SAISON 2015 2016 13. / 14.2.16 6. SYMPHONIEKONZERT · saison 2015 . 2016 13. / 14.2.16. 6....

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SAISON 2015 2016 13. / 14.2.16 6. SYMPHONIEKONZERT ZUM GEDENKEN AN DIE ZERSTÖRUNG DRESDENS AM 13. FEBRUAR 1945 Christian THIELEMANN Camilla NYLUND Elisabeth KULMAN Daniel BEHLE Georg ZEPPENFELD SÄCHSISCHER STAATSOPERNCHOR DRESDEN

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SAISON 2015 201613. / 14.2.166. SYMPHONIEKONZERTZUM GEDENKEN AN DIE ZERSTÖRUNG DRESDENS AM 13. FEBRUAR 1945

Christian

THIELEMANNCamilla

NYLUNDElisabeth

KULMANDaniel

BEHLEGeorg

ZEPPENFELDSÄCHSISCHER STAATSOPERNCHOR DRESDEN

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Christian

THIELEMANNCamilla

NYLUNDElisabeth

KULMANDaniel

BEHLEGeorg

ZEPPENFELDSÄCHSISCHER STAATSOPERNCHOR DRESDEN

SAISON 2015 201613. / 14.2.166. SYMPHONIEKONZERTZUM GEDENKEN AN DIE ZERSTÖRUNG DRESDENS AM 13. FEBRUAR 1945

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2 3 6. SYMPHONIEKONZERT

SA MSTAG13.2.1620 UHR

SONNTAG14.2.1620 UHR

SEMPEROPER DRESDEN

6. SYMPHONIEKONZERT PROGRAMM

Botschaft der Menschlichkeit»Von Hertzen – Möge es wieder – Zu Hertzen gehn!«, schrieb Beethoven als Motto über seine »Missa solemnis«, die in den Gedenkkonzerten der Kapelle und des Staatsopernchores immer wieder erklang. In seinem geistlichen Hauptwerk verband der Wahl-Wiener den eigenen revolutio-nären Stil mit seinem Wissen um die Tradition, beginnend bei der Grego-rianik bis zum Händel’schen Oratorium, und schuf so eine Komposition von tiefmenschlicher, allumfassender Aussage.

Dem Anlass der Aufführung entsprechend bitten wir Sie, von Beifalls-äußerungen zu Beginn und am Ende des Konzertes abzusehen.Das Konzert findet ohne Pause statt.

AUFZEICHNUNG DURCH MDR FIGAROSendetermin: 13. Februar 2016, ab 20.05 Uhr live bei MDR Figaro

Christian Thielemann Dirigent

Camilla NylundSopran

Elisabeth KulmanMezzosopran

Daniel BehleTenor

Georg ZeppenfeldBass

Sächsischer Staatsopernchor DresdenEinstudierung: Jörn Hinnerk Andresen

Ludwig van Beethoven (1770-1827)

»Missa solemnis« D-Dur op. 123 für Soli, Chor und Orchester

1. Kyrie2. Gloria3. Credo4. Sanctus – Benedictus5. Agnus Dei

Violinsolo (Benedictus): Matthias Wollong

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4 5 6. SYMPHONIEKONZERT

DIE KONZERTE ZUM GEDENKEN AN DIE ZERSTÖRUNG DRESDENS AM 13. FEBRUAR 1945

 Die Requiem-Aufführungen der Sächsischen Staatskapelle am Dresdner Gedenktag besitzen eine jahrzehntelange Tradition. Vor nunmehr 65 Jah ren, am 13. Februar 1951, dirigierte Rudolf Kempe, der damalige General musikdirektor der Dresdner Staatsoper und Chefdirigent der Staatskapelle

Dresden, mit der »Messa da Requiem« von Giuseppe Verdi zum ersten Mal ein Requiem an diesem Tag, um der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 zu gedenken, bei der innerhalb weniger Stunden viele tausend Menschen ums Leben kamen. Die Folgen des Krieges waren 1951 in Dresden noch allgegenwärtig, Trümmerberge prägten das Stadtbild.

Die Aufführung des Verdi-Requiems im Großen Haus der Staats-theater, dem heutigen Schauspielhaus, hinterließ bei den Anwesenden einen tiefen Eindruck, es herrschte ergriffenes Schweigen. Die Schre-cken der Angriffe waren vielen noch in unmittelbarer Erinnerung, die seelischen und körperlichen Wunden des Krieges längst nicht verheilt, und das Erlebnis gemeinsamer Trauer half dabei, den Schmerz über den Verlust enger Freunde und Verwandter zu tragen. Die Tageszeitung Die Union berichtete: »Die Ergriffenheit und Dankbarkeit der Hörer konnte sich nicht besser als im schweigenden Auseinandergehen zeigen.«

Seither führen Staatskapelle und Staatsopernchor alljährlich am Dresdner Gedenktag eine der großen Requiemvertonungen oder ein ähn- liches, dem Anlass entsprechendes Werk auf. Während der DDR-Dikta-tur spendeten diese Konzerte den Menschen Hoffnung und Zuversicht. Heute, in der zum Großteil wieder aufgebauten Stadt, schließen die Konzerte die Besinnung auf das Leid, das noch immer Tag für Tag in aller Welt durch Gewalt verursacht wird, mit ein. Sie stehen, auch angesichts der aktuellen öffentlichen Diskussionen und Auseinandersetzungen über Toleranz und Offenheit unserer Gesellschaft, umso mehr unter dem Zeichen der Versöhnung, der Mahnung und der gemeinsamen Hoff-nung auf ein friedliches Zusammenleben. Nach wie vor wird auf Beifall verzichtet, die Aufführungen enden in einer Schwei geminute.

