SATHYA SAI BABA DER WELT-AVATAR - rosenkreis.ch · fünf Elemente, Materie vielfältiger Art,...

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SATHYA SAI BABA DER WELT-AVATAR Ansprachen von 2001

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SATHYA SAI BABADER WELT-AVATAR

Ansprachen von 2001

Verlagshinweis:

Die Herausgabe dieses Buches wird durch den Rosenkreis-Verlag und seineFreunde ermöglicht.

Übersetzungen aus dem Englischen erfolgten durch Sai-Devotees.

1. Auflage 2006, Rosenkreis-Verlag, Reinertstr. 6, 4515 Oberdorf, SchweizWebsite: http://www.rosenkreis.ch

Printed by KCC, Reinertstrasse 6, CH-4515 Oberdorf, Schweiz

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1. Januar - Gottes Gedanken zum Neuen Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1119. Januar - Spitäler sind da um den Hilflosen zu dienen . . . . . . . . . . . . . 1921. Februar - Die Vision des Göttlichen Selbst (Atman) . . . . . . . . . . . . . . 2722. Februar - Habt unbedingtes Vertrauen in das Göttliche Selbst . . . . . . 4126. März - Ugadi - Erkenne dich selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2. April - Ramanaya - Die Essenz der Veden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5914. April - Fülle alle deine Handlungen mit Liebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 6. Mai - Gebete der Mütter erhalten die Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 7. Mai - Erhaltet Gottes Gnade durch Opfer und Liebe . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Juni - Entwickelt Liebe und werdet göttlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10510. Juni - Gesundheitsvorsorge ist kein Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Juli - Die menschliche Geburt führt zur Erfahrung der Göttlichkeit . . 121 5. Juli - Gurupurnima - Ich und du sind eins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13116. Juli - Liebe kann die ganze Welt vereinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13911. August - Opfer ist meine Freude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14722. August - Ganesha (Vinayaka) ist der Meister übernatürlicher Kräfte und der Intuition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15931. August - Glück in der Vereinigung mit Gott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 9. Oktober - Padhugafest - Verstehe das Prinzip der fünf Elemente . . . 19120. Oktober - Dasarafest - Zehntägiges Fest zu Ehren der Mutter . . . . . 20321. Oktober - Dasarafest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21122. Oktober - Dasarafest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22323. Oktober - Dasarafest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23324. Oktober - Dasarafest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24925. Oktober - Dasarafest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25926. Oktober - Dasarafest - Abschluss des Dassarafestes . . . . . . . . . . . . 27119. November - Tag der Frau - Gute Mütter sind der Stolz der Nation . . 28520. November - “Educare” ist die wahre Erziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . 29521. November - Grundlegende Fragen und die göttlichen Antworten . . . 30322. November - Bescheidenheit und ein guter Charakter sind die Merkmale wahrer Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31923. November - Geburtstag Sathya Sai Babas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32725. Dezember, Weihnachten - Gott vergisst die ihm Hingegebenen nie . 335

Anhang:

Die Körperhüllen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343Die zehn Inkarnationan von Vishnu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

Glossar, in dem alle, beim ersten Erscheinen kursiv geschriebenen Wörterund Namen nach dem spirituellen Wörterbuch von Martin Mitwede (ISBN 3-932957-02-4) näher erklärt sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

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Vorwort

Verkörperungen Gottes und der Menschen

Moderne Wissenschaftler tragen verschiedenartige Theorien über dasUniversum vor. Andererseits halten spirituelle Menschen Reden überverschiedenartige Aspekte des Göttlichen. Doch die Menschen ver-stehen weder was die eine, noch was die andere Gruppe sagt. DasEinzige was man versteht ist, dass die Welt aus Atomen und Molekü-len besteht. Ohne Atome kann es kein physisches Universum geben.Der vorherige Redner stellte die Fragen: “Wer ist Gott, und wo istGott?” Die richtige Antwort auf diese Fragen lautet, dass Gott überallim Universum in Form von Atomen vorhanden ist. Ohne das Atomkann es kein Universum geben. Das Universum hat eine körperlicheForm durch die Kombination der Atome. Vedische Gelehrte verkün-den: “Das Göttliche ist sowohl im Atom, als auch im Kosmos.” Ja, Gottist tatsächlich kleiner als das Kleine und grösser als das Grosse. Diefünf Elemente, Materie vielfältiger Art, Geschöpfe verschiedener Gat-tungen, und schliesslich der Mensch selbst. All dies existiert, weil dieAtome sich auf unzählige Weise verbinden können. Atome durchdrin-gen das ganze Universum und das Prinzip des Atoms umfängt alles.Es gibt in diesem Universum nichts anderes als Atome. Alles, was mansieht, verschiedenste lebende Wesen, Häuser, Licht, sie alle reprä-sentieren Aspekte des Atoms und seiner Kombinationen. Auch Men-schen leben aufgrund der Kombination der Atome. Nahrung, Wasser,Vögel und alles andere an das wir denken können, entstehen durch dieKombination der Atome. Auch der Mensch ist ein Bündel von Atomen.Aber dieses spezielle Bündel, genannt Mensch, trägt in sich eine un-glaubliche göttliche Kraft. Die Kraft, die im Menschen nicht gefundenwerden kann, kann auch nirgendwo sonst im Universum gefundenwerden. Lichtkraft, elektrische Energie, Erdanziehungskraft, und diegrundlegende göttliche Anziehungskraft, all diese Kräfte können imMenschen gefunden werden. Tatsächlich ist diese göttliche Kraft imMenschen von Kopf bis Fuss vorhanden. Gott, der kleiner ist als dasKleinste, grösser als das Grösste, der in allem als der ewige Zeuge an-wesend ist, dieser Gott durchdringt auch das ganze Universum alsAtome. Folglich ist Gott das Atom, und das Atom ist Gott. Das WortBrahman oder Gott bezeichnet keine bestimmte Form. Auf der rein ab-strakten Ebene ist Gott formlos, aber im Bereich der Schöpfung hat eralle Formen, welche die atomaren Kombinationen annehmen können.

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Auch die kollektive Form der Gesamtheit aller Atome, nämlich das Uni-versum als Ganzes ist Gottes Form. Die Menschheit hat Inkarnationenwie Rama und Krishna erlebt, auch sind edle Menschen auf der Erdeerschienen, alle diese waren Verkörperungen kosmischer Energie undbesassen göttliche Anziehungskraft. Einige behaupten, dass Gott kei-ne Form habe, dass er rein feinstofflich sei und alles durchdringt. Ge-nau genommen sind diese Beobachtungen nicht richtig. Unter be-stimmten Umständen kann die abstrakte und formlose göttlichekosmische Energie klare eindeutige Formen annehmen und - sie tutes auch. Da die göttliche Energie Gestalt annehmen kann, haben Ato-me bestimmte Formen und ebenso die verschiedenen Kombinationender Atome. Auf diese Weise nimmt Gott verschiedene Formen an. Dar-über hinaus nimmt Gott auch die jeweilige Gestalt an, über die derGläubige meditiert, die er verehrt und gern sieht. Man sagt, dass Klangkeine Form hat. Ihr habt gerade einen Klang gehört, der Gegenstandvon dem der Klang ausging, hat eine Form. Genau so hat Glückselig-keit keine Form. Aber der Mensch der sie erfährt, hat eine Form. Dufthat keine Form, aber die Blüte, die ihn verströmt, hat eine. Liebe hatkeine Form, aber die Mutter, die Liebe verschenkt, hat eine. Ebensohat Gott auf der abstrakten Ebene keine Form, doch das Atom, daseine Manifestation des Göttlichen ist, hat eine Form. Wenn sich Atomeverbinden, hat man verschiedene körperliche Formen für Gott. Einigebehaupten, dass Gott absolut formlos sei. Es ist zweifelsohne wahr,dass Gott auf der rein abstrakten Ebene unendlich und unverkörpertist, jedoch kann das Unverkörperte verkörpert werden und dies ge-schieht auch. Folglich sind alle Formen die wir im Universum sehen,auch Formen Gottes. Daher ist es falsch, zu behaupten, dass Gottüberhaupt keine Form hat und immer formlos ist. Das Wasser in die-sem Becher hat keine eigene Form, aber der Becher, der dieses Was-ser enthält hat eine Form. Wenn das Wasser in den Becher gegossenwird, nimmt es die Form des Bechers an. In der gleichen Weise nimmtGott, der formlos ist, die verschiedenen Formen in der Schöpfung an.Die Grundlage für diese unzähligen und unterschiedlichen Formen istdas Atom. Ohne das Atom kann es keine unterschiedliche Objekte ge-ben. Wie die Kombination ist, so ist auch die Form. Das Universumselbst hat die angehäufte Form aller Atome in sich. Das Atom ist gött-lich, weil es vom Schöpfer gekommen ist. Da das Atom eine Form hat,wird automatisch jedes Atom eine Form Gottes. Der Mensch muss sichdie grösstmögliche Mühe geben, diese Wahrheit zu verstehen.

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Jahrelang haben die Wissenschaftler verkündet, dass alles im Univer-sum aus Atomen besteht. Aber bis heute haben sie die Wahrheit nichtverstanden, dass das Göttliche die Grundlage für die Existenz der Ato-me ist. Diesen wichtigen Punkt, haben sie ganz und gar ausser Achtgelassen. Einen Punkt, den der junge Prahlada schon vor Tausendenvon Jahren verstand.

Glaube nicht dass Gott hier, aber dort nicht ist. Gott ist überall. Und woimmer du ihn suchst, wirst du ihn sicherlich finden. Heutige Wissen-schaftler geben sich keine Mühe, diese Wahrheit zu begreifen.

Spiritualität überschreitet die Wissenschaft. Die göttliche Kraft wirdmanchmal als transzendentale Kraft bezeichnet. Diese transzenden-tale Kraft wird auch mit verschiedenen anderen Namen benannt. Egalmit welchem Namen man sie zu bezeichnen beliebt, diese Kraft liefertdie Grundlage, von jedwedem im Universum. Folglich ist diese funda-mentale Kraft auch im Atom vorhanden.

Die Kraft des Atoms ist offensichtlich in jedem Individuum vorhandenund sie durchdringt den gesamten Kosmos. Dazu gibt es aber noch vielmehr zu sagen. Wenn man einen Jungen fragen würde, was ein Magnetist, würde er antworten, dass ein Magnet ein Gegenstand ist, der Ei-senspähne und Eisengegenstände anzieht. So würde ein SchuljungeAnziehungskraft beschreiben. Für einen Geschäftsmann würde Anzie-hungskraft etwas völlig anderes bedeuten. Würde er gefragt, was einMagnet sei, würde er antworten, Geld sei der Magnet. Denn er wirdnämlich vom Geld angezogen. Genauso ist im Eheleben die Ehefrauder Magnet für den Ehemann und der Ehemann der Magnet für die Ehe-frau. Für eine Biene ist die Blüte der Magnet, weil die Blüte die Bienenanlockt. Jedes Wesen in der Schöpfung hat seinen eigenen Liebreizund seine eigene Anziehungskraft. Nicht einmal die moderne Wissen-schaft kann die Existenz einer solchen gegenseitigen Anziehungskraftleugnen. Diese gegenseitige Anziehungskraft ist eine sehr starkeMacht in der Natur. Jedes Wesen in der Schöpfung hat seine eigeneeinzigartige Anziehungskraft. (...)

Gott ist der grösste Magnet. Wie zieht er die Wesen an sich? Mit einerganz besonderen und zugleich der allerhöchsten Kraft. Daher kannman Gott als einen Supermagneten bezeichnen. Aber dies ist nichtdie angemessenen Weise, die göttliche Anziehungskraft zu beschrei-ben. Sokrates erklärte, dass die göttliche Kraft alles und jeden an-

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zieht. Diese bemerkenswerte göttliche Kraft ist auf verborgene Weisein jedem Individuum vorhanden. Der Mensch jedoch bemüht sichnicht, die Gegenwart dieser aussergewöhnlichen, in ihm verborgenenKraft zu verstehen und sie in sich walten zu lassen. Das Göttliche al-lein hat die Fähigkeit diese aussergewöhnliche Kraft direkt zu nutzenund zu lenken. (23. Oktober 2001)

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1. Januar 2001

Gottes Gedanken zum Neuen Jahr

Auch in Freude liegt Leid;beide sind untrennbar miteinander verbunden.

Es ist Leid, das zu Freude führt.Leid wie Freude sind die Auswirkungen des Eisernen Zeitalters.

Verkörperungen der Liebe! Jahre sind vorbeigezogen, ohne dass derMensch erhabene Empfindungen entwickelt hat. Derjenige ist ein wah-rer Mensch, dessen Gedanken und Gefühle gut sind. Folgende sinddie Kennzeichen eines guten Geistes: Ein guter Geist ist strahlend hellwie die Sonne und kühl wie der Mond, er lässt einen heilige Worte spre-chen und bringt der Gesellschaft Frieden. Nur jemand mit Mitgefühl,Liebe, Duldsamkeit, Sympathie und Opfergeist ist ein wahrer Mensch.Aber im modernen Menschen sind solche Eigenschaften rar geworden.Wie kann jemand ohne menschliche Eigenschaften Mensch genanntwerden? Der Mensch ist aus der Natur hervorgegangen. Die Erde erhält das Le-ben, die Sonne schenkt Licht, die Bäume geben Sauerstoff, das Was-ser stillt unseren Durst und die Luft hilft uns, zu leben. Wie kommt es,dass der Mensch, der aus den fünf Elementen geboren ist und durchsie erhalten wird, nicht die heiligen Eigenschaften der fünf Elementebesitzt? Da der Mensch aus der Natur geboren und durch sie aufge-zogen wird, sollte er die Ideale der Natur praktizieren und verbreiten.Vögel, Tiere und Bäume folgen der Natur und führen ein vorbildlichesLeben. Die Bäume atmen das giftige Kohlendioxyd ein und den lebens-erhaltenden Sauerstoff aus. Sogar die Tiere erledigen ihre Pflichtenund helfen dem Menschen auf vielerlei Weise. Wie kommt es, dass derMensch, obwohl er als Mensch geboren ist, die menschlichen Wertenicht praktiziert? Der Mensch ist nicht in der Lage, die menschlichenWerte in der Gesellschaft zu praktizieren und zu verbreiten, weil er sel-ber diese Werte verloren hat.

Verkörperungen der Liebe! Jeder erwartet, dass das Neue Jahr ihmFriede, Freude und Wohlergehen schenkt. Aber das Neue Jahr bringtweder Glück noch Leid mit sich. Gestern ist wie heute und heute ist wiemorgen. Die Tage sind die gleichen, aber man erfährt Freude oder Leid

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in Entsprechung zu den eigenen Handlungen. Gute, verdienstvolleHandlungen können einem kein Leid bringen und sündvolle Taten ver-schaffen einem kein Glück. Ihr müsst den Folgen euer eigenen Hand-lungen begegnen. Aber wenn ihr Gottes Gnade empfängt, behandeltihr Freude wie Leid gleich. Gottes Gnade zerstört Berge von Sündenund schenkt euch Frieden. Aber aufgrund des Einflusses des EisernenZeitalters hat der Mensch seinen Glauben an Gott verloren und jagtGeld und Macht hinterher. Wie kann so ein Mensch die Göttlichkeit er-langen? Der Mensch kann sich nur dann von der menschlichen zur gött-lichen Ebene erheben, wenn er die menschlichen Werte praktiziert.Deshalb sollte der Mensch die menschlichen Werte kultivieren. DieJahre kommen und gehen, ebenso Freude und Leid. Allein die Erfah-rung des Göttlichen Selbst (Atman) schenkt euch dauernde Glückse-ligkeit. Ehe der Mensch nicht heilige Empfindungen im Inneren entwik-kelt, können seine Handlungen ihm weder Frieden noch Glückverleihen. Viele Menschen erwarten, dass das Neue Jahr ihnen Glückund Wohlergehen bringe. Aber in Wirklichkeit bringt das Neue Jahreuch nur die Ergebnisse eurer vergangenen Handlungen. Um eure ver-gangenen Sünden wiedergutzumachen, müsst ihr heilige Eigenschaf-ten entwickeln und euch im Neuen Jahr mehr und mehr in heilige Ak-tivitäten einbinden.Tatsächlich liegt die Glückseligkeit in euch, sie entsteht aus euren hei-ligen Empfindungen. Ihr müsst Glückseligkeit aus dem Inneren herausmanifestieren; sie kann euch nicht von anderen verliehen werden. Nie-mand kann die Glückseligkeit von euch wegnehmen, und ihr könnt sienicht von aussen erlangen.Das Herz ist das Zentrum heiliger Empfindungen. Das Herz ist vollerMitgefühl. Mitgefühl lässt heilige Empfindungen entstehen. Ihr müsstMitgefühl entwickeln, das Licht der Liebe verbreiten und göttliche Emp-findungen entfalten. Wenn ihr das nicht tut, wie könnt ihr dann erwarten,dass die Zeit euch Glück bringt? Wenn ihr gute Ergebnisse erwartet,müsst ihr gute Empfindungen entwickeln. Durch ein reines Herz, einenstetigen Geist und selbstlose Taten gewinnt ihr die göttliche Gnade, diejedes Leiden im Handumdrehen beseitigen wird. Ohne göttliche Gnadekönnt ihr nichts erreichen. Deshalb verrichtet Handlungen, die euch diegöttliche Gnade bringen. Friede und Glück kommen nicht von der äus-seren Welt. Nur durch göttliche Gnade könnt ihr friedlich und glücklichsein.Die Menschen feiern die Ankunft des Neuen Jahres mit Gesang undTanz. Dieser Enthusiasmus und dieses Glück gehen vorüber. DerMensch braucht dauernden Frieden und dauerndes Glück. Wie kann

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der Mensch dauerndes Glück erwarten, wenn er sich nur mit weltlichenHandlungen befasst? Um dauerndes Glück zu erlangen, muss er hei-lige Aktivitäten durchführen.Glück entsteht nur aus Schwierigkeiten. Freude ist ein Abschnitt zwi-schen zwei Schmerzen. Es ist unmöglich, Freude ohne Schmerz zu er-fahren. Ob ihr reich seid oder ein spirituell Suchender, ihr erhaltet, waseuch zusteht. Ihr könnt nicht süsse Mangofrüchte erwarten, wenn ihrbittere Niem-Samen sät, und umgekehrt. Wie der Same, so die Frucht.Entsprechend gilt: Wie ihr denkt und empfindet, so geschieht es. Freu-de und Schmerz entstehen aus den eigenen Gefühlen. Die Menschentäuschen sich, indem sie glauben, sie erlebten Schmerz und Freudedurch die äussere Welt. Tatsächlich entstehen sie aus ihren eigenenEmpfindungen. Sie sollten ihr Herz durch heilige Empfindungen trans-formieren. Der Mensch verändert sich heutzutage, nicht aber seine Ge-danken und Gefühle. Die Jahre vergehen, aber seine Gefühle sind nichtrein geworden. Nur wenn eine Transformation in seinem Empfindenstattfindet, wird der Mensch Frieden erreichen.

Verkörperungen der Liebe! Lasst eure Empfindungen unter allen Um-ständen rein und vorbildlich sein. Lasst alle eure Handlungen demWohlergehen anderer dienen. Die Veden erklären: “Man erhält Ver-dienst, indem man anderen dient. Man sündigt, indem man andere ver-letzt.” Wenn eure Empfindungen heilig und rein sind, werden die Er-gebnisse heilig sein, ohne dass ihr darum fragen müsst. Aufgrund desEinflusses des Eisernen Zeitalters sind Gedanken, Worte und Tatendes Menschen nicht in Harmonie. Was immer ihr sagen oder tun mögt,das Ergebnis hängt von euren Empfindungen ab. Heiligt deshalb eureEmpfindungen und werdet ein guter Mensch. Man kann nur jemanden,dessen Gedanken und Gefühle gut sind, einen guten Menschen nen-nen. Manchmal geschieht es, dass Taten, die mit guten Gedanken undEmpfindungen getan wurden, dennoch schlechte Ergebnisse hervor-bringen. Aber auch wenn das Ergebnis schlecht erscheint, ist doch dasGute darin verborgen. Ein guter Geist wird niemals aufgrund solcherErgebnisse schwanken. Das Wesen des Menschen ist gut. Deshalbsollte er ein gutes Leben führen. Aber der Mensch schwankt heutzutage in jedem Augenblick. Der Grundist Mangel an Willenskraft. Der Mensch sollte einen stetigen Geist ha-ben und eine stetige Vision; dann wird er keinen Mühen ausgesetztsein. Allein Gottes Gnade kann dem Menschen helfen, diese negativenTendenzen zu überwinden. Jemand mag Millionär sein, aber seinReichtum wird ihn nicht erlösen, wenn seine Empfindungen unrein sind.

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Auch wenn ein Mensch nichts besitzt, kann er das Höchste erreichen,wenn sein Herz rein ist. Was immer ein reicher Mensch sieht oder be-rührt, verwandelt sich in Gold. Aber wenn er nicht rein ist und seine Be-mühungen nicht in die richtige Richtung gehen, wird sogar ein Stockin seiner Hand zur Schlange werden.Manche Menschen haben den Eindruck, ihre Erwartungen würden trotzall ihrer besten Anstrengungen nicht erfüllt. Die Hauptursache liegt dar-in, dass ihre Empfindungen und Absichten nicht rein sind.

Heute beginnt das Jahr 2001, darauf folgt das Jahr 2002. Das Schicksaländert sich nicht mit dem Jahreswechsel. Zusammen mit dem Wechseldes Jahres sollten auch eure Handlungen sich zum Besseren ändern.Nur dann werdet ihr gute Ergebnisse erhalten.

Schüler, Studenten! Ihr schneidet nur dann gut in der Prüfung ab, wennihr das ganze Jahr hindurch hart arbeitet. Wie man empfindet, so han-delt man, und wie man handelt, so ist das Ergebnis. Manchmal mögtihr euch wundern, wenn eine gute Handlung gegenteilige Ergebnisseerzeugt. Aber in Wirklichkeit werden gute Handlungen niemals zuschlechten Ergebnissen führen. Wenn das Ergebnis negativ ausfällt,beinhaltet das, dass in den dahinterstehenden Absichten ein negativesElement lag.Es ist eine menschliche Schwäche, in sich selbst nur das Gute zu sehenund das Schlechte zu ignorieren. Freude wie Leid, Gutes wie Schlech-tes existieren gemeinsam und niemand kann sie voneinander trennen.Ihr könnt Freude oder Leid, Gutes oder Schlechtes nicht ohne das an-dere finden. Freude entsteht als Frucht von Schwierigkeiten. Sogareine süsse Mango schmeckt sauer, wenn sie unreif gepflückt wird. Ihrsollte die Zeit zum Reifen gelassen werden, nur dann wird sie süssschmecken. Lasst euch deshalb nicht entmutigen, wenn eure Hand-lungen nicht sogleich die gewünschten Ergebnisse bringen. Eure Be-mühungen werden zum richtigen Zeitpunkt Frucht tragen.

Verkörperungen der Liebe! Ihr habt mit grossen Erwartungen auf denBeginn des Neuen Jahres gewartet. Eure Erwartungen müssen mit eu-ren Bemühungen übereinstimmen. Bevor ihr irgendetwas unternehmt,solltet ihr unterscheiden und das Für und Wider abwägen. Der Menschhat heute sein Unterscheidungsvermögen verloren. Er weiss nicht, wieer Ältere achten und mit ihnen umgehen soll. Er sollte die ihm von Gottgegebenen Gaben: Geistige Kraft, Schicksal und Bestimmung, Stel-lung und Wohlstand in rechter Weise nutzen. Die sechs schlechten Ei-

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genschaften des Menschen: Verlangen, Zorn, Gier, Täuschung, Stolzund Eifersucht entstehen aus falscher Ernährung und falschen Lebens-gewohnheiten. Ernährung und Lebensgewohnheiten sind verantwort-lich für gute oder schlechte Eigenschaften des Menschen.Die dem Herzen entspringenden heiligen Eigenschaften sind wahr undewig. Sie gehören zum inneren Weg, wohingegen all die weltlichen Nei-gungen wie Anhäufung von Reichtum, Stellungen annehmen, Spielespielen, Wunsch nach Autoritätsstellungen usw. zum äusseren Weggehören. Die weltlichen Tendenzen kommen aus dem Kopf und unter-liegen dem Wandel. Allein die dem Herzen entspringenden innerenNeigungen sind wahr und ewig. Der Mensch ignoriert die inneren Nei-gungen und geht den äusseren Weg. Als Folge davon ist er nicht in derLage, dauerndes Glück zu erlangen. Er geht den äusseren Weg, abererwartet die Ergebnisse des inneren Wegs. Alles, was er sieht, sagt undtut ist durch Unwahrheit und unrechtes Handeln verunreinigt. Tatsäch-lich ist sein gesamtes Leben nach aussen gerichtet. Er sollte den äus-seren Weg aufgeben und seine Sicht nach innen richten. Bei jedem Ge-danken sollte er unterscheiden, ob er gut oder schlecht ist. Wer deminneren Weg folgt, wird niemals enttäuscht oder ruhelos sein. Wer denäusseren Weg geht, kann niemals dauerndes Glück erlangen. Ihr seidz.B. zwanzig oder vierzig Jahre alt. In all diesen Jahren habt ihr täglichgegessen. Aber kann euer Hunger dadurch jemals dauernd gestillt wer-den? Nein. Die Geschmäcker sind verschieden, aber der Hunger ist fürjeden der gleiche.

Die Nahrung ist verschieden, aber der Hunger ist derselbe.Es gibt viele Schmuckstücke, aber das Gold ist dasselbe.

Die Farben der Kühe sind verschieden, aber die Milch ist dieselbe.Es gibt viele Formen, aber nur einen Gott.

Es gibt viele Lebewesen, aber nur einen Atem.

Der Mensch führt ein Leben der Täuschung, weil er die Einheit als Viel-falt wahrnimmt. Er begegnet vielen Schwierigkeiten, um seine Lebens-reise fortzusetzen. Aber das Leben ist vorübergehend. Warum sollteman dann den falschen Weg einschlagen und in die Irre gehen, um soein flüchtiges Leben zu führen? Solange ihr lebt, solltet ihr den Wegder Wahrheit gehen und ein Vorbild setzen; nur dann wird das eigeneLeben geheiligt. Wahrhaftige Taten allein können ewigen Friedenschenken.

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Ein Dichter verfasst viele Verse, um Gott zu preisen. Er rühmt Gott mitgrossen Worten und bittet schliesslich um seinen Schutz. Das Emp-finden ist wichtig und nicht die Weise, in der die Verse verfasst sind.Man kann Gott entsprechend der eigenen Kapazität preisen, aber dieEmpfindungen dahinter sollten rein, stetig und heilig sein. Auch wennman jahrelang Bhajans singt, Gott anbetet und seinen Nächsten dient,ist das alles nutzlos, wenn im Herzen keine Transformation stattfindet.Das Herz sollte von Mitgefühl erfüllt sein; nur dann kann man es alsTempel Gottes bezeichnen. Andernfalls wird es zur Teufelshöhle.

Das Neue Jahr bringt nichts Neues mit sich. Der Tag, an dem in eurenHerzen frische, heilige Gedanken entstehen, ist der wahre Neujahrs-tag. Da ihr alle diesen Tag als Beginn des Neuen Jahres anseht undihn mit Enthusiasmus willkommen heisst, segne ich euch alle, damit ihrfrische, heilige, ideale Empfindungen entfaltet. Ich wünsche, dass ihrall das, was ihr als gut anseht, mit anderen teilt. Ich will, dass ihr einfriedliches, glückliches Leben führt und Vorbilder für das übrige Landwerdet.Zeitweilig mögen schlechte Eigenschaften wie Verlangen, Zorn undHass in euch aufsteigen, aber ihr solltet ihnen nicht erlauben, in euerGemüt einzudringen. Wenn ihnen der Zutritt verweigert wird, werdensie sich automatisch zurückziehen. Wenn ihr sie zulässt, werden siebleiben. Ein kleines Beispiel: Wenn jemand mit seinem Gepäck zu eurerTürschwelle kommt und ihr ihn freundlich willkommen heisst, wird ersofort eintreten und sich in eurem Haus niederlassen. Wenn ihr ihn hin-gegen völlig ignoriert, wird er ins Hotel oder Gasthaus gehen. Entspre-chend solltet ihr, wenn schlechte Eigenschaften in euren Geist und euerGemüt eindringen wollen, sie einfach ignorieren. Dann werden sie zuihrem Ursprungsort zurückkehren. Wenn ihr ihnen aber Aufmerksam-keit schenkt, werden sie euch beherrschen. Wenn euch etwas Schlech-tes begegnet, schaut es nicht an, sprecht nicht darüber und hört nichthin; ignoriert es einfach. Das ist wahre menschliche Qualität.Ihr werdet nur euren Freunden und Verwandten erlauben, euer Hausdurch die Türen zu betreten. Lässt irgendjemand Esel und Schweinein sein Haus, nur weil das Haus Türen hat? Euer Körper hat neun Türen(Öffnungen). Ihr solltet nur das durch sie hineinlassen, was heilig ist.Erlaubt nichts Schlechtem, einzudringen. Nur dann könnt ihr Friedenerlangen.Das menschliche Leben ist überaus erhaben, wertvoll und göttlich.Missbraucht es nicht, indem ihr schlechten Eigenschaften Raum gebt.Benutzt eure Unterscheidungskraft, und nutzt eure Sinne in rechter

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Weise. Nur dann wird euer Leben erlöst werden. Ihr werdet Unsterb-lichkeit und unendliche Glückseligkeit erlangen. Beginnt in diesemNeuen Jahr ein neues und göttliches Leben. Gebt all die alten, unhei-ligen Empfindungen auf und entwickelt göttliche Empfindungen. Wenneure Empfindungen göttlich sind, kann kein anderes Gefühl in euer Ge-müt dringen. Verankert Gott im Inneren; dann wird der Friede automa-tisch folgen.

Verkörperungen der Liebe! Ich segne euch alle, damit ihr euer Lebenin Frieden, Wohlergehen und Glück führen könnt. Damit beende ichmeine Ansprache.

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19. Januar

Spitäler sind da, um den Hilflosen zu dienen

Unser Vaterland gab der Welt edle Seelen,die in allen Kontinenten Berühmtheit erlangten.

Es ist das Land, das die Fremdherrschaft austrieb und Freiheit errang.Dieses Bharat (Indien) ist berühmt für seine Gelehrsamkeit.

Es ist das heilige Land, das in den Bereichen Musik,Literatur und heiliger Überlieferung als Vorbild galt.

Ihr seid in diesem Land Bharat mit seinen schönen Künstenund seiner natürlichen Schönheit geboren.

Oh Devotees! Es ist eure Pflicht und Schuldigkeit,Ruhm und Gedeihen eures Vaterlandes zu pflegen.

(Gedicht in Telugu)

Verkörperungen des göttlichen Atman! Im Leben ist die Gesundheit dergrösste Reichtum. Seit alter Zeit haben viele Yogis, Weise und Sehersowie Männer von hohem Rang tiefgehende Nachforschungen ange-stellt hinsichtlich der Mittel und Wege, eine gute Gesundheit zu bewah-ren. Sie machten grosse Anstrengungen in dieser Richtung, da sie derAnsicht waren, dass der Mensch nur dann für Frieden und Sicherheitder Nation arbeiten könne, wenn er an Leib und Seele gesund sei. Inder heutigen Zeit setzen manche Menschen volles Vertrauen in dieSchulmedizin, während andere glauben, dass Ayurveda auch wichtigsei. Die Schulmedizin gibt oft nur für eine gewisse Zeit eine Linderung.Sie erreicht oft keine dauerhafte Heilung von Krankheiten. Aber Ayur-veda kann eine beständige Heilung von Krankheiten bewirken.Das Herz ist der wichtigste Teil des Körpers. Wenn das Herz streikt,stirbt der Körper. Welche Rolle spielt das Herz im menschlichen Kör-per? Es pumpt Blut in die Lungen, wo es gereinigt und dann im ganzenKörper verteilt wird. Bei jedem Herzschlag legt das Blut eine Streckevon 19,308 km im Körper zurück. Wer hat das Herz mit dieser Fähigkeitausgestattet?Ist es der Wissenschaftler, der Ingenieur, oder der Yogi, oder irgend-eine menschengemachte Maschine, die das Herz eine solch erstaun-liche Arbeit verrichten lassen? Nein. Nur die göttliche Kraft ist die Basisfür all das. Der Mensch kann ohne die Hilfe der göttlichen Kraft nichteinmal eine kleine Aufgabe vollbringen. Heute hat der Mensch das

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Selbstvertrauen verloren und hat keinen Glauben an Gott. Darum sollteder Mensch zuallererst Selbstvertrauen fördern, ohne das das Lebensinnlos wird. Die Schulmedizin kann die Krankheitserreger nicht aufDauer ausrotten. Sie kann sie nur in einem bestimmten Ausmass undfür einige Zeit unter Kontrolle halten. Es besteht immer die Gefahr desRückfalls. Obwohl die medizinische Wissenschaft immer wieder Fort-schritte gemacht hat, hat sich die Zahl der Krankheiten erhöht. Dr. Sa-muel Hahnemann aus Deutschland, der die Homöopathie entdeckte,machte ebenfalls tiefgründige Nachforschungen im Ayurveda. DasWohlergehen der ganzen Menschheit war sein Leitmotiv. Aber derMensch von heute befasst sich nicht mit dem Wohl der Welt.In der heutigen Zeit sind Herzkrankheiten in der Gesellschaft weit ver-breitet. Aus diesem Grund haben wir ein ‘Super-Spezial-Hospital’ inPrashanti Nilayam errichtet, in dem bisher 10’600 Operationen durch-geführt wurden, völlig kostenfrei. Viele arme Leute haben daraus Nut-zen gezogen. Herzoperationen sind sehr teuer geworden. Was wärebei dieser Lage das Schicksal der armen Leute gewesen? Niemandscheint sich darüber Sorgen zu machen. Man muss sich um das Wohlder Armen kümmern, ihr Leiden erleichtern und der Nation ein Ideal vor-halten. Dienen ist nur dann sinnvoll, wenn es für die Armen und Not-leidenden geschieht. Heutzutage sorgen sich weder die Ärzte noch diePolitiker noch das dafür zuständige Ministerium um das Wohlergehender Armen.Wird ein Krankenhaus für 100 Millionen Rupien gebaut, wird ein Profitvon einer Milliarde erwartet. Anstatt Freundlichkeit zeigen sie Ge-schäftsinteresse. Daher rührt die jämmerliche Lage der Armen.In den letzten drei bis vier Tagen sind in diesem Krankenhaus vieleHerzoperationen durchgeführt worden. Wer sind die Patienten? Einerist Zimmermann, ein anderer Wäscher. Viele solcher Patienten, diewirtschaftlich gesehen zurückgeblieben sind, werden hier behandelt.In dieser kurzen Zeitspanne sind fünfzig Herzoperationen durchgeführtworden! Es bereitet enorme Freude, ihre glücklichen Gesichter zu se-hen. Welchen Nutzen hat die medizinische Wissenschaft, wenn sienicht den Armen und Bedürftigen Gesundheit und Glück bringt? Heut-zutage denken die Gebildeten nicht daran, den Armen und VerlassenenAufmerksamkeit zu schenken. Dieses Krankenhaus ist dem Wohl derArmen geweiht. Ich bin nur dann glücklich, wenn den Armen gedientwird. Ich habe mein ganzes Leben der Erhebung armer und unter-drückter Menschen geweiht. In Zukunft werden hier sogar hoch kom-plizierte Operationen wie Herz- und Lungentransplantationen stattfin-den. Man mag reich und tugendhaft sein, aber ohne gute Gesundheit

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kann man kein glückliches Leben führen. Der verstorbene ehemaligeMinisterpräsident Patel von Karnataka half uns sehr bei diesem Projekt.Der jetzige Ministerpräsident Krishna hat uns auch schon viel geholfen.Viele edle Menschen aus Karnataka haben sich ebenfalls diesem Pro-jekt angeschlossen. So sind wir entschlossen, die Menschen von Kar-nataka glücklich zu machen.Krankheit kennt keine Unterschiede; sie kann jeden befallen, den Ar-men wie den Millionär. Auch wir machen keine solchen Unterschiede.Hier wird die Behandlung völlig kostenfrei angeboten, sowohl den Rei-chen als auch den Armen. Nicht nur das, sondern auch das Essen istgratis. Unser Ziel ist es, die Patienten von ihren Krankheiten zu heilenund sie glücklich und gesund nach Hause zu schicken. Diese Einrich-tung wird den Armen für immer dienen. Manche sind der falschen Auf-fassung, dass dies nur zeitweise dauern kann. Alle Institutionen, dieSai gegründet hat, sind für ewig.Neulich unterzog sich der Wäscher Gulbarga einer Herzoperation in un-serem Krankenhaus. Als er mich sah, kannte seine Freude keine Gren-zen. Er sagte: “Oh Swami, du bist unser Gott; ich habe mich in deinemKrankenhaus am Herzen operieren lassen.“ Eine Herzoperation kostetviel Geld. Schon für die Aufnahme in anderen Krankenhäusern mussman Tausende von Rupien bezahlen. Der arme Wäscher hat nicht ein-mal einen Bruchteil des erforderlichen Betrages. Auf dieser Welt gibtes viele Menschen, die im Überfluss leben, aber wie viele von ihnenzeigen Mitgefühl für die Armen? Sie reden von vielen Dingen, aber set-zen sie etwas davon in die Tat um? Gibt es irgendeinen Reichen, dernur den tausendsten Teil von dem tut, was Sai tut? Wir geben Millionenvon Rupien aus, um den Dorfbewohnern Trinkwasser zu liefern, um ko-stenfreie medizinische Behandlung zu ermöglichen und kostenloseAusbildung zu geben. Doch einige Leute sind neidisch geworden undergehen sich in der Verbreitung falscher Propaganda. Die Zunge be-steht nicht aus Knochen, so verdrehen die Leute sie in der gewünschtenWeise. Lasst uns sehen, ob die, die sich in der Verleumdung ergehen,bereit sind, Hungrige zu speisen und das Leiden der Armen zu erleich-tern. Tatsächlich ist es so, dass diese Leute ihre Hunde auf die Bettlerhetzen, die an ihre Tür kommen und um Almosen bitten. In der heutigenZeit sind alle Bereiche, sei es Erziehung und Ausbildung, Medizin, Mu-sik, Literatur usw., nur auf Geschäftemacherei ausgerichtet.

Verkörperungen der Liebe, liebe Ärzte! Füllt eure Herzen mit Mitgefühlund dient den Armen und Notleidenden. Seid nicht hartherzig und nichtgewinnsüchtig. Wenn die Stunde der Abrechnung kommt, werdet ihr

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dann den angehäuften Reichtum mitnehmen können? Nein. Dient denArmen in Liebe. Das allein kann euch erlösen. Dienst an den Armenist Dienst für Gott. Opfert euer Leben für die Sache der Armen. Dienstan den Armen ist mein einziger Leitspruch. Ich habe keine anderenWünsche. Ich bin bereit, selbst mein Leben zu opfern, um den Armenzu dienen. Tut wenigstens den tausendsten Teil von dem, was Swamitut. Welchen Nutzen hat das menschliche Leben, wenn man es nichtim Dienst für die Armen verbringt?

Weder durch Bussübungen noch durch Pilgerfahrtennoch durch das Studium der Schriften

noch durch Rezitieren der Namen Gottes,eines Mantras oder Gebets

kann man den Ozean des Lebens überqueren.Man kann das nur erreichen, wenn man den Armen dient.

(Vers in Sanskrit)

Es ist euer gutes Glück, dass ihr Ärzte geworden seid. Aufopferung istdas Charaktermerkmal eines wahren Arztes. Darum sollten die ÄrzteOpfergeist haben. Sie sollten mitleidsvoll und rücksichtsvoll den Armengegenüber sein. Es gibt viele arme Menschen, die ihr Leben verlieren,weil sie sich keine kostspielige Behandlung leisten können. Nur eureLiebe kann ihr Leben erhalten. Je mehr ihr in euch den Opfergeist ent-wickelt, desto grösser wird der Fortschritt der Welt sein. Krankenhäusersind dazu da, den Armen zu dienen und nicht dazu, Geld zu verdienen.Was liegt daran, Millionen von Rupien zu verdienen, wenn man amEnde die Welt mit leeren Händen verlassen muss? Darum verwendetall eure Einnahmen zum Wohl der Armen. Weiht euer Leben demDienst an euren Mitmenschen.Vor der Errichtung dieses Krankenhauses hatten Grund und Boden hierkeinen hohen Wert. Aber nachdem das Krankenhaus gebaut wordenwar, ist hier auch der Wert des Bodens gestiegen. Jetzt entstehen vieleneue Gebäude. Welchen Nutzen hat man davon, wenn man nur amGewinn interessiert ist? Man sollte ihn zum Nutzen der Armen verwen-den. Euer Glück wird sich vervielfältigen, wenn ihr wenigstens einenarmen Menschen glücklich machen könnt. Helft immer, verletzt nie-mals! Nötigt den Armen kein Geld ab. Setzt sie nicht dem Leiden auswegen eurer Geldgier. Denkt daran, es ist nicht das Geld, das ihr ihnenentreisst, sondern ihr Leben. Führt ein Leben, das von Liebe, Mitgefühlund Opferwille durchdrungen ist. Allein Opfer kann zu Umwandlung desMenschen, zur Reinigung aller Ebenen des Körpers und des Geistes

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führen. Wir machen keine Unterscheidungen in Kaste, Glaubensbe-kenntnis und Nationalität. Wir bieten jedem kostenlose Behandlung an.Wir sind entschlossen, unentgeltliche Behandlung anzubieten, kommewas mag, selbst wenn wir Darlehen aufnehmen müssten. Wir sind be-reit, jeden Geldbetrag aufzubringen; der Schutz des Lebens der Pati-enten ist unser Hauptziel. Ihr alle, besonders die Ärzte, solltet dieseLektion lernen. Meidet die Gier nach Geld, entwickelt Liebe und Op-fergeist. Dann wird das Geld automatisch zu euch kommen.

Verkörperungen der Liebe! Medizin kann von sich aus keine Krankhei-ten heilen; es ist die göttliche Gnade, die heilt. Nur Opfer kann die Gna-de Gottes gewinnen. Seid nicht zufrieden damit, nur euren eigenenBauch zu füllen, sondern versucht, auch den Hunger der anderen zustillen. Unternehmt solche Aktivitäten, die den Armen nützen. DasKrankenhaus steht nicht nur da für architektonische Schönheit. Schön-heit hat keinen Wert, wenn keine Glückseligkeit da ist. Ihr könnt Glück-seligkeit nur erfahren, wenn ihr den Armen Freude bereitet. Die Armenleiden, weil sie es sich nicht leisten können, Medizin zu kaufen. Wir wer-den jede erforderliche Medizin kostenlos abgeben. Unternehmt jedeAnstrengung, alle glücklich zu machen. Da sich heute unser Programmschon verspätet hat, habe ich nicht genug Zeit, weitere Einzelheitenmitzuteilen. Entwickelt die spirituelle Sichtweise, behandelt die Patien-ten mit Liebe und Sorgfalt und macht sie glücklich und gesund. OhneGottes Gnade kann nicht einmal der Puls schlagen. Ihr habt die falscheAuffassung, dass nichts als Medizin Krankheiten heilt. Wenn das derFall wäre, was geschah dann mit all jenen Königen und reichen Men-schen, denen die bestmögliche medizinische Behandlung zuteil wur-de? Ausser der Medizin sollte der Mensch auch Gottes Gnade haben.Medizin und göttliche Gnade sind wie der negative und der positive Pol.Krankheiten können nur geheilt werden, wenn diese beiden zusam-menkommen. Darum sollte der Mensch mit der Einnahme von Medizinauch um Gottes Gnade beten. Ohne Gottes Gnade kann der mensch-liche Körper nicht erhalten werden. Der menschliche Körper ist höchstwunderbar und geheimnisvoll. Wer ist verantwortlich für den Puls-schlag? Wer lässt das Herz Blut pumpen? All das geschieht aufgrunddes göttlichen Willens. Die göttliche Kraft ist verantwortlich für dasWachstum des Körpers. Es liegt kein Sinn darin, nur den Körper zu näh-ren und ihn zu erhalten, wenn er nicht zum Dienst für die Armen genutztwird. Dieses Krankenhaus wird zweifellos eine aussergewöhnlicheStellung einnehmen. Ihr werdet es heute noch nicht verstehen, aberihr werdet es in der Zukunft erkennen. Menschen aus allen Teilen der

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Welt werden zur Behandlung hierher kommen. Dieses Krankenhaushat solch göttliches Wirkungsvermögen. Geht nicht auf üble Spekula-tionen über dieses Krankenhaus ein. Damals, als das Super Speciality-Hospital errichtet wurde, hatten die Menschen bezüglich seiner Funk-tion ihre Zweifel. Jetzt findet ihr in keinem Dorf um Puttaparthi einenHerzkranken. Nicht einmal kleine Kinder haben Angst, sich hier in un-serem Hospital einer Herzoperation zu unterziehen. Ebenso sollten wirdafür sorgen, dass niemand im Staate Karnataka an Herzkrankheitenzu leiden hat.Dorfbewohner, die unter Herzbeschwerden leiden, sollten zur Behand-lung hierher gebracht werden. Jeder kann zur Behandlung hierher kom-men. Wir haben keinerlei Einwände. Jedermann hat das gleiche Recht,hier behandelt zu werden.Unser Premierminister Vajpayi nahm grosse Mühen auf sich, hierherzu kommen. Führer wie er sind wichtig für die Welt. Er ist ein Führer,der edle Unternehmungen wie dies hier unterstützt und fördert. Mini-ster, die bei guten Angelegenheiten mitwirken, sind für den Fortschrittder Nation dringend nötig. Sie sollten edle Gefühle und Liebe zu Gotthaben, um göttliche Gnade zu erlangen. Es gibt nichts, das man nichterreichen kann, wenn man die göttliche Gnade hat. Mögen alle Weltenglücklich sein! Das ist mein Wunsch. Ich bin bereit, alles dafür zu tun.Ich bin bereit, selbst mein Leben für das Wohl der Menschheit zu opfern.Welchen Sinn hat das Leben, wenn man nicht das Wohl der Menschheitanstrebt? Ich wünsche den anderen immer das Gute. Meine Gefühlesind immer rein und heilig. Wenn eure Gefühle und Absichten edel sind,braucht ihr euch keine Sorgen wegen des Geldes zu machen; es wirdeuch an die Türschwelle gebracht werden.

