Rotkielchen 38/2

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ROTKIELCHEN ROTKIELCHEN Magazin für Politik und Hochschule Jahrgang 38/2 JUSOS KIEL UND JUSO-HOCHSCHULGRUPPEN 2010/2011 Ist das Kunst, oder kann das weg? 26. Februar: Frühjahrsputz bei der SPD

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Magazin für Politik und Hochschule Jahrgang 38/2 JUSOS KIEL UND JUSO-HOCHSCHULGRUPPEN 2010/2011

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ROTKIELCHENROTKIELCHENMagazin für Politik und Hochschule

Jahrgang 38/2 JUSOS KIEL UND JUSO-HOCHSCHULGRUPPEN 2010/2011

Ist das Kunst, oder kann das weg?

26. Februar:Frühjahrsputz bei der SPD

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Liebe Leserin, lieber Leser,

und plötzlich ist alles anders – sah es vor ein paar Monaten noch so aus, als müssten wir die aktuelle Landesregie-rung mit ihrer merkwürdig zustande gekommenen Ein-Stimmen-Mehrheit und ihrer mindestens ebenso merk-würdigen Politik der sozialen Schief-lage noch fast eine ganze Wahlperi-ode ertragen, ist mit dem Urteil des Landesverfassungsgerichts auf Neu-wahlen vieles in Bewegung geraten. Nicht zu letzt in der Sozialdemokratie, über deren Beharrungsvermögen – man möchte es fast Starrköpfigkeit nennen – mancher sich nach der ver-lorenen Wahl 2009 gewundert hat.

Nun wird schon mal der Spitzenkandi-dat per Urwahl bestimmt – wer die SPD bei der nächsten Landtagswahl reprä-sentieren soll, der muss als erstes die eigene Basis überzeugen können. Das ist neu, das ist richtig. Um der Gefahr zu entgehen, in die allzu erwartbaren Muster zu verfallen oder den verschie-denen Teilaspekten des Themas Ge-

RotkieLchenMagazin für Politik und Hochschule, Dezember 2010/Januar 2011 - Jhg. 38/2herausgeber und Verleger: Jusos im VPJ, Juso HSG der CAU, Juso HSG der FH · Kleiner Kuhberg 28-30, 24103 KielRedaktion: Anne-Christin Heinrich (ach),

Moritz Knebusch (kn), Matthäus Macio-

lek (mm), Daniel P. Martinen (dpm), Den-

nis Mitterer (dm) (V.i.S.d.P), Yves-Christian

Stübe (ycst), Timm Wüstenberg (tw)

Außerdem in diesem heft: Dr. Knud Andresen, Björn Dobbertin,Sören PlattenLayout: DIN oder SCHOEN, Molfsee, Telefon: 04347 - 7 30 40 24

kontaktRotkielchen: Dennis Mitterer, Tel.: 0431-25 99 [email protected]äftsführer:Timm Wüstenberg, Tel.: 0431-66 849 704 [email protected] an der cAU:Martin Schmelzer, Tel.: 0431-38 540 73 [email protected] an der Fh:Björn Dobbertin, Tel.: [email protected] Rechtsextremismus:Danny Schulze, Tel.: [email protected]:Landesbüro, 0431-90 60 653www.jusos-sh.deMichel Hansen, [email protected] P. Martinen, [email protected]

INHaLTEditorial ......................................................... 2Zum neuen Wahlgesetz............................. 3Die neue Rücktrittskultur... ...................... 4Klassenkampf von oben............................ 5Demokratie und Elite .............................6/7Schlaglichter zurlandespolitischen Situation ................. 8-10Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte .. 11

Bundeswehrreform .......................... 12/13Nutzung der Lessinghalle ....................... 14Kinder können kochen ............................ 15Glasnost....................................................... 16

walt anzutun, indem wir sie in einen runden Artikel pressen, haben wir uns entschieden, dem Thema seine Ecken und Kanten zu lassen und die Aspekte in der Mitte des Heftes jeweils in kur-zen Schlaglichtern zu beleuchten.

Apropos „Erwartbare Muster“ – dass Ralf Stegner täglich seinen Musiktipp twittert ist erwartbar. Dass er unse-ren Vorschlag aus dem letzten Glas-nost gleich mehrfach aufgegriffen hat, fanden wir dagegen amüsant. Nach diesem Beratungserfolg möch-ten wir einer möglichen Sprachlosig-keit nach dem Mitgliederentscheid entgegenwirken, und geben mit den Seitenüberschriften gleich eine Reihe möglicher Musiktipps zur Auswahl.

Wie immer wünschen wir viel Spaß bei der Lektüre und der einen oder ande-ren sich vielleicht anschließenden Dis-kussion.

Eure Redaktion

Playlist

teRmine UnteR: www.JUsos-kieL.de

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3Rolling stones – i can’t get no satisfaction

Lach- und Sachgeschichten mit dem Rotkielchen

das ist Bernhard. Und Bernhard ist Vorsitzender des höchsten Ge-richts in schleswig-holstein, dem Landesverfassungsgericht. Bernhardhat jetzt zusammen mit seinen kolleginnen und kollegen eine entscheidung gefällt, die die Poli-tikerinnen und Politiker im Land in helle Aufregung versetzt hat: das Landeswahlgesetz entspricht nicht der Verfassung. klingt ko-misch, ist aber so! die mängel sind so doll, dass bis spätestens zum 30. september 2012 eine neuwahl zu machen ist. doch wann genau die wählerinnen und wähler ihre stimme abgeben sollen und wie gewählt werden soll, darüber sind sich die Leute im Parlament noch so gar nicht einig.

Da wäre zum einen der Peter-Harry zu nennen. Peter-Harry ist der Landespapi und treibt sich meist breit grinsend und gut gelaunt auf Volksfesten unweit ent-fernt von den Bier- und Wurstständen herum. Kennt ihr ja. Seit dem Urteil vom Bernhard ist der aber gar nicht mehr so lustig drauf. Seine Mehrheit im Parlament konnte der Peter-Harry nämlich nur auf-grund der großen Zahl an Überhangman-daten, die nicht komplett ausgeglichen wurden, erreichen, so dass er sich jetzt weiter auf Volksfesten tummeln darf, obwohl die Opposition eigentlich mehr Zweitstimmen bekommen hat. Deshalb hat der Landtag derzeit 95 Mitglieder. Aber die Verfassung sagt, dass da nur 69 Leute sitzen dürfen. Außerdem sind die einzelnen Wahlkreise derzeit nicht proportional zugeschnitten. Die Stimme eines Nordfriesen ist momentan doppelt soviel wert wie die eines Kielers. Bern-hard und seine Kollegen haben deshalb jetzt entschieden, dass das nicht so wei-tergehen darf. Muss also ein neues Wahl-gesetz her!

Da die Entwicklung eines solchen Gesetzes aber mit viel Arbeit ver-bunden ist, holt sich der Peter-Harry Unterstützung bei seinem Assisten-ten, dem Christian. Der Christian und seine anderen Freunde von der CDU-Fraktion haben einen tollen Plan: Sie verringern die Zahl der Wahlkrei-se von 40 auf 35 und wandeln das Zweistimmen-Wahlgesetz in ein Ein-Stimmenwahlgesetz um. Fertig wäre das neue Wahlgesetz. Bis September 2012 wird außerdem noch mit der Einstimmen-Mehrheit im Parlament durchregiert und ordentlich Sozial-abbau betrieben. Toll! Weil die CDU aber das Gesetz nicht alleine durch-bringen kann und man möglichst eine Einigung unter allen Fraktionen erzielen möchte, muss man sich auch noch die Meinungen der anderen an-hören. Voll blöd!

Zum Beispiel die von dem Robert, der Anke und dem Ralf. Ralf und die SPD wollen zukünftig auch in lediglich 35 Wahlkreisen wählen, wobei die Einwoh-neranzahlen in den Wahlkreisen vom Durchschnitt nicht mehr als 20 Prozent abweichen dürfen. Der Robert und sei-ne Grünen fühlen sich als kleine Partei von dem Wahlgesetz insgesamt derzeit stark benachteiligt. Da sie kaum Chan-cen haben Direktwahlkreise zu gewin-nen, fordern sie die Anzahl der Wahl-kreise auf maximal 30 zu reduzieren. Und Anke möchte gar nur insgesamt 23 Wahlkreise durchsetzen. Einig sind sich dabei alle drei bei der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Darüber hinaus gibt es auch noch den Rolf. Rolf kommt von einem Verein für „Mehr Demokra-tie“ in Schleswig-Holstein und möchte noch viel weiter gehende Änderungen des Wahlgesetzes. Ginge es nach ihm, werden künftig ein großer Teil der Ab-geordneten direkt gewählt und nur noch wenige sollen einen Platz über die Liste erhalten.

Das eigentliche Problem bei der Frage nach einem neuen Wahlgesetz ist dabei aber das Auszählverfahren. Der d‘Hondt, nach dessen Theorie momentan die Sit-ze verteilt werden, bevorzugte bisher die großen Parteien. Seitdem die aber nicht mehr so groß sind, entstehen die großen Unterschiede zwischen Erst- und Zweitstimmenergebnissen. Deshalb steht auch eine Änderung des Auszähl-verfahrens zur Debatte.

Ist also noch viel zu bereden.

Und beim nächsten Mal: Winterwahl-kampf in Schleswig-Holstein. Die CDU und die FDP haben jetzt schon kalte Füße.

tw

Heute: Wahlgesetz. Kennt ihr nicht? Macht nichts. Erklären wir Euch.

Bernhard Flor – Präsident des Landes-verfassungsgerichts

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4 elton John – don’t let the sun go down on me

wenn das politische Jahr 2010 durch eine erscheinungsform geprägt war, dann ist dies der Rücktritt. eine tritt zurück und niemand will es, andere treten zurück und niemand versteht es, wieder andere werden zum Rück-tritt gedrängt, mal erfolgreich, mal nicht. was macht diese neue Form der Politik aus?

Zurücktreten bitte!Von einer neuen Kultur der politischen Verantwortung

Da wäre zum einen der taktische Rücktritt.