1951 Verdi Messa da Requiem (Kempe)

1952 Verdi Messa da Requiem (Kempe)

1953 Verdi Messa da Requiem (Konwitschny)

1954 Beethoven Symphonie Nr. 9 (Konwitschny)

1955 Verdi Messa da Requiem (Konwitschny)

1956 Striegler Requiem (UA) (Striegler)

1958 Mozart Adagio und Fuge, Ave verum corpus, Requiem (Heger)

1959 Verdi Messa da Requiem (Konwitschny)

1961 Verdi Messa da Requiem (Suitner)

1962 Verdi Messa da Requiem (Suitner)

1963 Verdi Messa da Requiem (Suitner)

1964 Verdi Messa da Requiem (Suitner)

1965 Britten War Requiem (K. Sanderling)

1966 Mozart Requiem (K. Sanderling)

1967 Verdi Messa da Requiem (Zanotelli)

1968 Brahms Ein deutsches Requiem (Kegel)

1969 Verdi Messa da Requiem (Markevitch)

1970 Britten War Requiem (Kegel)

1971 Mozart Requiem (Baudo)

1972 Verdi Messa da Requiem (A. Jansons)

1973 Brahms Ein deutsches Requiem (Blomstedt)

1974 Britten War Requiem (Kegel)

1975 Verdi Messa da Requiem (Horvat)

1976 Berlioz Große Totenmesse (Blomstedt)

1977 Beethoven Missa solemnis (Blomstedt)

1978 Brahms Ein deutsches Requiem (Krenz)

1979 Beethoven Missa solemnis (Blomstedt)

1980 Dvořák Requiem (Bĕlohlávek)

1981 Brahms Ein deutsches Requiem (Neuhold)

1982 Mozart Requiem (Hager)

1983 Zelenka Requiem D-Dur Bach »Ich hatte viel Bekümmernis« BWV 21 (Blomstedt)1984 Verdi Messa da Requiem (Ceccato)

1986 Brahms Ein deutsches Requiem (Vonk)

DIE GEDENKKONZERTE DER STAATSKAPELLE DRESDEN

1987 Beethoven Symphonie Nr. 9 (C. Davis)

1988 Berlioz Große Totenmesse (Wakasugi)

1989 Dvořák Stabat mater (Schreier)

1990 Verdi Messa da Requiem (M. Jurowski)

1991 Schütz Musicalische Exequien SWV 279-281 Heinichen Requiem Es-Dur (Bernius)

1992 Mozart Requiem (Wakasugi)

1993 Beethoven Missa solemnis (C. Davis)

1994 Berlioz Große Totenmesse (C. Davis)

1995 Mahler Symphonie Nr. 2 »Auferstehungssymphonie« (Haitink)

1996 Brahms Ein deutsches Requiem (Sinopoli)

1997 Verdi Messa da Requiem (Stahl)

1998 Brahms Ein deutsches Requiem (I. Fischer)

1999 Mozart Requiem (Sinopoli)

2000 Britten War Requiem (C. Davis)

2001 Verdi Messa da Requiem (Sinopoli)

2002 Dvořák Requiem (Bĕlohlávek)

2003 Brahms Ein deutsches Requiem (Thielemann)

2004 Mozart Requiem (C. Davis)

2005 Verdi Messa da Requiem (Gatti)

2006 Bach »Ich will den Kreuzstab gerne tragen« BWV 56 Duruflé Requiem (Luisi)

2007 Mozart Requiem (Honeck)

2008 Verdi Quattro pezzi sacri Fauré Requiem (C. Davis)

2009 Verdi Messa da Requiem (Luisi)

2010 Beethoven Missa solemnis (Thielemann)

2011 Brahms Ein deutsches Requiem (Pletnev)

2012 Auerbach Requiem »Dresden – Ode an den Frieden« (UA) (V. Jurowski)

2013 Mozart Requiem (Thielemann)

2014 Verdi Messa da Requiem (Thielemann)

2015 Rossini Stabat Mater (Chung)

2016 Beethoven Missa solemnis (Thielemann)

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6 7 6. SYMPHONIEKONZERT

 Die Saison 2015 / 2016 ist Christian Thielemanns vierte Spielzeit als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle. Über Stationen an der Deutschen Oper Berlin, Gelsenkirchen, Karlsruhe, Hannover und Düsseldorf kam er 1988 als Generalmusikdi-rektor nach Nürnberg. 1997 kehrte der gebürtige Berliner in

seine Heimatstadt als Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin zurück, bevor er das gleiche Amt von 2004-2011 bei den Münchner Phil-harmonikern innehatte. Neben seiner Dresdner Chefposition ist er seit 2013 Künstlerischer Leiter der Osterfestspiele Salzburg, deren Residenz-orchester die Staatskapelle ist, und seit Juni 2015 Musikdirektor der Bayreuther Festspiele. Den Komponistenjubilaren der Jahre 2013 und 2014, Wagner und Strauss, widmete er sich am Kapell-Pult in Konzert und Oper. Er leitete Neuproduktionen der »Elektra« in Dresden sowie »Parsifal« und »Arabella« in Salzburg. Für seine Interpretation der »Frau ohne Schatten« bei den Salzburger Festspielen 2011 wählte ihn das Fach-magazin Opernwelt zum »Dirigenten des Jahres«.

Eine enge Zusammenarbeit verbindet Christian Thielemann mit den Berliner und Wiener Philharmonikern sowie mit den Bayreuther Festspielen, die er seit seinem Debüt im Sommer 2000 (»Die Meister-singer von Nürnberg«) alljährlich durch maßstabsetzende Interpretatio- nen prägt und deren musikalischer Berater er seit 2010 ist. 2015 fand hier sein Dirigat von »Tristan und Isolde« große Beachtung. Im Zuge seiner vielfältigen Konzerttätigkeit folgte er Einladungen u. a. der führenden Orchester in Amsterdam, London, New York, Chicago und Philadelphia und gastierte außerdem in Israel, Japan und China.

Christian Thielemanns Diskographie als Exklusivkünstler der UNITEL ist umfangreich. Im Rahmen seiner zahlreichen Aufnahmen mit der Staatskapelle erschienen jüngst der gemeinsame Brahms-Zyklus, Bruckners Symphonie Nr. 5 sowie Strauss’ »Elektra« und »Arabella« auf CD bzw. DVD. Mit den Wiener Philharmonikern legte er eine Gesamt-einspielung der Symphonien Beethovens vor. Er ist Ehrenmitglied der Royal Academy of Music in London sowie Ehrendoktor der Hochschule für Musik »Franz Liszt« Weimar und der Katholischen Universität Leuven (Belgien). Im Mai 2015 wurde ihm der Richard-Wagner-Preis der Richard-Wagner-Gesellschaft der Stadt Leipzig verliehen.

Christian Thielemann C H E F D I R I G E N T D E R

S Ä C H S I S C H E N S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N

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8 9 6. SYMPHONIEKONZERT

Camilla Nylund Sopran

 Camilla Nylund zählt zu den weltweit führenden lyrisch-drama-tischen Sopranen. Im finnischen Vaasa geboren, studierte sie zunächst bei Eva Illes, später am Mozarteum in Salzburg. Für ihre Leistungen wurde ihr 1995 von der Internationalen Stif-tung Mozarteum die Lilli-Lehmann-Medaille verliehen. Nach

einem Festengagement in Hannover gehörte sie von 1999 bis 2002 zum Ensemble der Semperoper Dresden, wo sie mit dem Christel-Goltz-Preis ausgezeichnet wurde. Neben ihren Dresdner Verpflichtungen avancierte sie mehr und mehr zu einem begehrten Gast an den großen Opernhäu-sern weltweit. Ihren internationalen Durchbruch brachte die Spielzeit 2004/2005 mit wichtigen Rollendebüts: als Elisabeth (»Tannhäuser«) an der Bayerischen Staatsoper in München, als Salome in Köln sowie als Leonore (»Fidelio«) am Opernhaus Zürich. Die drei Partien entwickelten sich zu ihren Paraderollen. So sang sie Salome in verschiedenen Produk-tionen der Wiener Staatsoper, in Toulouse, in Valencia (unter Zubin Mehta) und an der Semperoper. Bei den Bayreuther Festspielen debü-tierte sie 2011 als Elisabeth in »Tannhäuser«. Die Titelrolle in Dvořáks »Rusalka« ist ein weiterer Schwerpunkt in ihrer Karriere. Mit dieser Partie gab sie eine Reihe bedeutender Debüts: 2008 bei den Salzburger Festspielen, 2011 am Royal Opera House Covent Garden in London und 2012 am Liceo in Barcelona.

Camilla Nylund ist regelmäßiger Gast bei führenden Orchestern in Europa und Nordamerika. Sie arbeitete u. a. mit Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Nikolaus Harnoncourt, Franz Welser-Möst, Daniel Baren-boim, Christian Thielemann, Riccardo Muti, Esa-Pekka Salonen, Ingo Metzmacher, Philippe Herreweghe und Jukka-Pekka Saraste. Mehr als dreißig CD- und DVD-Aufnahmen dokumentieren die Karriere der Künstlerin. Zu ihren aktuellsten Engagements gehören Elsa und Salome in Wien, Ariadne und Senta in Berlin, Feldmarschallin in Amsterdam und Salome in Tokio. An der Semperoper singt Camilla Nylund im Juni 2016 die Partie der Tatjana in der Neuproduktion von »Eugen Onegin«. 2008 wurde ihr der Titel Kammersängerin vom Freistaat Sachsen verliehen. 2013 ehrte sie der finnische Staatspräsident mit der Pro Finlandia Medaille.