Verkörperungen der Liebe! Wir haben euch dadurch, dass wir euch solange Zeit haben warten lassen, Unannehmlichkeiten bereitet. Ihr seidalle sehr müde, weil ihr hier geduldig drei bis vier Stunden habt sitzenmüssen. Nachdem ihr nun an dieser Veranstaltung teilgenommen habt,möge sich der Opfergeist in euch entwickeln und mögt ihr eure Zeit,euren Reichtum und eure Kraft dem Dienst für die Armen widmen. Dasist es, was ich von euch wünsche. Ich erbitte nichts von irgendjeman-dem.Helft den Armen in jeder möglichen Weise. Nährt die Hungrigen. Nah-rung ist Gott. Verschwendet keine Nahrung. Verschwendet kein Geld.Geld verursacht viel Unrecht. Missbrauch des Geldes ist von Übel. DerReiche verschwendet seinen Reichtum mit Trinken und Spielen. Geldsollte in der richtigen Weise gebraucht werden. Man sollte es nicht aus-

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geben wie es einem gefällt. Verschwendet keine Energie und ver-schwendet keine Zeit. Dies sind die vier wichtigen Grundsätze, an de-nen der Mensch festhalten sollte. Verschwendete Zeit ist verschwen-detes Leben. Anstatt die Zeit mit eitlem Geschwätz zu verbringen, nutztsie dazu, der Gesellschaft zu dienen. Helft jedem soweit wie möglich.Das ist es, was ich von euch erwarte. Kommt und betrachtet selbst dasWerk, das hier im Geist des Opfers getan wird und erlebt die Glückse-ligkeit. Hier seht ihr die Armen mit glücklichen und frohen Gesichtern.Ihr müsst euch darum kümmern, dass die Armen ein gesundes undglückliches Leben führen. Das sollte euer Lebensziel sein. Anderen zuhelfen ist verdienstvoll; andere zu verletzen ist Sünde. Ich segne euchalle, damit ihr das Verdienst erringen mögt, die Armen glücklich zu se-hen.

(Ansprache in Whitefield, Bangalore, zur Eröffnung des SSSIHMS)

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21. Februar

Die Vision des Göttlichen Selbst (Atman)

Jemand mag alle Veden und Schriften auswendig rezitieren können,oder kunstvolle Dichtung und Prosa melodisch singen,wenn das Herz nicht rein ist, ist er zum Ruin verurteilt.

Sais Wort ist wahrhaftig die Wahrheit.

Verkörperungen der Liebe! Egal, wie viel weltliche Bildung jemand er-langt haben mag, wenn sein Herz nicht rein ist, kann er das Atman-Prin-zip nicht verstehen. Auch wenn jemand ein Gelehrter der heiligenSchriften und ein Experte in Sprachen und Literatur ist, wenn er seineAugen im Schlaf schliesst, kann er seinen Körper nicht sehen. Auchwenn jemand nichts weiss und nicht gelehrt ist, kann er seinen Körperund seine Umgebung sehen, wenn er seine Augen öffnet. Wie dieAsche das Feuer bedeckt, so ist die Sicht des Menschen durch vieleArten der Täuschung und Illusion verdeckt und er ist nicht fähig, seineigenes wahres Wesen zu erkennen.Der Mensch sollte die nahe, innige Beziehung zwischen Mensch undGöttlichkeit erfassen. Auch im Bereich des spirituellen Wissens kannder Mensch jede Anzahl von Kräften unter seine Kontrolle bringen,wenn sein Herz rein ist und er die Göttlichkeit erkennt. Spirituelle Dis-ziplin besteht nicht allein darin, zu meditieren, den Gottesnamen zu wie-derholen, Rituale und gute Aktivitäten durchzuführen. Wahre spirituelleDisziplin liegt darin, den Schleier der Täuschung zu beseitigen, der dieAntahkarana, das inneren Instrument bedeckt. Es heisst: "Derjenige istein Narr, der sehen kann und doch seine Wirklichkeit nicht erkennt."Oh Mensch, wie töricht ist es, zu glauben, du hättest Gott nicht gesehen,obwohl er sich vor dir in Gestalt der Welt manifestiert. Gibt es eine grös-sere Torheit?Wenn man die Asche von den glühenden Kohlen wegbläst, kann mandas Feuer sehen. Wenn man das Moos, welches das Wasser bedeckt,beseitigt, kann man das reine Wasser sehen. Wenn man den grauenStar, der die Sicht vernebelt, beseitigt, kann man die Welt klar sehen.Solange der Geist von Täuschung und Illusion getrübt ist, sieht manseinen Körper, seine Empfindungen, seine Welt und seine Schwierig-keiten. Wenn ein Mensch die Täuschung überwindet, existiert für ihn

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die Dualität der Welt nicht mehr. Er sieht überall nur noch die Göttlich-keit.Heutzutage will der Mensch die Göttlichkeit mit seinen Gedanken undGefühlen erkennen. Wenn ihr die Göttlichkeit schauen wollt, müsst ihrdas Prinzip von Atman oder dem Ich erkennen. Beide sind formlos. So-lange ihr an die Form gebunden seid, könnt ihr nicht verstehen, wasAtman bedeutet. Jedermann benutzt das Wort Ich. Dieses Ich ist At-man, das Göttliche Selbst, und dieses Göttliche Selbst ist grenzenlos.

Es gibt drei Arten ätherischer Dimensionen. Die Welt, das Gewordene,die fünf Elemente (Bhutakasha), die feine Bewusstseinssubstanz (Cit-takasha) und der Bereich des alldurchdringenden absoluten Bewusst-seins (Cidakasha).Die Welt und die fünf Elemente werden von der feinen Bewusstseins-substanz umschlungen und diese Bewusstseinssubstanz wird vom all-durchdringenden absoluten Bewusstseins umschlungen.Die Welt, die aus den fünf Elementen besteht, umfasst die Erde, dieSonne, den Mond, die Sterne und ist sehr gewaltig.Die Sonne ist viel grösser als die Erde, aber weil sie 150 Millionen Ki-lometer weit weg ist, erscheint sie klein. Der Umfang der Sonne beträgtmehr als 4 Millionen Kilometer. Sogar diese grosse Sonne ist Teil dermanifestierten Welt (Bhutakasha). Die Sterne sind viel grösser als dieSonne, aber weil sie so weit entfernt sind, erscheinen sie wie winzigeDiamanten, die den Himmel schmücken. Wenn ihr eure Augenlider öff-net und schliesst, legt das Licht in dieser einen Sekunde eine Entfer-nung von 300.000 Kilometern zurück. Trotz dieser Lichtgeschwindig-keit hat das Licht einiger Sterne die Erde noch nicht erreicht, weil sieso weit von der Erde entfernt sind.Grösser als die manifestierte Welt (Bhutakasha) ist die Bewusstseins-substanz (Cittakasha). Alle Sterne, die Sonne, der Mond, die Hügel,Meere, Wälder etc. sind in subtiler Form in dieser Bewusstseinssub-stanz enthalten. Aus diesem Grund ist die Bewusstseinssubstanz (Cit-takasha) viele Male grösser als die manifestierte Welt. Alles ist in dieserBewusstseinssubstanz enthalten.Ihr glaubt, die Sonne selbst gäbe jedem ihr Licht, aber die Sonne erhältihr Licht aus Atman, der allem innewohnenden Göttlichkeit. Deshalb istAtman grösser als alles andere. Die Weite Atmans ist unbeschränkt.

In dieser Welt gibt es viele Formen; jede einzelne Form besteht ausAtomen, aus Kombinationen von Atomen. Sogar die fünf Elemente be-

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stehen aus Atomen. Aber Atman, das Göttliche Selbst, besteht nichtaus Atomen, da es formlos ist.Was bedeutet es dann, den Atman, das Göttliche Selbst zu schauen?Es ist die Schau des alldurchdringenden Lichts. In jeder Zelle, in jedemAtom des Menschen ist Atman gegenwärtig. Um das zu verstehen,müsst ihr die Form transzendieren. Ihr beginnt mit der Form und ver-sucht, die Form aufzulösen. Alle Dinge in diesem Universum habeneine Form, aber im Lauf der Zeit verlieren sie ihre Form und gehen indie Kausalform, in Atman, ein. In dieser Dimension gibt es keine Form.So versucht auch der Mensch, seine Form aufzulösen und in Atmaneinzugehen. Alle Handlungen, die ihr in Verbindung mit der Form durch-führt, sind der äussere Weg und stehen mit dem Weltlichen in Verbin-dung. Die Bewusstseinssubstanz bezieht sich auf Empfindungen, dieaus dem Inneren kommen. Alles in der Welt sind Formen und Kombi-nationen von Atomen. Diese Atome werden in die Kausalform einge-hen. Alles, was ihr in der Welt seht, diese ganze Welt, hat eine Form.Atman hingegen ist eigenschaftslos, ewig, makellos und formlos. Wiekönnte man dem formlosen Atman eine Form zuschreiben? Glückse-ligkeit hat keine Form. Die formlose Glückseligkeit ist euer Atman.

Viele Weise der alten Zeiten versuchten auf verschiedene Weise, dasWesen Atmans zu erkennen. Schliesslich verkündeten sie der Welt:"Ich kenne das höchste Wesen, das mit der Leuchtkraft der Sonnescheint und das jenseits der Dunkelheit der Unwissenheit liegt." O ihrMenschen, ihr nehmt viele Schwierigkeiten auf euch, um Atman zu er-kennen. Sogar die Veden haben eine Form, aber das Atman-Prinziphat weder Name noch Form. Es leuchtet aus sich selbst. Es ist überallzu schauen. Um Atman zu schauen, braucht ihr euch nicht in die Wälderzurückzuziehen, braucht keine Askese oder spirituelle Disziplin zu tun.Wenn ihr die Dunkelheit der Unwissenheit beseitigt, die das Innere ver-deckt, wird Atman manifest. Die Veden nennen das spirituelle Disziplin.Spirituelle Disziplin bedeutet, den Schmutz zu beseitigen, der die in-nere Antriebskraft, die Antahkarana verdeckt.Die Göttlichkeit im Menschen ist heilig. Ihr weist der Göttlichkeit Namenund Formen zu. Ihr versucht, sie durch Rituale wie das Lesen heiligerTexte etc. wahrzunehmen und seid deswegen Frustration, Depressionund Sorgen ausgesetzt. Ihr solltet als Erstes die Göttlichkeit, die in derWelt verborgen liegt, erkennen. Wenn der Mensch noch nicht einmaldas Wesen des Menschseins erfassen kann, wie will er dann die Gött-lichkeit verwirklichen? Als Erstes sollte jeder Mensch verstehen, wasMenschsein bedeutet. Nur wenn ihr die Ebene der Welt versteht, könnt

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ihr die Bewusstseinssubstanz erfassen. Die Welt ist wie ein kleinerStern am Himmel der Bewusstseinssubstanz, dasselbe gilt für die Be-wusstseinssubstanz im Vergleich zum absoluten Bewusstsein. Das ab-solute Bewusstsein ist identisch mit Atman, dem Göttlichen Selbst.Nichts geht darüber hinaus.Um den formlosen Atman zu erkennen, müsst ihr die Form transzen-dieren. Zu Anfang meditiert ihr über eine bestimmte Form, aber wennihr nach und nach über die Form hinausgeht, könnt ihr die Göttlichkeitverwirklichen. Deshalb solltet ihr die Form überwinden. In Verbindungmit der Form seid ihr Freude und Leid ausgesetzt. Das Wesen Atmansist Formlosigkeit.Wann könnt ihr dieses Formlose erfahren? Ihr könnt es im Tiefschlaferfahren, wo weder Name noch Form existieren. In diesem Zustandwird auch das Individuum formlos. In diesem Zustand sind die weltli-chen Gefühle nicht mehr gegenwärtig.Der wahre Zustand des absoluten Bewusstsein besteht darin, zu ver-suchen, euer eigenes Wesen zu verwirklichen. Solange ihr euch an dasWeltliche haltet, identifiziert ihr euch mit der Form. Wie gebildet einMensch auch sein mag, wie viel Wissen er auch erwirbt, er ist unfähig,das Wesen der manifestierten Welt (Bhutakasha) und die Bewusst-seinssubstanz (Cittakasha) zu erkennen. Er will damit nichts zu tun ha-ben und sagt: "Wir brauchen diese ganze vedantische Philosophienicht." Aber es ist nicht nur vedantische Philosophie; es sind ewigeWahrheiten, die ihr für euer tägliches Leben kennen und umsetzen soll-tet.Was ist diese manifestierte Welt? Ist es euer Dorf, eure Stadt, eure Er-fahrungen? Die Erfahrungen, die in euch liegen, sind überall in dieserWelt zu finden. In dieser Welt gibt es viele Lebewesen, aber die Wahr-heit im Menschen, das zugrunde liegende Atman-Prinzip, ist eins.

Ein kleines Kind benutzt das Wort "Ich", wenn es sich vorstellt; es be-nutzt dasselbe Wort Ich in der Jugendzeit und im Alter. Die Stadien vonKindheit, Jugend und Alter wandeln sich, nicht aber dieses Ich. DiesesIch ist ohne Wandel. Dieses veränderungslose Ich ist Atman, das Gött-liche Selbst. Das Wort Ich ist ein Ausdruck für Atman. Obwohl dieseGöttlichkeit im Menschen ist, rennt er körperlichen, weltlichen, vergäng-lichen Freuden hinterher. Dies sind die Ziele des äusseren Wegs. Aberdas Wesen Atmans steht mit dem inneren Weg in Verbindung. Dieserinnere Weg ist ohne Bewegung und Aktivität . Weil der Mensch die Zieledes äusseren Wegs verfolgt, ist er unfähig, sich selbst zu erkennen.

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Alles, was ihr seht, ist die Manifestation Gottes. Diese Halle hier ist eineForm Gottes, die Menschen in ihr sind Formen Gottes. In der Tat, ihrselbst seid Gott. Obwohl ihr in dieser Weise überall Gott seht, müht ihreuch ab und denkt: "Ich muss Gott schauen, ich muss Gott schauen!"Sind diese Formen nicht Gott? Ihr seht, aber ihr leugnet es - wie töricht!Ihr seht alle Formen, ihr seht Atman, das Ich, in allen Formen. Obwohlihr all das seht, denkt ihr immer noch: "Ich will Gott sehen."Ein kleines Beispiel hierzu. Ihr alle kennt unseren Elefanten Sai Gita.Sobald die Studenten in unserem Studentenwohnheim morgens auf-stehen, sehen sie Sai Gita; es liegt nichts besonders Aufregendes dar-in. Aber wenn wir in den Bandipur Wildpark gehen und nur den Schwanzeines Elefanten sehen, sind sie freudig überrascht. Wenn ihr die grosseForm direkt seht, seid ihr nicht überrascht, obwohl es das gleiche ist.Wenn ihr viele Leute seht (die Gott sind), wundert ihr euch nicht, aberwenn ein Mensch mit drei Köpfen vor euch auftaucht ruft ihr aus: "Welchein Wunder! Ich habe die kosmische Form gesehen!"Ihr solltet das wahre Selbst sehen, das in der ganzen Schöpfung ge-genwärtig ist. Aus diesem Grund sagt die Bhagavadgita: "Der ewigeAtman in allen Wesen ist ein Teil von mir." Mein Funke ist in jedem.Du und ich sind nicht voneinander verschieden. Beide sind eins. Wennihr diese Wahrheit erkennt, warum sollte dann der Wunsch in euch ent-stehen, nach Gott zu suchen?Alles, was ihr seht, ist die kosmische Form Gottes. Alles sind FormenGottes. Form ist das Wesen des äusseren Wegs, und die Ursache vonTäuschung. Was ist Täuschung (maya)? Maya lässt euch das verges-sen, was wirklich da ist. Maya hat keine gesonderte Form. Wenn ihrzum Beispiel abends zum Markt geht und ein Seil auf eurem Weg liegt,werdet ihr ängstlich und haltet das Seil für eine Schlange. Wie entstehtdiese Angst? Die Angst rührt daher, dass ihr tatsächlich ein Seil sehtund es für eine Schlange haltet. Wenn ihr später eine Taschenlampenehmt und anknipst, erkennt ihr, dass es ein Seil ist und keine Schlan-ge, und eure Angst verschwindet. Das ist Täuschung, Illusion. Es istTäuschung, eine Sache zu sehen und sie für eine andere zu halten.Wenn ihr diese Wahrheit erkennt, lasst ihr euch nicht mehr täuschen.In weltlichen Angelegenheiten verwendet ihr verschiedene Worte, auf-grund ihres Einflusses vergesst ihr euer wahres Wesen. Heutzutageverstärkt sich in der ganzen Weit der Einfluss weltlicher Dinge und euerwahres Wesen ist nicht mehr zu finden. Wenn ihr euer wahres Wesenkennt und euch strikt daran haltet, bleibt kein Platz mehr für Täuschungoder Angst. Wenn ihr selbst alles seid und es kein Anderes gibt, wobleibt dann der Raum für Angst?

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Einst kam ein Schauspieler zum Hof des Königs und gab Vorstellungen.An ersten Tag verkleidete er sich als Adi Shankaracarya, den grosserPhilosophen, der die Lehre der Nicht-Dualität (advaita) vertrat. Die Mi-nister des Königs, die Könige der Nachbarreiche und die Untertanenwaren dort versammelt. Er begann, wunderbare Verse zu rezitieren.

“Mutter und Vater, Verwandte und Freunde,Reichtum und Heim sind vergänglich. Habt acht, habt acht!

Geburt, Alter und weltliches Leben, immer wieder geboren werden,dies alles ist voller Leid. Am Ende wartet schreckliches Leid.

Seid euch dieser Wahrheit bewusst!”

Der König war sehr überrascht und voller Freude. Er glaubte, AdiShankaracarya selbst sei gekommen. Nach Ende der Vorstellung riefder König einen Minister herbei und liess ein Tablett voller Goldmünzenbringen. Der Schauspieler lehnte es ab mit den Worten: "Oh König! Ichbrauche dies nicht. Ich habe allem entsagt, alles zurückgelassen unddie Kleider eines Mönchs angelegt. Was soll ich mit diesen Münzen?Nimm sie hinweg."Am nächsten Tag kam derselbe Schauspieler im Kostüm eines Tän-zers, gab eine grossartige Tanzvorführung und erfreute jeden. Als einpaar Goldmünzen auf einem Tablett gebracht wurden, sagte der Tän-zer: "O König, diese Bezahlung reicht nicht aus!" Überrascht erinnerteihn der König: "Gestern, als ich so viele Münzen bringen liess, lehntestdu sie ab, aber heute forderst du mehr. Was ist der Grund dafür?" Der"Tänzer" antwortete: "O König, ein Schauspieler kann nur dann Nameund Ruhm bewahren, wenn sein Verhalten seinem Kostüm entspricht.Gestern spielte ich die Rolle eines Entsagenden und verschmähte des-halb Geld. Heute bin ich ein Tänzer und erwarte deshalb reichlichenLohn!"Obwohl der Mensch heute das Kostüm des Menschen trägt, verhält ersich nicht entsprechend und vergisst seine Menschlichkeit. Ihr müsstdem Menschsein die rechte Achtung erweisen; das ist wahre Achtung.Wenn ihr nicht einmal euch selbst achten könnt, wen werdet ihr dannachten können? Ihr seid als Menschen geboren und müsst euch des-halb wie Menschen verhalten und die Selbstachtung schützen. Selbst-achtung ist sehr wichtig.Ihr alte kennt Lincolns Geschichte. Er wurde in einer sehr armen Familiegeboren, aber seine Mutter zog ihn mit viel Sorgfalt und Liebe auf. Inder Schule waren reiche Kinder, die ihn aufgrund seiner Kleidung undArmut verspotteten und ihn "armer, nutzloser, schmutziger Junge" usw.

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nannten." Er ging nach Hause und sagte zu seiner Mutter: "Mutter, sietragen alle kostbare Kleider, die ich nicht besitze. Deshalb halten siemich für arm und glauben, ich sei ein nutzloser Kerl." Die Worte der Mut-ter entsprechen bis zum heutigen Tag dem Satz: "Ihr seid Kinder derUnsterblichkeit." Sie erwiderte: "Sohn, du musst unsere Lage verste-hen. Wir sind nicht in ihrer Lage und müssen die Achtung, die unsererLage entspricht, bewahren. Selbstachtung ist die grösste Zierde. Sohn,lass sie denken, was sie wollen. Bewahre Schweigen und schütze dei-ne Selbstachtung."Dieser Lehre, die seine Mutter ihm gab, folgte Lincoln sein ganzes Le-ben lang. Seine Mutter starb und sein Vater heiratete ein zweites Mal.Auch sie war sehr gut und sagte zu ihm: "Lincoln, mein Lieber! Du be-mühst dich hart darum, deine Selbstachtung zu bewahren. Deine Ach-tung wird dich beschützen. Verliere sie nie. Achte die Worte deiner Mut-ter." Nach einiger Zeit starb auch sein Vater. Lincoln war zu diesemZeitpunkt sechzehn Jahre alt. Er empfand, dass er nicht mehr zu Hausebleiben sollte, verkaufte Zeitungen und begann einen kleinen Handel.Auch dabei war ihm seine Selbstachtung überaus wichtig.Weil seine Freunde ihn für einen grossen guten Menschen hielten, er-munterten sie ihn, sich für die Wahlen aufstellen zu lassen. Bei einergrossen Wahl in Amerika kandidierte er und gewann aufgrund der Er-mutigung seiner Freunde. Er wurde, obwohl er noch jung war, bei dieserWahl als guter Mensch gewürdigt und wurde Präsident von Amerika.Was ist der Grund dafür, dass Lincoln, der in einer armen Familie ge-boren war, der grosse Präsident von Amerika wurde? Selbstvertrauenund Selbstachtung. Wahrer Reichtum besteht darin, seine Selbstach-tung zu bewahren. Darin liegt wahres Wissen.

Schüler, Studenten! Ihr müsst eure Selbstachtung bewahren. Wenn ihrSelbstachtung habt, könnt ihr die Glückseligkeit des Selbst erlangen.Als Erstes müsst ihr Atman recht verstehen. Euer Ich ist Atman. DiesesWissen müsst ihr festigen. Auf dieser Grundlage sagen die Veden: "Ichbin Brahman, das zugrunde liegende Göttliche.” Dessen Wesen müsstihr erkennen.Aber aus meiner Sicht ist noch nicht einmal das richtig. Ich bin Gott,bedeutet Dualität, denn es beinhaltet, dass zwei verschiedene Dingezusammengekommen sind, nicht wahr? Wahrheit ist eins, nicht zwei.Deshalb heisst es, was dual ist, kann nicht die Wahrheit sein. Deshalbsollte jeder Mensch das Einheitsprinzip annehmen, Einheit praktizierenund daran glauben. Durch diese Einheit wird euer Leben geheiligt.

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Benutzt bei jeder einzelnen Angelegenheit die Kraft Atmans, des Gött-lichen Selbst. Es gibt keine grössere Kraft als die atmische Kraft. DieseKraft gibt euch allen Reichtum, alle Qualitäten, alle Heiligkeit. Deshalbmüsst ihr mit Selbstachtung leben.

Heute ist der überaus heilige Tag Shivaratri. Was ist der Unterschiedzwischen dieser Nacht und allen anderen Nächten? Warum ist dieseNacht segenbringend?Der menschliche Geist hat sechzehn Aspekte; fünfzehn dieser Aspektesind heute bereits geschmolzen, so dass nur ein Aspekt verbleibt.Wenn ihr diese Nacht in rechter Weise nutzt, kann auch dieser eineAspekt schmelzen. Macht guten Gebrauch von dieser heiligen Nacht.Was für eine Art spiritueller Disziplin solltet ihr tun? Reinigt euer Herzvon allem Schmutz, von schlechten Empfindungen und Gedanken. Alldiese schlechten Eigenschaften verdecken das innere Instrument, dieAntahkarana. All diese schlechten Eigenschaften entstehen durchMissbrauch der Sinne; dies ist die Ursache aller Sünden. Werft sie bei-seite, wenn sie zu euch kommen. Das ist die spirituelle Disziplin, dieihr tun solltet. Wenn ihr Rituale vollbringt oder die Augen schliesst undüber Gott meditiert, wird Gott nicht kommen. Stattdessen solltet ihr rei-ne, heilige Empfindungen in euch stärken und entfalten. In euch solltennur göttliche, und keine anderen Empfindungen Eingang finden. Be-trachtet alle mit göttlichen Empfindungen. Respektiert jeden. Sagteuch: “Alle gehören zu mir, und ich gehöre zu allen.” Wenn ihr dieseÜberzeugung in euch entwickelt, wird euer Leben glücklich und ohneirgendeine Spur von Sorge sein. Diese Sorgen entstehen nur, weil ihrGefühle der Verschiedenheit entwickelt.Es war derselbe Mensch, der erst das Kostüm Adi Shankaracaryas unddann eines Tänzers anlegte, nicht wahr? In der Verkleidung des Tän-zers hatte er mehr Wünsche, in der Verkleidung als Adi Shankaracaryahatte er allem entsagt.

Welchen Stellenwert hat dieser Körper?Immer wieder Geburt, immer wieder Tod,

immer wieder im Mutterleib liegen -dieses weltliche Leben ist schreckliches Leid.

Sei gnädig, schütze mich, o Herr!

Einst ging Adi Shankaracarya mit vierzehn seiner Schüler zum Ganges,um zu baden. An den Ufern des Ganges wiederholte ein spiritueller As-pirant, ein Brahmane, die Regeln von Paninis Grammatik. Adi Shanka-

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racarya hiess seine Schüler zu warten, ging zu ihm und fragte ihn, waser da täte. Dieser erwiderte: "Ich lerne Paninis Grammatik." "Was ge-winnst du dadurch?" fragte Adi Shankaracarya. "Ich werde ein grosserGelehrter werden, mich dem Königshof anschliessen und als offiziellerGelehrter so viel Geld bekommen, wie ich will. Mit diesem Geld werdenich und meine Familie glücklich leben können." Adi Shankaracaryafragte: "Wie lange wirst du so leben?" - "Bis an mein Lebensende." -"Und was geschieht danach?" - "Ich weiss es nicht."Daraufhin rezitierte Adi Shankaracarya seinen berühmten Vers:

"O Tor, wiederhole den göttlichen Namen Govinda.Wenn die Stunde deines Todes herannaht,

werden die Regeln der Grammatik dich nicht retten.Du Tor, solange du lebst, kannst du all dies geniessen,

aber wer wird nach deinem Tod nach dir schauen?Singe stattdessen unablässig den Namen Gottes

und verschwende nicht deine Zeit,indem du dich mit dieser Grammatik abmühst."

All dieses Wissen und diese Bildung sind äusserlich. Sie helfen euchnur für eine gewisse Zeit. Wie lange währt diese Zeit der Jugend? Wannwird sie kommen, wann gehen? Baut nicht auf diese Jugend; bald wer-det ihr alt sein. Setzt euer Vertrauen in Gott. Entwickelt Selbstvertrauen.Selbstvertrauen ist nötig. Aus Selbstvertrauen entsteht Selbstzufrie-denheit, aus Selbstzufriedenheit Selbstaufgabe, und aus Selbstaufga-be entsteht Selbstverwirklichung. Benutzt bei jeder einzelnen Angele-genheit die Kraft Atmans. Es gibt keine grössere Kraft als die atmischeKraft. Diese Kraft gibt euch allen Reichtum, alle Qualitäten, alle Hei-ligkeit. Deshalb müsst ihr mit Selbstachtung leben.

Studenten! Jeder muss daher versuchen, Selbstachtung zu bewahren.Diese Selbstachtung wird euch überall hinbringen und die Welt selbstwird euch achten. Obwohl ihr diese Achtung erlangen könnt, handeltihr so, dass ihr eure Selbstachtung ruiniert. Was bedeutet das Selbst?Das Selbst ist Atman. Es ist das Ich. Dieses Ich wandelt sich nicht mitdem Alter. Es ist immer ewig und wahr. Dieses Ich ist göttlich.Ohne eine zugrunde liegende Basis gäbe es keine Manifestation. DieGrundlage für die Wellen im Meer ist das zugrunde liegende Wasser.Ohne Wasser gäbe es keine Wellen. Deshalb müsst ihr als Erstes dasWesen Atmans, der die Grundlage der Weit der Erscheinungen ist, ver-stehen. Alles in dieser Welt kommt und geht gleich vorüberziehenden

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Wolken. Gut und Böse, Lob und Tadel, Annahme und Ablehnung kom-men und gehen. Deshalb müsst ihr in allem das Wesen Atmans erken-nen, es ist nur das Gefühl das sich ändert.Ein kleines Beispiel. Im Körper ist die individuelle Seele und darin dashöchste Göttliche Selbst, Atman. Atman ist eins, und es ist unverän-derlich. Das Individuum mag sich verändern, auch der Körper verändertsich. Aus dem Baby wird ein Junge, aus dem Jungen ein Jugendlicher,aus dem Jugendlichen ein alter Mann. Die Form hat sich verändert,aber nicht ihr selbst, nicht der Atman in euch. Nur die Dinge verändernsich im Ablauf der Zeit.Wenn wir mit dem Zug reisen, erscheint es, wie wenn die Berge, Hügel,Bäume und Seen an uns vorbeizögen, und ein unwissendes Kind wirdüberrascht ausrufen-. "Schaut! Die Berge, Hügel und Bäume rennenvorbei!" Das ist eine Illusion. Manchmal erscheint es, wie wenn am Him-mel der Mond sich schnell bewegen würde, dabei bewegen sich in Wirk-lichkeit die Wolken um ihn. In dieser Weise sind es allein unsere Emp-findungen, die sich verändern, nicht aber Atman. Diese Wahrheit solltetihr vorrangig erkennen. Euer wahres Selbst bewegt sich nicht. Ihr seidewig und wahr. Ihr müsst deshalb euer Vertrauen in das ewige, wahreWesen Atmans setzen. In dieser Weise wird, egal, wie viele spirituelleDisziplinen ihr nicht praktiziert, das Ergebnis aller spiritueller Übungendurch euch erlangt werden.

Verkörperungen der Liebe! Heute ist ein sehr heiliger Tag. Heute Abendum 6 Uhr beginnt die segensreiche Zeit. Es ist zugleich die Zeit der Her-vorbringung des Atmalingas. Alles in uns ist golden. Deshalb wird ge-sagt: “Das innere Wesen des Menschen ist wahrhaftig wie Gold.” Gottwird "Hiranyagarbha" genannt. Aus diesem Hiranyagarbha, oder Gott,entsteht das goldene Linga, Hiranyagarbha. Es ist in jedem Menschengegenwärtig. Es ist euer Irrtum, zu glauben, diese Lingas kämen ausSwami allein hervor. Ihr alle seid ebenso Hiranyagarbha, oder Gott. Ihrseid wahrhaftig auch ewig und leuchtet aus euch selbst. Vergesst nie-mals dieses Prinzip und prägt diese Wahrheit sehr fest eurem Herzenein.In unseren Institutionen haben wir Bewusstseinsklassen eingeführt. Indiesen Bewusstheits-Kursen werden Werte wie Wahrheit, Rechtschaf-fenheit, Frieden, Liebe und Gewaltlosigkeit gelehrt. Bewusstheit be-deutet tatsächlich vollkommenes Verstehen. Ein wenig Wissen hier, einwenig Wissen da - das kann man nicht Bewusstheit nennen. Nur wennihr etwas völlig erforscht und es gänzlich kennt, könnt ihr von Bewusst-heit sprechen. Wenn ihr nur ein wenig vom Schwanz einer Ratte seht

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und dann behauptet, ihr hättet eine Ratte gesehen - entsteht so Be-wusstheit? Heute ist es so; ihr seht kleine Ausschnitte und Bruchstückeund sprecht schon von Bewusstheit. Bruchstückhaftes Wissen kannniemals Bewusstheit genannt werden. Der Mensch muss sein Wesenvollkommen erkennen. Der Mensch ist der Form nach ein Mensch, aberseine Empfindungen sollten seinem Wesen entsprechen. Was bringtes, der Form nach ein Mensch zu sein, aber sich wie ein Affe zu ver-halten? Ihr solltet euch immer wie ein Mitglied der Menschheit verhal-ten. Das müsst ihr heute lernen. Der Mensch ist die Verkörperung desMitgefühls. Ihr müsst deshalb ein Leben voller Mitgefühl führen und da-durch alles erreichen. Nur jemand mit Mitgefühl kann Mensch genanntwerden. Ihr benutzt heute das Wort Herz, aber tatsächlich verwandeltihr das Herz in einen Sitz dämonischer Qualitäten. Was immer ihr tut,ihr müsst darauf achten, dass ihr nicht zornig, eifersüchtig und Opferübermässiger Wünsche werdet.

Seht, wie viele Veränderungen heutzutage in der Natur geschehen.Was ist der Grund dafür? Die Ursache ist das unrechte Verhalten desMenschen. In Gujarat geschah ein Erdbeben. Hunderttausende kamendabei um. Wenn wir dorthin gehen, sehen wir, dass dort Menschenohne Mitgefühl sind. Wie kommt das? Der Mensch ist mit seinem Losnicht zufrieden. Er versucht, seine unmässigen Wünsche zu erfüllen.Die Erde wird aus Wunsch nach Öl und Benzin aufgebohrt. Auch dieErde muss im Gleichgewicht bleiben. Gott hat in jedem Aspekt seinerSchöpfung Gleichgewicht geschaffen. Auch im Meer sollte Gleichge-wicht herrschen. An einem Tag werden Abermillionen Fische aus denMeeren gefischt. Deshalb ist ein Ungleichgewicht im Meer entstanden,und die Menschen am Land leiden deswegen.

Was ist die Bedeutung von Erdbeben? Wenn das Beben in uns nach-lässt, nur dann wird das äussere Erdbeben aufhören. Das Beben imMenschen nimmt zu. Weil er alles ausplündert, entsteht ein Wandel imGlobus. Nicht nur Indien, alle Länder in der Welt sollten Gleichgewichtbewahren. Die fünf Elemente sind Formen des Göttlichen. Weil dieErde eine Form Gottes ist, wird sie seit alter Zeit als Göttin Erde, verehrt.Der Fluss Ganges, welcher der Erde entspringt, wird als Göttin Gangesangebetet. Sogar der Wind wird als Windgott verehrt. Alle fünf Elemen-te werden als göttlich angesehen, aber sie werden nicht als göttlich be-handelt und nicht in göttlicher Weise genutzt. Wenn ihr die fünf Ele-mente als göttlich betrachtet und nutzt, wird es euch wohlergehen undihr werdet sicher sein.

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Ich schickte kürzlich Lastwagen mit Reis, Mehl und anderen Dingennach Gujarat. Manche Menschen fragten mich: "Swami, warum gibstdu so viel Geld aus und bemühst dich so? Hättest du das Erdbebenabgewendet, wäre dieses Leid nicht geschehen." Ich antwortete: "Seht,der Mensch allein ist verantwortlich für dieses Erdbeben." Das Gleich-gewicht der Erde wird gestört. Nach all den Eingriffen, die man der Erdezugefügt hatte, geschah das Erdbeben, und auch die Erde zeigte einpervertiertes Verhalten. Das ist das Gesetz der Natur. Die Natur folgteihrem Gesetz. Auch ihr solltet eurem Gesetz, nämlich der Liebe desMenschen, folgen. Dehnt eure Liebe aus. Das entspricht eurem Wesen.Das Wesen der Erde ist Gleichgewicht. Aufgrund des Verlustes ihresGleichgewichts wurde die Erde erzürnt und zerstörte jeden.

Der Mensch muss die göttlichen Empfindungen in sich nähren. Jedermuss in seiner eigenen Situation sein Gleichgewicht bewahren und er-halten. Der Mensch glaubt, all die von Gott geschaffenen Dinge seiennur für seine Zwecke gedacht, plündert und raubt sie aus.Es gab einmal eine Ente, die legte jeden Tag ein goldenes Ei. Was tatder gierige Mensch damit? Er dachte bei sich: "Warum soll ich täglichauf dieses Ei warten?" Er schnitt den Bauch der Ente auf, im Glauben,es wären goldene Eier darin. Ohne die Wahrheit zu erkennen, dass je-den Tag nur ein Ei geformt wird, schnitt er die Ente auf. Ihr tut heutzu-tage dasselbe. Ihr solltet euch an dem Glück erfreuen und zufriedensein mit dem, was die Natur euch entsprechend ihrem Gesetz gibt. Ihrsolltet nicht versuchen, ständig alles Glück zu erhalten. Das käme demTöten der Ente, die goldene Eier legt, und damit der Selbstzerstörung,gleich. Ihr müsst eure Qualitäten bewahren. Jeder versucht heutzuta-ge, eine neue Methode zu entdecken. Wissenschaft und Technologiehaben sich weiterentwickelt. Dieser Fortschritt führte zu Erdbeben. Zu-dem setzen die Regenfälle nicht rechtzeitig ein. Die Wissenschaft mussbegrenzt genutzt werden. Wenn Wissenschaft ihre Grenzen über-schreitet, entsteht Gefahr. Das menschliche Wesen, die menschlicheQualität, muss bewahrt und beschützt werden. Die Wahrheit in euchmuss genährt werden. Ihr müsst darauf achten, dass ihr euer inneresWesen nicht ändert. Ihr dürft unter keinen Umständen von der Wahrheitabweichen. Die alten Weisen , die Rishis, sagten: "Sprich die Wahrheit,sprich sanft und liebevoll, sprich die Wahrheit nicht harsch aus, nur weiles die Wahrheit ist." Alle diese drei Verhaltensregeln solltet ihr einhal-ten.Ihr habt einen langen Weg zu gehen. Ihr solltet euch selbst reinigenund nichts missbrauchen. Nutzt das, was ihr braucht, in rechter Weise.

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Helft jedem in einer Weise, die ihn glücklich macht. Das solltet ihr tun.Teilt die guten Dinge, die ihr gelernt habt, mit anderen. Das solltet ihrlernen.(Vollständige Übersetzung der Shivaratri-Ansprache in Prashanti Ni-

layam)

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22. Februar

Habt unbedingtes Vertrauen in das Göttliche Selbst

Ansprache morgens, nach dem Hervorbringen des Lingas

Die üblen Auswirkungen des Eisernen Zeitalters (Kaliyuga) könnendenjenigen nicht erschrecken, dessen Herz voller Mitgefühl ist, dessenWorte von Wahrheit erfüllt sind und der seinen Körper dafür nutzt, an-deren zu dienen.

Verkörperungen der Liebe!

Alle Lebewesen in dieser Welt werden in vier Kategorien eingeteilt:

1. Andaja - die aus dem Ei geboren werden2. Pindaja - die aus dem Mutterleib geboren werden3. Udbhijja - die aus der Erde geboren werden4. Svedaja - die aus Schweiss (Wärme) geboren werden (vor allem

Insekten und Bakterien).

Jede dieser Kategorien umfasst 2’100’000 Arten von Spezies. Deshalbwird gesagt, es gebe 8’400’000 Arten von Lebewesen in Gottes Schöp-fung. Diese 8’400’000 Arten von Lebewesen sind drei Arten von Leidausgesetzt:

1. Adhibhautika,2. Adhidaiva3. Adhyatmika.

Adhibhautika bezieht sich auf Krankheiten, die durch die Bindung desMenschen an die physische Welt verursacht werden. Es umfasst zu-gleich Krankheiten, die durch Insekten wie Mücken, Fliegen usw. ver-ursacht werden.

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Adhidaiva bezieht sich auf Leiden, die durch Naturkatastrophen wieErdbeben, Überschwemmungen und Epidemien wie Cholera, Pestusw. verursacht werden.

Adhyatmika bezieht sich auf Leiden, das aus falscher Ernährung undschlechten Gewohnheiten entstehen. Es umschliesst auch Leiden, diedurch grausame Tiere und böse Menschen verursacht werden.