In letzter Zeit vor allem bei CDU-Länderchefs

beliebt. Es scheint zum guten Ton zu ge-

hören, sich für Legislaturperioden wählen

zu lassen, um dann zu einem strategisch

günstigen Zeitpunkt das Ruder an einen

anderen zu übergeben. Der „Neue“ erspart

sich, die Wählergunst als Neuling erwerben

zu müssen und rettet der Partei den Amts-

inhaberbonus über die innere Pensionsgren-

ze des Amtsvorgängers. Geschickt. Inzwi-

schen so verinnerlicht, dass ein Ole von Beust

auf die Frage, warum er zurückgetreten sei,

antwortet, er hätte sich ja sonst noch einmal

für mindestens zwei Jahre wiederwählen las-

sen müssen und das sei ihm dann doch zu

viel. Dass man auch am Ende einer Legislatur

nicht mehr antreten kann und die Bürger-

innen ihren Ersten Bürgermeister anhand

der Spitzenkandidaten der Parteien bestim-

men, und zwar für eine ganze Legislatur, das

ist dann wohl wirklich abwegig. Von Beust er-

klärt weiter, so ein Neuer im Amt, der brau-

che ja auch Eingewöhnungszeit. Der Erste

Bürgermeister der Freien und Hansestadt

Hamburg als Praktikant im Wege des Learn-

ing by Doing? Die Parteien sollten es schaf-

fen, jemanden auch außerhalb des Amtes

schon einmal an Spitzenpositionen heran-

zuführen. Oder ist es den Altvorderen nicht

möglich, jemanden neben sich zu dulden und

aufzubauen? Er wolle seinem Nachfolger in

politischen Fragen nicht vorgreifen, sagt

von Beust. Bei den anstehenden finanzpoli-

tischen Entscheidungen solle das schon der

Mann mitgestalten, der das dann auch aus-

führen müsse. Kann das tatsächlich die Bot-

schaft sein? Schon zwei Jahre vor Ende der

Amtszeit lieber nichts mehr entscheiden, es

könnte ja dem Nächsten missliebig sein? Eine

Selbstkastration der gestaltenden Macht im

Staate. Wäre es nicht dem Wählerwillen an-

gemessen, wenn man sein Amt bis zum letz-

ten Tag voll ausfüllt und der Nachfolger dann

damit leben muss? Und wäre es dem eigenen

Ego so zuwider, den potentiellen Nachfolger

auch im Amt schon einzubeziehen?

Kennengelernt haben wir dieses Jahr auch

den nebulösen Rücktritt à la Horst Köhler.

„Ich trete zurück und sag euch nicht warum,

aber eigentlich wart ihr alle fies zu mir“. An-

sonsten gerne genommen in Ratsfraktionen

in Kleinkleckersdorf, wenn der stellvertre-

tende Vorsitzende sich neben dem Chef nicht

so recht zur Geltung kommen sieht. Hat, wie

wir vom ersten Manne im Staat a.D. gelernt

haben, etwas mit der Würde des Amtes zu

tun. Es ist der Würde des Bundespräsidenten

nicht angemessen, hart mit ihm politisch ins

Gericht zu gehen. Oder war es das Richten an

sich? Das wissen wir nicht so genau, die Wür-

de des Amtes erlaubt es nämlich nicht, einen

Rücktritt begreiflich zu machen. Der Kämp-

fer für die Demokratie des parteilosen Man-

nes, als welcher Köhler sich so gern begriffen

zu haben schien, hat sich hier schlichtweg

aus seiner Verantwortung gezogen. Zurück

bleibt das Gefühl ... ja, welches Gefühl eigent-

lich? Dass man Bundespräsident nur zur eige-

nen Gaudi ist? Dass der Souverän der Repub-

lik nicht alles wissen muss? Dass Demokratie

verkörpert durch ihre Repräsentantinnen

intransparenter wird? Der Rücktritt ist hier

weniger ein Instrument als mehr ein Aus-

druck von Hilflosigkeit, von Abkehr vom po-

litischen System. Wenn dies nicht erläutert

wird, dann ist dies eine Gefahr für die Akzep-

tanz des politischen Systems.

Der Rücktritt hat sich so sehr in unser politi-

sches Bewusstsein geschlichen, dass völliges

Unverständnis herrscht, wenn Rücktritts-

forderungen nicht ausgeführt werden. Man

kann sich darüber streiten, ob Herr Sauer-

land noch ein tragbarer Oberbürgermeister

für Duisburg ist, die Entscheidung, ob er sein

Amt freiwillig aufgibt, liegt dennoch bei ihm.

So ist die demokratische Spielregel. Frau

Goetsch mag in Hamburg mit ihrer Schulre-

form gescheitert sein, das ist jedoch lange

nicht per se ein Grund ihr Amt aufzugeben.

Ist in unserer Vorstellungskraft Verantwor-

tung übernehmen nur noch gleichbedeutend

mit Aufgabe des Amtes? Verantwortung also

nur noch etwas Passives, etwas, dem man am

besten gerecht wird, in dem man sich nicht

mehr einbringt? Kann Verantwortung nicht

auch bedeuten, im Scheitern an Bord zu blei-

ben und das Bestmögliche daraus zu machen?

Aber wenn man das tut, wenn man am Ball

bleibt, dann sollte man erwarten können,

dass da ein aktives Verstehen einsetzt. Ein An-

sich-arbeiten das über das verbale „ich verste-

he und trage die Verantwortung“ hinausgeht.

Das wiegt vielleicht nur anders im Bereich

des moralischen Rücktritts. Der Rücktritt,

weil man vor sich selbst aufgrund von per-

sönlichen Verfehlungen nicht mehr gegeben

sieht, dass man das Amt den eigenen Prinzipi-

en entsprechend ausüben kann. Wir kommen

hier in den Bereich Käßmann. Zugegebener-

maßen ist eine Bischöfin keine Politikerin.

Dennoch gehört auch dieser Bereich in unse-

re Gesellschaft. Aber auch abseits von Kirche

könnte doch gelten, dass man bei persönli-

chem Versagen, man nehme vielleicht eine

fahrlässige Tötung, verübt durch einen am-

tierenden Ministerpräsidenten, für sich Kon-

sequenzen zieht. Sozusagen der ureigenste

Geltungsbereich des Rücktritts. „Seht her, ich

habe euch gesagt, ich könnte dieses Amt aus-

üben, ihr habt mich als Person gewählt. Ich

stelle fest, dass ich als Person nicht genüge,

also ziehe ich mich zurück.“ Bedeutet es Ver-

antwortung, wenn man erkennt, dass man

das, was man selbst von dem Amt erwarten

würde, nicht einhalten kann? Nicht, weil man

sich verrechnet hat, nicht, weil andere die

eigenen Ideen nicht wertschätzen, sondern

weil man selbst dieses Amt nicht ausfüllt?

Wäre das vielleicht auch der bessere Weg

für Horst Köhler gewesen? Ein Horst Köhler,

der angekündigt hätte, er habe den Erwar-

tungsdruck des Amtes unterschätzt und er

sähe sich persönlich nicht in der Lage, diesen

auszuhalten, es täte ihm leid – wäre dieser

Horst Köhler der Würde des Amtes gerecht

geworden?

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5John Lennon – working class hero

Die Bourgoisie hat keinen Bock mehr auf Solidarität!Klassenkampf ist wieder hip!

Weil das so ist, dass man den ureigensten

Sinn eines Rücktritts mit persönlichen Ver-

fehlungen verbindet, sucht man auch bei

den Rücktrittstaktikern nach eben solchen.

Hat Ole von Beust seiner privaten Beziehung

dann mit seinem Rücktritt wirklich einen Ge-

fallen getan?

Wenn man den Cicero aufschlägt, schlägt es

einem gelegentlich geballt entgegen. Auch

im Spiegel, Stern oder der Zeit setzen sich

Redakteure positiv oder auch kritisch damit

auseinander. Der Karlsruher Philosoph Peter

Sloterdijk liefert die philosophische Erlaubnis.

Thilo Sarrazin schlägt noch mal speziell auf

die Gruppe der Migranten ein. Der „Bourgeois“

macht ein „das wird man ja wohl noch sagen

dürfen“ daraus, und schon wird daraus eine

Entsolidarisierungsdebatte der Gesamtgesell-

schaft. Es geht dabei nicht nur um den inte-

grationsunwilligen islamistischen Schläfer um

die Ecke, sondern um die ganze Unterschicht.

Befeuert durch die semiintellektuellen Beiträ-

ge von Thilo Sarrazin und anderen, scheint es,

dass wir das gesellschaftliche Ziel, dass jeder

wollen können muss, aus den Augen verlieren.

Ausgleichende Beiträge, die auch die nicht so

wohlhabenden Mitbürgerinnen und Mitbürger

einbeziehen, haben gerade keine Konjunktur,

werden öffentlich schlicht nicht wahrgenom-

men. So ein bisschen linker Lifestile ist zwar

hip, solange dies nicht nach sich zieht, sich

mit dem tatsächlichen Elend in unserer Gesell-

schaft auseinander zusetzen, echte Probleme

wahrzunehmen, aber echt Politik machen, in-

tensive Auseinandersetzung mit Themen, mit

den Gründen für Armut, Bildungsferne und

Verrohung, sowie den daraus resultierenden

gesellschaftlichen Problemen, nee. Da wird

medial ein regionales Bauprojekt, ein Bahn-

hof, zu einem bundesweiten Politevent auf-

geplustert, und schon ist jeder politisch, der

gegen „S21“ ist. Wie armselig!

Vielleicht sollten wir alle wieder an un-serem politischen Kompass drehen und ihn darauf einpolen, dass Verantwortung getragen werden muss, und dass Tragen etwas Aktives ist. Vielleicht sollten wir die Mentalität „Geh mir aus den Augen“ wie-der ablegen. Vielleicht sollten wir auch

damit aufhören, unseren Rücktritt als Spielmittel einzusetzen. Auch der Frakti-onsvorsitzende in Kleinkleckersdorf freut sich, wenn er sich auf jemanden verlassen kann.

ach

Vielleicht erklärt diese ach so moderne politi-

sche Mentalität aber auch die Studie, welche

das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und

Gewaltforschung an der Universität Bielefeld

Anfang Dezember 2010 veröffentlichte. Sie

zeigt auf, dass der Klassenkampf nicht vorbei

ist. Er beginnt scheinbar wieder. Allerdings

erheben sich nicht die Massen der so genann-

ten Arbeiterklasse gegen die mangelnden Bil-

dungs-, und somit Aufstiegschancen, sondern

die, denen es gut geht in unserem Land, haben

die Nase voll von dem arbeitslosen Pack, den

Minderbemittelten, Kranken, Alleinerziehen-

den. Nicht extra erwähnen muss man, dass die-

se Studie feststellt, dass Thilos Thesen mehr-

heitsfähig sind, bei unseren besser gestellten

Mitmenschen. Die Armut der „unteren Klasse“

kotzt unsere gut betuchte bürgerliche Schicht

mit dem Audi und Volkswagen in der Einfahrt

des Einfamilienhauses mit weißem Zaun an.