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10 11 6. SYMPHONIEKONZERT

Elisabeth Kulman Mezzosopran

 Elisabeth Kulman gilt als eine der herausragenden Mezzosopra- nis tinnen und Altistinnen. Sie überzeugt Publikum und Kritik gleichermaßen durch ihr kostbares, farbintensives Timbre so- wie durch ihre charismatische Bühnenpersönlichkeit und musi-kalische Vielseitigkeit. Nach dem Studium an der Wiener Musik-

universität bei Helena Lazarska debütierte sie 2001 als Pamina an der Volksoper Wien und feierte zunächst als Sopranistin vor allem in Mozart-Partien (Contessa, Donna Elvira) weithin beachtete Erfolge. Seit 2005 singt sie das große Mezzosopran- und Altfach. Im Ensemble der Wiener Staatsoper avancierte sie rasch zum Publikumsliebling und erregte in der Uraufführung von Reimanns »Medea« sowie in »Anna Bolena«, zusammen mit Anna Netrebko und Elīna Garanča, große Aufmerk-samkeit. Seit 2010 ist sie als freischaffende Opern- und Konzertsolistin u. a. in Paris, Berlin, Hamburg, München, Tokio und Wien tätig. Zu ihren wichtigsten Opernpartien zählen u. a. Fricka, Erda und Waltraute (»Der Ring des Nibelungen«), Carmen, Mrs. Quickly (»Falstaff«), Hero-dias (»Salome«), Brangäne (»Tristan und Isolde«), Ulrica (»Un ballo in maschera«), Orlofsky (»Die Fledermaus«), Marina (»Boris Godunow«) sowie Begbick (»Mahagonny«). Ihr umjubeltes Debüt bei den Salzburger Festspielen gab sie 2010 als Glucks Orfeo unter Riccardo Muti – eine Rolle, die sie bereits an der Pariser Opéra gesungen hatte. Mit Nikolaus Harnoncourt verband sie eine enge künstlerische Zusammenarbeit, u. a. für Offenbachs »Barbe-bleue« 2013 in Graz, 2014 für Mozarts »Le nozze di Figaro« und »Così fan tutte« im Theater an der Wien.

Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt dem Lied, dem sie sich in Konzerten und unkonventionellen Projekten widmet. Mit ihrem Klavier-partner Eduard Kutrowatz legte sie CDs mit Liedern von Franz Liszt, Robert Schumann und Richard Wagner vor. Elisabeth Kulman sang unter Zubin Mehta, Kirill Petrenko, Christian Thielemann, Franz Welser-Möst, Marek Janowski, Philippe Jordan, Semyon Bychkov, Michael Gielen, Thomas Hengelbrock und gastierte wiederholt bei renommierten Festi-vals wie den Münchner Opernfestspielen, der Schubertiade, den Salz-burger Festspielen sowie dem Lucerne Festival.

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12 13 6. SYMPHONIEKONZERT

Daniel Behle Tenor

 Daniel Behle zählt zu einem der vielseitigsten deutschen Tenöre und ist in Konzert, Lied und Oper gleichermaßen erfolgreich. Sein breit gefächertes Repertoire reicht von barocken Meisterwerken über das klassische und roman-tische Fach bis hin zu Kompositionen des zwanzigsten und

einundzwanzigsten Jahrhunderts.Im April 2014 feierte der gebürtige Hamburger bei den Salz-

burger Osterfestspielen unter der Leitung von Christian Thielemann sein umjubeltes Rollendebüt als Matteo in Richard Strauss’ »Arabella«. Konzerte gibt er u. a. mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, der Tschechischen Philharmonie, der Wiener Akademie, den Hamburger Symphonikern und der Bachakademie Stuttgart. Dabei arbeitet er mit Dirigenten wie Christian Thielemann, Marek Janowski, Jiří Bělohlávek, Martin Haselböck, Jeffrey Tate und Kent Nagano zusammen. Für die Darstellung des Bösewichts Artabano in der Einspielung von Vincis »Artaserse« erhielt er 2014 eine Grammy Nomi-nierung. Seine Liedeinspielungen und Solo-CDs werden von der Kritik und Fachpresse gleichermaßen gewürdigt. Beim Schleswig-Holstein Musik Festival sang er 2015 den Lenski in einer konzertanten Aufführung von »Eugen Onegin« unter der musikalischen Leitung von Christoph Eschenbach. Ebenfalls im Sommer 2015 sorgte er beim Festival d’Aix-en-Provence erneut mit einer seiner Paraderollen als Mozarts Belmonte für Begeisterung. Die Saison 2015 / 2016 steht im Zeichen einer behutsam vorbereiteten Repertoire-Erweiterung ins jugendliche Heldenfach. An der Frankfurter Oper, der er ab 2007 / 2008 drei Spielzeiten als Ensem-blemitglied angehörte und bis heute eng verbunden ist, verkörperte er im November 2015 erstmals den Erik in Richard Wagners »Der flie-gende Holländer«. Im April 2016 gibt er sein Rollendebüt als Flamand in Richard Strauss’ »Capriccio« am Theater an der Wien. Zudem war er kürzlich in konzertanten Aufführungen von Franz Lehárs »Der Graf von Luxemburg« in Frankfurt zu erleben. Auch als Komponist tritt er hervor: Ein wichtiger Meilenstein seines Schaffens ist die Bearbeitung von Schu-berts »Winterreise«, die er 2013 zusammen mit dem Oliver Schnyder Trio uraufgeführt hat.

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14 15 6. SYMPHONIEKONZERT

Georg Zeppenfeld Bass

 Georg Zeppenfeld wurde in Westfalen geboren und studierte Gesang an der Hochschule für Musik Köln. Engagements führten ihn u. a. an die großen Opernhäuser von München, Berlin, Hamburg, Wien, Mailand, Paris, Barcelona, Lyon, Antwerpen, zu den Bayreuther Festspielen sowie an die

Lyric Opera of Chicago, an die Metropolitan Opera New York und nach San Francisco. Im Sommer 2002 gastierte er erstmals bei den Salz-burger Festspielen, 2012 sang er dort Sarastro (»Die Zauberflöte«) unter Nikolaus Harnoncourt, 2014 König Karl in Schuberts »Fierra-bras«. Von 2001 bis 2005 war Georg Zeppenfeld Ensemblemitglied der Semperoper Dresden. Hier war er in Partien wie Figaro und Bartolo (»Le nozze di Figaro«), Filippo II. (»Don Carlo«), Zaccaria (»Nabucco«), Banco (»Macbeth«), Eremit (»Der Freischütz«), König (»Aida«), Sarastro (»Die Zauberflöte«), Colline (»La bohème«), Alidoro (»La cenerentola«), Fasolt (»Das Rheingold«), Landgraf Herrmann (»Tannhäuser«), König Marke (»Tristan und Isolde«), Gharib (»L’Upupa und der Triumph der Sohnesliebe«), Wassermann (»Rusalka«), Peneios (»Daphne«), Seneca (»L’incoronazione di Poppea«), Sparafucile (»Rigoletto«), Heinrich der Vogler (»Lohengrin«) und Rocco (»Fidelio«) zu erleben. 2013 debütierte er hier neben »Orlando« in der Neuproduktion »Der fliegende Holländer« als Daland. In der Spielzeit 2013 / 2014 sang er die Partie des Don Alfonso in Andreas Kriegenburgs Neuinszenierung »Così fan tutte«. Unter Cornelius Meister war Georg Zeppenfeld 2015 als Sarastro am Royal Opera House Covent Garden in London zu Gast. 2014 / 2015 sang er an der Semperoper u. a. die Partie des Kaspar in der Neuproduktion »Der Freischütz«. Bei den Bayreuther Festspielen verkörperte er 2015 die Partie des Marke in Katharina Wagners Neuinszenierung »Tristan und Isolde« unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann. Zu Beginn der Spiel-zeit 2015 / 2016 gab er in Dresden sein Rollendebüt als Baculus in Jens-Daniel Herzogs Neuinszenierung »Der Wildschütz« und ist außerdem als Hunding (»Die Walküre«), Heinrich der Vogler (»Lohengrin«) und Sarastro (»Die Zauberflöte«) zu erleben. Im Oktober 2015 wurde ihm der Ehrentitel Kammersänger verliehen.