Was ist das Heilmittel für diese drei Arten von Leid? Ihr solltet starkesVertrauen in das Göttliche Selbst haben; darin liegt das Heilmittel füralles Leid. Ihr solltet danach streben, die atmische Glückseligkeit zu er-fahren. Hierfür werden die neun Wege der Hingabe vorgeschrieben:Geschichten über Gott hören, Gottes Namen singen, an Gott denken,den Lotosfüssen dienen, Anbeten, verehrungsvoll grüssen, Dienen,Freundschaft, Selbstergebung. Durch jeden dieser Wege kann derMensch von seinen Leiden befreit werden.Bevor die Kurukshetra-Schlacht begann, verbeugten Duryodhana undDussasana, die auf der Seite der Kauravas gegen die Pandavas undGott Krishna kämpften, sich vor ihrer Mutter Gandhari und baten umihren Segen. Gandhari, die reinen Herzens war, einen stetigen Geistund selbstlose Liebe besass, segnete sie mit den Worten: "Wo Handelngemäss der von Gott gesetzten Ordnung ist, dort ist der Sieg." Dannsuchten beide ihren Lehrer Dronacharya auf, um ihm ihre Ehrerbietungzu erweisen. Er segnete sie mit den Worten: "Wo die von Gott gesetzteOrdnung ist, dort ist Krishna, und wo Krishna ist, dort ist der Sieg." Ihrseid als Menschen geboren, aber folgt ihr der göttlichen Pflicht, die fürden Menschen vorgeschrieben ist? Wenn ja, dann wird euer Festhaltenan Gottes Gesetz euch sicherlich beschützen.Der Mensch ist heute Mühen ausgesetzt, weil er seine Ursprungsquellevergessen hat. Der Fisch ist im Wasser geboren und kann keinen Au-genblick lang ohne Wasser leben. Er ist nur dann glücklich, wenn ersich im Wasser, seinem Ursprungsort, befindet. Was ist die Quelle, auswelcher der Mensch hervorging? Gott Krishna erklärte in der Bhaga-vadgita: "Der ewige Atman in allen Wesen ist Teil meines Wesens."Daraus geht klar hervor, dass der Mensch ein Funke des Göttlichenist. Er ist aus Atman hervorgegangen und sollte sich deshalb immer aufAtman besinnen. Wenn der Mensch sein Göttliches Selbst vergisst,wird er rast- und friedlos und begegnet Schwierigkeiten. Vergesst des-halb niemals Atman, euren Ursprung. Setzt euer Vertrauen in Atman.Achtet und verehrt ihn. Behandelt Atman als die Grundlage eures Le-bens. Das ist die Verhaltensrichtschnur, an die der Mensch sich halten

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sollte. Auch wenn ihr Autoritätsstellungen einnehmt und Wohlstand undWohlergehen besitzt - nichts davon kann euch schützen. Allein Ver-trauen in das Göttliche Selbst kann euch schützen. Ihr könnt jede Arbeittun, die ihr mögt, aber ihr solltet unerschütterliches Vertrauen in dasGöttliche Selbst haben.Wenn eine Mutter zum Fluss geht, um Wasser zu holen, lässt sie ihrKind in der Wiege. Auf ihrem Rückweg unterhält sie sich mit anderenFrauen, während sie den Wasserkrug auf ihrem Kopf trägt, aber sie wirddabei ständig an ihr Kind denken und will so schnell wie möglich nachHause kommen, denn das Kind könnte aufwachen und weinen. Ent-sprechend sollte euer Geist bei all euren Aktivitäten ständig auf Atmanfokussiert sein. Das sollte euer Ziel sein.Ihr habt die ganze Nacht hindurch Bhajans gesungen. Ihr singt ver-schiedene Lieder mit unterschiedlichen Melodien und unterschiedli-chem Takt, aber euer Geist sollte dabei ständig auf Atman fixiert sein.Ihr müsst all eure Handlungen mit dem alleinigen Ziel tun, Gott zu er-freuen.Arjuna fragte Krishna, wie er in der Schlacht kämpfen könne, wenn erdoch ständig an Gott denken soll. Krishna erwiderte: "O du Tor, deinKörper und deine Sinne sind in den Kampf verwickelt, aber deinen Geistkannst du immer auf Gott ausrichten."Richtet euren Geist auf Gott aus, statt ihn auf die Sinne zu lenken. Wieich gestern hervorhob, sind die Sinne für Verdienst wie auch für die Sün-de verantwortlich. Wenn ihr die Sinne missbraucht, sündigt ihr. Wennihr sie in rechter Weise nutzt, entsteht Verdienst. Sprecht süss und sanftund entwickelt gute Gedanken und Gefühle, nur dann werdet ihr dieAchtung der anderen Menschen erlangen. Ihr könnt nicht immer gefälligsein, aber ihr könnt gefällig sprechen. Entwickelt die rechte Sichtweise.Üble Blicke bringen euch in Gefahr. Kichaka schaute Draupadi in üblerAbsicht an, was schliesslich seinen Tod durch Bhimas Hände herbei-führte. Hört keinem schlechten Gerede zu. Kaikeyi schenkte den bösenWorten Mandharis Beachtung, was schliesslich dazu führte, dass Ra-ma, den sie mehr liebte als ihren eigenen Sohn Bharata, ins Exil gehenmusste. Die Gesellschaft wird diejenigen nicht achten, die sich in üblemGerede ergehen und diesem zuhören. Deshalb solltet ihr immer Gutessprechen und guten Worten zuhören. Wenn ihr zufällig etwas Schlech-tes hört, dann tragt es nicht an andere weiter. Was bringt es, anderezu beunruhigen, indem ihr ihnen etwas erzählt, das euch selbst verstörthat. Heute gibt es Menschen, die nicht nur ihre Ohren schlechtem Ge-rede leihen, sondern das Gerede auch noch in der übrigen Gesellschaftverbreiten und dadurch viel Unruhe stiften. Anderen zu helfen ist ver-

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dienstvoll, andere zu verletzen, ist Sünde. Lasst eure Zunge Wortesprechen, die anderen Freude bereiten.Eben dies habt ihr die ganze Nacht getan. Ihr habt den Namen Gottesgesungen und dadurch jedem Freude geschenkt. Wenn ihr an Gottdenkt, bleibt kein Raum für Kritik oder schlechtes Reden über andere.Aber es gibt eine Art Gebet, in welcher der Gottergebene Gott an dieerinnert, die ihm Schwierigkeiten bereiteten. Vidura betete einst in die-ser Weise zu Krishna: "Oh Krishna, warum kommst du nicht in meinHaus? Weder habe ich dich an einen Pfosten gebunden und geschla-gen, so wie Sakkubais Schwiegermutter es tat, noch habe ich dich inder Weise zu verletzen versucht, wie Kamsa es tat, noch habe ich dichbeschimpft, so wie Sishupala es tat. Warum besuchst du dann nichtmein Haus?"Ihr wisst wahrscheinlich, wie Sishupala am offenen Hof Beleidigungüber Beleidigung auf Krishna schleuderte, und Krishnas Berechtigunganzweifelte, das Grosse Opfer anzunehmen, das Dharmaraja beim Ab-schluss des Rajasuya-Opfers darbrachte. Shishupala sagte: "Oh Krish-na, was veranlasst dich zu glauben, du verdientest diese grosse Op-fergabe mehr als die anderen hier am Hof? Glaubst du, du verdienstes, weil du mit den Gopikas spieltest, wie es dir gefiel? Höre auf mitdieser Selbstüberschätzung!" Als Shishupala in dieser Weise alleGrenzen überschritt, nahm Krishna den Teller, auf dem die Opfergabegereicht war, und schleuderte den Teller Richtung Shishupala, der so-fort geköpft wurde. Krishnas Tat wurde von allen gutgeheissen. VieleLeute glauben, Krishna nahm seinen Diskus, um Shishupala zu töten,aber tatsächlich war es nur der Teller, durch den Shishupala umkam.Wenn die Zeit nicht günstig ist, wird sogar ein Stock in der Hand zurSchlange; wenn die Zeit euch hingegen wohlgesonnen ist, könnt ihr aufeine Schlange treten und sie wird euch nichts anhaben, so, als wennsie nur ein Stock wäre.Damit ihr immer günstige Zeiten habt, müsst ihr euer Herz mit heiligenEmpfindungen füllen. Indiens Geschichte ist voller Beispiele, die dieseWahrheit bezeugen. Diese heilige Geschichte ist heute in Vergessen-heit geraten, und die Menschen greifen zu unrechten Mitteln und setzenschlechte Beispiele. Lernt die heiligen Lehren, die Indiens Geschichtevermittelt. Entwickelt heilige Empfindungen. Lasst eure Ohren heiligenGeschichten zuhören. Lasst eure Zunge heilige Worte sprechen undeure Hände verdienstvolle Taten tun. Wisst ihr, wozu Gott euch Händegegeben hat? Nur, um euren Bauch zu füllen? Nein; die Hände müssenim Dienst an der Gesellschaft genutzt werden. Wisst ihr, wozu die Füs-

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se gegeben sind? Nicht, um wie Landstreicher in den Strassen herum-zustreunen, sondern um heilige Orte aufzusuchen.Die üblen Auswirkungen des Eisernen Zeitalters können den nicht er-schüttern, dessen Herz voller Mitgefühl ist, dessen Worte mit Wahrheitdurchtränkt sind und der seinen Körper nutzt, um anderen zu dienen.Die Menschen sind heutzutage bereit, unnützem Geschwätz zuzuhö-ren, aber wenn die heiligen Geschichten Gottes erzählt werden, stellensie sich taub. Die Menschen werden nie müde, ins Kino zu gehen, aberihren Augen fällt es schwer, sich auch nur eine Minute lang auf die be-zaubernde Form Gottes zu konzentrieren.Die Leute schauen alles und jedes mit weit geöffneten Augen an, aberwenn sie einen Tempel besuchen, schliessen sie ihre Augen, wenn sievor dem schönen Bildnis Gottes stehen. Welch eine Ironie! Die Sinnekönnen euch zu Verdienst oder Sünde führen. Es ist eure Pflicht, sieauf den rechten Weg zu lenken und Verdienst zu erwerben. Dann wirdGott all eure Wünsche erfüllen, ohne dass ihr ihn darum bitten müsst.O Mensch, frage nicht, frage nicht. Je mehr du bittest, desto mehr wirstdu vernachlässigt werden. Gott wird euch sicherlich ohne euer Bittendas gewähren, was ihr verdient. Hat er nicht Sabari ihren Wunsch er-füllt, obwohl sie nie darum bat? Hat er nicht den Vogel Jatayu erlöst,der niemals bat, sondern sein Leben um Gottes willen hingab?Reinigt deshalb als Erstes euer Herz. Reinheit allein zieht die Göttlich-keit an. Aber wenn die Eisenspäne rostig sind, wird nicht einmal derkraftvollste Magnet sie anziehen können. Die Eisenspäne mögen denMagneten beschuldigen und behaupten, er habe keine Kraft, aber derMagnet erwidert ihnen: "Ihr könnt denken, was ihr wollt, es kümmertmich nicht. Beseitigt den Rost und werdet rein. Nur dann werde ich euchanziehen." Entsprechend gilt: Wie könnt ihr erwarten, dass euer Geistvon Gott angezogen wird, wenn der Geist voll Rost böser Gedankenist? Seht Gutes, hört guten Dingen zu, sprecht gute, freudebringendeWorte, unternehmt heilige Aktivitäten. Wenn ihr in dieser Weise han-delt, wird Gott euch sicherlich seine Gnade schenken, ohne dass ihrihn darum bitten müsst.Gestern Abend um sechs Uhr begann die höchst segensreiche Zeit,in welcher der Linga hervorgebracht wurde. Warum gilt Shivaratri alsSegen bringend? Der Grund ist folgender: Der Mond besitzt, so wie derGeist, sechszehn Aspekte. Am Tag von Shivaratri sind fünfzehn Aspek-te geschmolzen, und nur einer verbleibt. Wenn auch der sechzehnteAspekt gereinigt wird, erreicht man die Göttlichkeit. Diese vollkommeneVerschmelzung geschieht nur dann, wenn man den göttlichen Namenbeständig und aus ganzem Herzen singt.

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Die Zunge nimmt unter den Sinnesorganen eine sehr wichtige Stellungein.

Oh Zunge, die du die Geschmäcker kennst, du bist sehr heilig.Sprich die Wahrheit in der erfreulichsten Weise.Singe unablässig die göttlichen Namen Govinda,

Madhava und Damodhara.Dies ist deine wichtigste Aufgabe.

Die Zunge ist voller Opfergeist. Wenn die Zunge süsse Köstlichkeitenschmeckt, leitet sie diese an den Magen weiter, aber wenn die Speisebitter ist, spuckt die Zunge sie aus. Darüber hinaus verhält die Zungesich in einer höchst achtbaren Weise. Unter keinen Umständen verlässtsie ihr Haus, den Mund. Sie verrichtet ihre Arbeit, ohne ihre Grenzenzu überschreiten. Während die anderen Sinnesorgane jeweils nur eineAufgabe erledigen, ist die Zunge zu zwei Arten Arbeit in der Lage, undzwar zu schmecken und zu sprechen. Aus diesem Grund muss mandie Zunge in rechter Weise beherrschen, damit sie nicht sündvoll han-delt, wie schlecht über andere zu reden. Wenn ihr zornig werdet, dannbewahrt Schweigen. Unsere Alten lehrten: “Sprecht weniger und ar-beitet mehr. Je weniger ihr redet, desto reiner bleibt euer Herz.”Besinnung auf Gott ist das einzige Mittel, um die Sinne rein zu halten.Aber die Menschen besitzen heute absolut keine Sinneskontrolle. So-gar die Tiere haben Vernunft und Paarungszeiten, nicht aber der mo-derne Mensch. Weil der Mensch seine Sinne nicht in rechter Weise be-herrscht hat, begegnet er unendlichen Schwierigkeiten. All die spiritu-ellen Übungen sind dazu da, die Sinne zu beherrschen. Esst, so vielwie nötig ist, aber überlastet nicht euren Magen. Unterteilt euren Magenin drei gleiche Teile; füllt einen Teil mit Nahrung, einen mit Wasser undlasst den anderen Teil leer. Aber heutzutage überladen manche Men-schen ihren Magen in einem solchen Ausmass, dass es ihnen unge-mein schwer fällt, nach dem Essen auch nur aufzustehen. Solche Leutewerden unweigerlich an Verdauungsstörungen leiden.Ihr solltet eure Nahrungsaufnahme in Grenzen halten, aber eurer Liebebraucht ihr keinerlei Grenzen zu setzen. Der Liebe sollte völlige Freiheitgegeben werden. Liebt alle und jeden. Liebe transzendiert die Sinne."Alle gehören zu mir. Das Lebensprinzip, das in mir ist, existiert in je-dem." Mit diesem Einheitsempfinden teilt eure Liebe mit jedem. Liebeallein kann den Frieden verleihen, den jeder sich wünscht.Eure tiefsitzenden Neigungen sind abhängig von den Empfindungen,die ihr in eurem Herzen kultiviert. Hier ist ein kleines Beispiel: Ein Papier

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an sich ist geruchslos, aber wenn es benutzt wird, um Fettgebackenes,getrockneten Fisch oder aber Jasminblüten einzuwickeln, strömt dasPapier den entsprechenden guten oder schlechten Geruch aus. EuerHerz ist dem Papier vergleichbar. Wenn gute Empfindungen darin "ein-gewickelt" werden, werdet ihr sicherlich gute Neigungen entwickeln.Seht Gutes, hört Gutes, sprecht Gutes und tut Gutes. Dann werden dieschlechten Auswirkungen des Eisernen Zeitalters euch nichts anha-ben. Gestattet der Auswirkung des Eisernen Zeitalters nicht, euer wah-res göttliches Wesen zu überwältigen. Heute wird Gott gemässes Han-deln immer weniger praktiziert, und als Folge davon sinkt der Wasser-spiegel in der Erde. Menschlichkeit ist rar geworden. In der Gesellschaftist keine Reinheit und in der Politik keine Moral. Moral allein kann diemenschliche Rasse erhalten.

Verkörperungen der Liebe! Wenn ihr Bhajans singt, dann achtet darauf,dass die Worte keine negativen Bedeutungen in sich tragen. Hier istein Beispiel: Unsere Jungen singen viele Bhajans in Hindi und benutzendabei häufig das Wort "thu", das "du" bedeutet. Sie singen "Thu Rama","Thu Krishna", "Thu Sai" etc. Aber in Telugu hat die Silbe "thu" eine ab-schätzige Bedeutung. Benutzt "thu hai" anstelle von "thu". Die Bhajans,die ihr singt, müssen heilige Bedeutungen in sich tragen. Ihr solltet re-spektlosen Worten keinen Raum geben.Gestern sprach Raju über Pothana, der ein grosser Dichter und Ver-ehrer Ramas war. Er besass ein reines Herz. Er verfasste das Bhaga-vatam in Telugu. Er war fest davon überzeugt, dass Gott Rama selbstdas Bhagavatam durch ihn schrieb. Sein Name Pothana hat eine tiefeinnere Bedeutung. "Po" bedeutet hinaustreiben und "thana" bedeutetdas Empfinden von mein. So hat er das Gefühl von "mein" weggejagtund ist dadurch ein grosser Gottergebener geworden.Srinatha, der berühmte Dichter am Königshof, hatte seine Tochter anPothanas Sohn verheiratet. Pothanas Familie verdiente ihren Lebens-unterhalt durch Ackerbau. Einst kam Srinatha in einer Sänfte auf Be-such. Unterwegs traf er Pothanas Sohn, der das Feld pflügte. Er fragteihn in einem sarkastischem Ton: "O Bauer, wie geht es dir?" PothanasSohn verstörte diese zynische Bemerkung nicht im geringsten, sonderner gab in einer äusserst liebevollen Weise folgende passende Bemer-kung: "Herr, es ist besser, Zuflucht zu Mutter Erde und Mutter Kuh zunehmen und ein würdevolles Leben zu führen, statt bei einem KönigZuflucht zu nehmen und ihm zu dienen."Denjenigen, die ihre Zuflucht bei Mutter Erde und Mutter Kuh nehmen,wird es niemals im Leben an etwas mangeln. Seit undenklichen Zeiten

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betrachteten die Inder die Mutter Erde und die Mutter Kuh als ihre ei-gentliche Lebensgrundlage. Aber heutzutage geben die Menschen dieLandwirtschaft auf und wandern in die Städte auf der Suche nach Geld.Sie schauen Tag und Nacht fern und wollen ein luxuriöses Leben. Daimmer mehr Leute die Landwirtschaft aufgeben und die Dörfer verlas-sen, ist Nahrung knapp geworden. Wie könnt ihr erwarten, dass MutterErde euch ernährt, wenn ihr die Landwirtschaft aufgebt? Die Dörfer sindder eigentliche Lebensatem der indischen Kultur. Noch heute wird dieindische Kultur nur in den Dörfern und nicht in den Städten erhalten.Nur die Dorfbewohner sind sich der Grösse der indischen Kultur be-wusst. Weil die Menschen ihre Achtung und Verehrung für Mutter Erdeverloren haben, erleben wir Erdbeben und derlei Naturkatastrophen,die unsägliche Zerstörung verursachen.Im Bhagavatam gibt es eine Geschichte, wie Vishnu und seine Ge-mahlin Lakshmi Schach spielen. Im allgemeinen sind Frauen intelli-genter als Männer. Obwohl auch Männer mit hoher Intelligenz ausge-stattet sind, können sie diese niemals voll anwenden, weil ihr Geistständig schwankt. Lakshmi, die Intelligenz besitzt, gelang es, VishnusElefanten im Spiel einzusperren. Plötzlich stand Vishnu auf und sagte:"O Elefant, sorge dich nicht, ich werde dich retten." Lakshmi sagte so-gleich: "Unmöglich!" weil sie glaubte, Vishnu meine den Elefanten imSpiel. Aber tatsächlich dachte Vishnu an Gajendra, den König der Ele-fanten, der sich mittlerweile völlig Vishnu ergeben hatte, weil seine ver-zweifelten Versuche, den Fängen des Krokodils zu entkommen, sichals zwecklos herausgestellt hatten. Gajendra war hochgradig egoi-stisch und hatte höchstes Vertrauen in seine körperliche Kraft. Aber alser erschöpft war, erkannte er, dass Gott allein ihn retten konnte undrief aus: "Oh Herr, du bist meine einzige Zuflucht! Ich ergebe mich dirvöllig. Bitte vergib meine Sünden und rette mich." Vishnu, der voller Mit-gefühl ist, eilte sofort dorthin und rettete Gajendra. (An dieser Stelle re-zitierte Bhagavan ein schönes von Pothana verfasstes Gedicht, dasLakshmis Not beschreibt, als sie erlebte, wie ihr Gemahl Vishnu loseilte,um seinen Devotee zu retten, ohne ihr Bescheid zu sagen und ohnesogar seine Waffen mitzunehmen.) Alle Dichtungen Pothanas sind vonHeiligkeit erfüllt. Er verfasste das Bhagavatam mit dem alleinigen Ziel,die Herrlichkeiten des Herrn zu beschreiben, und nicht, um seine dich-terischen Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Im Gegensatz zu vielen her-kömmlichen Dichtern war er nie auf Name und Ruhm aus. PothanasWorte enthielten die Essenz der Veden. Der von Pothana gewieseneWeg ist der Königsweg zur Erleuchtung.(Vollständige Übersetzung der Ansprache in Prashanti Nilayam.)

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26. MärzUgadi

Erkenne dich selbst

Ich bin weder Verdienst noch Sünde, weder Freude noch Leid,Ich bin weder heilige Pilgerstätten, noch bin ich die Handlung.

Ich bin weder Freude noch Leid.Ich bin weder die Nahrung, noch der Vorgang des Essens,

noch der, der es geniesst.Ich bin immer das Segen bringende Prinzip.

Ich bin Shiva selbst.

Verkörperungen der Liebe! Von Anbeginn an haben die Veden der gan-zen Menschheit diese Prinzipien der Einheit gelehrt. Weil der Mensch das der Schöpfung zugrunde liegende ursprünglichePrinzip nicht versteht, hält er sich an Name und Form und unterscheidetzwischen Mensch, Tier, Vogel etc. Haltet euch nicht allein an die Form.Ihr solltet euer Vertrauen nicht in Namen und Formen setzen, die nurdie Merkmale des äusseren Weges sind. Es ist Kennzeichen des in-neren Weges, das zugrunde liegende ursprüngliche Prinzip gut zu ver-stehen. Dies hier ist eine Zitrone. Auf der Grundlage von Form, Geschmack undBefindlichkeit sprechen wir von einer Zitrone. Aber in Wirklichkeit ist esnicht eine Zitrone, sondern eine Kombination von Zellen. In jeder dieserZellen ist das Potential der ganzen Zitrone gegenwärtig. Diese Zellenhaben weder Anfang noch Ende und besitzen ungeheure Kraft. Diesemächtige Kraft ist im Raum/Äther (akasha) gegenwärtig. Dieser Raumexistiert nur aufgrund reinen Bewusstseins, es trägt das reine, heiligeBewusstsein in sich. Auch die Zitrone repräsentiert das reine vollkom-mene Bewusstsein, und auch das Individuum, das die Zitrone isst - dasIch - symbolisiert Bewusstsein. Der Mensch, der die Zitrone isst, wieauch das, was gegessen wird, beide personifizieren reines Bewusst-sein. Alles, was existiert, ist reines Bewusstsein. Name und Form wei-sen auf den Geschmack hin. Das alles reflektiert die Empfindungen desäusseren Weges, aber es sind nicht die Wahrnehmungen, die dem in-neren Weg (nivritti) entsprechen.In jedem Menschen befinden sich die Gefühle von “ich und mein“. Wasbedeutet “mein“? Man sagt: “Mein Taschentuch, mein Becher, meinKörper, mein Geist, mein Intellekt, mein Haus, mein Auto“, und denkt:

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“Alles in dieser Schöpfung gehört mir“. Dies sind die Empfindungen aufdem äusseren Weg, aber das Ich ist das Wesen des inneren Wegs.Dieses Ich ist beständig und ewig und ändert sich niemals und nirgend-wo. Es ist beständige integrierte Bewusstheit. Dieses Ich ändert sichnie. Es ist die Verkörperung des Bewusstseins. Weil in jedem Men-schen dieses Ich-Empfinden ist, verkörpert jeder Mensch dieses Be-wusstsein. Ihr müsst deshalb das grundliegende Prinzip, das im Men-schen ist, zu erkennen suchen. Es umfasst drei Aspekte: Sich selbst hinzugeben. Gott alles darzubrin-gen, was man als sein eigen betrachtet. Ständiges Nachforschen, bisman das Atman-Prinzip: Ich bin nicht der Körper, nicht die Gedankenund Gefühle, nicht der Intellekt, nicht das geistige Bewusstsein undnicht die körperlichen Objekte erkannt hat. Was immer in der Welt sicht-bar ist, bin nicht ich. Beständiges Hinterfragen ist notwendig, bis dieWahrheit erkannt ist. Die Veden haben seit alter Zeit diese ewigenWahrheiten und Empfindungen gelehrt. Man muss als Erstes das Wesen der Zellen erforschen. Aus was be-stehen diese Zellen? Sie bestehen aus Atomen und Molekülen, die we-der Anfang noch Ende haben. Diese Atome und Moleküle tragen diegöttliche Kraft in sich. Woher kommt diese Kraft? Diese göttliche Kraftbasiert auf dem Raum (Akasha).

Mit Händen, Füssen, Augen, Kopf, Mund und Ohren überall,durchdringt ER das ganze Universum.

(Sanskrit-Vers)

Dieses Bewusstsein ist allumfassend. Wo immer es hinfällt, nimmt esvon dem Objekt Besitz. Das Objekt füllt den Raum, der von Bewusstseindurchdrungen ist; demzufolge sind auch alle Objekte von Bewusstseindurchdrungen.Es gibt zwei Aspekte hierzu; als Erstes der Bereich, der sich auf Materiebezieht, als Zweites Licht. Dieses Licht wird Ich genannt. Dieses Lichtist überall; es ist Bewusstsein. Dieses Licht, die Verkörperung von Be-wusstsein, ist Gott. Ihm werden zahlreiche Namen wie Atman, Para-matman, Paramajyoti, und auch Shiva, gegeben. Dieses Licht befindetsich in jedem Menschen. Dieses Lichtprinzip ist das Ich. Jeder Menschgibt diesem Licht den Namen „Ich“. Deshalb sind Licht und Ich nichtvoneinander verschieden. Diese ganze Welt ist aus diesem Licht ent-standen. Es ist Täuschung zu glauben, sie wäre aus etwas anderementstanden. Alles entsteht aus diesem alldurchdringenden Licht. DasLicht selbst wird von niemandem erschaffen. Es ist veränderungslos

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und entsteht aus seinem eigenen natürlichen Licht. Diesem Licht wurdevon den Veden der Name Ich oder Atman gegeben. In jedem Einzelnenist dieses ewige Ich-Prinzip gegenwärtig. Es gibt verschiedene Formen der Täuschung (maya), wie die Dinge,die man als „mein“ bezeichnet. „Mein“ ist Täuschung, „Ich“ ist Atman,das Göttliche Selbst. Dieses Ich ist veränderungslos. Alle Dinge gehenin dieses veränderungslose ursprüngliche Prinzip ein. Viele Menschen lassen sich durch viele Arten der Täuschung, durchviele Formen tiefsitzender Neigungen und Gewohnheiten in die Irre füh-ren. Auf der Basis von Form erschafft der Mensch Beziehungen wie:“Dies ist mein Vater, sie ist meine Mutter, er ist mein Bruder, dies istmein Kind etc.“ Bindung an den Körper, Körperbewusstsein, ist dieHauptursache für diese Beziehungen. Nach der Geburt sagt ihr: “Diesist mein Kind.“ Wer ist vor der Geburt das Kind? Ihr wisst es nicht. Inderselben Weise bezeichnet ihr jemanden nach der Hochzeit als eureFrau oder euren Mann. Wer war vor der Heirat der Ehemann, wer dieEhefrau? All diese Beziehungen sind vergänglich; sie gleichen oberflächlichenWellen, Wolken, die kommen und gehen. Ihr lasst euch täuschen, in-dem ihr diese vorübergehenden Wolken für wichtig haltet. Im Schlaf istman sich seines eigenen Körpers nicht bewusst. Entsprechend fühltman im Zustand der Einheit mit Gott (samadhi) seinen Körper nichtmehr. Wer bist dann du, wenn du deinen eigenen Körper nicht einmalsehen kannst? Es gibt so vieles, was wir nicht sehen, und so vieles,was wir sehen können. Was ist das rechte Wissen, die rechte Weisheit?Ihr haltet das, was ihr mit den Sinnen seht, für die Wahrheit, aber esist nicht die Wahrheit. Die Wahrheit in euch erscheint vor euch als Wi-derspiegelung, Reaktion und Widerhall. Nichts davon ist euer wahresSelbst. Das atmische Prinzip allein ist euer wahres Selbst. Niemandkann dieses wahre, ewige Prinzip erschaffen oder beseitigen. Dieses göttliche Prinzip ist in jedem in der Form von Ich enthalten. Des-halb sind alle Verkörperungen des höchsten Selbst. In allen Lebewesenbefindet sich das göttliche Prinzip.Ihr alle kennt die Geschichte von dem Gelehrten, der Paninis Gram-matik wiederholte und Adi Shankaracarya, der ihn aufforderte, sichstattdessen auf den Namen Govinda zu konzentrieren.

“Du Tor, wiederhole den Namen Gottes (Govinda)!Wenn die Todesstunde herannaht,

werden die Regeln der Grammatik dich nicht retten.”(Sanskrit-Vers)

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Wir geben jedem Menschen einen Namen, um den Körper zu kenn-zeichnen. Wenn wir rufen: “O Junge, komm hierher!“ - wer wird dannkommen? Wenn wir stattdessen sagen: “Rama, komm hierher“, wirdder Junge, der diesen Namen trägt, kommen. Wir geben diese Namenfür den körperlichen Aspekt. Man wird nicht mit dem Namen geboren,sondern er wird einem gegeben. Der Körper trägt diesen Namen, abersogar dieser Körper ist nicht du selbst. Wie kann dieser Körper du selbstsein, wenn du ihn sogar im Tiefschlaf oder Samadhi vergessen kannst?Er gehört zu dir, aber er ist nicht du selbst. Wenn man diese zwei Prin-zipien von „Ich und mein“ recht versteht, erkennt man das Prinzip dergesamten Schöpfung. Alles, was man als mein betrachtet, ist von einem getrennt; es sind äus-sere Handlungen, körperliche Objekte, es sind Charakteristika desÄusseren, aber du selbst bist jenseits dieser drei. Dieses Ich wird sichniemals ändern. Es heisst: “Ich bin Gott”, nicht: “Gott ist mein.” Es be-sagt: “Ich bin die Verkörperung von Gott.” Ihr solltet euch deshalb be-mühen, dieses Ich-Prinzip gut zu erkennen.

Verkörperungen der Liebe! Aufgrund dieser Aufspaltung in die zweiAspekte von Ich und mein gebt ihr diesen zweifelhaften BeziehungenRaum und seid unfähig, das Wesen von Atom und Molekül zu erfassen.Diese Zitrone ist eine Zusammensetzung von Atomen. Für unserenNutzen, für den Gebrauch in der Welt, haben wir ihr den Namen Zitronegegeben, nicht, um die Wahrheit zu erkennen und um Erkenntnis zugewinnen. Was ist Weisheit?

Die Erkenntnis der Nicht-Zweiheit ist Weisheit.(Sanskrit-Vers)

Nur eines existiert, nicht zwei.Das Göttliche ist das Eine ohne ein Zweites.

(Sanskrit-Vers)

Durch diesen Körper fliesst Blut. Der Körper lebt, solange die Körper-systeme funktionieren; später verlässt das Leben den Körper, aber dieAtome und Moleküle sind noch da. Atome gehen in Atome ein. Es istdeshalb als Erstes notwendig, in allem das zugrunde liegende ur-sprüngliche Prinzip zu erfassen. Was ist die Grundlage von Wasser?Wenn man Sauerstoff und Wasserstoff miteinander vermischt, entstehtWasser. Aber kann man Wasserstoff oder Sauerstoff trinken? Für un-sere Annehmlichkeit, für das körperliche Leben in dieser veränderli-

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chen Welt unterscheiden wir in dieser Weise und sprechen von Vielfalt.Aber all diese veränderlichen Dinge sind nicht wirklich wahr (mithya).Was ist mithya? Mithya ist weder wahr noch unwahr, es ist das, waswir mit den Augen sehen, aber was später verschwindet. Allein das,was ewig verbleibt, ist die Wahrheit. Wahrheit ist das, was in allen dreiZeitperioden, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unverändertbleibt. Aber der Mensch verfällt heutzutage zahlreichen Täuschungenin seinem Wunsch nach Macht und schlägt um dieser Wünsche willenviele schlechte Wege ein. Wie lange bleibt das Erreichte bestehen?Diese Dinge kommen und gehen. Das, was wir sehen, bleibt für unsnicht bestehen. Sogar die Jugend währt nur kurze Zeit. Seid nicht stolzauf euren Wohlstand, eure Nachkommenschaft und eure Jugend. Wo-für dieser Stolz? Wie lange währt all dies? Noch während ihr stolz daraufseid, verschwindet es. Mit diesen weltlichen Dingen, diesen Beziehun-gen und dieser Hingabe an Wünsche verschwendet ihr euer Leben. Wozu seid ihr geboren? Warum ist dieser Körper gekommen? Ihr han-delt mit diesem Körper und habt durch euer Handeln die von Gott ge-setzte Ordnung zu erkennen. Das Geheimnis des Lebens liegt darin,die Göttliche Ordnung zu erkennen. Was bedeutet das? Besteht es dar-in, zu tun, was einem gefällt? Nein, nein! Dies sind alles Formen derTäuschung, es sind Spiegelungen. Seinem Gewissen zu folgen, istwahre Rechtschaffenheit. Dieses Gewissen ist immer als Spiegel füreuch da. Aber ihr gebt das Gewissen auf und setzt euer Vertrauen indie Objekte der Täuschung und ergebt euch dieser Täuschung. Wennihr euer Gesicht im Spiegel seht, haltet ihr dieses Gesicht für euer wah-res Gesicht. Euer rechtes Auge erscheint jedoch als das linke, eurerechte Hand als eure linke Hand. Kann das Wahrheit sein? Es sind allesSpiegelungen. Alles ist eine Spiegelung des inneren Wesens. Diesesinnere wahre Wesen müsst ihr als die rechte Grundlage betrachten.Wenn ihr an dieser ursprünglichen Basis festhaltet, werden all diesekleinen äusseren Dinge verschwinden. Stattdessen vergisst derMensch vom Zeitpunkt seiner Geburt bis zu seinem Tod dieses ur-sprüngliche Prinzip und erfährt nur Sorgen durch das Äussere. Das istnicht das Ziel des Lebens.Ihr müsst die heilige Wahrheit der göttlichen Pflicht des Körpers ver-stehen; ihr müsst die wesentliche Basis erkennen und dadurch das Ziel,das ursprüngliche Prinzip, erreichen. Ihr seid geboren, esst, vergnügteuch und sterbt. Seid ihr dafür gekommen? Nein, nein! Ihr müsst einLeben der Wahrheit erfahren. Nur so ein Leben ist wirklich. Aber heut-zutage nehmen die Täuschungen ständig zu. Egal, wie viele Jahre vor-beiziehen, der Mensch tritt auf der Stelle.

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Der Name dieses neuen Jahres ist Vrusha. Die Menschen sind vollerErwartungen auf die Ereignisse im kommenden Jahr. Egal, wie vieleJahre vergangen sind, die Gefühle haben sich nicht verändert. Was zugeschehen hat, wird geschehen. Tut weiterhin das, was ihr zu tun habt.Bleibt an dem Platz, an dem ihr zu sein habt. Aber euer Geist sollte aufeure wahre ursprüngliche Basis ausgerichtet bleiben. Wenn ihr dasnicht tut, sind all eure Bemühungen nutzlos. Die Schwierigkeiten verschiedenster Art haben zugenommen. Mansollte eigentlich keine unangenehmen Dinge sagen, aber es muss ge-sagt werden: Das kommende Jahr wird weit mehr Probleme mit sichbringen als das vergangene Jahr. Die Schwierigkeiten werden keinEnde nehmen. Im politischen Bereich werden die Probleme zunehmen.Es wird noch viel mehr Erdbeben geben. Was ist die Hauptursache da-für? Die Handlungen des Menschen sind dafür verantwortlich. DasGute und Schlechte in der Welt hängen von den Handlungen des Men-schen ab. Sogar zwischen Brüdern werden Konflikte sein. Die Ange-legenheiten der Politik zerstören die Menschlichkeit völlig. Das ist nichtnur in einem Land so, sondern in allen Ländern. Vrusha ist der Name dieses neuen Jahres. Was bedeutet dieser Name?In Kerala, in der Sprache Malayalam, nennen sie das Neujahrsfest Vru-sha, so wie wir es Ugadi nennen. Es gibt so viele Bezeichnungen fürdie neuen Jahre. Es sind die Namen der Kinder Naradas. Da Naradawünschte, dass die Namen seiner Kinder ewig währen, erhielten dieJahre diese Namen. Jeder muss den Folgen, nämlich der Widerspiegelung, der Reaktionund dem Widerhall seiner eigenen Handlungen begegnen, aber nie-mand kann vorhersagen, wann, wo und wie es geschehen wird. Ihrfürchtet die Worte Widerspiegelung, Reaktion und Widerhall; aber gu-ten Menschen wird nichts Falsches geschehen und keine Gefahr kannihnen etwas anhaben. Ihr solltet euch als Erstes auf die heilige Gött-lichkeit besinnen. Ersehnt nicht Dinge, die ihr nicht habt.In Gujarat lebte ein grosser Gottergebener namens Patel. Er war einreicher, wohlhabender Geschäftsmann, dem alle Annehmlichkeitenzur Verfügung standen. Er ging aus Geschäftsgründen nach London,brachte einen Geschäftspartner mit nach Hause und setzte sich in denAndachtsraum zum Gottesdienst. Dieser Mann fragte ihn anschlies-send: “Patel, du hast allen Reichtum und alle Nachkommenschaft, diedu willst und bist in jeder Hinsicht glücklich. Warum betest du dann zuGott?“ Patel gab eine wunderbare Antwort: “Ich bete zu Gott nicht umdes Geldes, des Wohlstands und der Freuden willen. Ich bitte ihn umdas, was ich nicht habe: Ich bitte um Frieden und um Glückseligkeit,

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die durch Gott kommen und mit ihm sind. Weil Gott Glückseligkeit ver-körpert, sehne ich mich nach der Glückseligkeit, die mit ihm ist. Ich hof-fe, seinen Frieden zu erhalten. Nur darum bete ich, und nicht um Ver-mehrung dessen, was ich bereits habe.“ Das ist wahre Hingabe.Betet zu Gott. Warum? Das, was ihr nicht habt, ist von Gott zu erhalten.Betet zu Gott um die Glückseligkeit, die ihr nicht habt, und nehmt sievon ihm; sie ist nirgendwo sonst zu erhalten. Glückseligkeit ist nur beiGott. Was ist Glück? Glück liegt in der Einheit mit Gott; nur dort. Betetzu ihm und erreicht durch ihn diese Glückseligkeit. Egal, wie oft ihr esversucht, ihr könnt Frieden nicht aus dem Äusseren erhalten. Wenn ichdie ausländischen Devotees frage, was sie wollen, antworten sie: “Ichwill Frieden“, und ich antworte immer wieder: “Ihr selbst verkörpert Frie-den.“ Warum solltet ihr den Wunsch nach euch selbst haben? Friedeliegt in euch.Die gesamte äussere Welt besteht aus Einzelteilen. Ihr selber verur-sacht diese Zerstückelung. Frieden ist nur in euch selbst zu finden. Allesliegt in euch selbst. Ihr selbst seid Frieden, ihr seid Wahrheit, ihr seidLiebe, ihr seid Gewaltlosigkeit. Ihr selbst seid Gott. Wenn ihr empfindet,dass ihr Gott seid, bleibt kein Raum für Leid und Sorgen, und ihr könntein glückseliges Leben führen. Wenn ihr Glückseligkeit erfahren wollt,dann meditiert darüber, dass ihr selber Gott seid. “Ich bin Gott, ich binGott, ich bin Gott.“ Nährt diesen Glauben. Wenn ihr denkt, Gott ist ir-gendwo anders und ihr müsst zu ihm beten, dann werdet ihr zum Die-ner.Rama stellte einst Hanuman die Frage: „Hanuman! In welcher Weisemeditierst du über mich?“ Hanuman antwortete: “Swami! Auf der Ebenedes Körpers bist du das Objekt und ich seine Widerspiegelung. Auf dergeistigen Ebene bin ich ein Teil von dir. Auf der Ebene Atmans, desGöttlichen Selbst, bist du ich und ich bin du. Du und ich sind eins. Indieser Weise bete ich.“ Rama pries diese Einstellung und gab ihm alsGeschenk eine Perlenkette, die Sita von ihrem Vater Janaka zur Hoch-zeit bekommen hatte. Sobald Hanuman sie erhielt, begann er, sich wieein Affe zu verhalten, biss in die Perlen und warf sie weg. Sita war sehrüberrascht und dachte: “Mein Vater gab mir eine so wertvolle Perlen-kette, aber er beisst in die Perlen und wirft sie weg.“ Rama wusste, war-um Hanuman so handelte, aber damit auch Sita es erfuhr, fragte er:“Warum beisst du hinein und wirfst so wertvolle Steine weg?“ Hanumanantwortete: “Worin liegt der Wert für mich? Ich schaue nur darauf, obRamas Name darin ist oder nicht. Ob es sich um eine Perle oder einenanderen Edelstein handelt, wenn er nicht von Ramas Namen erfüllt ist,ist er wertlos. Ich will nur dich.“ Diese Antwort machte Rama sehr glück-

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lich. Er bot sich selbst Hanuman dar und umarmte ihn. Deshalb ist woRama ist auch Hanuman anwesend, und wo Hanuman ist, dort ist auchRama. Hanuman erkannte seine Einheit mit Gott und ist deshalb immerglückselig. Rama verlieh Hanuman grosse Titel wie: Derjenige der vol-ler Frieden ist (Shanthudu). Der Tugendhafte (Gunavantudu). Der Star-ke (Balavantadu). Niemand ist friedfertiger, tugendhafter und macht-voller als Hanuman. Woher kommt seine grosse Kraft? Aus demNamen Ramas! Er bewahrte immer den göttlichen Namen in sich.Viele Menschen wiederholen Ramas Namen mit den Lippen. Aber Ha-numan wiederholte Ramas Namen aus der Tiefe seines Herzens. Dasist wahre Hingabe.Wenn man in ein goldenes Gefäss, das mit Diamanten, Perlen, Sma-ragden und Rubinen geschmückt ist, wertlose Dinge und sogar Gift füllt,ist es wertlos und kann einen sogar das Leben kosten. Aber göttlicherNektar, der in ein kupfernes Gefäss gefüllt wird, bewahrt seinen Duftund seine Süsse. Entsprechend ist es die Reinheit des Herzens, diezählt. Besinnung auf Gott ist dazu gedacht, ein reines Herz zu erlangen.Der Name muss aus dem Herzen strömen; es bringt nichts, wenn ernur von den Lippen kommt. Nur wenn der Name aus dem Herzenkommt, entsteht Süsse. Der Name sollte aus dem Herzen kommen undvon dort Gott dargebracht werden.

Wohltätigkeit ist sehr wichtig. Wie soll man geben? Gott etwas zu ge-ben, ist Wohltätigkeit. Wenn ihr es jemand anderem gebt - wie wird eres nutzen? Wenn ihr etwas in Wohltätigkeit weggebt, denkt, ihr gebtes Gott. Darin liegt wahre Wohltätigkeit. Manche Menschen geben dem Priester Geld, damit er einen Gottes-dienst für sie abhält. Den Verdienst dieses Gottesdienstes erhält nurder Priester selbst. Ihr müsst den Gottesdienst selbst durchführen! Esbringt nichts, wenn jemand anders es für euch tut. Wenn ihr Hungerhabt und jemand anders an eurer Stelle isst, wird das euren Hungerstillen? Ihr selbst müsst essen, um euren Hunger zu stillen. Ihr müsstselbst beten, um Frieden zu erhalten. In der Göttlichkeit liegen viele Geheimnisse, welche die Menschen nichterkennen. Das ursprüngliche Prinzip besteht darin, dass ihr selber Gottseid. Es ist ein grosser Fehler zu glauben, ihr wäret dieser unbedeu-tende Körper.

Dieser Körper ist ein nach Fäulnis riechendes Gefässvoller Schmutz und Krankheiten, ein Gewächs,

das sich durch viele Leben schlingt, ein Knochengerüst,

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welches das Meer des Lebens nicht überqueren kann.O Mensch, lass dich nicht täuschen im Glauben,

dieser Körper sei beständig.Nimm stattdessen Zuflucht zu den Lotosfüssen des Herrn.

(Gedicht in Telugu)

Das müsst ihr tun. Solange ihr lebt, solltet ihr danach streben, frei vonKrankheit und Schwierigkeiten zu sein. Es ist nicht falsch, darum zu bit-ten. Nur wenn der Körper in Ordnung ist, könnt ihr gut arbeiten. Mit ei-nem gesunden Körper könnt ihr gesunde Arbeit tun. Ein gesunder Kör-per führt zu einem gesunden Geist. Wenn der Körper nicht gesund ist,wird auch der Geist nicht gesund sein. Schützt deshalb als Erstes eurenKörper; dann wird auch euer Geist sich weiterentwickeln und rein, hei-lig, stetig und selbstlos werden. Ihr müsst euch auf dieses atmische Prinzip besinnen und das Glückeines jeden wünschen. Ihr existiert nicht allein, sondern in der Gesell-schaft, nicht wahr? Ihr lebt in dieser Gesellschaft; wo wäret ihr ohnesie? Deshalb beten wir: Möge die ganze Welt glücklich sein!Strebt deshalb nach dem Wohlergehen aller. Nur dann könnt ihr wahreGlückseligkeit erlangen. Verkörperungen der Liebe! Der Name dieses Jahres ist Vrusha. Esbringt auch gute Resultate mit sich. Ihr solltet dieses Gute entfalten,heilige Empfindungen entwickeln und ein glückseliges Leben führen.Nur dann wird euer Leben durch die Feier des neuen Jahres geheiligt.

Verkörperungen der Liebe! Schüler und Studenten! Das Neue Jahr wirdnicht nur gefeiert, um köstliche Speisen zu essen. Nicht euer Essen undeuer Zeitvertreib sind wichtig, sondern euer Verhalten. Das Gute wiedas Böse der ganzen Welt hängt von eurem Verhalten ab. Euer Ver-halten wiederum hängt von euren Entschlüssen und Gedanken ab. Nurwenn ihr wahre, reine Gedanken in euch entwickelt, werdet ihr ein Le-ben der Wahrheit führen. Setzt anderen ein Vorbild und macht sie glücklich. Egal, in welcher Si-tuation ihr euch befindet, ihr solltet nicht zornig werden. Seht mit Augendes Mitgefühls, sprecht mit Liebe. Dann wird das Herz der anderen auf-blühen. All dies geschieht dann, wenn ihr die göttliche Liebe erlangt.Singt mit dieser Liebe Gottes den göttlichen Namen.

(Vollständige Übersetzung der Ansprache in Prashanti Nilayam)

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2. April

Ramanaya - Die Essenz der Veden

Der Herr der Vedenwurde als Dasharathas Sohn auf Erden geboren.

Den Veden selbst wurde von Valmiki in Gestalt des Ramayana Geburt gegeben.

