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Roger Scruton Grüne Philosophie Ein konservativer Denkansatz

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Roger Scruton

Grüne PhilosophieEin konservativer Denkansatz

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Diederichs

Roger Scruton

Grüne PhilosophieEin konservativer

Denkansatz

Aus dem Englischen

von Elisabeth Liebl

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Verlagsgruppe Random House FSC® N001 967

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Copyright © 2013 Diederichs Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: Weiss | Werkstatt | München

Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

ISBN 978-3-424-35084-5

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www.diederichs-verlag.de

Die englische Originalausgabe erschien unter dem Titel

Green Philosophy. How to Th ink Seriously About the Planet

© 2012 Atlantic Books, an imprint of Atlantic Books Ltd., London.

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INHALT

VORWORT

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Eins

LOKALE ERWÄRMUNG

11

Zwei

GLOBALE BEUNRUHIGUNG

45

Drei

DAS STREBEN NACH ERLÖSUNG

79

Vier

RADIKALE VORSORGE

111

Fünf

MARKTLÖSUNGEN UND DIE HOMÖOSTASE

145

Sechs

EINE MORALISCHE WIRTSCHAFT

191

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Sieben

HEIMAT UND HABITAT

217

Acht

SCHÖNHEIT, PIETÄT UND ENTWEIHUNG

261

Neun

KEIN ORT, NIRGENDWO

299

Zehn

WIE WIR AUS DEM NIRGENDWO

EIN HIER UND HEUTE MACHEN

331

Elf

BESCHEIDENE VORSCHLÄGE

379

Anhang I

GLOBALE GERECHTIGKEIT

405

Anhang II

WIE SOLLEN WIR LEBEN?

411

BIBLIOGRAFIE

417

PERSONENREGISTER

437

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VORWORT

Unsere Umweltprobleme haben ein Ausmaß angenommen, das

jede Lösung unmöglich erscheinen lässt. Wir wechseln unsere

Standpunkte und Strategien wie die Hemden und haben außer

unseren Ängsten und Befürchtungen nichts, woran wir uns hal-

ten können. Wir glauben den Panikmachern, denn wer zeichnet

ohne Not ein so düsteres Bild? Wir glauben den Skeptikern, die

auf eine gewisse Lust am Untergang in den düsteren Szenarien der

Panikmacher verweisen und uns so wieder zuversichtlicher in die

Zukunft blicken lassen. Und wir sehen den Regierungen, Nicht-

Regierungsorganisationen (NGO) und Lobbygruppen zu, wie sie

unsere Ängste schüren und im selben Atemzug Erleichterung ver-

sprechen.

Ohne Mitwirkung der Regierung ist es schwierig, Probleme wie

Klimawandel, Ölkatastrophen, Plastikmüll und den Verlust der

Biodiversität wirksam anzugehen. Andererseits liefert uns die Ge-

schichte genügend Beispiele dafür, wie Probleme einer gewissen

Größenordnung unter der Regie von Bürokraten gänzlich aus dem

Ruder laufen und staatliche Regulierungsmaßnahmen Nebenef-

fekte zeitigen können, die schlimmer sind als das ursprüngliche

Problem. Darüber hinaus sind es nicht selten ein und dieselben

Leute, die gerade noch für saubere Energie und Müllvermeidung

eintraten und nun plötzlich Pläne für Flughafenerweiterungen,

den Bau neuer Autobahnen und die Förderung der Automobil-

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Grüne Philosophie

industrie aus dem Hut ziehen. Tatsache ist: Geht ein Problem in die

Zuständigkeit der öff entlichen Hand über, so wird die Lösung uns

aus der Hand genommen. Diese Überzeugung formte sich nicht

unter dem Eindruck globaler Unsicherheiten, sondern in der Aus-

einandersetzung mit konkreten Anforderungen vor Ort: Sie wurde

geboren aus der Bewältigung alltäglicher Notsituationen, und die

Weisheit, die hinter ihr steht, ist die Weisheit des Überlebens.

Doch für all jene, die sich für die Umwelt einsetzen, liegt in die-

ser Erkenntnis eine klare Botschaft : Kein Projekt wird im großen

Maßstab funktionieren, wenn es nicht im kleinteiligen, praktischen

Denken verwurzelt ist. Denn letztlich sind wir es, die aktiv werden

müssen, die mit den Entscheidungen, die in unserem Namen ge-

troff en werden, leben müssen, die die Opfer bringen müssen, die

man im Namen künft iger Generationen von uns einfordert. Es ist

mein Eindruck, dass bei den meisten Umweltaktivisten, die inter-

nationale Maßnahmen auf Regierungsebene (bei denen off en ist,

wie sie realisiert werden sollen) oder eine massive Veränderung

unseres Lebensstils fordern, diese Botschaft ungehört verhallt. Ihre

Ideen, ihre Alarmrufe erschrecken den Bürger, nur um ihn dann

mit seiner Angst allein zu lassen. In diesem ohrenbetäubenden Ge-

töse von Schreckensmeldungen auf sich selbst gestellt, kann er nur

hoff en, über all dem Lärm nicht irre zu werden.

In diesem Buch möchte ich Ihnen daher einen anderen Weg

des Nachdenkens über Umweltprobleme aufzeigen, einen Weg,

der, wie ich hoff e, der menschlichen Natur ebenso Rechnung trägt

wie der konservativen Philosophie des Bewahrens, die sich in allen

Abläufen unseres Alltags zeigt. Mir geht es nicht darum, Lösungs-

vorschläge für bestimmte Probleme zu erarbeiten. Mein Ziel ist, Sie

mit einem Blickwinkel vertraut machen, aus dem heraus klar wird,

dass diese Probleme unsere Probleme sind, die wir lösen müssen,

mit unserer moralischen Ausrüstung. Denn das ist meines Erach-

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Vorwort

tens die nachhaltige Botschaft des konservativen Denkens. Und

wenn dieser Ansatz von denen abgelehnt wird, die die Lösung je-

des Problems in schärferen – und nach Möglichkeit unter ihrer Fe-

derführung erlassenen – Verordnungen sehen, so ist dies für mich

nur ein weiterer Beweis für seine Gültigkeit.

Meine Absicht ist es, die Umweltfrage als Ganzes in all ihren

Verästelungen anzugehen. Daher ziehe ich hier sowohl Philoso-

phen als auch Psychologen und Wirtschaft sfachleute zurate. Ich

verlasse mich auf Ökologen ebenso wie auf Historiker. In meiner

Argumentation gehe ich davon aus, dass die Lösung von Umwelt-

problemen uns selbst als tägliche Pfl icht obliegt, dass sie nichts ist,

was der Staat an sich reißen darf. Denn ihre Lösung ist nur dann

möglich, wenn die Menschen motiviert sind, tatsächlich nach Lö-

sungen zu suchen. Aufgabe der Regierung ist es, die Rahmenbe-

dingungen zu schaff en, welche die entsprechende Motivation her-

vorbringen und auf sie verstärkend wirken. Diese Motivation (die

in Wahrheit nicht eine, sondern zahlreiche Ursachen hat) be-

zeichne ich als oikophilia, als Liebe zur Heimat, als Gespür für sie.

Ich werde die Entstehungsbedingungen dieser Oikophilie beschrei-

ben und aufzeigen, wie der Staat für diese Motivation den erfor-

derlichen Raum schaff en kann. Ich plädiere für lokale Initiativen

anstelle von globalen Regelungen, für das Engagement der Bürger

statt für politischen Aktivismus, für kleine, nachbarschaft liche In-

itiativen statt für zweckgesteuerte, riesige Kampagnen. Meine Ar-

gumentation weicht von der in den meisten »Umweltbüchern«

vertretenen Meinung ab. Sie läuft daher Gefahr, auch von jenen

verteufelt zu werden, die meine zentralen Bedenken teilen. Daher

habe ich auf der Grundlage der Prinzipien der praktischen Ver-

nunft Wege erkundet, auf denen rationale Wesen zu einer koope-

rativen Lösung von Problemen gelangen können, die weder vom

Individuum noch vom zentralisierten Staat gelöst werden können.

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Meine Kritik richtet sich gegen Verordnungen von oben ebenso

wie gegen interessengesteuerte Bewegungen. In meiner Sicht sind

unsere Umweltprobleme dem Verlust des Gleichgewichts geschul-

det, der sich einstellt, sobald die Menschen aufh ören, ihre Umge-

bung als ihr Heim zu betrachten. Dieser Verlust hat viele Gründe,

zu denen unter anderem verfehlte gesetzgeberische Maßnahmen

zählen, aber auch die Zersplitterung der Gesellschaft , zu der es un-

weigerlich kommt, wenn die Bürokraten das Ruder übernehmen.

Die Arbeit an diesem Buch wurde mir ermöglicht durch meine

Position als Resident Fellow am American Enterprise Institute.

Dort habe ich die kollegiale Atmosphäre und den vorurteilsfreien

Widerspruch gefunden, den ich brauchte. Ich habe von den Dis-

kussionen mit vielen Kollegen profi tiert. Genannt seien hier nur

Kenneth P. Green, Lee Lane, Stephen Hayward und Christopher

C. DeMuth. Auch Kimberly Hudson und Keriann Hopkins möchte

ich danken für ihre unschätzbare Unterstützung bei der Lektorie-

rung des Textes. Ferner schulde ich Dank Tony Curzon Price, An-

gelika Krebs, Ian Christie, Alicja Gęściňska, Mark Sagoff und Da-

vid Wiggins, die meine ersten Entwürfe geduldig gelesen haben

und mir meine vielen Fehler – die nicht alle korrigiert wurden –

ganz zu Recht vorhielten.