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16 17 6. SYMPHONIEKONZERT

 Der Dresdner Opernchor wurde am 8. Oktober 1817 durch königliches Dekret von Friedrich August dem Gerechten gegründet. Die Erlassung dieses Dekrets war vor allem ein Verdienst Carl Maria von Webers, der als neu engagierter Hofkapellmeister 1817 den Auftrag erhalten hatte, neben

der traditionsreichen italienischen Oper am Königlichen Hoftheater in Dresden auch ein deutsches »Opern-Departement« aufzubauen. Weber forderte die Einrichtung eines »stehenden Theaterchors«, der den gestiegenen Anforderungen des dafür neu zu schaffenden Opernre-pertoires gewachsen sein würde. In der Folgezeit entwickelte sich das Ensemble zu einem erstrangigen und gefragten Klangkörper. Über die Jahrhunderte hinweg pflegten hervorragende Künstlerpersönlichkeiten wie der Gesangspädagoge Johann Miksch, der Wagner-Freund Chris-tian Wilhelm Fischer und dessen Sohn Carl August Wilhelm Fischer, Karl Maria Pembaur, Ernst Hintze, Hans-Dieter Pflüger, Matthias Brauer und Pablo Assante ein bis heute spezielles, dem Staatsopernchor zugehöriges Klangideal, das besonders auch durch eine rege Konzert-tätigkeit des Chores beeinflusst wurde. Homogenität des Klangs, klang-liche Noblesse und kultivierter Pianogesang bei gleichzeitiger Klang-dichte und -fülle sind wesentliche Attribute, die für den Sächsischen Staats opernchor Dresden stehen. Seit der Spielzeit 2014 / 2015 ist Jörn Hinnerk Andresen Chordirektor der Sächsischen Staatsoper Dresden.

Der Sächsische Staatsopernchor konzertiert regelmäßig mit der Staatskapelle Dresden. Dirigenten wie Giuseppe Sinopoli, Sir Colin Davis, Herbert Blomstedt, Zubin Mehta, Fabio Luisi, Daniele Gatti, Bernard Haitink und Christian Thielemann haben mit dem Gesangsensemble zusammengearbeitet. Opern- und Konzertreisen sowie eine kontinuier-liche Präsenz bei Festspielen und in Rundfunk und Fernsehen brachten dem Dresdner Staatsopernchor weltweite Beachtung ein. Seit 2013 ist der Sächsische Staatsopernchor gemeinsam mit der Sächsischen Staatska-pelle Dresden ständiger Gast bei den Osterfestspielen in Salzburg, deren Künstlerische Leitung in den Händen von Christian Thielemann liegt. Diesjährig wird er in Verdis »Otello« an der Salzach zu erleben sein.

Sächsischer Staatsopernchor DresdenC H O R D I R E K T O R U N D E I N S T U D I E R U N G :

J Ö R N H I N N E R K A N D R E S E N

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18 19 6. SYMPHONIEKONZERT

ENTSTEHUNG

zwischen April 1819 und Januar 1823, ursprünglich für die Inthronisation von Erzherzog Rudolph zum Kardinal-Erzbischof von Olmütz

WIDMUNG

Erzherzog Rudolph von Öster-reich, Beethovens Schüler, Freund und Förderer

UR AUFFÜHRUNG

am 7. April (26. März) 1824 in einem Konzert der Phil-harmonischen Gesellschaft in St. Petersburg; erste Wiener Aufführung (Kyrie, Credo, Agnus Dei) am 7. Mai 1824 im Wiener Kärntnertortheater

BESETZUNG

Sopran, Mezzosopran, Tenor, Bass, gemischter Chor2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken, Streicher und Orgel

DAUER

ca. 80 Minuten

Ludwig van Beethoven* (getauft) 17. Dezember 1770 in Bonn † 26. März 1827 in Wien

»Missa solemnis« D-Dur op. 123für Soli, Chor und Orchester

1. Kyrie2. Gloria3. Credo4. Sanctus – Benedictus5. Agnus Dei

»DA SICH IN DIESEN WÜSTEN ZEITEN UNSERE VERFEINERTE MUSIK NICHT DENKEN LÄSST«Anmerkungen zu Ludwig van Beethovens op. 123

 Unter den Skizzen zu einer geplanten »Bacchus«-Oper 1817 findet sich eine Eintragung Beethovens: »Dissonanzen viel-leicht in der ganzen Oper nicht aufgelöst oder ganz anders da sich in diesen wüsten Zeiten unsere verfeinerte Musik nicht denken lässt.« Die Bemerkung bezieht sich auf eine

mit »Fuge« überschriebene Vorform des späteren Scherzo-Themas aus der neunten Symphonie. Augenscheinlich ist mit »diesen wüsten Zeiten« ein imaginäres dionysisches oder bacchantisches Weltalter gemeint, eine Frühzeit der Menschheit mit wild-bucolischen Szenen, die vielleicht in Beethovens »Bacchus«-Oper Eingang gefunden hätten, wenn diese denn komponiert worden wäre. Die Vorstellung von der Rückkehr zu einem menschheitlichen Urzustand innerhalb einer intakten Natur führt indes in die Irre. Angesprochen ist vielmehr die Natur eines edlen Menschen-tums, das seinen Weg mittels Erziehung und Kultur, Sittlichkeit und Freiheit, erst noch finden muss. Wie mühsam und fehlgeleitet dieser Weg verläuft, zeigt sich in Beethovens zunehmender Desillusionierung. So äußert er sich in einem Gespräch mit dem Freund Breuning: »Lauter Kunst wie die alten Reifröcke. Mir geschieht nur dann wohl, wenn ich in der freien Natur bin.« Der Muff der alten Reifröcke feiert seine Renais-sance, er vertreibt die nach-napoleonische frische Luft, aus der sich ein freier, hoffnungsfroher Geist gespeist hatte. Es fällt nicht schwer, aus Beethovens Bemerkung dieser »wüsten Zeiten« einen Kommentar zu seiner Gegenwart herauszulesen, gestützt von einem Brief, den er 1817 an Franz Brentano schreibt: »Was mich anbelangt, so ist geraume Zeit meine Gesundheit erschüttert, wozu Ihnen auch unser Staatszustand nicht wenig beiträgt, wovon bis hierher noch keine Verbeßerung zu erwarten, wohl aber sich täglich Verschlimmerung desselben ereignet.« Wenig später ist in einem anderen Schreiben zu lesen: »Leben Sie wohl. – Übri-gens macht einen alles um uns nahe her ganz verstummen.« Beethoven erfährt, wie es ist, wenn sich das Rad der Geschichte zurückdreht. Nichts

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ist mehr übrig geblieben von dem Fanal des Aufbruchs aus den Tagen der Französischen Revolution, als die alten Werte in Frage gestellt wurden und neue Vorstellungen den Horizont erhellten. Stattdessen etablieren sich die alten Kräfte: Die von Napoleon vertriebenen Herrscherhäuser gelangen wieder an die Spitze. Selbst für Frankreich inthronisiert der Wiener Kongress von 1814/15 die vorrevolutionäre Bourbonendynastie und knüpft damit unverhohlen an alte Bande an. Mit der Restituierung der alten Verhältnisse wird alles Vorwärtsdrängende von einem eisigen Grabeshauch belegt. Der politische Stoß zeigt Wirkung. In Beethoven trifft er einen genuin politischen Künstler, der den Boden unter seinen Füßen zunehmend weggezogen sieht. Er fühlt sich einem Zeitgeist gegen-übergestellt, der sich gleichsam auf einer Wolke des Hedonismus nieder-senkt – und einem anderen Komponisten die Bühne überlässt: Gioachino Rossini. Nach dem Revolutionszeitalter mit seiner Sympathie für einen heldischen Stil wendet man sich wieder dem Genuss der Oper zu. Selbst Hegel wird von ihm erfasst. Noch 1824 begibt sich der Philosoph für zwei Wochen nach Wien, um sich abends von Rossinis Musik begeistern zu lassen. Es ist kein Zufall, dass Beethovens schöpferische Produktion in den Jahren nach dem Wiener Kongress spürbar stockt. Eingehüllt in den Prozess einer langwierigen Gärung gilt es unter veränderten Verhält-nissen an den eigenen Positionen festzuhalten. Doch mag er intuitiv spüren, dass künstlerische Kontinuität unter diesen Vorzeichen nur durch Stilwandel aufrechtzuerhalten ist.