(Sanskrit-Vers)

Verkörperungen der Liebe! Das Ramayana ist die vom Himmel auf dieErde herabgekommene Manifestation der Veden. Die Veden bestehenaus vier Teilen: Rigveda, Yajurveda, Samaveda und Atharvaveda. ImRamayana verkörpert Rama Rigveda, Lakshmana Yajurveda, BharataSamaveda und Shatrughna Atharvaveda. Diese vier Veden nahmenals die Söhne König Dasharathas Form an und spielten in seinem Pa-last. Rigveda und Yajurveda bestehen aus Mantren, heiligen an Gottgerichtete Gebetsformeln und rituellen Opferhandlungen. Deshalbkam der Weise Vishvamitra zu Dasharatha an den Königshof und nahmRama und Lakshmana mit sich, damit sie sein heiliges Opferritualschützen. Rigveda und Yajurveda umfassen also Mantren und rituelleOpferhandlungen. Rama und Lakshmana begleiteten Vishvamitra undbeschützten sein rituelles Opfer.

Als Rama ins Exil ging, folgte Bharata Ramas Anweisung, verliessAyodhya, liess sich im Dorf Nandi nieder und sang vierzehn Jahre langRamas Namen. Aus diesem Grund heisst es, Bharata verkörpere Sa-maveda, den Veda der Lieder. Es ist Shatrughna, der die Plätze unddie Umgebung beschützt, an denen Opferhandlungen und Ritualedurchgeführt werden, so dass keine bösen Geister und Dämonen ein-dringen können. Denkt nicht, dass die Veden und das Ramayana ver-schieden voneinander sind. In Wirklichkeit ist das Ramayana die Es-senz der Veden.

Rama lehrte im Ramayana die folgenden drei Aspekte der GöttlichenOrdnung: Den Verhaltenskodex für den Einzelnen, für die Familie undfür die Gesellschaft. Um diese drei Aspekte der Göttlichen Ordnung auf-rechtzuerhalten und zu schützen, manifestierte sich die Göttlichkeit inGestalt dieser drei Aspekte. Die menschlichen Werte wurden festge-

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legt. Das Mahabharata fand vor mehr als 5‘000 Jahren statt, das Ra-manaya Äonen vorher.Obwohl sich das Ramayana vor vielen Jahrtausenden abspielte, ist esheute noch in der Welt bekannt und leuchtet im Herzen eines jedenMenschen. Dies gibt euch eine kleine Vorstellung von seiner Bedeu-tung und Heiligkeit. Andere Dichtungen und Geschichten blieben nichtJahrtausende lang im Herzen der Menschen lebendig. Allein das Ra-mayana fliesst, strahlt und gibt den Menschen Unterweisungen überTausende von Jahren hinweg. Das Ramayana birgt zwei wichtige Botschaften in sich; die eine beziehtsich auf Rama, die andere auf Ravana, den dämonischen Herrschervon Lanka. Wahrheit und die Göttliche Ordnung sind die zwei Augen des Men-schen. Diese zwei “Augen” sind die wahre Form aller heiligen Schriften.Aus diesem Grund sind auch all die verschiedenen heiligen Schriftenwie die zwei Augen des Menschen. Rama verkündete der Welt, derMensch solle sein Leben heiligen, indem er Wahrheit und gottgerechtesHandeln lehrt und verbreitet. Wahrheit und gottgemässes Handeln waren dem Wesen Ravanas ent-gegengesetzt. Weder nahm er Wahrheit an noch praktizierte er dieRechtschaffenheit (dharma); beide hielt er weit von sich entfernt. ZumZeitpunkt seines Todes gab Ravana seinem Volk die folgende Bot-schaft: “O Volk! Lebt nicht wie ich, haltet Wahrheit und die Göttliche Ord-nung nicht fern von euch. Ich bin die Verkörperung aller üblen Eigen-schaften. Unfähig, meine übermässigen Wünsche zu beherrschen undmich über Täuschung zu erheben, habe ich mein ganzes Königreichzerstört und mich selbst ruiniert. Alles, was ich letztlich erreichte, warein schlechter Ruf.“Rama erlangte einen guten Ruf, Ravana einen schlechten, beide ge-hören zusammen. Ohne Rama gibt es keinen Ravana und ohne Ra-vana keinen Rama. Das Ramayana steht für die Tatsache, dass Guteswie Schlechtes Seite an Seite existieren. Das Gesicht, das strahlt wie der Mond, wird von schwarzen Locken um-rahmt. Was ist die innere Bedeutung davon? Dem leuchtenden Dharmafolgen die schwarzen Strahlen des schlechten Rufes hinterher. Guteswie Böses sind Manifestationen des Menschen.Versteht die innere Bedeutung der Ereignisse im Ramayana. Das Ra-mayana umfasst sehr subtile Verhaltensrichtlinien. Es ist nicht nur eineAnsammlung von Geschichten Einzelner. Als Erstes lehrt es den Ver-haltenskodex des Einzelnen, aber dieser bezieht sich nicht nur auf dieäussere Form des Individuums. Das Ramayana belehrt über die nicht

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manifestierten verborgenen, dem Menschen innewohnenden Wesens-züge. Nur wenn die innere Wahrheit und die im Herzen wohnende Gött-lichkeit ausgedrückt werden, kann man von Individualität sprechen. In-dividualität bezieht sich nicht auf die äussere Form, sondern zeugt vonder inneren Wahrheit, die im Herzen verborgen ist. Wer diese innereWahrheit praktiziert, ist ein wahres Individuum. Rama hat den Verhaltenskodex des Einzelnen durch sein Beispiel inder Welt verbreitet. Um der Anweisung seines Vaters zu folgen, ginger in den Wald ins Exil, wo er zahlreiche Mühen und Schwierigkeitenerfuhr. Aber er betrachtete diese Mühen nicht als solche. Er wahrtedurch sein Verhalten auch den Verhaltenskodex der Familie. Er legtevor der Welt Zeugnis dafür ab, dass er von der Pflicht der Ikshavaku-Dynastie nicht abweichen würde. Indem er in allen Situationen Mutter,Vater, Frau und Kinder respektierte und seinen Brüdern die rechte Ach-tung verschaffte, erfüllte er zugleich den gesellschaftlichen Aspekt derRechtschaffenheit.Rama war die Verkörperung von Rechtschaffenheit. In welcher Weiseschützte er die Achtung der Familie? Als Asket gekleidet betrat er seinerMutter Residenz, um ihre Genehmigung einzuholen, in den Wald gehenzu können. Kausalya, seine Mutter war sehr überrascht. “Was hat dieszu bedeuten? Der Sohn, der zum König der Könige gekrönt werden soll-te, kommt in Kleidern aus Baumfasern.“ Rama teilte ihr lächelnd mit:“Mutter! Vater hat mich heute zum König des Waldreichs gekrönt. Vonheute an werde ich über das Königreich des Waldes herrschen. Diesentspricht unserem Familiendharma.“ Als sie in dieser Weise miteinander redeten, stürmte Lakshmana wut-entbrannt herein: “Mutter! Dies ist nicht das, was wirklich geschah. Va-ter hörte auf Kaikeyis Worte und verursachte diese schlimme Situation.“Lakshmana erzählte alles, was geschehen war, ohne etwas auszulas-sen, und fuhr fort: “Ich warte nur auf Ramas Anweisung. Im gleichenMoment werde ich mich aufmachen, diese Manthara und diese Kaikeyitöten und Rama krönen. Ich achte noch nicht mal mehr den Vater.“Während er so sprach, sprang Rama herbei, verschloss mit seinerHand Lakshmanas Mund und sagte: “Lakshmana! So ein übles Ver-halten ist unserer Familie nicht angemessen. Unser Familiendharmabesteht darin, die von Gott gesetzte Ordnung zu praktizieren. Auf derBasis des Verhaltenskodexes des Einzelnen haben wir den Verhal-tenskodex der Familie zu schützen. In dieser Welt geschieht nichtsohne Grund. Vater hätte mir nicht diese Anweisung gegeben, ohne ei-nen Grund dafür zu haben. Bewahre deshalb Frieden.“

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Als Kausalya hörte, was Lakshmana berichtete, fiel sie ohnmächtig zuBoden. Später sagte sie zu Rama: “Rama, ist es nicht die Pflicht desSohnes, Vater und Mutter gleichermassen zu gehorchen? Bin ich nichtseine Hälfte? Deshalb musst du auch den Worten der Mutter Gehorsamzollen. Ich werde mit dir in den Wald gehen!“Rama belehrte daraufhin Kausalya: “Mutter! Aufgrund der Trennungvon mir ist Vater von Schmerz erfüllt. In dieser Situation kannst du Vaternicht verlassen und mit mir kommen. Du bist seine Hälfte. Es ist deinePflicht, ihn zu trösten und zu schützen. Es ist die Pflicht der Frauen Bha-rats, dem Wort des Ehemannes zu gehorchen. Darin liegt die Pflichtder Frau. Du solltest zuerst ihm dienen und nicht anderen. Ich bin erstspäter zu euch gekommen; nicht ich zähle, sondern du hast der An-weisung des Ehemannes zu gehorchen.“Sita, seine Gemahlin, stand dabei und hörte diese Unterhaltung. Siesagte: “Rama! Du sprichst so weise über deine Pflicht! Als ich sagte,dass ich mit dir in den Wald gehen würde, erwidertest du, ich solle nichtmitkommen, sondern der alten Mutter und dem alten Vater dienen. Siemögen jung oder alt sein, du bist mein Ehemann und ich deine Ehefrau,nicht wahr? Zur Mutter wiederum sagst du, sie solle der Anweisung ih-res Ehemannes gehorchen und den Dienst am Ehemann als das Wich-tigste empfinden. Mein Ehemann ist mein Gott. Mein wichtigstes Zielbesteht darin, meinem Mann zu dienen. Existiert für mich und meineMutter eine unterschiedliche Pflicht? Das ist nicht die rechte Art zu be-lehren.“ Obwohl sie ihm so widersprach, war Rama über Sitas Reaktionerfreut. Dharma muss mit aller Intelligenz und allem Takt angewendetund bis zu einem gewissen Ausmass der Situation angepasst werden.Indem Rama in dieser Weise die richtige Verhaltensweise lehrte, för-derte er den Verhaltenskodex der Familie und erhielt die Achtung derFamilie. Als Lakshmana Kaikeyi vehement anklagte, wies ihn Rama zurecht:“Lakshmana! Kaikeyi liebt mich mehr als ihren eigenen Sohn Bharata.Du solltest Kaikeyi, die wie meine Mutter ist, nicht beschuldigen. In Ent-sprechung zu unserem Familiendharma gehorche ich der Anweisungdes Vaters und respektiere die Mütter.“ In dieser Weise lehrte Ramadie Göttliche Ordnung entsprechend der Zeit und den Umständen.

Es gab noch weitere wichtige Geschehnisse in diesem Ramayana. AlsShurpanakha, Ravanas Dämonenschwester, zu Rama und Lakshma-na in den Wald kam, schlug Lakshmana ihr Nase und Ohren ab. Siebeklagte sich bei ihrem Bruder Ravana, der daraufhin mit einer riesigenArmee in den Wald zog. Rama rief Lakshmana nahe zu sich und un-

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terwies ihn: “Lakshmana! Du hast mich als deinen Bruder zu unterstüt-zen; lass keine anderen Ideen in dein Herz dringen. Allein meine An-weisung sollte für dich zählen. Ich werde allein mit dieser Armee vonDämonen kämpfen. Bringe du hingegen Sita in eine kleine Höhle in Si-cherheit und beschütze sie dort.”Lakshmana konnte dies überhaupt nicht akzeptieren, sondern empörtesich: “Bruder! Ich soll mit Sita in einer Höhle bleiben und dich allein mitden Dämonen kämpfen lassen? Ich werde an deiner Seite kämpfen.Die Dämonen sind so zahlreich. Wenn sie dich umzingeln, bist du alleinauf dich gestellt. Ist es eines Bruders Pflicht, dich dann allein zu lassen?Deshalb werde ich nicht in die Höhle gehen. Es ist nicht meine Pflicht,Sita zu beschützen; das einzige mir wichtige Ziel besteht darin, meinenBruder Rama zu schützen. Ich werde nicht gehen und dich allein las-sen.“ Rama erwiderte darauf: “Im Verhaltenskodex der Gesellschaftgibt es viele ähnliche Situationen. Ich muss, wie du weisst, diese Pflichtentsprechend der Zeit und den Umständen weise anwenden. Bist dudir nicht dessen bewusst, dass ich mit unzähligen Angreifern allein fer-tig werden kann? Ich werde mit ihnen kämpfen, und du beschützt un-terdessen Sita.“ Mit solch sanften Worten besänftigte Rama ihn undwisperte Lakshmana das Geheimnis der angemessenen Pflicht in dieOhren, so dass Lakshmana schliesslich einwilligte. Er nahm Sita mitsich und führte sie in eine sichere Höhle. Von dort aus hörten sie lauteSchreie und sahen grelle Blitze. Es war unerträglich für Lakshmana,und auch Sita drängte ihn sogar mit Beschimpfungen, zu gehen undRama zu helfen. Er erwiderte: “Mutter! Wie kann ich Ramas Anweisungmissachten? Es ist meine vorrangige Pflicht, Ramas, und nicht Sitas,Anweisung zu folgen. Ich gehe nicht. Rama ist fähig, allein den Siegüber die Feinde zu erringen. Er ist allmächtig und allwissend. Was istmeine Stärke verglichen mit seiner?“ Mit diesen Worten besänftigte ersie und wartete auf Rama. Rama wandte eine tausendgesichtige Waffe an und alle Dämonen wur-den getötet. Als Rama zur Höhle kam, war Lakshmana sehr froh, ihnunversehrt zu sehen. Wie konnte der eine Rama die Horden von Dä-monen allein töten? In Wahrheit besitzt Rama nicht eine Form, sondernunzählige.

Der höchste Herr besitzt Tausende von Köpfen, Augen, Füssen.(Sanskrit-Vers)

Sobald die Dämonen Ramas Antlitz sahen,fielen sie ohnmächtig zu Boden.

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Süsser als Zucker, schmackhafter als Butter,süsser als gereifter Honig -

wenn man Ramas Namen beständig wiederholt,schmeckt es wie göttlicher Nektar selbst.

Besinne dich deshalb unablässig auf diesen süssen Namen!(Gedicht in Telugu)

Lakshmana sagte zu Sita: „Mutter! Es mag möglich sein, die Wellenim Ozean zu zählen, aber es ist nicht möglich, Ramas Kraft einzuschät-zen. In Rama sind transzendentale Kräfte, die jenseits der drei Eigen-schaften sind. Wer könnte Ramas Kraft beschützen? Wir sind alle nurseine Instrumente, aber Rama besitzt alle Kräfte. Es genügt, den Na-men Ramas auszusprechen.“

Niemandem ist es möglich, das Wesen der Göttlichkeit zu beschreiben.Die Verhaltensrichtlinien im Ramayana entsprechen denen der Veden.Der Verhaltenskodex wird auf zweierlei Weise unterteilt: Die eine ist deräussere (pravritti), die andere der innere Weg (nivritti). Alle Handlun-gen, die sich auf die Welt beziehen, gehören zum Verhaltenskodex desäusseren Wegs. Pravritti sagt einem zum Beispiel: “Mein Kind, iss et-was!“ Nivritti ermahnt sogleich: “Kind! Nur weil du Hunger hast, iss nichteinfach das, was dir in die Finger kommt. Frage erst, was und wie duessen sollst!“ Diese Art von Belehrung ist der Verhaltenskodex des in-neren Wegs.Der äussere Weg wirbelt den Geist auf. Der innere Weg hingegen bringtdas Herz zum Schmelzen. Zwischen dem äusseren und dem innerenWeg besteht ein himmelweiter Unterschied! Der innere Weg steht mitinneren Empfindungen, der äussere mit äusseren Handlungen in Ver-bindung. Alles, was wir mit den Augen sehen, mit den Ohren hören unddurch unseren Geist erfahren, gehört zum äusseren Weg. Der innereWeg liegt jenseits der Sinnesorgane. Rama lehrte den inneren Weg.

Der Herr der Veden wurde als Mensch, als Sohn von Dasharatha ge-boren. Dies ist eine wichtige Aussage der Veden. Der als Sohn von Das-haratha Geborene war nicht wirklich sein Sohn und er wurde nicht inKausalyas Leib, sondern im rituellen Opferfeuer geboren. Yajna, einerituelle Opferhandlung, ist eine Form der Veden; sie hat nichts mit welt-lichen, körperlichen Aspekten zu tun. Es ist jenseits von denkendemGeist und Verstand. Rama, Lakshmana, Bharata und Shatrughna sindkeine gewöhnlichen Verkörperungen.

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Rama war Kaikeyi sehr lieb und sie liebte ihn mehr, als ihren eigenenSohn Bharata. Aber Manthara, ihre Dienerin, stellte sich dazwischen.Wer ist Manthara in Wirklichkeit? Wenn man dies erforscht, findet mandie Antwort in den Veden.Als König Kekaya, der Vater von Kaikeyi, einst auf Jagd ging, spieltenein Reh und ein Hirsch miteinander, und der König erschoss den Hir-schen. Das Reh kam weinend zu seiner Mutter. “Mutter! Dieser KönigKekaya hat meinen Mann getötet. Was wird jetzt mein Los sein?“ DieMutter hatte ein Mittel, das Verstorbene ins Leben zurückbringen konn-te. Also sagte die Rehmutter: “Mein Liebes, weine nicht; ich werde dei-nen Gemahl wieder zum Leben erwecken; sei nicht traurig.“Nachdem sie das gesagt hatte, ging sie zu König Kekaya und sagte:“So eine Handlung entspricht dir nicht, und ein König sollte so etwasnicht tun. Du solltest keine Trennung verursachen. Diese Trennungwird deinem Leben Unfrieden bringen. So wie ich aufgrund des Todesmeines Schwiegersohns leide, ebenso wirst du in bezug auf deinenSchwiegersohn zu leiden haben, und ich werde die Ursache dafür sein.“Diese Rehmutter wurde als Manthara wiedergeboren und war die Ur-sache der Trennung Dasharathas von Rama und dafür, dass KaikeyisVater Kekaya seinen Schwiegersohn, Dasharatha, verlor. Wenn man die verschiedenen Ereignisse näher untersucht, kann mansieben dahinterliegende Wahrheiten finden, die in den Veden enthaltensind.Die Shastras und Puranas hängen zusammen und sind miteinanderverbunden; es ist nicht möglich, sie als verschieden und getrennt zuklassifizieren. Gelehrte folgen in dieser weltlichen Welt der körperge-bundenen Auslegung und trennen sie in verschiedene Teile. Es ist nicht möglich, Gutes und Schlechtes voneinander zu trennen.Gutes und Schlechtes existieren gemeinsam und niemand kann sietrennen. Glück kann nicht getrennt von Leid erfahren werden. Deshalbist es niemandem möglich, Schlechtes fernzuhalten. Ohne Ravana hät-te Ramas Herrlichkeit sich nicht in der ganzen Welt verbreitet. Das Ra-mayana vereint in seiner Lehre Gutes wie Schlechtes und gab das derWelt weiter.Auch Ravana war kein gewöhnlicher Mensch. Er hatte alles erlernt, wasauch Rama erlernt hatte. Aber was tat Ravana mit seinem Wissen? Auf-grund der schlechten Eigenschaften in ihm setzte er das Wissen nichtum und es entstand eine Verdauungsstörung. Rama hingegen verdau-te das erlernte Wissen, setzte es um und erhob die Welt dadurch.Es gibt zwei Arten von Lernen: Das eine ist innerliches, das andere äus-serliches Lernen. All das Lernen, Auswendiglernen und in der Prüfung

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niederschreiben ist äusserliches Lernen. Wenn das Gelernte ins Herzgesenkt wird, bringt es dem Herzen Süsse und Glückseligkeit, das istinneres Lernen. Das eine ist 'education' (äussere Bildung), das andere'educare', die innere Bildung. Das sollten wir lernen. Rama und Ravanastehen für 'educare' und 'education'.

Manthara vergass nie den alten Beschluss und braute Geschichten ge-gen Dasharatha zusammen, um Kaikeyis Liebe zu Dasharatha zu zer-stören.Ausserhalb des Palastes waren laute Musik und Fanfaren zu hören,die Pferde wieherten und die Elefanten trompeteten. Was war die Ur-sache all diesen Lärms? Dasharatha kam in einer Prozession, um Kai-keyi die Neuigkeit von Ramas Krönung mitzuteilen. Sich fragend, wasdieser Lärm bedeutet, stand die buckelige Manthara auf und ging aufdie Dachterrasse des Palastes. Sie wunderte sich: “Was hat das zu be-deuten? Der König kommt allein, mit niemandem sonst als Begleitung.“Manthara mochte noch nicht einmal, dass Dasharatha in solcher Herr-lichkeit herannahte. Als sie hinunterging, traf sie Deera, eine DienerinKausalyas. Diese wollte Kaikeyi die Seidenkleider und Schmuckstückezeigen, die sie von Kausalya erhalten hatte. Manthara sah sie und frag-te: “Was ist los? Du kommst so aufgeputzt hierher? Wer gab es undwarum?“ Diese sagte: “Kausalyas Sohn wird König werden. Aus Freu-de darüber gab Kausalya allen Bediensteten Seidenkleider undSchmuckstücke.“ Manthara wurde zornig und eifersüchtig, als sie dashörte, auch, weil Kausalya ihr nichts gegeben hatte. Mit den Worten:“Warte hier!“ ging sie hinein zu Kaikeyi und fragte sie: “Kaikeyi, warumschmückst du dich so und wofür?“ Kaikeyi beachtete sie nicht. Mantha-ra ging nahe zu Kaikeyi und sagte: “Mutter Kaikeyi, du begehst einengrossen Fehler. Du glaubst, der König liebt dich. Diese Liebe ist nurgekünstelt. Du lässt dich von dieser Liebe täuschen. Bald wirst du deineelende zukünftige Lage sehen. Höre auf mein Worte!“ Während sie diessagte, tippte sie Kaikeyi auf die Schulter. Sobald Manthara KaikeyisRücken berührte, drangen die schlechten Empfindungen und Eigen-schaften Mantharas in Kaikeyi ein.Ihr solltet niemals mit Leuten mit schlechten Eigenschaften zusam-mensein. Allein ihre Berührung wird euch in grosse Gefahr bringen.Weil ihre Schulter von Manthara berührt wurde, tauchten schlechte Ei-genschaften in Kaikeyi auf. Kaikeyi, die Rama zuvor so sehr pries undliebte, wandte sich von da an gegen Rama. Dasharatha war nahe. Manthara sagte zu Kaikeyi: “Nimm, ehe erkommt, allen Schmuck ab und wirf ihn weg. Geh in die “Halle des Zorns“

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und falle gleich einer verwelkten Schlingpflanze dort nieder.“ Kaikeyifolgte Mantharas Worten und fiel in der Halle des Zorns zu Boden.Der ehrwürdige König kam und fragte: “Wo ist Kaikeyi?“ Niemand ant-wortete. Manthara trat vor und sagte: “Gehe dorthin und sehe selbst.“Dasharatha ging hinein und erblickte Kaikeyi. Sie hatte sich mittlerweilein beängstigender Weise verändert. Die Juwelen waren beiseite ge-worfen. Dasharatha war entsetzt, als er sie so sah.“Kaikeyi! Warum verhältst du dich so?“ Sie gab keine Antwort. Dasha-ratha redete weiter: “Dieses Verhalten ist nicht gut. Die Krönung Ramassteht bevor. Dies ist ein sehr herausragender, wichtiger, glückseligerTag in meinem Leben. Du solltest dich nicht in diesem Leid ergehen.“Er kam näher und bezeugte ihr seine Fürsorge in so vieler Weise: “Wasimmer du willst, wie viele Juwelen, welches Haus oder welchen Palastauch immer, ich werde es dir geben.“ Er gab ihr dieses Versprechen.Sie erwiderte: “Ich will nichts dergleichen.“ Er fiel zu Boden. Langsamdrehte Manthara sich um, kam herbei und sagte zu Kaikeyi: “Als Das-haratha auf dem Schlachtfeld war, warst du so tapfer und halfst ihmso sehr. Deshalb gewährte Dasharatha dir zwei Wünsche und versi-cherte, du könntest jederzeit darum bitten. Jetzt ist die Zeit dafür ge-kommen. Bitte jetzt um die Erfüllung dieser Wünsche.“ Kaikeyi erwi-derte: “Welche Wünsche? Ich erinnere mich nicht daran.“ “AlsDasharatha mit Sharadushana kämpfte, lockerte sich ein Keil der Rad-achse von Dasharathas Wagen. Ehe das Rad abfiel, hast du deinenFinger an Stelle des Keils genommen und hieltest das Rad an seinerStelle, was Dasharatha ermöglichte, den Feind zu schlagen; dadurchhattest du sein Leben gerettet. Aufgrund dieser Hilfe gewährte Dasha-ratha dir aus Freude zwei Wünsche. Du sagtest, du würdest später dar-um bitten und Dasharatha versprach dir, die Wünsche dann zu erfül-len.“ (Sathya Sai Baba erwähnte an dieser Stelle: Ob in dieser Zeit oderin einer anderen, Ehemann und Ehefrau können dreizehn Jahr langvoneinander getrennt bleiben. Wenn diese dreizehn Jahre überschrit-ten werden, können beide nicht mehr zusammenkommen). Manthara fuhr fort: “Wünsche dir deshalb, dass Rama für vierzehn Jah-re in den Wald ins Exil gesandt und dein Sohn Bharata an seiner Stellezum König gekrönt wird.“ Kaikeyi befolgte Mantharas Rat und fordertein dieser Situation die Erfüllung der zwei Wünsche. Dasharatha sagte:“Wer von der Krankheit Eifersucht befallen ist, ist unheilbar. Kaikeyi!Warum empfindest du diese üble Eifersucht? Sie wird dich krank ma-chen und dir einen schlechten Ruf einbringen. Das ist nicht gut.“ In die-ser Weise versuchte er sie zu belehren, aber Kaikeyi blieb bei ihrer Hal-tung. “Egal, was du sagst, Manthara ist mein Guru. Ich werde ihr

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gehorchen. Ich fordere die Krönung meines Sohnes und Exil im Waldfür deinen Sohn Rama!“ Als Dasharatha dies hörte, wurde er ohnmäch-tig vor Schmerz . Manthara war ganz und gar in Kaikeyis Geist und Ge-müt eingedrungen. Wenn der Dämon Eifersucht über einen kommt, istman ihm ausgeliefert. Niemand kann frei von ihr werden. Manthara, dieEifersucht verkörpert, hatte Kaikeyi fest in ihrem Griff. Schlechte undgute Eigenschaften sind in vielerlei Weise so eng miteinander verbun-den. Deshalb sage ich hin und wieder: Meidet die Verbindung mitschlechten Menschen. Wenn jemand, der voller Eifersucht ist, euch be-rührt, wird die Eifersucht in euch eindringen. Gebt eher euer Leben auf,als Freundschaft mit eifersüchtigen Menschen zu schliessen. Mantharawar die verkörperte Eifersucht. Weil sie mit dieser Verkörperung der Ei-fersucht zusammen war, kam ein Wandel über Kaikeyi, die bis dahinRama wie ihren eigenen Lebensatem geliebt hatte. Kaikeyi hörte nichtauf Dasharathas belehrende Worte, sie waren fruchtlos.In diesem Moment kam Rama in Königskleidern herbei, bereit zur Krö-nung, um sich vor seinen Eltern zu verbeugen. Er schaute auf die Si-tuation und fragte Kaikeyi: “Mutter, was gibt es für ein Problem?“ Kaikeyiantwortete nicht, aber die eifersüchtige Manthara sagte zu ihm: “ZurZeit des Kampfes mit Sharadushana gab Dasharatha Kaikeyi das Ver-sprechen, ihr zwei Wünsche zu erfüllen. Kaikeyi verlangte, du sollst fürvierzehn Jahre in den Wald ins Exil gehen und Kaikeyis Sohn Bharatasolle an deiner Stelle zum König gekrönt werden. Aber heute ist deinVater nicht bereit, sein Wort zu halten. Als Rama das hörte, verspracher Kaikeyi, das Versprechen seines Vaters sofort einzulösen. Man soll-te ein Versprechen nie brechen. Eine solche Haltung würde der Iksh-vaku-Sippe einen schlechten Ruf bringen. Ich werde in den Wald ge-hen.” Sogleich brachte Manthara Kleider für Rama aus Baumfasernherbei. Rama wechselte sofort die Kleider. Eifersucht ist so schnell zumHandeln bereit! Er ging zum Vater und verbeugte sich vor ihm, aberDasharatha war bewusstlose und nahm das Geschehen nicht wahr.Daraufhin wandte sich Kaikeyi zu Rama und fragte: “Rama! Betrachtestdu Vater und Mutter als verschieden? Als Mutter sage ich dir, gehe nunsofort in den Wald.“ Und Rama ging ohne Widerrede fort.

Im Ramayana werden Ravana und Manthara als Beispiele schlechterEigenschaften dargestellt. Ravana starb im Kampf, Manthara hingegenist bis heute nicht gestorben! Manthara, die Form der Eifersucht, lebtewig. Niemand kann diese “Manthara“ töten. Es ist unser aller wichtigePflicht der Eifersucht, keine Aufmerksamkeit zu schenken.

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Als Lakshmana Manthara töten wollte, stoppte ihn Rama mit den Wor-ten: “Man darf keine Frau töten.” Eifersucht ist die schlimmste aller üb-len Eigenschaften, sie hat keine Grenzen. Drei Viertel dieser Welt wirddurch Eifersucht ruiniert. Es gibt Personen die sind eifersüchtig auf denErfolg, die Schönheit, die Erziehung und das Glück anderer und möch-ten sie zu Fall bringen und sie zu ruinieren. Sprecht deshalb keineschlechten Worte, hört keine schlechten Worte und verrichtet keineschlechten Taten. Das Ramayana ist dafür ein wichtiges Vorbild.Manthara sprach schlechte Worte und Kaikeyi hörte den schlechtenWorten zu. Was geschah mit beiden? Niemand in der Welt will sich ansie erinnern. Wer unter den Frauen trägt den Namen Manthara, werden Namen Kaikeyi? Man findet Frauen, die Kausalya heissen, aberniemand heisst Kaikeyi. Niemand will den Namen von Menschen tra-gen, die schlecht sprechen und schlechten Worten zuhören.Kichaka sah Draupadi mit übelgesinnten Blicken an, deswegen wurdeer von Bhima getötet. Trägt irgendein Mann den Namen Kichaka? Nie-mand will den Namen von Menschen tragen, die schlechte Worte spre-chen, Schlechtem zuhören und schlechte Blicke werfen.Das Ramayana gibt uns Beispiele eines vorbildhaften Lebens. Aus die-sem Grund achten Menschen aller Länder und Sprachen noch jetzt dasRamayana. Dieses heilige Epos ist immer neu und schenkt immer neu-es Licht. Seine Herrlichkeit verwelkt und vergeht nie. Es strahlt immerneu und lacht freudvoll. Aufgrund seiner Heiligkeit wird das Ramayanavon den Bharatiyas seit so vielen tausend Jahren gepflegt und geach-tet.

Heute wird Ramas Geburtstag gefeiert. Rama besitzt sehr heilige Ei-genschaften. Einst besuchte Anjani, die Mutter Hanumans Kausalya,Ramas Mutter. Kausalya fragte sie: “Mutter wer bist du?“ Anjani ant-wortete: Ich bin die Mutter Hanumans, des grossen Kriegers, der überdas Meer nach Lanka sprang.“ Dann kam die Mutter des WeisenAgastya. Wieder fragte Kausalya, wer sie sei. “Ich bin die Mutter desSohnes, der den ganzen Ozean in einem Schluck austrank.“ Kausalyasagte darauf zu ihnen: “Nur aufgrund der Kraft des Namens meinesSohnes Rama konnten eure Söhne diese Heldentaten vollbringen.“ Indiesem Moment kam Rama herein und fragte Kausalya, worüber siediskutierten. Kausalya erwiderte: “Sohn, wir sprechen über die Grössedeines Namens.“ Rama sagte daraufhin: “Mutter, sie konnten nicht auf-grund der Grösse meines Namens, sondern aufgrund der Grösse mei-nes Willens solch herausragende Dinge vollbringen. Es gibt viele Men-

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schen die meinen Namen singen, aber können sie die gleichen Dingetun? Reinheit des Herzens ist die Hauptursache.“

Wer Reinheit, Geduld und Beharrlichkeit besitzt, ist wahrhaftig göttlich.Ihr müsst die Entschlusskraft besitzen, auch in schlechten Zeiten amGuten festhalten. Egal, welche Schwierigkeiten auf euch zukommen,bewahrt Geduld und Frieden. Strebt nicht nach Namen und Reichtum.Haltet eure Herzen rein und seid entschlossen, Gutes zu tun. Dies istdie wahre spirituelle Praxis.Um die Grösse, die Kraft und Herrlichkeit Ramas zu beschreiben, ver-fasste Tyagaraja einst ein Gedicht:

Könnte ein Affe, ohne deine göttliche Kraft,den Ozean überspringen?

Würde der intelligente Bharata sich vor dir verbeugen?Würde Lakshmidevi, die Göttin des Wohlstandes,

dich als ihren Gemahl lieben?Worte können deine göttliche Kraft nicht beschreiben.

Seit vielen tausend Jahren wiederholen die Menschen Ramas Namen,verteilen an seinem Geburtstag Hülsenfrüchte und trinken Zuckerrohr-saft. Aber sie sind nicht von einer einzigen schlechten Eigenschaft freigeworden. Was bringt es dann, all diese Feste zu feiern? Durch dasFeiern dieser Festtage muss euer Herz wie eine reife Frucht werden,es sollte sich wandeln und süss werden. Nur dann wird das Fest ge-heiligt sein.

Schüler, Studenten! Ihr seid noch jung und habt einen langen Weg voreuch. Die Gesellschaft gleicht einem Zug, in dem die Jungen noch weitreisen und die alten Leute an der nächsten Station aussteigen werden.Wo werden sie aussteigen, was werden sie tun? Ihr steigt noch nichtaus und habt eine lange Reise vor euch. Haltet euer Abteil sauber undrein und habt eine glückliche Reise. Habt das Ziel vor Augen und er-haltet die Frucht der göttlichen Gnade. Das ist eure Aufgabe.Singt aus ganzem Herzen Ramas Namen, verankert Rama in euremHerzen und heiligt euer Leben. Rama ist in der Form Atmans in jedemHerzen gegenwärtig, deshalb spricht man von Atma Rama. Atman ver-ändert sich nie. Atman ist eure wahre Form. Entwickelt deshalb das Ver-trauen, dass ihr selbst Gott seid: Ich bin Gott, ich bin Gott, ich bin Gott.

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Verkörperungen der Liebe! Wie ihr wisst, ist Puttaparthi Teil von Ra-yalaseema, der Teil von Andrah Pradesh, der für seine Kargheit, Was-serarmut und heissen Sommer bekannt ist. Egal, wie glückselig ihr hierseid, es wird so heiss, dass der Körper es kaum ertragen kann. Es istnatürlich in dieser Jahreszeit. Deshalb können von heute Abend an alle,die abfahren wollen, dies tun. Ihr braucht nicht auf Swamis Genehmi-gung zu warten. Geht glücklich nach Hause und kommt glücklich imJuni nach Prashanti Nilayam zurück.(Vollständige Übersetzung der Ansprache in Prashanti Nilayam, zum

Geburtstag Ramas)

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14. April

Fülle alle deine Handlungen mit Liebe

Jemand ohne Stolz und Ego wird von allen geliebt.Wer frei von Zorn ist wird keine Sorgen haben.

Wer frei von Wünschen ist, dem wird es wohl ergehen.Wer frei von Gier ist, wird glücklich sein.

Verkörperungen der Liebe! Solange Ego und Stolz im Menschen sind,wird niemand ihn lieben, nicht einmal seine Frau und seine Kinder. Siemögen zwar so tun, wie wenn sie lieben, aber es ist keine wahre Liebe.Der Grund liegt darin, dass Ego und Stolz im Menschen die Liebe be-hindern.Solange ein Mensch zornig ist, ist er zum Leiden verurteilt. Je mehr Zornein Mensch in sich trägt, desto mehr leidet er. Um frei von Leid zu seinund Frieden zu erfahren, müsst ihr euch vom Zorn befreien. Solangeein Mensch Wünsche hat, kann es ihm nicht wohl ergehen. WenigerGepäck schafft mehr Bequemlichkeit. Auf dieser Lebensreise sindWünsche das Gepäck, das man reduzieren muss, um bequem zu rei-sen. Solange der Mensch voller Gier ist, kann er nicht glücklich sein.Sobald er diese Gier aufgibt, werden aller Wohlstand, alle Bequem-lichkeit und alle Glückseligkeit zu ihm kommen.

Heute ist der Beginn des neuen Jahres, Vishu genannt. So viele neueJahre sind mit all ihren Erfahrungen vorbeigezogen. Jeder wartet dar-auf, ob das neue Jahr ihm und der Welt Wohlstand, Frieden und Glückbringen werden. Aber das Wohlergehen des Landes und jenes der Welthängt von den Handlungen des Menschen ab. Seine Handlungen be-ruhen auf seinen Gedanken und Gefühlen, und diese wiederum auf sei-nen Beschlüssen, Zielen und Absichten. Nur wenn der Mensch gute,wahrhaftige Beschlüsse und Gedanken fasst, wird die Welt erblühen.Deshalb sollte jeder Mensch, welcher der Welt Wohlergehen wünscht,gut denken und handeln.Gutes und Schlechtes, Glück und Leid, Verdienst sowie die Sünde desMenschen, hängen von seinen Handlungen ab. Nur wenn die Hand-lungen gut sind, ist das Ergebnis gut. Aber der Mensch denkt heutzu-tage überhaupt nicht über die Folgen seiner Handlungen nach, sonderner handelt, wie es ihm gefällt. Es ist sehr leicht, zu handeln, aber die

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Ergebnisse dieser Handlungen türmen sich gleich Bergen auf und ste-hen einem als Hindernisse und Widerstände im Weg. Gutes wieSchlechtes beruhen also auf den Handlungen des Menschen. Deshalberklären die Upanishaden: "Ich verneige mich vor dieser Form des Han-delns. Jede Handlung, die ich verrichte, sollte rein sein und dem Wohl-ergehen der Welt dienen."Vor Beginn jeder Handlung solltet ihr euch vor ihr verbeugen; das isteiner der wichtigen Grundsätze der indischen Kultur. Seid alten Zeitenverneigten sich die Menschen vor der Handlung, egal, ob sie gering-fügig oder gross war und zollten ihr so Respekt. Eine Tänzerin führt vorder Aufführung die Fusskettchen ehrfurchtsvoll an ihr Auge, ehe sie die-se um ihre Knöchel legt, und beginnt erst dann mit dem Tanz. Wer Tabla(Trommel) spielt, verneigt sich erst vor dem Instrument und beginntdann zu spielen. Um welche Handlung auch immer es geht, man er-weist ihr zuerst Achtung und verneigt sich vor ihr. Nicht nur gebildeteLeute, auch ungebildete und sogar Dummköpfe tun dies. Auch ein Last-wagenfahrer verbeugt sich vor dem Lenkrad, ehe er losfährt. Darin liegtdie Heiligkeit der alten Kultur. Ehe ihr eine Handlung beginnt, verneigteuch erst davor. Was ist die Bedeutung dieses ehrfurchtsvollen Ver-neigens? Es bedeutet, frei von Ego zu sein. Aber heutzutage ist dieseheilige Kultur in Vergessenheit geraten, und der Mensch handelt, wiees ihm passt. Entsprechend fügen auch die daraus entstehendenSchwierigkeiten Leid zu, wie es ihnen passt. Wenn der Mensch das ausseinem Handeln folgende Leid erlebt, jammert und klagt er; aber eheer handelt, fragt er sich nicht, ob die Handlung gut oder schlecht ist.Bevor ihr handelt müsst ihr deshalb hinterfragen, ob die Handlung gutoder schlecht ist. Hetzt euch nicht. Eile führt zu Verschwendung, Ver-schwendung erzeugt Sorgen. Seid deshalb nicht in Eile. Handelt in Frie-den, ohne vorschnell zu sein. Glück wie Leid eines jeden Menschenhängen von seinen Handlungen ab. Es ist nicht das neue Jahr, dasGlück oder Leid bringt, sondern ihr erfahrt die Ergebnisse eurer eigenenHandlungen. Überlegt deshalb das Ergebnis, ehe ihr handelt. Tut Din-ge, die anderen helfen und sie glücklich machen und ihnen nicht scha-den.

Einst feierte Kaiser Ashoka seinen Geburtstag und viele Vasallenkö-nige kamen entsprechend ihren Empfindungen mit Geschenken undübergaben die Steuern, die sie eingesammelt hatten. Als letztes kamder König von Magadha, aber ohne Geschenk. Kaiser Ashok fragte ihn,warum er mit leeren Händen gekommen sei. Der König erwiderte: “OKaiser, dieses Jahr wurde mein Königreich von zahlreichen Schwie-

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rigkeiten heimgesucht, von Überflutungen und Hungersnot. Mein Volklitt so viel Leid, das nicht sein sollte; die Menschen hatten weder Trink-wasser noch Häuser zum Wohnen. In dieser Situation nahm ich allesGeld, das ich durch Steuern eingesammelt hatte, verschaffte mit die-sem Geld Trinkwasser, baute Schulen zur Ausbildung der Kinder undKrankenhäuser für die Kranken. Weil ich all das gesammelte Geld dafürverwendete, stehe ich jetzt mit leeren Händen vor dir.“ Kaiser Ashoka freute sich sehr, als er dies hörte. Er rief den König vonMagadha zu sich und sagte: “Du hast sehr grosse Werke selbstlos voll-bracht und jeden Pfennig für das Wohlergehen anderer geopfert. Was-ser gibt Lebensenergie und erhält den Körper. Das Herz erhält den Kör-per und schützt die Gesundheit. Lernen entwickelt das Gehirn undWissen fördert das Unterscheidungsvermögen. Das Fördern dieserdrei ist für den Menschen wichtig. Ich bin glücklich darüber, dass duall diese Werke selbstlos und als Opfer für Gott vollbracht hast."Kaiser Ashoka wendete sich an die versammelten Könige mit den Wor-ten: “Heute kritisieren viele Leute das Ministerium, weil sie Steuern be-zahlen müssen. Ohne Steuern könnten jedoch keine Aufgaben zur Hilfeanderer durchgeführt werden. Woher soll die Regierung das Geld be-kommen? Steuern müssen eingesammelt und gut zum Wohl andererverwendet werden. Ihr solltet diese Steuern als Gottes Gabe und euchselbst als Hüter dieser Gabe betrachten und sie gut nutzen. Das ist wah-rer Dienst.

Heute sprechen die Leute über Hingabe, ohne zu verstehen, was Hin-gabe bedeutet. Ich will nicht eure Hingabe, sondern eure Transforma-tion. Was ist Hingabe? Der Körper ist gegeben, um anderen zu helfen.Ihr müsst den Körper für Handlungen nutzen, die anderen helfen undsie glücklich machen. Jeder Einzelne muss entschlossen sein, an Hilfs-aktivitäten teilzunehmen. Unter dem Vorwand der Hingabe verschwen-den die Leute ihre Zeit. Man sollte Dinge tun, welche die Zeit heiligen.Ich fordere euch nicht auf, der gesamten Welt grosse Dienste zu tun.Helft entsprechend eurer Kraft und Energie und bewahrt Gott in euremHerzen.

Weder durch Askese, Pilgerfahrten,das Studium der heiligen Schriftennoch durch Mantrenwiederholung,

sondern allein durch Dienst an den erhabenen Seelenkann man das Meer des weltlichen Lebens überqueren.

Der Pfad des Dienens ist allen spirituellen Praktiken

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wie Meditation und Yoga überlegen.Nur durch Dienst am Nächsten kann man Gott erfreuen.

Der Körper ist ein Tempel und Gott sein Bewohner.(Sanskrit-Vers)

Betrachtet also jeden Körper als Tempel Gottes. Habt den festen Glau-ben, dass Gott in diesem Tempel in Gestalt Atmans lebt. Es gibt keinenOrt ohne Gott und jeder Name ist sein.

Mit Händen, Füssen, Augen, Kopf, Mund und Ohrenüberall durchdringt Er das gesamte Universum.