Scrutopia, Juli 2010

Grüne Philosophie

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EINS

LOKALE ERWÄRMUNG

Die Umweltbewegung wird gerade in jüngerer Zeit sowohl von

Unterstützern als auch von Gegnern als »irgendwie links« angese-

hen: als Protestbewegung für die Armen und Machtlosen der Ge-

sellschaft gegen Big Business, Konsum und die Strukturen sozialer

Macht. Doch dieses Bild ist schlicht irreführend. Die Umweltbe-

wegung in Großbritannien beispielsweise hat ihre Wurzeln im Re-

spekt der Aufk lärung vor der Schönheit der Natur und im Wider-

stand des 19. Jahrhunderts gegen die Industrielle Revolution, an

dem Tories und Radikale gleichermaßen Anteil hatten. Unter den

ersten Kritikern der industrialisierten Landwirtschaft fi nden sich

eingeschworene Sozialisten wie H. J. Massingham, Tories wie Lady

Eve Balfour, weltliche Gurus wie Rudolf Steiner und radikale Ex-

zentriker wie Rolf Gardiner, der bei der Linken wie bei der Rech-

ten ideologische Anleihen nahm und (von Patrick Wright) als eine

Art Faschist bezeichnet wurde.1

In der amerikanischen Umweltbewegung fl ießen die Naturver-

ehrung eines John Mair zusammen, der radikale Individualismus

eines Th oreau, der Transzendentalismus Emersons, der »Ökonzen-

trismus« eines Aldo Leopold und der Sozialkonservativismus der

1 H. J. Massingham, Th e Wisdom of the Fields, London 1945; ders., Th e Faith of

a Fieldsman, London 1951. Eve Balfour, Th e Living Soil, London 1943. Patrick

Wright, »An Encroachment too Far«, in: Anthony Barnett und Roger Scruton

(Hrsg.), Town and Country, London 1999.

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Kapitel Eins

Southern Agrarians – einer Gruppe von Schrift stellern, der beispiels-

weise der nostalgische Dichter Allen Tate angehörte, heute vertre-

ten von Männern wie Wendell Berry.2 Die französische Umweltbe-

wegung hat Väter wie die Pays-réel-Konservativen Gustave Th ibon

und Jean Giono. Die deutschen Grünen verdanken einen Teil ih-

res Erbes der Wandervogelbewegung des frühen 20. Jahrhunderts,

aber auch den Vorstellungen von »Heimat«, die von den Dichtern

der deutschen Romantik so wunderbar ausgedrückt und von einem

kurzzeitigen NS-Sympathisanten wie Martin Heidegger aufge-

nommen wurden. In liberalerer und durchdachterer Form tritt uns

diese Idee bei Heideggers jüdischem Schüler Hans Jonas entgegen.3

Außerdem werden die Umweltschützer unserer Tage sich im-

mer stärker bewusst, welch ungeheure Umweltschäden der revo-

lutionäre Sozialismus angerichtet hat – die Zwangskollektivierung,

die übersteigerte Industrialisierung und die eines Gargantua wür-

digen Irrsinnspläne zur Umsiedlung ganzer Bevölkerungsteile, die

Umleitung ganzer Flüsse und der radikale Umbau ganzer Land-

schaft en, deren Zeugen wir in China und der Sowjetunion wur-

den.4 Denker mit Linksdrall weigern sich, diese Art der Ausbeu-

tung als direktes Resultat ihrer Th eorien zu akzeptieren. Sie gehen

vielmehr davon aus, dass noch mehr dafür getan muss, um das

2 Wendell Berry, Th e Gift of Good Land: Further Essays Cultural and Agricultu-

ral, San Francisco 1981. Auf Deutsch ist von ihm erschienen: Leben mit Boden-

haft ung, Degreif 2000. Aldo Leopold, A Sand County Almanac and Sketches Here

and Th ere, New York 1949. Dt.: Am Anfang war die Erde. Plädoyer für Umwel-

tethik = Sand County Almanac, München 1992. 3 Heideggers und Jonas’ Ansichten werden im siebten Kapitel eingehender be-

handelt. 4 Siehe dazu Murray Feisbach, Ecocide in the USSR, New York 1992. Und den

vernichtenden Kommentar zu den Informationen, die damals erhältlich waren

von John Gray, Beyond the New Right, London und New York 1993, S. 130–133.

Die Fakten fi nden Sie in: World Resources 1992–1993 im Bericht des World Re-

sources Institute, Oxford und New York 1992.

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Lokale Erwärmung

»Bewusstsein« des Normalbürgers davon zu überzeugen, dass der

Sozialismus die Antwort und nicht Teil des Problems ist. Gleich-

zeitig sehen sie keinerlei Verbindungen zur »Rechten« und schei-

nen die Vokabel »konservativ« als schmutziges Wort zu betrach-

ten, das keinerlei Bezug zu den »bewahrenden« Bestrebungen hat,

die sie vertreten, denn das ist es, was das lateinische Wort conser-

vare eigentlich meint.

Die Erklärung hierfür liegt meiner Ansicht nach darin, dass

Umweltschützer konservatives Denken gewöhnlich mit der Ideolo-

gie des freien Unternehmertums assoziieren, und dieses wiederum

mit dem Plündern der Ressourcen unseres Planeten zur kurzfris-

tigen Gewinnmaximierung. Außerdem neigt die Linke dazu, rati-

onales Eigeninteresse, die Triebkraft des Marktes, zu verwechseln

mit Gier, die eigentlich eine Form des irrationalen Überschwangs

darstellt. Das Manifest der britischen Green Party von 1989 spricht

von den »falschen Götzen der Märkte, der Gier, des Konsums und

des Wachstums« und fährt fort: »Eine grüne Regierung würde

diese falschen Götzen ersetzen durch Kooperation, Selbstversor-

gertum, Teilen und Sparsamkeit.«5 In jeder Zeile dieses Manifests

tritt uns die weitverbreitete Überzeugung entgegen, dass sämtli-

che Bestrebungen, zur Lösung unserer Probleme auf den Markt zu

setzen, unvermeidlich zur Schaff ung unsozialer Zustände führen.

Dieser Vorwurf geht Hand in Hand mit der Ansicht, dass es andere,

altruistischere Motive des Handelns gibt, auf die eine linke Regie-

rung mit Sicherheit setzen würde. Ich stimme der Tatsache zu, dass

es solche Motive durchaus gibt. Doch ich bezweifl e, dass eine linke

Regierung ihr Handeln danach ausrichten würde.

Verantwortlich für diese fehlerhaft e Wahrnehmung sind die so-

genannten Konservativen des politischen Lagers, die die moderne

5 Siehe Th e Economist vom 24. Juni 1989.

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Kapitel Eins

Politik reduziert haben auf die simple Dichotomie zwischen in-

dividueller Freiheit einerseits und staatlicher Kontrolle anderer-

seits. Individuelle Freiheit wird gleichgesetzt mit wirtschaft licher

Freiheit. Diese wiederum steht für die Freiheit, natürliche Ressour-

cen zur Gewinnerzielung auszubeuten. Der Holzhändler, der ei-

nen Regenwald abholzt, das Bergbauunternehmen, das einen gan-

zen Berg abträgt, der Automobilhersteller, der eine endlose Lawine

von Autos auf die Straßen schickt, und der Cola-Produzent, der

täglich Millionen Plastikfl aschen ausstößt  – sie alle setzen (zu-

mindest dem Anschein nach) das Gesetz des Marktes um und zer-

stören, wenn man ihnen nicht Einhalt gebietet, einen Teil unse-

res gemeinsamen Erbes. Da in einer Marktwirtschaft die größten

Unternehmen auch den größten Schaden anrichten, wenden sich

die Umweltschützer vor allem gegen diese und gegen den freien

Markt, dessen Produkte sie sind. Schaff en Sie die Marktwirtschaft

ab und Sie bekommen im Normalfall Unternehmen, die nicht min-

der groß und zerstörerisch sind, die nun jedoch  – da in staatli-

cher Hand – keinerlei souveräner Macht mehr verpfl ichtet sind,

die ihre Raubzüge begrenzen könnte. Eine sinnvolle konservative

Antwort wäre also, keine wirtschaft liche Freiheit um jeden Preis zu

vertreten, sondern zu akzeptieren, dass wirtschaft liche Freiheit ih-

ren Preis hat, und diesen nach Möglichkeit zu vermindern.

Wir brauchen das freie Unternehmertum, doch wir brauchen

auch Gesetze, die es in seine Schranken weisen, und diese Gesetze

müssen mit den Bedrohungen, die es schafft , Schritt halten. Darf

aber einzig der Staat als Unternehmen auft reten, so ist die Institu-

tion, die das Gesetz kontrolliert, dieselbe, die auch den stärksten

Anreiz hat, es zu umgehen – was meiner Ansicht nach eine durch-

aus hinreichende Erklärung für die ökologischen Katastrophen

sozialistischer Wirtschaft ssysteme ist. Wissenschaft liche Untersu-

chungen haben ergeben, dass in einer freien Wirtschaft mit ga-

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Lokale Erwärmung

rantierten privaten Eigentumsrechten und durchsetzbaren rechts-

staatlichen Garantien für vergleichbare Waren weniger Energie

verbraucht wird als in Wirtschaft ssystemen, die kein oder kein ge-

sichertes Privateigentum kennen. Darüber hinaus sind Erstere eher

fähig, sich auf die Notwendigkeit sauberer Energie und signifi kante

Reduktion von Emissionen einzustellen als Letztere.6 Märkte kön-

nen nicht all unsere Umweltprobleme lösen, einige haben sie so-

gar erst verursacht, doch die Alternativen sind in den meisten Fäl-

len noch schlimmer.

Doch es gibt einen anderen und besseren Grund für die Ansicht,

dass konservatives Denken und Umweltschutz von Natur aus zu-

sammengehören. Eine konservative Einstellung, so wie ich sie ver-

stehe, heißt, dass die soziale Ökologie gewahrt bleibt. Es ist richtig,

dass individuelle Freiheit ein Teil dieser Ökologie ist, da ein sozia-

ler Organismus ohne sie nicht anpassungsfähig ist. Doch Freiheit

ist nicht das einzige Ziel der Politik. Konservatives Denken und

»Konservieren« beziehungsweise Bewahren, sind nur die zwei Sei-

ten einer langfristig ausgerichteten Politik, bei der es um das Haus-

halten mit unseren Ressourcen geht, sodass sie sich immer wieder

erneuern können. Zu diesen Ressourcen gehört auch das Sozial-

kapital, das sich in Gesetzen, Gepfl ogenheiten und Institutionen

zeigt, aber auch das konkrete Kapital in Form unserer Umwelt und

das wirtschaft liche Kapital in einer freien, von Gesetzen geregelten

Wirtschaft . Vor diesem Hintergrund liegt Sinn und Zweck der Po-

litik nicht darin, die Gesellschaft so zu modellieren, dass sie einem

übergeordneten Ideal wie Freiheit, Gleichheit oder Brüderlichkeit

gehorcht. Es geht vielmehr darum, den Kräft en der Entropie, die

6 Aaron Wildavsky, Adam Wildavsky, »Risk and Safety«, in: Th e Concise Ency-

clopedia of Economics, www.econlib.org/library/Enc/RiskandSafety.html. Und:

Michiel Schwarz, Michael Th ompson, Divided We Stand: Redefi ning Politics,

Technology and Social Choice, University Park 1990.