Unaufhaltsam verdichten sich die äußeren Ereignisse. 1817, im Jahr, als »einen alles um uns nahe her ganz verstummen« macht, kommt es auf der Wartburg zu einer studentisch geprägten Versamm-lung. Anlässlich des 4. Jahrestages der Völkerschlacht bei Leipzig erlebt der frühere Zufluchtsort Martin Luthers eine Protestbewegung gegen restaurative Politik und für einen einheitlichen Nationalstaat mit eigener Verfassung. Das Treffen steht unter dem Eindruck des 300. Jahrestages der Reformation. Man feiert das Gedächtnis an eine konfessionelle Beschwörung, von der man einen Hilferuf an Gott herauszuhören meint. Als Akt der nationalen Erhebung setzt das Wartburgfest ein Zeichen. Es dokumentiert den Willen, die erstarrten Verhältnisse nicht ohne weiteres hinzunehmen. Mutmaßlich reift auch in Beethoven das Bedürfnis, Gott zum Zeugen seiner Konfrontation mit der Welt zu machen. Doch sieht er sich zunächst mit einem anderen Problem belastet. Als sein Bruder Kaspar Anton Karl am 15. November 1815 stirbt, kämpft Beethoven um die Vormundschaft über seinen Neffen. Es wird ein quälendes Ringen um ein Kind, an dessen Ende nur Verlierer stehen. Der Verdacht drängt sich auf, Beethoven gehe es um die Umsetzung eines ambitionierten Erziehungsprojektes. Der unaufgelöste Konflikt mit seiner Schwägerin

Ludwig van Beethoven, Porträt von Joseph Karl Stieler, 1820

eskaliert in den Auseinandersetzungen um ihren Sohn. Es scheint, als fühle Beethoven sich von der Illusion getrieben, mit der Gewinnung seines Neffen Karl so etwas wie ein ›normales‹ bürgerliches Leben zu führen, in dessen familiärer Aufstellung eben ›nur‹ die Mutter fehlt. Ende September 1816 schreibt er an Wegeler: »Du bist Mann, Vater – ich auch, doch ohne Frau.« Zermürbende gerichtliche Auseinandersetzungen prägen die folgenden Jahre, erst im Juli 1820 erklärt der Magistrat den Fall für abgeschlossen.

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Ein »Weitergehen« in der Kunst

Der Konflikt um den Neffen spitzt sich zu, als Beethovens Erfolgskurve als Komponist merklich sinkt. Der Verlust an Öffentlichkeit birgt jedoch Freiheitsgrade, die nicht zuletzt zu Umrissen neuer, großer Werke führen. Eine Missa zeichnet sich ab, zu deren Vorstudien er die Bestände der Kaiserlichen Bibliothek in Wien nutzt. Aus Mödling, einem Winzer-dorf vor den Toren Wiens, schreibt er am 29. Juli 1819 an den Erzherzog Rudolf: »Ich war in Vien [sic!], um aus der Bibliothek I. K. H. [Ihro Kaiser-lichen Hoheit] das mir Tauglichste auszusuchen, die Hauptabsicht ist das geschwinde Treffen, (und mit der bessern Kunst-Vereinigung, wobei aber Praktische Absichten Ausnahmen machen können) – wofür unß die Alten zwar doppelt dienen, indem meistens reeller Kunstwerth (Genie hat doch unter ihnen der deutsche Händel u. Seb. Bach gehabt,) allein Frejheit, weiter gehen ist in der Kunstwelt, wie in der gantzen großen schöpfung Zweck…« Was zunächst als »Gelegenheitswerk« zur Inthronisation des Erzherzogs Rudolph zum Erzbischof von Olmütz am 4. Juni 1819 gedacht ist, wächst weit über die ersten Pläne hinaus. Erst Anfang 1823 wird Beethoven die große, für ihn verpflichtende Arbeit der »Missa solemnis« beenden. »Von Hertzen – Möge es wieder – zu Hertzen gehen«, steht über dem Kyrie der Messe. Beethoven zielt damit auf unmittelbare Wirkung. Er bindet an die Ursprünge der Innerlichkeit außerhalb der institutiona-lisierten Macht der christlichen Kirche zurück. Zu Andreas Streicher – wichtiger Vertrauter Beethovens in seinen späteren Jahren – äußert er sich einmal, dass es in der Missa seine »Hauptabsicht war, sowohl bei den Singenden als bei den Zuhörenden religiöse Gefühle zu erwecken und dauernd zu machen«. Beethoven wählt eine Form der Andacht, in der die Erweckung des Menschen zu seinem Menschsein zur zentralen Botschaft wird. Dessen Erhebung in die Sphären reinen Empfindens lässt die Idee der Vernunft, die Beethoven als leuchtender Fixstern der Aufklärung in seinem Schaffen oft geleitet hatte, zunehmend in den Hintergrund treten. Gottes Erbarmen der menschlichen Unzulänglichkeit, die im Kyrie eleison erfleht wird, macht Beethoven auf der Ebene des Mitgefühls deut-lich. Darin liegt nicht nur ein Bitten, das an den Heiland herangetragen wird, sondern ein religiöses Ergriffenwerden innerhalb einer gleichat-menden Gemeinschaft. In der Eingebung eines unmittelbar wirkenden Gefühls (»Herr, erbarme dich«) steckt der Schlüssel zu einem tieferen Verständnis menschlicher Schuldverstrickung. In einem Brief vom 18. Juli 1821 schreibt Beethoven an Erzherzog Rudolph: »Mein Inneres kennt und weiß, wie ich als Mensch überall meine Pflichten, die mir die Menschlichkeit, Gott und Natur gebieten, auf das heiligste erfülle«, und der »mich wohl endlich wieder einmal diesen Trübsalen entreißen« wird.

Die Gewichte scheinen sich langsam zu verschieben. Beethoven befindet sich in einem Prozess zunehmenden Loslösens von den Kümmernissen seiner privaten Situation und entwickelt – vor allem in der Verbindung zu seinem Neffen – eine spürbare Gelassenheit. Seine Haltung zu Vergan-genheit und Herkunft ändert sich. Um 1820 spricht er unerwartet von der »Hoffnung, vielleicht künftiges Jahr meinen vaterländischen Boden

Programm des Konzerts am 7. Mai 1824 im Kärntnertortheater. Die drei Sätze aus der »Missa solemnis« – Kyrie, Credo und Agnus Dei – werden bei diesem Anlass zusammen mit der neunten Symphonie zum ersten Mal in Wien aufgeführt. Sie stehen unter dem Titel »Drey große Hymnen«, weil die Zensur es damals nicht erlaubte, dass Messen unter ihrem eigentlichen Namen in Konzerten gesungen wurden. Bei der Ouvertüre handelt es sich um »Die Weihe des Hauses«, geschrieben 1822 zur Eröffnung des Josephstädter Theaters.

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betreten zu können und die Gräber meiner Eltern zu besuchen«. Eine Rückbesinnung zeichnet sich ab, in der Fragen nach dem Ursprung dringlich werden. Beethoven bewegt sich in einem Spannungsfeld, das ihm den Zugang zu den Tiefen der Geschichte öffnet und daraus Impulse für sein schöpferisches Fortschreiten freisetzt. Beide Pole, Vergangenheit und Zukünftiges, überbrücken den Spalt der Gegenwart und führen letzt-lich zu Beethovens Stoßseufzer, »diesen Trübsalen entrissen« zu werden. Nichts anderes bedeutet es, wenn er in dem bereits zitierten Brief vom 29. Juli 1819 an den Erzherzog auf die Altvorderen Bach und Händel verweist und sie als Genies bezeichnet. Im Wissen um die Substanz ihrer Werke äußert sich für ihn ein »reeller Kunstwerth«, der die Leere der Gegenwart ausfüllt und neue Produktivkräfte sammelt. Als er im Sommer 1819 seinen Brief an den Erzherzog verfasst, liegt die Ankündigung des Erstdrucks von Bachs h-Moll-Messe erst ein Jahr zurück. Auch hier könnte ein Moment der Anregung liegen, einem der Gipfelpunkte in der abendländischen Musikgeschichte etwas entgegenzusetzen. Beethoven