(Sanskrit-Vers)

Alles ist Gottes Form. Was immer ihr tut, tut es, um Gott zu erfreuen. Ihr müsst das Vertrauen haben, dass jeder Körper Gottes Tempel ist.Aber heutzutage ist dieser Glaube nicht vorhanden. Man denkt, dassdieser Körper aus den fünf Elementen besteht und eines Tages sterbenwird. Was bringt es dann, diesen Körper als Grundlage zu nehmen?Aber es ist nicht so. Dieser vergängliche Körper birgt die ewige, wahreGöttlichkeit in Gestalt Atmans in sich. Diese ist Bewusstsein (caitanya).Aufgrund dieses Bewusstseins in Gestalt Atmans entsteht das Gewis-sen als der Zeuge. Es gibt keinen Ort ohne Bewusstsein. Es ist ver-körpertes Bewusstsein, dass sich als das Lebensprinzip im Körper ma-nifestiert. Der Unterschied besteht nur in der Quantität, nicht in derQualität. Ihr könnt einen Becher, einen grossen Topf oder einen grossen Tanknehmen und sie mit Meerwasser füllen. Der Unterschied besteht in derQuantität, aber das Meerwasser in allen ist dasselbe. Der Körper kannmit dem Becher verglichen werden. Das allgegenwärtige Bewusstseinexistiert in ihm als Gewissen. Es ist das Gewissen Atmans, des Gött-lichen Selbst. Bewusstsein durchdringt die gesamte Welt. Das ganzeUniversum ist Gott allein. Es gibt nichts in dieser Welt, das nicht vonGott durchdrungen ist. Ihr alle seid Gottes kosmische Form. Obwohlihr Gott überall vor euch manifestiert seht, glaubt ihr, ihr hättet die kos-mische Form nicht geschaut. Es ist eine grosse Schwäche. Habt dasfeste Vertrauen, dass euer Körper Gottes Tempel ist. Ihr solltet diesenKörper nicht zu Schlechtem gebrauchen, sondern mit ihm den heiligenWeg gehen. Würde irgendjemand einen Tempel verunreinigen? DieserTempel hat viele Türen, aber die Tore der Sinne, wie Ohren, Augen undMund, sind am wichtigsten. Erlaubt nichts Schlechtem, durch dieseTore einzutreten.

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Sprecht nichts Schlechtes, sprecht nur GutesHört nichts Schlechtes, hört nur GutesSeht nichts Schlechtes, seht nur Gutes

Denkt nichts Schlechtes, denkt nur GutesTut nichts Schlechtes, tut nur Gutes

Das ist der Weg zu Gott.

Nur wenn die Sinne in heiliger Weise benutzt werden, ist der Körpersicher und geschützt. Die Bhagavadgita lehrt neun Pfade der Hingabe,um die Sinne zu heiligen. Diese sind:

Geschichten über Gott zuhören,Gottes Namen singen,

an Gott denken,den Lotosfüssen dienen,

Verehrung,Anbeten,Dienen,

Freundschaft mit Gottund Selbsthingabe.

Die alte Kultur lehrt diese neun Pfade als die rechten Wege, um Gottzu verehren. Singt den Namen Gottes und verrichtet alle Handlungenum anderen zu dienen. Die Menschen in dieser Welt sind durch Han-deln gebunden. Ihr könnt keinen Moment ohne Handlung leben. Lasstalle Handlungen ein Gebet für Gott sein. Dieser wahrhafte ewige Wegwird in den Upanishaden wie folgt ausgedrückt: “Ich vollführe dieseHandlung. Herr, lass sie mich gut vollbringen.“ Alle Handlungen solltenanderen dienen, dem Land Wohlergehen und der Welt Frieden bringen. Der Körper ist gegeben, um anderen zu helfen.Der Körper ist allein dazu da, um anderen zu dienen, und nicht umselbstsüchtige Ziele zu verfolgen. Selbstsucht sollte in Selbstlosigkeittransformiert werden. Aufgrund von Selbstsucht verübt ihr alle Artensündhafter Handlungen, ohne euch dessen bewusst zu sein. Befreiteuch von der Bindung an den Körper und vertraut stattdessen der Bin-dung an das Göttliche, das in euch selbst wie im anderen ist. Ihr seht hier viele verschiedene Lichter die getrennt erscheinen, aberder Strom in ihnen ist derselbe. In entsprechender Weise gleichen dieverschiedenen Körper Glühbirnen, durch die derselbe Strom des einenAtman-Prinzips fliesst. Wenn jemand leidet, dann versucht, sein Leid

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zu lindern und ihm so weit wie möglich zu helfen. Auf dieser Basis er-klären die Veden:

Der Körper ist gegeben, um anderen zu helfen.(Sanskrit-Vers)

Es heisst auch:

Man erlangt Verdienst, indem man anderen hilft,und sündigt, wenn man andere verletzt.

(Sanskrit-Vers)

Das bedeutet: Hilf immer, verletze nie. Welch grössere spirituelle Dis-ziplin gäbe es, als euer Leben auf der Basis dieser zwei Grundsätzezu führen? Es gibt keine höhere spirituelle Praxis. Es ist die Basis fürdie Selbstverwirklichung. Was bedeutet Selbst? Atman ist das Selbst.Es gibt nur ein Selbst, keine zwei. Gott ist das Eine ohne ein ZweitesIhr glaubt an die Vielfalt, aber in Wahrheit existiert nur eines, nicht vie-les.Es ist erstaunlich, dass der Mensch nicht an dieses eine göttliche Prin-zip glaubt. Der Mensch von heute glaubt an alles. Er glaubt dem Fern-sehen, dem Kino, dem Radio, aber er glaubt nicht an Gott und den hei-ligen Weg. All diese unreinen Handlungen sind ihm so lieb. Nein, nein!Vertrauen in das Göttliche Selbst ist wahres Vertrauen. Jemand ohnedieses Selbstvertrauen ist wahrhaft blind. In jeder Handlung die ihr tut ist das atmische Prinzip enthalten; ihr seiddurch Atman gebunden. Nichts in dieser Welt existiert ausserhalb vonAtman. Wen immer ihr seht, denkt, es ist Gottes Tempel. Wenn jemandvor euch auftaucht, dann denkt nicht darüber nach, wer das sein könnte.Er ist die Verkörperung Gottes. Kritisiert deshalb niemanden! Machteuch über niemanden lustig! Warum? Alles ist das göttliche Prinzip.Wen immer ihr kritisiert, es ist, wie wenn ihr Gott kritisiert. Wem immerihr Leid zufügt, ihr fügt Gott dadurch Leid zu. Hasst deshalb niemanden! Es heisst: Wen ihr ehrfurchtsvoll grüsst, ihr grüsst Gott damit.Wen ihr kritisiert, es erreicht Gott.

Viele Leute meditieren, beten den Rosenkranz und praktizieren Yoga.Es sind zweifelsohne heilige Handlungen, und man sollte sie tun. Aberes ist wichtig, die Einheit in allen Handlungen zu erkennen. Ihr solltetdie Einheit in allem erkennen. Wen immer ihr seht, es ist Gott. Warumglaubt ihr nicht an diese allgegenwärtige Göttlichkeit? Wenn ein Freund

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euch einen schlechten Weg zeigt, glaubt ihr ihm. Aber wenn jemandeuch Gutes sagt, Gutes lehrt und dem guten Weg zeigt, glaubt ihr ihmnicht. Das ist die Auswirkung des Eisernen Zeitalters. Es ist zudem eineAuswirkung der heutigen Erziehung.

Die Bildung ist heutzutage Bücherwissen. Was bringt euch dieses Bü-cherwissen? Es gibt ein Buch, das ihr studieren solltet: Die ganze Weltist das Buch, das ihr studieren solltet. Was bringt es, unbedeutendeLehrbücher zu wälzen? Bücherwissen ist oberflächliches Wissen. Essollte in praktisches Wissen, und dieses praktische Wissen wiederumin Erfahrungswissen, transformiert werden. Nur dann wird euer Lebenerfüllt und geheiligt sein.

Verkörperungen der Liebe! In jedem ist dieselbe Liebe. Liebe ist Gott,lebt in Liebe.

Beginnt den Tag mit Liebe,verbringt den Tag mit Liebe,

füllt den Tag mit Liebe,beendet den Tag mit Liebe.

Das ist der Weg zu Gott.

Wenn ihr diese Liebe in euch habt, warum gebt ihr sie auf und ruinierteuch dadurch? Wo immer man hinschaut, ist Hass. Ihr hasst sogar eureEltern. Das ist ein schwerwiegender Fehler.

Betrachtet die Mutter als Gott,betrachtet den Vater als Gott,betrachtet den Gast als Gott,

betrachtet den Lehrer als Gott.

Ihr müsst jeden achten. Wer Mutter und Vater nicht achtet, wie kannso jemand Gott achten? Niemand kann einen lehren, wie die Mutter estut. Es ist die Mutter, welche euch die heiligen Dinge lehrt.Ihr kennt wahrscheinlich die Geschichte von Lincoln. Er war in einersehr armen Familie geboren und ging mit den Kindern reicher Leutezur Schule. Wenn diese reichen Kinder arme Kinder sahen, die wedergute Kleider noch Schmuck trugen, machten sie sich über sie lustig.Der kleine Lincoln konnte dies nicht mehr ertragen und kam weinendnach Hause. Als seine Mutter ihn nach dem Grund seiner Tränen fragteerwiderte er: “Mutter! Alle Schulkinder machen sich über mich lustig,

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weil ich nicht gut angezogen bin und keinen Schmuck trage. Sie sagen,ich sei ein Nichtsnutz und solle nicht mit den anderen Schülern zusam-mensein.“Die Mutter rief ihn nahe zu sich und erklärte ihm: “Sohn, du kennst un-sere finanzielle Situation. Lass andere denken, was sie wollen, aberbewahre deine Selbstachtung und dein Selbstvertrauen. Dadurch wirstdu alles erreichen können. Glaube nicht an das, was andere sagen, undleide nicht deswegen. Selbstachtung führt zu Selbstvertrauen.“ In die-ser Weise lehrte sie ihn Selbstvertrauen. Von da an wuchs das Selbst-vertrauen und die Selbstachtung in Lincoln, und er war nicht verstört,egal, wie sehr er beschimpft wurde. Daraus wurde Gottesdienst. Undwas wurde schliesslich aus ihm? Aufgrund seiner Selbstachtung wurdeaus dem kleinen Jungen aus armem Haus später der Präsident vonAmerika. Welche Grösse!Selbstachtung gibt euch alles. Wenn andere euch verletzen, leidet nichtdeswegen, sondern denkt: “Es ist gut für mich, es ist gut für mich, esist gut für mich. Egal, was der andere mir antut: es ist gut für mich.” Lerntauf diese Weise Gleichmut. Wenn ihr diesen Gleichmut besitzt, ist nie-mand euch überlegen.

Weder durch Stellung, Pilgerfahrten,Gelehrsamkeit oder Mantrenwiederholung,

sondern allein durch den Dienst an edlen Seelenkann man das Meer des Lebens überqueren.

(Sanskrit-Vers)

Verkörperungen der Liebe! Wen immer ihr seht, achtet ihn. Diese Ach-tung wird euch wiederum Achtung verschaffen. Was immer ihr anderentut, wird entsprechend zu euch zurückkommen. Es ist das Gesetz vonReaktion, Widerhall und Widerspiegelung. Alls beruht auf dem Ergeb-nis eurer Handlungen. Sogar Gottverwirklichung hängt von dem Er-gebnis eurer Handlungen ab. Heute ist der Beginn des neuen Jahres. Aber das neue Jahr bringtnichts Neues mit sich. Gestern ist wie heute. Die guten Handlungen,die ihr heute tut, werden gute Ergebnisse bringen. Heiligt deshalb eureHandlungen.Ihr müsst durch Opfergeist Glückseligkeit erlangen. Diese Glückselig-keit dauert an. So wie Geld der Wohlstand des Reichen ist, so ist dasErgebnis eures Handelns aus Opfergeist heraus euer Wohlstand. Die-ser Wohlstand bricht nicht, schmilzt nicht und wird nicht weniger. Um

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diesen andauernden Wohlstand zu erlangen, müsst ihr euch auf Gottbesinnen.Wo immer ihr hingeht, was immer ihr seht, hört und denkt, es ist Gottallein. Warum solltet ihr euch Sorgen machen und leiden, wenn Gottdoch überall ist? Ihr braucht nicht zu leiden und vor nichts Angst zu ha-ben.Gott ist mit euch, neben euch, in eurem Haus und in euren Augen selbst.Deshalb solltet ihr euch vor nichts fürchten. Gott folgt euch wie euerSchatten. Dieser Schatten wird euch nicht verlassen. Er ist immer miteuch. Gott ist wahr und ewig. Ihr solltet immer der ewigen, wahren Gött-lichkeit vertrauen, egal, was andere sagen.

Ob im Wald, im Himmel, in der Stadt,im Dorf, auf einem Hügel oder mitten im Meer,Gott ist die einzige Zuflucht und schützt euch,

wo immer ihr seid.(Telugu-Gedicht)

Heute sind die Städte Orte der Friedlosigkeit und Verschmutzung ge-worden. Die Verschmutzung ist überall, weil der Geist der Menschenverschmutzt ist. Wenn der Geist sauber ist, wird überall Sauberkeit sein.Reinigt euren Geist und überwindet eure Bedenken. Seid über die Ver-gangenheit nicht betrübt. Die Vergangenheit ist vorbei, vergesst sie.Die Zukunft ist unsicher. Wer gibt euch die Garantie, dass ihr Morgennoch lebt? Seid unbesorgt über die Zukunft. Lebt in der Gegenwart. DieGegenwart ist wichtig. Macht das Beste aus der Gegenwart und seidglücklich. Es ist keine gewöhnliche Gegenwart; die Allgegenwart liegtin ihr. Ihr könnt nur in der Gegenwart Glückseligkeit erfahren. Die in derGegenwart liegende Glückseligkeit ist nicht woanders zu erhalten. Schüler, Studenten! Devotees! Hingabe bedeutet nicht nur heiligeSchriften zu lesen und Rituale durchzuführen. Tut das, aber bewahrtein heiliges, reines Herz ohne zu schwanken. Auch wenn etwas sichändert, bewahrt ohne Schwanken den Glauben in eurem Herzen. Allesgleicht vorüberziehenden Wolken, die kommen und gehen; aber dasEmpfinden im Herzen, die selbstlose Liebe kommt und wächst. Diesewachsende Liebesqualität müsst ihr entwickeln. Es gibt keinen anderenund höherstehenden Gott als die Liebe. Liebe ist Gott; lebt in Liebe.Liebe schützt euren Lebensatem. Liebe allein ist euer Lebensatem,euer Freund, euer Verwandter und eure Nahrung. Liebe ist alles füreuch. Liebe ist das einzige, was zählt. Ein Herz voller Liebe wird niemals

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unrein. Kein Gift kann in ein solches Herz eindringen. Liebe gleicht Nek-tar. Warum vergeudet ihr diese nektargleiche Liebe?

Verkörperungen der Liebe! Aus Unwissenheit vergeudet ihr diese Lie-be auf vielerlei Weise. Gibt es einen grösseren Reichtum als Liebe?Liebe ist euer wahrer Reichtum. Füllt die ganze Welt mit Liebe. Dannist das ganze Land voller Freude, Überfluss und geschützt. Liebe allein sollte entwickelt werden. Lasst jede eurer Tätigkeiten vonLiebe erfüllt sein. Wen immer ihr liebt, bewahrt diese Liebe. Liebe er-zeugt immer heilige Resultate. (Vollständige Übersetzung der Ansprache in Prashanti Nilayam zum

Kerala und Telugu Neujahr)

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6. Mai

Gebete der Mütter erhalten die Welt

Je mehr ihr Sandelholz reibt, desto mehr Sandelpaste erhaltet ihr.Je mehr ihr Zuckerrohr auspresst, desto mehr süssen Saft gibt es.

Je mehr ihr Gold erhitzt, desto reiner und glänzender wird es.Genau so entfalten sich die guten Eigenschaften

eines edlen Menschen immer mehr,wenn er die Wechselfälle des Lebens erlebt.

(Vers in Sanskrit)

Verkörperungen der Liebe! Die Schwierigkeiten im Leben sind kein Hin-dernis für einen Menschen, der ein edles Leben führt. Trotz der Schwie-rigkeiten behält er seinen inneren Frieden und versenkt sich ständigin Gott. In Indien wird die Beziehung zwischen Mutter und Kind seit altenZeiten als äusserst heilig und Glück bringend erachtet.

Ramas Göttlichkeit entfaltete sich unter derliebenden Fürsorge Kausalyas;

durch die zärtlichen Gefühle und die Entsagung Sitas erlangtenLava und Kusha, die Zwillingssöhne von Rama, Ruhm und Ansehen;

gefördert durch die Liebe seiner Mutter Puthlibaiwurde Gandhi zu einem Mahatma;

durch die liebende Fürsorge Jijabais wurde Shivaji ein grosser Krieger. (Gedicht in Telugu)

Ihr könnt keine süssen Mangos erwarten, wenn ihr NiemSamen sät.Wenn ihr Mangos haben wollt, müsst ihr Mangosamen säen. Es gibtnur eine Erde, aber die Samen sind verschieden. Ihr müsst säen, wasihr ernten wollt. Der Leib der Mutter ist wie die Erde. Die Kinder werdengut oder schlecht, je nach den Gedanken der Eltern. Die Geburt alsMensch ist die seltenste von allen. Es ist ein sehr grosses Glück, alsMensch geboren zu werden. Da er mit einer menschlichen Geburt ge-segnet ist, sollte er edle Gedanken entwickeln und Glückseligkeit in sei-nem Inneren erfahren. Nur dann wird er als wahrhaft glücklich bezeich-net werden. Puthlibai, die Mutter von Mahatma Gandhi, pflegte ein Gelübde einzu-halten, nach dem sie keine Nahrung zu sich nahm, wenn sie nicht den

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Kuckuck rufen hörte. Eines Tages war der Kuckuck nicht zu hören. Gan-dhi, der damals ein kleiner Junge war, konnte es nicht ertragen, seineMutter lange fasten zu sehen. Aus Liebe zu ihr und aus Besorgnis umsie, ging er hinter das Haus und ahmte das Rufen des Kuckucks nach.Dann kam er ins Haus und sagte zu seiner Mutter, sie könne essen,da sie den Kuckuck habe rufen hören. Die dahinter liegende Absichtwar zweifellos gut. Aber Puthlibai war sehr traurig, da sie wusste, dassihr Sohn log. Mit Tränen in den Augen klagte sie: “Welche Sünde habeich begangen, dass ich einen Sohn geboren habe, der die Unwahrheitspricht!“ So tadelte sie ihn für seine Lüge. Gandhi legte ein Gelübdeab, dass er nie mehr die Unwahrheit sagen werde. Durch die Führungseiner Mutter hielt er bis zum Ende seines Lebens an der Wahrheit festund erlangte einen guten Ruf. Puthlibai hatte eine Dienerin mit NamenRambha. Im Sprichwort heisst es: “Wie der Herrscher ist, so sind dieUntertanen.“ Auch sie hatte ein reines Herz wie Puthlibai. Eines Tageskam Gandhi zu ihr gerannt und sagte ihr, dass er grosse Angst habe.Sie riet ihm, immer wenn er Angst habe, den Namen Rama zu singen.Von da an sang Gandhi den Namen Rama bis an sein Lebensende.So sehen wir, dass, wenn die Mutter und die anderen Mitglieder derHausgemeinschaft ein heiliges Leben führen, die Kinder ihnen sichernacheifern und eine hohe Stellung im Leben erlangen werden.Aryamba, die Mutter von Adi Shankaracarya, verbrachte ihre ganzeZeit mit der Verehrung von Gott Ishvara. Täglich vollzog sie das Ritualdes heiligen Bades des Shivalinga, trank schlückchenweise das ge-heiligte Wasser und gab davon auch ihrem Sohn. Sie sang ständig denheiligen Namen Shiva. Adi Shankaracarya wurde ein Lehrer für die gan-ze Welt und erlangte grossen Ruhm, weil er von solch einer edlen Mut-ter geboren worden war.Nach dem Krieg zur Befreiung von Rangun schafften eine Mutter undihr Sohn es irgendwie, nach Chennai zu kommen. Sie hatten weder einObdach noch etwas zu essen. Die Mutter sorgte sich mehr um ihrenSohn als um sich selbst. So ist die Liebe der Mutter. Die Liebe der Mutterübersteigt alle Beschreibungen. Eine Bushaltestelle wurde ihr Heim.Jeden Tag ging die Mutter von Haus zu Haus, um zu betteln. Sie gabdas meiste davon ihrem Sohn und nahm das wenige, das übrig war,für sich. Wenn sie nicht genug bekam, gab sie die ganze Nahrung ihremSohn und ass selbst nichts. Dadurch wurde ihre Gesundheit allmählichimmer schlechter. Eines Tages sagte der Sohn zu ihr: “Mutter, du hastdie ganze Zeit für mich gesorgt. Jetzt ist es meine Pflicht, für dich zusorgen. Ab heute ruhst du dich aus, und ich bringe für uns beide Nah-rung.“

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Jeden Tag ging er betteln, gab das meiste seiner Mutter und begnügtesich mit dem wenigen, das übrig war. Infolgedessen wurde auch er sehrschwach. Eines Tages stand er vor dem Haus eines Offiziers und rief:“Oh Herr, ich bin hungrig, ich bin hungrig.“ Der Offizier ruhte in einemSessel aus und las gerade die Tageszeitung. Als er das jämmerlicheRufen des Jungen hörte, ging er ins Haus, brachte Nahrung auf einemBlatt und sagte zu dem Jungen, er solle sich hinsetzen und essen. DerJunge aber antwortete, er wolle das Essen mit nach Hause nehmen.Darauf sagte der Offizier: “Warum solltest du das Essen mit nach Hausenehmen? Wenn du wirklich hungrig bist, dann setze dich hierhin undiss.“ Während der Offizier darauf bestand, dass der Junge das Essenan Ort und Stelle zu sich nehmen sollte, wurde es dem Jungen schwin-delig und er brach zusammen. Er versuchte, etwas zu sagen, aber erkonnte nicht laut genug sprechen, da er sehr schwach war. Der Offizierging nahe zu ihm heran und versuchte zu hören, was er sagte. Der Jun-ge sagte: “Zuerst für meine Mutter, für meine Mutter ...“ Mit diesen Wor-ten gab er seinen Geist auf. Als der Offizier dies sah, war er zu Tränengerührt. Er dachte, wie glücklich dieser Junge sei, der sein Leben umseiner Mutter willen geopfert hatte. Gesegnet war die Mutter, die solcheinen edlen Sohn geboren hatte.Es ist unmöglich, die Liebe zu beschreiben, die zwischen einer Mutterund ihrem Kind besteht. Die Inder betrachten die Liebe einer Mutter alswahre Liebe. Aber unglücklicherweise erkennen die modernen Ju-gendlichen die Heiligkeit der Mutterliebe nicht. Sie stellen ihr Selbst-Interesse über ihre Eltern. Sie versuchen nicht, die Liebe ihrer Elternzu ihnen zu verstehen. Nur wer seine Eltern glücklich macht, ist ein wah-rer Sohn oder eine wahre Tochter. Edle Mütter haben edle WünscheIshvar Chandra Vidyasagar lebte mit seiner Mutter in einem Dorf beiKolkata. Finanziell waren sie arm, aber sie waren reich an Tugenden.Die Mutter sagte oft zu ihrem Sohn: “Mein Lieber, Schulbildung, die nurfür die Bedürfnisse des Magens sorgt, ist überhaupt keine Bildung. Dusolltest studieren, um der Gesellschaft zu dienen. Du solltest deineSchulbildung für die Entwicklung des Landes nutzen.“ Vidyasagarpflegte wegen seiner Armut unter Strassenlaternen oder an der Bus-haltestelle zu studieren. Er folgte den Worten seiner Mutter genau undstudierte mit Leib und Seele. Der Segen der Mutter kann jeden zu einemgrossen Menschen machen. Die Kinder mögen gut oder schlecht sein,die Mutter liebt sie immer und strebt nach ihrem Wohlergehen. DasHerz der Mutter ist voller Liebe und Mitgefühl für ihre Kinder. Nach Be-endigung seiner Studien trat Vidyasagar eine Stelle an. Einmal gab esein religiöses Fest im Dorf. Die reichen Leute des Dorfes nahmen in

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ihren besten Kleidern an dem Fest teil. Vidyasagars Mutter jedoch mus-ste auch am Festtag einen alten Sari tragen, da sie keinen guten Sarihatte. Als Vidyasagar dies sah, war er sehr traurig. Als er sein erstesGehalt bekam, legte er es zu Füssen seiner Mutter und bat sie, einenguten Sari für sich zu kaufen. Da sagte sie: “Sohn, ich möchte nicht,dass du deinen Verdienst für meine Saris und für meinen Schmuck aus-gibst. Verwende das Geld, um der Gesellschaft zu dienen. Alles, wasich wünsche ist, dass du im Leben Erfolg hast und dir einen guten Na-men machst.“ Und sie fügte hinzu: “Ich habe einige Wünsche, aber ichwerde sie erst äussern, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.“ Mitder Zeit stieg Vidyasagar zu einer höheren Stellung auf, und dement-sprechend stieg auch sein Gehalt. Da bat er seine Mutter, ihm ihre Wün-sche zu sagen. Sie bat ihn, sich neben sie zu setzen und sagte: “Meinlieber Sohn, du bist hochgebildet und hast eine hohe Stellung inne. Aberals Mutter muss ich dir sagen, was gut für dich ist. Alles, was ich dirsage, sage ich nur aus meiner mütterlichen Liebe zu dir. Ich will nichtsfür mich selbst. Wir leben in einem kleinen Dorf. Die Kinder in unseremDorf haben keine Gelegenheit, eine Schulbildung zu erhalten, da es inunserem Dorf keine Schule gibt. Deshalb möchte ich, dass du eine klei-ne Schule errichtest.“ Gemäss dem Wunsch seiner Mutter errichteteer eine kleine Schule in dem Dorf. Nach einiger Zeit sagte er zu ihr: “Mut-ter, nach deinem Wunsch habe ich in unserem Dorf eine Schule bauenlassen. Hast du sonst noch einen Wunsch?“ Sie antwortete: “MeinSohn, in unserem Dorf leiden die Menschen, weil es keine medizini-schen Einrichtungen gibt. Es ist niemand da, der sie selbst bei kleinerenKrankheiten wie Husten, Erkältung und Fieber behandelt. Deshalbwäre es für alle, besonders für die Kinder, von Vorteil, wenn du hier einkleines Krankenhaus errichten würdest.“ Dem Wunsch seiner Muttergehorchend baute er sofort ein kleines Krankenhaus.

Auch Easwaramma hatte solche edlen Wünsche. Als Sais Ruhm sichimmer mehr verbreitete, kam sie eines Tages zu mir und sagte: “Swami,es tut mir weh, wenn ich die kleinen Kinder unseres Dorfes den ganzenWeg nach Bukkapatnam laufen sehe, um dort die Schule zu besuchen.Bitte baue hier eine kleine Schule.“ Ihrem Wunsch entsprechend liessich eine kleine Schule bauen. Nach einiger Zeit wollte sie, dass hierauch ein kleines Krankenhaus errichtet werden sollte. Sie sagte, siekönne es nicht ertragen zu sehen, wie die Mütter sich die Mühe mach-ten, ihre Kinder zur ärztlichen Behandlung nach Bukkapatnam zu tra-gen. Also liess ich ein kleines Krankenhaus bauen. Aus der kleinenSchule, die ich damals errichtet habe, ist heute eine grosse Universität

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geworden. Aus dem kleinen Krankenhaus, das ich gebaut habe, ist einhochspezialisiertes Krankenhaus geworden. Diese grossen Aufgabenkonnten durch den edlen Wunsch von Easwaramma und durch dengöttlichen Willen Sais vollbracht werden. Ihr letzter Wunsch war, dasDorf mit Trinkwasser zu versorgen. Sie wies darauf hin, dass die Frauensich sehr anstrengen müssten, um Wasser aus den tiefen Brunnen zuschöpfen, die fast versiegt seien. Ich versorgte das Dorf sofort mit Trink-wasser. Jetzt wird im Rahmen des Shri Sathya Sai-Wasserversor-gungsprojekts der ganze Bezirk Anantapur mit Trinkwasser versorgt.Wenn eure Mutter euch liebt, braucht ihr nichts anderes. Es mag euchbekannt sein oder auch nicht, dass selbst dreissig Jahre nach ihremTod Easwaramma immer noch ihre Liebe zu Swami auf vielerlei Weisezum Ausdruck bringt. Selbst heute noch läuft sie in ihrem physischenKörper herum. Manchmal kommt sie zu mir und bringt ihre mütterlicheBesorgnis um mein Wohlergehen zum Ausdruck. Einmal warnte siemich, nicht von jedem ein Taschentuch anzunehmen. Ich sagte ihr,dass ich es annehmen müsse, wenn die Menschen es mit Hingabe an-bieten. Sie antwortete: “Swami, es gibt zweifellos Millionen solcher ed-ler Menschen. Aber es gibt auch einige übel gesinnte Menschen, dievielleicht Gift auf das Taschentuch schmieren und es dir dann anbieten.Dies kann gefährlich sein, wenn du es benutzt, um damit deine Lippenabzuwischen.“ Ich versprach ihr, ihren Rat zu befolgen. Selbst heutenoch erscheint sie in meinem Zimmer. Die Jungen, die auch in meinemZimmer schlafen, sind Zeugen. Immer wenn sie kommt und mit mirspricht, setzen sie sich im Bett auf und hören zu. Eines Tages bat ichdie Jungen um einen Gürtel, um den seidenen Dhoti um meine Taillefestzuhalten. Der Gürtel, den sie mir gaben, hatte eine glänzendeSchnalle, die man durch mein Gewand gesehen hätte. Ich wollte denGürtel nicht benutzen, damit die Leute nicht denken sollten, dass SaiBaba einen goldenen Gürtel trägt. Da kam Easwaramma eines frühenMorgens in mein Zimmer und sprach zu mir. Satyajit, Sainath und Sri-nivas wachten auf und wollten wissen, mit wem ich redete. Sie wun-derten sich, wie jemand in mein Zimmer kommen konnte, da der Aufzugabgeschlossen war und sie den Schlüssel hatten. Da sagte ich ihnen,dass Mutter Easwaramma gekommen sei. Ich zeigte ihnen den Gürtel,den sie mir gegeben hatte. Er hatte keine Schnalle. Es gibt viele solcheedlen Mütter auf dieser Welt. Aber Easwaramma war die Auserwählte.Ich wählte sie als meine Mutter. Dies ist die enge Beziehung zwischenEaswaramma und mir.

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Einst ging Caitanya Mahaprabhu in einen Tempel und betete: “Oh Herr,ich weiss, dass du der Herr dieser Welt bist. Du bist allgegenwärtig, all-mächtig und allwissend. Du kannst jeden Wunsch erfüllen, den ich ha-be. Aber ich habe keine weltlichen Wünsche. Ich habe kein Verlangennach Geld, Schmuck und materiellen Dingen. Ich bin auch nicht an Hin-gabe oder Entsagung interessiert, und ich sehne mich nicht nach Be-freiung. Doch ich habe einen Wunsch. Gib mir die Stärke, dich zu lieben.Es genügt, wenn ich dich lieben kann. Es gibt nichts Grösseres als die-ses.“ Da Caitanya Mahaprabhu Gott innig liebte, verbreitete er die Bot-schaft der Liebe auf der ganzen Welt. Sie lautete: “Denkt ständig anGott. Singt seinen Namen. Es gibt nichts auf dieser Welt ausser Gott.“Das war die Botschaft, die Caitanya verbreitete. Seine Mutter wollte,dass er ein Mädchen namens Lakshmi heiraten sollte, das aus einerguten Familie stammte und sehr ergeben war. Aber Caitanya war nichtdaran interessiert zu heiraten. Er sagte, dass er sein Leben Gott ge-weiht habe. Seine Mutter antwortete darauf: “Du magst deinen GeistGott dargebracht haben, aber was ist mit deinem Körper? Das Lebensollte sowohl den spirituellen als auch den körperlichen Aspekt haben.“Auf das Drängen seiner Mutter hin heiratete Caitanya Lakshmi. Sofortdanach brach er zu einer Pilgerfahrt auf. Er wollte die göttliche Botschaftverbreiten. Es dauerte lange, bis er von seiner Pilgerfahrt zurückkehrte.Seine Frau Lakshmi war eine fromme Frau. Sie hatte ein reines Herzvoller selbstloser Liebe. Sie verliess ihre sterbliche Hülle, während sieständig an Caitanya dachte. Caitanya kehrte nach ihrem Tod nach Hau-se zurück. Seine Mutter war sehr deprimiert darüber, wie die Dinge sichentwickelt hatten. Es war ihr bewusst, dass es unmöglich war, ein an-deres Mädchen wie Lakshmi, das so fromm und reinem Herzens war,zu finden. Dann verheiratete sie ihn mit einem anderen Mädchen mitNamen Vishnupriya. Nach dieser zweiten Heirat brach Caitanya erneutauf, um die göttliche Botschaft zu verbreiten und vergass darüber voll-kommen sein Zuhause. Er betrachtete Gott als seine einzige Zuflucht.Er hatte keinen anderen Gedanken im Sinn. Als er einmal auf der Str-asse die Herrlichkeit Krishnas besang, rissen ihm einige Schurken, dieeifersüchtig auf sein steigendes Ansehen waren, die Zimbeln aus sei-nen Händen. Da spielte er beim Singen des göttlichen Namens auf ei-ner Trommel. Auch die Trommel wurde von den Schurken zerbrochen.Doch dies störte ihn nicht im Geringsten. Er fühlte, dass es nicht not-wendig war, diese Musikinstrumente beim Singen des göttlichen Na-mens zu benutzen. Er begann in die Hände zu klatschen, während erBhajans sang. Da schlugen sie erbarmungslos auf ihn ein. Er fing anzu bluten, aber er sang weiter den göttlichen Namen. Doch als seine

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Mutter kam und ihn sah, war an seinem Körper keine Spur von Blut mehrzu sehen. Das Blut war auf wundersame Weise verschwunden, weilCaitanya fest daran glaubte, dass sein Körper Gott gehörte und weiler seinem Körper nicht anhaftete.

Wenn das Herz der Mutter rein ist, wird das Herz der Kinder auch reinsein. Man sollte seine Mutter achten und niemals ihre Gefühle verlet-zen. Als Swami in der alten Gebetshalle weilte, gab es eines Tages ei-nen ungewöhnlichen Menschenauflauf. Gefahr witternd kam Easwa-ramma zu mir und sagte: “Swami, diese Menschen scheinen irgend-einen Hintergedanken zu haben. Ich fürchte, dass sie versuchen könn-ten, dir zu schaden. Ich kann nicht ruhig schlafen.“ Ich machte ihr Mut,indem ich sagte: “Habe keine Angst. Der Körper muss eines Tages zu-grunde gehen. Gib deshalb die Anhaftung an den Körper auf.“ Damalspflegte ich ganz allein in einer mit Stroh gedeckten Hütte zu schlafen.In der kommenden Nacht setzten einige böse gesinnte Menschen, wieEaswaramma befürchtet hatte, die Hütte an allen vier Seiten in Brand.Rundherum loderten die Flammen. Als Subbamma und Easwarammadies sahen, kamen sie angerannt. An der Hütte angelangt, erlebten siezu ihrem grossen Erstaunen, dass ein starker Regenguss über der Hüt-te niederging. In der Umgebung der Hütte regnete es jedoch keinenTropfen. Als ich aus der Hütte herauskam, waren beide überglücklich,mich heil und gesund zu sehen.Es gibt einen ähnlichen Vorfall im Mahabharata. Krishna ging als Bot-schafter der Pandavas zu den Kauravas, um einen Kompromiss zu er-zielen und den Krieg abzuwenden. Vorher redete er mit jedem einzel-nen der Pandavas und fragte ihn nach seiner Meinung.Dharmaraja war der Meinung, dass eine Person von Krishnas Formatnicht in der Rolle eines Botschafters mit den niedrig gesinnten Kaura-vas reden sollte. Arjuna und Bhima, die mit Leidenschaft erfüllt waren,waren dafür, dass Krishna zu den Kauravas ging, aber sie wollten, dasser einen Krieg akzeptierte, damit die bösen Kauravas bestraft werdenkönnten. Dann fragte Krishna Draupadi, die Gemahlin der fünf Panda-va-Prinzen, nach ihrer Meinung. Frauen haben von Natur aus ein wei-ches Herz. Sie wollte keinen Krieg, da dieser auf beiden Seiten unge-heures Leid verursachen würde. Dann ging er zu Nakula und Sahade-va, die nichts dazu sagten. Krishna ging nach Hastinapura, sprach mitdem blinden König Dhritarashtra, dem Vater der Kauravas, und ver-suchte sein Bestes, um einen Kompromiss zu erzielen, aber alles warumsonst. Als er zurückkam, umarmten ihn Nakula und Sahadeva undvergossen Tränen der Freude. Sie sagten: “Krishna, es genügt uns,

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dass du unversehrt aus der Höhle der bösen Kauravas zurückgekehrtbist. Bevor du zu deiner Friedensmission aufgebrochen bist, hattest duuns gefragt, was wir wollten. Deine heile Rückkehr ist das, was wir woll-ten. Dein Wohlergehen ist unser Wohlergehen. Du bist alles für uns.“Frauen sind die Verkörperung des Mitgefühls Draupadi sagte zu Krish-na: “Oh Bruder, auch ich war der Meinung, dass du nicht zu den bösenKauravas gehen solltest. Die Leute mögen sagen, dass Frauen zaghaftseien. Aber in Wirklichkeit sind Frauen sehr mutig, und in Bezug aufOpferbereitschaft stehen sie an erster Stelle.“Während des Mahabharata-Krieges tötete Ashvatthaman, der Sohnvon Dronacarya, in einer bestimmten Nacht die Kinder der Pandavasim Schlaf. Arjuna legte ein Gelübde ab, dass er Ashvatthaman den Kopfabschlagen werde. Er sagte zu Draupadi, dass sie sich als Akt der Ra-che mit seinem Blut einreiben könne. Er spürte Ashvatthaman auf, fes-selte ihn und schleppte ihn vor Draupadi. Wird eine Mutter demjenigenvergeben, der erbarmungslos ihre Kinder getötet hat? Aber was tatDraupadi? Anstatt den Übeltäter zu verfluchen, fiel sie vor ihm niederund sagte:

“Zu Füssen deines Vaters Dronacarya haben meine Ehemänneralles gelernt, was sie wissen.

War es richtig, dass du als Sohn von Dronacaryameine Kinder getötet hast?

Wie konntest du es übers Herz bringen, sie zu töten,obwohl sie unbewaffnet und jung waren, ruhig schliefen,

keinerlei Groll gegen dich hegten und nicht daran dachten,dir irgendeinen Schaden zuzufügen?“

(Gedicht in Telugu)

Rasend vor Wut war Arjuna im Begriff, Ashvatthaman anzugreifen.Doch Draupadi erhob ihre Hand und bat ihn, Ashvatthaman nicht zutöten. Sie sagte:

“Oh Arjuna! Es ist nicht richtig, einen Menschen zu töten,der Angst hat oder seinen Mut verloren hat,

der schläft oder im Rausch ist, der Zuflucht suchtoder weiblichen Geschlechts ist.

Du solltest Ashvatthaman nicht töten,denn er ist der Sohn deines Lehrers.“

(Gedicht in Telugu)

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Und sie fügte hinzu:

“Arjuna, heute weine ich über den Tod meiner Kinder. Stell dir das Leidvon Ashvatthamans Mutter vor, wenn du ihn tötest! Man sollte niemalseiner Mutter Kummer bereiten. Lass deshalb davon ab, ihn zu töten.“

Da Arjuna jedoch das Gelübde abgelegt hatte, war er dazu entschlos-sen, ihn zu töten. Sie stand vor Ashvatthaman und hielt Arjuna zurück.Bhima konnte dies nicht ertragen. In Zorn ausbrechend brüllte er:

“Lass ihn nicht frei, sondern töte ihn! Wenn du es nicht tust,werde ich selbst seinen Kopf mit meiner mächtigen

Faust zertrümmern.“(Gedicht in Telugu)

Draupadi flehte ihn an, Ashvatthaman zu vergeben:

“Vergebung ist die höchste Tugend. Sie ist Wahrheit,Rechtschaffenheit, Gewaltlosigkeit.

Sie ist wahrhaft die Essenz der Veden.Sie ist der Himmel und alles in allen Welten.“

(Gedicht in Telugu)

Obwohl die Pandavas sehr tugendhaft und tapfer waren, fehlte ihnendas Mitgefühl, das Draupadi besass. Das Herz einer Frau ist sehr heilig,da es voller nektargleicher Liebe und Mitgefühl ist. So schmilzt es leicht.Manchmal können auch Frauen zornig werden, aber sie bereuen essofort und versöhnen sich wieder. Aufgrund des Eisernen Zeitalters,in dem wir heute leben, lassen es moderne Frauen manchmal am Geistder Liebe fehlen. Doch auch heute gibt es viele tugendhafte und cha-rakterfeste Frauen. Wegen dieser edlen Frauen ist Indien das, was esheute ist. Der Fortschritt einer Nation hängt von den Frauen ab. Sehtdeshalb niemals auf sie herab. Behandelt alle älteren Frauen wie eureMutter und die jüngeren wie eure Schwester. Das Land wird nur dannin Sicherheit sein, wenn die Männer solch edle Gefühle haben. Wennihr dies versteht und dementsprechend handelt, könnt ihr sogar Gött-lichkeit erlangen. Die Mutter ist nicht einfach eine gewöhnliche Frau wiealle anderen; sie ist wahrhaft Gott. Verehrt sie und erlangt ihre Gnade.Wenn ihr den Segen eurer Mutter habt, könnt ihr in dieser Welt alleserreichen. Seid nie ungehorsam und erregt nie ihr Missfallen.

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Abhimanyu wagte sich gegen den Willen seiner Mutter auf dasSchlachtfeld. Seine Mutter Subhadra sagte: “Mein Sohn, dein Vater Ar-juna und dein Onkel Krishna sind dabei, gegen die Feinde an einemanderem Ort zu kämpfen. Es ist nicht richtig, wenn du zu diesem Zeit-punkt auf das Schlachtfeld gehst.“ Aber Abhimanyu beachtete den Ratseiner Mutter nicht und bestand darauf, auf das Schlachtfeld zu gehen.Sie segnete ihn mit den Worten: “Mein Sohn, du gehst gegen meinenWunsch. Mögest du siegreich sein!“ Dann betete sie: “Möge der gleicheSegen mit dir sein und dich beschützen wie der, den Mutter Gauri wäh-rend der Zeit des Tötens von Tarakarasura ihrem Sohn verlieh und dergleiche Segen, wie Bhargava ihn von seiner Mutter empfing, als erShambarasura tötete.“

Auch heute ist kein Mangel an edlen Müttern. Es schmerzt sie zu sehen,wenn ihre Kinder vom rechten Weg abkommen. Sie versuchen alles,um sie darauf zurückzubringen. Es ist unmöglich, die Liebe einer Mutterzu beschreiben. Sie übertrifft bei weitem die Liebe des Vaters. Einstsahen Parvati und Ishvara einen Menschen auf einem Ast sitzen, derkurz davor war, abzubrechen. Parvati bat Ishvara, ihn zu retten. Ishvarasagte neckend: “Warum sollte ich ihn beschützen? Du hast ihn zuerstgesehen. Es ist deine Pflicht, ihn zu retten.“ Sie antwortete: “Wie kannich ihn beschützen ohne deine Gnade? Ich bin negativ, und du bist po-sitiv. Wenn du ihm nicht deine Gnade gewährst, kann er nicht gerettetwerden. Bitte zögere nicht länger.“ Ishvara entgegnete: “Ist es nicht sei-ne Pflicht, mich um Hilfe zu rufen? Wie kann ich ihn retten, wenn er michnicht gerufen hat? Wie es im Sprichwort heisst, soll man nicht an einerVeranstaltung teilnehmen, zu der man nicht eingeladen ist.“ Parvatiwollte aus ihrem Muttergefühl heraus diesen Menschen um jeden Preisschützen. Deshalb sagte sie zu Ishvara: “Wenn dieser Mensch in demMoment, in dem er herunterfällt, Mutter ruft, werde ich ihm zu Hilfe kom-men, und wenn er Vater ruft, solltest du ihn beschützen.“ Ishvara warmit ihrem Vorschlag einverstanden. Sie warteten beide ungeduldig,aber der Mensch rief “ach!”, als er vom Ast fiel. Die Worte Mutter oderVater kamen nicht über seine Lippen, da er sein Leben lang seine Elternnie geachtet oder verehrt hatte. So war sein Schicksal. Wie kann Gotteinen Menschen retten, der seine Eltern vollkommen vergessen hat?Die Mutter ist Gott; der Vater ist Gott. Mit solchen Gefühlen solltet ihreuren Eltern Dankbarkeit erweisen.Heute feiern wir den Easwaramma-Tag, um die Herrlichkeit der Mut-terschaft zu verbreiten. Die Welt wird durch die Gebete der Mütter er-halten. Das Gebet einer Frau vermag mehr als tausend Gebete von

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Männern, weil die Frauen rein sind und ein weiches Herz haben. Erregtnie das Missfallen eurer Mutter. Verletzt nie ihre Gefühle. Dann wirdGott euch in allen euren Bestrebungen helfen. Man nennt sein LandMutterland und nicht Vaterland. So wird der Mutter ein hoher Rang aufder Welt eingeräumt. Betrachtet euer Land wie eure eigene Mutter undarbeitet für seinen Fortschritt. Fügt eurer Mutter und eurem Mutterlandunter keinen Umständen Schaden zu. Dies ist die Bedeutung undHauptlehre der Feier des heutigen Tages.In ein paar Minuten werdet ihr ein Musikprogramm hören, das von P.Sushila und anderen präsentiert werden wird. Sie ist schon seit vierzigJahren eine Devotee. Als sie keine Kinder bekam, segnete ich sie miteinem Sohn. Ich habe ihren Sohn auch getraut. Ihre Schwiegertochterist ebenfalls Musikerin. Sie sind alle heute hier, um einige religiöse Lie-der zu singen und alle glücklich zu machen. Nach diesem Musikpro-gramm werden Bal Vikas-Kinder im der Hochzeitshalle ein Drama auf-führen. Ihr wisst, warum diese Programme arrangiert werden? DerGeist des Menschen ist wie ein verrückter Affe. Die Ansprachen, Mu-sikprogramme und Gebetsversammlungen sollen die Schwankungendes Geistes zügeln. Der Körper ist wie eine Blase auf dem Wasser; derGeist ist wie ein verrückter Affe. Folgt nicht dem Körper; folgt nicht demGeist. Folgt eurem Gewissen. Denkt darüber nach, was ihr hier gese-hen und gehört habt. Setzt es in die Praxis um und erlangt dadurchGlückseligkeit.