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Kapitel Eins

unser soziales und ökologisches Gleichgewicht bedrohen, wachsa-

men Widerstand entgegenzusetzen. Ziel muss sein, künft igen Ge-

nerationen jene Ordnung weiterzugeben, deren zeitweilige Treu-

händer wir sind, und diese in der Zwischenzeit aufrechtzuerhalten

und zu verbessern.7

In den Augen seiner Kritiker ist konservatives Denken in die-

sem Sinne daher von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil es

dem Zweiten Hauptsatz der Th ermodynamik zuwiderläuft . Der

Grad an Unordnung nimmt ständig zu, und jedes System, jeder

Organismus, jede spontane Ordnung wird auf lange Sicht irgend-

wann zerfallen. Doch selbst wenn dies zutrifft , heißt das nicht,

dass der Konservativismus als politische Praxis überfl üssig wäre,

ebenso wenig wie die Medizin überfl üssig ist, weil, wie Keynes es

ausgedrückt hat, »wir ja doch alle mal sterben«. Wir sollten uns

vielmehr an Lord Salisburys knappes Statement halten, in dem er

seine ganze Philosophie zusammengefasst hat: »Aufschub ist Le-

ben.« Der Konservativismus ist die Politik des Aufschubs, dessen

Zweck darin liegt, Gesundheit und Leben eines sozialen Organis-

mus solange als möglich zu gewährleisten.

Denn – auch das lehrt die Th ermodynamik – wir können der

Entropie entgegenwirken, indem wir dem System auf lokaler Ebene

Energie zuführen und so der Aufl ösung entgegenwirken. Der Kon-

servativismus setzt auf historische Verbundenheit, auf lokale Iden-

tität und auf jene Art von Langzeitbeziehung, die zwischen Men-

schen entsteht, die ihre Neigungen an einem bestimmten Ort und

7 Zumindest ist dies die Auff assung von politischer Ordnung, für die ich in

Th e Meaning of Conservatism, London 1981, eintrete. John Gray hat diese Sicht

konservativer Ziele mit der Umweltbewegung in Verbindung gebracht und bei-

des vom »neo-liberalen« Denken der Apologeten des freien Marktes abgesetzt,

siehe: »Towards a Green Conservatism«, in: Beyond the New Right, London und

New York 1993.

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Lokale Erwärmung

innerhalb eines wohldefi nierten Rahmens ausleben. Während der

Sozialismus und der Liberalismus in ihrer Zielsetzung global sind,

ist der Konservativismus von Natur aus lokal: Er verteidigt die

spärlichen Reste von Sozialkapital gegen die Kräft e anarchischen

Wandels. Eben dieser lokale Charakter ist es, der den Konservati-

vismus prädestiniert für die Lösung von Umweltproblemen.

Man könnte es auch anders formulieren: Für einen Konserva-

tiven ist die Politik dazu da, homöostatische Systeme aufrechtzu-

erhalten und wiederherzustellen – Systeme, die sich selbst korri-

gieren, wenn der Wandel sie destabilisiert hat. Märkte sind solche

homöostatischen Systeme, aber auch Traditionen, Gepfl ogenhei-

ten und Gewohnheitsrechte. Ebenso wie Familien und die »zivilge-

sellschaft lichen Zusammenschlüsse«, die eine freie Gesellschaft s-

ordnung ausmachen.8 Konservative schätzen Märkte und ziehen

die Kräft e des Marktes den Eingriff en der Regierung vor, wenn die

beiden in Widerspruch zueinander stehen. Aber nicht aufgrund ei-

nes quasi-religiösen Glaubens an den Markt als ideale Form sozia-

ler Ordnung oder als einzige Lösung für soziale und politische Pro-

bleme. Und schon gar nicht aufgrund irgendeines Kultes um den

homo oeconomicus und sein angeblich »rationales Eigeninteresse«.

Es geht ihnen vielmehr um den Markt als selbstkorrigierendes so-

ziales System, das mit Erschütterungen von außen durchaus fer-

tigwird und sich im Normalfall auch den Bedürfnissen und Wün-

schen seiner Teilnehmer anpasst.

Doch es gibt noch andere solcher Systeme. Da sind beispiels-

weise die langfristigen Beziehungen, die die Traditionen und Ins-

titutionen selbstregulierender Gesellschaft en bilden. Da ist die re-

8 Der Begriff »Zivilgesellschaft « wird von mir im selben Sinne verwendet, wie

Michael Oakeshott ihn gebraucht. Siehe dazu den zweiten Teil von On Human

Conduct, Oxford 1975.

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Kapitel Eins

präsentative Regierungsform, deren Vertreter für ihre Fehler zur

Verantwortung gezogen werden. Und da sind die gesetzlichen Vor-

schrift en, die dafür sorgen, dass die Kosten von Fehlern von jenen

getragen werden, die sie gemacht haben. In den letzten Kapiteln

dieses Buches werde ich mich mit diesen Systemen auseinander-

setzen und zeigen, welchen Ideen sie entsprungen sind. Nur wenn

wir uns bewusst auf diese beziehen, wird es uns gelingen, eine er-

folgreiche Energiepolitik zu schaff en, denn diese Konzepte führen

ein wesentliches Element in die menschlichen Beziehungen ein:

die Verantwortung des Treuhänders. Ohne eine derartige negative

Rückkopplungsschleife verkommt der Markt zu eben jener anti-

sozialen und ausbeuterischen Maschinerie, als die ihn seine Geg-

ner seit jeher sehen.

Daraus folgt, dass der Konservativismus viele Spielarten hat.

Amerikanische Konservative betonen die Bedeutung der öko-

nomischen Freiheit, den unbedingten Glauben an das risikowil-

lige Unternehmertum. Konservative in Europa hingegen setzen

auf Tradition, Sitten und Gebräuche und die Zivilgesellschaft und

weisen darauf hin, dass das Unternehmertum nur dann Erfolg ha-

ben kann, wenn es in eine stabile soziale Ordnung eingebunden

ist. Diese unterschiedlichen Schwerpunkte führen naturgemäß

zu unterschiedlichen politischen Willensäußerungen. Daher gibt

es unter den amerikanischen Konservativen immer eine gewisse

Neigung zu »Marktlösungen«, ob diese nun eine Bedrohung für

traditionelle Formen der Gemeinschaft und das soziale Gleich-

gewicht darstellen oder nicht. Amerika besitzt als Kollektiv einen

Überfl uss an Land und natürlichen Ressourcen, was dem Staat er-

laubt, Probleme wie Rohstoff verknappung und Überbevölkerung

zu verdrängen im Glauben, dass es immer genug Raum und Res-

sourcen für irgendein neues Experiment geben wird. Europa hin-

gegen ist eine Ansammlung vieler Staaten auf kleinstem Raum,

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was den Platz für Mensch und Tier gleichermaßen kostbar macht,

sodass er seit Jahrhunderten ebenso umsorgt wie umkämpft ist.

Europäische Konservative sind sich schmerzlich der Grenzen be-

wusst, die ihnen auferlegt sind, ebenso wie der Gefahren, die das

»Ausbrechen« mit sich bringt. Das bedeutet nicht, dass sie markt-

wirtschaft liche Lösungen ablehnen. Es heißt nur, dass sie mehr als

ihre amerikanischen Kollegen auf jene Dinge achten, die Märkte

erst ermöglichen: Gesetz, Tradition und Moral. Auch haben die

Europäer, Erben wunderschöner, über die Jahrhunderte gewachse-

ner Städte, nicht dieselbe Einstellung zum menschlichen Lebens-

bereich wie die Amerikaner. Ich werde auf diese Unterschiede im

achten Kapitel eingehen, da die amerikanischen Konservativen ei-

niges von ihrer Sichtweise lernen können.9

Das konservative Politikverständnis, das ich hier vorstelle, ori-

entiert sich an der Idee der Treuhänderschaft statt am Unterneh-

mertum, am Austausch statt am Befehl, an der Freundschaft statt

an der gemeinsamen Verfolgung einer Sache.10 Diese Vorstellun-

gen passen recht gut zur Umweltbewegung, und es erstaunt mich

immer wieder, dass so wenige Umweltschützer dies erkennen. Für

einen Konservativen ist es off ensichtlich, dass unser rücksichtslo-

ses Streben nach individuellem Vorteil die soziale Ordnung ebenso

aufs Spiel setzt wie das Leben auf diesem Planeten. Im Übrigen

liegt es auf der Hand, dass die klügste Politik jene ist, die danach

9 Im amerikanischen Kontext muss man den radikalen Individualismus einer

Ayn Rand unterscheiden vom konservativen Freiheitsansatz, wie ihn beispiels-

weise Milton und Rose Friedman in Chancen, die ich meine (Frankfurt a. M.

1983) vertreten. Erstere steht für eine absolutistische metapyhsische Vision, die

die Selbstverwirklichung über alles stellt. Letztere hingegen sehen die Wahlfrei-

heit ganz unkompliziert als Grundbedingung einer freien Gesellschaft . 10 Meine Vorstellung der Treuhänderschaft verdankt sich Burke, Möser und

Gierke, die vom Austausch geht auf Oakeshotts conversation zurück, meine Idee

von Freundschaft auf Aristoteles.

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Kapitel Eins

trachtet, solche Gepfl ogenheiten und Institutionen zu schützen, die

unserem Verlangen nach mehr Grenzen setzen, die Quellen sozi-

aler Zufriedenheit vor dem Versanden bewahren und uns daran

hindern, die Kosten unseres Tuns jenen aufzubürden, die sie nicht

verursacht haben.

Aus der Umweltperspektive ist das größte Problem wohl, dass

soziales Gleichgewicht und ökologisches Gleichgewicht nicht un-

bedingt dasselbe sind und daher auch nicht harmonieren müssen.

Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen. Demokratien scheinen

Gleichgewicht nur um den Preis stetigen Wirtschaft swachstums

erreichen zu können. Zeiten der Stagnation, der zunehmenden In-

fl ation oder Verarmung führen fast immer zu radikaler Unzufrie-

denheit, während derer Ressentiments und Mangel die soziale Ord-

nung destabilisieren. Daher streben demokratische Regierungen

ständig nach mehr Wirtschaft swachstum, ganz egal, welchen um-

welttechnischen Preis dies fordert. Es ist völlig richtig, dass massive

Armut ebenso massive Umweltschäden nach sich zieht und dass

ein gewisses Wohlstandsniveau nötig ist, damit Menschen Energie

und Ressourcen einsetzen können, um die Umwelt zu schützen.11

Wissenschaft liche Untersuchungen belegen, dass die Kuznets-

Kurve, die zeigt, wie Einkommensunterschiede sich zu Beginn ge-

sellschaft licher Entwicklungen zuerst verschärfen, um sich dann

einzuebnen, auch für wichtige Umweltfaktoren gilt. Oberhalb ei-

nes durchschnittlichen Pro-Kopf-Jahreseinkommens von 4000

bis 5000 US-Dollar verringern sich Umweltschäden kontinuier-

lich.12 Doch ob man es nun als Vorhersage oder Empfehlung auf-

fasst, das Statement von den »Grenzen des Wachstums« scheint un-

11 Siehe W. Beckerman, In Defence of Economic Growth, London 1974. Und Jack

M. Hollander, Th e Real Environmental Crisis, Berkeley 2003. 12 Diese Auff assung wurde im Weltentwicklungsbericht der Weltbank von 1992

noch voller Begeisterung vertreten. Später allerdings geriet sie zunehmend un-

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willkürlich einleuchtend. Optimisten sehen diese Grenzen weiter

in der Zukunft als Pessimisten, und die ständige Auseinanderset-

zung zwischen den beiden Lagern macht jeden Konsens auf lange

Zeit hinaus unmöglich.13 Aber es ist klar, dass über einen bestimm-

ten Punkt hinaus die Lösung möglicherweise nicht in mehr Wachs-

tum liegt, sondern in weniger – und eben dieses Versprechen kann

sich keine demokratische Regierung wirklich leisten. Das lässt sich

beispielsweise ablesen an der Haltung der aktuellen britischen Re-

gierung zu Flughäfen, Industrieparks und Straßenbau, deren Aus-

wirkung auf die Umwelt regelmäßig vergessen wird, sobald man

diese Maßnahmen in die Sprache des Wachstums verpackt. Aber

auch die Haltung der amerikanischen Regierung zum Kyoto-Pro-

tokoll geht in dieselbe Richtung. Es sind nicht nur die großen Kon-

zerne, die die Ratifi zierung solcher Abkommen verhindern, son-

dern auch der innige Wunsch der Senatoren, in ihren Wahlkreisen

wiedergewählt zu werden.14 Das soll nicht heißen, dass das Kyoto-

Protokoll die richtige Lösung für jene Probleme ist, die es bekämp-

fen soll. Diese Tatsache soll nur auf eine ernsthaft e Schwierigkeit

hinweisen, auf die alle Versuche, bindende globale Vereinbarungen

zur Konsumreduktion zu erzielen, stoßen werden. Warum sollte

ter Beschuss: siehe dazu den Artikel von David Stern, »Th e Environmental Kuz-

nets’ Curve«, auf: www.isecoeco.org/pdf/stern.pdf. 13 Der bekannteste unter den Pessimisten sind zweifellos D. H. Meadows (siehe

D. H. Meadows et al., Die Grenzen des Wachstums, Reinbek 1973) und E. J. Mishan

(Die Wachstumsdebatte: Wachstum zwischen Wirtschaft und Ökologie, Stuttgart

1980). Die Optimisten hingegen werden repräsentiert von H. S. D. Cole (ders.,

Th inking About the Future: A Critique of the Limits to Growth, London 1973). Ich

gehe auf die »Grenzen des Wachstums« im elft en Kapitel näher ein.14 Einer Studie von William Nordhaus zufolge würde die Unterzeichnung des

Kyoto-Protokolls die USA in den nächsten Jahrzehnten die stolze Summe von

2,3 Billionen US-Dollar kosten, zweimal so viel wie alle anderen Unterzeichner

zusammen. Siehe W. D. Nordhaus, »Global Warming Economics«, in: Science

294 vom 9. November 2001, S. 5545. www.iwu.edu/economics/PPE10/alexis.pdf

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Kapitel Eins

ein Politiker seine Unterschrift unter einen Vertrag setzen, wenn

das zur Folge hat, dass er dadurch sein Amt verliert und sich für

die Umsetzung der getroff enen Vereinbarung gar nicht mehr ein-

setzen kann?

Doch das Problem liegt ja nicht nur im demokratischen Pro-

zedere. Auch andere Formen von sozialem Gleichgewicht kön-

nen eine Bedrohung für die Umwelt darstellen, selbst wenn sie

nicht von Wirtschaft swachstum abhängig sind. Möglicherweise

brauchen sie Bevölkerungswachstum oder sind auf den Konsum

schwindender Ressourcen wie zum Beispiel den Regenwald ange-

wiesen. Sehen wir uns nur einmal die traditionellen islamischen

Gesellschaft en in Nordafrika und im Nahen Osten an. Diese kön-

nen ihr soziales Gleichgewicht nur dann aufrechterhalten, wenn

Familien private Souveränitätsrechte innehaben und ihnen Patri-

archen vorstehen, die ihren sozialen Status stärken, indem sie ihre

reproduktiven Kräft e zur Schau stellen. Will eine Familie nicht an

Ansehen verlieren, muss sich die Zahl der Söhne vermehren. Un-

ter den Bedingungen der Moderne führt dies zu einem enormen

Bevölkerungswachstum, das die Umwelt im muslimischen Arabien

und Afrika zerstört und nun allmählich auf Europa übergreift , des-

sen Institutionen und Traditionen im Widerspruch zum muslimi-

schen Lebensstil stehen. Im Augenblick stellt die Jugend der mus-

limischen Länder dieser Region ein halbes Jahrhundert geduldeter

Diktatorenschaft infrage.15

15 »[...] der Großteil der armen Bevölkerung in den unterentwickelten arabi-

schen Ländern lebt in ländlichen Gebieten und sichert sein Überleben durch

wenig produktive Selbstversorger-Landwirtschaft und die damit verbundenen

Aktivitäten. Das Ausbildungsniveau des Humankapitals ist sehr niedrig, die Be-

völkerung wächst schnell, was dazu führt, dass es immer mehr gering quali-

fi zierte Arbeitskräft e gibt. Solche Wirtschaft ssysteme sind häufi g verstrickt in

einen Teufelskreis von Bevölkerungswachstum, Umweltverbrauch und Ausbeu-

tung natürlicher Ressourcen, die letztendlich die soziale und politische Ordnung

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Unter Umweltschützern schiebt man die Schuld gerne den Big

Playern unter den Marktteilnehmern in die Schuhe: Ölkonzerne,

Automobilhersteller, Holzindustrie, Agrar-Multis, Supermarktket-

ten – sie verursachen Umweltprobleme, weil sie Gewinne machen,

indem sie ihre Kosten auf andere (auch auf künft ige Generatio-

nen) auslagern. Doch hier wird die Wirkung mit der Ursache ver-

wechselt. In einer freien Marktwirtschaft sind solche Gewinnma-

ximierungsstrategien das wie von unsichtbarer Hand geschaff ene

Resultat von Entscheidungen, die jeder Einzelne von uns trifft . Die

Nachfrage nach Autos, Öl, billigen Lebensmitteln und luxuriösen

Gebrauchsgütern schafft doch erst die Industrien, die diese pro-

duzieren. Es stimmt natürlich, dass Konzerne ihre Kosten ausla-

gern, wo immer sie können. Aber das tun wir doch auch. Wenn

wir mit dem Flugzeug reisen, im Supermarkt einkaufen und fossile

Brennstoff e verbrauchen, verlagern wir unsere Kosten auf andere,

nicht zuletzt auf die künft igen Generationen. Eine freie Markt-

wirtschaft wird von der individuellen Nachfrage angetrieben. Und

in einer freien Marktwirtschaft strebt das Individuum ebenso wie

der Großkonzern danach, seine Kosten anderen aufzubürden und

den Gewinn nach Möglichkeit selbst einzustreichen. Die Lösung

kann keine sozialistische sein, nämlich die Abschaff ung der freien

Marktwirtschaft , denn dies würde nur enorme wirtschaft liche

Macht in die Hände einiger Bürokraten legen, die von nieman-

dem zur Rechenschaft gezogen werden können, ihre Kosten aber

genauso auslagern, während sie ihren sicheren Gewinn aus dem

Bruttosozialprodukt einstreichen.16 Die Lösung ist die Anpassung

destabilisieren können.« In: Arab Human Development Report 2009: Challenges

to Human Security in the Arab Countries, Entwicklungsprogramm der Vereinten

Nationen, Regionalbüro für die arabischen Staaten, S. 118, abrufb ar in englischer

Sprache auf: http.//www.arab-hdr.org/publications/other/ahdr/ahdr2009e.pdf. 16 Zur Th eorie vom Gewinnstreben siehe drittes und viertes Kapitel.

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Kapitel Eins

unserer Bedürfnisse, sodass wir die Kosten dafür selbst tragen kön-

nen, und ein angemessener Weg, in dieser Richtung auch Druck

auf die Unternehmen ausüben zu können. Wir können unseren Le-

bensstil ändern, wenn wir die nötige Motivation dazu haben – eine

Motivation, die stark genug ist, unseren Appetit zu zügeln.

Doch damit ist noch nicht klar, wie wir nun konkret handeln

müssen, um unser Tun und Trachten umweltkonformer zu gestal-

ten. Wenn wir in einer Gesellschaft , die nach Fast Food, Touris-

mus, Luxus und Verschwendung regelrecht süchtig ist, für Slow

Food, kurze Transportwege und niedrigen Energieverbrauch ein-

treten, ziehen wir damit nur den Zorn jener auf uns, die wir von

der Notwendigkeit solcher Veränderungen noch überzeugen müs-

sen. Denn mit der Forderung nach der Schließung von Flughä-

fen, Fahrbahnverschmälerungen und dem Verzehr von ausschließ-

lich regional produzierten Produkten gewinnt man nicht nur keine

Wählerstimmen. Sie verschlimmert möglicherweise die Situation

noch, indem sie Umweltschutz als Sache ewig gestriger Miesepeter

erscheinen lässt. Alle Umweltschützer kennen diesen Vorwurf. Da-

her überrascht es mich immer wieder, dass sie umgekehrt die Par-

allelen zu den Vorwürfen an die Adresse der Sozial-Konservativen

nicht erkennen, wenn diese für eine moralische Ordnung eintre-

ten, die – bis noch vor wenigen Jahrzehnten – ganz selbstverständ-

lich von einer Generation an die nächste weitergegeben wurde.