dehnt seine Studien aus, er geht zurück auf den Palestrina-Stil und dringt weiter bis ins Mittelalter reichende liturgische Traditionen. Der kirchliche Ton soll sich aus dem Archaischen verbürgen – entsprechend seinem Vorsatz zu Beginn der Arbeit an der Missa, »Kirchenchoräle der Mönche« im Hinblick auf eine »vollkommene Prosodie« [Intonation und Satzmelos lautlicher Einheiten] durchzugehen, um »wahre Kirchenmusik zu schreiben«. Daraus filtert er einen neuen Zugriff für die musikalische Syntax, erweitert die Bereiche der Tonarten, gewinnt neue Ansätze aus der motettischen Abschnitt-Technik in der Behandlung des Ordinarium-Textes und entfernt sich von den Grundsätzen thematischer Arbeit. Letz-teres erinnert an Adornos Diktum: »Die Betriebsamkeit der thematischen Arbeit mag für Beethovens reifes Komponistenohr angeklungen sein an die Machinationen der Höflinge in Schillerstücken, an kostümierte Gattinnen, erbrochene Schatullen und entwendete Briefe.« Das Räder-werk eines eingespielten Systems fördert eine Beflissenheit zutage, die zwar den Konventionen, nicht aber dem Gefühl einer zunehmenden Zergliederung des Lebens entspricht. Auch in diesem Sinne erfordert der konzeptionelle Zuschnitt einer Messkomposition neue Verfahrensweisen.

Die Vertonung des kanonisch festgeschriebenen Textes führt Beethoven in Bereiche der Rhetorik. Von den Alten übernimmt er barocke Figuren aus dem Repertoire der musikalischen Rede, geleitet von der Maßgabe einer kompositorischen Ausdeutung der Textinhalte. Bei einer dieser musikalischen Figuren handelt es sich um die sogenannte Hypoty-posis (griechisch für Abbilden). Dem römischen Rhetor Quintilian zufolge steht sie für eine anschauliche Beschreibung eines Gegenstands, von der der Zuhörer den Eindruck erhalten soll, diesen vor Augen zu haben. Es geht um Verdeutlichung, um plastische Vergegenwärtigung. Wenn also die Chorstimmen im Gloria eine aufsteigende Figur (»Gloria in excelsis Deo«) zu bewältigen haben, so richtet sich der Blick derer, die das »Ehre sei Gott in der Höhe« singen, zwangsläufig nach oben und steigt der irdische Lobpreis direkt zum Höchsten. Gleichzeitig steckt in der musi-kalischen Linie auch die Figur der Anabasis, die mit ihrem aufstrebenden Charakter maßgeblich für Erhebung und Hoffnung im christlichen Glauben steht und im Zeitalter des Barock zumeist mit Jesu Auferste-hung verbunden wurde. Im Lob auf Gottes Ehre mag vielleicht auch die Zuversicht stecken, eines Tages selbst von den Toten aufzuerstehen und an Gottes erlösender Allmacht teilzuhaben. Mehr noch: Im Dreiertakt des Gloria spiegelt sich nicht nur eine sinnfällige Behandlung der metri-schen Textstruktur, sondern scheint nach mittelalterlicher Vorstellung die göttliche Dreieinigkeit auf, von der jegliche seinsdurchwirkte Bewe-gung ausgeht. Die Fallhöhe könnte nicht größer sein. Abrupt schlägt die Stimmung um, wenn um Frieden auf Erden gebeten wird (»et in terra

Johann Heinrich Füssli, »Die Vision im Asyl« 1791-1793, Gemälde zu John Miltons »Paradise Lost«

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pax hominibus«). Der Glanz, der die Sphären zuvor durchflutete, ist einer lastenden Erdenschwere gewichen. Zum Ausdruck kommen Gebunden-heit und Unfreiheit. Beethoven hebt die vormalige Unabhängigkeit der Stimmen in einer homophonen Struktur auf. Gemessen an der wirbelnden Lebendigkeit der Verherrlichung Gottes wirkt nun alles wie erstarrt, ohne vorwärtstreibenden Impuls. In der Haltlosigkeit des Sturzes in die Niede-rungen der Menschheit liegt es nahe, einen Verweis auf die politische Situation in Kontinentaleuropa nach dem Wiener Kongress zu erkennen. Der Friede ist teuer erkauft, der Preis nichts anderes als Friedhofsstille.

Bangen und Hoffen

In einer anderen Figur wird Christus in der Anordnung der Tonhöhen vergegenwärtigt. Im Kyrie beginnt der Christe-eleison-Teil mit einer zweimaligen Christe-Anrufung, die insgesamt aus vier Tönen besteht. Verbindet man den ersten und vierten Ton zu einer Linie und den zweiten und dritten zu einer weiteren, erhält man ein Kreuz, das für das Schicksal Jesu steht. Mehr noch bildet der Schriftzug den griechischen Buchstaben »Chi« ab, das Initial für Χριστός, »Christos«. Die Anrede will nicht nur als musikalische Chiffre verstanden sein, sie wendet sich direkt an den Adressaten. In der unmittelbaren Hinwendung zum Erlöser könnte man auch ein erstarkendes Erwachen des gläubigen Individuums erkennen, das sich über kirchliche Vermittlungsinstanzen hinwegsetzt, will es mit dem Höheren in Verbindung treten. Der Mensch schält sich aus der Masse und emanzipiert sich als christlicher Bürger. Im kontrastierenden Melisma des »eleison« kommt es zu einem wechselseitigen Ab und Auf. In nur wenigen Tönen schildert Beethoven die Verlaufskurve menschlicher Erniedrigung und Erhebung. Überhaupt wird das Spiel mit Antinomien für Beethoven immer bestimmender, so wie sich die Wechselfälle von Gemeinschaft und Einzelnem durch die gesamte Missa hindurchziehen. Bereits in den ersten Takten der Gottesanrufung wechseln sich Chor und Solisten ab. Mit der Entfaltung des Individuums setzt auch das Wissen um die Eigenverantwortlichkeit ein. Doch bleibt die Masse weiterhin wirksam. Unentrinnbar fängt sie die Fliehkräfte des Einzelnen auf und demaskiert das Individuum eben als ›Unteilbares‹.

Dem Beziehungsreichtum der musikalischen Bildersprache sind namentlich im Credo kaum Grenzen gesetzt. Die Fleischwerdung Christi aus dem Heiligen Geist verknüpft Beethoven mit einer Verkörperung der Taube. Nach christlicher Auffassung steht die Taube für den Heiligen Geist und wird in der Missa von einem flatternden Flötensolo verbildlicht, während die Fleischwerdung (»et incarnatus est de spiritu sancto«), gesungen von den Chorstimmen und Solopartien, einen betont altkirch-

lichen Tonfall in dorischem Anstrich erhält. Beethoven lässt die anschlie-ßende Menschwerdung (»et homo factus est«) zunächst von dem Solo-Tenor anstimmen, was in den selbstbewussten Zügen dieser Takte an die Figur des Adam, des ersten Menschen, erinnert – vor allem an dessen selbstbestimmtes Handeln im Paradies. Die Leidensfähigkeit Christi (»passus«) vergegenwärtigt Beethoven mit querständigen Vorhalts-bildungen; die harmonische Verzerrung verdeutlicht nichts anderes als die Agonie einer an die Grenzen gehenden physischen wie psychi-schen Überdehnung. Spätestens aber, wenn von Christi Himmelfahrt die Rede ist (»et ascendit in coelum«), wird die Stoßrichtung in baro-cker Bildermacht wiederhergestellt. Über den aufstrebenden Tonraum einer Oktave hebt sich der Blick und richtet sich nach oben, woher alles Licht seinen Ursprung hat. Mit der Vertonung des letzten Credo-Verses folgt Beethoven den Konventionen der Messkomposition seiner Zeit: Die Erwartung auf ein Leben der kommenden Welt (»et vitam venturi

Skizzenblatt »Missa solemnis« Im vorletzten System sind die Worte »Agnus Dei miserere nobis« zu erkennen, im letzten »Dona nobis pacem«. Am Ende des dritten Systems vermerkt Beethoven das Betonungsmuster zu »miserere«.