Bei n-tv konnte man zur Veröffentlichung der

Studie in einem Internetbericht lesen: „Die

Wissenschaftler um Studienleiter Wilhelm

Heitmeyer sprachen von einer ‚rohen Bürger-

lichkeit’ und einem ‚Klassenkampf von oben’.“

Es zeichne sich ein Rückzug der höheren Ein-

kommensgruppen vom sozialen Zusammen-

halt der Solidargemeinschaft ab. Sie begrün-

den diese Tendenzen vor allem mit den Folgen

der Wirtschaftskrise. Dabei gehe es den Bes-

serverdienenden vor allem um die Sicherung

eigener sozialer Privilegien. In der Studie wird

weiter festgestellt, dass Menschen, welche

ein monatliches Nettoeinkommen von weni-

ger als 2500 Euro haben, die „Sicherung“ der

eigenen sozialen Privilegien nicht im Mittel-

punkt ihres Interesses sehen. Diese Mitbürger

neigen eher zur Solidarisierung mit denen, die

es nicht so gut haben wie sie selbst.

Die Zeit titelt online am 17.03.2010 „Jetzt

heißt es betteln lernen“. Der Redakteur greift

in dem Artikel eine Veröffentlichung Peter

Sloterdijks auf, in der dieser fordert, dass das

Umverteilungssystem der Bundesrepublik,

welches angeblichen den Reichen nimmt und

den Armen in den Rachen schmeißt, zu Guns-

ten von privater Mildtätigkeit aufgegeben

werden solle.

Ich wünschte, gesellschaftliche Ungerech-

tigkeit würde eben soviel Aufmerksamkeit

auf sich lenken wie ein paar gefällte Bäume

in Stuttgart. Nur ist das eben Politik. Kompli-

ziert, anstrengend, Interessen abwägen, Kom-

promisse akzeptieren und feststellen, dass es

nicht den richtigen Weg gibt, sondern den,

den man politisch will.

„Stuttgart 21“ ist kein großes Thema, das den

politischen und medialen Raum ausfüllen soll-

te, sondern eine gute Gesundheitsversorgung

für alle, die gerade geschleift wird von der Re-

gierung. Eine gerechte Teilhabe an Kultur und

öffentlichem Leben, was gerade zerschossen

wird, weil die Kassen der Kommunen platt

gemacht werden. Politik muss für ein Klima

kämpfen, dass die Gesellschaft eint, und nicht

spaltet in arm an Chancen und reich an Chan-

cen. Politik hat gesellschaftliche Relevanz.

ycst

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6 Rolling stones – sympathy for the devil

wenn heute von elite gesprochen wird, dann meist mit einem Beigeschmack. sofort entstehen Bilder von elitenver-sagen im kopf: Am bekanntesten ist sicherlich jenes von Josef Ackermann mit dem Victory-Zeichen – auch wenn aktuell in kiel herr nonnenmacher ihm in der wirkung wenig nachsteht. Bei dem stichwort eliten denkt man automatisch an „nieten in nadelstrei-fen“ wie ein populärer Buchtitel es auf den Punkt brachte. trotzdem scheint deutschland ohne eliten nicht auszu-kommen. Unübersehbar ist der trend zu elite-Universitäten, schulrankings usw. noch 1999 gab die mehrheit der deutschen laut Allensbach an, dass ihr elite unsympathisch sei. mittlerweile hat sich das Verhältnis verkehrt. offen-sichtlich gilt: in der krise hat elite kon-junktur.

„Eliten in der Demokratie“ – ein spannendes Thema

„Eliten in der Demokratie“ ist dabei im wörtlichen Sinne ein spannendes Thema. Denn zwischen den Begriffen Elite und Demokratie besteht eine Spannung: Auf der einen Seite hat Demokratie die Ziel-richtung, dass alle Mitglieder der Gesell-schaft frei und gleichberechtigt über die Gestaltung ihres Gemeinwesens zu befin-den haben. Es liegt der Anspruch zugrun-de, dass Macht und Wohlstand gerecht geteilt werden. Auf der anderen Seite bezeichnet Elite eine aus der Masse he-rausgehobene Schar der Auserwählten, die sich bewusst abgrenzt. Begründet mit dieser Auslese werden Macht und damit auch Wohlstand bewusst ungleich verteilt. Doch wer betreibt diese Auslese und nach welchem Kriterium?

Die Vorsitzende der Friedrich Ebert Stif-tung, Anke Fuchs, hat dringlich die Ge-fahr des Elitenbegriffs aufgezeigt: „So-lange der Begriff vor allem dazu dient, auch unverdiente Ungleichheiten und Pri-vilegien zu rechtfertigen, können wir uns nicht mit ihm anfreunden.“1 Es besteht

immer die Gefahr, dass die Elite nicht aus einer Auslese der Besten resultiert, son-dern dass bloß sie als Etikett dient, um die Interessen einer kleinen Gruppe zu legitimieren.

Es besteht also eine nicht unerhebliche Spannung. Wenn wir einen Blick in die Ge-schichte werfen, wird auch deutlich wa-rum; der Begriff Elite ist erst sehr spät mit dem Konzept Demokratie verknüpft worden. Ursprünglich bezieht sich Elite allein auf das Prinzip des Marktes. In der Encyclopedie von Diderot aus dem Jahr 1775 wird Elite erklärt als Gütesiegel für hervorragende Spitzenprodukte wie z.B. Elite-Gänseleber und Elite-Garn. Ganz ein-fach: Aufgrund einer Auslese wird ein höherer Wert behauptet. Dieser wird mit dem Prädikat Elite auf dem Markt sicht-bar gemacht, um einen höheren Preis zu erzielen. Etwas zugespitzt ist dies heute noch gültig: Wie damals die Elite-Gänseleber (hoffentlich) über besondere Rohstoffe und Verarbeitung gerechtfer-tigt wurde, so wird heute auserlesenes Humankapital in Exzellenzuniversitäten veredelt. Die mittlerweile etwas modi-scher auftretenden Gütesiegel fordern Drittmittel für die Universität und höhe-re Gehälter für die Absolventen. Wer Elite sagt, der meint also immer einen Vorteil auf den Märkten – jeglicher Art.

Die ersten wissenschaftlichen Abhand-lungen zum Begriff Elite machten diesen auch für politische Fragen fruchtbar, aber nicht eben unter demokratischem Vorzeichen. Sie untersuchten wie die Eli-te ihre Macht monopolisieren und Gege-neliten ausstechen könnte. Dabei sahen sie es als ganz selbstverständlich an, dass immer eine Wertelite über die Masse – verstanden als „willenlose, triebhafte,

unvernünftige, rohe Einheit“ – herrsche. Vorstellungen von Demokratie gerieten an diesem Punkt also gar nicht in den Blick. Eher war im Gegenteil eine anti-demokratische Grauzone angelegt, die insbesondere die konservativen Revolu-tionäre der 1920er Jahre gerne aufnah-men und die bis heute virulent ist. Man denke nur an den Philosophen Peter Slo-terdijk und seine Elogen auf den Kampf der „Leistungsträger“ gegen den „klep-tokratischen Staat“ – die volkstümliche Ausgabe dieser verqueren Sicht ist dann Westerwelles „spätrömische Dekadenz“ der Hartz4-Empfänger.

Es war keine Liebesheirat als die Konzep-te Elite und Demokratie in Deutschland erstmals zusammengeführt wurden. Erst nachdem die Alliierten 1945 in Deutsch-land eine stabile Demokratie erzwangen, wurde die Frage gestellt, ob und wenn ja wie, Demokratie und Elite in Einklang zu bringen seien. Bezeichnenderweise war es ein Ökonom, Joseph Schumpeter, der eine seinerzeit wirkmächtige Synthese entwickelte. Er verstand die Demokratie nicht als Volkssouveränität. Schumpeter sah Demokratie lediglich als das beste Verfahren, in dem die Masse sich zwi-schen Elite und Gegenelite entscheiden könne. Demokratie wurde also als nützli-che Funktion des Marktes verstanden.

Das bis heute prägende Verständnis von Eliten in der Demokratie setzte sich erst im Lauf der 60er Jahre durch. Es stützt sich vor allem auf Karl Mannheim und Ralf Dahrendorf. Nach ihren Erkennt-nissen ist Elite keine einheitliche, abge-schlossene Schicht. Stattdessen sollten die wichtigen jeweiligen Funktionen nach ausdifferenzierten Leistungsquali-fikationen vergeben werden und jedem geeigneten Bewerber offen stehen. Aus dieser Sichtweise leitet sich die heute verbreitete Vorstellung von Leistungs- und Funktionseliten ab. Vereinfacht ge-

1Vgl. Herwig, Malte: Eliten in eineregalitären Welt, Berlin 2005, S. 10.

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7Abba – the winner takes it all

neu. Bereits 1965 erschütterte das Wort der deutschen „Bildungskatastrophe“ die Nation. Man war sich sicher, Deutschland würde im internationalen Wettbewerb bald nicht mehr bestehen können.

Die Fragen nach Leistung, Nutzen und Re-krutierung von Eliten sind seitdem immer dringlicher und lauter geworden, weil die Verteilung von Macht und Wohlstand in unserer Gesellschaft immer ungleicher wird. Deutschland ist schon länger nicht mehr in einer sozialen Marktwirtschaft alten Typs organisiert, in der permanen-tes Wachstum ebenso permanent umver-teilt wird, und die gesamte Gesellschaft mit dem Fahrstuhl nach oben fährt:Die SPD hat zwar seit den 1970er Jah-ren dafür gesorgt, dass mehr Menschen bessere Bildungsabschlüsse erreichen. Aber es hat sich trotzdem nichts daran geändert, dass in Deutschland weiter die Herkunft entscheidet; kaum ein Ar-

beiterkind erwirbt einen Uni-Abschluss. Weitere Versuche, diese unhaltbaren Zu-stände aufzubrechen, werden vom Bil-dungsbürgertum torpediert, wie z.B. die Schulreform in Hamburg zeigt. Auch sind die Verflechtungen der sogenannten Deutschland AG, die lange für einen brei-ten Interessensausgleich unter den Teile-liten sorgten, zerschlagen worden, um in globalen Märkten wettbewerbsfähig zu sein. Im Ergebnis setzen sich zunehmend Einzelinteressen in der Politik durch – wenn sie denn nur mächtig genug sind. Aus einer Vielzahl von Möglichkeiten nur die aktuellsten Stichworte: niedrigere Mehrwertsteuer für Hoteliers, Aufkün-digung des Atomkompromisses zuguns-ten der großen Energiekonzerne und Abschied vom solidarischen Gesundheits-system zugunsten der Gutverdienenden. In dieser Situation kommt Eliten in der Demokratie eine besondere Bedeutung zu.

Dr. Knud Andresen

sagt: Eliten macht weiterhin aus, dass sie über Status, Privilegien und Macht verfü-gen – aber nicht aus einem Selbstzweck heraus. Es tritt das Moment der Leistung hinzu: Jedes Mitglied soll sich durch be-sondere Leistung und einen Nutzen für die Gesellschaft auszeichnen. So gehört es zur Demokratie, offen über ihre Eliten zu streiten.