Umweltschützer und Konservative führen denselben Kampf. Sie

suchen nach guten Argumenten, um ein gemeinsames, aber be-

drohtes Erbe vor dem Raubbau durch seine aktuellen Treuhänder

zu bewahren.

Der Appell an das rationale Eigeninteresse kann uns hier nicht

weiterhelfen, obwohl dieses, wie ich später noch darlegen werde,

in dieser Frage eine wichtige Rolle spielt. Rationales Eigeninteresse

ist kein Gegenmittel für das altbekannte Gefangenendilemma oder

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für Trittbrettfahrertum. Es kann die »Tragödie der Allmende«17 nur

unter bestimmten Bedingungen abwenden. Die Th eoretiker des

Gesellschaft svertrages von Hobbes bis Rawls haben zwar versucht,

hier Lösungen zu fi nden, doch am Ende aller Überlegungen steht

immer nur eine neue Version des ursprünglichen Dilemmas: Wes-

halb soll es vernünft iger sein, sich an den Vertrag zu halten, statt

nur so zu tun?18

Wir brauchen also nicht-egoistische Motive, die in jedem nor-

malen Mitglied der Gesellschaft zuverlässig hervorgerufen wer-

den können und sich verlässlich in den Dienst langfristiger öko-

logischer Zielsetzungen stellen lassen. Edmund Burke trat für das

»Erbprinzip« ein, das Institutionen vor Plünderung und Verfall

schützen sollte. Er glaubte, Menschen hätten eine natürliche Nei-

gung, die Grenzen zu akzeptieren, die ihnen dieses Prinzip setzt.

Hegel hingegen hielt die Verpfl ichtungen außerhalb des Gesell-

schaft svertrags für wichtiger, solche, wie sie die Familie stützen.

Er dachte, dass man ähnliche Verpfl ichtungen auch auf politischer

Ebene einführen könne. Eine ähnliche Auff assung vertrat De Mais-

tre, der die Frömmigkeit zum Mittelpunkt seines politischen Den-

kens machte, da sie göttlich geordnete Traditionen und Einrichtun-

gen über die Versuchungen des Eigennutzes stelle.19

Diese Ideen können in dieser Form heute vielleicht nicht mehr

überzeugen,20 doch jede einzelne ist ein Versuch, dem Menschen

gute Gründe an die Hand zu geben, weshalb er sein rationales Ei-

17 Siehe Garrett Hardin, »Th e Tragedy of the Commons«, in: Science, 162.1, 1968,

S. 243–248. 18 Th omas Hobbes, Leviathan (1651), Berlin 2011. John Rawls, Eine Th eorie der

Gerechtigkeit, Frankfurt a. M. 1979. 19 Edmund Burke, Betrachtungen über die französische Revolution, Zürich 1987.

G. W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Frankfurt a. M. (8) 2004.

Joseph de Maistre, Le Principe Générateur des Constitutions, 1809. 20 Ich werde im siebten und achten Kapitel näher auf sie eingehen.

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Kapitel Eins

geninteresse nicht zur einzigen Grundlage seiner politischen Ent-

scheidungen machen sollte. Doch wir sollten von Burke, Hegel und

De Maistre lernen. Wir müssen einsehen, dass der Umweltschutz

eine verlorene Sache ist, wenn wir keinen Anreiz fi nden, der die

Menschheit insgesamt und nicht nur ihre selbst ernannten Ver-

treter dazu motiviert, ihn tatsächlich zu praktizieren. An diesem

Punkt sollten Umweltschützer und Konservative gemeinsame Sa-

che machen. Und diese gemeinsame Sache ist das Land selbst –

Objekt einer Liebe, die ihren stärksten politischen Ausdruck im

Nationalstaat gefunden hat.

Den meisten Umweltschützern ist klar, dass lokale Loyalitäten

und lokale Besorgnis im Entscheidungsprozess eine Rolle spielen

müssen, wenn wir die nachteiligen Eff ekte der globalisierten Wirt-

schaft ausgleichen wollen. Nicht umsonst heißt es heute allenthal-

ben: »Global denken, lokal handeln.« Doch die meisten Umwelt-

schützer schrecken davor zurück, diese lokale Loyalität auch auf den

Nationalstaat zu beziehen. Sie sehen das Lokale eher als kleinere

Version des Universalen. Und doch gibt es gute Gründe, den Natio-

nalstaat hier ins Spiel zu bringen. Denn jede Nation ist eine Ge-

meinschaft mit einer bestimmten politischen Form. Sie wurde dazu

geschaff en, ihre Souveränität auszuüben, indem sie das Zusam-

mengehörigkeitsgefühl in kollektive Entscheidungen und selbst

gewählte Gesetze umsetzt. Nationen sind eine Form territorialer

Gemeinschaft , aber auch proto-legislative Einrichtungen. Im glo-

balen Entscheidungsprozess sind Nationen der handelnde Arm ei-

nes Kollektivs. Nur durch seine Zugehörigkeit zu einer Nation kann

das Individuum in globalen Angelegenheiten seine Stimme zu Ge-

hör bringen.

Konservative können ihren speziellen Beitrag zum ökologischen

Denken eben durch die Weiterentwicklung dieser Idee eines terri-

torialen Zusammengehörigkeitsgefühls leisten, das den Samen der

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Souveränität in sich trägt. Wenn eine konservative Umweltbewe-

gung sich einen Slogan auf die Fahnen schreiben wollte, sollte es

folgender sein: »Fühle lokal, denke national.« Das heißt nun nicht,

dass Konservative Nationalisten im Sinne jener romantischen Ver-

fechter des Nationalgedankens im 19. Jahrhundert sind.21 Sie sind

sich durchaus der historischen und vergänglichen Natur des Na-

tionalstaates bewusst sowie der Notwendigkeit, seine kriegeri-

schen Attitüden zu mäßigen. Sie sehen, welche Bedrohung er für

die zivilgesellschaft lichen Vereinigungen und die lokalen Loyalitä-

ten darstellen kann. Doch die Konservativen erkennen eben auch,

dass es in der aktuellen ökologischen Krise keine andere Institution

gibt, die die nötigen Maßnahmen treff en und die Loyalität der Be-

wohner so eff ektiv zu deren Unterstützung bündeln könnte.

Eine praktische Kontrastfolie liefert uns hier George Monbiot,

der sich leidenschaft lich für globale politische Lösungen einsetzt,

mit deren Hilfe es dem einfachen Bürger möglich werden soll, die

Katastrophen abzuwehren, welche ihm die globalisierte Wirtschaft

einbrockt. Sie sollen ihm ermöglichen, seinen Wunsch nach ei-

ner sicheren, nachhaltigen und fairen Wirtschaft sordnung auszu-

drücken.22 Ich vermute, dass all jene, die sich eine alte Anhäng-

lichkeit ans sozialistische Lager bewahrt haben und ökologische

Rechtschaff enheit mit sozialer Gerechtigkeit verbinden, diesen

Weg vorziehen würden. Doch dieser Ansatz beruht auf zwei recht

fragwürdigen Grundannahmen: Erstens, dass Nachhaltigkeit und

soziale Gerechtigkeit verbunden werden können. Und zweitens,

dass sich der Normalbürger, wenn er die Wahl hat, für Nachhal-

21 Die Probleme dieser Art von Possenreißerei zeigt sehr schön Adam Zamoy-

ski in Holy Madness: Compatriots, Patriots und Revolutionaries 1776–1871 (Lon-

don und New York 2001) auf. 22 George Monbiot, United People – Manifest für eine neue Weltordnung, Mün-

chen 2007.

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Kapitel Eins

tigkeit statt für die Erfüllung seiner momentanen Wünsche ent-

scheiden würde. Unter bestimmten Umständen würde er dies na-

türlich tun. Doch eben diese »bestimmten Umstände« sind es, die

von der globalisierten Wirtschaft ausgehöhlt werden. Die Globali-

sierung unterminiert eben jene Werte und Erwartungen, von de-

nen ein stabiler Lebensentwurf abhängt, indem sie alte Siedlungs-

muster und Techniken des Umgangs mit der Umwelt zerstört. Das

gilt gleichermaßen für die globalisierte Politik wie für die globali-

sierte Wirtschaft .23

Der konservative Ansatz ist vernünft iger, wenn auch weniger

ehrgeizig. Statt Umwelt- und soziale Probleme auf globaler Ebene

lösen zu wollen, strebt das konservative Denken nach lokaler Sou-

veränität in allen Belangen, die sein unmittelbares Umfeld betref-

fen, weil es dieses besser als andere kennt. Dazu gehört das Recht

der Nation auf Selbstverwaltung und auf die Umsetzung politi-

scher Maßnahmen, die sich den örtlichen Gepfl ogenheiten anpas-

sen. Dazu gehört auch der Widerstand gegen die allgegenwärtige

Neigung moderner Regierungen zu noch mehr Zentralisierung

und die teilweise Rückgabe der von der Zentralmacht okkupierten

Selbstbestimmungsrechte an die lokale Gemeinschaft  – und damit

sind auch jene Rechte gemeint, die sich transnationale Institutio-

nen wie die Welthandelsorganisation (WHO), die Vereinten Nati-

onen und die Europäische Union angemaßt haben. Das Zugehö-

rigkeitsgefühl zu einem bestimmten Territorium und der Wunsch,

dieses vor Zerstörung und Verschwendung zu schützen, stellen

machtvolle Triebkräft e dar, auf die die Politik regelmäßig zurück-

greift , wenn es heißt, die Gürtel müssten enger geschnallt und Op-

23 Eine wortgewandte Untersuchung der nachteiligen Eff ekte der Glo ba li sie rung

auf die Identität und damit auf die Umwelt der englischen Nation fi nden Sie in:

Paul Kingsnorth, Real England, London 2008.