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7. Mai

Erhaltet Gottes Gnade durch Opfer und Liebe

Ich bin weder Verdienst noch Sünde,weder Glück noch Leid.

Ich bin auch nicht die Wallfahrtsorte,die heiligen Schriften oder Opfer.

Ich bin nicht die Nahrung,nicht der, der die Nahrung zu sich nimmtund auch nicht der Vorgang des Essens.

Ich bin der Atman, die wahre Verkörperung der Göttlichkeit.Ich bin Shiva selbst.

(Vers in Sanskrit)

Verkörperungen der Liebe! Auf dieser Welt gibt es weder Verdienstnoch Sünde, Glück oder Sorgen. Mantras, Opfer und Opferzeremoniensind nichts weiter als Rituale. Gott allein durchdringt alles. Ihr seid diewahre Form des Göttlichen. Wahres Menschsein besteht darin, die Be-deutung von Wahrheit und Rechtschaffenheit zu verstehen und sie zuleben. Wahrheit bezeichnet man als moralischen Grundsatz, Recht-schaffenheit bezieht sich auf die göttlichen Gebote und Opferbereit-schaft führt zu einem guten Ruf. Das Menschengeschlecht ist die Kom-bination von moralischen Grundsätzen, göttlichen Geboten undOpferbereitschaft. Unglücklicherweise sind diese drei in der heutigenWelt nicht zu finden. Der erste Schritt zum Nirvana ist die reine Sicht-weise. Siddharta, der als Gautama Buddha bekannt wurde, praktizierteverschiedene spirituelle Übungen, um sein wahres Selbst zu verwirk-lichen. Er studierte die Veden und die heiligen Schriften. Er begegnetevielen älteren Weisen und suchte die Wahrheit von ihnen zu erfahren.Aber keine dieser Praktiken konnte ihm den Weg zum Nirvana zeigen.Schliesslich erkannte er, dass das Nirvana darin besteht, die fünf Sinne,nämlich Sprechen, Berühren, Sehen, Schmecken und Riechen, in ei-ner heiligen Art und Weise zu gebrauchen. Er verstand, dass dasWiederholen eines heiligen Namens, Mantras oder Gebetes, Medita-tion, Yoga, Opfer etc. rein physische Handlungen sind. Diese spiritu-ellen Praktiken sind für Menschen nötig, die dem Körper verhaftet sind.Jemand, der am Göttlichen Selbst festhält, braucht keine dieser Übun-gen zu praktizieren. Buddha lehrte, dass das Nirvana nur dadurch zu

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erreichen ist, dass der Mensch eine reine Sichtweise, Reinheit derSprache, Reines hören, Reinheit der Gefühle und Reinheit des Han-delns entwickelt. Heutzutage verschmutzt der Mensch seinen Geistdurch seine schlechte Sichtweise. Wie kann er erwarten, Nirvana zuerreichen, wenn der Geist verschmutzt ist? Zuallererst sollte er alsoeine heilige Sichtweise entwickeln. Seht nichts Schlechtes; seht wasgut ist. Der Mensch ist wegen seiner unheiligen Sichtweise Schwierig-keiten unterworfen. Eine schlechte Sichtweise führt unweigerlich zusündigem Handeln. Tatsächlich zerstört sie sogar seine Menschlich-keit.Buddha hat verschiedene Arten von spirituellen Übungen unternom-men, liess sie jedoch alle letzten Endes wieder sein. Er konnte dieWahrheit nur dadurch erkennen, dass er allem entsagte und in der Viel-falt der Welt die Einheit erkannte. Er konnte die höchste Wahrheit durchOpfer erfahren. Das sagen die Veden: Unsterblichkeit kann nur durchOpfergeist erlangt werden und nicht durch Wohlstand, Nachkommen-schaft oder Handlung.

Eine reine Sichtweise ist der erste Schritt zum Nirvana. Betrachtet alles,was ihr seht, als göttlich. Lasst eure Sichtweise von Liebe durchdrun-gen sein. Eine von Liebe erfüllte Sichtweise ist das Kennzeichen eineswahren Menschen. Alle sind eins, seid zu allen gleich. Die Einheit inder Vielfalt könnt ihr nur erkennen, wenn ihr eine heilige Sichtweise ent-wickelt. Eine reine Sichtweise lässt euch die Gegenwart des Göttlichenin allem erkennen. Die Veden erklären: Es gibt nur eine Wahrheit, aberdie Gelehrten geben ihr viele Namen. Betrachtet die Welt mit den Augender Wahrheit. Alle sind eins; alle sind in ihrem Wesen göttlich. Gebt dieVielfalt auf, um Einheit zu erfahren. Der Vedanta erklärt, dass das Prin-zip des Atman die Einheit ist, die der Vielfalt zugrunde liegt. Es gibt vieleGlühbirnen, aber der Strom, der in ihnen fliesst, ist derselbe. So existiertauch das Prinzip des Atman in allen. Die Unfähigkeit des Menschen,dieses Einheitsprinzip zu verstehen, ist die Ursache für seine Unwis-senheit. Wahres Menschsein liegt in dem Verstehen der Einheit in derVielfalt. Ihr müsst eine reine Sichtweise entwickeln, um Einheit zu ent-wickeln. Dies war die erste Unterweisung durch Buddha. Als Nächstes betonte er die Reinheit der Sprache. Sprecht wahre, lie-benswürdige und wohltuende Worte, die für andere von Nutzen sind.Was immer ihr sagt, es sollte in den anderen keine Beunruhigung her-vorrufen. Es sollte voller Wahrheit und angemessen sein. Ihr könnt nichtimmer gefällig sein, aber ihr könnt immer gefällig sprechen. HeiligesSprechen ist der Ausdruck der Göttlichkeit. Gott existiert in Form des

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Urklangs, der in der Tiefe des inneren Schweigens wohnt. Göttlichkeitwird in acht Formen zum Ausdruck gebracht: als Klang, Beweglichkeitund Unbeweglichkeit, Licht, Sprache, ewiger Glückseligkeit, höchsterErhabenheit, Illusion und Reichtum. Lasst eure Worte unter keinen Um-ständen durch Härte verunreinigt werden. Werdet nie aufgeregt. Wennihr versteht, dass alle eins sind, wird es keinen Grund geben, in Auf-regung zu geraten. Alle Körper sind wie Spiegel. Ihr seht in ihnen euereigenes Spiegelbild. Wie könnt ihr jemals auf euer eigenes Spiegelbildwütend sein? Ihr solltet mit Liebe sprechen. Es gibt keine grössere Gött-lichkeit als Liebe. Wenn ihr euer Herz mit Liebe füllt, werden eure Ge-danken, eure Sichtweise, eure Worte und eure Handlungen voller Liebesein. Weil ihr euer Herz nicht mit Liebe füllt, haben viele schlechte Ei-genschaften Zugang zu ihm und zerstören eure Menschlichkeit.Wie könnt ihr die Gnade Gottes gewinnen? Hier ist ein kleines Beispiel.Ihr habt hart gearbeitet, Geld verdient und es auf die Bank gebracht,damit es in Sicherheit ist. Das Geld gehört ohne Zweifel euch, aber derBankdirektor gibt es euch nicht, nur weil ihr ihn darum bittet. Wenn manGeld von einem Konto abheben will, gibt es bestimmte Regeln und Vor-schriften zu beachten. Ihr könnt nur dann Geld abheben, wenn ihr einenScheck unterschreibt und ihn dem Bankangestellten aushändigt.Ganz ähnlich habt ihr das ‘Geld’ verdienstvoller Taten bei Gott, demgöttlichen Bankdirektor, deponiert. Setzt eure Unterschrift der Liebe aufden Scheck der Opferbereitschaft und bringt ihn diesem Bankdirektor.Nur dann wird er euch den Reichtum seiner Gnade auszahlen. Das istder Königsweg zu Frieden und Reinheit; er führt letztlich zu Nirvana.Gott ist zwar die Verkörperung der Opferbereitschaft und das Geld ge-hört euch, aber es gibt einen vorgeschriebenen Weg, es zu bekommen.Gott ist der Direktor der Bank der Liebe. Ihr habt euer Geld in seinerBank angelegt. Um von dieser Bank Geld abzuheben, müsst ihr denScheck des Opfers mit der Unterschrift der Liebe einreichen. Liebe istGott; lebt in Liebe. Was auch geschehen mag, eure Liebe zu Gott solltesich nicht verändern. Nur mit solcher Liebe könnt ihr den Weg des Op-ferns beschreiten und Geld von der göttlichen Bank abheben. Mit ‘Geld’ist hier der Besitz der Gnade, Weisheit und Rechtschaffenheit gemeint.

Nachdem Buddha lange Zeit die verschiedensten spirituellen Übungendurchgeführt hatte, war er traurig darüber, dass er so viel Zeit ver-schwendet hatte, ohne das erwünschte Ergebnis erreicht zu haben. Ererkannte, dass man das Göttliche nur erreichen kann, indem man diefünf Sinne angemessen benutzt. Gott hat allen Menschen, seien siereich oder arm, diese fünf Sinne gleichermassen gegeben.

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Ihr könnt die Manifestation Gottes nur sehen, wenn ihr eure Sinne ineiner heiligen Art und Weise benutzt. Heutzutage missbraucht derMensch seine Sinne für Annehmlichkeiten und weltliches Glück. Er be-nutzt die gottgegebene Gabe der Sprache, um andere zu kritisieren undzu verletzen. Sprecht liebevoll, sanft und süss. Das versteht man unterReinheit der Sprache.Neben der Reinheit der Sichtweise und der Reinheit der Sprache müsstihr auch die Reinheit des Hörens haben. Warum hat Gott Ohren ge-geben? Um sinnlosem Geschwätz zuzuhören? Ohren sollten nur dashören, was sich auf das Prinzip des Atman bezieht. Nur die Schwin-gungen der Seele sollten durch die Ohren dringen. Hört euch nie etwasan, was unheilig oder schlecht ist. Euer letztendliches Ziel ist es, daseuch innewohnende Prinzip des Atman zu verwirklichen, das in allendasselbe ist. Es gibt keinerlei Unterschiede. Der Atman, der in euch ge-genwärtig ist, ist in jedem gegenwärtig. Er ist eigenschaftslos. Um dasPrinzip des Atman zu verwirklichen, solltet ihr euer Herz mit Liebe füllen.Das Herz ist wie ein Gefäss. Füllt es mit den Eigenschaften der Wahr-heit, der Liebe und der Opferbereitschaft. Dann braucht ihr nicht umFrieden zu bitten; er wird sich automatisch von innen her in euch ma-nifestieren. Tatsächlich sind Liebe, Wahrheit usw. in euch. Ihr solltetsie aus eurem Inneren manifestieren. Von aussen könnt ihr sie nichtbekommen. Alles ist eine Spiegelung des inneren Wesens. Eure innereNatur ist immer rein. Ihr beschmutzt sie, weil ihr dem weltlichen Wegfolgt und euer Herz mit weltlichen Gefühlen füllt. Das Herz ist immerrein, beständig und selbstlos. Es wird hauptsächlich durch eine unhei-lige Sichtweise, unheiliges Hören und unheiliges Sprechen verunrei-nigt. Seine Reinheit könnt ihr nur dadurch aufrechterhalten, dass ihr diefünf Sinne in einer verantwortlichen und heiligen Art und Weise benutzt.Das Herz ist voller Mitgefühl. So wie Gott in vielen Formen und mit vielenNamen verehrt wird, hat der Atman verschiedene Namen wie Wahrheit,Rechtschaffenheit, reine Liebe etc. Ihr müsst euch darum bemühen,die Einheit in der Vielfalt zu verstehen und zu erfahren. Buddha konnteGlückseligkeit erst erfahren, als er dieses Prinzip der Einheit verstan-den hatte. Er opferte alle sinnlichen Vergnügen. Er hatte verstanden,dass alles, was wir durch die Sinne erfahren, nutzlos ist und zu Bindungführt. Er erkannte, dass der Missbrauch der Sinne die ursprünglicheMenschlichkeit zerstört. Er verliess sein Elternhaus und seine Familieund entsagte der Welt. Schliesslich verwirklichte er die atmische Einheitund erreichte Nirvana.Als Buddha dabei war, seine sterbliche Hülle hinter sich zu lassen, warsein Cousin Ananda bei ihm. Ananda begann zu weinen. Da sagte Bud-

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dha zu ihm: “Du bist dazu geboren, Glückseligkeit zu erleben. Das istnur möglich, wenn du deine Sinne in der richtigen Weise gebrauchst.Gott ist die Verkörperung der höchsten Glückseligkeit, er ist absoluteWeisheit, er ist Eines ohne ein Zweites, er ist jenseits aller Gegensätze,ausgedehnt und alles durchdringend wie der Himmel, er ist das Ziel,das durch das grosse Wort “DAS bist DU’ gekennzeichnet ist, er istewig, rein, unveränderlich und Zeuge aller Funktionen des Intellekts.“Anstatt solche ewige Glückseligkeit zu erfahren, wird der Mensch heutedurch sinnliche Vergnügungen in die Irre geführt. Welchen Sinn hat es,als Mensch geboren zu werden, wenn ihr euch von den Sinnesfreudenhinreissen lasst wie Hunde und Affen? Auch ein Affe erfährt dieselbeArt sinnlicher Lust, in der ihr schwelgt. Warum seid ihr dann überhauptals Mensch geboren worden? Ihr solltet euch nicht wie die Affen ver-halten. Ihr gehört der Menschheit an. Ihr solltet Güte und Mitgefühl ha-ben. Ihr seid dazu geboren worden, ewige Glückseligkeit zu erfahren,nicht um in vergänglichen Vergnügungen zu schwelgen.Bei der Geburt weint jeder Mensch: “Oh weh! Ich bin wieder in dieseWelt hineingeboren worden. Ich bin wegen meiner Trennung von Gottvon der Glückseligkeit entfernt worden.“ Welchen Sinn hat das Lebenals Mensch, wenn man bei der Geburt und beim Sterben weint? Zual-lererst sollte der Mensch Zweck und Ziel des Lebens verstehen. Washat er in seinem Leben erreicht, wenn er im Moment des Todes genauso weint wie bei seiner Geburt?Der Mensch wurde weinend geboren, verlassen sollte er die Welt miteinem Lächeln. Das ist nur möglich, wenn er zu Lebzeiten seine Sinnein der richtigen Art und Weise benutzt. Was ist der Tod? Nichts weiterals dass man ein Gewand wechselt. Der Tod ist das Gewand des Le-bens. Der Körper ist wie ein Kleid. Nach dem Tod zieht ihr ein neuesKleid an.Jeder Mensch will die Befreiung erreichen. Welche Anstrengung bringter dafür auf? Er hat die Verdienste, die er in früheren Leben erworbenhat, bei Gott deponiert. Gott zahlt auf die ‘Grundsumme’ sogar ‘Zinsen’aus. Alles, was ihr tun müsst, ist, den Scheck des Opfers mit der Un-terschrift der Liebe einzureichen. Opfer ohne Liebe ist sinnlos. Nurwenn diese beiden zusammen wirken, kann der Mensch das ge-wünschte Ergebnis erzielen.Gott giesst seine Liebe und Gnade über alle aus, aber die Unglückli-chen sind nicht in der Lage, sie entgegenzunehmen. Aus welchemGrund? Ihre Gefühle stimmen nicht überein mit den Gefühlen Gottes.Sie verstehen den Willen Gottes nicht. Gott ist die Verkörperung derLiebe und ein Ozean des Mitgefühls. Aber ihr könnt Gottes Liebe und

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Mitgefühl nicht aufnehmen, weil ihr euer Denken und Fühlen mit welt-lichen Gefühlen angefüllt habt. Gebt alles Unheilige auf, wenn ihr etwasHeiliges empfangen wollt. Wenn der Kopf leer ist, kann er mit allem ge-füllt werden. Aber wenn er mit weltlichen Wünschen vollgestopft ist, wiekann er da mit heiligen Gefühlen gefüllt werden? Leert aus eurem Kopfzuallererst alle weltlichen Gefühle aus. Nur dann kann er mit göttlicherLiebe gefüllt werden. Opferbreitschaft ist der wahre Yoga.Heute nehmen die Menschen mit der Bezeichnung Yoga bedeutungs-lose Praktiken auf. Sie verzerren die Bedeutung von Yoga. Was ist Yo-ga? Yoga ist die Disziplinierung des Geistes. Ohne Beherrschung desGeistes führen rein körperliche Übungen zu Krankheit des Körpers unddes Geistes. Füllt euren Geist mit Liebe. Ihr werdet heilig, wenn euerGeist heilig wird. Ihr werdet zu dem, wie ihr fühlt. Welche spirituelleÜbung ist nötig, um das Herz zu reinigen? Es ist weder das Wiederholeneines heiligen Namens, Mantras oder Gebetes noch Meditation nochYoga. Yoga bedeutet nicht, den Atemprozess zu beherrschen. Ihr soll-tet gute Gefühle einatmen, die wie Sauerstoff sind, und schlechte Ge-fühle ausatmen, die wie giftiges Kohlendioxyd sind. ‘Sauerstoff’ kommtaus dem Herzen und ‘Kohlendioxyd’ aus dem Kopf. Der Kopf ist dieQuelle aller giftigen Gefühle. Beherrscht sie und atmet die nektarglei-chen Gefühle ein, die aus dem Herzen kommen.

Ihr sehnt euch danach, Gott zu sehen, mit ihm zu sprechen und ihn zuberühren. Niemand kann die Glückseligkeit beschreiben, die jemanderfährt, der Gott sieht, ihn berührt und mit ihm spricht. In Wirklichkeitseht ihr Gott in allen Menschen, die um euch sind. Eure Sichtweise wirdnur dann geheiligt sein, wenn ihr das Gefühl entwickelt, dass alle Ver-körperungen Gottes sind. Alles in dieser Schöpfung ist heilig. Alles, wasihr seht ist nichts anderes als die Manifestation Gottes. Ihr seht Gottin der Form der Welt, habt aber das Gefühl, ihn nicht gesehen zu haben.Gott hat keine besondere Form und keinen besonderen Wohnort. Erist der ewige Zeuge und ist in allen Formen anwesend. Nur wenn ihrsolche Gefühle habt, könnt ihr auf dem spirituellen Pfad vorankommen.Begrenzt Gott nicht auf die Gestalt von Vishnu oder Krishna. In Wirk-lichkeit hat Gott keine Form. Er ist das kosmische Wesen. Gott ist derallen Wesen Innewohnende. Das ganze Universum ist durchdrungenvon Gott. Wahrlich alles ist Brahman, Gott. Mit Sinneskontrolle könnt ihr alles erreichen. Heute ist der Menschschwach geworden, weil ihm die Beherrschung der Sinne fehlt. Anstattzur Göttlichkeit, zum göttlichen Bewusstsein aufzusteigen ist er zur Hilf-losigkeit degeneriert. Bei der kleinsten Provokation wird er wütend und

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beim kleinsten Problem todunglücklich. Wie kann er da erwarten, Gött-lichkeit zu erfahren? Er sollte Freude und Schmerz gleich behandeln.Ihr seid glücklich, wenn ihr einen Sohn bekommt und leidet, wenn erstirbt. Wer wird geboren und wer ist gestorben? Was ist Ehe? Die Eheist wie eine Fata Morgana. Kann eine Fata Morgana je euren Durst lö-schen? Wer ist vor der Hochzeit der Ehemann und wer die Ehefrau?Wer ist vor der Geburt die Mutter und wer ist das Kind? Heutzutage ent-wickelt der Mensch übermässige Bindungen an seine Familie. Eltern,Freunde, Verwandte, Haus und Reichtum sind wie vorüberziehendeWolken - beachtet diese Wahrheit. Alle weltlichen Beziehungen sindwie vorüberziehende Wolken. Sie kommen und gehen, aber Moralkommt und wächst. Erfüllt eure Pflicht gewissenhaft. Pflichterfüllung istGott, Arbeit ist Gottesdienst. Macht nie einen Unterschied zwischen Ar-beit und Gottesdienst.Verkörperungen der Liebe! Ihr müsst die drei Dinge erkennen: Zuerstdas, was einmal kommt und nie mehr geht; das Zweite ist das, was ein-mal geht und nie wiederkommt; und das Dritte kommt nicht und gehtauch nicht. Das Erste ist Weisheit, das Zweite ist Unwissenheit und dasDritte ist das Prinzip des Atman. Der Atman ist bleibend und ewig; erverändert sich niemals. Das Wissen um den Atman ist wie Nektar. Alleuer weltliches Wissen ist sinnlos ohne das Wissen um das GöttlicheSelbst. Alles, was ihr in Büchern lest, kommt aus dem Kopf. Aber dasWissen über das Göttliche Selbst ist weder in Büchern noch im Kopfzu finden. Es stammt aus dem Herzen. Zuallererst beherrscht eurenGeist. Der Geist ist wie ein verrückter Affe. Er ist nichts weiter als eineAnsammlung von Gedanken. Die Natur des Geistes wird bestimmtdurch die Natur der Gedanken. Habt also reine Gedanken und somiteinen reinen Geist.Was ist Nirvana? Heute wünscht sich der Mensch, Befreiung zu erlan-gen. Was ist Befreiung? Es ist nicht das Erreichen einer himmlischenWohnstatt. Befreiung heisst Freisein von Leiden. Ihr braucht diese Be-freiung auf drei Ebenen - auf der körperlichen, der mentalen und derseelischen. Ihr seid zum Beispiel unruhig. Wenn ihr etwas esst, ist euerHunger gestillt. Das ist auch eine Form von Befreiung. Ihr leidet an einerKrankheit. Ihr nehmt eine Medizin ein und seid geheilt. Auch das ist Be-freiung. All das bezieht sich auf den Körper.Auf der mentalen Ebene bedeutet Befreiung, die Launen des Geisteszu kontrollieren. Aber wahre Befreiung liegt in dem Verstehen des Prin-zips des Atman, der weder kommt und noch geht. Das nennt man Nir-vana. Man sollte Liebe zu Gott, Furcht vor Sünde und richtiges Ver-halten innerhalb der Gesellschaft haben. Das ist wahres Nirvana. Haltet

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euch fern von Sünde. Versteht, dass Nähe zu Gott der wahre Reichtumist. Aber unwissende Menschen sind unfähig, das göttliche Prinzip zuverstehen. Sie haben das Gefühl, Gott durch Meditation zu erfahren.Was ist Meditation? Meditation ist eine Lebensweise. Wenn ihr auf derStrasse geht oder mit dem Auto fahrt, verursacht ihr vielleicht einen Un-fall, wenn euer Blick nicht auf die Strasse gerichtet ist. Konzentrationist in allen Bereichen des Lebens notwendig. Aber aus Konzentrationwird keine Meditation. Man sollte über die Konzentration hinausgehen,d.h. die Gedanken sollten zur Ruhe kommen. Ihr solltet frei von Ge-danken sein. Das ist wahre Meditation.

Die Hirtinnen folgten diesem Pfad und ihre Gedanken waren beständigauf Krishna ausgerichtet. Die Hirtinnen gingen oft zu Yashodas, Krish-nas Pflegemutters, Haus, um dort ihre Lampen anzuzünden. Sie glaub-ten, dass es ihren Familien Segen bringen würde, wenn sie Licht ausYashodas Haus nach Hause bringen würden, das durch Krishnas An-kunft geheiligt war. Einmal kam eine frischverheiratete Hirtin namensSuguna zu Yashoda, um ihre Lampe anzuzünden. Als sie dies tat, sahsie Krishna in der Flamme. Sie verlor sich so vollständig im Anblick sei-ner bezaubernden Form, dass sie nicht wahrnahm, dass ihre Hand ver-brannte. Yashoda roch, dass etwas verbrannt war, kam herbeigeranntund zog augenblicklich Sugunas Hand aus der Flamme. Sie war sehrerstaunt, dass Suguna, deren Hand verbrannt war, keinen Schmerz zufühlen schien und ganz in ihrer eigenen Welt versunken war. Als sienach dem Grund ihres seltsamen Verhaltens befragt wurde, erklärteSuguna, sie habe eine Vision von Krishna gehabt und sich selbst völligvergessen. Als sie Sugunas Worte hörten, wurden alle Hirtinnen ek-statisch und sangen:

„Unsere Suguna hat Krishna im Haus von Nanda gesehen.Er ist ihr in der Flamme erschienen.“

(Lied in Telugu)

Was bedeutet das? Wenn ihr zielgerichtete Hingabe zu Gott habt, sehtihr ihn überall. Wenn eure Gedanken, eure Sichtweise und eure Worteheilig sind, dann seid ihr wahrhaftig selbst Gott. Dann braucht ihr nichtnach Gott zu suchen. Gott selbst wird kommen und euch suchen. Gottist überall; man braucht ihn nicht zu suchen. Tatsächlich ist Gott aufder Suche nach einem guten Menschen. Wer Empfänger von GottesLiebe ist, der ist ein guter Mensch. Solch ein guter Mensch ist ein Gott-

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mensch. Man sollte ein guter Mensch und ein Gottmensch werden. Dar-in liegt die Erfüllung des menschlichen Lebens.

Verkörperungen der Liebe! Das Prinzip der Liebe in euch ist sehr heilig.Aber aus der Täuschung heraus beschmutzt ihr es und setzt dadurcheuren Wert herab. Bevor ich zum Ende komme, möchte ich ein kleinesBeispiel geben. Gold ist in seiner reinen Form glänzend und sehr wert-voll, aber wenn ihr Metalle wie Silber, Kupfer, Messing usw. beimischt,verringern sich sein Glanz und sein Wert. Ebenso ist auch der Menschwie reines Gold, aber weil er sich mit weltlichen Begierden verbindet,hat er seinen Wert und seine Ausstrahlung verloren. Wenn ihr diemenschlichen Werte wie Wahrheit, Rechtschaffenheit, Frieden, reineLiebe und Gewaltlosigkeit entwickelt, werdet ihr eine herausragendePosition einnehmen und die Menschen werden euch Respekt entge-genbringen, wohin ihr auch geht.

Verkörperungen der Liebe! Verschmutzt euren Geist nicht mit weltli-chen Wünschen. Ihr habt dieses Leben als Mensch erhalten, weil ihrin früheren Leben Gutes getan habt. Missbraucht es nicht. Dasmenschliche Leben ist äusserst wertvoll. Erhaltet seinen Wert, indemihr menschliche Werte praktiziert. Das war die Lehre des Buddha.Die Menschen wollen Nirvana erlangen. Um Nirvana zu erreichen, soll-te man ein reines Herz haben. Wahres Nirvana besteht darin, Gott zulieben, die Sünde zu fürchten und sich in der Gesellschaft moralischzu verhalten. Tiere wissen nicht, was Sünde ist. Deshalb haben sie kei-ne Angst vor der Sünde. Aber ihr solltet die Sünde fürchten, weil ihrwisst, was Sünde ist. Ihr solltet eure Sinne beherrschen.Denkt noch einmal über alles nach, was ihr hier gehört und erfahrenhabt. Ladet eure spirituellen Batterien auf, indem ihr euch guten Men-schen anschliesst. Nur dann werdet ihr im Leben vorankommen undzu einem Vorbild werden.

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1. Juni

Entwickelt Liebe und werdet göttlich

Verkörperungen der Liebe! Der Vorsitzende der indischen Shri SathyaSai Seva-Organisationen, Srinivasan, sprach über die Vaterschaft Got-tes und die Bruderschaft der Menschen. Aber er sagte nichts von derMutterschaft der Mutter. In dieser Schöpfung wird jeder von einer Mut-ter geboren, wie bedeutend er auch sein mag oder was immer er aucherreicht haben mag. Der Leib der Mutter ist wie die Mutter Erde. DieEigenschaften der Frucht werden dieselben sein wie die des Samens,der in die Erde gelegt wurde. In der heutigen Welt mangelt es den Menschen an Reinheit und Op-ferbereitschaft. Was ist der Grund dafür? Es ist der Mangel an Reinheitdes Leibes der Mutter. Wenn der Mutterleib rein ist, werden die Kinder,die ihr geboren werden, ebenfalls rein sein. Wenn im Herzen der MutterFrieden herrscht, wird die ganze Welt friedvoll sein. Deshalb brauchtdiese Welt zuallererst einmal makellose Frauen. Solcher reinen Frauenwegen wurde Indien ein Land des Opfers , ein Land der Spiritualität undein Land heiliger Rituale , das der übrigen Welt ein Beispiel geben konn-te.Die Leute sagen “Mutterland” und nicht “Vaterland”. In jedem Land wirddie Mutter hoch geachtet. Das Gefühl der Mutterschaft ist allen anderenGefühlen überlegen. Der hauptsächliche Fehler der heutigen Kinderliegt darin, dass sie am Glück und an der Zufriedenheit ihrer Eltern nichtinteressiert sind. Wenn ihr eure Eltern glücklich macht, wird die ganzeWelt glücklich sein. Verehre deine Mutter als Gott, verehre deinen Vaterals Gott. Ihr müsst begreifen, dass die Eltern wahrlich göttlich sind.Ihr müsst eure Mutter glücklich machen. Nur dann wird es Frieden undGlück in der Welt geben. Es ist bedeutungslos, zu Gott zu beten, wennman die eigenen Eltern nicht ehrt. Zuerst einmal bringt eurer Mutter Ver-ehrung entgegen, denn sie hat euch geboren. Nur wenn das Herz derMutter nektargleich ist, wird es auch die gesamte Welt sein. RamasGöttlichkeit erblühte in der liebenden Obhut von Kausalya. Da er ausdem Leib Kausalyas geboren wurde, bekam er die Eigenschaften Kau-salyas. Deshalb verehrt man ihn als Gott. Gandhi konnte für das Landso viele Opfer bringen, weil er von der makellosen Jijabai geboren wor-den war. Kinder haben ihr Glück der edlen Haltung ihrer Mutter zu ver-danken.

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Verkörperungen der Liebe, es gibt nichts Höheres als die Liebe. Alleindie Liebe ist die Hauptquelle all euren Glücks. Ein Mensch ohne Liebeist tot. Darum solltet ihr die Mutter innig lieben und verehren, weil siedie Verkörperung der Liebe ist. Wo gibt es Frieden in der Welt? Wennihr eure Mutter nicht glücklich macht, wie soll es da Frieden geben aufder Welt? Frieden kann man nicht im Basar kaufen. Jedes MenschenHerz ist der Hort des Friedens. Es wird nur Frieden geben auf der Welt,wenn ihr euer Herz mit Liebe füllt. Die Welt ist heute in Aufruhr, weilden Menschen die umfassende Liebe fehlt. Es wird auf der Welt nurdann Frieden herrschen, wenn die Menschen vollkommene Liebe ent-wickeln.

Verkörperungen der Liebe! Ihr seid als Menschen geboren worden. Esgibt nichts Grösseres als dieses. Die Geburt als Mensch ist die seltenstevon allen. Ihr werdet in die Gesellschaft hineingeboren und in ihr auf-gezogen. Warum arbeitet ihr dann nicht für das Wohlergehen der Ge-sellschaft? All euer Wohlstand stammt von der Gesellschaft. Ihr solltetder Gesellschaft eure Dankbarkeit zeigen. Die Welt steht vor Proble-men, weil die Menschen der Gesellschaft keine Dankbarkeit entgegen-bringen. Ihr solltet die Gesellschaft nie vernachlässigen. Das Wohler-gehen der Gesellschaft bestimmt auch euer Wohlergehen. Aberkümmert sich jemand um die Gesellschaft? Nein. Überall ist nur Selbst-sucht zu finden. Gebt die Selbstsucht auf und arbeitet zum Wohl derGesellschaft. Die Welt wird nur Frieden und Sicherheit erleben, wennihr der Gesellschaft dient und Gott Hingabe entgegenbringt. Wenn ihrwollt, dass Frieden in der Welt herrscht, solltet ihr zuerst Frieden in euchselbst entwickeln. Wo ist der Frieden? Er kommt nur aus dem Herzen.Euer Herz ist die Quelle von Frieden, Wahrheit, Rechtschaffenheit undLiebe. Ihr habt euer Herz vergessen und sucht nun in der äusseren Weltnach Frieden. Im Basar bekommt ihr keinen Frieden. Frieden gibt esnur in eurem Herzen.Füllt euer Herz mit Liebe. Welche Arbeit auch immer ihr verrichtet, tutsie voller Liebe. Doch gegenwärtig gibt es nur Selbstsucht, wo immerihr auch hingeht. Da sein Geist beschmutzt ist, hat der Mensch seineReinheit verloren. Die Nahrung, die ihr esst, ist unrein. Die Luft, die ihratmet, ist verunreinigt. Alles ist verunreinigt. Wie könnt ihr dann derKrankheit entgehen? Wenn ihr nicht krank werden wollt, esst reine Nah-rungsmittel, atmet reine Luft, trinkt reines Wasser und seid selbst rein.Aber wohin immer man schaut, es gibt nur Verunreinigung. Wenn ihralso von Verunreinigung umgeben seid, wie könnt ihr da rein werden?Wenn sich die Reinheit von innen heraus manifestiert, könnt ihr ihre

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Widerspiegelung, ihre Reaktion und ihren Widerhall in der äusserenWelt erfahren. Zuallererst müsst ihr die Gesellschaft mit Reinheit er-füllen.Mit wem auch immer ihr sprecht, sprecht freundlich, nicht mit Hass, Är-ger oder Neid. Dies müsst ihr zuerst lernen. Ihr könnt nicht immer ge-fällig sein, aber ihr könnt immer gefällig reden. Sprecht immer liebevoll.Die Menschen sind heutzutage von Kopf bis Fuss voller Ärger. Sie sindwie Tiere geworden. Eigentlich sind sogar die Tiere besser als die Men-schen. Tiere handeln aus einem bestimmten Grund zu einer bestimm-ten Zeit. Der heutige Mensch hat keinen bestimmten Grund und keinebestimmte Zeit. Wenn ihr aber so handelt, wie könnt ihr euch dannMensch nennen? Um euch als Menschen bezeichnen zu können, soll-tet ihr zuallererst Menschsein praktizieren. Nur weil ihr einen mensch-lichen Körper besitzt, könnt ihr euch nicht Mensch nennen.Der menschliche Körper ist nur von Wert, wenn ihr die menschlichenWerte wie Wahrheit, Rechtschaffenheit, Frieden, reine, selbstlose Lie-be und Gewaltlosigkeit entwickelt. Was nützt die Geburt als Mensch,wenn die menschlichen Werte fehlen? Zuerst demonstriert Mensch-lichkeit. Entwickelt Liebe. Wenn ihr das tut, werden alle eure Freundewerden. Was für eine Art Freunde? Jene, die voller Liebe sind.Euer wahrer Freund aber ist Gott. Gott ist die personifizierte Liebe. Erist voller Liebe. Fülle ist jenes, Fülle ist dieses, alles ist geboren ausder Fülle; wenn man von der Fülle die Fülle fortnimmt, bleibt doch dieFülle übrig.Gott ist die Verkörperung der Liebe. Wenn ihr Gott wollt, solltet ihr be-dingungslose Liebe für Gott empfinden. Ihr solltet Gott nicht wegen ma-terieller Wohltaten lieben. Liebt Gott um der Liebe willen. Nur dannkönnt ihr ihn erreichen.

Verkörperungen des göttlichen Atman! Der gleiche Atman, die gleicheLiebe und der gleiche Gott sind in allen Lebewesen gegenwärtig. Dereine Gott hat viele Namen. Mit solchen Gefühlen von Einssein entwik-kelt Liebe zu Gott. Dann wird auch euer Herz mit Liebe gefüllt sein. DasHerz ist wie ein Wasserbehälter und alle Sinne sind wie die Wasser-hähne. Wenn der ‘Tank’ voller Liebe ist, wird auch nur Liebe aus den‘Hähnen’ kommen. Was immer ihr in anderen seht, ist nur eine Wider-spiegelung eures eigenen Inneren. Begreift zuerst einmal diese Wahr-heit. Wenn ihr Böses in anderen seht, ist das in der Tat die Widerspie-gelung eurer eigenen bösen Gefühle. Alle sind eins. Das ist reine,selbstlose Liebe, das ist Gott, das ist der Atman. Das ist alles.

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Ihr habt die Liebe vergessen und sehnt euch nach allen weltlichen Din-gen. Wo immer ihr hingeht, heisst es immer Geld, Geld, Geld. Geldkommt und geht, Moral kommt und wächst. Jeder ist interessiert daran,Reichtümer anzuhäufen. Aber wird der Reichtum euch begleiten, wennihr diese Welt verlasst? Nein. Nur die Ergebnisse eurer Handlungenwerden mit euch gehen. Wohlstand wird euch nicht beschützen. Nurdas Guthaben an verdienstvollen Handlungen wird euch beschützen.Anderen zu helfen ist verdienstvoll, andere zu verletzen ist Sünde. Er-werbt euch den Reichtum an Verdiensten. Sammelt keine Sünden an.Alexander regierte über ein riesiges Reich, aber was nahm er im Todmit? Er ging mit leeren Händen. Ihr solltet nur reine Liebe bei euch tra-gen, wenn ihr diese Welt verlasst. Wenn ihr euch den Reichtum reinerLiebe erwerbt, seid ihr die reichsten Menschen der Welt. Derjenige mitder grössten Zufriedenheit ist der reichste Mensch der Welt und der mitden meisten Wünschen ist der ärmste Mensch dieser Welt. Heute sinddie Menschen von Kopf bis Fuss voller Wünsche. Solange ihr Wünschehabt, werdet ihr nie glücklich und friedvoll sein.

Verkörperungen der Liebe! Gebt die Wünsche auf und seht selbst, wieviel Liebe und Glück ihr bekommt. Die Glückseligkeit, die ihr dann er-lebt, ist viel grösser als alles zuvor erlebte Glück. All die Glückseligkeitist in euch. Aber ihr bildet euch ein, dass sie ausserhalb von euch sei.Alles Äussere ist nur die Widerspiegelung, die Reaktion und der Wi-derhall dessen, was in euch ist. Wenn ihr ein guter Mensch seid, werdetihr Güte überall um euch herum sehen. Wenn ihr eine Brille mit blauenGläsern tragt, werdet ihr alles in Blau sehen. Tragt ihr eine Brille mitrotem Glas, wird alles für euch rot sein. Gute Eigenschaften sind euergrösster Reichtum. Entwickelt sie. Vermeidet Hass. Demonstriert Ge-waltlosigkeit. Gewaltlosigkeit ist die höchste Tugend. Beseitigt Ärger.Entwickelt Liebe. Es gibt nichts Süsseres als Liebe. Der Weise Narada, einer der sieben grossen Rishis, zog durch die gan-ze Welt und fand doch keinen Frieden. Ihm wurde klar, dass der Friedennicht in Reichtum und in materiellen Gütern zu finden ist, sondern imMenschen selbst. Frieden und Glückseligkeit sind im Inneren, aber derMensch ist unfähig, sie zu erfahren. Wie kann der Mensch, der nichtfähig ist, seine innere Göttlichkeit zu verstehen, Gott in der Aussenwelterleben? Alles ist in eurem Inneren. Der Mensch ist die Verkörperungder universalen Form, er benimmt sich jedoch wie eine gewöhnlichePerson, indem er Anhaftung an den vergänglichen Körper entwickelt.

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Verkörperungen der Liebe! Gebt die Anhaftung an den Körper auf. Ent-wickelt das Bewusstsein des Atman. Die Glückseligkeit, die in der Er-kenntnis des Göttlichen Selbst liegt, ist die immerwährende Glückse-ligkeit. Sie ist in euch. Die höchste Freude verleiht allein die Erkenntnisder Einheit. Gott ist die Verkörperung der höchsten Glückseligkeit, erist absolute Weisheit, er ist Eines ohne ein Zweites, er ist jenseits allerGegensätze, ausgedehnt und alles durchdringend wie der Himmel. Erist das Ziel, das durch das grosse Wort “DAS bist DU’ gekennzeichnetist. Er ist ewig, rein, unveränderlich und Zeuge aller Funktionen des In-tellekts. Er ist jenseits aller Emotionen, Gedanken und Gefühle. Er istfrei von den drei Gunas Ausgeglichenheit, Aktivität und Trägheit. Allesist innen. Alle Eigenschaften sind in euch. Deshalb versucht, die euchinnewohnende Liebe nach aussen zu tragen. Ihr werdet diese Liebeim Aussen nicht finden.Ihr seid die Verkörperungen der Liebe. Entwickelt keine Anhaftung anden Körper. Der Körper muss eines Tages vergehen. Warum lasst ihreuch von diesem vergänglichen Körper täuschen? Das, was ewig ist,ist der Atman. Um die Glückseligkeit des Atman zu erfahren, ist Liebeunentbehrlich. Wenn ihr Liebe entwickelt, werdet ihr göttlich. Denktnicht, dass Gott von euch verschieden ist. Habt den Mut zu sagen: “Ichbin Gott.“ Ihr seid nicht Mensch. Ihr seid Gott. Glaubt fest daran, dassihr Gott seid. Ihr müsst zuerst eure Eltern lieben. Sie haben euch ihrBlut gegeben, ihren Wohlstand. Sie haben euch mit Liebe und Sorgfaltaufgezogen und sich viel Mühe mit euch gemacht. Deshalb seid ihnendankbar. Das ist wahre Hingabe. Es gibt keine grössere Hingabe alsdiese.

Verkörperungen der Liebe! Swami ist nur für kurze Zeit hier. Ich binnoch nicht ganz zufrieden mit meinem Aufenthalt in Mumbai. Ich werdewiederkommen. Entwickelt Liebe. Verehrt eure Eltern. Macht sie glück-lich. Dann werde ich immer bei euch sein. Lebt ein Leben der Liebe.

(Ansprache in Dharmakshetra, Mumbai)

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10. Juni

Gesundheitsvorsorge ist kein Geschäft

Weder durch Bussübungen noch durch Pilgerfahrtennoch durch das Studium der heiligen Schriften

noch durch das Wiederholen eines heiligen Namens,Mantras oder Gebets kann man den Ozean des Lebens überqueren.

Dies kann man nur, indem man den Frommen dient.(Vers in Sanskrit)

Gesundheit ist die wesentliche Voraussetzung, um die vier Ziele desmenschlichen Lebens zu erreichen, nämlich Rechtschaffenheit, Wohl-stand, Wunscherfüllung und Befreiung. Wenn der Mensch nicht gesundist, kann er nicht einmal eine kleine Aufgabe erfüllen. Gesundheit istder grösste Reichtum des Menschen. Sie steht über allen anderen Ar-ten des Reichtums, die der Mensch besitzt.