In Deutschland wird die öffentliche Dis-kussion um Eliten dabei seit jeher um Defizite geführt. Es geht darum, wem ein besonderer Status zu Unrecht zu-kommt, wo Macht missbraucht wird und die Gesellschaft eben gerade keinen Nutzen hat; wo alte Eliten versagt haben und ausgetauscht oder gar bestraft ge-hören, wo neue, leistungsfähige Eliten fehlen, Eliteninstitute gegründet oder Greencards für hochqualifizierten Zuzug ausgestellt werden sollen. Diese Eliten-schelte hat es immer gegeben: Schon der Soziologe Max Weber diagnostizierte dem Kaiserreich eine mangelhafte Rek-rutierung seiner Elite, die zur schlechten Regierung und letztlich in den Ersten Weltkrieg geführt habe. In der ihm ei-genen drastischen Sprache nannte Max Weber diese untaugliche Oberschicht, die seinerzeit in studentischen Verbin-dungen herangezogen worden war, „la-ckierte Plebejer“. Und auch die Projekti-onen des in aller Kürze zu erwartenden Untergangs Deutschlands aufgrund feh-lender Wettbewerbsfähigkeit ist nicht

Mit Herfried Münkler stellen sich eindringli-

che Fragen2:

- Wie werden Eliten und ihr Wirken in der Öf-

fentlichkeit wahrgenommen?

- Wie entstehen Eliten bzw. werden sie re-

krutiert?

- In welchem Verhältnis stehen Elitebildung

und Sozialstruktur?

- Und schließlich: Welche Möglichkeiten gibt

es (für wen?), Eliten zu gestalten und was

kann man von ihnen erwarten?

Eliten in der Demokratie - Es bleibt also span-

nend.

2Vgl. Münkler, Herfried: Vom gesellschaftlichen Nutzen und Schaden der Eliten, S. 24-47 in: Bohlender, Matthias/Münkler, Herfried/Straßenberger, Grit (Hrsg.): Deutschlands Eliten im Wandel, Frankfurt/M. 2006.

Gesichter des Eliteversagens: Dirk Jens Nonnenmacher und Josef Ackermann

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8 Udo Jürgens – ich weiß was ich will

„Mehr Demokratie wagen!“ – An diesem Slo-gan kam man in den letzten Wochen und Monaten in der Schleswig – Holsteinischen SPD nicht vorbei. Auch wenn er mittlerweile fast nur noch wie eine hohle Phrase klingen mag, so trifft er doch zumindest teilweise den Kern der Sache. Erstmalig sollen die Mit-glieder, soll die Parteibasis das letzte und endgültige Wort haben. Damit erfüllt man nun langjährige Forderungen nach mehr Mitbestimmung und Einbeziehung aller. Nicht mehr in verrauchten Hinterzimmern wird über die personelle Zukunft der SPD entschieden, sondern auf dem Wahlzettel bei Dir zuhause!

Du kannst dafür sorgen, dass es eben kein Wagnis mehr für die SPD ist, sich an den grundlegenden Prinzipien der direkten De-mokratie zu orientieren, sondern dass der Mitgliederentscheid ein Impuls und eine Be-reicherung für die Partei, aber auch für die Gesellschaft wird. „Basta“ dürfen diesmal nur noch die Mitglieder sagen.

Es liegt also an Dir: Gib Deine Stimme ab und beteilige Dich an der Entscheidung über un-seren Spitzenkandidaten!

tw

die Mitglieder entscheiden. Meinungen ab-fragen nur um des Meinungabfragens wil-len ist etwas sehr Sensibles und kann all zu leicht benutzt werden, um was auch immer für eine Stimmung zu erzeugen. Angesichts der durch eine Kandidatentour ohnehin be-vorstehenden Polarisierung der SPD finde ich dies falsch.

Und nun haben wir die Abstimmungen und schon gibt es Unmut. Abstimmungstou-rismus wird vermutet, wenn Genossinnen aus anderen Kreisverbänden als Gäste an Abstimmungen teilnehmen. „Denkt daran, es ist eine Abstimmung, bei der jeder nur eine Stimme hat“, heißt es da von Kreisvor-sitzenden beim Landesparteirat. Der stell-vertretende Landesvorsitzende wird fast pastoral, als er diese üble Machenschaft als „Verfälschung des Ergebnisses“ verdammt. Geht tief in euch und bereuet! Ohne selbst in anderen Kreisverbänden als dem eigenen abstimmen zu wollen wundert man sich da dann doch. Nein, es ist keine Abstimmung,

bei der jeder nur eine Stimme hat! Es ist das Meinungsbild des Abends, und wenn die Kreisverbände beschlossen haben, dass da-ran jeder teilnehmen darf, dann darf doch daran jeder teilnehmen. Ist es nicht eine Verfälschung, wenn ein Teil der Anwesen-den nicht teilnimmt?

Niemand der sonstigen Anwesenden wird gefragt, mit welcher Motivation er ge-kommen ist, welchem politischen Milieu er angehört, was er mit seiner Stimmabgabe bewirken möchte. Niemand ... bis auf die ei-genen Genossen. „Euch kenn ich, ihr könnt nur Übles im Schilde führen!“ Paradox.

Vielleicht hätte die Parole „Mehr Demokra-tie wagen“ besser „Mehr Vertrauen wagen“ lauten sollen. Vielleicht sollte man mit je-mandem reden und nach seiner Motivation fragen, bevor man ihn irgendwo verdammt. Und vielleicht ist eigentlich überhaupt nichts Schlimmes passiert.

ach

Als die Kreisvorstände diskutierten, ob sie nach den Kandidatenvorstellungen „Ab-stimmungen“ abhalten wollen, war ich gleich dagegen. In meinen Augen ist es vor-gespielte Demokratie, wenn man Menschen teilhaben lässt, nur um das Ergebnis hin-terher in den polithistorischen Mülleimer wandern zu lassen, wenn doch am Ende

Schlaglichter zurLandespolitischen Situation

Nimm teil, Genosse! Es ist deine Entscheidung.

Vorwahlen und Abstim-mungstourismus

Vielleicht hätte die Parole „Mehr Demokratie wagen“besser „Mehr Vertrauen wagen“ lauten sollen.

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: SPD

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9meat Loaf – i would do anything for love

Häufig werde ich von Nicht-Parteimitglie-dern gefragt, wer eigentlich was in einer Partei entscheidet. Neuerdings freue ich mich jedoch auf diese Frage. Denn seit diesem Jahr ist sogar die Wahl des Spit-zenkandidaten eine Entscheidung aller Mitglieder. Dies hat der Landesvorstand der SPD im November 2010 entschieden. In der Pressemitteilung vom folgenden Tag wurde auch schon detailliert klar ge-stellt wie es ablaufen soll.

Das Verfahren steht. Und auch die Durch-führung der Veranstaltungen war bereits in trockenen Tüchern. Die Reihenfolge der Veranstaltungen war ausgelost, die Termi-ne mit den Kandidaten und der Kandidatin festgezurrt, die Durchführung der einzel-nen Veranstaltungen festgelegt, Mode-ratoren engagiert und das nötige Equip-ment für die Durchführung besorgt. Dies klingt vorbildlich.

Zu hinterfragen bleibt jedoch das Organ, dass die Veranstaltungen geplant hat. Sicherlich wären die Veranstaltungskauf-leute im Walter-Damm-Haus nicht über-fordert gewesen eine solche Veranstal-tungsreihe neben der Ausführung auch gleich zu planen. Stattdessen wurde die so genannte „5er-Gruppe“ ins Leben zu rufen. Sie bestand aus drei Landesvorstandsmit-gliedern, dem Vorsitzenden der Landes-gruppe der Bundestagsabgeordneten und dem Landesparteiratsvorsitzenden. Beigesessen hat diesen internen Runden der Landesgeschäftsführer.

Natürlich lässt sich nicht mit endgültiger Sicherheit sagen, was auf diesen Runden besprochen wurde. Allerdings sprechen die Ergebnisse Bände. So wurde nicht nur beschlossen, wie viel Redezeit die Kan-didaten haben sollen, sondern auch wie diese Zeit genommen werden soll. Hier-für reiche eine einfache Uhr nicht aus. Es müsse eine große Sanduhr sein, die zum Ablaufen die entsprechende Zeit benö-tigt. Diese Liebe für Details legte die 5er-Gruppe auch an anderer Stelle an den Tag. Um auf den Mitgliederversammlungen öffentlich zu ermitteln, in welcher Reihen-

folge die Kandidaten sich vorstellen dür-fen, sollten rote Kugeln besorgt werden. Innen hohl und zum Öffnen, um in der Kugel einen Zettel mit dem Namen des Kandidaten zu verstecken. Ohne Zweifel müssten diese Kugeln blickdicht sein aber auch von einer gewissen Stabilität, damit sie 16 Mitgliederkonferenzen überste-hen. Und so machten sich die Mitarbeiter des Landesverbandes auf die Suche nach den gewünschten Kugeln. Individuelle An-fertigung war zu teuer und angemalte Überraschungseiverpackungen zu klein. Allerdings tendenziell schon mal gut, weil: preiswert.

Am Ende musste die Detailliebe der 5er-Gruppe pragmatischeren Lösungen wei-chen: Die Reihenfolge, in der sich die Kandidaten vorstellen sollten, wurde für alle Veranstaltungen im Voraus ausgelost (ohne rote Kugeln?) und die Zeit mit einer antiquarisch anmutenden Tischstoppuhr gemessen. Schade!

dpm

ten Jahren eine erstaunliche Renaissance erfahren: Sollte Peter Harry Carstensen schon vor der nächsten Landtagswahl sein Amt niederlegen, wäre Christian von Boetticher der achte amtierende Minis-terpräsident, der sich den Wählern nie als Spitzenkandidat in einer Landtagswahl präsentiert hat. Fest steht jedenfalls, dass er bei der vorgezogenen Landtagswahl als Kronprinz von Peter Harrys Gnaden für die CDU antreten wird. Das politische Kronprin-zentum ist gekennzeichnet durch eine Wil-lensbildung von oben nach unten: Ein älte-rer Amtsinhaber sucht sich nach eigenem Gutdünken einen jüngeren Nachfolger aus, baut diesen durch Vergabe politischer Spitzenämter auf und schlägt ihn schließ-lich auf Parteitagen als Nachfolger vor, wo der Kronprinz zumeist sehr gute Ergebnis-se einfährt. Kein Wunder, schließlich wären andere Kandidaturen chancenlos und sind deshalb gar nicht erst vorhanden.

