteiligung an diesem Stim-mungsverlauf.

Die zahllosen Abwandlungen, die sich aus dieser Betrachtungsweise er-geben, können hier natürlich nicht vorgeführt, für eingehende Untersuchun-gen sollte nur das Prinzip erläutert werden. Dieser verfeinernde Ausbau derDeutung struktureller Grundzüge wird besonders aufschlußreich in patholo-gischen Fällen.

Greifen wir nun die Rolle des «harmonisierenden Punktes» ei-ner Opposition wieder auf (vgl. S. 390), so ist es für die dynami-sche Betrachtung nicht gleichgültig, ob dieser Punkt rechts oderlinks von einem Achsenpol steht. Rechts befindet er sich im Bo-gen der Impulsion, links im Bogen der Repulsion dieses Pols.Die Art des Aspekts, ob Trigon oder Sextil, ändert nichts an die-ser Wechselwirkung oppositionell zueinander gestellter Kräfte,betrifft nur die Verbindungsweise. Gesehen vom Planeten, dersich im harmonisierenden Punkt befindet, liegt das Verhältnisnatürlich umgekehrt. Dies heißt also praktisch, daß der Planetrechts bzw. die damit bezeichnete Wesenskraft, unter dem An-drang derjenigen Wesenskraft steht, die im betreffenden Achsen-pol symbolisiert ist und ihrerseits wieder in ebensolcher Weiseauf dessen Gegenpol einwirkt. Die mechanischen Ausdrücke«Impulsion und Repulsion» beziehen sich nur auf den Be-wegungsverlauf in der Wechselwirkung; in bezug auf die We-senskräfte handelt es sich um komplexe Einwirkungen gemäßihrem Charakter, entweder von mehr aufschließender, durchdrin-gender, unterstützender Art im ersten Bogen oder mehr aufhal-tend dagegengeworfener, eine Übergriffe abwehrende,ergänzende und korrigierende Rückantwort im zweiten Bogen.

Machen wir uns diese Beziehungen im dynamischen Kreisdeutlich an eine Opposition von Jupiter und Saturn (Aspekt 31),mit Merkur im harmonisierenden Punkt, jeweils in derselben An-ordnung der Hauptachse aufgezeichnet wie in unseren erstenBeispielen.

Wir untersuchen nicht die ganze Problematik einer Ge-genüberstellung der expansiven, zu einem Optimum strebenden

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Kraft, und anderseits der kontraktiven, einschränkende Erfahrun-gen verarbeitenden Kraft, von � und �. Diese Oppositionen fin-den wir bei Hölderlin, Novalis, Shelley, Mombert, Dickens,Grillparzer, Feininger, Corelli, Haydn, Champollion, CesareBorgia, Gustav Adolf, Washington in verschiedenen Zeichen undFeldern, angereihten Aspekten sowie dementsprechenden Cha-rakteren und Schicksalen. In Betracht gestellt sei nur die bei denGenannten - außer Washington - nicht statthabende harmonischeUmflügelung dieser Achse durch das Intelligenzsymbol, �, inzweierlei Bedeutung für die Denkstruktur bei Montaigne undVaihinger. Natürlich ist der allgemeine Unterschied der Geistes-haltung verschiedener Völker und Jahrhunderte in Rechnung zuziehen, wenn wir auf das Vergleichbare, die philosophischeStellungnahme achten.

Merkur im harmonisierenden Punkt zur Opposition von Saturnund Jupiter muß etwas über die geistige Struktur aussagen, da dasVerstandessymbol mit dem Erfahrungssymbol in Beziehung ge-bracht ist und als drittes Symbol dasjenige des Optimums, derSinngebung, Produktivität, im geistigen Zusammenhang der re-gulierenden Vernunft, hinzukommt. Freilich darf man nicht dieganze geistige Struktur aus dieser Beziehung erklären wollen. Sowird die Denkweise und -Leistung Hans Vaihingers, Philosophdes «Als-Ob», erst dann astrologisch richtig verstanden, wennman zumindest die zweite Opposition, diejenige von � und �,hinzu nimmt. � und � befanden sich in STIER, � und � inSKORPION, doch so weit auseinander, daß die im selben Zeichengelagerten Achsenpole nicht in Konjunktion zu rechnen sind, diebeiden Oppositionen also keinesfalls zusammengeworfen werdendürfen. Der Vaihingersche Ansatz, daß Wissenschaft, Religion,Rechtsprechung und tägliche Lebensweisheit durchsetzt sind vonbewußt falschen Vorstellungen, Fiktionen bzw. «Als-Ob-Betrachtungen», sowie seine Fehde um diesen Gedanken hattenihre Wurzel zweifellos in der Opposition von � und �. Im har-monisierenden Punkt dieser zweiten Opposition finden wir �und � in FISCHE, darin liegt die Ausmündung in eine philosophi-sche Relativitätslehre vorgezeichnet.

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Unsere Figuren 33 und 34 wollen mithin einen Auszug darstel-len, nur die darin angeführten Faktoren stehen zur Betrachtung.Sie betreffen in der Hauptsache die Frage, ob eine vorausgesetzteVernünftigkeit und Wohlbeschaffenheit der Welt (�) oder obErfahrung, Tradition, Geschichte (�) primär den Verstand (�)bestimmen. Eine gewisse Realistik, eine Bezogenheit des Ver-standes auf das empirisch Erfahrbare, ist mit � 5 � auf jedenFall anzunehmen. Die Frage lautet jedoch, ob hierin oder im op-timal Denkmöglichen, in der glaubensmäßigen Überzeugtheitvon einer Sinngebung, der Ausgangspunkt der gedanklichenVorgänge liegt.

Ein solches Problem stellt sich auf jeder Entwicklungshöhe,und wenn wir zwei Philosophen als Beispiel nehmen, so legtzwar ihre erb- und erziehungsbedingte Argumentation (Aussage-grenze!) die Sachlage schärfer bloß, das Problem als solches aberist deswegen kein fachphilosophisches. Im Durchschnittsfalle giltdasselbe, nur weniger bewußt.

Bei Vaihinger befand sich der Verstand, analog der �Stellungin JUNGFRAU, auf kritische Reserve gestimmt, entsprechend derImpulsion von � her sozusagen unter historischem Druck. In be-

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grifflicher Kleinarbeit holte er aus vergangenen Denksystemenund den Ergebnissen zeitgenössischer Einzelwissenschaften dieBelege (Repulsion von � zu � = Rückversicherung) seines intui-tiven Grundgedankens, daß die Begriffe an sich allein noch kei-nen Wert für die Erkenntnis darstellen, sondern einen praktischenGebrauchswert haben. Die so erlangte Argumentationsweise warfer in den mit � in SKORPION gekennzeichneten Schmelztiegeleiner Umwertung, die nach schopenhauerischem Pessimismuseiner neuen Bejahung des Lebens zustrebte. Wir können dem-nach nicht wissen, ob das Leben einen Wert hat, ob die Welt imFortschritt begriffen ist, ob es einen Gott gibt, aber wir handeln,als ob es so sei und bedienen uns dafür der fiktiven Begriffe.Unter der Impulsion von � bekam das Vorgehen von � einenabstrakten und formenden, erkenntnistheoretischen Einschlag,die Impulsion von � strebte in � auf ein «Trotzdem», einen Le-bensglauben hin, der, für sich keiner Begründung bedürftig, mitder Opposition zu � in STIER die Sätze früherer absolutistischerRichtungen aufhob.

Bei Michel de Montaigne haben wir den Gegenfall, daß derVerstand, analog � in WASSERMANN freigeistig-schweifend ge-stimmt, unter der Impulsion von � zu sehen ist, der am Endeseines Zeichens SCHÜTZE das Denkbare den projektiven Forde-rungen der Vernunft und des Sinnglaubens unterwirf. Obenan giltdie Forderung der Aufrichtigkeit. Diesen Forderungen steht dieErfahrung eines turbulenten, in Wandlungen begriffenen Zeital-ters, stehen Tradition und Geschichte gegenüber. Sie werden inFrage gezogen vom opponierenden � in Anfang KREBS, nahe bei�, und da diese sich in Aszendentennähe befinden, sind es auchUnwegsamkeiten und Härten der eigenen Person, die der idealenForderung entgegenstehen und eine Gewissensforschung zu trei-ben gebieten. Die Impulsion von � auf � besagt, daß die forde-rungshaft entwickelten Gedanken an hinzukommenden Erfahrun-gen korrigiert, in der Tendenz aber durch sie nicht aufgehobenwerden, so daß Behauptungen verschiedener Lebensphasen ein-ander teilweise widersprechen, womit lediglich eine wachsendeErfahrungsreife zum Ausdruck kommt. Montaigne stellt «Versu-che meines Lebens» gegen die Systeme und Vorschriften der

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Philosophen, unaufhörlich darum besorgt, richtig, das heißt dereigenen Darstellung gemäß, gesehen zu werden.

Man kann in dieser Gegenüberstellung zweierlei Umwege vonSinn und Erfahrung des Lebens über das Denken erblicken, was� als harmonisierendem Punkt entspricht. Wir begreifen daranden Unterschied, ob, analog der Verteilung im dynamischenKreise, erfahrungsmäßige Sicherung oder geforderter Wert imDenken vorausgeht. Unter den sonst Genannten mit dieser Oppo-sition haben wir nur bei Washington � im harmonisierendenPunkt. � im 10. Feld, entsprechend der Impulsion von � durcheine ideale Forderung bestimmt, kann für die politische Intelli-genz gelten, während � in SKORPION am Deszendenten die mi-litärische Auseinandersetzung ausdrückt. Bei Gustaf Adolf vonSchweden deutet � im kritischen Punkt, unter Impulsion von �,auf das Schicksal eines gewaltsamen Endes seiner Unternehmunghin, die einem idealen Optimum zustrebte. Bei Cesare Borgiastand � in Konjunktion mit �, so daß ihrer beider Impulsionüber die � einen Machtzuwachs durch Gewalt suchte, sowie dieImpulsion von � über � die Annäherung an erfolgreiche Eini-gung Italiens andeutet, ohne die in dieser Verspannung enthalte-ne Tendenz des gewaltsamen Endes aufzuheben. Der einzigesonstige Fall einer Impulsion von �, mit � im kritischen, imharmonisierenden Punkt, ist Alfred Mombert; die Doppelgestaltdes ausübenden Juristen und Dichters, das tragische Ende im Ge-folge politischer Ereignisse begründen sich in dieser Teilfigur. Inden meisten der genannten Fälle geht es um künstlerische Ge-staltung der �-�-Spannung. Demgemäß finden wir � im har-monisierenden Punkt bei Novalis und Feininger, � mit � ebensobei Hölderlin, � mit � und � bei Grillparzer, sämtlich unter Im-pulsion von �, der neben dem Ansatz idealer Forderungen fernerseine kompensatorische Bedeutung auf � erstreckt, bei Grillpar-zer auch auf � als dramatisierendes Element. Bei Haydn stehtdieser dramatisierende � zusammen mit �, dem Neuformer, imharmonisierenden Punkt zur Achse. Gleichfalls unter Impulsionvon �, doch im kritischen Punkt, finden wir �, �, � im überausspannungsreichen Geburtsbild Champollions, das man aus seinenbiographischen Daten begreift.

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Daraus erhellt, daß der «dynamische Kreis» keine bloße Theo-rie ist, sondern deutungspraktischen Wert hat, allerdings erst fürden feineren Ausbau, nachdem die Hauptübungen der Kombina-tion beherrscht sind und richtig angewandt wurden.

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DIE DOMINANTENVERKETTUNG

Einen hohen Rang nimmt in der Deutung das Wechsel-verhältnis von Kraft und Ausdrucksprinzip ein, im II. Bd. als Sy-stem der Zuordnung dargestellt (S. 129-144) und in den Extre-men von «Übereinstimmung» und «Widerspruch» schon mehr-mals berührt. Im Fall eines nicht durch Planeten besetzten, alsoleerstehenden Feldes ermöglicht dies Wechselverhältnis dennocheine Aussage darüber. Unbesetzte Felder besagen nicht, daß dieentsprechenden Interessen völlig fehlen. Sie sind nur minder be-tont und verwirklichen sich auf einem Umweg bzw. unter Vor-spann eines anderen Motivs. Um dies zu finden, greift man dasZeichen an der Spitze des Feldes auf und untersucht den planeta-rischen Dispositor dieses Zeichens. Steht z. B. der Dispositorüber das unbesetzte 7. Feld im 5., so kommt eine Ehe kaum ohneLiebe zustande, was durchaus möglich wäre, wenn der Dispositorim 2. Feld stünde, wo Geld oder wenigstens Erwerbstüchtigkeiteinen Maßstab darstellt. Die Zeichen oder Prinzipien des Tier-kreises Leben von den zu ihnen gehörigen Planeten bzw. Kräften,wenn es auch meist sozusagen aus zweiter Hand geschieht. Auserster Hand lebt ein Prinzip, sofern ein Planet im eigenen Zei-chen, in Übereinstimmung steht. Die übrigen Stellungen bedeu-ten nicht, wie oft geglaubt, Abschwächungen, sondern Abwand-lungen; die Eigenart der betreffenden Kraft kommt dann nicht soungebrochen, sondern um eine Schattierung anders gefärbt zumAusdruck. Klar ist wieder das Verhältnis des Widerspruchs, der«gegensatzhaltige Stil».

Stets bleibt eine solche Beurteilung im Qualitativen. Quan-titäten außer solchen der Gradzahlen, Genauigkeit von Aspektenusw. können wir nur standpunkthaft einführen. So findet manetwa bei Mars in KREBS meistens geringeren physischen Mut alsbei Mars in WIDDER. Umso stärker kann aber der moralische Mutsein, weil er eher dem kardinalen Prinzip der seelischen Ebeneentspricht. Von da her ist die bei physischen Auseinandersetzun-

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gen leicht zurückweichende Haltung von KREBS überwindbar,und sie wird dann fähig zu zähem Eintreten für eine Überzeu-gung, umgeht jedoch elastisch unnötige Härten. Falsch wäre dieAussage, bei WIDDER sei der Mut eo ipso stärker als bei KREBS.Der vorhandene Mut äußert sich nur anders als in unbedachterund fühlloser Aggression. Diese Note, modifiziert durch Aspek-te, färbt nun ab auf Angelegenheiten der zweiten Hand. Steht et-wa das Zeichen SKORPION am MC bei unbesetztem 10. Feld, soist Mars der Dispositor darüber. Die Inangriffnahme beruflicherObliegenheiten wird weniger stürmisch, impulsiv und direkt sein,wenn Mars in KREBS, als wenn er in WIDDER Steht. Die Äuße-rungen sind skrupelhafter, umständlicher; im wählerischen Be-denken des «zu mir Passens» der Berufsform und ihrer Aufgabenwird manche Gelegenheit versäumt, dafür auch seltener blind-lings alles auf eine Karte gesetzt.

Keineswegs muß der Mann, der in der Öffentlichkeit eineRolle spielt, durchaus das 10. Feld besetzt haben. Bei Baudelaire,bei Zola stand nichts darin, beide hatten das MC in einem Mer-kurzeichen. Man betrachte aber diese Merkurstellungen: bei je-nem in Trigon zum Mond im 11., bei diesem in Trigon zumSaturn im 1. Feld. Demgemäß dort eine Sprache, die sich unge-achtet des Gegenständlichen in das romantische Ohr der Epocheeinschmeichelte, hier eine sachlich-realistische Verkleidungidealer Motive, beheimatet im Eigenpersönlichsten. Auch beiStrindberg stand nichts im 10. Feld. Das MC lag im Jupiterzei-chen SCHÜTZE, demgegenüber das IC, Beginn des gleichfalls un-besetzten 4. Feldes, im Merkurzeichen ZWILLINGE. Die einzigeund schwache Opposition des Geburtsbildes spielt nun zwischendiesen Dispositoren, damit erhält der Ehestreit eine erweiterteBedeutung. Die Häuslichkeit sollte analog Merkur-WASSERMANN

im 1. Feld nur die Begleitmusik zur jeweils aktuellen persönli-chen Geisteslage liefern. Die Partnerwahl traf aber analog Jupi-ter-LÖWE im 7. Feld stets auf eine Frau mit eigenen öffentlichenAmbitionen, die, wenn sie darauf verzichten sollte, vom vitalenAnspruch her nicht in eine solche Nebenrolle paßte. Es gab aucheine zweifelhafte Öffentlichkeit des Klatsches über Strindbergs

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Ehen; ausschlaggebend für seinen Ruhm aber wurde die Überset-zung der geistig-vitalen Gespanntheit in dramatische Gestalten.

Auf solche Weise deuten wir alle unbesetzten Felder und be-kommen damit oft einen Zugang zu verborgenen Motiven. Gera-de dieses «aus zweiter Hand» ergibt mannigfache Unterströ-mungen der Gesamtpersönlichkeit. Der Mitlebende täuscht sichleicht über die wahren Kraftquellen, und von der Struktur aus istmitunter wenig betont, was für sein Bewußtsein im Vordergrundsteht. So erscheint uns Mussolini, oberflächlich betrachtet, alseine geschlossene, profilierte Persönlichkeit, doch den Quadran-ten der Eigenperson, den L, finden wir leer. Das Marszeichen amAszendenten, SKORPION, gibt uns Auskunft. Blicken wir aufMars neben Mond und Saturn im 7. Feld, so müssen wir sagen:er war genau die Persönlichkeit, die er der Mitwelt einhämmertein Ausübung einer gemeinschaftsverbindlichen Funktion (Mond)und durch geschaffene Tatsachen (Saturn). Erkennen wir, dar-über hinausgehend, einen Bezug von Pluto zu SKORPION an undsehen ihn mit Neptun zusammen am Deszendenten, so dürfen wirbehaupten: in Auswirkung seiner magischen Suggestivkraft ver-körperte er den «Mythos Mussolini», wie er selbst ihn der Volks-seele infiltrierte.