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sæculi«) teilt sich in einer Doppelfuge mit, die innerhalb ihres Regel-werks die Mannigfaltigkeit des Lebens anschaulich darstellt. In Bezug auf Fugenkompositionen lässt Beethoven nichts im Unklaren: »Eine Fuge zu machen ist keine Kunst, ich habe deren zu Dutzenden in meiner Studi-enzeit gemacht. Aber die Phantasie will auch ihr Recht behaupten, und heutzutage muß in die althergebrachte Form ein anderes, ein wirklich poetisches Moment kommen.« Und so setzt er in den volltönenden poly-phonen Fluss vereinzelte Inseln der Ruhe – eine Ruhe, die nach Schiller »aus dem Gleichgewicht, nicht aus dem Stillstand der Kräfte, die aus der Fülle, nicht aus der Leerheit fließt und von dem Gefühl eines unendlichen Vermögens begleitet wird«. Gemeint ist eine heroische Idylle, die nur durch Kampf, durch Widerstreit der Kräfte zustande kommt und den Menschen in Schillers Worten nicht zurück nach Arkadien treibt, sondern vorwärts nach Elysium.

Doch ist der Weg bis dahin weit. Im Agnus Dei zeigt sich die »Bitte um innern und äussern Frieden« auffallend diesseitig. Beethoven legt das »Dona nobis pacem« (Gib uns Frieden) geradezu tänzerisch an, im Duktus eines leichtfüßigen Reigens mit gesanglich sich aufwölbenden Einschüben. Die Herbeiführung des Friedens ist vornehmlich eine Ange-legenheit des Menschen, der in erster Linie sich selbst Rechenschaft ablegen muss, will er einen Zustand erreichen, den er doch selbst am meisten ersehnt. Nichts macht das augenfälliger als ein Einbruch des Realen. Aus den Gefilden pastoraler Musik tönen Klänge eines näher rückenden Feldzuges. Auch diese äußere Bedrohung ist nicht von Gott gesandt, sondern kommt vom Menschen. Die Bitte, dass Gott Frieden sende, entpuppt sich als Trugschluss. Es genügt nicht, dass der Mensch unter den Mantel der Barmherzigkeit Gottes kriecht, wenn es um die Rechtfertigung seines eigenen Handelns geht. Er selbst ist verantwort-lich für Zeiten des Krieges wie des Friedens. Vielleicht ist es das, worauf Beethoven abzielt, wenn er davon spricht, Dissonanzen »gar nicht oder ganz anders aufzulösen, da sich in diesen wüsten Zeiten unsere verfei-nerte Musik nicht denken lässt«. Vermutlich geht es ihm weniger um die Erweiterung der harmonischen Dissonanzbehandlung in rein musika-lischem Sinne. Was er eigentlich meint, ist die Darstellung außermusika-lischer Missklänge, die ungeschminkte Abbildung realer Dissonanzen als Spuren menschlicher Hoffart. Das Individuum, so könnte die Botschaft lauten, ist nicht ohne weiteres in Gottes Allmacht entbunden, vielmehr schafft es sich sein Umfeld selbst. Vor diesem Hintergrund versteht sich Beethovens Hauptwerk als kompositorisches Manifest, das den Menschen nicht aus seiner Verantwortung entlässt. A N D R É P O D S C H U N

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 Um einen finanziellen Nutzen aus der mehr-

jährigen Arbeit an seiner Missa zu ziehen,

nahm Beethoven noch während der Entste-

hungszeit enge Kontakte mit verschiedenen

Verlagshäusern auf. Zwischenzeitlich verhandelte er mit

sieben Verlegern gleichzeitig über das Werk. Außerdem

bot er Abschriften der Partitur verschiedenen Königs-

und Fürstenhöfen zur Subskription an, darunter auch

dem sächsischen Königshaus. In diesem Zusammen-

hang kam es zu der viel sagenden Notiz in einem

seiner Konversationshefte: »man hört allgemein, daß

die Hofkapelle in Dresden die beste in Europa sey …«

Allerdings wurde die Subskriptions-Einladung von der

sächsischen Gesandtschaft in Wien zunächst abschlägig

beschieden. Erst das persönliche Engagement von

Erzherzog Rudolph, der sich direkt mit König Friedrich

August I. in Verbindung setzte, führte zum Erfolg: Das

sächsische Königshaus erwarb die Partitur, so dass sich

heute eine frühe Abschrift des Werkes mit handschrift-

lichen Korrekturen Beethovens in der Sächsischen

Landes- und Universitätsbibliothek befindet.

Die Dresdner Hofkapelle führte die Missa erst-

mals am Palmsonntag 1829 in Auszügen (Kyrie, Gloria)

auf. Die Leitung hatte Hofkapellmeister Francesco

Morlacchi, den Sopranpart sang die junge Wilhelmine

Schröder-Devrient. Die ersten vollständigen Auffüh-

rungen des Werkes in Dresden fanden 1839 und 1843

gemeinsam mit der Dreyssigschen Singakademie statt –

es waren die ersten Gesamtaufführungen nach der

St. Petersburger Uraufführung und einer Wiedergabe in

der nordböhmischen Provinzstadt Warnsdorf.

Der Beginn des Credo in der Übschrift, die Beethoven im November 1823 an den Königshof in Dresden schickte

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1. Kyrie

Kyrie eleison. Christe eleison. Kyrie eleison.

2. Gloria

Gloria in excelsis Deo. Et in terra pax hominibus bonae voluntatis.

Laudamus te, benedicimus te, adoramus te, glorificamus te.

Gratias agimus tibi propter magnam gloriam tuam.

Domine Deus, Rex coelestis, Deus Pater omnipotens. Domine Fili unigenite Jesu Christe. Domine Deus, Agnus Dei, Filius Patris.

Herr, erbarme Dich. Christe, erbarme Dich. Herr, erbarme Dich.

Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Friede den Menschen, die guten Willens sind.

Wir loben Dich, wir preisen Dich, wir beten Dich an, wir verherrlichen Dich.

Wir sagen Dir Dank ob Deiner großen Herrlichkeit.

Herr und Gott, Herrscher des Himmels, Gott, allmächtiger Vater. Herr Jesus Christus, eingeborener Sohn, Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters.

Qui tollis peccata mundi, miserere nobis. Qui tollis peccata mundi, suscipe deprecationem nostram. Qui sedes ad dexteram Patris, miserere nobis.

Quoniam tu solus sanctus, tu solus Dominus, tu solus Altissimus. Jesu Christe; cum Sancto Spiritu, in gloria Dei Patris. Amen.

3. Credo

Credo in unum Deum. Patrem omnipotentem, factorem coeli et terrae, visibilium omnium, et invisibilium.

Credo in unum Dominum Jesum Christum, Filium Dei unigenitum. Et ex Patre natum ante omnia saecula. Deum de Deo, lumen de lumine, Deum verum de Deo vero. Genitum non factum, consubstantialem Patri: per quem omnia facta sunt.

Du trägst die Sünden der Welt, erbarme Dich unser. Du trägst die Sünden der Welt, erhöre unser Flehen. Du sitzest zur Rechten des Vaters, erbarme Dich unser.

Denn Du bist allein heilig, Du allein der Herr, Du allein der Höchste, Jesu Christe. Mit dem Heiligen Geist in der Herrlichkeit Gottes, des Vaters. Amen.

Ich glaube an den einen Gott. Den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge.

Ich glaube an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn. Geboren aus dem Vater vor aller Zeit, Gott von Gott, Licht von Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater, durch Ihn ist alles geschaffen.

Ludwig van Beethoven»Missa solemnis«

GESANGSTEXTE

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Qui propter nos homines, et propter nostram salutem descendit de coelis.

Et incarnatus est de Spiritu Sancto, ex Maria Virgine: Et homo factus est.