Demokratie hingegen zeichnet sich durch eine Willensbildung von unten nach oben aus: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, so steht es in Art. 20 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes. Für die Parteien postu-liert Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG, dass ihre inne-re Ordnung demokratischen Grundsätzen entsprechen muss, alle Gewalt somit vom „Parteivolk“ ausgehen müsste. Natürlich entspricht die Wahl eines Spitzenkandida-ten auf einem Nominierungsparteitag mit

Eigentlich war Wilhelm von Preußen (1882 – 1951) der letzte deutsche Kronprinz. Doch hat das Kronprinzentum vor allem auf Ebene der Bundesländer in den letz-

Rote Kugeln undSanduhren

Ein Gegenmodell

Die vier Kandidaten

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10 Revolverheld – Freunde bleiben

gewählten Delegierten demokratischen Grundsätzen. Auch der Spitzenkandidat der SPD wird auf einem Parteitag gewählt werden. Doch die Figur des Kronprinzen widerspricht in vielerlei Hinsicht demo-kratischen Gepflogenheiten: Demokratie setzt ein gewisses Maß an Chancengleich-heit voraus, sollte im Idealfall eine Wahl im Sinne einer Auswahl bieten und setzt unabhängige Wähler voraus. Wird anderen Ambitionierten durch das Kronprinzen-tum nicht schon lange im Voraus jedwede Chance genommen? Gab es jemals eine ernsthafte Gegenkandidatur gegen einen Kronprinzen, so dass eine echte Auswahl bestand? Sind die Delegierten wirklich unabhängig, wenn sie lediglich die Wahl haben, den Kronprinzen zu unterstützen oder die Partei ins Chaos zu stürzen?

Erstaunlich ist die Verbreitung des Kron-prinzentums auch angesichts der geringen Erfolgsquote dieses Modells: Gerade erst ist Christoph Ahlhaus in Hamburg geschei-tert und wird bei der Bürgerschaftswahl im Februar 2011 wohl keine Mehrheit er-reichen. Und auch die schleswig-holsteini-sche SPD hat bei der letzten Landtagswahl schlechte Erfahrung mit einem (ehemali-gen) Kronprinzen gemacht. Unser jetziges Kandidatenfindungsverfahren durch einen Mitgliederentscheid ist ein Gegenmodell.

P.S.: Als ich bei Google am 03.12.2010 „politi-scher Kronprinz“ eingegeben habe, tauch-te Christian von Boetticher an vierter Stel-le auf. Die ersten beiden Stellen betrafen Kim Jong Un, den politischen Kronprinzen von Nordkorea.

Kn

portiert, der schleswig-holsteinischen SPD drohe ihr traditionell linkes Profil abhanden zu kommen, wenn sich der „falsche“ Kandi-dat durchsetze.

Ersteres ist nur insofern überraschend, als man von klugen Journalisten klügere Feststellungen erwartet hätte – natürlich bewerben sich Kandidaten bei der SPD vor allem mit SPD-Positionen. Keiner der Kandi-daten dürfte nur aus Karrieregründen Mit-glied der Sozialdemokratie sein (und wenn doch, dann müsste das Gegenstand jour-nalistischer Beleuchtung sein). Alle haben dafür inhaltliche Gründe – wechselseitige (relative) inhaltliche Nähe zueinander ist da der Normalfall.

Zweiteres darf im parteiinternen Wahl-kampf jeder behaupten, der glaubt, dass es „seinem“ Kandidaten nützt. Wahr wird es dadurch noch lange nicht. Über das Pro-gramm – und damit das Profil – der SPD ent-scheiden Parteitage. Nicht Spitzenkandida-ten. Die können, wie alle anderen Genossen auch, mitdiskutieren, Ideen einbringen und Vorschläge machen. Programm wird am Ende, was eine Mehrheit bekommt.

Was die Partei jetzt entscheiden muss, ist, wem sie es anvertrauen will, an herausge-hobener Stelle für ihre Vorstellungen zu werben und – sofern dies im Wahlkampf erfolgreich gelungen ist – diese in einer Re-gierung umzusetzen. Es ist damit weniger eine inhaltliche Frage, sondern eher eine Frage von Sympathie und politischem Stil.

Und eine Frage von politischem Stil ist es vielleicht auch, ob ein Kandidat und seine „Follower“ glauben, dass die Positionen der Partei von Einzelpersonen oder aus der Staatskanzlei bestimmt werden können.

dm

nen. Diese bahnbrechende Idee erscheint vie-len als erstrebenswert. So würde der Bürger mitgenommen. Oft wird die Grüne Partei als leuchtendes Beispiel dieser modernen Poli-tikform dargestellt. Diese Partei sei nicht in Strukturen verfangen und von Funktionären durchsetzt, wie es die kleinbürgerliche Volks-partei SPD sei.

Befasst man sich dann mit den Strukturen der SPD, so stellt ein interessierter Beobach-ter schnell fest, dass die ach so verknöcherte Volkspartei entgegen der vielfach veröffent-lichten Meinung demokratisch ist. Jeder kann mitmachen, mit entscheiden. Mitglieder ent-scheiden über Programm und Personal. In Kiel werden die SPD-Kandidaten für öffentliche Ämter seit langem per Mitgliederentscheid nominiert, auf Mitgliederversammlungen. Insofern ist es nur gut, dass auch der Landes-verband der SPD sich nun entschieden hat, jeden an dieser Abstimmung teilnehmen zu lassen. Basisdemokratische Entscheidungen haben lange Tradition in der SPD.

Die Erfahrung macht deutlich, dass Kandida-tinnen und Kandidaten, welche unter breiter Beteiligung nominiert werden nicht nur in der SPD eine höhere Akzeptanz genießen, sondern auch in der Bevölkerung. Die SPD hat auch in den vergangenen Jahren in ver-schiedenen Kreisverbänden experimentiert. In Flensburg beispielsweise haben Kreisvor-stand und Fraktion der SPD versucht durch-zuregieren, personell und auch inhaltlich. Das ist grandios gescheitert und auch vom Wäh-ler abgestraft worden.

Nach einigen Experimenten und den dazu-gehörigen Beobachtungen, ist es also nur folgerichtig, das Verfahren zur Nominierung des Spitzenkandidaten zur Landtagswahl zu öffnen, und nach Kieler Vorbild zu gestalten. Natürlich ist dabei zu bedenken, dass es sich dabei um ca. 20.000 Menschen handelt, die Stimmberechtigt sind. In diesem Zusammen-hang ist festzustellen, dass dies auch den Unterschied zwischen den ach so moderenen Grünen und der SPD ausmacht, dass bei einer Partei mit ca. 20.000 Mitgliedern demokra-tische Abläufe organisiert und strukturiert werden müssen, damit die Partei ihre Linie nicht durch Zufallsmehrheiten bestimmt. Die Grüne Partei ist eben nicht moderner, son-dern einfach an Mitgliedern wesentlich klei-ner. ycst

Allerorts wird davon geredet: Politik müsse moderner sein, mehr Beteiligung bieten. Es müsse halt „irgendwie“ andere Beteiligungs-formen geben. Es müsse basisdemokratisch entschieden werden, über Inhalte und Perso-

Basis entscheidet.Überraschung?

Man hört viel Unausgegorenes im Vorfeld der Entscheidung über die Spitzenkandida-tur der SPD zur kommenden Landtagswahl. Auf der einen Seite berichten die Medien von den Kandidatenrunden und stellen er-schrocken fest, dass die Bewerber inhalt-lich sehr nah bei einander sind und ähnliche Dinge fordern. Auf der anderen Seite wird von interessierter Stelle in die Partei kol-

Programm ist eineandere Entscheidung

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11inner circle – Bad Boys

Who watches the watchman?

Folgende situation: eine demonstrati-on irgendwo in deutschland. du stehst in einer Gruppe von demonstranten. einige um dich herum greifen nach he-rumliegenden steinen und Flaschen. du versuchst sie davon abzuhalten. doch sie setzen trotzdem zum wurf an. Und schon fliegen die Gegenstände in Rich-tung der martialisch anmutenden Poli-zisten. sie sind in einer Reihe aufgestellt und mit helm, sturmhaube, körperpan-zer und schlagstock ausgerüstet. sie haben den Befehl die straße zu sperren. sie wirken nervös. du bist auch nervös, denn du verurteilst das Verhalten der „steineschmeißer“. nachdem die ersten Gegenstände neben den Polizisten ein-schlagen setzt sich die Reihe in Bewe-gung. es wird gekesselt. die Gruppe um dich herum wird eingekreist. Personali-en sollen festgestellt, Randalierer aus-sortiert werden. die demonstranten die schon vorher mit Gegenständen schmis-sen heizen die Lage weiter an. es kommt zu Auseinandersetzungen mit der Poli-zei. die situation ist unübersichtlich, die stimmung aggressiv. der schlagstock kommt zum einsatz. Plötzlich trifft dich etwas hart am kopf. es war ein Polizist. du kannst die Person, die dich schlug zwar sehen aber nicht erkennen.

In Schleswig-Holstein ist bisher kein Fall von

Polizeigewalt bekannt, bei dem die Strafver-

folgung an einer fehlenden Identifizierung

scheiterte. Allerdings ist das beschriebene

Szenario ein nicht seltener Vorfall. Zahlreiche

Berichte über Polizeigewalt kursierten nicht

zuletzt im Zusammenhang mit den Demos ge-

gen Stuttgart 21 oder den Castortransporten

durch die Medien. Grund genug sich mit dem

Thema intensiver zu beschäftigen. Am 5. No-

vember fand eine Sternstunde der Jusos Kiel

zum Thema „Kennzeichnungspflicht von Poli-

zeibeamten“ statt. Hier wurde zusammen mit

Henning Riehn von der Jungen Gruppe der Ge-

werkschaft der Polizei (GdP) über die Vor- und

Nachteile einer Kennzeichnung von Polizeibe-

amten diskutiert. Auch der Landesvorstand

der Jusos Schleswig-Holstein erarbeitet zur

Zeit eine gemeinsame Erklärung mit der Jun-

gen Gruppe der GdP zu dem Thema.

Mit Berlin hat das erste Bundesland zum 1.

Januar 2011 eine Kennzeichnungspflicht für

Polizisten eingeführt. Dort können sie zwi-

schen Namens- und Nummernschild wählen.

Eine solche Kennzeichnung ist aus vielerlei

Gründen sinnvoll. Immer wieder kommt es zu

Situationen, wie sie oben geschildert ist. In

ihren Schutzanzügen und Helmen lassen sich

Beamte, die rechtsgrundlose Gewalt anwen-

den nur selten identifizieren und das trotz re-

gelmäßiger Videoaufzeichnung der Einsätze.

Aufgrund der Gruppennummer, die auf dem

Rücken der Uniform angebracht ist, kann der

Kreis der Verdächtigen eingeengt werden.

Dies hat aber zur Folge, dass in Vernehmun-

gen alle Mitglieder der Gruppe als Verdächtige

verhört werden. In solch einem Fall kann ohne

weiteres eine Aussage verweigert werden, um

sich nicht selbst zu belasten. Dies wird regel-

mäßig getan, von allen Gruppenmitgliedern.