Untersuchungen dieser Art zählen übrigens zu den Mitteln, dietheoretisch schwer entscheidbare Frage der Zwischenfelder er-fahrungsmäßig in den Griff zu bekommen.

Zu reichhaltigeren Deutungen gelangen wir durch Weiterfüh-ren des Wechselverhältnisses von Kraft und Ausdrucksprinzip.Steht ein Planet, wie meist, nicht im eigenen Zeichen, so wird diebetreffende Wesenskraft im Ausdruck abgewandelt gemäßdiesem Prinzip, das sich einer anderen Wesenskraft zuordnet. DieAuswirkung der einen Kraft hängt dann ab vom Zustand eineranderen. Dies bringt nichts Neues in die Deutung hinein, wertetnur bereits Gesagtes differenzierter aus. Bei Mars in KREBS istMond der Dispositor dieses Zeichens, wir können vereinfachendsagen: �dominiert über die �-Stellung. Hiermit meinen wir, daßdie «mondhafte» Ausdrucksfärbung des Trieb- und Dranghaftenreguliert wird durch den horoskopischen Zustand von �, dadurchdifferenziert sich, was bei Mars in den zwölf Zeichen (S. 184-88)

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Zeichen (S. 184-88) aphoristisch gesagt wurde. Finden wir � 2�, so wird der aktive Ausdruck weniger gelockert und zugäng-lich sein als bei � 2 �. Die Modifizierung durch andere Planetenund Aspekte ist leicht einzusehen. Zum horoskopischen Zustandgehört aber auch das Zeichen, in welchem der � steht. Ist diesSTIER, so heißt sein Dispositor � und bestimmt die Ausdrucks-färbung des Gemüthaften mit, im Fall von � 2 � in STIER auchdie Erfahrungsbildung in bezug auf ein Festhalten mehr sinnli-cher Reizkonstellationen als abstrakter Zusammenhänge. Solchealso sind es, an die das Gemüt fixiert ist und die weiterwirkendauch die freie Bekundung der Aktivität in Schranken halten. Ent-sprechend den auf diese Art gebildeten Dominantenketten kön-nen wir ganze Reihen der Abhängigkeit verfolgen, bis wir einenPlaneten im eigenen Zeichen antreffen.

Nun kann aber im vorbesagten Fall - � im �-Zeichen - der �sich in einem �-Zeichen befinden. Dann haben wir das eigenar-tige Verhältnis der Rezeption: einer steht im Zeichen des ande-ren, und sein Ausdruck wandelt sich auf diesen hin ab. Damitentsteht ein Kreislauf im kleinen; auch ohne Aspekt sind diePlätze der beiden Wesenskräfte in besonderer Weise miteinanderverschränkt. Ein Aspekt kann hinzukommen. Bei �-KREBS inQuadrat zu �-WIDDER trägt die Vertauschung der Ausdrucks-prinzipien zur Gespanntheit bei, indem aggressive und apodik-tisch fordernde Gefühle sich in weichen und beeinflußbarenFormen der Durchsetzung verausgaben.

Auf unsere Beispiele zurückgreifend finden wir bei Goethe die� im �-Zeichen JUNGFRAU, � im �-Zeichen LÖWE nebeneinan-der, in noch zu rechnender Konjunktion das MC flankierend.Durch Rezeption steht im Austausch der Ausdrucksformen ver-bunden, was der Unterschied der Zeichen trennt. Dies ist hierfolgendermaßen zu deuten. Der Gesamtantrieb hat eine zurück-haltende, vorsichtige, auf Instinkte der Selbstbewahrung einge-stellte Note, Befremdliches wird bis in Nebenumstände hineinkühl, argwöhnisch beobachtet. Hingegen strömt die Rede unmit-telbar und freimütig aus dem Lebensimpuls hervor, angeschlos-sen einem Denkvorgang, der immer vom Augenmenschenausgelöst wird und das Gegenwärtige erfaßt. Dieses Fluktuieren-

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de gab Goethes Verhalten seine einmalige Wirkung: gleichzeitigherzgewinnende Wärme des stets wesenhaften Worts sowiewohlbedachte Abgrenzung der Repräsentativperson.

Aus astronomischen Gründen (Sonnennähe des Merkur) istdies der einzig mögliche Fall einer Rezeption zwischen � und �.Zwischen � und � gibt es aus gleichen Gründen nur den Standder � im �-Zeichen WAAGE, der � im �-Zeichen LÖWE. Dersich überscheidende Zeichencharakter bedeutet hierbei eineVormacht der vitalen Sinnesreaktion, die bei Konjunktion imselben Zeichen nicht statthaben müßte; der sinnliche Augenblickwirkt nämlich auf die Kernhaltung, den empfundenen Eigenwert.Gesamtantrieb ist mehr ein Angezogenwerden von der bejahtenReizkonstellation als ein erobernder Wille. Hier wird das Besteder Entwicklung durch Umstände bewirkt, bei gesundem We-senskern ist sie letzten Endes abhängig vom taktischen Feinge-fühl, sich nur in solche Umstände zu begeben, die als vorwärts-bringend verspürt werden. Auch Venus und Merkur sind in denWinkelabständen beschränkt. Möglich ist die Rezeption zwi-schen � in JUNGFRAU und � in WAAGE oder zwischen � inZWILLINGE und � in STIER, nicht aber kann vorkommen � inZWILLINGE und � in WAAGE; verbunden ist bei diesen Frühlings-oder Frühherbstgeburten immer ein erdhaftes und ein benach-bartes luftiges Zeichen. Gedeutet sind dies zwei Arten der Ver-flechtung des Nützlichen mit dem Schönen. Oft kommt die Seitedes manuellen Geschicks besser zur Geltung als gedanklicheSchärfe oder ein «kunstgewerblicher Zug» im Denken, zugleichformalästhetisch und zweckgerichtet.

Bei den äußeren Planeten (vgl. Bd. I, S. 59/60) besteht ein grö-ßerer Spielraum, doch bleibt dies natürlich im System der Zuord-nungen. Eine Rezeption zwischen � und �, mit SCHÜTZE undSTEINBOCK im Zuordnungssystem nebeneinander gelegen, istauch zwischen � in FISCHE und � in STEINBOCK oderWASSERMANN möghch sowie zwischen � in WASSERMANN und� in SCHÜTZE oder FISCHE. Bei WASSERMANN und FISCHE

kommen aber die Zusatzbeziehungen zu � und � hinzu, wobeials Erschwernis eintreten kann, daß beide Dispositoren dissonantzueinander stehen. Diesen Fall haben wir bei Rilke, wo � in

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WASSERMANN und � sich in Opposition dazu befand: Traditionund Neugestalt im gespanntesten Verhältnis, ihrer beider Zeichenim «Arbeitsfeld»; da aber dies 6. Feld ebenso für körperlicheFunktionen gilt, müssen wir auch die auf WASSERMANN bezoge-ne Krankheitsdisposition rechnen (Mangel an roten Blutkörpern).

Mit der Dominanz eines Planeten über die Stellung eines ande-ren - stets nur den Ausdruck mitbestimmend, nicht stärkemäßigzu verstehen - wird uns für die. Deutung eine Fülle von Querver-bindungen zur Hand gegeben. Zur überblicklichen Vorstellungversuchen wir dies Verhältnis der Kräfte als Dominantenverket-tung aufzuzeichnen. Sie sieht immer wieder anders aus. Seltenkann alles in einer fortlaufenden Kette untergebracht werden,manchmal münden Glieder in den Ausgangspunkt zurück und esentsteht ein Kreislauf, manchmal ist alles monothematisch voneinem Punkt aus beherrscht, bisweilen stehen Beziehungssystemeunverbunden nebeneinander, auch vorkommende Rezeptionensind in die Formel einzubauen. Natürlich gilt eine solche Formelnicht unabhängig von der Aspektfigur, sondern als deren Ergän-zung. Es kann vorkommen, daß ein Kräftesymbol in dissonantemAspekt zu seinem Dispositor steht und gleichzeitig Dispositorüber ein anderes, ebenfalls in dissonantem Aspekt zu ihm be-findlichen Kräftesymbol ist. In solchem Falle kann man nichteinfach sagen, «die Dominantenkette geht weiter», sondern wirhaben es mit einem zusammenhängenden Konfliktherd zu tun,dessen Bereinigung nicht isoliert von einer einzigen der beteilig-ten Kräfte aus gelingen kann. Vielmehr muß diese ganze Gruppemit ihren wechselseitigen Abhängigkeiten ins Auge gefaßt wer-den.

Eine solche Beziehungsformel ergibt sich nicht ohne Über-legung. Man beginnt am besten mit einem Planeten im eigenenZeichen oder zweien, die sich in Rezeption befinden. Machen wiruns die Unterschiede an einigen Beispielen deutlich.

Im Fall von Kafka finden wir eine monothematische Ab-hängigkeit sämtlicher Wesenskräfte. Klingt das Intelligenzmäßi-ge in irgendeiner Weise an, so wirkt es auf den Ausdruck vonGemütsverfassung (�), Eros (�), Wirklichkeitssinn (�), Um-sturzneigung (�) und überwertiger Energie ( ) unmittelbar, von

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da auf die übrigen Wesenskräfte. Aus früherem hatten wir einezwangshafte Tendenz erschlossen, wir beziehen sie nunmehrvorwiegend auf das intellektuelle Verhältnis zu den Dingen unddie damit geschaffene Lage im gesellschaftlichen Raum; durchdiese Brille wird auch das Gefühls- und Empfindungsleben be-trachtet, an dem einerseits Gesamt-Lebensantrieb (�) und Opti-malstreben (�), anderseits die Trieb- und Traumsituation (� �)hängen. Auch die lebensverbundenen Reaktionen vom Aszen-denten LÖWE aus bleiben im Banne dieser Abhängigkeiten.

Im Fall von Goethe sehen wir ein unverbundenes Neben-einander dreier Paare in Rezeption. Diejenige von Gesamt-

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antrieb (�) und Logos (�) haben wir schon besprochen; ihrekulminierende Stellung zeigt uns den Weltmann und Lebens-künstler, beim ökonomischen Prinzip zweigt das Verhältnis zuEros und Kunst ab (�). Demgegenüber, in der Wesenstiefe, setztdie doppelte Rezeption des gemüthaften Prinzips (�) zum Opti-malstreben (�) und zur Traumsituation an (�); sie zeigt uns denWeisen mit Hintergrund respektierter Geheimnisse sowie ein Ge-fühlsleben, das im Übersinnlichen ausschwingt. Zwischen die-sem beiden liegt die Rezeption von Wirklichkeitssinn (�) sowieTrieb- und Tatkraft (�), auch dadurch aufeinander bezogen, daßam marsbestimmten Aszendenten SKORPION mit seinen umsatz-und schlagkräftigen Reaktionen das abbremsende, auf langeSicht bauende Saturnsymbol steht. Die hiervon abweichendeUmsturzneigung (�) ist damit unter Kontrolle gehalten, ein Ge-gengewicht zur überwertigen Energie ( ), abzweigend vomSinngebenden. In diesem Dreierlei liegt anders ausgedrückt, wassich dynamisch in der Aspektfigur zusammenfaßt: gebändigteHeftigkeit sowie zur überschauenden Ruhe gebrachte Spannung.

Im Fall von Schumann steht der monothematischen Ab-hängigkeit aller Wesenskräfte bei Kafka ein duales System ge-genüber, dessen Spitze die Rezeption von Gemütslage (�) undVerstand (�) bildet. Intellektuell ausdrucksbestimmt finden wirGesamtantrieb (�) und triebmäßigen Momentanimpuls (�), wo-bei der letztere weiterhin die Umsturzneigung überformt (�). Esist die zu Überschärfungen, Überspitzungen neigende, streitbareAffekte einbeschließende Seite, die gemäß der Stellung von �am oberen Meridian in explosive Äußerungen eines neuen Welt-standpunktes ausmündet. Anders die mehr weiblich orientierte,mit Empfänglichkeit des Gemüts beginnende Seite, an der zu-nächst die Beziehung zu Eros und Kunstempfinden hängt (�),hierin eingesponnen das Optimalstreben (�), das glückseligeBeharren und Beruhen gemäß den Verhältnissen, die dem unte-ren Meridian entsprechen. Hier nun geht die Dominantenketteweiter und bestimmt das Zweierlei von Wirklichkeitssinn (�)und Traumsituation (�), in pathologischer Form die Angst- undWahnvorstellungen, in denen sich Bedrohungen dieses «festenBodens» spiegeln. Einer Festsetzung der pathologischen Form

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kommt entgegen, daß alles Depressive unmittelbar in die Reakti-onsweise des Aszendenten STEINBOCK, alles Weltflüchtige in dieübernormale Umwandlerkraft ( ) eingeht. Diese Dominanten-verkettung bestätigt die aus anderen Anzeichen erschließbareKatastrophentendenz.

Es versteht sich von selbst, daß solche Dominanzverhältnisseerst bei fortgeschrittener Deutungskunst, wenn jeder Faktor inseinen vielen Bestimmungsstücken geistig lebt, sinnvoll durch-dacht werden können. Wir beschränken uns hier auf stichwortar-tige Andeutungen, zu ergänzen aus den inzwischen erworbenenErfahrungen. Die Elemente müssen bereits bekannt, die Haupt-übungen der Kombination eingespielt sein, bevor diese Betrach-tungsart zu überschauenden Ergebnissen führt. Im Übungsfort-schritt beginnen wir am besten mit der Deutung unbesetzterFelder aus dem Zeichen an der Spitze.

Ein hier angereihtes Problem ist dasjenige der eingeschlos-senen Zeichen, das heißt der Fall, daß ein Feld größer als 3o Gradist und ein ganzes Zeichen in sich schließt, ein Zeichen also, dasan keiner Feldspitze in Erscheinung tritt. (Dies Problem bestehtnatürlich nur für die sogenannte inäquale Manier, zumal in höhe-rer Breite.) Steht ein Planet in einem solchen Zeichen «einge-schlossen», so machen sich die betreffenden Motive gemäßseiner Natur und Aspektierung geltend, doch sozusagen «in derTonart nicht ganz frei», wenigstens geht die Ausdrucksfärbungnicht derjenigen konform, die zufolge dem Zeichen an der Spitzeden ganzen Motivbereich beherrscht. Noch mehr freilich gerätseine Eigenart ins Hintertreffen, wenn der eingeschlossene Planetin Dissonanz zum Dispositor dieses tonangebenden oder des ein-geschlossenen Zeichens steht. Ist das letztere Zeichen unbesetzt,dann sagt sein Dispositor über umgeleitete oder verborgen mit-spielende Motive aus, mitunter fehlen diesen die natürlichenHandhaben, sich durchzusetzen, oder sie tauchen an andererStelle wieder auf. Beispielsweise finden wir bei van Gogh dasZeichen SKORPION eingeschlossen im 5. Feld. Der kulminierende�, Dispositor, zeigt über sexuelle Bekundungen der Triebenergiehinaus die Neigung zur Projektion auf den Weltstandpunkt, be-sonders sublimierungsfähig bei Konjunktion mit � in FISCHE.

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Bei Proust finden wir das Zeichen FISCHE eingeschlossen im 12.Feld. Die Dispositoren � und � stehen beide an ich- und selbst-bezogenen Punkten, man kann im Krankenzimmer und seinemErleiden eine im Grunde selbstgewählte Klausur sehen. Schließ-lich wird auch ein sonstwie betontes Feld durch diese Betrach-tungsart variiert. Bei Strindberg enthält, auf die �Stellungfolgend, das weit gedehnte 7. Feld auch das ganze Zeichen JUNG-FRAU. Nur der aufsteigende Mondknoten befindet sich darin, kei-ne Kraft, sondern einen Zugangspunkt andeutend (vgl. S. 433).Dispositor des Zeichens ist �, dessen personbedingt schemati-sche Urteile unterschwellig aufgenommene konkrete Einzelhei-ten des Zusammenlebens zu verdrängen trachten. Der aufstei-gende Mondknoten in diesem Zeichen entspricht einem besonde-ren Bezug zu fürsorglichen Instinkten, woraus sich oft eine un-gewollte Kontaktnähe ergibt; doch die gleichmütige Feststellunganalog � in WASSERMANN, die voll auf Touren laufenden Impul-se analog � in LÖWE, zernagen sich in ihrer Opposition an derSperrigkeit manches liebevoller Wahrgenommenen, das in derbeschreibenden Schärfe projizierter dramatischer Gestalten, Um-stände, Seelenlagen wieder auftaucht.