Gott ist allwissend und allmächtig und in allen Wesen gegenwärtig.Deshalb hat Krishna erklärt: “Was in der Welt des Lebendigen zur in-dividuellen Seele geworden ist, das fürwahr ist mein Anteil in alle Ewig-keit. Gott hat alle Lebewesen mit einer gewissen Kraft ausgestattet.Doch ist die Kraft, die er dem Menschen verliehen hat, viel grösser alsdiejenige, die er anderen Lebewesen gegeben hat. Die körperlicheKraft des Menschen mag nicht so gross sein, aber Gott hat ihn mit einerungeheuren geistigen Kraft gesegnet. Mit seiner Willenskraft kann derMensch jede Aufgabe vollbringen. Es gibt auf dieser Welt nichts, waser nicht mit seiner Willenskraft erreichen kann. Er wendet seine ganzeEnergie auf, um Hunderttausende von Meilen in den Weltraum vorzu-dringen; aber gibt er sich die Mühe, auch nur einen halben Zoll in seinHerz vorzudringen? Es ist die Kraft des Geistes die dem Menschen hilft,sich nach innen zu wenden. Dies ist nur möglich, wenn er diese Kraftrichtig benutzt. Der Mensch erlebt Schwierigkeiten in seinem Leben,weil er sich seiner ihm innewohnenden göttlichen Kraft nicht bewusstist. Man braucht einen Spiegel, um sein eigenes Spiegelbild zu sehen.Genau so kann ein Mensch, wenn er in den Spiegel seiner Göttlichkeitschaut, sein wahres Potential erkennen. Wenn ein kleines StückchenHolz mit Feuer in Berührung kommt, wird es selbst zu Feuer.

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Wenn ihr einen Tropfen Wasser auf eure Handfläche fallen lasst, ver-dunstet er im Nu. Wenn ihr aber denselben Tropfen Wasser in den Oze-an fallen lasst, nimmt er die Form des Ozeans an. Eure Stellung im Le-ben hängt von eurem Umgang ab. Deshalb sagt man: Sage mir, mitwem du Umgang hast, und ich sage dir, wer du bist. Wenn ihr ein engesVerhältnis zu Gott entwickelt, werdet ihr selbst zu Gott. Es gibt auf die-ser Welt niemanden, der keine göttliche Kraft besitzt. Alle Kräfte sindim Menschen latent vorhanden, aber er ist nicht imstande, sie zu er-kennen. Infolgedessen führt er ein elendes Leben.Gott durchdringt alles vom Mikrokosmos bis zum Makrokosmos. Brah-man ist subtiler als das Subtilste und gewaltiger als das Grösste. Ob-wohl Gott allgegenwärtig, allmächtig und allwissend ist, gibt er manch-mal vor, gewisse Wünsche zu haben. Jeder sollte versuchen, dies zuverstehen. Bevor Krishna seinem Kindheitsfreund Kucela Reichtumund Wohlstand verlieh, fragte er ihn, ob er etwas für ihn mitgebrachthabe. Alles, was Kucela bei sich hatte, war eine kleine Menge trockenerReis. Krishna ass diesen Reis. Er tat dies nur, um Kucela seine Gnadezu verleihen und sein Leben zu erlösen. Der allmächtige Gott trat alsdie Vamana-Inkarnation von Vishnu an den König Bali heran und batihn um ein Almosen in Form von drei Schritten Land. Ist dies Betteln?Nein, keineswegs. Gott tut so etwas nur, um seinen Devotees seineGnade zu verleihen und ihr Leben zu erlösen. Einst betrat Krishna nacheiner langen Wanderung das Haus einer Hirtin und sagte zu ihr, dasser müde und hungrig sei. Er bat sie, ihm etwas zu essen zu geben. Siewunderte sich, wie der Herr des Universums jemals hungrig sein könne,und sie sagte in aller Demut und Hingabe, sie wisse nicht, wie sie denHunger Gottes stillen könne. Krishna antwortete, es sei genug, wennsie ihm ein Glas Buttermilch gäbe. Da betete die Hirtin zu Krishna:

„Oh Herr! Wie ist es möglich für mich, dir köstliche Nahrung zu geben,wenn du das gesamte Universum in deinem Magen hast?

Wie kann einer dir einen Tempel bauen,wenn du allesdurchdringend bist?

Wie kann einer eine Lampe vor dir anzünden,wenn du mit dem Glanz von Billionen Sonnen strahlst?“

(Gedicht in Telugu)

Als die Pandavas im Exil lebten und viele Schwierigkeiten auf sich neh-men mussten, ging der Weise Durvasas, ein Rishi, zusammen mit Tau-senden seiner Schüler zu ihrer Einsiedelei und bat um etwas zu essen.Er sagte, sie würden in einem nahegelegenen Fluss ein Bad nehmen

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und dann zum Essen zurückkommen. Die Pandavas gerieten in Panikdarüber, wie sie für so viele Gäste etwas zu essen beschaffen sollten.Draupadi, die Gattin der fünf Pandava-Prinzen, betete zu Krishna, sieaus dieser Not zu erretten. Krishna erschien sofort vor ihr und bat Drau-padi, ihm etwas zu essen zu geben. Sie antwortete: “Krishna, wenn wirin Hastinapura leben würden, hätte ich dir bestimmt ein üppiges Fest-mahl vorgesetzt, Aber leider leben wir in einem Wald und ernähren unsvon Wurzeln und Knollen. Was kann ich dir unter diesen Umständenanbieten?“ Krishna sagte zu ihr, sie solle in das Gefäss sehen, das siebereits gereinigt habe, ob darin noch ein Essensrest zurückgebliebensei. Sie tat dies und fand ein winziges Stück von einem Blatt, das andem Gefäss klebte. Krishna ass dieses zurückgebliebene Blatt. Im glei-chen Augenblick war der Hunger von Durvasas und seinen Jüngern ge-stillt und sie gingen weg, ohne die Pandavas zu belästigen. So retteteKrishna die Pandavas vor dem Fluch von Durvasas. Gott gibt alsomanchmal vor, Wünsche zu haben - nicht, weil ihm etwas fehlt, sondernnur, um seinen Devotees zu helfen. Ihr habt vielleicht die Geschichte von Laila und Majnu gehört. Laila wareine sehr reiche Frau, während Majnu sehr arm war. Laila wollte wis-sen, ob Majnu sie wirklich liebte, denn sie wollte ihn heiraten. Sie dachtesich einen Plan aus und schickte zwei ihrer Dienerinnen zu ihm. Diesesagten Majnu, dass Laila sehr krank sei und Blut brauche. Er antwor-tete, er sei bereit, sein Leben für Laila zu opfern, denn für ihn sei dieHauptsache ihr Wohlergehen. Als Laila dies erfuhr, erkannte sie, wierein und selbstlos Majnus Liebe war. Es tat ihr leid, dass sie MajnusLiebe zu ihr nicht richtig eingeschätzt hatte. Genau so verstehen man-che Menschen Gott und die tiefere Bedeutung seiner Handlungen nicht.Gott wünscht nichts für sich selbst. Alle seine Wünsche sollen seineDevotees anheben und ihr Leben erlösen. Alles, was Gott tut, ist nurfür andere. Ihr solltet diese Wahrheit verstehen. Es war Dr. Rajeswari,die Mutter von C. Srinivas, die dieses Krankenhaus ins Leben gerufenhat. Sie war hochqualifiziert und hatte in mehreren Ländern gearbeitet.Sie sagte oft zu mir: “Unser Srinivas soll eine sehr gute Ausbildung er-halten und alle akademischen Grade erwerben.“ Ich antwortete dann:“Mutter, mache dir keine Sorgen um sein Studium. Wenn er interessiertist, wird er studieren.“ Sie war zu allen Menschen liebevoll und mitfüh-lend. Sie begann mit diesem Krankenhaus in einem kleinen Raum underweiterte es dann immer mehr bis zu seiner heutigen Grösse. JedesJahr fügte sie eine neue Abteilung hinzu. Obwohl es ein allgemeinesKrankenhaus ist, gibt es jetzt hier alle Arten von fortschrittlichen Be-handlungen. Keiner kann sagen, dass die Behandlung eines speziellen

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Leidens hier nicht möglich ist. Wie können wir es dann ein kleines Kran-kenhaus nennen? Es mag von seiner Grösse her klein erscheinen, aberder Dienst, der hier geleistet wird, ist gross. In diesem Sinne ist es zwei-fellos ein grosses Krankenhaus.Alle Ärzte, die in diesem Krankenhaus arbeiten, sind hochqualifiziertund haben einen guten Ruf. Sie kommen von weither und dienen derDorfbevölkerung mit Liebe und Fürsorge. Ohne jedes Eigeninteressetun sie ihren Dienst mit grossem Opfergeist. Solchen Opfergeist siehtman heute selten. Unsterblichkeit kann nur durch Opfergeist erlangtwerden und nicht durch Wohlstand, Nachkommenschaft oder Hand-lung. Nur sehr wenige Menschen sind mit dieser edlen Eigenschaft ge-segnet. Es ist ein grosses Glück, wenn man die leidende Menschheitlieben und ihr dienen kann. Überall auf der Welt streben die Ärzte nachGeld, aber hier trachten die Ärzte nach dem Wohlergehen der Patien-ten. Sie dienen den Patienten mit edlen Gefühlen und reinem Herzen.Mit solch hingebungsvollen Ärzten ist dieses Krankenhaus hier zu ei-nem vorbildhaften Krankenhaus geworden. Tatsächlich arbeitet die ge-samte Belegschaft hier mit vollkommener Hingabe. Man kann grosseKrankenhäuser bauen. Auch wir haben in Whitefield ein grosses hoch-spezialisiertes Krankenhaus gebaut. Aber es hat nur eine kardiologi-sche und eine neurologische Abteilung, während hier verschiedeneKrankheiten wie die von Lunge, Leber, Herz etc. behandelt werden. Ihrkönnt selbst sehen, dass die meisten Patienten, die hierher kommen,arm und hilflos sind. Sie sind diejenigen, die unsere Liebe und Fürsorgeam meisten brauchen.Ihr solltet euren Dienst mit Opfergeist tun. Opfergeist ist der einzigeWeg zur Unsterblichkeit. Dienen ist wertvoller als Rituale und Opfer-zeremonien. Fragt euch, für wen ihr Opfer und Zeremonien darbringt.Für euch selbst, nicht für Gott. Gott braucht sie nicht. Ihr sagt vielleicht,dass ihr Rituale für das Wohlergehen der Welt durchführt. Aber in Wirk-lichkeit verrichtet ihr sie für euer eigenes Wohlergehen. Nur Gott alleinkümmert sich um das Wohlergehen der Welt. Alle Füsse, Hände, Au-gen, Köpfe gehören Gott; Gott durchdringt das gesamte Universum. Erallein kann körperliche, geistige und spirituelle Kraft verleihen. Nur der-jenige ist ein wahrer Mensch, dessen Gedanken, Worte und Handlun-gen rein sind. Deshalb heisst es: “Das beste Studium der Menschheitist der Mensch“. Die Ärzte an diesem Krankenhaus tun ihren Dienst mitsolcher Reinheit und mit weitherzigen Gefühlen. Dr. Rajeswari arbei-tete hier Tag und Nacht. Ich sagte oft zu ihr, sie solle sich nicht über-anstrengen. Ich sagte zu ihr: “Rajeswari, du kannst anderen nur immermehr und mehr dienen, wenn du gesund bist. Deshalb solltest du dich

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ordentlich ausruhen.“ Sie antwortete dann, dass anderen dienen ihreArt sei, sich auszuruhen. Ihr einziger Wunsch sei, während ihres Dien-stes im Krankenhaus zu sterben. Dies ist, was schliesslich geschah.Sie starb in diesem Krankenhaus, während sie im Sitzen eine Arbeitverrichtete. Dr. Savitri setzt die von Dr. Rajeswari begonnene gute Ar-beit fort. Auch Dolly leistet grosse Dienste.Ausser den Ärzten hier gibt es noch einige Spezialisten, die aus derStadt kommen, um hier Dienst zu tun: z.B. ein Augenspezialist, einZahnarzt, ein Leberspezialist und ein orthopädischer Chirurg. Der Arzt,der heute die Programmansagen macht, ist orthopädischer Chirurg. Erhat in USA gearbeitet, bevor er hierher kam. Diese Ärzte verrichten ih-ren Dienst mit äusserster Hingabe. Sie alle haben grosse Einsatzbe-reitschaft und begegnen den Patienten mit Liebe und Fürsorge. Ichmöchte, dass ihr alle solche Liebe entwickelt. Jeder Arzt sollte solcheLiebe für die Patienten haben. Sie sollten mit Liebe zu den Patientensprechen und dafür sorgen, dass diese sich wohl fühlen. Sie sollten dieedlen Tugenden von Verständnis für den Patienten und Eingehen aufihn entwickeln. Ich möchte euch ein kleines Beispiel geben, um dieszu veranschaulichen. Als ich den Ärzten Andenken gab, erhielt ein Arztkein Andenken, da er als Letzter an die Reihe kam. Sofort bot ihm einerder Ärzte das Andenken an, das er erhalten hatte. Welch eine edle Tat!Alle diese Ärzte haben diese selbstlose Liebe. Allein die Liebe erhältdie gesamte Welt. Liebe ist Gott, lebt in Liebe. Die Menschheit kannohne Liebe nicht existieren. Gott existiert nicht in der Form von Vishnu,Shiva etc. Er existiert in der Form von Liebe. Ein Arzt hat diesen Geistder Liebe durch Handeln soeben praktiziert. Keiner von euch hat es be-merkt, aber ich habe es bemerkt. Nur die wenigen Glücklichen sind miteinem solchen Opfergeist ausgestattet. Es gibt viele Ärzte auf der Welt,die hochqualifiziert sind und einen guten Ruf haben, aber sie trachtennach Ruhm und Ansehen. Sie sind daran interessiert, ihre Erfolge be-kanntzumachen, während unseren Ärzten nichts an Ruhm und Anse-hen liegt. Ihr Hauptmotiv ist das Dienen. Wegen dieser edelgesinntenÄrzte hat unser Krankenhaus einen guten Ruf erworben.Ich habe bemerkt, dass der für das Krankenhaus verfügbare Raum zugering ist. Es gibt hier vier Operationssäle. Auf dem Grundstück ist keinZentimeter Platz mehr, da dieses Gebäude die gesamte Fläche desGrundstücks einnimmt. Deshalb habe ich, bevor ich hierher gekommenbin, den Grundstein gelegt für ein neues allgemeines Krankenhaus aufeinem 40‘000 m2 grossen Grundstück, das unser Adikesavulu gestiftethat. Der Ministerpräsident von Karnataka hat ebenfalls an dieser Feierteilgenommen. Eigentlich bin ich nicht an der Grundsteinlegungszere-

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monie interessiert, sondern an der Einweihung. Ich habe bereits be-schlossen, dieses neue Krankenhaus am 23. November 2001 einzu-weihen. Was wird dann mit diesem Krankenhaus hier geschehen?Dieses Krankenhaus ist ebenfalls sehr wichtig. Es war wie ein winzigerSamen von einem Banyan-Baum, der jetzt zu einem riesigen Baum her-angewachsen ist. Es wird immer weiter wachsen. Das neue allgemeineKrankenhaus ist dazu vorgesehen, Krankheiten, die aus Störungen vonLungen, Knochen, Leber usw. herrühren zu behandeln. Dieses alteKrankenhaus hier ist ausschliesslich für die Mutter-Kind-Fürsorge ge-dacht.Ich bin der Ansicht, dass der Fürsorge für Mutter und Kind höchste Prio-rität eingeräumt werden sollte. Wie kann die Welt existieren ohne dieMütter? Man sollte die Liebe und Gnade seiner Mutter erlangen. Nurdann kann man erwarten, die Gnade Gottes zu erlangen. Hier ist einkleines Beispiel, um dies zu veranschaulichen. Im Mahabharata ver-band sich Gandhari, eine keusche und tugendhafte Frau, die Augen,weil ihr Gatte, König Dhritarashtra, von Geburt an blind war. Sie sahnoch nicht einmal ihre eigenen Söhne. Als Krishna nach dem Mahab-harata-Krieg zu ihr ging, um sie über den Verlust ihrer hundert Söhnezu trösten, übte Gandhari in ihrer Verzweiflung und ihrem Schmerz hef-tige Kritik an ihm. Sie fragte: “Krishna, konntest du nicht einen einzigenunserer Söhne retten, der die Sterberituale für uns ausführen könnte?Warum ist dein Gnadenblick auf keinen von ihnen gefallen?“ Krishnagab eine passende Antwort. Er sagte: “Mutter, hast du jemals deine ei-genen Söhne gesehen? Wie kann mein Gnadenblick auf diejenigen fal-len, die von ihrer eigenen Mutter nicht gesehen werden?“ Wer die Liebeseiner Mutter nicht gewinnen kann, kann die Gnade Gottes nicht er-halten. Deshalb müsst ihr vor allem anderen versuchen, die Liebe eurerMutter zu empfangen. Aus diesem Grund erklären die Veden: Verehredeine Mutter als Gott, verehre deinen Vater als Gott, verehre deinenLehrer als Gott, verehre deinen Gast als Gott. Wegen Menschen mitOpfergeist konnte unser Land Indien Frieden und Wohlstand genies-sen. Den Opfergeist, die Liebe und die Rechtschaffenheit, die man inIndien findet, gibt es nirgendwo anders auf der Welt. Indien ist das Landdes Opfers, das Land des Yoga, das Land, in dem heilige Riten durch-geführt werden und dessen Bewohner sich spirituell motiviertem Tunwidmen und das Land der Opferrituale.Ein solch heiliges Land wird durch die moderne Jugend umgewandelt inein Land, dessen Bewohner den Sinnesfreuden folgen und den Luxuslieben. Die Glückseligkeit, die man durch Opfer und Entsagung erfährt,kann man nicht durch Vergnügen, Genuss und sinnliche Freude erlan-

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gen. Diese führen zu Krankheit und Kummer. Opfergeist führt zu Yoga.Nehmt den Opfergeist in euch auf und gebraucht eure Energie und Er-ziehung für das Wohlergehen anderer. Versteht, dass das Ziel der Er-ziehung ist, der Gesellschaft zu dienen, und nicht, Geschäfte zu be-treiben. Es gibt keinen grösseren Dienst als den, eure Erziehung zumNutzen anderer einzusetzen. Speziell die Ärzte sollten sich besondersbemühen, die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen.Die Kultur Indiens lehrt: “Sprich die Wahrheit und folge der göttlichenOrdnung.” Auf dieser Welt wird Menschlichkeit nur erblühen, wenn die-ses Prinzip in die Tat umgesetzt wird. Wahrheit bezieht sich auf Moralund richtiges Verhalten, Rechtschaffenheit bezieht sich auf die göttli-chen Gebote, und Opferbereitschaft verleiht Ansehen. Das Menschen-geschlecht ist die Kombination von allem. Heute aber fehlt die Moralin der Gesellschaft. Was nützt Erziehung ohne Moral? Das Lebenselbst hat keinen Wert ohne Moral. Haltet an der Wahrheit fest, prak-tiziert Rechtschaffenheit, entwickelt den Geist der Opferbereitschaft.Es gibt nichts Grösseres als dies.

Verkörperungen der Liebe! Wenn ihr jemandem begegnet, der leidet,dann gebt euch alle Mühe, ihn zu trösten. Dies war das von Dr. Rajes-wari vorgelebte Ideal. Sie gab alle ihre Einkünfte für dieses Kranken-haus. Seit ihrem Tod arbeitet Dr. Savitri unermüdlich Tag und Nacht.Manchmal verzichtet sie sogar auf ihr Essen, um den Patienten zu die-nen. Ich habe ihr gesagt, dass es nicht gut für ihre Gesundheit sei, wennsie Tag und Nacht arbeite, ohne angemessen zu essen und sich aus-zuruhen. Sie versprach mir, wenigstens die Essenszeiten einzuhalten.Alle Ärzte, die hier arbeiten, einschliesslich der von ausserhalb kom-menden Ärzte, nehmen nicht einen einzigen paisa von uns. So ist dasseit 25 Jahren. Sie bringen auch die notwendige Ausstattung und Me-dikamente mit und dienen den Patienten hier. Es gibt keinen Mangelan Ärzten in unserem Land. Aber die meisten sind hinter Geld und Be-rühmtheit her. Ärzte sollten Mitgefühl für ihre Patienten und Interessean ihnen haben. Wir haben viele solch edelgesinnte Ärzte, die von ver-schiedenen Orten kommen, um in diesem Krankenhaus zu dienen. Nurderjenige ist ein wahrer Arzt, der sich den Patienten selbstlos widmet.Der Arzt ist wahrhaftig Gott . Was tut Gott? Er hilft allen. Genau so soll-ten auch die Ärzte allen helfen. Mit solch edlen Gefühlen bieten die Ärz-te hier ihren Dienst an, und deswegen hat dieses Krankenhaus einenguten Ruf erworben. Wann immer es nötig ist, fahren sie sogar nachPuttaparthi, um dort ihre Dienste anzubieten.

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In dem Super Spezial-Krankenhaus in Puttaparthi haben wir die Ab-teilungen Kardiologie, Urologie, Nephrologie und Augenheilkunde. Dr.Hemanthmurthy, ein Augenarzt, fährt jede Woche nach Puttaparthi, umdort Augenoperationen durchzuführen. Es ist keine einfache Aufgabe,Woche für Woche den weiten Weg nach Puttaparthi zu fahren, um dortzu dienen. Wie viele Ärzte auf dieser Welt haben solch einen Geist desDienens? Auch der Zahnarzt und der Anästhesist gehen von hier dort-hin. Im Krankenhaus in Puttaparthi haben wir manchmal eine grosseZahl von Operationen durchzuführen. Dann ist dort unausweichlich Be-darf an mehr Anästhesisten. Wir brauchen nur anzurufen, und unver-züglich finden sie sich hier ein. Sehr selten findet man heutzutage solchdienstfreudige Ärzte. Aber in diesem Krankenhaus hier haben wir viele,die unermüdlich tagein und tagaus arbeiten. Dr. Hemanthmurthy, dermit äusserster Sorgfalt Augenoperationen durchführt, ist einer von ih-nen. Ich habe ihm gesagt, dass ich bereit bin, alle Geräte zu besorgen,die er braucht, damit er noch effektiver arbeiten kann. Ich ermutige im-mer diejenigen, die sich dem Dienen widmen. Ich bin bereit, jede Anzahlvon Krankenhäusern wie dieses zu errichten und alle erforderliche Hilfezu gewähren. Ich bin nicht an Geld interessiert und ich habe nichts da-mit zu tun. Ihr wundert euch vielleicht, wie Sai Baba Geld für seine Pro-jekte erhält.Ihr denkt möglicherweise, dass er Geld materialisiert. Nein, keines-wegs. Ich bediene mich nicht solch schlechter Praktiken, weil Geld mitder Regierung zu tun hat. Ich kann alles erschaffen, aber ich erschaffekein Geld. Immer wenn es nötig ist, kommt der eine oder andere aufdie edle Idee, den erforderlichen Betrag zu stiften. Nur ein Wort vonSwami genügt; es gibt viele Devotees in Indien und in Übersee, die so-fort das Erforderliche tun. Ihr braucht also überhaupt keine Zweifel zuhaben. Wir müssen dieses Krankenhaus weiterentwickeln. Gesternkam ein Leberspezialist zu mir und erklärte sich bereit, in Swamis Kran-kenhaus zu arbeiten. Er hat vorher in Amerika gearbeitet. Er kann Le-bertransplantationen durchführen. Ich gab ihm meine Erlaubnis undsagte, dass Swami immer bereit ist für jede gute Arbeit.Heutzutage sind die Nahrungsmittel, die ihr esst, die Luft, die ihr atmet,und das Wasser, das ihr trinkt, verunreinigt. Infolgedessen leiden dieMenschen unter Herz- und Leberstörungen. Früher gab es solche Lei-den nicht. Die Verunreinigung der Nahrungsmittel, der Luft und desWassers ist die Hauptursache solcher Krankheiten. Deshalb habe ichbeschlossen, die Bedürftigen mit reinem Trinkwasser zu versorgen. Zu-erst habe ich Bildungsanstalten und Krankenhäuser errichtet, da Schul-bildung und Gesundheitsfürsorge für alle sehr wichtig sind. Dann habe

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ich ein Trinkwasserprojekt durchgeführt. Ich habe nicht einfach Brun-nen bohren lassen, denn Grundwasser kann ein Übermass an Fluoridenthalten, welches der Gesundheit sehr abträglich ist. Deshalb habeich Vorkehrungen getroffen, Wasser aus natürlichen Quellen wie ausdem Krishna-Fluss zu bekommen, und dafür Millionen von Rupies aus-gegeben. Jetzt hat mich der Ministerpräsident von Karnataka gebeten,die Bezirke Bellary, Bidar und Bijapur im Staate Karnataka mit reinemTrinkwasser zu versorgen. Ich habe ihm dies zugesagt. Wo immer Man-gel an Trinkwasser besteht, sollte man sich alle Mühe geben, diesenMangel zu beheben. Wir brauchen den Menschen kein Geld zu geben,es genügt, wenn wir sie mit reinem Trinkwasser versorgen.Es gibt keinen Mangel an Reichen in diesem Land. Aber was nützt derReichtum, wenn er nicht für heilige Zwecke verwendet wird? Niemandkann bei seinem Tod auch nur eine Handvoll Staub mitnehmen. Wennes anders wäre, würde in diesem Land sogar der Staub rationiert wer-den. Geld sollte zum Nutzen der Gesellschaft verwendet werden. Wohl-tätigkeit ist der wahre Schmuck der Hand, Wahrheit ist der echteSchmuck des Halses, Hören heiliger Texte ist der wahre Schmuck derOhren. Was ist das Wichtigste im Leben? Es ist unbedingt erforderlich, ein en-ges Verhältnis zu Gott zu entwickeln. Ihr werdet mit göttlicher Energieaufgeladen, wenn ihr mit Gott in Kontakt kommt. Das Leben in der Ge-sellschaft Gottes ist die wahre Gemeinschaft. Die Gemeinschaft mitGuten, Gotthingegebenen führt zu innerer Freiheit. Dieses Losgelösts-ein befreit von Täuschung. Freisein von Täuschung führt zur Bestän-digkeit des Geistes und dies verleiht Befreiung. Aber heute hat derMensch keinen beständigen Geist. Sein Geist springt ständig wie einverrückter Affe hin und her. Wenn ihr sagt ‘mein Körper’, ‘mein Geist’,‘meine Intelligenz, Unterscheidungskraft’ etc., dann sind all diese ver-schieden von euch. Fragt euch: “Wer bin ich?“ In jedem, vom Armenbis zum Millionär, ist das gleiche ‘Ich-Prinzip’ vorhanden. Um diesesPrinzip des Ich zu verstehen, müsst ihr Opfergeist entwickeln.Hierher kommen Patienten aus allen Religionen zur Behandlung: Hin-dus, Muslime, Christen etc. Alle werden gleich behandelt. Es gibt kei-nerlei Unterschiede. Alle sind Kinder Gottes. Dieses Krankenhaus stehtfür das Ideal ‘Bruderschaft der Menschen und Vaterschaft Gottes’. Inallen Sai-Organisationen gibt es keine Unterschiede durch Kaste, Re-ligion, usw. Sai Devotees, die sich den Dienst am Nächsten zum Zielgesetzt haben und diesen als Gottesdienst praktizieren, kommen hier-her, um zu dienen. Jeden Tag dienen mindestens hundert Sevadalsfreiwillig im Super Spezial-Krankenhaus in Whitefield. Die heutige Ju-

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gend sollte solchen Opfergeist pflegen. Mit ihrem Älterwerden sollteauch ihr Opfergeist wachsen. Heute feiern wir das Silberjubiläum die-ses Krankenhauses, aber ich bin damit nicht zufrieden. Wir sollten die-ses Krankenhaus weiterentwickeln und sein Goldenes Jubiläum feiern.Es sollten noch mehr Ärzte zu diesem Krankenhaus kommen und allesollten im Geiste vollkommener Einheit arbeiten. Alles kann durch Ein-heit erreicht werden. Aus dem von Dr. Rajeswari gegründeten kleinenKrankenhaus ist ein grosses Krankenhaus geworden. Ich wünsche,dass es noch weiter wächst und den Armen und Bedürftigen dient. Ichsegne euch alle und beende damit meine Ansprache.

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4. Juli

Die menschliche Geburt führt zur Erfahrung der Göttlichkeit

Ihr mögt hochgebildet sein, aber wie könnt ihr erwarten,geachtet zu werden, wenn ihr keine Kultur besitzt?

Auch wenn ihr hochintelligent seid,wie könnt ihr in der Gesellschaft Wertschätzung erlangen,

wenn ihr ohne Moral seid?Und wenn ihr Autoritätsstellungen innehabt,

aber eure Grenzen überschreitet, wie können die Menschen euch dann respektieren?

Wie könnt ihr erwarten, dass die Menschen euch ehren,wenn ihr weder barmherzig seid noch recht handelt

und nicht dem Weg der Wahrheit folgt?Es ist ein grosser Fehler, wenn euer Verhalten

keine Furcht vor Sünde zeigt.(Gedicht in Telugu)

Verkörperungen der Liebe! Wenn ihr tief nachdenkt und nachforscht,dann entdeckt ihr, dass der Wasserspiegel der Erde täglich sinkt. Wennihr das gegenwärtige politische Szenario betrachtet, erkennt ihr, dassweder Moral noch Integrität zu finden sind. Die Lehrer von heute schei-nen den kostbaren Schatz des Wissens nicht zu besitzen. Die mensch-lichen Werte sind in den Menschen völlig verschwunden. Die Lehrerder alten Zeiten wurden als Könige des Opfergeistes, der Verbindungmit Gott und der Entsagung gepriesen, aber leider sind die modernenLehrer Könige des Vergnügens, der Wünsche und Lust geworden. Die indische Kultur manifestiert die Wahrheit, die im Lauf der Zeit un-verändert bleibt und durch Erschaffung oder Zerstörung nicht beein-flusst wird. Der Mensch hat diese ewige Wahrheit vergessen und ver-schwendet sein kostbares Leben in der Jagd nach äusserlichenFreuden. Er ist nicht in der Lage, seinen eigenen Wert zu erkennen.Er misst dem Geld und nicht dem Charakter Wert bei. Er widmet seinLeben eigennützigen Zielen und ignoriert seinen eigenen Wert undCharakter. Seit uralten Zeiten haben die Inder den spirituellen Weg ein-geschlagen, die Glückseligkeit daraus erlangt und mit anderen geteilt.Heutzutage ist der Mensch nicht fähig, diese ewige Glückseligkeit zu

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erfahren und zu geniessen. Der Mensch konnte gewaltige Dinge voll-bringen, aber die atmische Glückseligkeit muss er erst noch erfahren.Das Leben als Mensch ist dazu gedacht, diese atmische Glückseligkeitzu erleben. Diese Wahrheit drückt sich in den drei Buchstaben des eng-lischen Wortes für Mensch, “man”, aus: m bedeutet Maya, die Täu-schung, zu überwinden, a bedeutet die Schau Atmans, des GöttlichenSelbst, zu erfahren, und n bedeutet, Nirvana, die Befreiung, zu erlan-gen. Aber der Mensch ist heute nicht in der Lage, die Wahrheit zu er-kennen, dass er geboren ist, um Atman zu verwirklichen.

Verkörperungen der Liebe! Wenn ihr erst einmal den Wert des mensch-lichen Lebens erkennt, dann könnt ihr auch die menschlichen Werteverstehen. Die menschlichen Werte werden mit dem Menschen gebo-ren; sie entstehen nicht vorher oder nachher. Der Mensch muss sichselbst die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen. Wenn er die Ant-wort auf diese Frage gefunden hat, dann versteht er auch alles anderein der Welt. Der Mensch ist mit Wissen und Intelligenz ausgestattet,aber er strebt nach der Unwissenheit, die weit von der Wahrheit entferntist, und erforscht nicht das in ihm selbst liegende Wissen. Als Folge da-von entsteht heutzutage die Notwendigkeit, die menschlichen Werte zupropagieren.Wenn ihr die Wirklichkeit erkennt, werdet ihr furchtlos. Aufgrund der Be-einflussung durch weltliche Objekte habt ihr eure wahre Natur verges-sen. Wenn ihr eure wahre Natur erkennt und streng nach ihr handelt,dann gibt es keine Täuschung mehr. Der Mensch lässt sich von welt-lichen Einwirkungen in die Irre führen, er vergisst seine eigene innereNatur und ruiniert sich selbst. Heute verspürt der Mensch keinenWunsch nach Spiritualität. In seinem Geist gibt es keinerlei göttlicheGefühle. Wie kann er unter diesen Umständen von vergangenem Kar-ma unbeeinflusst bleiben? Wie kann er dessen Wirkungen in seiner in-neren Natur verwandeln, damit er den Lauf seines Schicksals ändernkann? Die innere Natur bezieht sich auf die atmischen Gefühle desMenschen. Wahrheit, Rechtschaffenheit, Frieden und Liebe stellen at-mische Gefühle dar. Worin besteht die Notwendigkeit, sie zu suchen,wo sie doch die natürlichen, angeborenen Eigenschaften des Men-schen sind? Da er seine natürlichen Eigenschaften vergessen hat,steht er unter dem Einfluss der weltlichen Einwirkungen und sehnt sichnach Bekanntheit und Anerkennung, Wohlstand und Annehmlichkei-ten. Er ist an Besitz interessiert, nicht an guten EigenschaftenDer Mensch wird von weltlichen Einflüssen übermannt, vergisst seinwahres inneres Wesen und ruiniert sich dadurch selber. Man kann die

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weltlichen Einflüsse auch als die Folgen der vergangenen Handlungeneines Menschen betrachten. Die dem Menschen innewohnenden Ei-genschaften sind Wahrheit, Handeln gemäss der von Gott gesetztenOrdnung, Friedens und Liebe. Das wahre Wesen des Menschen liegtim Erlangen der vier Lebensziele, nämlich Rechtschaffenheit, Wohl-stand, Wunscherfüllung und Befreiung. Der Mensch hat heute wederVerlangen nach spirituellen Lehren noch göttliche Empfindungen. Wiekann er in dieser Situation unbeeinflusst von weltlichen Empfindungenbleiben? Er muss die weltlichen Einflüsse, in seine inneren Werte, seininneres Wesen transformieren. Sein wahres Wesen besteht darin, dieFolgen seiner früheren Handlungen, auszulöschen. Das göttliche Emp-finden ist das wahre Wesen des Menschen. Wahrheit, rechtes Handeln,Frieden und Liebe sind göttliche Empfindungen. Dies sind die natürli-chen inneren Wesenszüge des Menschen; man braucht nicht nach ih-nen zu suchen. Weil der Mensch seine natürlichen Eigenschaften ver-gessen hat, steht er unter dem Einfluss weltlicher Empfindungen undverlangt nach Name, Ruhm, Wohlstand und Bequemlichkeiten. Er istan Geld und nicht an einem guten Charakter interessiert. Ist das derZweck seines Lebens? Geld ist zweifelsohne notwendig, aber im Rah-men der vier Lebensziele nimmt Gott gemässes Handeln die erste Stel-le ein und Geld kommt erst danach. Es bedeutet, dass Geld auf rechteWeise verdient werden muss. Aber der Mensch wählt heutzutage un-rechte Mittel, um Reichtum anzuhäufen.

Verkörperungen der Liebe! Ihr seid heutzutage durch die Folgen eurervergangenen Handlungen beeinträchtigt, weil ihr die Ziele des mensch-lichen Lebens in vier Teile, Rechtschaffenheit, Wohlstand, Wunscher-füllung und Befreiung aufgespaltet habt. Fügt jeweils zwei von ihnenzusammen: Rechtschaffenheit und Wohlstand, d.h. verdient Wohl-stand auf rechte Weise. Wünsche und Befreiung: d.h. ihr solltet die Be-freiung wünschen. Erst dann werdet ihr frei vom Einfluss eurer vergan-genen Handlungen sein. Ihr könnt den Folgen eures vergangenenHandelns nicht entkommen, weil ihr nur die Welt und nicht die Befreiungwollt. Geld ist zum Leben notwendig, aber es sollte sich in gewissenGrenzen halten. Der Mensch erkennt das nicht und jagt wie verrücktbis zu seinem letzten Atemzug dem Geld hinterher. Habt ihr die Be-deutung des Wortes ‘man’ - Mensch - verstanden? Überwindet die Täu-schung, versteht Atman, das Göttliche Selbst, und erlangt Befreiung.Der Mensch ignoriert diese ewige Wahrheit und führt ein Leben ohneHeiligkeit.

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Der Mensch will Glückseligkeit. Welches ist der Weg zur Glückselig-keit? Können materielle Dinge ihm Glückseligkeit bringen? Nein, nichtim geringsten. Das Glück der Welt ist nur vorübergehend. Als Erstesmuss der Mensch Vertrauen in das Göttliche Selbst entfalten. Ihr liebteure Mutter, weil ihr daran glaubt, dass sie eure Mutter ist. Die Ehefrauliebt ihren Ehemann, weil sie ihm vertraut. Demzufolge gilt:

Wo Vertrauen ist, dort ist Liebe.Wo Liebe ist, dort ist Frieden.

Wo Frieden ist, dort ist Wahrheit.Wo Wahrheit ist, dort ist Gott,

und wo Gott ist, dort ist Glückseligkeit.

Um Frieden zu erlangen, braucht ihr weder Gottesdienste noch Ritualedurchzuführen. Viele behaupten, sie würden ein bestimmtes Ritual fürden Weltfrieden abhalten. Es ist reine Sensationslust! Rituale könnenniemals Frieden herbeiführen. Friede ist in Liebe enthalten. Ihr könntnur dann Liebe entwickeln, wenn ihr Vertrauen in das Göttliche Selbsthabt. Der Mensch glaubt heutzutage an das Äusserliche, Vergängliche,aber nicht an Gott. Sein Gottvertrauen ist nicht stetig und er ist vollerZweifel. Man sollte Gott vollkommen vertrauen. Glaubt nur an Gott undnicht an die Welt, weil alles Sichtbare in der Welt eines Tages vergehenmuss. Gott allein kann die wahre ewige Glückseligkeit schenken undwer diese Glückseligkeit erfährt, ist ein wahrer Mensch.Als Buddha in der Stunde seines Ablebens Befreiung erlangte, begannsein Cousin Ananda, der zu der Zeit bei ihm war, zu weinen. Buddhasagte zu ihm: “Oh du Tor, warum schmerzt es dich, wenn ich befreitwerde? In Wahrheit ist Befreiung das wahre Ziel des menschlichen Le-bens. Überwinde die Täuschung, schaue das Göttliche Selbst und er-lange Befreiung.“ Ananda folgte Buddhas Lehre und erreichte schlies-slich die Erlösung.

Verkörperungen der göttlichen Liebe! Ihr braucht keine Rituale und Op-ferhandlungen durchzuführen. Als Erstes solltet ihr die Wahrheit ver-stehen, dass die unveränderliche ewige Glückseligkeit im Inneren ist.Sie wird als eigenschaftslos, jenseits der Täuschung, uralt, der letzt-endliche Wohnort, ewig, rein, makellos, unsterblich und frei von Bin-dungen beschrieben. Die Veden erklären:

Das ganze Universum ist von Gott (Vishnu) durchdrungen.All dies ist wahrhaft Gott.

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Um diese göttlichen Aussagen zu verstehen, solltet ihr heilige Eigen-schaften kultivieren. Jemand ohne edle Eigenschaften kann diese Aus-sagen nicht begreifen. Jedes Individuum, jedes Lebewesen, jedes Ob-jekt in dieser Schöpfung ist eine Manifestation der Göttlichkeit. All diefünf Elemente sind Formen des Göttlichen. Schlagt den spirituellenWeg ein, um diese Wahrheit zu erkennen.Ihr bemüht euch, die menschlichen Werte Wahrheit, gottgemässesHandeln, Frieden, Liebe und Gewaltlosigkeit zu verstehen. Was be-deutet Wahrheit? Wahrheit ist das, was unveränderlich ist. Gott istWahrheit, Weisheit und Ewigkeit. Es ist ein Irrtum zu glauben, Wahrheitbezöge sich nur auf die Worte, die man spricht. Wahrheit ist das, wasin allen drei Zeitperioden, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunftunverändert bleibt.Was ist unter ‘gottgemässes Handeln’ zu verstehen? Es bedeutet nicht,wohltätige Werke und rituelle Opferhandlungen auszuführen. Das, waserhält, ist göttliches Handeln. Es besteht darin, die dem Herzen ent-springende Wahrheit zu praktizieren, sie in Handlung umzusetzen.Was ist Frieden? Es ist das Empfinden, das man erfährt, wenn manBefreiung erlangt hat. Friede ist die Krone, die zu tragen der Menscherstreben sollte. Jeder in dieser Welt will Frieden. Wo ist Friede? Er istin dir. Erinnere dich beständig daran: Ich verkörpere Wahrheit, ich ver-körpere Frieden, ich verkörpere Liebe, ich verkörpere Rechtschaffen-heit. Ich bin alles. Habt vollkommenes Vertrauen in das Atman-Prinzip;ansonsten können eure Worte und Handlungen nicht wahr und gott-gemäss genannt werden.Das Wesen der heutigen Bildung ist ausschliesslich weltlich. Die Stu-denten wälzen Bücher, legen Prüfungen ab und erhalten Abschlüsse.Sie tun all dies nur, um sich einen Lebensunterhalt zu sichern.

Ein törichter Mensch brüstet sich mit seiner hohenBildung und Intelligenz, und erkennt doch nicht sich selbst.

Was bringt all die erworbene Bildung,wenn er seine schlechten Eigenschaften nicht aufgeben kann?

All die weltliche Bildung führt nur zu vergeblicher Argumentation,aber nicht zur vollkommenen Weisheit.Sie führt ihn nicht zur Unsterblichkeit.

Deshalb sollte der Mensch das Wissen erlangen,das ihm Unsterblichkeit verleiht.

Der Mensch spezialisiert sich in verschiedenen Bereichen nicht um dasWohlergehen der Welt, sondern um seines Eigeninteresses willen.

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Wenn ihr aufrichtig den Frieden der Welt wollt, dann vollbringt heiligeHandlungen. Liebt eure Mitmenschen und macht sie glücklich. Diemenschlichen Werte sind keine verbalen Ausdrücke; sie haben ihrenUrsprung im Herzen. Die Leute begehen den Irrtum, sich nur an dieBuchstaben zu halten ohne den Geist dahinter zu verstehen. Entwickeltals Erstes das Vertrauen, dass alles in euch liegt. Ohne Vertrauen undGlauben wird das menschliche Leben ruiniert.Transformation sollte auf drei Ebenen geschehen, auf der individuellen,gesellschaftlichen und spirituellen. Das ist in dem Wort SAI enthalten:S steht für spirituelle Transformation, A für gesellschaftliche Transfor-mation (association) und I für individuelle Transformation. SAI bedeutetauch: Dienen (service), Verehrung (adoration) und Erleuchtung (illu-mination), entsprechend den Ebenen von Arbeit, Hingabe und Weis-heit. Um eure Leben zu heiligen, müsst ihr die innere Bedeutung einesjeden Buchstaben dieses Wortes SAI verstehen.

Heute sind Tausende von Bal Vikas Lehrern hier zusammengekom-men. Weltliche Bildung ist auch wichtig, aber die Kinder sollten von kleinauf spirituell erzogen werden. In Konferenzen an anderen Orten be-steht eine grosse Kluft zwischen der Anzahl der Delegierten, die teil-nehmen sollten und der Anzahl derer, die tatsächlich an den Beratun-gen teilnehmen. Aber unsere Konferenz ist einzigartig insofern, als alleDelegierten daran teilnehmen. Niemand steht zwischendrin auf, abge-sehen von wenigen, die es aus körperlichem Zwang heraus tun. SolcheKonferenzen werden nirgendwo sonst in der Welt abgehalten. Obwohlich alles weiss, beobachte ich doch manchmal von hinter der Bühneoder von oben den Ablauf der Konferenz. Alle Delegierten nehmen mitgrösster Aufrichtigkeit, Ernsthaftigkeit und Hingabe an dem Treffen teil.Solche Konferenzen sollten öfter abgehalten werden. Noch viel mehrTeilnehmer sollten ausgebildet und neue Vorgehensweisen gelehrtwerden. Nur dann wird die ganze Welt davon profitieren.Gestern sandte unser Ministerpräsident Vajpayee durch Indulal Shaheinen Brief an mich: “Swami, unsere Regierung kann mit all der uns zurVerfügung stehenden Macht solche edlen Aufgaben nicht durchführen.Das ist nur dir möglich. Bitte nimm immer mehr und mehr Verantwor-tungen auf dich und lass auch die Regierung daran teilhaben.“ Sieschreiben solche Briefe aus Liebe, aber wir binden uns nicht in Ange-legenheiten der Regierung ein, denn deren Wesen und Einwirkungenstimmen nicht mit unseren Aktivitäten, Erfahrungen und dem, was unsglücklich macht, überein. Wir kümmern uns deshalb um unsere Akti-vitäten ohne andere zu involvieren. Hier werden viele Zusammenkünfte

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abgehalten, aber werden irgendwelche Gelder eingesammelt? Nein.Jeder kümmert sich um seine eigenen Bedürfnisse. Die Teilnehmerkommen aus ganzem Herzen hierher und freuen sich an der Glückse-ligkeit. Solche Konferenzen sollten nicht einmal, sondern dreimal imJahr abgehalten werden. Jedes Mal sollte neuen Delegierten eineChance gegeben werden. Ihr solltet bereit sein, jegliche Bemühung fürdie Belange der Erziehung und Ausbildung einzusetzen.