Leider trägt das zu einem schlechten Image

der Bereitschaftspolizei bei, das bei Einsätzen

auf den Schultern aller Polizisten lastet, ins-

besondere auf den Schultern derer, die ihren

Job gut machen und keine Straftaten im Amt

begehen.

In Schleswig-Holstein besteht zur Zeit eine

Dienstvereinbarung, wonach Polizisten auf

Streife auf freiwilliger Basis ein Namensschild

tragen sollen. Dies ist für Großeinsätze wohl

nicht praktikabel. Hier kommt es regelmäßig

zur Anwendung unmittelbaren Zwanges, der

in den meisten Fällen auch gerechtfertigt ist.

Genauso regelmäßig glaubt der Betroffene

des Zwanges aber auch, dass er ungerecht

behandelt wurde. Dies könnte zur Selbstjus-

tiz führen, wenn der Polizist anhand eines

Namensschildes identifiziert und ausfindig

gemacht werden kann. Sinnvoller ist hier eine

numerische Kennzeichnung nach Gruppe und

einer zusätzlichen Personenziffer. Die Ziffer,

die ein Beamter trägt, kann von Einsatz zu

Einsatz wechseln. Eine Liste in der die Ziffern

den Personen zugeordnet werden, wird vor

jedem Einsatz vom Gruppenführer angelegt.

Dies verhindert die ungewollte Identifikation

der Beamten.

Durch die Vereinfachung der Identifikation

können mehr schwarze Schafe in den Reihen

der Polizei aussortiert werden. Sie müssen

sich dann selbst zivil-, straf- und disziplinar-

rechtlich verantwortlich zeigen und bekom-

men eine gerechte Strafe für ihre Tat. Hierfür

ist die Einführung der Kennzeichnungspflicht

in Schleswig-Holstein ein erster Schritt. Dies

muss aber auf mittlere Sicht in ganz Deutsch-

land passieren, weil die Einsatzhundertschaf-

ten über die Grenzen der jeweiligen Landes-

polizei hinaus tätig sind. So ist es üblich, dass

z.B. auf einer Demo in Lübeck auch Polizisten

aus Hamburg für Ordnung sorgen. Die Kenn-

zeichnungspflicht ist allerdings eine Sache,

die nicht über die Köpfe der Polizisten hinweg

entschieden werden sollte. Unser Anspruch an

ein solches Vorhaben sollte beinhalten die, un-

mittelbar Betroffenen, nämlich die Polizisten,

bei solch einer Entscheidung mit einzubezie-

hen. Deshalb ist es notwendig, die Kennzeich-

nung im Schulterschluss mit den Personalrä-

ten und Gewerkschaften zu fordern.

Abschließend bleibt zu hoffen, dass sich auch

die Landtagsfraktion der SPD SH in Zukunft

für dieses wichtige Thema einsetzt. In der

Vergangenheit hat sie es nämlich verpasst.

dpm

Eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten würde helfen

In ihren Schutzanzügen lassen sich die Beamten nur selten identifizieren.

Page 12: Rotkielchen 38/2

12

Am ende war die Profilierungssucht des Bundesverteidigungsministers stärker als das Rückgrat der Unionsparteien: dem wirtschaftsliberalen Zeitgeist ent-sprechend wird mit dem „erfolgsmo-dell wehrpflicht“ kurzer Prozess ge-macht und Landesverteidigung zum haushaltsposten degradiert. dem sollte die sPd entschieden wider-sprechen: mit einer grundlegenden Re-form der standards und Arbeitsabläufe innerhalb unserer streitkräfte. Und der Reaktivierung einer sinnvoll umgesetz-ten wehrpflicht.

Auftrag der BundeswehrAuch im 21. Jahrhundert hat die Bundes-wehr zwei primäre Zielkoordinaten. Für die klassische und grundgesetzliche Auf-gabe der Landes- und Bündnisverteidi-gung spielt das historische Glück, nur von Freunden benachbart zu sein, eine gerin-gere Rolle als gemeinhin angenommen. Denn gerade die jungen Demokratien Osteuropas und die an den Iran grenzen-de Türkei haben das gleiche Anrecht auf Solidarität, wie sie uns jahrzehntelang er-wiesen worden ist. Deutschland tut gut daran, in EU und Nato, Bündnissen, die ausschließlich Demokratien vorbehalten sind, eine starke Rolle zu spielen.

Daneben wird sich die Bundesrepublik auch in Zukunft an humanitären Ausland-seinsätzen beteiligen müssen. Das Versa-gen in Ruanda und das erneute Wegbli-cken der Weltgemeinschaft jüngst im Sudan machen deutlich, dass die Rechts-staaten dieser Welt jederzeit, auch fern der heimischen Gefilde, militärisch ein-satzbereit sein müssen. Es ist moralisch geboten, dass auch die Bundesrepublik nicht wegblickt, wenn die Menschenrech-te unter Beschuss geraten.

Guttenberg-Pläne gehen am Ziel vorbeiEine Erfüllung dieser doppelten Zielset-zung ist mit den Wünschen des Verteidi-gungsministers, die Personalstärke auf maximal 180.000 Soldaten zu reduzieren, kaum zu vereinbaren. Auch wenn es der konservativen Berater-Hörigkeit wider-

sprechen mag: Ein Abbau von Personal hat zwangsläufig eine Verringerung der Leistungsfähigkeit zur Folge. Die Bundes-wehr reduziert sich mit der bevorstehen-den Zwangs-Diät auf eine Rolle als „Armee im Auslandseinsatz“. Die Erfüllung des er-weiterten Verteidigungsauftrages (Land, Bündnis) wird dem untergeordnet.

Durch die Aussetzung der Wehrpflicht hat Deutschland in Zukunft auch keine Reservisten mehr, die der Bundesrepub-lik im Ernstfall fertig ausgebildet zur Ver-fügung stehen. Westeuropas bevölkerungsreichste De-mokratie verliert damit einen wichtigen verteidigungspolitischen Faktor und Ab-schreckungsmoment. Solange es keinen Ernstfall gibt, wiegt das weniger schwer. Doch weil die Fähig-keit, die Zukunft vorherzusehen, auch ei-nem Minister zu Guttenberg nicht gege-ben ist, wäre es angemessen, Vorsorge zu treffen, um zukünftigen Eventualitä-ten in einer rasant sich wandelnden Welt nicht ausgeliefert zu sein.

die wehrpflicht als teil des solidari-schen staatesNach wie vor gibt es kaum eine Variante, die solidarischer ist, als wenn sich alle jungen Menschen über soziale und gesell-schaftliche Grenzen hinweg gemeinsam an der Bewältigung von gesellschaftli-chen Aufgaben beteiligen, wie die Vertei-digung unserer Verfassung eine ist. Die de facto-Abschaffung der Wehr-pflicht durch die schwarz-gelbe Regie-rungskoalition liegt voll im neoliberalen Zeitgeist: Der Staat zieht sich aus der Breite der Gesellschaft zurück; öffentli-che Leistungen werden zur geldwerten Privatsache. Eins zu null für ein Verständ-nis von Liberalismus, das Freiheit mit Laissez-Faire verwechselt. Lassen wir uns nicht darauf ein!

die wehrpflicht rentiert sich: ideell und finanziellDer berufsmäßige Dienst in den Streit-kräften zieht bestimmte Menschen mehr an als andere. Die Wehrpflicht dagegen

bindet die Bundeswehr eng an den Quer-schnitt der Gesellschaft, der sie dient. Zudem werden die Streitkräfte durch den Zustrom jungen Fachwissens und fri-scher Sichtweisen qualitativ bereichert.

Für finanzielle Einsparungen ist ein Ver-zicht auf die Wehrpflicht ohnehin der fal-sche Weg. Denn die dann anfallende Not-wendigkeit, die finanzielle Attraktivität des Soldatenberufs massiv zu steigern, schlägt zu Buche. Während Deutschland, dank der Wehrpflicht, 26.800 Euro pro Soldat und Jahr aufwendet, zahlt Frank-reich, seit 2001 Berufsarmee, pro Kopf 32.900 Euro und die Niederlande, Frei-willigenheer seit 1996 sogar 57.300 Euro pro Kopf. Jährliche Mehrkosten zwischen einer und knapp acht Milliarden Euro wä-ren nach dieser Berechnung die Folge.

Spanien, seit 2002 ohne Wehrpflicht, musste aus Mangel an geeigneten Be-werbern sogar soweit gehen, Bürgern ehemaliger Kolonialstaaten bei der Ver-pflichtung zum Dienst in Heer, Luftwaf-fe und Marine die Staatsbürgerschaft in Aussicht zu stellen. Mit der Waffe in der Hand dem sozialen Aufstieg entgegen.

das Los der wehrpflichtigenDie Wehrpflicht bleibt ein Zukunftsmodell in Deutschland und ist am ehesten geeig-net, unserer Vorstellung einer leistungs-fähigen, in der Gesellschaft verankerten Bundeswehr Rechnung zu tragen. Wenn man die Schwächen in ihrer derzeitigen Umsetzung eliminiert, kann sie vitaler Be-standteil sein der sozialdemokratischen Vision der nächsten Jahre.

Montagmorgen, halb sieben in Deutsch-land: Bisher 40.000 Wehrdienstleistende treten jeden Morgen zum Dienst an. Ob-wohl die Bundeswehr jährlich das geisti-ge Potenzial einer ganzen Generation zur Verfügung gestellt bekommt, beschäf-tigt sie die Abiturienten und fertig aus-gebildeten Gesellen monatelang mit Tä-tigkeiten, die der Durchschnittsmensch innerhalb weniger Tage erfasst haben dürfte.

Wohin marschierst du?

status Quo – in the Army now

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13the doors – the end

Rätselhaft bleibt, warum tausende jun-ger Männer sich langweilen, während die Bekleidungslogistik an private Unterneh-men outgesourct wurde und die Bewa-chung der Kasernen, klassische Aufgabe der Infanterie, von externen Sicherheits-unternehmen wahrgenommen wird. Man muss sich schon wundern, wenn der eingezogene Bürokaufmann monatelang Däumchen dreht, während die Akten in den zahlreichen Geschäftszimmern deut-scher Kasernen von Unteroffizier-Zeitsol-daten geschmiert werden, die ihre Qua-lifikation durch die Teilnahme an einem einmonatigen Lehrgang erwerben.