Unter den Dominantenverkettungen finden wir zahlreicheSpielarten, welche die gebrachten Formen abwandeln. So kannbei monothematischer Abhängigkeit ein Faktor dem beherr-schend sich auszweigenden Faktor vorangehen; steht er dominantüber diesen, so müssen wir darin das Grundbestimmende desganzen Ausdrucksgebarens suchen. Im Fall von Mussolini hat dieIntelligenz (�) ebenso viele Komponenten am Zügel wie beiKafka, nämlich Umsturzneigung (�), Trieb und Drang (�),Wirklichkeitssinn (�), Gemüt � und überwertige Energie ( ).Dieser Verkettung ist jedoch mit � im eigenen Zeichen der Ge-samtantrieb vorgeordnet. Gemäß dem überbetonten III. Quadran-ten schlägt dieser durch Überspannung der Selbsthingabe - mankann auch sagen: aus Flucht vor Selbstwerdung - um in den Wil-len zur Objektbemächtigung, was bei LÖWE gesteigerter Macht-trieb heißt. Der mit einer gemeinschaftlichen Aufgabe identifi-zierte Wesenskern macht an den Fäden der Intelligenz alles die-ser Aufgabe dienstbar. Trieb und Drang gehen unmittelbar ein in

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die durchschlagskräftige Reaktionsart des AszendentenzeichensSKORPION, an der Gemütsverfassung hängen Optimalstreben (�)und Eros (�), letzterer setzt sich fort in der Imaginationsgabe,der Traumsituation (�).

Im Fall von Proust steht � im eigenen Zeichen unverbundeneiner zusammenhängenden Gruppe gegenüber. Im Gegensatzzum vorigen Fall ist nicht der Gesamtantrieb, sondern der satur-

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nale Wirklichkeitssinn vorgeordnet. Objektive Erfahrung gehtaber nicht durch Dominanz unmittelbar in die Verkettung der üb-rigen Kräfte ein, ihren Ausdruck bestimmend; sie bildet vielmehreine Bedrohung ihrer subjektiven Umdichtung. Gegenüber der«Wirklichkeit draußen» schließt sich das übrige zusammen unterFührung des Eros- und Empfindungssymbols (�). Der Quadran-tenstellung nach überwiegt Angst vor sachlicher Notwendigkeitund Selbsthingabe, vor endgültigen Normen und Unfreiheit. Erosschwingt aus im Emotionalen (�), dies gibt dem Optimalstreben(�), dem Gesamtantrieb (�), der Umsturzneigung (�) und derIntellektualität (�) einen Gefühlston, introversiv entsprechenddem Zeichen KREBS. Vom so eingefärbten Verstand greift dieBeziehung zurück zur Empfindungsweise: ein spezifisch «litera-rischer Kreislauf», � - � - � (bei Kafka in Konjunktion). Dergleichfalls von � beherrschte Trieb und Drang (�) mündet in diespontane Dynamik des Aszendentenzeichens WIDDER sowie indie Traumsituation ein (�). Die andere Auszweigung zur über-wertigen Energie ( ) bleibt sozusagen ohne Nachfolge.

Im Fall von Baudelaire haben wir eine ähnliche Anfangsfigurwie bei Proust, doch von gegensätzlichen Kräften gebildet. Der� unverbunden im eigenen Zeichen versinnbildlicht im Gegen-satz zu � (bei Proust) weniger eine Angst- als eine Fluchtsituati-on, biographisch zu deuten als Bindung an die Welt und Personder Mutter, von der zugleich ein Abstand gesucht wird. Im Ge-gensatz zu � bei Proust schließt sich hier alles übrige unter Füh-rung des Trieb- und Dranghaften zusammen (� im eigenenZeichen), wobei paradoxerweise das ichbetonteste Ausdruck-sprinzip WIDDER sich dem III. Quadranten gemäß stürmisch er-obernd auf ein Du wirft. Unter dieser gleichsam blindenTriebdynamik stehen Eros (�), Optimalstreben (�), Gesamtan-trieb (�), Wirklichkeitssinn (�). Gemäß einer vom Triebbegeh-ren eingefärbten Wirklichkeit haben wir nun das saturnischeZeichen STEINBOCK zu verstehen, in dem ein Generationsaspektwirksam wird, die Koppelung von Umsturzneigung (�) undTraumsituation, Imagination, Illusionismus (�). Unter Domi-nanz des am meisten dem Reiz des Außernormalen preis-gegebenen Elements (�) steht überwertige Energie ( ) und Ver-

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stand (�), abmildernd wirkt die vernunffsmäßig regelnde Mit-herrschaft von �. Vom Intelligenzsymbol schließlich zweigt dieselbstbewahrende, zum Narzißmus neigende Reaktionsart desAszendentenzeichens JUNGFRAU ab.

Erinnern wir uns, daß diese drei «Vorgeordneten» den ganz-heitlich und existentiell wichtigen drei Bereichen entsprechen (S.69 u. 116), so kommen wir zu folgender Aussage. Bei Mussolinibildet der Willensbereich den ihm gemäßen Lebensraum in ur-sprunghafter Einwirkung auf ein intelligenzbeherrschtes Kräfte-system. Bei Proust ist der Schicksalsbereich in seiner Begren-zung des Lebensraumes etwas, wogegen das übrige Kräftesystemunter Führung des ästhetischen Prinzips sich ein eigenes Reichschafft. Bei Baudelaire breitet der Gemütsbereich einen Lebens-raum aus, dem das übrige Kräftesystem unter Führung von Triebund Drang protesthaft gegenübersteht.

Auf diese Weise erhalten wir ergänzende Einblicke in alleKräftestrukturen.

Ein duales System, wie wir es bei Schumann sahen, muß nichtzwei getrennte Folgen ergeben, sondern kann sich durch Quer-verbindungen in mannigfacher Weise verflechten. Hieran neh-men im Fall von Michelangelo die Zeichen WASSERMANN undFISCHE mit ihrer Doppelregentschaft teil - diejenige von SKOR-PION lassen wir als in Frage stehend noch aus -, die Querverbin-dungen können aber auch andere sein. Beim Genialen habenzweifellos die transsaturnischen Planeten einen gewissen Vortritt,zumal hier bei Michelangelo, wo mit der Konjunktion von � und� in SKORPION ein Generationsaspekt kulminiert. Mit Recht set-zen wir die Rezeption von visionärer Phantasie (�) und Triebe-nergie (�) obenan. Das Trieb- und Dranghafte, seinerseits Eros(�) und Umsturzneigung (�) beherrschend, steht dabei in einerReihe mit den beiden Haupt-Lebenssymbolen, Gesamtantrieb(�) und Gemüt (�), unter Vorherrschaft des visionären Sym-bols, wie anderseits bestimmt vom Optimalstreben (�). Dieseswieder, gemäß der Doppelregentschaft über WASSERMANN, stehtals Bindeglied zwischen einem gemütsbeherrschten Wirklich-keitssinn (�) und der triebbeherrschten Umsturzneigung (�), esknüpft gemäß der Stellung von � im Feld der Eigenperson (1)

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das persönliche Vollendungsstreben an die jeweils vom Partnergesetzte Aufgabe und Pflicht (�) sowie den Umbruch der Zeit,die kompromißlos aus früheren Bindungen und Normen heraus-tretende individualistische Note (�). Durch seine Mitherrschaftüber �, �, � ist dieser � bedeutsamer als das Intelligenzsymbol(�) im selben Zeichen WASSERMANN.

Freilich werden wir diese Dominantenverkettungen nicht pe-dantisch in jedem Fall aufzeichnen, die fortgesetzte Übung übtden Blick dafür ein, so daß wir schon den Zeichenstellungen auf-schlußreiche Ergänzungen entnehmen. Beim Studium der Bezie-hungsformen im ganzen gibt aber die Aufzeichnung mitunter

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ganz neue Gesichtspunkte, obzwar an der Substanz nichts geän-dert wird. Stellen wir, die Fülle der Möglichkeiten beschließend,noch einmal Friedrich d. Gr. und den Kronprinzen Rudolf vonHabsburg zum Vergleich. Konnte Rudolf aspektmäßig begün-stigter erscheinen als Friedrich, so zeigen uns die Dominanten-verkettungen zwei Extreme: bei Friedrich eine geschlosseneBeziehungsform, wobei die Sonne eine zentrale Stellung ein-nimmt zwischen ihren beiden Dispositoren, bei Rudolf ein Zer-fall in einzelne, voneinander unabhängige Reaktionsherde. Hier-unter bezeichnet die Sonne nur einen der Reaktionsherde, in Sa-turn und Mond setzt sich als Dominantenfolge fort, was beimVater (vgl. S. 69/70) in der Drei-Einheit von Willensbereich,Schicksalsbereich, Gemütsbereich eng miteinander verbundenauftritt.

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GESCHLECHT

Welches Geschlecht der Geborene hat, steht nicht in seinemastrologischen Meßbild. Das Gegenteil behauptende Regeln er-strecken sich bei genauer Prüfung auf das wesensmäßig Männli-che oder Weibliche. Eher ist zuweilen das Geschlecht vonKindern aus der Besetzung des 5. Feldes zu erschließen, dochnicht mit Sicherheit. Weiß man dagegen die biologische Tatsa-che, so zeigen sich gewisse Abwandlungen der allgemeinen Ge-schlechtseigenschaften in bezug auf die persönlicheReaktionsweise und das Erwartungsbild vom anderen Ge-schlecht.

In Übereinstimmung mit tiefenpsychologischen Ansichten vonder frühkindlichen Beeindruckbarkeit sehen wir dasVerhaltendurch die Eltern mitgeprägt, dies aber zunächst abgesehen vomGeschlecht gemeint. Als vitales Vatersymbol ist uns die Sonne,als mehr formalistisches, Existenzrückhalt und moralische Ver-fassung betreffend, Saturn, als Muttersymbol der Mond bekannt.Stellung und Aspektierung sagt einiges über angeborene Person-beziehungen, also die Haltung zu Vater und Mutter; zugleichsind damit besondere, von ihnen ererbte Wesenszüge angegeben,wobei der Unterschied mehrerer Kinder derselben Eltern zumAusdruck kommt. Von diesen Anlagen müssen wir ausklam-mern, was durch Zuwendung oder Ablehnung, Erziehungseiferoder Vernachlässigung, übertriebene Beschützerrolle oder Be-sitzanspruch durch die Eltern, insbesondere die Mutter, charak-terlich bewirkt wird. Dies sowie Geschwister haben und das wie-vielte in der Reihe oder Einzelkind sein sind allgemeine Fragender Kinderpsychologie. Im Gebaren von Halbwüchsigen spielenwiederum Zeitmoden mit. Das Meßbild zeigt gewisse individu-elle Einflußtendenzen, vor allem die Empfänglichkeit für solcheoder ihre Abwehr: Verwöhnbarkeit, Enttäuschungsbereitschaft,Aggressivität, Widerspruchsgeist, Selbstvertrauen oder dessenMangel usw. Aus dem, was analog � und � vorgeprägt ist, folgt

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in großen Zügen auch die spätere eigene Väterlichkeit oder Müt-terlichkeit sowie die Wahl des für die ergänzende Gegenrolleausersehenen Partners. Hierauf wirkt, abgesehen von entspre-chenden Milieubedingungen, das tatsächliche Verhalten der El-tern; das natürliche Bild kann infolgedessen normal, entstelltoder gleichsam unterbelichtet sein. Dabei nun wirkt das Ge-schlecht mit, die aus der Psychoanalyse bekannte «Ödipus-Situation» erfährt einige Abwandlungen, die jedoch schon in derAnlage mitbedingt zu sehen sind. Dies betrifft den Eindruck derMutter auf den heranwachsenden Sohn, des Vaters auf die her-anwachsende Tochter, Belebte Rivalitäten, Identifizierungen, Ei-fersuchtsszenen und dadurch herausgebildete Reaktionen. Führtdies aber zu Abhängigkeiten und Fixierungen erotischer Art so-wie in der Pubertät zu offenen Konflikten, dann ziehen wir zurBeurteilung das für die eigentliche Trieb-Eros-Anlage gültigePlanetenpaar heran.

Schon in den vorangegangenen Ausführungen über Mars undVenus wurde die Mehrbedeutung von Mars für das männliche,Venus für das weibliche Geschlecht berührt. Sie ist bedeutsamfür die eigene Reaktionsweise wie für Erwartungen eines sexu-ellen Ausgleichstypus. Auch wurde unterschieden (Bd. II, S.315) zwischen den Inbildern aus der Besetzung der Felder sowieden eingeborenen Personbeziehungen wie Vater �, Mutter �,Liebhaber �, Geliebte �, ferner hingewiesen auf daraus sich er-gebende Überformungen. Wie sich die Beziehungen auf dieserGrundlage gestalten, entscheidet über die Humanisierung desGeschlechts. Natürlich gibt das astrologisch Bedingte nicht denalleinigen Ausschlag, sondern das meiste hat dabei der selbstbe-stimmende Faktor zu sagen, der Trieb und Eros auf menschlicheErlebnisformen bringt. � in Reinkultur des männlichen Triebesgelebt wäre nur auf Eroberung gestimmt, ist nach der Vereini-gung ohne Interesse dafür, in welchem Zustand � sich empfin-dungsmäßig befindet. Umgekehrt � in Reinkultur weiblicherEmpfindungsreaktionen gelebt würde nur dem momentanen An-gesprochensein folgen, ist ohne Interesse für � in seinem außer-sexuellen Eigenrhythmus, in Ziel und Grund seiner Gesamt-aktivität. Zahllose Konflikte entstehen daraus, daß tatsächliche

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Auswirkungen dieses eigentlich noch untermenschlichen Af-fektlebens das Persönliche ins Schlepptau nehmen, weil Leiden-schaften selten ganz auf der Höhe der Individuationsstufe stehen.In der notwendigen Auseinandersetzung zwischen Individualitätim Menschensinne und Gattungsinstinkten ist von Belang, wel-che Gatten- und Gattinnenvorstellungen sich aus der Vater- undMutterbeziehung oder anderen Entsprechungen für � und � her-ausgebildet haben.

Beachtung verdient in diesem Zusammenhang der von C. G.Jung als Animus und Anima beschriebene innerseelische Gegen-zug zum biologischen Geschlecht. Gemeint ist die Ambivalenz,wonach wir seelisch gewisse Eigenschaften des anderen Ge-schlechts in uns tragen, das Weibliche im Mann, das Männlichein der Frau. Dies hat wenig mit «Ansprechbarkeit» und «Gefallenan jemand finden» im Sinne von Trieb und Eros zu tun, drücktsich daher nicht in der Polarität � und �, sondern von � und �aus. In großen Zügen brauchen wir alle, gleich welchen Ge-schlechts, beides, nämlich kernhaftes Fußfassen in der Welt, Er-werbung eines Mittelpunkts, in den sich verantwortliches Wollenhineinstellt, neue Daseinsformen zeugende Potenz, also � sowiefühlendes und rhythmisch bewegtes Umherschwingen im mo-mentan Beeindruckenden, Empfänglichkeit dafür, die vom Um-kreis her aufnehmende, pflegliche und wachstumsförderndeFunktion, also �. Wird ein ausschließlich männlicher oder weib-licher Stil versucht, beim Mann also das Lunare, bei der Frau dasSolare verneint, dann kommt das im eigenen Wesen Begründetenichtsdestoweniger zum Vorschein, doch meist in minderwerti-gen Eigenschaften des anderen Geschlechts. Gerade bei «Hun-dertprozentigen» findet man häufig dort Sentimentalität undLaunen, hier Rechthaberei und Behauptungssucht, während dasIdealbild der Anima (�) und des Animus (�) dann in den ge-gengeschlechtlichen Partner hineinprojiziert wird. Die mensch-liche Vollständigkeit verlangt, statt dessen das Doppelwertige derAnlagen nicht aus dem Gesichtskreis zu verdrängen, sondernbewußt zu akzeptieren.

Jeder Mensch ist außer seiner individuellen Entwickeltheit einKind seines Zeitalters, dessen normative Anschauungen auch die

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Rolle von Mann und Frau festlegen. Die heutige Selbstbesinnungder Frau auf ihre spezifischen Lebensrechte und Aufgaben wur-den unter dem Stichwort der «Emanzipation» erst äußerlich undunvollkommen gelöst, ihr wirken vielfache hemmende Einrich-tungen, Vorurteile, noch nicht überwundene Schwächen entge-gen. In altgewohnter Abhängigkeit gelebt überträgt die Fraudasjenige, was der �-Stand ihrer Geburt angibt, auf den alsDrehpunkt und Richtungsweiser ihres Lebens eingesetzten Mann.Ihr unausgewirktes Zentrum projiziert sie in ihn hinein und be-zieht daraus die an den Mann gestellten Forderungen. Wird einesolche «Verleugnung des Animus» zur Quelle vieler Enttäu-schungen und Mißverständnisse, so nicht weniger auch der Ge-genfall, die «Animusbesessenheit», welcher durch angenommenemännliche Allüren das spezifisch Weibliche zu kurz kommenläßt. Alle nicht positiv gelebten Anlagen kehren aber als Unartenwieder, nicht nur wie eben beschrieben im weiblichen, sondernebenso im männlichen Fall der hinausverlegten «Anima».