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Lokale Erwärmung

fer müssten gebracht werden.24 Denn diese Beweggründe haben

eine starke Wurzel, nämlich die Liebe jedes Menschen zu seiner

Heimat. Wie ich im siebten Kapitel zeigen werde, ist dies kein ba-

nales oder eindimensionales Motiv. Seine Vielschichtigkeit off en-

bart vielmehr einiges über die seelische Archäologie des mensch-

lichen Strebens nach Sesshaft igkeit. Und wir können dieses Motiv

und seine zahlreichen Facetten beschreiben, es erweitern und un-

ter den neuen und bedrohlichen Bedingungen einer sich verän-

dernden Welt nutzbar machen.

Im zehnten Kapitel gehe ich auf zwei konkrete Beispiele aus

England und Nordamerika ein, um zu zeigen, in welcher Weise

patriotische Gefühle unter Rückgriff auf das Motiv der Treuhän-

derschaft fragile Umweltsysteme geschützt haben. Und wie eben

dieses Prinzip nicht-staatlicherseits genutzt beziehungsweise staat-

licherseits nicht selten sogar unterminiert wurde. Meiner Ansicht

nach hat das Gefühl territorialer Zugehörigkeit dazu beigetragen,

ein ererbtes soziales und ökologisches Gleichgewicht zu bewahren.

Seine Außerkraft setzung in den letzten Jahrzehnten ist einer der

Hauptgründe, weshalb die Entropie in unserer Umwelt zunimmt.

Auf dieser lokal-nationalen Ebene fallen die Interessen von Um-

weltschutz und konservativer Politik zusammen.

Hoff nung auf Besserung ist daher auch nur auf lokaler Ebene

realistisch. Denn es gibt keinen einzigen Beleg dafür, dass globale

politische Institutionen nur das Geringste getan hätten, um der

globalen Entropie Einhalt zu gebieten. Ganz im Gegenteil, durch

die vermehrte weltweite Kommunikation, durch den Abbau na-

tionaler Souveränität und der entsprechenden gesetzlichen Barri-

eren haben sie zur globalen Entropie sogar noch beigetragen und

die einzigen wirksamen Gegenkräft e ausgeschaltet. Ich kenne viele

24 Siehe Roger Scruton, Th e Need for Nations, London 2004.

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Kapitel Eins

Umweltschützer, die wie ich der Ansicht sind, dass Weltbank und

WHO eine potenzielle Bedrohung für die Umwelt darstellen, weil

sie nicht nur autarke ländliche Selbstversorgergemeinschaft en zer-

stören, sondern auch weil sie die nationale Souveränität beschnei-

den, wann immer diese den Zielen des Freihandels im Wege steht.25

Die meisten scheinen auch meinen Standpunkt zu teilen, dass tra-

ditionelle Gemeinschaft en vor plötzlicher Veränderung von au-

ßen geschützt werden müssen. Und zwar nicht nur in dem Sinne,

dass sie ihre nachhaltigen Wirtschaft sformen beibehalten können,

sondern vor allem, damit sie weiterhin ihre Werte und Loyalitä-

ten leben können, die schließlich die Summe ihres Sozialkapitals

darstellen.

Merkwürdig ist nur, dass so wenige Umweltschützer diesen Ge-

danken zu Ende denken und anerkennen, dass auch wir vor der

globalen Entropie geschützt werden müssen, dass auch wir um die

Verbundenheit kämpfen müssen, die uns mit unserem Territorium

verbindet und so aus diesem »Territorium« unsere Heimat macht.

Denn Versuche, die Woge der Umweltzerstörung einzudämmen,

waren bislang nur erfolgreich, wenn sie aus nationalen oder lo-

kalen Initiativen hervorgingen, aus dem Wunsch, ein Territorium

zu schützen, das in irgendeiner Form als das »unsere« galt – an-

ders ausgedrückt: auf das wir ein ererbtes Anrecht besitzen. Ich

rede hier beispielsweise vom Druck auf den amerikanischen Kon-

gress zur Einrichtung von Nationalparks, der von amerikanischen

Naturliebhabern ausging; von Islands Gesetzen zum Schutz der

Laichgründe des Kabeljaus; dem Gesetz, das Irland von Plastik-

25 Die Kritik dieser Institutionen seitens der politischen Linken fi ndet sich sehr

schön zusammengefasst auf den Webseiten des Global Justice Center und des

Global Justice Ecology Center. Weitere Kritikpunkte aus berufenem Munde fi n-

den Sie zum Beispiel in den Büchern von Joseph Stiglitz: Die Schatten der Glo-

balisierung, München 2004, und Die Chancen der Globalisierung, Bonn 2006.

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tüten befreite; den Bemühungen um saubere Energie in Schweden

und Norwegen; der Schweizer Gesetzgebung, die den Gemeinden

volle Kontrolle über ihre Umwelt gibt, damit diese im Sinne al-

ler bewirtschaft et wird; der britischen Green-Belt-Bewegung, die

der ausufernden Siedlungspolitik der großen Städte entgegenwirkt;

den Bemühungen um eine nachhaltige Fischereipolitik zur Erhal-

tung des Hummers in Maine und des Kabeljaus in Norwegen. Dies

sind kleine Bewegungen, doch sie sind durchaus wirkungsvoll und

könnten, wenn sich diese Art des Engagements weiter verbreitet,

das Antlitz der Erde verändern.26 All diese Initiativen waren erfolg-

reich, weil sie auf einen ganz natürlichen Beweggrund setzten – die

gemeinsame Liebe zu einem Ort, den man miteinander teilt.

Mir will scheinen, dass eben dies das Ziel ist, das ernst zu neh-

mende Umweltschützer und ebenso ernst zu nehmende Konser-

vative gemeinsam haben – nämlich unsere Heimat, den Ort, an

dem wir leben und den wir miteinander teilen, den Ort, der uns

ausmacht und den wir für unsere Nachkommen bewahren und

deshalb nicht zerstören wollen. Viele der Intellektuellen, die diese

gegebene Verbindung zwischen konservativem Denken und Um-

weltschutz erkannt haben wie zum Beispiel Patrick Wright, stehen

ihr gleichwohl misstrauisch gegenüber.27 Die Liebe zur heimatli-

chen Erde war in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen – vor

allem in Deutschland – natürlicher Teil jenes allgemeinen kollek-

tiven Impetus, der sich damals – wenn auch nur kurzfristig – ganz

26 Einige dieser auf Konsenslösungen ausgerichteten Bewegungen wurden von

Elinor Ostrom wissenschaft lich untersucht. Ich möchte im fünft en Kapitel nä-

her auf ihre Argumentation eingehen. Andere dieser Initiativen fi nden sich dar-

gestellt im fünft en Kapitel von William A. Shutkins Buch: Th e Land Th at Could

Be: Environmentalism and Democracy in the Twenty-First Century, Cambridge,

Massachussetts, 2001. 27 Siehe »An Encroachment too Far«, in: Barnett und Scruton (Hrsg.), Town and

Country, London 1999.

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Kapitel Eins

vor den Wagen nationalistischer Kräft e spannen ließ.28 Doch all-

mählich ist es an der Zeit, eine off enere und fantasievollere Vision

dessen zu entwickeln, was konservatives Denken und die Umwelt-

bewegung einander geben können. Denn bislang scheint noch nie-

mand der Umweltbewegung ein zugkräft igeres Motiv geliefert zu

haben, als es die gemeinsame Liebe zu unserer Heimat darstellt.

Ein Gefühl im Übrigen, das jeder nachvollziehen kann. Es bietet

eine verlässliche Grundlage für das konservative Bestreben, be-

stimmte Institutionen zu bewahren, wie auch für die Bemühun-

gen um die Erhaltung unseres Landes. Diese Grundlage erlaubt uns

vielleicht wirklich, die demokratische Teilhabe mit der Achtung

der Rechte künft iger Generationen und den Pfl ichten der Treu-

händerschaft in Einklang zu bringen. Meiner Ansicht nach ist dies

die einzig wirklich sinnvolle Ressource, die uns in unserem Kampf

um die Bewahrung der lokalen Ordnung vor dem Ansturm glo-

baler Verfallstendenzen zur Verfügung steht. Denn, das soll hier

noch angefügt werden, wenn uns die Th ermodynamik etwas zu

sagen hat, dann dies.

Ich bezeichne diese Motivation (oder vielmehr diesen Moti-

vationskomplex) als oikophilia, als Liebe zum oikos, zum eigenen

Haushalt. Eben dieses griechische Wort bildet die semantische

Grundlage für Begriff e wie Ökonomie oder Ökologie. Ich möchte

mit diesem Begriff aber eine tiefe Schicht der menschlichen Psy-

che beschreiben, die der Deutsche als Heimatgefühl29 kennt. Selbst

ernannte Konservative wurden – nicht zu Unrecht – dafür kriti-

siert, dass sie alle politischen Entscheidungen als ökonomische

Entscheidungen und den Markt als Allheilmittel sehen. Doch die

28 Siehe dazu die stellenweise ungebrochene Geschichte der Ökologiebewegung

in Deutschland, die Anna Bramwell zeichnet: Ecology in the 20th Century. A His-

tory, New Haven 1989. 29 Im Original deutsch. (A.d.Ü.)

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konservative Betonung der Ökonomie hat durchaus ihren Sinn,

wenn wir sie auf den oikos zurückführen, der sich in dem Begriff

versteckt. Achtung vor dem oikos, dem eigenen Haushalt, ist der

eigentliche Grund, weshalb Konservative sich den gegenwärtigen

Umweltschutzaktivitäten nicht anschließen mögen. Radikale Um-

weltschützer hingegen reagieren mit Irritation auf jede Form von

Nationalgefühl. Sie lehnen die alten Hierarchien ab und versuchen,

die Toten aus ihrer Planung herauszuhalten, uneingedenk der Tat-

sache, dass sie damit, wie Burke meinte, auch die Ungeborenen aus

ihren Überlegungen streichen. Sie defi nieren ihre Ziele auf globa-

ler, internationaler Ebene, unterstützen Nicht-Regierungsorgani-

sationen und Interessengruppen, die sich mit den multinationalen

Konzernen auf deren ureigenstem Gebiet anlegen, und versuchen,

diese mit ihren eigenen Waff en zu schlagen – ohne jeden Rückgriff

auf nationale Souveränität.