Es ist kein Naturgesetz, dass der Anteil der Wehrdienstleistenden in der Bundes-wehr in den vergangenen Jahren konti-nuierlich zurückgegangen ist. Vielmehr wurde in der Vergangenheit vielfach darauf verzichtet, den Wehrdienstleis-tenden einen sinnvollen Beitrag an der Auftragserfüllung der Bundeswehr zuzu-billigen. Der dadurch sinkende Bedarf hat auch das Problem der Wehrgerechtigkeit natürlich verschärft. Bei gewissenhafter Koordination können diverse ausschließlich im Inland stattfin-dende Tätigkeiten von Wehrdienstleis-tenden übernommen werden; inklusive der Übertragung von Verantwortung für Material und Teilarbeitsbereiche. Eine stärkere Beteiligung Wehrpflichtiger setzt dann personelle Kapazitäten der Zeit- und Berufssoldaten frei, die wiede-rum in einsatznahen Verwendungen wie der schwach aufgestellten Infanterie zur Verfügung stünden.

weiterer handlungsbedarfEchte Einsparungsmöglichkeiten gibt es derweil zur Genüge. Das Fliegergeschwa-der zur nuklearen Teilhabe ist abschaff-bar, denn es hat seine Zeit überlebt. Fast jedes zweite Boot der Einsatzflottille I fungiert derzeit als schwimmendes Er-satzteillager. Hier ist Straffung möglich und angebracht. Aus Gewohnheit hält sich die Bundeswehr in ihren Ämtern riesige Stäbe und diverse Stabsoffiziers-dienstposten; häufig genauso gutbezahlt wie überflüssig. Warum muss man den hochqualifizierten Berufsoffizier mit Mit-te fünfzig bei Androhung des Verlustes der Altersvorsorge auf den Versorgungs-

posten zwingen, wenn im Einvernehmen die Möglichkeit bestünde, ihn an die zivile Wirtschaft abzugeben?

Auch dem Konzept der Inneren Führung ließe sich neues Leben einhauchen: Seit neuestem werden in allen Teilstreitkräf-ten die Offiziersanwärter noch vor der Grundausbildung an besonderen Schulen von ihren Kameraden des Truppendiens-tes getrennt. Dieses Elite-Denken erhöht beim Treffen von Entscheidungen und dem Geben von Befehlen nicht gerade den Respekt vor den Untergebenen.

Der aktuelle Nachwuchsmangel und das Misstrauen in die Fähigkeiten der Wehr-dienstleistenden treibt derweil bizar-re Blüten. Fast jeder wird genommen. Mehrfach wurden Fälle bekannt, wo bei laufbahnrelevanten Tests der Unteroffi-ziere im Nachhinein die Anforderungen gesenkt worden sind, um den Perso-nalschlüssel zu erfüllen. Längst ist das Bestehen der Grundausbildung und des Fachlehrgangs F1 nicht mehr Voraus-setzung dafür, Personalverantwortung zu erhalten. Man muss sich die Frage stellen, ob solche Praktiken das intellek-tuelle Image der Bundeswehr erhöhen und ob sie das Nachwuchsproblem, auch in Hinblick auf mögliche anspruchsvolle Bewerber, nicht eher verschärfen. Dass solche Berichte nach außen gelangen,

ist in jedem Fall der Segen unserer Wehr-dienstleistenden.

Verhalten der sPdDas verantwortungslose Sparkarussell des Bundesverteidigungsministers und das geringe Verständnis dafür in der Truppe schaffen eine ausgezeichnete Grundlage für eine sozialdemokratische Vision zur Zukunft der Bundeswehr.

Ein freiwilliger Wehrdienst wäre ein ge-eigneter erster Schritt, um die Verteidi-gung unserer gesellschaftlichen Grund-ordnung wieder zu dem zu machen, was sie ist: Eine gesamtgesellschaftliche Auf-gabe.

Der gesamte Geburtenjahrgang wird beim „Freiwilligen Wehrdienst“ weiter wie gewohnt gemustert; allerdings wer-den nur noch solche jungen Leute zum Dienst eingezogen, die sich dazu bereit erklären. Der jeweilige Jahrgang könnte dann unter Beweis stellen, ob er den mi-litärischen Bedarf auf freiwilliger Basis erfüllen kann, oder nicht.

Erhöht sich der Bedarf oder finden sich nicht mehr genug junge Menschen, sollte sich die SPD aus guten Gründen zu einer Reaktivierung der Allgemeinen Wehr-pflicht bekennen.

Sören Platten

Guttenberg-Pläne marschieren am Ziel vorbei

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14

Die Zukunft derLessinghalle?

Bobby darin – Beyond the sea

„die schwimmhalle am Lessingbad steht aus technischen Gründen bis auf weite-res leider nicht zur Verfügung.“ dieser hinweis der kieler Bäder Gmbh, der in einem schaukasten an der Lessinghal-le am schrevenpark hängt, stimmt so nicht ganz: der Beschluss der Ratsver-sammlung im dezember 2009, an der hörn ein Zentralbad zu errichten, be-deutete vielmehr das endgültige Aus für die Lessinghalle als schwimmbad. Zu diesem Zeitpunkt war das Lessing-bad bereits über ein Jahr wegen sanie-rungsbedürftigkeit geschlossen. derpolitische Beschluss war richtig an-gesichts eines geschätzten Renovie-rungsaufwands von neun bis fünfzehn millionen euro für eine schwimmfläche von nur 12 m x 25 m. Gleichzeitig eröff-nete er die Frage, wie man das denk-malgeschützte Lessingbad - die älteste schwimmhalle in schleswig-holstein – zukünftig nutzen könnte.

den Oberbürgermeister Torsten Albig, der daraufhin bei einem Besuch in der Klasse die Kostenrechnung der Stadtverwaltung dargestellt hat.

Das ARTICULUM-Konzept erschöpft sich je-doch nicht in der Einbindung von Schülern und Jugendlichen. Im Foyer der Lessinghalle wird schon während der Zwischennutzung in Kooperation mit „Feinheimisch e.V.“ ein gastronomischer Betrieb eröffnen. Zudem soll die Schwimmhalle als Ausstellungsfo-rum erprobt werden. Im dem großen Be-cken könnten auch Vorträge oder ähnliche Veranstaltungen durchgeführt werden, dort finden bis zu 200 Personen Platz. Langfristig ist angedacht, dass im Bereich der ehemaligen Damenumkleiden eine Kin-dertagesstätte mit kunstpädagogischem Schwerpunkt und bis zu 3 Gruppen unter-kommt und dieser Flügel zudem für eine Er-weiterung des Kunst Labors genutzt wird.

Die Zwischennutzung dient der exemplari-schen Erprobung des ARTICULUM-Konzepts und soll so viel Öffentlichkeit wie möglich in das Gebäude holen, so Simon Kühl von der Muthesius Kunsthochschule. Wie es nach der Zwischennutzung weitergeht, steht noch nicht fest. Fraglich ist natürlich - vor allem angesichts des baulichen Zustands der Lessinghalle - die Finanzierung. Hier könnte das MUSICULUM in der ehemaligen Sternschule an der Stephan-Heinzel-Straße als Vorbild dienen: Dieses wird von der Kin-

der- und Jugendstiftung Jovita finanziert, wozu auch die Gebäudesanierung gehörte. Ob sich auch für das ARTICULUM ein Stifter findet oder andere Finanzierungsmöglich-keiten ergeben, bleibt abzuwarten. Vorteil-haft für eine langfristige Nutzung des Les-singbads durch die Muthesiusschule wäre jedenfalls auch der für 2012 geplante Um-zug der Kunsthochschule in den Knooper Weg und damit in unmittelbare räumliche Nähe zur Lessinghalle.

Das ARTICULUM-Konzept zeigt, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, das ehemali-ge Lessingbad einer sinnvollen und kreati-ven Nutzung zuzuführen. Das Konzept ist auf Öffentlichkeit ausgelegt und der Erfolg der Zwischennutzung wird deshalb auch da-von abhängig sein, dass sich die Öffentlich-keit beteiligt. Da eine derartige dauerhafte Nutzung der Lessinghalle im Interesse des Stadtteils und der Stadt liegen muss, ist auf eine rege Beteiligung zu hoffen.

Kn

Öffnungszeiten des Cafés im Foyerder Lessinghalle: Montag – Freitag: 9 - 18 UhrSamstag / Sonntag: 11 - 18 Uhr

Weitere Informationen: www.muthesius-kunsthochschule.de/de/hochschule/projekte/articulum/index.phpwww.radius-of-art.de/kiel-hat-kultur/kultur_veranstaltungen.html

Mit der Muthesius Kunsthochschule hat sich inzwischen ein Interessent gefunden: Seit September 2010 wird versucht, der Lessinghalle durch eine Zwischennutzung neues Leben einzuhauchen. Eine Projekt-gruppe der Muthesius Kunsthochschule hat ein Nachnutzungskonzept unter dem Titel „ARTICULUM“ erstellt, das in dieser Zeit erprobt werden soll. Kernpunkt dieses Konzepts ist eine enge Zusammenarbeit mit Schulen: In dem Bereich der ehemali-gen Herrenumkleiden wurde ein Kunst La-bor eingerichtet, in dem Schulklassen und andere Kindergruppen auf neuen Wegen an Kunst herangeführt werden können. Aber auch für andere Schulfächer kann die Lessinghalle genutzt werden: So hat eine Klasse der Käthe-Kollwitz-Schule im Rahmen des Mathematikunterrichts geometrische Berechnungen an und in den Schwimmbe-cken durchgeführt und kam zu dem Ergeb-nis, eine Sanierung könne doch gar nicht so teuer sein. Dies formulierten die Schülerin-nen und Schüler zugleich in einem Brief an

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15Robbie williams – Angels

Für eine gesunde Zukunft unserer Kinder!

„kinder können kochen“ wurde nach zweijähriger Vorbereitungszeit im Fe-bruar 2010 ins Leben gerufen. das Pro-jekt unter Anleitung von Björn dob-bertin und der schirmherrschaft von kiels oberbürgermeister torsten Albig bietet kostenlose kochkurse für kinder und Jugendliche an. die kinder und Ju-gendlichen werden in den kochkursen auf spielerische weise an eine gesunde und kostengünstige ernährung heran-geführt.

wenn sie mehr über „kinder können ko-chen“ erfahren möchten, besuchen sie uns doch einfach auf unserer homepage (www.kikoko.net) oder schreiben sie uns eine mail ([email protected]). Gerne dürfen sie auch bei unserem trägerver-ein opuntia 2001 e.V. (steenbeker weg 151) vorbeischauen und sich einen unse-rer Flyer abholen.

KIV-Mietertreff in Gaarden statt. Doch auch außerhalb von Kiel waren wir 2010 aktiv: So fand im Juli unser erster Kochkurs außer-halb von Kiel in der Gemeinschaftsschule im Schulzentrum Bad Segeberg statt. Weitere Kochkurse sollen folgen, denn die Resonanz von Eltern und Kindern war überwältigend, die Plätze für die Kochkurse schnell ausge-bucht. Das positive Feedback, das wir zu unserer Vision „das Wissen um eine gesun-de Ernährung mit gesunden Lebensmitteln auf biologischem Niveau, die sich jeder leis-ten kann, in die Welt zu tragen“ erhalten haben, hat uns beflügelt.