Nun gibt es physiognomisch die maskuline Frau, den femini-nen Mann. Eine Frau mit � am Aszendenten, um nur die wich-tigsten Anzeichen herauszugreifen, kann «Sex-Appeal» im trieb-haft aggressiven Sinne haben, wird aber kaum die passiv emp-fängliche und hingabebereite, eigentlich weibliche Atmosphäreum sich verbreiten, wie anderseits ein Mann mit � am Aszen-denten empfindungsmäßig erotisiert ist, sich jedoch schwerlichim Sinne erobernder Männlichkeit verhält. Schon im Aussehenmangelt beiden die ausgesprochene Geschlechtsphysiognomie,ihr natürlicher Ausgleich liegt demgemäß in einem umgekehrtgemischten Partnertypus. Abwandelnd wirkt natürlich eine Be-setzung der anderen Eckpunkte, die Art der Zeichen und die Stel-lung des gleichgeschlechtlichen Symbols, also � bei der Frau, �beim Mann. Auch der Extremfall bedeutet aber durchaus nochkeine Perversion, sondern eine widersprüchliche Überkreuzungvon Person- und Gattungseigenschaften, wodurch die menschli-che Haltung eine Vielschichtigkeit erlangen kann, die dem ein-deutigen Geschlechtstypus von Haus aus fehlt. Wieweit das eineoder das andere zum Vorzug wird, hängt allerdings ganz vomNiveau ab. Begreiflicherweise bringt die Abweichung von der

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Norm meist Schwierigkeiten mit sich, die noch durch analytischeAspekte kompliziert werden können. Weniger auf die Trieb-Eros-Reaktionen als auf die Gesamthaltung bezogen, sind � beider Frau, � beim Mann am Aszendenten. Eine erhöhte Selbstbe-züglichkeit bedeutet es auf jeden Fall, wenn eines der Haupt-Lebenssymbole am Aszendenten steht; die Frau mit � am As-zendenten sucht ihren Wesenskern auf quasimännliche Artdurchzusetzen, häufig in affektivem Machtstreben, der Mann mit� am Aszendenten macht abhängig oder wird abhängig durchein Gefühlsleben quasi-weiblicher Art, wobei ihn periphere Emp-findlichkeiten, Launen, Stimmungen leicht aus seinem Mittel-punkt werfen.

Freilich sind dies immer nur Hinweise, nie Rezepte; sie erspa-ren uns nicht die Kombination des Einzelfalls. Dieser Fall kanndoppelgeleisig sein wie etwa bei Nietzsche mit � im 1., � im10. Feld, worin sich die empfängliche Sensibilität des Künstlersund die spaltende Schärfe des Philosophen vereint. Auch spieltpraktisch die soziale Stellung hinein und, wie schon erwähnt, dieepochale Anschauung von den Geschlechtern. Berufstätigkeit,Frauenstudium, aktive Teilnahme am Verkehr, politische Gleich-berechtigung und anderes haben heute insbesondere mancheweibliche Anlagen in der Äußerung umgebogen, nicht jedochden emotionalen Untergrund und die biologische Verfassung:solche Entwicklungen sind nie ganz nur Produkt der Zeitlage, siebetreffen Entsprechungen des Kosmogramms. Habituelle Formensind jedoch beachtlich, da sie auch auf die Gestaltung der In-timsphäre einwirken.

Zur Problematik wird das Geschlecht analog den Aspekten, indenen die genannten Komponenten stehen. Die zurückhaltendeBedeutung von �, vor allem gemäß einem introjizierten Über-Ich, die intellektualisierende Bedeutung von �, die expansive,Äußerung und Genuß steigernde, anderseits Kompensationenherausbildende Bedeutung von � erstreckt sich auf die Kompo-nenten, zu denen sie einer Aspekt bilden; die Art des Aspektsgibt die problematisch Befindlichkeit an. So ist � analytisch zu� meist der klassische Aspekt der Triebhemmung und Verdrän-gungsbereitschaft, während derselbe Aspekt zu � öfter ein Sich-

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Aufsparen für eine Dauerbeziehung, eine Abdämpfung empfin-dungsmäßiger Augenblicksreaktionen angibt. Für entschädigendeAggressionen oder Genüsse wird dann die �-Stellung, für dieBewußtheit die �-Stellung wichtig. Bei allen �Aspekten ist dar-auf zu achten, welcherlei Verbotsmauern gegen natürliche Re-gungen, angewandte Strafen bei Übertretungen und somitVoraussetzungen für Angst- oder Schuldgefühle die Erziehungeingepflanzt hat. Angereihte synthetische �-Aspekte könnendann raffinierte Formen der Umgehung andeuten, im analyti-schen Fall aber manchmal auch neurotische Auswege. EinAspekt zwischen � und � bezieht sich auf sexuelle Instinktreife,aufgegriffenen Kontakt zum anderen Geschlecht, im dissonantenFall eher beunruhigend aufgereizt als geschwächt. Die männli-chen und weiblichen Symbole untereinander aspektiert beziehensich auf die dimensionalen Unterschiede. So sind beim analyti-schen Aspekt zwischen � und � die seelisch-mütterliche und dieerotisch-empfindungsmäßige Natur der Frau schwer vereinbar;im weiblichen Fall liegen die entsprechenden eigenen Anlagenim Streit, im männlichen Fall, wie bei Friedrich Nietzsche, be-nennt er die Schwierigkeit, beide Seiten in einer und derselbenFrau oder beides zeitlich verbunden erleben zu können. Dermännliche Konflikt geht meist auf die Mutterbeziehung zurück.Weniger dissonant ist der Gegenfall von � und � im analyti-schen Aspekt; wenn auch bei der Frau der Vater- bzw. Gatten-sowie der Liebhabertypus oft schwer vereinbar sind, bedeutet derAspekt beim Mann meist nur eine unruhevolle Antriebssteige-rung. Im Fall einer Konjunktion von � und � bei der Frau, �und � beim Mann pflegt die Vater- bzw. Mutterbindung und dieÜbertragung auf einen irgendwie ähnlichen Ausgleichstypusstärker, zwingender zu sein. Ein Konflikt zwischen triebmäßigerund seelischer Beziehungsform sowie leichte Verletzlichkeit derLiebesgefühle sind bei analytischen Aspekten oder Konjunktionvon � und � kaum zu umgehen; im männlichen Fall meistMutterbindung, im weiblichen Fall gesteigerte Leidenschaftlich-keit sowie Konflikte des Selbstwertes bei Nichtbeachtung. DieseAspekte sind weniger leicht und wenn, dann nur durch erfüllende

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Tätigkeit sublimierbar gegenüber den Wahl- und Gleichge-wichtsstörungen aus �-Aspekten.

Reichhaltig ist das Szenarium der Intimsphäre aus diesenAspekten. Nie jedoch sagen sie etwas über die Geschlechtsmoral,ferner gestatten die schärfsten Dissonanzen keine Schlüsse aufeine pathologische Entwicklung. Beides liegt außerhalb desKosmotypus. Sind jedoch Bedingungen für eine Abwärtsent-wicklung gegeben, so entspringen die Einzelheiten einer Nicht-bewältigung der aus den Kräftespannungen erweckten Probleme.Bereits angegangene Entgleisungen weitertreibend, tretenAspekte der transsaturnischen Planeten hinzu, die Auswirkungder ihnen entsprechenden Kräfte hängt ab vom Wirkungsbild desengeren Systems. Erst unter dieser Voraussetzung bekommendissonante �-Aspekte ihre auflösende, desorientierende, zuWahn und Süchtigkeiten drängende Bedeutung, dissonante �-Aspekte eine Tendenz zu Abseitigkeiten und Perversionen, bei �bezogen auf gestörte Reizempfindungen, bei � auf dieTriebrichtung.

Unvergessen sei aber auch die Förderung einer Vereinbarkeitvon Eros und Vernunft analog einer Synthese zwischen � und �,bei beiden Geschlechtern bedeutsam für die Ehe. Kompensatio-nen ergeben sich dann aus der Bereitschaft für friedliche Lösun-gen, Wertfragen unterstellen sich dem vernünftigen Ausgleich,Glück besteht in der Fähigkeit, aus dem Gegebenen das Beste zumachen. Natürlich enthält keine Anlage schon Ergebnisse, dieserFall bedeutet nur eine Begünstigung. Beim gleichen Aspekt zwi-schen � und � ist das Zärtlichkeitsbedürfnis fast noch größer,doch eine stimmende Beziehung oft nur auf infantiler Basis er-reichbar. Mehr den männlichen Fall begünstigen die Synthesenvon � und � sowie � und �, wenn der Betreffende in der opti-malen Ausgestaltung der Beziehung das Heft in den Händen be-hält und seine Rechtlichkeit auch Toleranz einschließt. Dies allesergänzt sich durch die Aussagen aus Zeichen und Feldern.Astrologisch liegen ja die Antworten nicht immer so beisammen,wie die Fragen im Leben lauten. Wird die Frage nach «Liebe undEhe» komplex gestellt, so müssen wir gleichwohl trennen, undzwar in Hinsicht des 5. und 7. Feldes wie auch des sexuellen

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Ausgleichs (� und �) und der Gatten-Gemeinsamkeit (� und�).

Eine gewisse Beziehung zum wesensmäßig Männlichen hat derzunehmende, zum wesensmäßig Weiblichen der abnehmendeMond, begründet in den Verhältnissen des schon behandeltendynamischen Kreises. Ersichtlich ist dies sofort daraus, daß derMond im Bogen bis zur Opposition mit der Sonne zunimmt, vonda an abnimmt. In den Meßbildern bringen wir diese Unterschei-dung durch � und �� zum Ausdruck.

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ZUM VERGLEICH ZWEIER KONSTELLATIONEN

Es gibt Beziehungen, die in einem Menschen beleben, wasdurch andere Beziehungen gar nicht berührt wird. Soweit diesnicht auf Äußerlichkeiten beruht - worauf sich aber nie eine tiefe-re Dauerbeziehung gründet -, spricht hier das gegenseitige Ver-hältnis der Anlagestrukturen, das auch in einzelnen Punktenuntersucht werden kann. Sinngemäß spielen dabei die gegensei-tigen Aspekte die Hauptrolle. Wir erfassen dies zeichnerisch, in-dem wir in das Geburtsbild x die Planetenstände y mit andererFarbe eintragen, doch die beiden Aspektklassen unterscheidend(vgl. Anhang Bd. I), lediglich Aspekte von Planeten des einen zuPlaneten des anderen durchzeichnen. Dies ist dann zu lesen wiedie Aspektfigur eines einzelnen, nur in der Version: � bei x stehtin diesem oder jenem Verhältnis zu � bei y, usw. Hierbei könnenebenso dieselben Planeten im Aspekt zueinander stehen, also et-wa � x 4�� y, ein Spannungsaspekt, der schwerlich gleichlau-fende Zielrichtungen der Aktivität ermöglicht und die Gefahrtdes Streits darum, der aggressiven Auseinandersetzungen, her-aufbeschwört. Bei solchen Beziehungen gleicher Kräfte tritt vorallem die Verschiedenheit von Zeichen und Feld erschwerendoder ergänzend hervor.

Als außerhoroskopischer Gesichtspunkt beim Vergleich vonMenschen kommt Übereinstimmung oder Unterschied der Ent-wicklungsstufe hinzu. Wir vergleichen am astrologischen Meß-bild nur elementare Anlagen miteinander, nicht, was dieMenschen ihrer Erbvariante und Entwickeltheit gemäß, von derUmwelt gefördert oder behindert, daraus gemacht haben. Im Ex-trem gibt es z. B. eine spontane Sympathie, die sich aber wegendes Niveaugefälles schwer bekunden kann. Was in einem Zu-sammenleben dann zu Schwierigkeiten führt, sind primitivereoder feinere Entsprechungen, die Beziehung will ohne Überle-genheitsgeste und Minderwertigkeitsgefühl gelebt werden. An-derseits gibt es Unvereinbarkeiten von Geburt an, Gegner

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höchsten Niveaus, deren jeder sich mit unterrangigen Anhängernbegnügen muß. Freilich kann eine große Liebe, echte Verehrungsowie durch Achtung erworbene Freundschaft über Spannungender Naturanlage hinweg zu einer Gemeinsamkeit finden; geradehierbei jedoch unterstützt es die Bemühung, wenn man die in derbeiderseitigen Konstellation begründete Beziehungsform erkennt.

Keinesfalls also verhält es sich so einfach wie im vulgären«wer paßt zu wem?». Wie das Schicksal des Einzelnen liegt auchdasjenige einer menschlichen Beziehung und Gemeinschaft nichtin den Endergebnissen unbedingt fest; man kann unter Umstän-den gewisse Krisen voraussehen, ihren wahrscheinlichen Aus-gang abschätzen, nie aber mit Sicherheit sagen, wie siedurchgestanden werden. Dies hängt großenteils vom guten Wil-len der Beteiligten ab, aber auch die automatischen Sperrzonenund Reizfaktoren müssen einsichtsvoll durchdacht und beachtetwerden.

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ZUSAMMENSCHAU

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GANZHEITSDEUTUNG

Die astrologische Kombination erreicht ihre Krönung in derZusammenschau. Gerade über sie ist am wenigsten Spezielles zusagen, weil sie in jedem Einzelfalle anders aussieht. Wir könnennur allgemeine Regeln angeben, um zu diesem Gesamtblick hin-zuführen. Der Weg ist vorbereitet in den Kombinationsformen.Wir mußten erst das Mosaik der zusammensetzenden Bausteinein die Hand bekommen und diese Arbeit gewissenhaft verrichten,da jeder Baustein an seiner Stelle etwas Bestimmtes für sich be-deutet. Die Formen der Verknüpfung lehrten uns dann die Stel-lenwerte kennen, durch welche die Bausteine etwas Bestimmtesfür das Ganze bedeuten. Die abschließende Übung betrifft nunihren wechselseitigen Gebrauch, die Ermittlung, welcher beson-dere Ausschnitt sich im menschlichen Einzelfall vordrängt undwas er aussagt, was dagegen zurücktritt. Man bleibe daher langeim Studium am lebenden Modell und erwarte nicht zu früh einevollständige Deutung, wechsle am Anfang häufig Betrach-tungspunkt und Person, versuche jeweils überschläglich das Cha-rakteristische der vorliegenden Konstellation und damit auf denersten Blick den springenden Punkt zu erfassen. Ganz von selbsterfährt man dann, wo es nötig ist, die Teilstudien zu ergänzenund welche Stufe auf dem Wege man erreicht hat.

Unser vorgesetztes Ziel der Deutung erzieht zunächst denBlick dafür, wie ein Wesensgefüge beschaffen, wie es kom-poniert ist. Es gibt geschlossenere und aufgelöstere Gefüge; dieBallungen oder mehrfachen Konjunktionen sind ein Kapitel fürsich und bringen in den Vordergrund, was über kreisläufige Ten-denzen gesagt wurde (S. 462 ff.). Den Überblick gibt stets dierichtig aufgezeichnete Aspektfigur, ein weiteres Hilfsmittel istdie Dominantenverkettung. Aspekte weisen schon aus ihrer Na-tur als Verbindung zwischen Kraftpunkten auf das Ganze hin,selbst die konfliktweckenden Spannungen, die Zerreißproben;der Alarm kann wachrütteln, was zur Harmonie des Ganzen

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führt. Hierin bedient sich der selbstbestimmende Faktor der«vernehmenden Vernunft», ihres Anschlusses an die psychischeGesamtregulation, hinzu treten Begünstigungen oder Behinde-rungen durch die Umwelt. Starke und schwache Aspekte darfman im allgemeinen vom Blickpunkt übergreifender oder neben-geordneter Probleme deuten. Auch die beiläufigen Probleme sindaber nicht unwichtig, es kommt auf die Stellung der Aspekte imGefüge an, gegebenenfalls bildet ein schwacher Aspekt dasZünglein an der Waage. Nie vergesse man deswegen, daß dasGleichgewicht sich nicht von selbst macht. Bei der in Aspektenausgedruckten Problematik geht es immer darum, daß die selbst-gestaltende Souveränität im Menschen dem charakterlichen Bau-stoff überlegen bleibt. Sinkt dieser selbstbestimmende Faktor ab,so stellt sich neben die Tragik derjenigen, die schwere Konflikteauszutragen haben, die Tragikomik jener, die über Kleinigkeitenstraucheln. Dann können geringfügige Spannungen in «harmo-nischen Horoskopen» verhängnisvoll werden. Einen gewissenHalt bietet demgegenüber die Anerkennung mittlerer Normen,das Konformgehen mit dem Durchschnitt und Aufgehen im Mi-lieuschicksal. Doch hat dies seine Grenzen; bei individualisti-scher Betonung und extremistischen Spannungen kann es nurdurch Abschleifen des Charakteristischen durchgeführt werden.Die Summierung vieler unauffälliger Konflikte unterbindet ge-gebenenfalls ein großes Wollen. Jede Flucht vor der Selbstver-wirklichung rächt sich aber, alles Ungelöste wird zur Fallgrubeder Freiheit, man muß auch in die Schlupfwinkel seiner Aus-flüchte hineinleuchten.