Noch weiter geht der deutsche Generalverdacht gegen das Hei-

matgefühl. Viele deutsche Intellektuelle würden sicher Bernhard

Schlink zustimmen, der meint, den jüngsten Evokationen des Be-

griff es Heimat liege ein gefährlicher Utopismus zugrunde. Denn

Heimat sei letztlich ein »Nichtort«, entstanden aus unerfüllbaren

emotionalen Sehnsüchten, die unweigerlich an der bloßen Wirk-

lichkeit zerschellen müssen, sodass der Sehnende enttäuscht zu-

rückbleibt.30 Edgar Reitz’ Filmreihe Heimat mit ihren fünfundfünf-

zig Stunden Dauer kann diesen Eindruck nicht ganz ausräumen,

zeigt aber recht schön, worum es in diesem Buch geht. Ich werde

dem Gefühl der Oikophilie in ihren existierenden modernen For-

men nachgehen. Und ich werde herausarbeiten, was die eigentliche

Aufgabe des Umweltschutzes ist: nämlich dieses Gefühl zu erhalten

und es zu bewahren vor allem, was es unterminieren könnte – von

30 Siehe Bernhard Schlink, Heimat als Utopie, Frankfurt a. M. 2000.

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Kapitel Eins

der Oikophobie (der Verleugnung der Heimat) über die Techno-

philie (den Drang, Heimat durch allerlei technische Errungen-

schaft en zu ersetzen) und den Konsumwahn (den Triumph der

instrumentellen Vernunft , die aus dem »Hier« ein gnadenloses

»Überall« macht) bis hin zur Lust an der Zerstörung und Bana-

lisierung, die zu den chronischen Krankheiten der menschlichen

Natur gehört.

Seit seinen Ursprüngen in den Schrift en eines Hume, Smith

oder Burke hat der intellektuelle Konservativismus stets die Be-

deutung kleiner Gemeinschaft en, autonomer Institutionen, Un-

ternehmungen und Universitäten betont, die sich dem Zugriff des

Staates entziehen. In Europa waren es vor allem De Maistre und

Hegel, die diese Ansicht teilten. Bei Tocqueville ist sie der Dreh-

und Angelpunkt seiner Analyse der amerikanischen Demokratie.

Was diese Denker im Hinterkopf hatten, war eine zivile Gemein-

schaft : Zusammenschlüsse von Menschen, die nur um der Koope-

ration willen bestanden – manchmal, doch keineswegs immer mit

einem gemeinsamen Ziel  – und die ihre Angelegenheiten ohne

staatliche Einmischung regelten und gewöhnlich keinerlei politi-

schen Einfl uss suchten. Solche Gemeinschaft en sind der Stoff , aus

dem die Zivilgesellschaft besteht, und Konservative legen deshalb

so enormen Wert auf sie, weil sie die Garantie für die Fähigkeit zur

Erneuerung des Gemeinwesens darstellen, ohne dass diese durch

den Staat gesteuert und kontrolliert werden müsste.31 Obwohl der

»kleine Haufen, der uns zunächst umgibt«, wie Burke dies nennt,

sozusagen ebenfalls eine Nicht-Regierungsorganisation ist, ist er

doch ganz anders aufgebaut als das, was wir heute unter diesem

31 Daher die klare Unterscheidung zwischen staatlicher und bürgerlicher Ge-

sellschaft , die Hegel in seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts (a.a.O.)

vornimmt.

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Begriff kennen und was die die Umweltdebatte weitgehend domi-

niert. Eine Nicht-Regierungsorganisation signalisiert schon mit

ihrem Namen, dass sie nicht zur Regierung gehört. Doch bereits

diese Selbstbezeichnung macht deutlich, dass die NGOs es sich zur

Gewohnheit gemacht haben, mit den Regierungen um Einfl uss zu

konkurrieren. Viele von ihnen verfolgen darüber hinaus politische

Ziele beziehungsweise streben mit ihren Anhängern Veränderun-

gen an, die nur durch umfassende gesetzliche Verordnungen er-

reicht werden können.

Der Unterschied liegt off en auf der Hand: Existieren zivile Ge-

meinschaft en hauptsächlich um ihrer Mitglieder willen, so exis-

tieren die großen NGOs häufi g nur um ihrer Ziele willen. Ihren

Mitgliedern bringen sie weiter nichts außer regelmäßigen Spen-

denaufrufen. Diese Unterscheidung soll hier an einigen Beispie-

len erläutert werden. Eine dieser typischen großen Nicht-Regie-

rungsorganisationen ist der International Fund for Animal Welfare

(IFAW). Diese NGO wurde 1969 gegründet und setzt sich weltweit

für Tiere ein. Er gewinnt Mitglieder vorzugsweise durch schockie-

rende Anzeigen wie zum Beispiel von jenen leidenden Bären, de-

nen man in China zur Gewinnung von Gallenfl üssigkeit Katheter

in den Bauch treibt. Oder vom blutigen Robben-Schlachtfest, das

Jahr für Jahr an der kanadischen Küste stattfi ndet. Oder von ir-

gendeinem anderen geeigneten Motiv, das den gewöhnlichen Tier-

liebhaber dazu bringt, dem Geld zu spenden, der verspricht, die-

sem Leid ein Ende zu bereiten. Einer der Mitbegründer des IFAW

erhielt, als er sich aus der Organisation zurückzog und in Rente

ging, 2,5 Millionen US-Dollar vom IFAW, nur damit dieser den

Namen weiter benutzen durft e – ein Recht, das viele gar nicht erst

ausüben möchten. Der IFAW fi nanziert weiterhin politische Kam-

pagnen weltweit. Eine davon war erst kürzlich von Erfolg gekrönt:

In Großbritannien wurde die Hundejagd verboten. (Der politische

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Kapitel Eins

Flügel des IFAW spendete 1 Million Pfund an die Labour-Partei im

Gegenzug für das Versprechen, ein entsprechendes Gesetz auf den

Weg zu bringen. Diese Art Verfälschung des politischen Prozesses

ruft keinerlei Protest hervor, wenn ihre Akteure dem linken poli-

tischen Spektrum zuzuordnen sind. (Der IFAW hat einen jährli-

chen »Umsatz« von 100 Millionen US-Dollar.)

Der IFAW ist ein extremes Beispiel für eine NGO, die Ziele ver-

folgt, über die keine Diskussion stattfi ndet, da es innerhalb der Or-

ganisation selbst kein Forum dafür gibt. Was mitunter sogar den

selbst gesteckten Zielen schadet. So könnte die Tatsache, dass die

Robben in Kanada nun nicht mehr jährlich dezimiert werden, sich

durchaus negativ auf die dortige Tierpopulation und das Habitat

der Menschen vor Ort, die Küsten-Inuit, auswirken.32 Der IFAW

aber ist nur seinen Leitern gegenüber zur Rechenschaft verpfl ich-

tet. Er ist ausschließlich auf politischer Ebene tätig, doch eine De-

batte über die langfristigen Auswirkungen seiner kurzfristigen

Zielsetzungen fi ndet nicht statt. Er fordert von seinen Unterstüt-

zern nichts weiter als Geld und agiert als kompromisslose Lobby-

Gruppe für ein einziges Th ema, wann immer er die Szene betritt.

Der IFAW ist international organisiert und ausschließlich mit der

Verfolgung seiner selbst gesteckten Ziele beschäft igt. Er untergräbt

also die Fundamente demokratischer Politik, deren Ziel es ist, Kon-

fl iktparteien auszusöhnen, sinnvolle Kompromisse zu schließen

und kollektive Verantwortung für eine bestimmte Gemeinschaft

und ihre verschiedenen Interessen zu übernehmen. Dasselbe gilt

für die großen multinationalen Umweltschutzorganisationen wie

32 Zumindest ist dies die Argumentation der kanadischen Regierung, die nicht

nur die wirtschaft liche Bedeutung des Robbenschlachtens sieht, sondern auch

dessen Funktion für die Erhaltung der Umwelt und der Ökosysteme, von de-

nen die Robben abhängig sind. Siehe: www.dfo-mpo.gc.ca/fm-gp/seal-phoque/

reports-rapports/facts-faits/facts-faitsSE-eng.htm.

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Greenpeace, Friends of the Earth und Earth First!, die sich – eben

weil sie sich nationaler Jurisdiktion und der Bürde einer realisti-

schen Politik entziehen – schnell zu einer Bedrohung für das ho-

möostatische System entwickeln können, das sie eigentlich schüt-

zen wollen.

Ein schönes Beispiel dafür bietet die Auseinandersetzung zwi-

schen Greenpeace und Shell über die Entsorgung der Ölförderplatt-

form Brent Spar. Shell wollte sie im Meer versenken. Greenpeace

versuchte mit einer massiven Hasskampagne gegen Shell, die mit-

hilfe von Boykottaufrufen, einer Werbekampagne, Flugblättern

und nicht zuletzt Druck auf die Anteilseigner geführt wurde, die

Versenkung zu verhindern. Es hieß, die Plattform enthielte meh-

rere Tausend Tonnen Öl und würde auf Jahre hinaus eine Bedro-

hung für die Umwelt darstellen: Diese Aussage erwies sich in der

Folge als falsch. Es kam nie zu Gesprächen, in denen Greenpeace

und Shell die unterschiedlichen Standpunkte hätte klären können.

Die Auseinandersetzung wurde geführt als tödlicher Kämpfe der

Mächte des Lichts gegen die Mächte der Finsternis.

Greenpeace gewann. Die Plattform wurde aus dem Meer ge-

holt und in einem norwegischen Fjord entsorgt, ein unansehnli-

ches Wrack, das schließlich für die stolze Summe von 43 Millionen

Pfund zerlegt wurde. (Die Versenkung hätte 3 Millionen Pfund ge-

kostet.) Da für die Entsorgung enorme Mengen Energie verbraucht

wurden und dabei jede Menge Gift stoff e frei wurden, war dies auch

aus umwelttechnischer Sicht der schlechteste mögliche Weg, das

Problem zu lösen. (Heute empfehlen mehrere Umweltorganisati-

onen, diese alten Ölförderplattformen sollten im Meer versenkt

werden, damit sie dort eine nützliche Funktion als Lebensraum

für Fische entfalten können.) Die ganze Angelegenheit hatte Shell

Millionen gekostet und den Ruf der Firma nachhaltig beschädigt.