Der Weg dorthin ist unsere Mission!

Um unsere Mission zu erfüllen, wollen wir „Kinder Können Kochen“ kontinuierlich aus-weiten und langfristig in ganz Deutschland anbieten. Dabei sind wir aber auf Ihre Hilfe angewiesen. Denn es sind Menschen wie Sie, die soziale Projekte wie „Kinder Können Ko-chen“ erst möglich machen. Das freiwillige Engagement von Eltern bei den Kochkursen hält unsere Personalkosten niedrig, die Un-terstützung von Firmen und Verbänden aus der Region deckt einen Großteil unserer Fix-kosten. So können wir mit Stolz sagen, dass unsere Spenden an „Kinder Können Kochen“ auch wirklich da ankommen, wo sie ankom-men sollen: bei den Kindern!

Doch ohne Geld für Lebensmittel und Raum-kosten kommen wir bei unserer Arbeit lei-der nicht weit. So geht ein Großteil unserer ehrenamtlichen Arbeit in die Spendensu-che. Zeit, die wir nur zu gerne mit unseren kleinen Küchenchefs am Herd verbringen würden.

Im Gründungsjahr 2010 hatte das Projekt etwa 5000 Euro zur Verfügung. Die Förde-rung der Aktion Mensch, die herausragen-de soziale Projekte ein Jahr unterstützt, läuft im Februar 2011 aus. Darum haben wir, neben Einzelspenden, die Möglichkeit

der Fördermitgliedschaft geschaffen. Da-mit kann jeder die Aktivitäten von „Kinder Können Kochen“ ganz gezielt unterstützen. Dies gibt uns die Möglichkeit, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Um das Projekt im heutigem Umfang wei-terführen zu können, benötigen wir etwa 50 Fördermitglieder. Wir freuen uns sehr, dass die ersten neun Fördermitgliedschaf-ten bereits bei der Präsentation unseres neuen Flyers ausgefüllt wurden. Dies ist ein wichtiger Schritt für uns und wir sind allen Förderern sehr dankbar! Denn für So-lidarität und Humanität gibt es leider keine Bankkredite!

Machen Sie mit! Wir machen die Welt besser. Kinder Können Kochen!

Björn Dobbertin

Projekt „Kinder Können Kochen“ stellt sich vor

Essen wieder als gemeinschaftliches Erleb-nis und nicht nur als reine Befriedigung des Hungergefühls wahrzunehmen, ist eines der Hauptziele von „Kinder Können Kochen“. Wir glauben daran, dass gesunde und ge-haltvolle Nahrung ein elementarer Bestand-teil einer erfolgreichen Zukunft ist. Nur wer Verständnis dafür entwickelt, was er isst, kann sich auch bewusst entscheiden. Unser oberstes Ziel ist es, jungen Menschen zu helfen sich in einer immer hektischer werdenden Welt, überfüllt mit Fertigpro-dukten, zurecht zu finden. Bei uns können sie spielend das Kochen erlernen und sind dadurch unabhängiger von großen Konzer-nen, die ihnen mit ihrer Produktpolitik vor-geben wollen, was sie zu essen haben.

In unseren Kochkursen verzichten wir be-wusst auf Fertigprodukte wie Sauce oder Kartoffelpüree aus der Tüte sowie auf un-nötige Zusatzstoffe, Konservierungsstoffe und Genfood. Biologisch erzeugte Nahrung steht bei unseren Kochkursen klar im Vor-dergrund.

Seit der Gründung von „Kinder Können Kochen“ im Februar 2010 wurden bereits fünf Kochkurse in Kiel und Umgebung durchgeführt und damit über 100 Kinder und Jugendliche näher an eine gesunde Er-nährung herangeführt. Unsere Kochkurse fanden in Kiel beispielsweise an den Beruf-lichen Schulen am Schützenpark oder im

Initiator Björn Dobbertin undSchirmherr Torsten Albig

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Rotkielchen hat von WikiLeaks-Gründer Julian Assange unter abenteuerlichen Umständen aus einem englischen Gefängnis exklu-

sive Dokumente von intergalaktischem Rang aus einer internationalen, geheimen Geheimdienstkonferenz internationaler Ge-

heimdienste am 07.12.2010 mit Einschätzungen über die Kommunikationsgewohnheiten schleswig-holsteinischer Spitzenpolitiker

zugespielt bekommen. Besondere Brisanz entwickelten hierbei Tweets des SPD Landesvorsitzenden Ralf Stegner.

Da so viele unzusammenhängende Belanglosigkeit von jemandem, der schon mal als Thronfolger für das Amt des Ministerprä-

sidenten gehandelt wurde, nicht realistisch erschienen, vermuteten die Kryptographieabteilungen der Geheimdienste geheime

Botschaften hinter den Tweets. Verwirrung herrscht dabei allerdings wohl noch in der Bewertung.

Beim Mossad herrschte am 06.11.2010 um 16:22 MEZ große Aufregung als der SPD Landesvorsitzende folgende Botschaft ab-

setzte: „und das ist nur DER Anfang: Nur DER HSV“. Die Filtercomputer des Mossad schlugen wegen der Abkürzung „HSV“ Alarm.

In internationalen, geheimen Geheimdienstkreisen ist bekannt, dass einige internationale Terrorzellen an der Aufbereitung des

Herpes Simplex Viruses, kurz HSV, zur biologischen Kriegsführung arbeiten. Weil der Mossad den Tweets von Ralf Stegner nun

schon seit längerem erhöhte Aufmerksamkeit schenkte, nahmen auch der persische VEVAK, die amerikanischen CIA und NSA, die

rumänische ANI, die brasilianische ABIN, der vietnamesische TC2, der syrische DMG, die russische FAPSI, der japanische Naikaku

Joho Chosashitsu (Naicho) und der namibische NCIS eigene Ermittlungen auf.

Nach dem Tweet „(…) schönen Sonntag allen im Twitterversum“ am 14.11.2010 um 8:34 MEZ stieß der TC2 darauf, dass auch das

SETI Projekt1 den Tweets des SPD Landesvorsitzenden Aufmerksamkeit schenkt. Denn nach Auffassung des SETI Projekts ist die

unkoordinierte Kontaktaufnahme zu extraterrestrischen Daseinsformen hochgefährlich. Der syrische DMG äußerte auf der interna-

tionalen, geheimen Geheimdienstkonferenz seine Befürchtungen vor einem intergalaktischen Konflikt ausgelöst durch den Landes-

vorsitzenden der SPD. Der brasilianische Vertreter des ABIN merkte an, dass die Verbreitung solcher Belanglosigkeiten in der ange-

spannten politischen Situation des intergalaktischen Gefüges durchaus zur Abwertung des terrestrischen Status führen kann.

Der namibische Vertreter des NCIS versuchte auf der gleichen Konferenz immer wieder seine Besorgnis um das Dorf Seeheim am

Fischfluss im Süden Namibias 35 km süd-westlich von Keetmanshoop an der Nationalstraße B4 nach Lüderitz in die Aufmerksamkeit

zu rücken. Als Beweis für die imperailistischen Bestrebungen der schleswig-holsteinischen SPD, das Dorf Seeheim am Fischfluss im

Süden Namibias 35 km süd-westlich von Keetmanshoop an der Nationalstraße B4 nach Lüderitz zu anektieren, führt er folgende

Botschaft des Landesvorsitzenden an: „In der Bundes-SPD gibt es Seeheim, in SH gab es das bisher nicht“ 06.12.2010 22:54 MEZ.

Der rumänische ANI befürchtet hinter dieser Botschaft allerdings eine ganz andere Aussage. Es sei ja bekannt, dass Afrika be-

liebter Standort für Terrorzellen, sei und führt die Diskussion zurück zum HSV. Die Argumentation des ANI findet der israelische

Mossad durchaus schlüssig und fordert die USA auf, einen Präventivschlag gegen das Dorf Seeheim am Fischfluss im Süden Na-

mibias 35 km süd-westlich von Keetmanshoop an der Nationalstraße B4 nach Lüderitz durchzuführen. Der Iran droht im Falle

eines Präventivschlages gegen Namibia mit der Annektierung Georgiens, um seinem Anliegen der Unverletzlichkeit nationaler

Souveränität Nachdruck zu verleihen.

Die CIA und der NSA bitten darum die pseudomilitärischen Planspielchen einzustellen und sich nochmal auf die tatsächlich ver-

schickten Botschaften dieses „Ralf Stegner from ,Old Europe‘“ zu konzentrieren. Denn aus Sicht der US-amerikanischen Regierung

wurde am 06.12.2010 um 10:08 MEZ eine äußerst Besorgnis erregende Botschaft abgesetzt: „Ob Jusos, AFA, ASF AG60plus, AFB,

ASG, ASJ, AGS bei Themen der SPD-AGen geht es heute um landespolitische Kompetenz.“ Offenbar, so befürchten NSA und CIA,

ist es Stegner gelungen Abu Sayyaf Group (ASG), American Family Association2 (AFA) und Jesus an einen Tisch zu bekommen um

über erste Schritte zum Abwurf des HSV unter Zuhilfenahme des Abort Guide System (AGS) auf den japanischen Amami O Shima

Flughafen (ASJ) zu unternehmen. Allerdings ist allen Anwesenden die landespolitische Kompetenz dahinter schleierhaft.

Am 07.12.2010 um 0:28 MEZ platzt mitten in die internationale, geheime Geheimdienstkonferenz der Tweet: „Da geht noch was…“.

Der japanische Vertreter des Naikaku Joho Chosashitsu (Naicho) bricht in Panik aus. Er verlangt von den USA, einen atomaren So-

fortschlag gegen Schleswig-Holstein. Während die amerikanischen Vertreter von CIA und NSA noch das rote Telefon entstauben,

um Präsident Obama über ihr Vorgehen zu informieren, platzt 26 Minuten nach der letzten Nachricht folgender Tweet in die

internationale, geheime Geheimdienstkonferenz: „Bin dann mal weg…“. Nur aufgrund der neuen Sachlage verweigert Obama seine

Zustimmung zum atomarischen Schlag gegen Schleswig-Holstein.

Rotkielchen empfiehlt künftig auf die gesamte Twitterei zu verzichten.

Jusos Kiel · Kleiner Kuhberg 28-30 · 24103 Kiel · Jahrgang 38/2 · Der Bezugspreis ist im Mitgliederbeitrag enthalten

1SETI ist das Akronym für “Search for Extraterrestrial Intelligence” (deutsch: „Suche nach außerirdischer Intelligenz“).2American Family Association (AFA), ist eine US-amerikanische, konservative, christliche Non Profit Organisation.