Ein Meßbild zusammenhängend deuten heißt, das Inein-andergreifen der mannigfachen Motive und Äußerungen einesMenschen verstehen. Er ist ein Ganzer wie auch ein Zusammen-gesetzter; beim letzteren beginnen wir mit den Elementen derDeutung, aber nun sollen wir finden, worin diese die Teilgliedereines laufenden Vitalgetriebes sind. Diese lebendige charakterli-che Einheit ist verschieden basiert mit der Struktur. Ein Menschmit geschlossenem Aspektgefüge kann nie ganz aus der Weltherausfallen, zum Unterschied von der Äußerung isolierter oderdissonant abseits gestellter Anlagekomponenten. Das Auffinden

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solcher Punkte setzt sich fort in der Dominantenverkettung. Ge-gebenenfalls widersprechen sich die Aussagen aus beidem, insolchen Fällen will genau ermittelt werden, wo die Möglichkeiteiner Einbeziehung liegt. Der Unterschied besteht darin, daß wirbei den Dominanten sozusagen reine oder gebrochene Farbenhaben, bei den Aspekten aber Bauglieder der Gesamtproblema-tik. Ein instruktives Beispiel widerspruchsvollen Auseinander-klaffens ist der Kronprinz Rudolf, wo der augenblickliche Affekt(siehe die Enden der Dominantenverkettung) nicht in die Ge-samtproblematik (Aspektfigur) überlegend einbezogen wurde. Esgibt zweifellos Kurzschlußhandlungen, die ein ausführungsfähi-ges Programm vor der Zeit beenden. Auch ein aspektmäßig iso-lierter Punkt wird nicht ohne weiteres zum Problem, es sei denngerade infolge seiner Anschlußlosigkeit, wenn die Gefahr er-kannt wird, daß unüberwacht ausgewirkte Anlagen sich störendan anderer Stelle bemerkbar machen können. Dagegen betrifftein in der Dominantenverkettung nicht weiterführender Punkt oftnur die Ausdrucksfärbung, das Temperament, womit eine ge-wöhnlich latent bleibende Anlage dargelebt wird, wenn im Le-bensrhythmus «ihre Stunde» kommt. Das Auf tauchen aus demUnbewußten macht solche Regungen meist undiskutabel und un-beeinflußbar, manchmal hilft bewußte Vergegenwärtigung derFolgen.

Als Kardinalsatz gilt, daß wir aus dem Kosmogramm nicht Er-eignisse und Erlebnisse, sondern Strukturelle Voraussetzungen zusolchen deuten. Aus diesem Grund wollen die Anlagewurzelnauch psychologisch und die Auswirkungsgebiete auch soziolo-gisch durchdacht sein, um die Reaktionen auf herantretende An-lässe zu verstehen. Von der Anlagestruktur aus bleibt dies einbeihelfendes Studium, der aus dem Kosmogramm ersichtlicheBedeutungszusammenhang bildet das Gegengift gegen die übli-chen Durchschnittsurteile.

In bezug auf die Verdinglichung, den viel gehörten «Schreinach Tatsachen», darf nie die Gesamtschau dem Reiz, möglichstviel konkrete Treffer herauszuholen, geopfert werden. Dies er-zieherische und therapeutische Gebot geht vor allem die Lage derKonstellation in den 12 Feldern an. Zwar ist das Horizont-

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Meridian-System auf Gegenständlichkeit ausgerichtet, dochletzten Endes auf den Bedeutungswert der Dinge für das Ganze.Dies ist ausschlaggebend für die Selbstverwirklichung, währenddas Interesse unseres Verstandes gemeinhin Personen und Dinge«an sich» herausgreift und sie praktisch dennoch ichbezogensieht im Sinne des «Interessanten», womit man sich oft dem brei-teren Wesensgrund entfremdet. Viele Anfrager leben in der Illu-sion: «Mich selber kenne ich genau, ich will nur wissen, was indieser oder jener Sache passiert.» Es sind bei Konflikten die Un-belehrbarsten. Dieses «Sich-selber-Kennen» meint ja meist eineWunschperson, oder der Betreffende mißt sein Wissen von sichan Normen dessen, was «man» anstreben und tun müsse. Dage-gen braucht Selbstverwirklichung neben der Einsicht eine gewis-se Abständigkeit vom «interessanten Augenblick»; ohne einenpersönlichen Wert- und Bedeutungswandel der Dinge ist keineEntwicklung möglich. Diese Einkleidung der Strebungen in ver-schiedenerlei materielle Wirklichkeit will am Feldergerüst kon-trolliert sein. Damit bereiten wir vom Bedeuten her die zeitliche,die prozeßhafte Erfassung des Wesens, seiner Verlaufsgestaltvor.

Sehen wir ganz ab von den Zeitberechnungen, den astrologi-schen Direktionen und Transiten, so enthält die Struktur gewisseCharakteristika der Verlaufsgestalt. Dies wurde bereits ange-schnitten unter dem Stichwort «Kräftedynamik» (S. 421 ff.) so-wie mit der allgemeinen Bedeutung von � für Anfänge, � fürEndzustände. Im einzelnen spielt natürlich auch das Tempera-ment hinein und damit die Lage auf den Seinsebenen (S. 374 ff.),wonach ein überwiegender Melancholiker sein Leben wesentlichanders gestaltet als ein überwiegender Choleriker. Auch abgese-hen von aspektmäßig begründeten Verzögerungen oder Be-schleunigungen enthält jedes Zeichen gewisse Tempi undLebensschicksale vorgebildet. Etwa STIER kann anstellen, was erwill, er bleibt geruhsam im Banne der eigenen Schwerkraft.Hierin liegen seine Tugenden, nicht in der erregbaren Umwand-lungskraft des Gegentypus, von SKORPION. Dies muß der An-dersartige, der mit STIER umgehen will, wissen und bedenken;auch wenn er das andere, das luftige Venuszeichen WAAGE be-

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tont hat, darf er die erdnahen Gefühle von STIER nicht einfach alsBallast für seinen Ballon benutzen, um den ihm lästig Geworde-nen eines Tages abzuwerfen. Doch alles so Bestimmte betrifftmehr die Bewältigung von Aufgaben, die Substanz der Ziele, dieRückversicherungen, kurz, die Art und Weise der Lebensäuße-rung. Für die Gesamtstruktur ist wichtig, wie jemand seine Kräf-te, Äußerungsweisen, Interessen zum Gleichgewicht bringt. Auchdies spielt im Gesamtverlauf des Lebens mit; und dabei haben oftdie Anforderungen der Umwelt das große Wort. Selbst bei auf-gelöstester Struktur muß der Mensch notwendig als Ganzer zu-sammenhalten. Es wäre irreführend, aus Augenblickslösungen ineiner turbulenten Zeit diese Erfordernisse einer Wesensstrukturzu beurteilen, wenn man nicht ein Bild dieser Struktur selbsthätte, so daß am momentanen Gelingen und Erfolg sichtbar wird,was oft nur zur Erreichung des Gleichgewichts nötig war. Beidrohender Auflösung kann es eine lebhafte Gegenfarbe zumGrau des Alltags sein, bei existentieller Behinderung ein an-scheinend unsinniges Steckenpferd. Dem vordergründigen Ver-stand und dem meist schief en Vergleich mit anderen ist dies We-senswichtige schwer beizubringen, da es aus unbewußten Tiefenkommt. Schließlich wäre es verkehrt, das in seinem Fluß be-greifliche Lebensdrama stets vom Blickpunkt des stabilenGleichgewichts betrachten zu wollen, wozu das Kristallartigeeiner mit allen Aspekten auf gezeichneten Konstellation leichtverleitet. Allgemeines Kennzeichen des Lebendigen ist das labi-le, das Fließgleichgewicht, der in wechselnden Anforderungenimmer wieder anders hergestellte harmonische Zusammenhalt.

Hierin aber gibt es angeborene Unterschiede, die im Bau desWesensgefüges begründet sind. Eine trigonal aufgebaute Figurtendiert mehr zum statischen Gleichgewicht als eine oppositio-nell gebaute, die aus dem Hin- und Hergeworfensein zur über-greifenden Einheit der Gegensätze strebt. Auf der stabilen Seitegibt es wieder die Extreme starrer Materialität von Dingen, die«Hand und Fuß haben», sowie die glasklare Idealität herrschen-der Grundsätze, den Gegensatz des erdhaften und des luftigenTrigons. (Nicht zu verwechseln mit Versteifungen aus unbewäl-tigten �-Aspekten!) Auf seiten entfesselter Lebensdramatik set-

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zen sich diesen Prinzipien die Wasser- und Feuerzeichen entge-gen, deren Gleichgewichtsbedingungen vertauschbarer sind undbei Oppositionen eher zu «Reibungen am Anderssein», zu Aus-einandersetzung, Krisis, Entscheidung und Wandlung führen.

Bei der hiermit nur skizzenhaft angedeuteten Verschiedenheit,bei allen Unterschieden überhaupt, muß natürlich die eigene An-lage und Neigung im Urteil zurückstehen. Man darf keine «Lieb-linge» haben, wenn man die einem Menschen angemesseneWesensharmonie beurteilen will, Auf objektivierte Weise viel-mehr will das Harmoniesymbol, �, gegensätzlich zum Trieb- undDrangsymbol, �, angewandt und in die Beurteilung eingestelltsein. Die lebenszeugende Spannung dieser beiden Wesenskräftebewährt sich auch in zweierlei Grundauffassungen des astrologi-schen Meßbildes. Im Gefolge der psychologischen Trieblehrenhaben wir uns angewöhnt, das Augenmerk hauptsächlich auf dieDynamik zu rechten. Wir brauchen deswegen nicht alles von der�-Stellung her aufzuzäumen; der prozeßhafte Charakter istschon in den Aspekten begründet, deren jeder eine bestimmteThematik des Tuns und Lassens und, wenn man will, «Ziele»,das heißt Aufgabenlösungen enthält. Besonders die Dissonanzen,und zumal in «tätigen» Zeichen, drängen sich dabei dem Blickvor, wir kommen so zu spannenden Wendungen im Werdegang.Demgegenüber beruht aber kosmologische Betrachtung im Ei-gentlichen auf dem Harmonikalen. Der Anblick der Gesamtpro-portion in der Lagerung der Teile vermittelt uns die Stellenwerte,Gewichte der Einzelheiten, die Mehr- oder Minderbetonung imGanzen. Hieraus verstehen wir insbesondere die Rolle von Kom-pensationen, die eben nicht einfach «Ersatz für Triebziele», son-dern zuweilen notwendige Ruhepunkte zur Erhaltung desGleichgewichts sind.

Strebt das Marsische zum «Kampf um sich» in der aufge-rissenen Problematik, so bevorzugt venushafte Betrachtung blei-bende Formen, Symmetrie und Ausgleich. Dort die Einzigkeitund Erstmaligkeit, hier Wiederkehr, und damit gelangt man zumTypus. Auch die verschiedenen Typenlehren können uns bei derSichtung des Materials behilflich sein. Doch das Bemühen, Men-schen in Typensysteme einzureihen, ließ meistens die Problema-

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tik, welche die tätige Wirklichkeit beherrscht, beiseite. Dieastrologische Ganzheitsdeutung soll diese gegensätzlichen Auf-fassungen vom Menschen überbrücken. Der Aufbau ihrer Ele-mente wird dem Grund der typologischen Einteilungen indifferenzierter Zusammenordnung gerecht, mit dem Herauslöseneinzelner «Typen» aber kommt man nur summarisch an die Pro-bleme heran. Es geht nicht allein darum, wieviele Anteile vondiesem oder jenem charakterlichen Extrem sich in einem Men-schen «mischen» oder «legieren», sondern wie das genaue Ver-hältnis von Bausteinen der Individuation beschaffen ist, dyna-misch und statisch. Ein reiner Typus wäre gar nicht lebensfähig,weil in sich spannungslos, ein einziger Grundtrieb, dogmatischeingesetzt, führt ins Gestaltlose. Dies sind Abstraktionen aus denfür durchschnittliche Beobachtung anfallenden Merkmalen.Theorien pflegen sich bei ihrem Auftreten allgültig zu geben, dieAufgabe einer Zusammenschau aber besteht wesentlich darin,diese Gültigkeit auf das in der Beobachtung zutreffende Maß ein-zugrenzen, und damit bringt sie Auffassungen zusammen, dieeinander auszuschließen scheinen. Daß es in der inneren Wirk-lichkeit nicht nur widersprüchlich, sondern nach mehreren Rich-tungen hin aufgeteilt zugehen kann, weiß jeder intime Seelen-kenner. Dieses in den Kräftebeziehungen begründete eigentlicheLebensdrama spielt sich meist unauffällig ab, verborgen imSchoß des «kosmischen Entwurfs». Mit den «Häuserproblemen»geraten wir in Symptome dieses Vorganges, ihre Oberflächetäuscht leicht über die innewohnende, die endogene Problematik,wenn wir im jeweils Angestrebten nicht die «stellvertretendenDinge», das Bedeutungshafte sehen. Gelegenheiten und momen-tane Störungen sowie schicksalhafte Abriegelungen kommenzwar von außen her. Daß sie aber zu Zielen des Strebens, zuKonflikten werden oder zu Wandlungen führen, liegt in der Tiefedes Wesens beheimatet. Deshalb beginnt der richtige Spannungs-ausgleich gegebenenfalls an einem ganz anderen Punkt als dort,wo Erwartung einsetzt oder Zerwürfnis sich ausbreitet.

Unsere Art der Aufzeichnung bringt sowohl das venushaftePrinzip der Lagerung als auch das marsische Prinzip der proble-matischen Bewegung zur Schau. Dies ermöglicht uns, sofort den

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springenden Punkt des Ganzen zu sehen. So zeigt uns das Ge-burtsbild Strindbergs die für seine Produktivität überragende Be-deutung des Partnerschaftsproblems. Bei van Gogh handelt essich um eine sinnvolle, den Ausdruck seines Gemütslebens er-möglichende Arbeit, denn gerade abseits von der Hauptmassestehende Punkte sind meist entscheidend für das Ingangbringender Gesamtproblematik. Ist dies bei van Gogh eine Konjunktionvon � und �, so liegt darin temporär, daß die Lösung eine ge-wisse Persönlichkeitsreife voraussetzt. Bei Kafka finden wir ab-seits unter dem Horizont nur �; fragwürdige Stütze seinesPersönlichen war das Außenseitertum, dessen früh einsetzendesBewußtwerden die Welt zu einer gefährdeten, katastrophen-schwangeren machte, der zentrale Wunsch nach Erfüllung in ei-nem intimen Leben blieb ganz im geheimen. Wie anders einoppositionell gebautes Bild, etwa das von Friedrich d. Gr.; eszeichnete schwere Auseinandersetzungen infolge des elterlichenKonflikts vor, und die Entscheidung für �, die väterliche Re-gentenauf gabe, von welcher das eigene Zentrum lebte, wurdenur ermöglicht durch Verzichtleistungen analog � d � in LÖWE,die Mutterwelt und spielhafte, prachtliebende Note des Gemütsbetreffend. Temporär enthält diese Konjunktion eine Spätlösungim eigenen Refugium, seinem «sans souci». Im Bereich des el-terlich bestimmten Refugiums brachte Proust sein Leben zu,baute sich ein ästhetisches Reich als Absicherung gegen die -Realität der Außenwelt, die wiederum für Mussolini der Bodenwar, mit seiner Sondernote hervorzutreten. In diesen und anderenhier gebrachten Konstellationen haben wir Modellbeispiele fürdie weniger genialen Lösungen beim menschlichen Durchschnitt,stets sind sowohl die Charakteranlagen als auch die Vorausset-zungen zur eigenen Lebensgeschichte verschieden, das individu-elle Schicksal verwirklicht sich in der Anspannung der Kräftegemäß dieser Eigenart.

Neben solchem Hervorkehren des individuell Eigentümlichenverlangt die Gesamtdeutung zu beachten, was allen Menschengemeinsam ist. Im Rangverhältnis der Elementarordnung begin-nen wir sinngemäß mit dem Wesenskern. Mit anderen Worten:wir durchpflügen das Ganze auf seine Mittelpunktstrebigkeit hin.

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Vom �-stand aus das Geburtsbild betrachten, heißt die Fragevoranzustellen: wie sind im individuellen Falle die Teilanlagenauf die Kernanlage hin geordnet? Da in � sich die zentral orga-nisierende Kraft versinnbildlicht, ersehen wir aus der Stellungdieses Symbols die anlagemäßigen Bedingungen einheitlicherDurchgliederung. In bezug auf das Zusammenspiel der Kräftegibt es mehr oder minder begünstigte Gefüge. Begünstigt bedeu-tet nicht einfach «� in synthetischen Aspekten», wenn dies auchdie Förderung eines Zusammenwirkens vom Kern aus darstellt.Für die weitergehende Individuation können Dissonanzen,schicksalhafte Zwangslagen wichtig sein, weil sie Kraftentfal-tungen, freiwillige Erwerbungen und somit Entwicklungen her-ausfordern. Wird nicht nur Trotzhaltung, selbstbehauptenderMachtwunsch, sondern die lebensschöpferische Kernpotenzdurch Quadrate und Oppositionen hervorgelockt, so ist dies wün-schenswerter, als in Ruhe gelassen und gefördert werden analogvielen Trigonen; allerdings eine «Wenn-Dann»-Regel, denn obdie Reibung dies oder jenes zum Einsatz aufruft, liegt am mitge-brachten Überschuß und selbstbestimmenden Faktor. Begünsti-gung im Sinne einheitlicher Durchgliederung meint also starkeund reichhaltige Aspekte der �, der unbegünstigte Gegenfall istder isolierte, aspektlose �-stand. In bezug auf den selbstbestim-menden Faktor gibt es ein Berufen-, aber nicht Durchgedrungen-sein; nochmals diene Kronprinz Rudolf als Beispiel dafür, da erdie Widersätzlichkeiten aus den Quadraten von � und � nichtdem solaren Gesamtantrieb unterwarf, während dieselbenAspekte dem organisierenden Kern bestimmte Aufgaben setzenkönnten. Gegen solche «an Herz und Nieren gehende» Spannun-gen treten die schönsten anderweitigen Trigone an Bedeutungzurück, sie bezeichnen Ruhestellungen und Ausgleiche, die derzentralen Aufgabe nicht immer zugute kommen. Bei isolierter �ist es im allgemeinen schwieriger als bei einigermaßen, selbstdissonant aspektierter, eine Überlegenheit über die Teilstrebun-gen zu erreichen; die einordnende Beziehung zum Ganzen ist aufjeden Fall durch �-Aspekte angegeben.