Nachdem nachgewiesen worden war, dass die Plattform deutlich

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Kapitel Eins

weniger Öl enthielt als von Greenpeace angegeben, ließ die Orga-

nisation eine windige Entschuldigung vom Stapel und zog weiter

zur nächsten Kampagne.33

Damit will ich nun nicht unterstellen, dass NGOs mit ih-

ren Behauptungen immer falsch liegen oder dass multinationale

Konzerne sich stets verantwortungsbewusst verhalten. Ganz im

Gegenteil, Greenpeace und Friends of the Earth haben die Auf-

merksamkeit der Öff entlichkeit nicht selten auf tatsächliche Miss-

brauchsfälle gelenkt und ihre Glaubwürdigkeit in gutem Sinne ge-

nutzt, um ein Umdenken in der Öff entlichkeit zu bewirken. Die

Konzerne werden immer größer und können sich ihrerseits juris-

tischer Kontrolle entziehen, weil sie ihre Pfl ichten gegenüber den

Staaten, in denen sie Niederlassungen haben, nicht erfüllen. Ihre

Rechenschaft spfl icht schwindet somit. Anteilseigener stellen ohne-

hin selten Fragen, und schon gar nicht über die Umweltfolgen jener

Aktivitäten, die ihnen Gewinn einbringen. Es ist eine der großen

Schwächen der konservativen Position, dass ihre nachvollziehbare

Begeisterung für das freie Unternehmertum, wie sich gerade in

Amerika zeigt, selten begleitet wird von der Einsicht, dass freies

Unternehmertum unter den Bürgern eines Nationalstaates etwas

ganz anderes ist als freies Unternehmertum eines multinationalen

Konzerns an Orten, an die weder der Konzern noch seine Anteils-

eigner durch Beziehungen gebunden sind. Dieses Desinteresse am

»Andernorts« ist es, das hinter Umweltkatastrophen wie der von

BP zu verantwortenden Ölpest im Golf von Mexiko oder der Poli-

tik von Kahlschlag und Brandrodung des Regenwaldes durch mul-

tinationale Holzkonzerne steht.

33 BBC News vom 25. November 1998. Siehe dazu auch die Presseverlautbarung

von Shell: »Shell welcomes the letter of apology from Greenpeace«, in: Brent Spar

Dossier, 2008, S. 112. Abrufb ar unter: http://www-static.shell.com/content/dam/

shell/static/gbr/downloads/e-and-p/brent-spar-dossier.pdf

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Und doch sind auch die Umweltschutz-NGOs niemandem Re-

chenschaft schuldig. Das ist die natürliche Konsequenz ihrer Ar-

beitsweise. Der Unterschied zu anderen Formen bürgerlichen

Engagements soll hier am Women’s Institute (WI) aufgezeigt wer-

den, einer Organisation, die 1915 zur Unterstützung der britischen

Landfrauen während der schwierigen Monate des Ersten Welt-

kriegs gegründet wurde. Diese Initiative zählt heute über 205 000

Mitglieder in Großbritannien, die in lokalen Gruppen organisiert

sind und sich über das ganze Land verteilen. Ihr Beispiel wurde

in zahlreichen Ländern der englischsprachigen Welt nachgeahmt.

Das WI hat keinen anderen Zweck, als Leute zusammenzubrin-

gen, die sich um sozial sinnvolle Projekte kümmern und sich ge-

genseitig unterstützen wollen. Die Organisation ist für Vorschläge

aus der Basis off en, muss ihren Spendern gegenüber Rechenschaft

im Hinblick auf die Verwendung der Gelder ablegen und lässt die

Finger von der Politik. Sie prägt die ethische und soziale Grundein-

stellung ihrer Mitglieder, die sie als dauerhaft e Institution über Zeit

und Raum hinweg vereint. Sie fördert deren lokalpatriotische Ge-

fühle und bietet ihnen in schweren Zeiten Freundschaft und Unter-

stützung. Kurz gesagt ist das WI ein Instrument des Friedens, das,

da es unpolitisch ist, den konservativen Instinkt anspricht und je-

nen Trost bietet, die keine Revolution anzetteln, sondern einfach

nur ihr Leben weiterführen wollen.

Und doch hat das WI ganz sicher viel Gutes getan, und zwar

nicht nur für seine Mitglieder, sondern für die Gesamtheit der lo-

kalen Bevölkerung. Es spielt eine große Rolle bei der Werbung für

regional produzierte Lebensmittel, und zwar nicht mithilfe großer

Werbekampagnen, sondern durch die Möglichkeiten, die es den

örtlichen Farmern und ihren Familien eröff net. Seine Mitglieder

fördern Bürgerinitiativen zum Umweltschutz in der unmittelba-

ren Nachbarschaft . Trotz seiner landesweiten Organisationsstruk-

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Kapitel Eins

tur legt man beim Women’s Institute großen Wert auf lokale Akti-

vitäten, auf alles, was »daheim« vor sich geht. Umgekehrt hege ich

keinerlei Zweifel, dass der IFAW mindestens ebenso viel Schaden

angerichtet wie Gutes bewirkt hat, und dies nicht nur in den länd-

lichen Gemeinden Englands, sondern bei den Inuit in Kanada und

den Küstenjägern Namibias, Bevölkerungsgruppen, gegen die der

IFAW mobil gemacht hat. Es ist gut möglich, dass es der Wildtier-

population insgesamt betrachtet nicht besser, sondern schlechter

geht, seit es den IFAW gibt. Die Tiere, die am meisten von seiner

Arbeit profi tiert hätten, die armen chinesischen Bären mit dem

Gallenkatheter, sind aber völlig außer Reichweite seiner Kampag-

nen. Wie im Fall von Greenpeace lässt sich auch beim IFAW sagen:

Das letzte Urteil ist noch nicht gesprochen.

Doch nicht bei jeder NGO ist diese Art von Kritik angebracht.

Viele der bekannteren NGOs mischen sich nicht in politische An-

gelegenheiten. Sie übernehmen Aufgaben, um die sich sonst der

Staat kümmern müsste – das Rote Kreuz zum Beispiel oder die auf

dem Gebiet der Medizin und Bildungsförderung tätigen Wohltä-

tigkeitsinitiativen, die so viel dazu beigetragen haben, in Europa

und Amerika eine funktionierende Zivilgesellschaft zu begründen.

Ich benutze hier bewusst den Begriff der »Wohltätigkeit«, um diese

Institutionen zu beschreiben. Seit dem »Charitable Uses Act« von

1605 und seiner Präambel erkennt das englische Recht die soziale

Bedeutung solcher Organisationen an, indem es sie beispielsweise

von der Steuer befreit, da eine Steuerpfl icht ihre Aktivitäten viel-

leicht behindern würden.34 Tatsächlich verwenden wir kaum je den

Begriff NGO für diese gemeinnützigen Organisationen. Das hat ei-

nen einfachen Grund: Wir sehen sie nicht in Konkurrenz mit der

34 Auch in Deutschland sind Organisationen, die ganz oder teilweise dem Ge-

meinwohl dienen, von Steuern befreit. (A.d.Ü.)

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Regierung, da sie keine politischen Zwecke verfolgen. Sie sind zwar

aktiv, doch nicht aktivistisch.

Natürlich gibt es enorme Unterschiede darin, wie man den Be-

darf an Zusammenarbeit und gemeinsamem Engagement zum

Wohle der Allgemeinheit formuliert beziehungsweise ihn erfüllt

und nutzbar macht. Neben der versuchsweisen Unterscheidung in

aktivistische NGOs und zivilgesellschaft liche Zusammenschlüsse

gibt es eine noch viel interessantere Trennlinie, die zwischen zwei

verschiedenen Sichtweisen von Politik verläuft . Es gibt jene, die in

der Politik ein Mittel sehen, die Gesellschaft auf ein bestimmtes

Ziel hin zu mobilisieren. Und die, die Politik als Prozess betrach-

ten, in dessen Verlauf Konfl ikte gelöst und Interessen versöhnt

werden, ohne dass dieser Prozess deshalb einen Wert an sich dar-

stellen würde. Zur ersten Gruppe gehören alle Revolutionäre, viele

demokratische Sozialisten, die das Ziel ihres politischen Handelns

in der Errichtung einer gleichen und brüderlichen Ordnung sehen,

und möglicherweise ein paar von denen, die John Gray die »Neo-

Liberalen« nennt und deren oberste Sorge es ist, alle Gemeinschaf-

ten und Institutionen nach den Prinzipien des freien Marktes zu

organisieren – ohne Ansehung der Tatsache, dass sie vielleicht in

eine ganz andere Richtung tendieren.35 Zur zweiten Gruppe gehö-

ren die meisten Konservativen und die »klassischen Liberalen«, zu-

mindest in der Typologie der politischen Wissenschaft . Ich werde

in diesem Buch für die zweite Defi nition von Politik plädieren.

Eine kluge Regierung sollte meiner Ansicht nach kein anderes Ziel

verfolgen als das, die Interessen ihrer Bürger nach bestem Wissen

und Gewissen miteinander in Einklang zu bringen. Nur in abso-

luten Notfällen sollte eine Gesellschaft einem bestimmten Zweck

untergeordnet werden, und diese Notfälle sind ohnehin meist das

35 Siehe John Gray, Beyond the New Right, London und New York 1993.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Roger Scruton

Grüne PhilosophieEin konservativer Denkansatz

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 448 Seiten, 13,5 x 21,5 cmISBN: 978-3-424-35084-5

Diederichs

Erscheinungstermin: November 2013

Der Umweltschutz liegt herkömmlich im Hoheitsgebiet der politischen Linken. Die Bedrohungder Natur ist ihr zufolge dem internationalen Kapitalismus, dem Konsumverhalten und derunbegrenzten Ausbeutung natürlicher Ressourcen zuzuschreiben. Roger Scruton entblößtdieses Grundverständnis als gefährlichen Trugschluss, der in sich zerstörerisch auf dieÖkosysteme wirkt, von denen unsere Zukunft abhängt. Der konservative Denker würdigt traditionelle Prinzipien als offensichtlichste und wirksamsteMittel, den Erhalt unseres Planeten zu sichern. Lokalismus und Bürgerverantwortung schlagendabei die Bemühungen schwerfälliger Nichtregierungsorganisationen und internationalerKomitees. Die Zukunft ist mitnichten gesichert, aber Roger Scruton beweist mit diesergedankenreichen Schrift, dass ein Fortbestand des Ökosystems Erde möglich ist.