Crucifixus etiam pro nobis, sub Pontio Pilato passus et sepultus est. Et resurrexit tertia die, secundum scripturas, et ascendit in coelum, sedet ad dexteram Patris, et iterum venturus est cum gloria, judicare vivos et mortuos, cujus regni non erit finis. Credo in Spiritum Sanctum, Dominum et vivificantem, qui ex Patre Filioque procedit, qui cum Patre et Filio simul adoratur et conglorificatur, qui locutus est per prophetas. Credo in unam sanctamcatholicam et apostolicam ecclesiam. Confiteor unum baptisma in remissionem peccatorum. Et exspecto resurrectionem mortuorum et vitam venturi sæculi. Amen.

4. Sanctus – Benedictus

Sanctus, Sanctus, Sanctus Dominus Deus Sabaoth. Pleni sunt coeli et terragloria tua. Osanna in excelsis.

Benedictus qui venit in nomine Domini.

Osanna in excelsis.

5. Agnus Dei

Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis.

Dona nobis pacem.

Für uns Menschen und um unseres Heiles willen ist Er vom Himmel herabgestiegen.

Er ist Fleisch worden durch den Heiligen Geist aus Maria, der Jungfrau, und ist Mensch geworden.

Gekreuzigt wurde er für uns, unter Pontius Pilatus litt er und wurde begraben. Am dritten Tage auferstanden nach der Schrift, aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten des Vaters, von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten, sein Reich wird ohne Ende sein.

Ich glaube an den Heiligen Geist, der Herr ist und Leben gibt, der hervorgeht aus dem Vater und Sohn und mit dem Vater und Sohn zugleich angebetet und verherrlicht wird, wie es geschrieben steht durch die Propheten.

Ich glaube an die eine heilige,katholische undapostolische Kirche. Ich bekenne die eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Und erwarte die Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott der Heerscharen. Himmel und Erde sind voll von Deiner Herrlichkeit. Hosanna in der Höhe.

Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.

Hosanna in der Höhe.

Lamm Gottes, Du trägst die Sünden der Welt, erbarme Dich unser.

Gib uns Frieden.

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1. Violinen Matthias Wollong / 1. Konzertmeister Michael Eckoldt Thomas Meining Jörg Faßmann Michael Frenzel Christian Uhlig Volker Dietzsch Susanne Branny Barbara Meining Birgit Jahn Henrik Woll Anja Krauß Anett Baumann Roland Knauth Anselm Telle Franz Schubert

2. Violinen Reinhard Krauß / Konzertmeister

Holger Grohs / Konzertmeister

Annette Thiem Stephan Drechsel Jens Metzner Olaf-Torsten Spies Alexander Ernst Mechthild von Ryssel Emanuel Held Kay Mitzscherling Martin Fraustadt Christoph Schreiber-Klein Robert Kusnyer Yukiko Inose

Bratschen Sebastian Herberg / Solo

Andreas Schreiber Stephan Pätzold Anya Dambeck Michael Horwath Uwe Jahn Ulrich Milatz Ralf Dietze Zsuzsanna Schmidt-Antal Marie-Annick Caron Susanne Neuhaus Juliane Böcking

Violoncelli Norbert Anger / Konzertmeister Friedwart Christian Dittmann / Solo

Simon Kalbhenn / Solo

Tom HöhnerbachUwe KroggelBernward GrunerJohann-Christoph SchulzeJakob AndertAnke HeynTitus Maack

Kontrabässe Andreas Wylezol / Solo

Martin Knauer Helmut Branny Christoph Bechstein Fred Weiche Reimond Püschel Thomas Grosche Johannes Nalepa

Flöten Rozália Szabó / Solo

Dóra Varga

Oboen Céline Moinet / Solo

Michael Goldammer

Klarinetten Robert Oberaigner / Solo

Egbert Esterl

Fagotte Thomas Eberhardt / Solo Andreas BörtitzHannes Schirlitz

HörnerRobert Langbein / Solo

Andreas Langosch Miklós Takács Eberhard Kaiser

Trompeten Mathias Schmutzler / Solo

Sven Barnkoth

PosaunenUwe Voigt / Solo

Guido Ulfig Lars Zobel

Pauken Manuel Westermann / Solo

OrgelJobst Schneiderat

6. Symphoniekonzert 2015 | 2016 Orchesterbesetzung

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6. SYMPHONIEKONZERT

Vorschau

7. Symphoniekonzert

SA MSTAG 27.2.16 11 UHR

MONTAG 29.2.16 20 UHR

DIENSTAG 1.3.16 20 UHR

SEMPEROPER DRESDEN

Andris Nelsons DirigentHåkan Hardenberger Trompete

Benjamin BrittenPassacaglia op. 33b aus »Peter Grimes«Bernd Alois Zimmermann»Nobody Knows de Trouble I see«Konzert für Trompete in C und OrchesterDmitri SchostakowitschSymphonie Nr. 8 c-Moll op. 65

Kostenlose Konzerteinführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Foyer des 3. Ranges der Semperoper

Aufzeichnung durch MDR Figaro

5. Kammerabend

SONNTAG 6.3.16 20 UHR

SEMPEROPER DRESDEN

Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle Dresden

Gast: Herbert Schuch KlavierSemper Winds DresdenRozália Szábo FlöteCéline Moinet OboeRobert Oberaigner KlarinetteJochen Ubbelohde HornThomas Eberhardt FagottManuel Westermann SchlagzeugSimon Etzold SchlagzeugYuka Maruyama SchlagzeugBjörn Stang Schlagzeug

Werke von Beethoven, Reich, Eisler u. a.

Wir freuen uns auf Sie!Come and join us!

GESELLSCHAFT DER FREUNDE DER STAATSKAPELLE DRESDEN E .V.KÖNIGSTRASSE 101097 DRESDEN | [email protected] | WWW.GFSKDD.DE

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Dresden

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IMPRESSUM

Sächsische Staatskapelle DresdenChefdirigent Christian Thielemann

Spielzeit 2015 | 2016

HER AUSGEBER

Sächsische Staatstheater – Semperoper Dresden © Februar 2016

REDAK TION

André Podschun

GESTALTUNG UND L AYOUT

schech.net Strategie. Kommunikation. Design.

DRUCK

Union Druckerei Dresden GmbH

ANZEIGENVERTRIEB

EVENT MODULE DRESDEN GmbH Telefon: 0351 / 25 00 670 e-Mail: [email protected] www.kulturwerbung-dresden.de

BILDNACHWEISE

Matthias Creutziger (S. 6/15/17); Markus Hoffmann (S. 9); Stephan Polzer (S. 11); Marco Borggreve (S. 13); Beethoven-Haus Bonn (S. 21); Bildarchiv der Österreichischen Natio-nalbibliothek, Wien (S. 23); Zürich Kunsthaus (S. 24), Dieter Rexroth, Beethoven. Leben – Werke – Dokumente, Mainz 1982 (S. 27); SLUB Dresden/Mus. 4193-D-5 (S. 30); Motiv aus: Johann Heinrich Füssli, Die Einsamkeit bei Tagesanbruch, 1794-1796, Gemälde zu »John Miltons Lycidas«, Zürich Kunsthaus (S. 35)

TE X TNACHWEISE

Der Einführungstext von André Podschun ist ein Originalbeitrag für dieses Programmheft. Der Artikel auf Seite 31 ist dem Programmheft zum 9. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden am 13./14. Februar 2010 entnommen.

SächsischeStaatskapelle DresdenKünstlerische Leitung/ Orchesterdirektion

Christian ThielemannChefdirigent

Juliane StanschPersönliche Referentin von Christian Thielemann

Jan Nast Orchesterdirektor

Tobias NiederschlagKonzertdramaturg, Künstlerische Planung

André PodschunProgrammheftredaktion, Konzerteinführungen

Matthias ClaudiPR und Marketing

Agnes MonrealAssistentin des Orchesterdirektors

Elisabeth Roeder von Diersburg Orchesterdisponentin

Matthias GriesOrchesterinspizient

Agnes ThielDieter RettigNotenbibliothek

Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet.

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