Anhand der Planeten, durch welche die � aspektiert wird, be-urteilen wir demnach, vermittels welcher Seelenorgane sich die

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organisierte Selbstverwirklichung eines Menschen in erster Linievollzieht. Zweitgradig treten dann ihre Dominanzbeziehungen inKraft. Teilstrebungen, die darin nicht einbezogen sind, rückenmehr in die Rolle des zu gestaltenden Materials, des charakterli-chen Baustoffs, während die kernbezogenen den Zentralwillenunterstützen - auch im Widerspruch. Das von diesem Willensbe-reich Umfaßte duldet am allerwenigsten, daß man dies oder jenesnaturgeschöpflich nur ist, seine Befindlichkeit und sein Schicksalerleidet, sondern trachtet vielmehr dies Gegebene, auch demKern Widerstrebendes, zu verwandeln im positiv eigenen Le-bensbezug. Analytische Aspekte von Faktoren, die nicht wenig-stens in zweit- oder drittgradiger Beziehung zur � stehen,signalisieren darum stärker die Gefahr der Ausgliederung undVerselbständigung. Es gibt Gefüge mit mangelnder Bindung vonTeilstrebungen an den Kern, die man dezentralisiert nennenkann. Ist dies auch nicht gleichbedeutend mit Persönlichkeitszer-fall, der krankhaften Dissoziation, so erschweren solche Anlagendoch eine einheitliche Durchgliederung, das lebendige Erfassenund Meistern von Sonderregungen. Freilich sei man vorsichtigim abschließenden, wertenden Urteil; der �-stand sagt nochnichts über den selbstbestimmenden Faktor, gibt nur dessen vor-nehmsten Einsatzpunkt an. Auch die aufgelösteste Struktur be-sagt keineswegs, daß die innere Freiwilligkeit erdrückt würdevom «Material»; im Verstehen und Ausschwingen bei größererWeltoffenheit kann es auch bewältigt werden durch ein Sich-Tragenlassen von Umweltseinflüssen.

Hiermit berühren wir die gestaltenden Möglichkeiten des ande-ren Haupt-Lebenssymbols, wir müssen an das von der Peripherieher Ergänzende, an � denken. Auch dies Symbol vertritt dasWesensganze, aber nicht im aktiv organisierenden Kern, sondernim einheitlichen Durchdrungensein von der Funktionalität desLebens, hauptsächlich in der Gemütsbeteiligung an den wech-selnden Vorfällen zum Ausdruck kommend. Es gibt Konstella-tionen mit isoliertem �-stand, doch reich aspektiertem �:demgemäß findet sich ein Gefühlsreichtum selbst bei einem inder Äußerung kargen Zeichen wie STEINBOCK. Vielfältige �-Aspektierung erhöht die Reizempfänglichkeit, Spiegelung der

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äußeren Lage mit assoziierten Erinnerungen in der Phantasie,Anpassung an das jeweilige «Jetzt und Hier». Die Ganzheit liegtdann weniger in der Organisation als in der Verwirklichung, demModus der reizvollen Abweichung von der Norm im Lebensvoll-zug. Unter diesem Symbol ist alles lockerer. Die straff gespann-ten Aspekte, mehr durchlitten als meuternd aufgegriffen,erfordern Gefühls-, nicht Willenslösungen. In der von � be-stimmten Ausbreitung des Lebensraums im Gemüt gehen ver-schiedenartige Motive und Seelenstimmungen doch einheitlichzusammen, nämlich in der Art, sie zu erleben. Hier darf dieDeutung am wenigsten uniform sein.

Für die Zusammenschau ist wichtig, ob � und � sich imAspekt befinden, wie die mehr männliche und die mehr weibli-che Form des Gesamt-Erlebens sich zur Einheit ergänzen. Dazugehört, auf welcher Ebene die Stilformen ihres Ausdrucks liegen,wieweit die Zeichen, in denen � und sich befinden, einander ent-sprechen oder widersprechen. Handelt es sich bei � um das Be-herrschen von Teilstrebungen, so bei � um die Dienstbar-machung funktionell zusammengefaßter Einzelheiten; dement-sprechend sind ihre Aspekte in der Bedeutung für das Ganze ver-schieden zu bewerten. Der Unterschied «männlicher» und «weib-licher» Zeichen kann auch gegenteilig zu � und � auftreten. Ei-ne solche Umkehr der Dimensionen kommt naturgemäß im Ge-samtverhalten zum Ausdruck. Doch lasse man sich dadurch nichttäuschen; auch ein passiver Wesenskern, etwa � in STIER, bleibtder organisierende Mittelpunkt, hingegen eine aktive Gemüts-form, gleichzeitig etwa � in LÖWE, die Begleitmusik im Dasein.�, die Ausmessung der Lebenssphäre durch Symbole, Gefühle,Stimmungen, stellt gegenüber � die Frage: wie kreist das Lebenum die organisierende Mitte? Dies kann direkt oder indirekt,durchgreifend oder beiläufig, gespannt oder entspannt geschehen,je nach dem Einbau beider im Aspektgefüge. Als die beidenHauptzügel des Lebens behalten sie ihren Rang im Ganzen, ihreVerschiedenwertigkeit.

Beurteilen wir also die Aspekte zum �, dann sehen wir die Ei-genart der in Beziehung gebrachten Kräfte weniger aktiv demGanzen einbezogen, wie bei �-Aspekten, als passiv empfangen,

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sensibilisiert und innerhalb des Ganzen in Umsatz gebracht, zuden bedürftigen Stellen hingeleitet. Ein gutes Gleichnis dafür istder Lymphstrom gegenüber der motorischen Tätigkeit des Her-zens. In diesem Sinne gibt es reich oder dürftig ernährte Gefüge;steht aber auch nur ein Planet im Aspekt zum �, so kann sichüber dessen Dominantenverkettung die Wirksamkeit fortsetzen.In solchen Fällen bewährt sich die Deutungsregel: keine Einzel-aussage, ohne den einzelnen Punkt in sämtlichen Beziehungenzum Ganzen durchdacht zu haben.

In bezug auf den materialhaften Bestand endlich sehen wir imAszendenten die Erscheinungsform, sehen darin das Ganze in derphysiognomischen Besonderheit seiner Einkörperung ansetzen,während sich der Lebensraum schicksalhaft umgrenzt zeigt ana-log der �-stellung. Jener sagt anschneidend über Gestalt und Ge-bärde, Konstitution und Temperament in psycho-physischerWechselwirkung aus, prägsam im Sinne dessen, was C. G. Jungdie Persona nennt. Dieser empirische Ansatz ergänzt sich mit �im Verwirklichungsgesetz dessen, was in solcher Erscheinungs-form integriert werden kann sowie des Integriertseins im größe-ren Ganzen. Auch hier gibt der Stellenwert im Gefüge, insbeson-dere die Aspektierung des �, Auskunft über dürftige oder reicheSchicksale sowie den seelischen Ort, an dem der Strukturzwangam spürbarsten einsetzt und von wo er gegebenenfalls überwun-den werden kann. Bei Goethe mit � am Aszendenten sehen wirdie Eigenperson als Schicksal, die Herrschaft darüber lag in derAuswertung persönlicher Gaben, im Durchstehen der durchSKORPION bedingten Phasen und Entwicklungskrisen. Bei Mi-chelangelo mit � am Deszendenten wurden Auftrag, Befehl,Mißgunst, Förderung oder Unterbindung durch den jeweiligenPartner zum Schicksal; neben dem einschränkenden �-Quadratfehlt jedoch nicht der für Überwindung günstigste Aspekt, dasTrigon der �, anderseits erklärt der Aszendent im �-ZeichenSTEINBOCK die bedrückte und mit dem Nasenbein schon schick-salhaft angeschlagene Physiognomie. Am wenigsten Überwin-derkräfte finden sich gemeinhin bei der als «toter Punkt»bezeidmeten �-stellung (vgl. S. 400, erinnert sei auch an dieBeispiele: Schubert, Trakl, Pergolesi, Kleist, Schumann, aber

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auch Häckel), jedoch kann dies tragische Motiv in die Gesamt-haltung aufgenommen, fruchtbar werden als stimmungsmäßigerErnst, als Pflicht- oder Schuldmotiv, als auf sich genommeneSchwere. In der außerpersönlichen Bedingtheit des Schicksalsallerdings, der Konturierung von außen her, die nur in anlagemä-ßigen Vorahnungen das Wollen, Fühlen, Erwarten, Hoffen, Be-denken mitbestimmt, benötigen wir am meisten eine Kenntnisder Umstände jenseits der Aussagegrenze.

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VOM SINN DER AUSSAGE

Eines ist die Deutung astrologischer Meßbilder und die mit ih-rer Hilfe erworbene Menschenkenntnis, ein anderes die lebens-dienliche Aussage. Ihr Sinn ergibt sich aus der Grundauffassungder Astrologie, gespiegelt am Bedürfnis des Anfragers. DieMöglichkeiten der Mitteilung sind eine Niveaufrage; auf jederEntwicklungsstufe schlägt zwar die Struktur der Kräfte und Ei-genschaftsanlagen durch, mit der Höhe wechseln aber ihre Ent-sprechungsformen sowie die Bereitschaft und geistige Fähigkeit,dasjenige zu erkennen, dem sie entsprechen. Wer einem Mitmen-schen mit einer Aussage dienen will, darf dies Niveau weder un-terschätzen noch überfordern.

Meist muß dabei erst auseinandergelegt werden, was der An-frager miteinander verschmolzen und so sich vorbestimmt glaubt.Dies betrifft die Unterscheidung von festem Unterbau, gestal-tungsfähigem Lebensraum und gedanklichem Überbau. Unabän-derlich bleibt das in Aspekten niedergelegte Verhältnis derKräfte, die wir unter dem Namen der Gestirne verstehen, ebensobleiben die Eigenschaftsanlagen der Zeichen, die Richtungsanla-gen der Felder. Die hiermit umrissene Struktur gilt es jetzt alsRaum der Persönlichkeitsgestaltung begreiflich zu machen,worin der selbstbestimmende Faktor den Ausschlag gibt: er kanndie unvermeidlichen Probleme so oder so lösen, die Anlagen zudiesen oder jenen Eigenschaften ausprägen, an diesen oder jenenDingen sie verwirklichen. Natürlich geschieht dies in Auswer-tung eines spezifischen Familienerbes, das seine Vorzüge undseine Grenzen hat, und das Entworfensein auf Umwelt bewegtsich in bestimmten sozialen Verhältnissen. Welcher Begriffe sichder Anfrager zur Selbstverständigung bedient, seine Ideologie, isteine damit zusammenhängende Gegebenheit, auf die man soweitals möglich einzugehen hat, um sich begreiflich zu machen. Sei-ne gewohnte Art, die Dinge zu sehen, muß er jedoch unterschei-den lernen von dem, was die redliche Aussage aus dem Kosmo-

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gramm ihm geben kann. Ein starrsinnig Fatumgläubiger bleibtunbefriedigt, wenn er gedanklich nachvollziehen soll, daß dasSchicksal in der Struktur liegt, an deren Verwirklichung wir freiund verantwortlich teilhaben. Dies zu unterschlagen hieße aberden Sinn der Aussage aufheben. Es gibt Anfrager, die man besserwegschickt.

Gehen wir also verständigungshalber in der Aussageform aufdas Niveau des Anfragers ein, so betrifft die Aussage inhaltlichkeineswegs ein moralisches Niveau, eine Intelligenzhöhe odereinen sonstigen Grad, sondern die Artung von Fähigkeiten, diejede für sich auf ihre Weise graduierungsfähig, ausbildbar ist.Damit entfällt der öftere Mißbrauch astrologischer Begriffe alsEntschuldigung für Versäumnisse der Persönlichkeitsgestaltung.Man hört etwa: «Ich kann mich eben nicht konzentrieren, weilich den Merkur in FISCHE und den Saturn im Quadrat dazu ha-be», oder: «Mit meinem SKORPION-Mars im 5. Haus bleibt mirnichts übrig, als meine Triebe abzureagieren.» Was man auchanführen mag, es sind immer Bedingungen, höchstens Er-schwernisse, einen Zwang zum Versagen gibt es nicht. Untersu-chen wir das Anlagematerial im einzelnen, so zeigt es sich aller-dings verschieden gestaltungsfähig, sperriger oder fügsamer fürErziehung und Selbstgestaltung. Auch hier mache man die Un-terschiede klar, vor allem, daß das Temperament etwas relativUnveränderliches sei - worauf Ewalds Unterscheidung von Tem-perament und Charakter beruht -, in den Interessen dagegen diegrößte Freiheit liegt, aber das, womit man sich am meisten undmit Anteilnahme beschäftigt, wieder auf die innere Haltung zu-rückwirkt. Die Dingwelt der zwölf Felder steht für die Ent-scheidungswahl am meisten offen, diese ist darin nur im Bedeu-tungswert gebunden. Solche Bedeutungswerte sich bewußtma-chen, den Stil des Ausdrucks demgemäß zu erworbenen Eigen-schaften ausformen - keine echte Tugend bekommt man ge-schenkt -, an schicksalhaften Erfahrungen das Gesetz seinerSelbstverwirklichung kontrollieren, in alledem liegen Auf gaben,die zumeist auch den akuten Anlaß einer Anfrage einbegreifen.

Anknüpfend an diesen Anlaß wird man sich von der Situationdes Anfragers ein ungefähres Bild machen. In bezug auf die Lö-

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sung der vorgelegten Probleme darf dies aber kein definitivesBild sein, und auch wenn man annehmen muß, der Betreffendehandle doch so oder so, bringe man ihm nur Betrachtungspunkteund Vorschläge, möglichst in einer Weise, daß ihm die Lage derEntscheidungswahl grundsätzlich bewußt wird. Es gehört zumunabdingbaren Sinn der astrologischen Aussage, nie einem An-frager die Entscheidung abzunehmen. Gerade hiergegen wird ammeisten gesündigt, entsprechend den der Astrologie häufigst ent-gegengebrachten Erwartungen. Suggestive Aussagen mit derEwigkeit im Rücken setzen einen Erfüllungszwang, durch denein Mensch um seine Freiheit betrogen wird, für die Folgenmacht er dann ein unerforschliches, schablonenhaftes Schicksalhaftbar. Er konnte und sollte aber in der Schwebe erfaßt werden,wo er im Entschluß zu sich selbst stand und nur eine Bestätigungseines Soseins brauchte.

Hat man die Deutungstechnik erlernt und will man sie amMitmenschen anwenden, so tritt das Problem heran, wie das Ge-spräch zu führen sei. Die meisten Ratsuchenden sind zunächstgeneigt, fertige Antworten auf ihre Fragen hinzunehmen. Sie er-warten vom Berater eine regelrechte Auskunft über ihren Fall,statt Klarheit über die Voraussetzungen, selber zu entscheiden.Ihre Fragen kommen aus persönlichem Erleben, aus ihren Ab-sichten, Wünschen sowie dem Zusammenprall der Wirklichkeitdamit. Die Ausdrucksweise ist naturgemäß gegenständlich. DieseOberflächenhaltung birgt ihre Klippen für einen Berater, der ab-standslos darauf eingehen wollte. Im Grunde jedoch meinen diemeisten ein Verhalten, das ihrer optimalen Selbstverwirklichunggemäß wäre, und auch wenn sie nur nach kommenden Erfolgenfragen, plagt sie insgeheim der Zweifel, wieweit in ihnen selbstvielleicht die Ursache bisheriger Mißerfolge stecke. Es sind häu-fig Zukurzgekommene, Gehemmte und Verklemmte, sie bedür-fen einer Bestätigung abseits von den gewohnten Sätzen ihrerUmgebung, in deren Augen sie gegebenenfalls nutzlose Subjektesind, manche brauchen nichts als eine Beichte und Absolution.

Hier ist dem beratenden Astrologen nichts nötiger als erstensBesinnung auf die ihm zur Verfügung stehenden Mittel undzweitens Herstellung einer Atmosphäre, in der eine ausgestreute

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Saat auf gehen kann. Rein schulmäßiger Gebrauch dieser Mittelbliebe im Schematischen, brächte sein Wissen und Können nichtweiter, die Praxis macht ihm die Schranken der Aussage deutlich.Auch bei Studien-Besprechungen hat er es aber mit beeindruck-baren Seelen zu tun, und es ist oft schwer, die ihm allzugern zu-geschanzte priesterliche Rolle abzulehnen oder selbst nicht inden Nimbus eines Alleswissers zu verfallen. Noch ist seine Stel-lung nicht so eindeutig gefestigt wie die anderer Seelenberater,bei denen der Klient weiß, daß er «exploriert» wird und gewisseUnterlagen liefern muß, um Aufschlüsse von Wert zu erhalten.Noch steht er im Zwielicht des Wundermanns und der unkundi-ge, aber gläubige Anfrager in Gefahr, von einem feierlichen Ge-sicht, von undurchschaubaren, geheimen Kenntnissen dupiert zuwerden. Dies führt oft zur Fehlleitung bestgemeinter Ratschläge.Aber Persönlichkeit überzeugt immer, und wenn das Herz beimSprecher ist, öffnen sich die Ohren. Nach einleitendem, denKontakt herstellenden Gespräch, nach Hinweis auf die Grenzender Aussage und anderseits geschaffenem Vertrauen auf das, waspositiv gesagt werden kann, kommt es ganz von selbst zur Explo-ration, wie der psychologische Fachausdruck lautet. Sie führtüber die astrologischen Aussagegrenzen hinweg und gibt Gele-genheit, die wirksamen Argumente anzubringen.

Wer richtig explorieren will, darf nicht nur seine Vorstellungenvom betreffenden Fall bestätigt hören wollen, sondern die Füh-rung des Gesprächs liegt sinngemäß zunächst bei den aufgegrif-fenen Antworten des befragten Anfragers. Um in den Kern seinesAnliegens einzudringen, seine Konfliktlage zu verstehen undmitspielende Selbsttäuschungen aus den Angeln zu heben, gilt es,stets offen zu bleiben und der Wirklichkeit einen noch unbe-kannten Zusammenhang zuzutrauen. Auch nahe bei der ge-glaubten Lösung kann ein entscheidend neuer Umstand eintreten.Die Exploration soll ja nicht Strukturelemente aufdecken - diesehaben wir im Meßbild -, sondern sie hat ätiologische Bedeutunghinsichtlich der Entsprechungen. Ermittelt werden soll, was sichin einem bestimmten Milieu, aus diesem und keinem anderenElternerbe, unter Einsatz oder Versagen des selbstbestimmendenFaktors individualgeschichtlich herausgebildet hat. Diese Vor-

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dergründigkeiten, in denen sich der Normalmensch bewegt, sinduns Einkleidungen, Entsprechungen dessen, was wir im Meßbildgrundsätzlich zusammengefaßt vor uns haben. Zugleich, für dieBeratung das Ausschlaggebende, ersehen wir im Meßbild denBedeutungszusammenhang der Erlebnisse für den Aufbau derPersönlichkeit. Dieser ist dem Anfrager verborgen, sonst käme ernicht, denn äußere Ursachen und Konventionsmeinungen genü-gen ihm kaum. Mit dem in der Exploration erlangten Wissenkann man ihm nun im Anschaulichen die zusammenhaltende undauf einen Sinn der Vorgänge zugeschnittene Struktur verdeutli-chen.

Statt sinnloser Eitelkeiten der Jagd nach Treffern kommt es aufdie helfende Hand an, wofür die Exploration die Ansatzpunktebloßlegt. Freilich darf dies kein «Aushorchen» sein; hiergegensich wappnend, sitzt mancher Skeptiker zuerst als stumme Wandda, bis der Einbruch gelingt, indem das auf dem Tisch liegendeStück Papier von Dingen spricht - Anstrengung an falscher Stel-le, Rückschlag verkehrt eingesetzter Hoffnungen und dergleichen-, die er nur sich bekannt glaubt. Dann gilt es vom Gewordenenher das «werde wesentlich» aufzubauen. Kein Mensch, der nichtauf fixen Ideen und autistischer Absperrung beharrt, entzieht sichdem auf gewiesenen Bedeutungszusammenhang, dem Evi-denzerlebnis; die Nebenwirkungen einer so geführten Ausspra-che liegen darin, daß sie Festgefahrenes auf lockert und es demRatsuchenden ermöglicht, die Weichen umzustellen. Hier be-ginnt die therapeutische Seite, über die viel zu reden wäre. Ex-ploration auf astrologischer Grundlage heißt, an einem Dramateilnehmen, dessen sich der Hauptspieler oft erst im Augenblickdes Sprechens bewußt wird, einsehend, daß in vielen «Bosheitender Mitwelt» sich nur die Folgen eigener Unterlassung oder un-befugter Einmischung auf ihn warfen, ihn in die Enge trieben.Natürlich wollen solche individuellen Spielfehler unterschiedensein von tatsächlichen Fehlern anderer sowie von sozialen Ver-hältnissen, in denen man an einem kollektiven Schicksal teil hat.

Selten will der Ratsuchende nur seine Neugier befriedigen.Getrieben von einer Situation, worin er mit sich uneins ist, sucht

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er die ungeteilte Verfügung über seine Kräfte zu erlangen. Dazugehört erstens die Rechtfertigung vergangener Taten, zweitensdie Entscheidung über Kommendes, und meist ist es dieses, inForm eines besonderen Anliegens, was ihn herbringt. KommendeLagen sind aber nicht nur äußerlich vom Vergangenen bedingt,sondern die richtige Entscheidung fußt auf einer Intaktheit desGewissens, die auf gerechtfertigtem oder als falsch erkanntemfrüheren Verhalten beruht. Schlimmste Vergangenheit kanndurch Einsicht zur Reinigung und zu um so besseren Grundsät-zen führen. Wir sind an einem Punkt, wo sich die Praxis derAstrologischen Menschenkunde vom meist geübten psychologi-schen Verfahren unterscheidet. Eine Handlung ist noch langenicht gerechtfertigt, wenn im Täter ein einsehbarer psychologi-scher Grund vorlag, und eine Entscheidung noch nicht richtig,wenn Motiv und berechenbare Folge einer Handlung dem augen-blicklichen Bewußtsein einleuchten. Es kommt darauf an, ob diesBewußtsein auf der Höhe einer Neutralität des Geistes steht, diemit Abstand zum Augenblick und äußeren Motiv in die Entste-hungsgründe eigenen wie fremden Handelns hineinblickt. DasKosmogramm zeigt die Gesamtpersönlichkeit in überdauerndenErfordernissen des Gleichgewichts, wobei das Verhältnis zurUmwelt mitspricht. Es gibt Entscheidungen, die hinsichtlich derFolgewirkungen, beurteilt von äußerem Nutzen oder Schaden,falsch waren, aber doch richtig, weil sie eine Lücke der Wesens-harmonie ausfüllten; umgekehrt gibt es Entscheidungen, richtigin Hinsicht des herausspringenden Nutzens, aber falsch, weil sieauf eine Position festlegten, die das Gleichgewicht stört. WäreEntscheidung nur eine Denkaufgabe, dann gäbe es keine regulie-rende Gesamtpsyche (vgl. S. 221), die vom Unbewußten herganz andere Probleme als die eines Nachteils oder Gewinns aufrollt. An einer Entscheidungskrise sind alle Schichten beteiligt.Freilich kann jeder nur nach seinem Zuschnitt selig werden, dochdie Verwirklichung reicht auch in außerindividuelle Bezirke hin-ein.

Man könnte das «Warum» der gestellten Fragen statistisch aufwiederkehrende Anliegen untersuchen, Ehekrisen, Berufsent-scheidungen, schwer erziehbare Kinder und das ständige «paßt X

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oder Y besser zu mir?»; seltener ist der Mensch sich selber Pro-blem in Entwicklungskrisen, in befürchteter Stagnation. Worumes immer geht, bewußt oder gefühlsmäßig, ist der Sinn des Tuns,die gesuchte Leitlinie. Mag darin ein Ausdruck weltanschauli-cher und religiöser Stellungslosigkeit gesehen werden - Grundfür manche Astrologen, einen Ersatz dieser Art anzubieten -, aufjeden Fall ist eine echte Fragesituation etwas, womit man behut-sam umgehen muß. Sie will nicht mit Rezepten abgespeist, dieAntwort muß gefunden werden. Fertige Patentlösungen genügennicht, sie lautet zumindest um Schattierungen anders als schonbekannte Anwendungsfälle der Elemente. Zur Revision desastrologischen Gedankens gehört, daß man in dem, was frühereJahrhunderte zu einem Frage-Antwort-Automaten auszubauengedachten, das Rüstzeug einer heuristischen Methode entdeckte.Bei einer solchen Methode werden Prinzipien oder Hypothesen,die einen Sachverhalt erklären, als Annahmen gebraucht, umNeues zu finden. Insofern die gesuchte Lösung dann richtig ist,wenn sie dem strukturellen Bedeutungszusammenhang am bestenentspricht, ist die Beratungssituation ein Finden im Arsenal derEntsprechungen. In seiner Deutung hat der astrologische Beraterteil am Dilemma des Ratbedürftigen. Er kann ihm die Situationaus elementaren Zusammenhängen aufhellen, während es in derengeren Entscheidung wie gesagt besser ist, innerhalb dargebote-ner Betrachtungspunkte und Vorschläge ihm den letzten Schalt-griff freizustellen.

Wir packen die ethisch schwerwiegendsten Einwände gegendie Astrologie an ihrem Angelpunkt, dem Freiheitsproblem,wenn wir mit ihrem Rüstzeug richtig umgehen lernen. Richtigumgehen heißt praktisch, das in der Beurteilung offen zu Lassen-de, das Prägbare und Gestaltungsfähige, abzuheben von der si-cheren Aussage, die sich auf das Gefüge mitgebrachter Anlagenerstreckt. «So bist du von Geburt, mit diesen oder jenen Bedin-gungen hast du zu rechnen, was du daraus machst, liegt bei dir.»Aus diesem klargemachten Verhältnis zum Welthintergrund kannman stets den latenten Möglichkeiten zu sinnvoll manifestierterWirklichkeit verhelfen. Der Deutende darf nur das, was im be-treffenden Menschen angelegt ist, finden und fördern wollen.

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Dieser ist so gesehen der Träger bestimmter Aufgaben, mit derenErfüllung sein Leben einen Sinn bekommt in Antwort auf dieFrage: was kann ich tun, was kein anderer an meiner Stelle tunwürde? Gegenkräfte geben dem so gefundenen Vorhaben seineSpannung. Mit dieser optimalen Möglichkeit wird ihm nichtsWesensfremdes auferlegt. Sie tendiert zum Inbegriff seiner Be-stimmung, und indem man ihm hilft, das Bestmögliche davon zuverwirklichen, bringt man ihn dieser Bestimmung näher.

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PERSONENVERZEICHNIS

Die Geburtsdaten der mit * bezeichneten Namen sind im Anhang des er-sten Bandes oder in den Fußnoten und Kosmogrammen dieses Bandes zufinden. Sie sind mit Sicherheit bekannt. Dagegen konnten die hier ange-führten Geburtsdaten nicht in jedem Fall mit absoluter Gewähr ermitteltwerden.

Achill;14Alexander II. von Rußland (geb. 29. April 1818 greg., 10 h a. m.,

Moskau);76Andersen, Hans Christian (geb. 2. April 1805, 1 h a. m.,

Odense);90;100;110Aristoteles;173Augustus, Kaiser (geb. 23. September 63 v. Chr., kurz vor

Sonnenaufgang, Rom);74;113;182Bach, Johann Sebastian;251Bacon, Francis (geb. 22. Januar 1561, gegen 11 h a. m.,

London);90;109Balzac, Honoré de (geb. 20. Mai 1799, 11 h a. m., Tours);90;111Baudelaire, Charles *;

44;75;91;119;120;213;404;425;445;452;464;468;476;479;480;483;487;496;506;507;508

Bebel, August (geb. 22. Februar 1840, 8 h 30 m p. m., Köln-Deutz);234

Beethoven, Ludwig van;251Bismarck, Otto v. *;183;393;459;460;461;468Blake, William (geb. 28. November 1757, abends,

London);101;117Blavatsky, H. P. (geb. 31. Juli 1831 jul., 1 h 47 m a. m.,

Ekaterinoslav, unsicher, ev. 1 Tag später);234Bleuler;158Borgia, Cesare (geb. 17. September 1475, vor

Sonnenaufgang);235;489;493Bracque, Georges *;90;482;483

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Brahms, Johannes (geb. 7. Mai 1833, 3 h 30 m a. m.,Hamburg);108

Brecht, Bert (geb. 10. Februar 1898, 4 h 30 m a. m.,Augsburg);101;117

Brock;57Brown, Th.;173Bruckner, Anton (geb. 4. September 1824, 5 h 10 m a. m.,

Ansfelden OÖ.);109Busch, Wilhelm (geb. 15. April 1832, 6 h a. m., Wiedensahl);110Büchner, Georg *;101;461Calvin, J. (geb. 10. Juli 1509, 1 h 30 m p. m., Noyon);100Carossa, Joh. Carl (geb. 15. Dezember 1878, 10 h p. m.,

Tölz/Obb.);101;234Cézanne, Paul (geb. 19. Januar 1839, 1 h a. m., Aix-en-

Provence);88;109;481Champollion, Jean François (geb. 23. Dezember 1790, 2 h a. m.,

Figeac/Dauphiné);90;99;489;494Chardin, Pierre Teilhard de *;47;110;481Claudius, Matthias *;54;101Clemençeau, Georges (geb. 28. September 1841, 9 h 30 m p. m.,

Mouilleron-en-Pardes);62Cocteau, Jean (geb. 5. Juli 1892, 7 h a. m., Paris);91;117Corbusier, Le (Ch. E. Jeanneret-Perret) (geb. 6. Oktober 1887,

9 h p. m., La Chaux-de-Fonds);233Corelli, Arcangelo (geb. 17. Februar 1653, Stunde unbekannt, bei

Imola);489Corot, Camille (geb. 16. Juli 1796, 1 h 30 m a. m., Paris);87Courbet, Gustave (geb. 10. Juni 1819, 3 h a. m.,

Ornans/Doubs);77;112Cromwell, Oliver *;452;455;456;457;460Curie (Marie Sklodowsky) (geb. 7. November 1867, 1 h 24 m

p. m., Warschau);108;234Cuvier, Georges de *;114;233;383;386;389;390;391;407;460Dacqué, Edgar (geb. 8. Juli 1878, 3 h p. m.,

Neustadt/Pfalz);100;234Daumier, Honoré (geb. 26. Februar 1808, 3 h p. m.,

Marseille);119;234

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Dehmel, Richard (geb. 18. November 1863, 3 h 45 m a. m.,Wendisch-Hermsdorf);90;233

Dickens, Charles (geb. 7. Februar 1812, kurz vor Mitternacht,Landport);100;120;251;489

Dostojewski, Fedor (geb. 11. November 1821 greg., Stundeunbekannt, Moskau);212

Driesch, Hans *;102;116;234;482Droste-Hülshoff, Anette v. *;251;386;390Duttweiler, Gottlieb *;471;473;474Dürer, Albrecht (geb. 21. Mai 1471, 10 h 25 m a. m.,

Nürnberg);118Ebertin, Reinhold;400;401;432;443Edison, Alwa Th. (geb. 10. Februar 1847, 11 h 33 m p. m.,

Milan/Ohio);120Edward the black Prince;250Ehrenfels, Chr. v. (geb. 20. Juni 1859, 5 h 42 m p. m., n. Breite

48°, ö. Länge 0 h 57 m 42 s);75;89;119;388Eichendorff, Joseph v. (geb. 10. März 1788, kurz nach

Mitternacht, Lubowitz, Oberschlesien);89Einstein, Albert *;53;116;396;397;398;399;400;421;423Eisner, Kurt (geb. 14. Mai 1867, 10 h 15 m p. m., Berlin);75Elisabeth von Österreich, Kaiserin *;108Engels, Friedrich (geb. 28. November 1820, 9 h p. m.,

Barmen);40Erzberger, Matthias (geb. 20. September 1875, 9 h p. m.,

Buttenhausen/Wttbg.);75Ewald;536Feininger, Lionel (geb. 17. Juli 1871, 6 h 8 m a. m., E St T, New

York);47;110;489;493Flaubert, Gustave (geb. 13. Dezember 1821, 4 h a. m.,

Rouen);89;101Franz Ferdinand, österr. Thronfolger;69Franz I. von Frankreich (geb. 12. September 1494, spät abends,

Cognac);52Franz Josef, Kaiser *;68;69Freud, Sigmund (geb. 6. Mai 1856, ca. 8 Uhr abends, Freiberg in

Mähren);43;103;113;158;173;211;252;256

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Friedr. Wilhelm von Preußen, König (geb. 15. August 1688greg., 3 h p. m., Berlin);44;53;74;118

Friedr. Wilhelm, d. gr. Kurfürst (geb. 5. Februar 1620, jul.,Sonnenuntergang, Berlin);116;250

Friedrich II. von Preußen, d. Gr. *;54;63;89;110;116;366;367;368;408;411;424;425;427;432;446;509;510;529

Friedrich III., Kaiser (geb. 18. Oktober 1831, 10 h a. m.);235;461Gagarin, Yuri A. *;391;393George, Stefan *;44;117;425Gilles, Werner (geb. 29. August 1894, 11 h 45 m p. m.,

Rheydt);90Goethe, Joh. Wolfgang *;

55;63;90;113;251;367;368;412;415;416;417;421;446;452;498;499;501;502;533

Gogh, Vincent van *;88;373;374;376;433;434;445;488;504;529Grabbe, Chr. Dietrich (geb. 11. Dezember 1801, Stunde

unbekannt, Detmold);250;251Grillparzer, Franz *;55;90;100;115;116;489;494Gründgens, Gustaf (geb. 22. Dezember 1899, 10 h 4 m a. m.,

Düsseldorf);88;112Gustav Adolf von Schweden (geb. 18. Dezember 1594 [9. 12.],

vor Sonnenaufgang, Stockholm);76;235;250;489Guyau, Jean Marie (geb. 28. Oktober 1854, 5 h p. m.,

Laval);74;112Görres, J. (geb. 25. Januar 1776, mittags, Coblenz);107Hahnemann, Chr. F. Samuel *;

120;396;398;401;402;415;421;423;424Hamsun, Knut (geb. 4. August 1859, 3 h 20 m a. m.,

Lom/Gudbrandstal);90;100;110Hauptmann, Gerhart (geb. 15. November 1862, 9 h 26 m a. m.,

Agnetendorf);90;112Haydn, Josef *;112;415;465;468;470;489;494Hedin, Sven *;107;386;397Heidegger, Martin (geb. 26. September 1889, 11 h 30 m a. m.,

Meßkirch);108Heinrich VIII. von England (geb. 28. Juni 1491, gegen 11 h

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a. m., Greenwich);76Heisenberg, Werner Karl (geb. 5. Dezember 1901, 4 h 45 m p.

m., Würzburg);119Hellpach, Willy (geb. 26. Februar 1877, 11 h a. m., Oels);100Hemingway, Ernest *;101;112;460Herakles;13;14Herder, J. G. (geb. 25. August 1744, 11 h 30 m p. m.,

Mohrungen);54;88;118;213Hesse Hermann (geb. 2. Juli 1877, 6 h 30 m p. m.,

Calw/Wttbg.);100;107Hille, Peter (geb. 11. September 1854, 3 h a. m.,

Erwitte/Westfalen);88Hindenburg, Paul v. (geb. 2. Oktober 1847, nachm.,

Posen);44;212Hitler, Adolf (geb. 20. April 1889, 6 h 30 m p. m.,

Braunau/Inn);51;75;183;250Hodler, Ferdinand (geb. 14. März 1853, 5 h 57 m a. m.,

Gurzelen/Bern);111Hoffmann, E. Th. A. (geb. 24. Januar 1776 gegen Mittag,

Königsberg/Pr.);89;107Hofmann, Heinrich (Struwwelpeter) (geb. 13. Juni 1809, 6 h 30

m a. m., Frankfurt am Main);112Hofstätter, P. R.;158Holz, Arno (geb. 26. April 1863, 4 h p. m.,

Rastenburg/Ostpr.);251Huch, Ricarda (geb. 18. Juli 1864, 1 h 34 m p. m.,

Braunschweig);101;108;233Hugo, Victor (geb. 26. Februar 1802, 10 h 30 m p. m.,

Besançon);112;213Hutten, Ulrich v. (geb. 21. April 1488, nach 10 h a. m., bei

Fulda);100;251Huysmans, J. K. (geb. 5. Februar 1848, 7 h a. m., Paris);234Häckel, Ernst *;373;374;375;395;407;408;416;421;423;534Hölderlin, Friedrich (geb. 20. März 1770, Stunde unbekannt,

Lauffen/Neckar);182;213;251;489;493Iwan der Schreckliche (geb. 25. August 1530, 10 h 45 m p. m.,

Moskau);250

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Jean Paul (Friedr. Richter) (geb. 21. März 1763, 1 h 30 m a. m.,Wunsiedel);114

Josef II., Kaiser *;110Jung, Carl Gustav (geb. 26. Juli 1875, 7 h 30 m p. m., Keßwil bei

Romanshorn);9;119;166;170;513;533Jünger, Ernst (geb. 29. März 1895, 12 h Mittag,

Heidelberg);88;100;109Kafka, Franz *;

373;375;406;407;419;421;423;428;430;433;445;452;475;476;488;500;501;502;505;507;529

Kainz, Josef (geb. 2. Januar 1858, 7 h 20 m a. m.,Wieselburg/Ungarn);88;101;114;251

Kaiser, Georg (geb. 25. November 1878, 3 h 30 m a. m.,Magdeburg);100

Kant, Immanuel (geb. 22. April 1724, 5 h a. m., Königsberg /Pr.);53;116;234

Karl der Große (geb. 2. April 742, mittags, n. Breite 49°, w. L.4°);116;182

Karl V., Kaiser (geb. 24. Februar 1500, 3 h 30 m a. m.,Gent);41;182;460

Keller, Gottfried (geb. 19. Juli 1819, spät abends, Glattfelden beiZürich);100;118;234

Kennedy, John F. (29. Mai 1917, 3 h 4 m p. m.,Brookline/Mass.);44;74;120

Kepler, Johannes *;3;112Keyserling, Graf Hermann *;108Klages, Ludwig (geb. 10. Dez. 1872, 2 h 30 m a. m.,

Hannover);99Klee, Paul *;88;113;385;386;389;408;441Kleist, Heinrich v. *;100;109;110;395;469;534Klöckler, Frh. v.;30;425Koch, Walter;388;402Kollwitz, Käthe (geb. 8. Juli 1867, 9 h 30 m a. m.,

Königsberg/Pr.);77;88Kopernikus, Nikolaus * (geb. 19. Februar 1473, 5 h 4 m p. m.,

Thorn);53;114

Page 527: Ring Astro Menschenkunde Band3

521

Krauß, Werner (geb. 23. Juni 1884, 8 h 45 m p. m.,Gestungshausen/Bamberg);101

Kreutzberg, Harald (geb. 11. Dezember 1902, 3 h 40 m,Reichenberg/Böhmen);112

Krüger, Paul, Burenpräsident (geb. 10. Oktober 1825, nachSonnenaufgang, Bulhoek bei Colesberg);47

Kubin, Alfred (geb. 10. April 1877, 4 h 30 m p. m.,Leitermeritz);44;88;114

Lagerlöf, Selma (geb. 20. Oktober 1858, 8 h p. m., n. Br. 59° 45',ö. L. 12° 30');101;109

Leibniz, Gottfr. Wilhelm *;119;213Lenau, Nikolaus (Niembsch v. Strehlenau) (geb. 13. August

1802, frühe Morgenstunde, Csatàd/Ungarn);89;101;251Leopardi, Giacomo (geb. 29. Juni 1798, kurz vor

Sonnenuntergang, Recanati);114Liebermann, Max (geb. 20. Juli 1847, 11 h a. m., Berlin);88Liebig, Justus v. (geb. 12. Mai 1803, 8 h 30 m a. m.,

Darmstadt);114Lincoln, Abraham (geb. 12. Februar 1809, über eine Stunde nach

Mitternacht, Hodgeville/Kentucky);113;183Lorenz, Konrad;43Lorenzo de Medici (geb. 1. Januar 1449, abends,

Florenz);114;234;451Ludwig XII. von Frankreich (geb. 17. Juni 1462 jul., früh,

Blois);52Ludwig XIV. von Frankreich (geb. 5. September 1638, mittags,

Saint-Germain-en-Laye);110;234;460Luise, Königin von Preußen (geb. 10. März 1776, 7 h a. m.,

Hannover);47;76Luther, Martin (geb. 10. November 1483, 11 h 37 m,

Eisleben);90Mann, Thomas (geb. 6. Juni 1875, 10 h 15 m a. m., Lübeck);100Marc, Franz (geb. 8. Februar 1880, 10 h p. m.,

München);74;90;117Marconi, Guglielmo (geb. 25. April 1874, 9 h a. m.,

Griffone/Bologna);114

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522

Maria Stuart, Königin (geb. 7. Dezember 1542, 1 h 30 m p. m.,Edinburg);89;117;250

Maria Theresia, Kaiserin *;110Marie Antoinette, Königin (geb. 2. November 1755, 7 h 30 m

p. m., Wien);117Marx, Karl *;40;41Masaryk, Thomas (geb. 7. März 1850, nach 10 h a. m.,

Göding/Mähren);183Mataré, Ewald (geb. 25. Februar 1887, 3 h 30 m a. m.,

Aachen);112Matisse, Henri (geb. 31. Dezember 1869, 8 h p. m.

Cateau/Cambresis);88;112Maximilian I., Kaiser (geb. 22. März 1459, 5 h p. m., Wiener

Neustadt);108May, Karl (geb. 25. Februar 1842, 10 h p. m., Hohenstein-

Ernstthal);251Mazarin, Cardinal (geb. 14. Juli 1602, vor Sonnenuntergang,

Pescina/Abruzzen);53;116;460Meier-Parm, Chr.;422;424;425Michelangelo Buonarotti *;

41;87;108;212;234;367;368;446;447;448;449;450;451;452;508;509;533

Millet, François (geb. 4. Oktober 1814, 8 h p. m., beiCherbourg);117

Moissi, Alexander (geb. 2. April 1879, 12 h 30 m p. m.,Triest);88

Mombert, Alfred (geb. 5. Februar 1872, 11 h 30 m p. m.,Karlsruhe);89;100;117;489;493

Montaigne, Michel de *;100;490;491;492Morgenstern, Chr. (geb. 6. Mai 1871, 6 h 30 m a. m.,

München);88;107Morin, Jean Baptiste (geb. 23. Februar 1583, 9 h a. m.,

Villefranche);3Mozart, Wolfg. Amadeus *;

118;412;415;424;446;450;465;466;467;468Munch, Edvard (geb. 9. Dezember 1863, Stunde unbekannt,

Löiten/Hedemarken);233

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523

Musset, Alfred de *;74;100;474Mussolini, Benito *;

373;377;425;428;430;431;445;475;488;497;505;506;508;529Mörike, Eduard (geb. 8. September 1804, 11 h 45 m a. m.,

Ludwigsburg bei Stuttgart);74;100;233;251Nansen, Fritjof (geb. 10. Oktober 1861, 11 h 30 m a. m., bei

Christiania);116Napoleon I.;51;52;183;234Napoleon III. *;51;455;457;458;461Neoptolemos;14Nero, Kaiser (geb. 15. Dezember 37, bei Sonnenaufgang,

Anzio);250Nietzsche, Friedrich *;55;102;113;114;158;450;515;516Nikolaus II. von Rußland (geb. 18. Mai 1868 greg., mittags, St.

Petersburg);120Novalis (Friedr. v. Hardenberg), (geb. 2. Mai 1772, 10 h a. m.,

Wiederstedt bei Mansfeld);100;119;234;489;493Odysseus;13Ostwald, Wilhelm (geb. 2. September 1853 greg., 1 h p. m.,

Riga);75;107Paganini (geb. 27. Oktober 1782, 10 h 30 m a. m.,

Genua);107;442Palucca, Grete *;474Pasteur, Louis *;484;485;486;487Paul von Rußland (geb. 1. Oktober 1754 greg., 12 h 30 m p. m.,

St. Petersburg);250Pergolesi, Giov. Battista *;233;395;534Petrarca, Francesco (geb. 10. Juli 1304, vor Sonnenaufgang,

Arezzo);90;101;118Petöfi, Alexander *;89;100;120;251;484;485;487Pfahler, Gerhard;180;217Philipp II. von Spanien (geb. 21. Mai 1527, nachm.,

Valladolid);117Philoktet;13;14Picasso, Pablo (geb. 25. Oktober 1881, 10 h 45 m p. m.,

Malaga);77;90;116

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524

Platen, August v. (geb. 24. Oktober 1796, 10 h 30 m p. m.,Ansbach);101

Poe, Edgar Allan *;89;99;113;114Poelzig, Hans *;482Proust, Marcel *;

373;374;375;426;429;430;431;432;445;504;506;507;508;529Rathenau, Walter (geb. 29. September 1867, vor 6 h a. m.,

Berlin);235Reich, W.;35Reynolds, Joshua (geb. 16. Juli 1723, 10 h 20 m a. m.,

Plympton/Plymouth);88Richelieu, Cardinal (geb. 9. Sept. 1585, 9 h 34 m a. m.,

Paris);120Riemann, Fritz;374;375Rilke, Rainer Maria *;88;100;233;390;393;409;500Rimbaud, Arthure (geb. 20. Oktober 1854, 6 h a. m.,

Charleville);90Robespierre, Maximilian *;111Rodin, Auguste (geb. 12. November 1840, mittags,

Paris);74;112;233;251Rommel, Erwin (geb. 15. November 1891, 12 h mittags,

Heidenheim bei Ulm);74Roosevelt, F. D. (geb. 10. Januar 1882, abends Hyde Park,

N.Y.);62;116Rousseau, Henri (geb. 20. Mai 1844, 1 h a. m., Laval);107Rousseau, J. J. (geb. 28. Juni 1712, Stunde unbekannt, Genf);234Rudolf v. Habsburg, Kronprinz *;

69;107;408;411;412;509;510;524;530Röntgen, Wilh. Conrad (geb. 27 März 1845, 4 h p. m.,

Lennep/Rhld.);119Raabe, Wilhelm (geb. 8. September 1831, 6 h p. m.,

Eschershausen/Braunschweig);100Sand, George (Aurore Dupin) (geb. 1. Juli 1804, 10 h 17 m p. m.,

Paris);119Sartre, Jean Paul (geb. 21. Juni 1905, 3 h 15 m p. m., Paris);213Savonarola, Girolamo *;234;465;467;468;469Schelling, F. W. O. *;118

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525

Schleich, Karl Ludwig (geb. 19. Juli 1859, 12 h mittags,Stettin);116

Schopenhauer, Arthur (geb. 22. Februar 1788, Stunde unbekannt,Danzig);213;214;465;467;474

Schubert, Franz *;63;89;112;380;386;390;391;394;395;534Schumann, Robert *;

89;114;395;396;398;402;440;443;444;452;501;502;508;534Schwab, F.;31Schweitzer, Albert;233;469Semon;158Shaw, Bernard (geb. 26. Juli 1856, 0 h 40 m a. m.,

Dublin);89;116Shelley, Percy Bysshe (geb. 4. August 1792, gegen 5 h p. m.,

Fiel Place/Sussex);91;117;489Sophokles;13;14Spengler, Oswald * (geb. 29. Mai 1880, 6 h 35 m p. m.,

Blankenburg);74;89;213;250Stinnes, Hugo (geb. 12. Februar 1870, 8 h 4 m a. m.,

Mülheim/Ruhr);47;53;76;118Strauß, David Friedr. (geb. 27. Januar 1808, 3 h a. m.,

Ludwigsburg/Stuttg.);234Strindberg, August *;

115;116;373;374;376;425;435;437;438;445;449;496;504;529Swedenborg, Emanuel (geb. 29. Januar 1688 greg. 6 h 14 m

a. m., Stockholm);108Therese von Lisieux (geb. 2. Januar 1873, 11 h 30 m p. m.,

Alençon);251Theresia Neumann (v. Konnersreuth), (geb. 9. April 1898, kurz

nach Mitternacht, Konnersreuth);88;117;251Tolstoi, Leo (geb. 9. September 1828 greg., etwa 11 h p. m.,

Jasnaja Poljana/Gouv. Tula);89;117;213;233;461Toulouse-Lautrec, Henri de (geb. 24. November 1864, gegen 6 h

a. m., Albi);107Trakl, Georg *;89;182;233;395;534Turner, William (geb. 23. April 1775, 1 h 15 m a. m.,

London);87;114Tycho de Brahe *;116;465;466;467

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526

Umberto von Italien (geb. 14. März 1844, 10 h 35 m a. m.,Turin);250

Vaihinger, K. E. J. *;233;490;491Verdi, Giuseppe (geb. 10. Oktober 1813, gegen 8 h p. m.,

Roncole bei Busseto/Parma);114Verlaine, Paul (geb. 30. März 1844, 8 h p. m., Metz);89;101;117Victoria, Queen (geb. 24. Mai 1819, 4 h 15 m a. m.,

London);76;113Voltaire (François-Marie Arouet), (geb. 21. November 1694,

Stunde unbekannt, Paris);212;213;214Wagner, Richard (geb. 25. Mai 1813, bei Sonnenaufgang,

Leipzig);88;114Wallenstein, Albrecht v. * (geb. 24. September 1583 [14. jul.],

4 h 36 m p. m., Hermanitz/Böhmen);44;74;182Washington, George (geb. 22. Februar 1732 greg., 10 h a. m.,

Virginia);182;490;493Wedekind, Frank (geb. 24. Juli 1864, mittags, Hannover);88;233Weininger, Otto *;119;444;465;468;472;474;480;482Werfel, Franz (geb. 10. September 1890, 11 h 45 m p. m.,

Prag);235Wilhelm I. von Preußen, Kaiser (geb. 22. März 1797, 2 h p. m.,

Berlin);183Zeppelin *;108;386Zille, Heinrich (geb. 10. Januar 1858, 5 h p. m., Radeburg bei

Dresden);112Zola, Emile *;233;369;370;375;425;478;480;481;483;496Zuckmayer, Carl (geb. 27. Dezember 1896, 7 h p. m.,

Nackenheim bei Mainz);118