Die Studenten erwerben heutzutage verschiedene Abschlüsse. Siewerden Ärzte und Ingenieure, aber sie leisten nicht die von ihnen er-wartete Arbeit. Was bringt ihre Ausbildung? Kann man sie überhauptals “gebildet“ bezeichnen“? Der moderne Ausbildungsbereich ist hoch-gradig verdorben. Heutzutage erhalten sogar Leute, die nicht einmalein Thermometer richtig lesen können, den Doktortitel, und die Ausbil-dung zum Ingenieur ist eine Farce geworden. Wenn ihr einem Schüleraus unseren Instituten eine Frage stellt, wird er die richtige Antwort ge-ben, auch wenn er nur ein Erstklässer ist. Unsere Jungen sind gut aus-gebildet, aber sie setzen ihr Wissen nicht um. Sie erklären: “Swamiweiss alles. Was immer er sagt, ist gut für mich.“ Wenn ihr glaubt, dass,was immer Swami sagt, zu eurem Guten ist, warum folgt ihr dann nichtseinen Anweisungen? Ich will solche Leute nicht! Was man sagt, mussman praktizieren. Ihr mögt Lehrer sein, aber seid zuerst gute Schüler.Schlägt ein Schüler schlechte Wege ein, ruiniert er nur sich selbst; aberwenn ein Lehrer schlechte Wege einschlägt, verdirbt er das Leben vie-ler Schüler. Deshalb müssen Lehrer sehr achtsam sein. Es reicht nichtaus, hier einfach nur da zu sein und den Mund zu halten. Geht nachdraussen und gebt alles hier Gesehene und Erfahrene weiter. Seid Hel-den im Umsetzen, nicht Helden auf der Rednertribüne. Gebt die Freu-de, die ihr hier in den letzten drei Tagen erfahren habt, weiter. Redetweniger und arbeitet mehr. Das ist genau das, was ich selbst tue. Inden letzten zehn Tagen habe ich nicht viel mit den Leuten gesprochen.Was ist der Grund? Es gibt einige engstirnige Leute, die denken: “Swa-mi sagt ihnen, sie sollten weniger reden, aber er hält sich selber nichtdaran.“ Deshalb spreche ich jetzt weniger. Ich tue das, um sie zu be-lehren. In begrenztem Sprechen liegt grenzenlose Glückseligkeit.Glückseligkeit ist nicht vom Aussen zu erlangen; sie kommt von innen.Das Gute wie Schlechte, das ihr in anderen wahrnehmt, ist nichts alsdie Widerspiegelung eurer eigenen inneren Empfindungen. Wenn ihrdiese Wahrheit versteht, werdet ihr nie wieder schlecht über jemandenreden. Alles, was ihr in dieser Welt erfahrt, ist nichts als die Widerspie-gelung, die Reaktion und der Widerhall eurer eigenen Gefühle. Seid

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deshalb gut zu jedem und zieht sie im Geist der Liebe mit euch mit. Habtacht und vergesst nicht euer wahres Wesen, das eurer wahres Le-bensziel ist.Viele Sprecher haben euch viele Dinge auf der Grundlage ihrer Erfah-rungen beigebracht. Ich habe sie gehört. Bemüht euch, ihre Erfahrun-gen nachzuvollziehen, setzt ihre Lehren in die Praxis um und lehrt an-dere das gleiche. Ich sage euch nur eines: Ihr seid als Mensch geborenund solltet die Täuschung überwinden, Atman, das Göttliche Selbst,schauen und Befreiung erlangen. Das ist das Ziel eures Lebens. Woist Atman zu finden? Ihr selbst verkörpert Atman. Ihr seid nicht diesergrobstoffliche Körper. Der Körper ist vergänglich wie eine Wasserblase.Der Verstand gleicht einem verrückten Affen. Folgt weder dem Körpernoch euren Gedanken und Gefühlen, sondern folgt eurer wahren Form,dem Gewissen. Wie könnt ihr das Göttliche Selbst schauen? Ihr brauchtnicht aussen danach zu suchen. Wendet euren Blick nach innen; nurdann könnt ihr das Göttliche Selbst schauen.

Ein Mensch verhielt sich still, obwohl er kritisiert wurde. Als sein Freundihn aufforderte, zu reagieren, erwiderte er: “In mir wie in dem Menschen,der mich kritisiert, ist derselbe Atman gegenwärtig. Warum sollte ichmich ärgern, wenn er doch sich selber kritisiert.“ Wer die Wahrheit tieferforscht, der entdeckt, dass, wenn man andere liebt oder hasst, mandamit tatsächlich sein eigenes Selbst liebt oder hasst. In Wirklichkeitgibt es keine „anderen“. Aufgrund von Bindung an den Körper betrach-tet ihr euch als von anderen gesondert. Wenn ihr die Verhaftung an denKörper aufgebt, erkennt ihr, dass es keine “anderen“ gibt und dass allezu euch gehören. Das ist die wahre Schau Atmans. Atman hat keinespezifische Form. Glückseligkeit ist Atman, Bewusstsein ist Atman. Be-wusst zu sein bezieht sich auf die Sinne. Das Gewissen ist der innereZeuge und Bewusstsein ist der alldurchdringende Atman. Versteht dieEinheit dieser drei. Geht den Weg des helfenden Dienens. Dann könntihr auf dem Weg der Verehrung und Hingabe weiterschreiten undschliesslich die Erleuchtung erlangen. Dient jedem, so weit wie mög-lich. Wahres Glück liegt im Dienen.Ihr seid vielleicht enttäuscht, weil ich in den letzten zwei Tagen nichtzu euch gesprochen habe, aber ich bin mit euch gewesen und habedie ganze Zeit zugehört. Ich war bei der Eröffnungssitzung und denNachmittagssitzungen in der Poornachandrahalle auch physisch an-wesend. Ich bin nicht ärgerlich mit euch und habe euch nicht satt. Aberich bin insofern enttäuscht, als ihr meine Worten nicht beachtet. Wiekönnt ihr dann im Leben weiterkommen? Was bringt es dann, wenn ich

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zu euch spreche oder euch nahe bin? Aus diesem Grund habe ich mitniemandem gesprochen. Manche Menschen sind nicht in der Lage, die-se Wahrheit zu begreifen. Wie können engstirnige Menschen meineweitherzigen Empfindungen verstehen? Wie könnt ihr Gottes Gnade erlangen? Ich gebe ein kleines Beispiel.Ihr habt hart gearbeitet, Geld verdient und es aus Sicherheitsgründenin einer Bank angelegt. Das Geld gehört zweifelsohne euch, aber derManager der Bank wird es euch nicht einfach geben, nur weil ihr ihndarum fragt. Es gibt bestimmte Regeln und Richtlinien, um das Geldvon der Bank abzuheben. Ihr bekommt das Geld nur dann, wenn ihreinen Scheck unterzeichnet und ihn dem Manager der Bank übergebt.Entsprechend habt ihr das “Geld“ verdienstvoller Taten bei Gott, demgöttlichen Bankdirektor, hinterlegt. Setzt die Unterschrift der Liebe aufden Scheck des Opfergeistes und übergebt es ihm. Nur dann wird ereuch den Reichtum seiner Gnade schenken.Der menschliche Geist ist durch die moderne Erziehung verunreinigt.Wie kann der Mensch im Leben weiterkommen, wenn sein Geist unreinist? Jemand mag hochgebildet sein und Autoritätsstellungen einneh-men, die ihm Rang und Namen bringen; aber all seine Errungenschaf-ten sind nutzlos, wenn er nicht das weiss, was er wissen sollte. DerMensch sollte das Atman-Prinzip kennen. Um in dieser Welt ein glück-seliges Leben zu führen, reicht es aus zu wissen, dass ihr und ebensojeder andere Atman, das Göttliche Selbst, verkörpert. Ihr leidet, weil ihrunfähig seid, diese subtile Wahrheit zu verstehen. Morgen werde ichzu euch detailliert über die Wahrheit und das Ziel des menschlichenLebens und den Weg zur Glückseligkeit sprechen.

(Ansprache zur Internationalen Konferenz der Bal Vikas Lehrer)

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5. JuliGurupurnima

Ich und du sind eins

Wer im Feld seines Herzens die Ernte der Liebe kultiviert, ist ein wahrerChrist, ein wahrer Sikh, ein wahrer Hindu und ein wahrer Moslem. Erist in der Tat ein wahrer Mensch und ein wahrer Lehrer.

Gott durchdringt alles und wohnt allen Wesen inne. In gleicher Weisesind auch die fünf Elemente, die nichts als die Manifestationen der Gött-lichkeit sind, alldurchdringend und allmächtig. Die ganze Welt ist vonden fünf Elementen durchdrungen, ist durch sie gebunden und funk-tioniert durch sie. Wenn nur eines der Elemente fehlt, kann die Weltnicht funktionieren. Deshalb sind die fünf Elemente gleichsam die fünfLebensprinzipien des Menschen. Niemand kann die Macht dieser Ele-mente erfassen; aber jeder Mensch muss ihre Bedeutung kennen. Al-lein der Mensch, der die Bedeutung der fünf Elemente erfasst und ent-sprechend handelt, ist wahrhaft gesegnet und verdienstvoll. Er hat dievier Ziele des menschlichen Lebens: Handeln gemäss der von Gott ge-setzten Ordnung, Wohlstand, Wunscherfüllung und Befreiung erreicht.Es ist die Pflicht eines jeden Menschen, den Stellenwert dieser Ele-mente zu erkennen. Die fünf Elemente sind die Ursache für Freude,Leid, Gutes und Böses eines Menschen. Je nachdem wie er sie nutzt,schenken die fünf Elemente dem Menschen Glück oder Leid. Auchwenn Namen und Formen der fünf Elemente einfach erscheinen, sindsie doch überaus machtvoll.Nach seiner Geburt lebt der Mensch ein paar Jahre lang und gibtschliesslich seinen Körper wieder auf. Die fünf Elemente sind verant-wortlich für Geburt, Wachstum und Tod des Menschen. Sie durchdrin-gen den Mikrokosmos wie den Makrokosmos und sind im Menschenvon Kopf bis Fuss gegenwärtig. Deshalb muss der Mensch das Ge-heimnis dieser Elemente kennen.Buddha hatte die Bedeutung der fünf Elemente in rechter Weise ver-standen und richtete all sein Bemühen auf die Beherrschung seiner fünfSinne. Er lehrte: Nimm Zuflucht bei Buddha, nimm Zuflucht bei der Ge-meinschaft. Er nutzte seinen Intellekt um die Wahrheit zu verstehen,und er teilte seine Weisheit mit der Gesellschaft. Als Erstes beherrschteer seine Sichtweise. Von den fünf Sinnen der Wahrnehmung, Sehen,

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Hören, Riechen, Schmecken und Tasten, sind die Augen mit gewaltigerKraft versehen. In ihnen befinden sich vier Millionen Lichtstrahlen. Weilder Mensch heutzutage seine Sinne missbraucht, wird sein Körper Tagfür Tag schwächer. Seine unreine Sichtweise und die Sinnenfreuden,denen er sich hingibt, reduzieren seine Lebensspanne. Hunderttau-sende von Lichtstrahlen werden durch seine unheilige Sicht zerstört.Aus diesem Grund entstehen Augenschäden. Viele Menschen werdenheutzutage am Grauen Star operiert, um wieder richtig sehen zu kön-nen. Die Ärzte behaupten, das Auge würde durch den Grauen Star ge-schädigt, aber in Wahrheit entstehen Augenschäden durch unheilige,unreine Sicht. Kontrolliert deshalb eure Sehweise. Welche spirituellenÜbungen man auch durchführt, sie helfen einem nur dann, wenn manseine Sichtweise beherrscht. Alle spirituellen Übungen wie Mantren-wiederholung, Askese und Meditation schenken nur vorübergehendeBefriedigung, aber sie helfen euch nicht, eure Sichtweise zu kontrol-lieren. In Wirklichkeit gründet die gesamte Schöpfung auf eurer Sicht.Die Augen sind wahrhaft eure heiligen Schriften .Ausser der Sichtweise muss auch die Zunge beherrscht werden. In derZunge befinden sich 300’000 Geschmacksknospen. Der Mensch istSklave seines Geschmackssinns geworden, isst viele Köstlichkeitenund verdirbt dadurch seine Zunge. Er lässt seine Zunge unheilige Wortesprechen und verletzt die Gefühle anderer durch scharfe Worte. DieserMissbrauch der Zunge reduziert seine Lebensspanne noch mehr. Weilder Mensch all seine Sinne missbraucht, verlieren sie ihre Kraft und seinLeben verkürzt sich. Deshalb sollte der Mensch als Erstes Augen undZunge beherrschen, um seine Energie wiederherzustellen. Die Kraft,die man aus jahrelanger Askese nicht erlangt, bekommt man dann,wenn man seine Augen und die Zunge heilig nutzt.

Oh Zunge, die alle Geschmäcker kennt! Du bist sehr heilig.Sprich die Wahrheit in der erfreulichsten Weise und

singe unablässig die göttlichen NamenGovinda, Madhava und Damodara.

Darin besteht deine vorrangige Aufgabe.

Fügt anderen nicht durch scharfe, harsche Worte Leid zu. In Wirklich-keit gibt es keine anderen, sondern euer eigenes Selbst ist in Gestaltdes gleichen Atman-Prinzips in allen gegenwärtig. Der, welcherSchmerz bereitet, und der, welcher darunter leidet, sind ein- und der-selbe. Sprecht deshalb niemals in einer Weise, die andere verletzt. Ausdiesem Grund fordere ich euch so oft auf, weniger zu reden, aber ihr

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nehmt meine Worte nicht ernst. Ihr könnt nicht verstehen, in welche Ge-fahr euch übermässiges Reden in Zukunft bringen wird.Seht nichts Schlechtes, seht nur Gutes. Nur dann erhalten eure Augendie heilige Kraft, durch die ihr Gottes kosmische Form schauen könnt.Spirituelle Übungen tragen mehr Frucht, wenn die Sinne beherrschtwerden. Der Mensch kennt die Kraft der Sinne nicht und nutzt sie nichtin rechter Weise. Er glaubt irrtümlicherweise, verschiedene Übungen,deren Wesen körperlich und weltlich ist, würden ihm grosse Belohnun-gen bringen. Aber in Wirklichkeit bringen solche Übungen nur vorüber-gehende Befriedigung.Beherrscht deshalb als Erstes eure Sinne. Hört niemals irgendetwasSchlechtem, Bösem zu. Sollte so eine Situation entstehen, verlasst so-fort den Platz. Hört nichts Schlechtes, seht nichts Schlechtes, sprechtnichts Schlechtes. Unternehmt alles, um Schlechtem zu entkommen.Nur dann wird die spirituelle Kraft in euch mehr und mehr wachsen.Warum gingen unsere alten Weisen und Seher in die Wälder und ver-brachten ihr Leben dort in Einsamkeit? Um ihre Sinne zu beherrschen.Wahre spirituelle Disziplin besteht in Sinneskontrolle. Ohne Sinnes-kontrolle sind alle spirituellen Bemühungen fruchtlos. Warum singt ihrnicht die göttlichen Namen Rama, Krishna, Govinda, statt üble Wortezu sprechen? Durch Missbrauch der Sinne häuft ihr Berge von Sündenan. Diese aufgetürmten Sünden mögen dem blossen Auge nicht sicht-bar sein, aber sie werden euch sicherlich Leid bringen.Die Früchte, die nicht sichtbar sind, werdet ihr als die Früchte eurerHandlungen verzehren müssen. Oh Mensch, begreife dieses Geheim-nis von Ursache und Wirkung!

Verkörperungen der Liebe! Die Sinne sind gleichsam die Lebensprin-zipien des Menschen. Wenn ihr eure Sinne beherrscht, wird euer Lebenfriedvoll sein. Ihr solltet nicht nur schlechtes Reden vermeiden, sondernsolltet auch weniger reden. Eure Worte sollten kurz und süss sein. Wei-se wie Valmiki, Vyasa und grosse Gottergebene wie Pothana verfas-sten heilige Texte und heiligten so ihre Leben. Eifert ihrem Vorbild nachund macht aus eurem Leben ein Beispiel. Lest heilige Texte, die vonsolch erhabenen Seelen verfasst wurden. Die Menschen lesen heut-zutage Bücher, die den Geist verschmutzen. Es ist eine sehr üble Ge-wohnheit. Ob Lesen, Schreiben, Sehen oder Sprechen - lasst alles gutsein. Begeht nicht wissentlich Fehler. Wenn ihr die Sinne in rechter Wei-se nutzt, könnt ihr die in der Menschlichkeit liegende Göttlichkeit er-fahren. Durch heiligen Gebrauch der Sinne könnt ihr die Manifestatio-nen der Göttlichkeit schauen und selbst göttlich werden. Der Mensch

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ist sich seines ihm eingeborenen göttlichen Potentials nicht bewusst,stuft sich selbst als niedrig ein und führt ein Leben der Täuschung. Erglaubt, es gäbe eine über ihm stehende Macht und bemüht sich, siezu erreichen. Aber es gibt keine höhere Macht über ihm. Es gibt nureine Wahrheit, die von den Gelehrten verschieden bezeichnet wird.

Zu glauben, es gäbe etwas, das von einem verschieden ist und danachzu suchen, zeugt von Unwissenheit. Ihr bildet euch die Vielfalt nur ein.Ich bin eins, ich werde Vielfalt werden. Wenn ihr eure Sinne beherrscht,könnt ihr diese Wahrheit verstehen. Die Menschen stehen unter der fal-schen Vorstellung, Glück entstünde aus der Erfüllung ihrer Wünsche.In Wirklichkeit entsteht Glück nicht, wenn Wünsche erfüllt, sondernwenn sie begrenzt werden. Wenn ihr eure Wünsche einschränkt, könntihr den Zustand der Glückseligkeit geniessen. Wer nach der Erfüllungseiner Wünsche verlangt, ist immer rastlos. Wünsche hängen mit demäusserlichen Weg zusammen, auf dem überhaupt kein Glück zu findenist. Ihr täuscht euch in der Vorstellung, Glück liege in der Welt, und ent-fernt euch von dem Weg nach innen.

Verkörperungen der Liebe! In allem ist Liebe. Nutzt eure Sinne in rech-ter Weise, um diesen Zustand der Liebe zu erreichen. Buddha suchteviele erhabene Seelen auf, studierte heilige Texte und führte verschie-dene spirituelle Übungen durch. Später erkannte er, dass dies alles sichauf den äusseren Weg bezieht und er sah schliesslich ein, dass Glückin der rechten Nutzung der Sinne liegt. Er hörte auf, heilige Bücher zulesen, er suchte keine Heiligen mehr auf und beendete alle spirituellenÜbungen. Er erkannte, dass alle mit dem vergänglichen Körper durch-geführten spirituellen Übungen nur vorübergehendes Glück schenken.Nur wenn spirituelle Übungen mit reinen unvergänglichen Empfindun-gen getan werden, entsteht wahre, ewige Glückseligkeit. Als Buddhaanfing seine Sinne zu beherrschen erfuhr er unendliche Glückseligkeit,die er nicht in sich behalten konnte. Er umarmte seinen Cousin Ananda,der bei ihm war, und sagte: "Ananda, ich habe den Zustand der Be-freiung erlangt und kann die Glückseligkeit nicht mehr in mir halten. Ichbin bereit, diese sterbliche Hülle zu verlassen." Als Ananda das hörte,begann er zu weinen. Daraufhin sagte Buddha: "O du Tor, warum trau-erst du, statt dich über meinen Zustand der Glückseligkeit zu freuen?"Ihr sucht vergängliches Glück in weltlichen Dingen; Buddha hingegensuchte die wahre, ewige, unvergängliche Glückseligkeit im spirituellenBereich. Ihr ertrinkt in Weltlichkeit und entfernt euch dadurch von derUnsterblichkeit. Ihr begeht viele Sünden, ohne sie als solche zu be-

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trachten, sondern glaubt, es gehöre zum menschlichen Wesen. Ihr be-geht ständig Fehler und betet doch um Verzeihung. Tatsächlich sollteman für einen begangenen Fehler niemals Vergebung suchen, son-dern man sollte bereit sein, die Bestrafung zu erleiden, nur dann kannman von einem Vergehen frei werden. Wenn jemand ein ernstes Ver-brechen begeht, landet er im Gefängnis und wird erst dann befreit,wenn er die Strafe für die erforderliche Zeitperiode abgebüsst hat. Ent-sprechend werdet ihr dann erlöst, wenn ihr eure Sünden wiedergutge-macht habt. Wollt ihr Erlösung, dann seid bereit, die Strafe für eure Ver-gehen zu erleiden. Beherrscht eure Sinne und achtet darauf, dass ihrdie Fehler nicht wiederholt.Durch das Rezitieren der sehr heiligen vedischen Verse erlangt ihr un-endliche Glückseligkeit. Deshalb entwickelte sogar Buddha, der an-fangs nicht an die Veden glaubte, Interesse an ihnen. Die Leute glaub-ten, Buddha lehne die Veden ab. Später suchte Adi Shankaracaryadiese falsche Vorstellung aus dem Denken der Leute zu vertreiben underklärte, Buddha habe niemals die Veden abgelehnt. Er stellte statt-dessen fest, dass die Menschen selbst aus Unwissenheit gegen die Ve-den verstiessen. Buddha konnte Wünsche und Lust bezwingen, wasnicht jedem gelingt. Ihr braucht keine grosse spirituelle Disziplin durch-zuführen, um das Verlangen zu beherrschen. Wenn ihr die innere Be-deutung des Lebens versteht, belästigen euch Wünsche und Lust nichtmehr. Der Mensch ist heutzutage bereit, für Geld auf jede Ebene her-abzusinken. Er tut, wie wenn er ein grosser Gottergebener wäre undversucht zugleich, Menschen zu betrügen. Sollte er so etwas tun? Nein.Er sollte sein Verlangen bezwingen und die Sinne kontrollieren.

Schüler, Studenten! Ihr seid jung und im richtigen Alter, um die Sinnezu beherrschen. Ihr könnt sie in heiliger Weise nutzen. Wenn ihr einmalden rechten Weg kennt, werdet ihr niemals aufgeben. Nur wenn ihr guteEigenschaften entfaltet und hegt, könnt ihr die Lehren der Veden ver-stehen. Nur durch gute Gewohnheiten könnt ihr gute Eigenschaftenentwickeln. Auch wenn sich euch einige Hindernisse in den Weg stel-len, gebt niemals auf.Wir feiern heute Gurupurnima. Purnima bedeutet Vollmond. Wer ist einGuru, ein spiritueller Lehrer? Die modernen Gurus flüstern einem einMantra ins Ohr und strecken zugleich ihre Hand nach Geld aus. SolcheLeute können nicht spirituelle Lehrer genannt werden. Ein spirituellerLehrer oder Guru ist notwendig, um einem die formlose und eigen-schaftslose Göttlichkeit verständlich zu machen. Da es schwierig ist,solche Gurus zu finden, betrachtet Gott als euren Guru.

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Ich verneige mich vor dem Guru,der Brahma, Vishnu und Shiva selbst

und der wahrhaft das höchste Göttliche ist.

Betrachtet den Guru als euer alles. Alles in dieser Welt ist eine Mani-festation der Göttlichkeit. Alle sind Verkörperungen der Göttlichkeit.Tatsächlich ist alles, was ihr seht nichts anderes als Gottes kosmischeForm. Mit Tausenden von Köpfen, Füssen und Augen durchdringt dieGöttlichkeit alles. Es bedeutet, dass all die Hände, Füsse und Augen,die wir in der Welt sehen, Gott gehören. Als diese vedische Aussage"mit Tausenden von Köpfen..." gemacht wurde, betrug die Weltbevöl-kerung nur ein paar Tausend, wohingegen sie jetzt Milliarden umfasst.In jenen Tagen sahen die Menschen jeden als göttlich an. Sie glaubtenan die vedische Aussage: wen immer man ehrfurchtsvoll grüsst, dieserGruss erreicht Gott.

Das gesamte Universum ist von Gott durchdrungen. Die Göttlichkeit istnicht auf einen bestimmten Ort begrenzt. Gott ist hier, dort und überall.Aufgrund von Täuschung entwickelt ihr Unterschiede, aber es gibt nureine einzige Göttlichkeit. Es ist die Pflicht eines spirituellen Lehrers, die-ses Einheitsprinzip zu verkünden.Es gibt heute viele gute spirituelle Schüler, aber es ist sehr schwierig,einen wahren spirituellen Lehrer zu finden. Viele unserer Schüler sindgute Jungen, aber wenn nur ein oder zwei von ihnen schlecht sind, er-halten alle einen schlechten Ruf und werden bestraft. Ein kleines Bei-spiel dazu: Ihr legt euch nachts schlafen und werdet von ein oder zweiMücken gestochen. Am nächsten Morgen sprüht ihr Insektengift undtötet alle Mücken, obwohl ihr nur von einem oder zwei gestochen wur-det. Entsprechend bestraft auch Gott jene, die sich schlechter Gesell-schaft anschliessen. Deshalb heisst es: Rennt weg von schlechter Ge-sellschaft, schliesst euch guten Menschen an und vollbringt Tag undNacht verdienstvolle Taten. Wenn schlechte Eigenschaften wie Zornund Eifersucht in euch aufsteigen, lasst euch nicht davon mitreissen,sondern beherrscht diese Gefühle. Sagt euch: "Zorn ist eine schlechteEigenschaft, er verursacht schlechte Handlungen und wird michschliesslich ruinieren." Wenn ihr wütend seid, setzt euch still in eine Ek-ke, trinkt ein Glas kaltes Wasser und singt den Namen Gottes. Allmäh-lich wird euer Zorn sich abkühlen. Solltet ihr weiterhin Zorn empfinden,dann geht zu einem abgelegenen Platz und geht schnellen Schritteseine halbe Meile. In dieser Weise gibt es viele leichte Wege, um seineWut zu beherrschen. Aber die jungen Menschen bemühen sich heute

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überhaupt nicht, ihren Zorn zu beherrschen. Sobald sie Wut empfinden,nutzen sie es als Gelegenheit, andere mit Beschimpfungen zu über-häufen. Es ist die schlimmste aller Sünden. Zähmt durch Gebet undBesinnung auf Gott die schlechten Eigenschaften in euch.

Verkörperungen der Liebe! Beherrscht als Erstes eure Sichtweise undZunge. Durch schlechte, böse Sehweise ladet ihr viele Sünden aufeuch, deren Folgen ihr begegnen werdet. Wenn ihr eure Sinne für übleAbsichten nutzt, werden auch eure Kinder übelgesinnt sein. Seht des-halb nichts Schlechtes, hört nichts Schlechtes, sprecht nichts Schlech-tes. In alten Zeiten achteten die Menschen darauf, dass schwangereFrauen nichts Schlechtes sehen oder hören. Sie erzählten ihnen heiligeGeschichten von Gott, gaben ihnen gute Nahrung und überbrachtenihnen nur gute Nachrichten, denn sie wussten: wenn die Mutter guteGefühle hat, sind auch die Kinder, die sie zur Welt bringt, gut gesinnt.Die von den Eltern begangenen Sünden beeinträchtigen mit Sicherheitauch ihre Kinder.Als Subhadra, Krishnas Schwester und Arjunas Ehefrau, schwangerwar, schilderte Arjuna ihr eines Tages die Schwierigkeiten, in eine la-byrinthartige Schlachtanordnung in Lotosform einzudringen. Er hatteihr detailliert beschrieben, wie man in diese Anordnung hineinkommt,und gerade, als er ihr erzählen wollte, wie man wieder hinauskommt,tauchte Krishna auf, nahm Arjuna beiseite und sagte: "Das ist nicht dierechte Zeit, um über diese Dinge zu reden. Nicht Subhadra, sonderndas Kind in ihrem Leib hat dir die ganze Zeit zugehört." Aus diesemGrund wusste Abhimanyu, Subhadras Sohn, nur, wie man in dieseSchlachtanordnung eindringt, nicht aber, wie man herauskommt. AlsFolge davon wurde er in diesem Labyrinth gefangen und schliesslichgetötet.Gott schaut all eurem Tun zu. Ihr glaubt vielleicht, andere würden eureAbsichten nicht kennen. Ihr mögt andere täuschen können, aber könntihr jemals Gott in die Irre führen? Er weiss alles. Tut deshalb immer Gu-tes. Wenn ihr eure Sinne in rechter Weise nutzt, werden all eure Sündenvergeben. Wenn ihr zornig werdet, verliert ihr all eure Unterscheidungs-kraft und verhaltet euch unmenschlich. Wenn ihr wütend werdet, ver-lasst sofort den Platz. Es ist besser, sich von Sünde fernzuhalten alssie zu begehen und es später zu bereuen. Ich möchte euch noch etwas anderes sagen. Was ich euch jetzt mit-teilen werde, schmerzt euch vielleicht, aber ich bin froh darüber. Vonheute an werde ich niemandem mehr die Berührung meiner Füsse

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(padmanamaskara) erlauben, weil ich und du eins sind. Gott ist in allengegenwärtig.Gott wohnt allen Wesen inne. Versteht diese Wahrheit. Ich habe be-schlossen, von heute an niemandem mehr die Erlaubnis zu geben, mei-ne Füsse zu berühren. Ihr könnt die Füsse eurer Eltern berühren, weilsie und ihr nicht der Wahrheit bewusst seid, dass Gott in allen gegen-wärtig ist. Weil ich die Wahrheit kenne, werde ich ihr folgen. In dir, mirund jedem ist dasselbe Göttliche Selbst. Deshalb braucht niemand ir-gendjemandes Füsse zu berühren. Wenn ihr es dennoch tun wollt, tutes im Geiste. Faltet eure Hände und sagt: "Swami, ich bringe dir meinezehn Sinne dar." Das reicht. Ihr braucht daher meine Füsse nicht zuberühren. Erkennt die Wahrheit, dass Gott in euch ist und handelt ent-sprechend. Dann werdet ihr zu Gott. Wenn ich die Berührung jeman-dem erlaubte, entwickeln die anderen Eifersucht. Deshalb erlaube iches nicht mehr, damit das Gefühl der Eifersucht nicht in euch wächst.Wo immer ihr seid, bietet mir geistig eure Sinne dar. Das macht michglücklich. Ich habe es euch viele Male gesagt, aber ihr habt es nichtumgesetzt. Swamis Füsse zu berühren und ihn zu preisen sind falschePraktiken. Entwickelt von diesem Gurupurnima-Tag an heilige Emp-findungen und geniesst den höchsten Frieden und die höchste Glück-seligkeit. Jeder Mensch strebt nach Glückseligkeit. Wie bekommt mansie? Im Menschen gibt es fünf Hüllen (siehe Anhang) - die Hülle derNahrung, die Hülle der Lebenskraft, die Hülle der Gedanken und Ge-fühle, die Hülle der Weisheit und die Hülle der Glückseligkeit. Tut alles,um zur Hülle der Weisheit zu kommen; nur dann könnt ihr die Hülle derGlückseligkeit erreichen. Führt ein glückliches, glückseliges Leben undteilt euer Glück mit anderen. Ihr kennt das Ausmass dieser Glückse-ligkeit nicht. So wie ein kleines Stück Holz zu Feuer wird, wenn es mitFeuer in Berührung kommt, ebenso werdet ihr göttlich, wenn ihr mir gei-stig nah seid. Euer Geist wird erleuchtet und wird die Dunkelheit derUnwissenheit in euch vertreiben. Seid nicht traurig, weil Swami so zueuch gesprochen hat. Betrachtet es als gut für euch. Freude ist ein Ab-schnitt zwischen zwei Schmerzen. Wenn ich zwischen euch gehe, füh-len andere sich gestört, wenn ihr mir zu Füssen fallt. Nutzt von heutean eure Sinne in rechter Weise und folgt dem, was ich euch bezüglichdes Berührens der Füsse gesagt habe.

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16. Juli

Liebe kann die ganze Welt vereinen

Gott herrscht über die ganze Welt.Er ist die Verkörperung der Wahrheit.

(Vers in Sanskrit)

Verkörperungen der Liebe! “Die Welt“ bedeutet nicht nur die Form, son-dern auch die Menschen. Ihr alle seid die Verkörperungen der Liebe.Ihr mögt noch andere Qualitäten haben oder auch nicht, doch jeder voneuch besitzt Liebe. In dieser Welt gibt es niemanden ohne Liebe. Al-lerdings gibt es in dieser Welt zwei Arten von Liebe – die eine ist weltlich,die andere dagegen spirituell oder göttlich. Göttliche Liebe ist völligselbstlos. Es ist Liebe um der Liebe willen; es gibt keinen anderen Be-weggrund. Bei Gott gibt es keinerlei Selbstsucht. Er erwartet keine Ge-genleistung. Weltliche Liebe dagegen ist durch Selbstsucht gefärbt,und sie strebt nach materiellem Besitz. Wo Selbstsucht herrscht, da gibtes Angst. Wo es keine Selbstsucht gibt ist auch keine Angst. DerMensch sollte in seiner Liebe keine Spur von Selbstsucht haben. Durchselbstlose Liebe kann er sogar die göttliche Schau erlangen. Liebe istSelbstlosigkeit, Ego ist Lieblosigkeit. Gott hat keine besondere Form.Liebe ist Gott; lebt in Liebe.

Liebe ist die Form Gottes und Gott ist voller Liebe.Ihr müsst Liebe mit Liebe verbinden.

Ihr werdet göttliche Erfahrung und Weisheit erlangen,wenn ihr die Liebe in euch stärkt.

(Gedicht in Telugu)

Gottes Liebe ist eigenschaftslos, rein, ewig, frei von Bindungen, un-vergänglich, fehlerlos, bewusst, frei und die Verkörperung der Heilig-keit. Diese göttliche Liebe ist alles durchdringend. Liebe ist der Magnet,der jeden anzieht. Liebe ist die Ursache für die Anziehung zwischenuns. Dieser Magnet der Liebe ist in jedem von euch vorhanden. AusLiebe seid ihr hierher gekommen. Ihr kamt, um mich zu sehen und ichkam, um euch zu sehen. Ihr seid nicht nur menschliche Wesen, ihr seiddas kosmische Selbst. Der Mensch ist mit einer so grossen Macht aus-gestattet wie kein anderer Bewohner der Erde. In jedem von euch ist

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grenzenlose Macht, doch ihr seid unfähig, dies zu erkennen. Wenn ihrandere liebt, werden sie euch wieder lieben. Daher sollt ihr zuerst ein-mal alle lieben. Indem der Mensch die Liebe auf diese Weise erfährt,wird er göttlich. Doch die Menschen richten heutzutage ihre Liebe aufvergängliche und vorübergehende Dinge. Sie beschränken ihre Liebeauf ihren Ehepartner, ihre Kinder und auf materielle Güter. Hier ist einkleines Beispiel, um die Natur weltlicher Liebe zu illustrieren. Wenn einjunger Mann heiratet, behandelt er seine Frau während der ersten zweioder drei Monate wie sein eigenes Leben. Wenn er bei einem Spazier-gang zufällig einen Dorn auf dem Weg liegen sieht, zieht er sie sofortmit grösster Besorgnis beiseite aus Furcht, der Dorn könnte ihren Fussverletzen. Nach sechs Monaten warnt er sie nur noch, wenn er beimSpazierengehen einen Dorn auf dem Weg liegen sieht. Nach einemJahr fährt er sie in der gleichen Situation an: “Kannst du nicht sehen?Da liegt ein Dorn auf dem Weg.“ So wird weltliche Liebe täglich weniger,Gottes Liebe dagegen nimmt niemals ab. Sie ist beständig und keinerVeränderung unterworfen. Ihr solltet euch bemühen, solch eine wahreund ewige Liebe zu entwickeln. Wegen eurer grenzenlosen Wünscheseid ihr nicht fähig, diese Liebe zu erfahren. Das Leben gleicht einerlangen Reise, und die Wünsche sind das Gepäck. Weniger Gepäck,bedeutet mehr Bequemlichkeit, das macht das Reisen zur Freude. Ihrwerdet frei von Sorgen und Problemen, wenn ihr eure Wünsche redu-ziert. In dieser Welt gibt es nichts, das nicht göttlich ist. Das Göttlichedurchdringt jeden und alle Objekte des Universums. Der Mensch machtFehler, weil er dieses Prinzip der Nicht-Dualität nicht erkennt. Dies istein Taschentuch. Es besteht aus einer Anzahl eng miteinander verwo-bener Fäden. Die Fäden bestehen aus Baumwolle. Daher sind dieBaumwolle, die Fäden und das Tuch ein und dasselbe. Genau so sinddie Natur, die Individualseele, das Göttliche Selbst und Gott ein unddasselbe. Ihr seid nicht eins, sondern drei – derjenige, für den ihr euchhaltet (physischer Körper), derjenige, für den andere euch halten (men-taler Körper) und derjenige, der ihr wirklich seid (Atman). Ihr seid wederder Körper noch der Geist; ihr seid die Verkörperung des Atman. DerKörper und der Geist sind nur Instrumente.

Verkörperungen der Liebe! Es ist nicht nötig, über Spiritualität, die nichtvon allen verstanden wird, zu reden. Es genügt, wenn ihr euch in euremAlltagsleben an das Prinzip der Liebe haltet. Das Prinzip der Liebe istin allen dasselbe, ob Bettler oder Millionär. Auch ein Millionär mussNahrung zu sich nehmen; Gold kann er nicht essen. Nahrung ist für denMenschen lebensnotwendig, weil sie seinen Körper erhält. Nahrung ist

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Gott. Der Körper besteht aus Nahrung, und der Geist ist ein Bündel vonWünschen, welche die Grundursache für die Täuschung des Men-schen sind. Das Leben der Menschen ist heute voller Täuschung, weilsie grenzenlose Wünsche hegen. Ihr sollt die feste Überzeugung ha-ben, dass ihr als Verkörperungen der Liebe dem Wesen nach göttlichseid. Euer Leben wird erlöst, wenn ihr erkennt, dass ihr ein Funke desGöttlichen seid. Ihr vergesst eure göttliche Natur, weil ihr euch von derVerschiedenheit der Namen und Erscheinungsformen in der Welt täu-schen lasst. Ist es möglich, Gott, der das gesamte Universum durch-dringt, einen Tempel zu bauen? Euer Herz ist der Tempel Gottes. Wen-det euren Blick nach innen, dort werdet ihr ihn finden. Das ist ein sehrleichter Weg zu Gott.

Verkörperungen der Liebe! Liebe ist das ursprüngliche Gefühl des Men-schen. Alle anderen Gefühle entstehen aus der Liebe. Wenn ihr dasPrinzip der Liebe versteht, könnt ihr das ganze Universum verstehen.Der Mensch sollte vor allem einen starken Glauben besitzen. Wo Glau-be ist, da ist Liebe; wo Liebe ist, da ist Wahrheit; wo Wahrheit ist, daist Frieden. Ihr braucht nicht irgendwo ausserhalb nach Frieden zu su-chen. Er ist in euch. Genau so seid ihr auch ein Gefäss der Wahrheitund der Liebe. Tatsächlich ist die gesamte Welt in euch. Tausende ha-ben sich hier versammelt. Eure Namen und Formen sind verschieden,doch in allen von euch sind dieselben fünf Elemente. In dieser Welt wer-det ihr niemanden ohne diese fünf Elemente, die nichts anderes als For-men des Göttlichen sind, finden. Wahrheit ist in jedem gegenwärtig. Sieist göttlich. Doch heutzutage ignoriert der Mensch dieses göttliche Prin-zip.

Die Schöpfung entsteht aus Wahrheitund geht wieder in die Wahrheit ein.

Gibt es einen Ort, wo es keine Wahrheit gibt?Stellt euch eine solch makellose und unbefleckte Wahrheit vor.

(Gedicht in Telugu)

Der Geist des Menschen ist die Ursache für seine Freuden und Leiden.Der Geist ist die Ursache sowohl der Knechtschaft als auch der Be-freiung. Wenn ihr einen Schlüssel in ein Schloss steckt und ihn nachlinks dreht, wird es verschlossen, und wenn ihr ihn nach rechts dreht,öffnet es sich. Es ist dasselbe Schloss und derselbe Schlüssel, aberdie Seite, nach der ihr dreht, ist ausschlaggebend. In ähnlicher Weisekann man das Herz mit dem Schloss und den Geist mit einem Schlüsselvergleichen. Wenn der Geist auf die Welt ausgerichtet wird, bindet er

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euch an der Welt, und wenn er auf Gott ausgerichtet wird, löst ihr euchdavon und erlangt Befreiung. Heutzutage ist der Mensch an die Weltgebunden, weil sein Geist auf die Welt ausgerichtet ist. Das mensch-liche Leben ist heilig. Die Geburt als Mensch ist die seltenste von allen.Der Mensch vergeudet solch ein heiliges und verheissungsvolles Le-ben. Der menschliche Körper ist ein Geschenk Gottes, das genutzt wer-den muss, um das Göttliche Selbst zu verwirklichen. Der Körper ist einInstrument für die Selbstverwirklichung. So, wie Ohren, Nase, Händeetc. Teile des Körpers sind, so ist der Körper Teil der Gesellschaft, dieGesellschaft ist Teil der Natur, und die Natur ist Teil Gottes. Der Körperkann nicht existieren, wenn seine Teile von ihm abgetrennt sind. Ebensokann ein Land nicht existieren, wenn es keine Einheit zwischen seinen‘Körperteilen‘ gibt. In früheren Zeiten sahen die Inder ihr Land als ihrewahre Heimat an. Sie verkündeten stolz, dass sie zu Indien gehören.Unglücklicherweise mangelt es heute an solch patriotischen Gefühlen.Die Menschen identifizieren sich mit ihren jeweiligen Staaten und sa-gen: “Ich gehöre zu Maharashtra, ich gehöre zu Karnataka, ich gehörezu Tamil Nadu, etc. Durch solch ein sektiererisches Denken geht derGeist der Einheit verloren. Wenn ein Körperteil vom Körper abgetrenntwird, führt das zu heftigen Schmerzen und Blutverlust. Ein Land erleidetdas gleiche Schicksal, wenn die verschiedenen Regionen von ihm ab-gespalten werden. Ihr seid alle Inder. Entwickelt ein Nationalitätsgefühl.

Verkörperungen der Liebe! Ihr gehört zur menschlichen Rasse. Ent-wickelt daher menschliche Werte. Heutzutage ist die Welt zerrissen,weil der Mensch die menschlichen Werte vergessen hat. Die Einheitder Welt kann daher durch die Entwicklung menschlicher Werte ge-stärkt werden. Derjenige ist ein wahrer Mensch, dessen Gedanken,Worte und Taten in völligem Einklang stehen. Euer Leben nimmt Scha-den, wenn eure Gedanken, Worte und Taten nicht übereinstimmen.Entwickelt den Geist der Einheit. Alle sind eins, behandelt alle gleich.Verschiedene Glühbirnen weisen unterschiedliche Wattstärken undFarben auf, aber der Strom, der in ihnen fliesst, ist ein und derselbe.Genau so ist Gott in den Menschen aller Hautfarben, Rassen und Na-tionalitäten vorhanden. Gott ist der allen Wesen Innewohnende.

Es gibt viele Blumen, aber die Verehrung ist eine,Es gibt viele Schmuckstücke, aber das Gold ist eines,

Es gibt viele Kühe, aber die Milch ist eine,Es gibt viele Wesen, aber der Atem ist einer.

(Gedicht in Telugu)

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Gebt euch alle Mühe, die Göttlichkeit in jedem zu erkennen. ObgleichGott allen innewohnt, sucht ihr ihn ausserhalb und vergeudet so eureZeit. Was immer ihr auf der Welt seht, es ist Gott. Weil das Göttlichein euch ist, könnt ihr sprechen. Ist es nicht verrückt, Gott in der Aus-senwelt zu suchen, wenn ihr ihn in euch habt? Ihr seid die Verkörperungvon Wahrheit und Liebe. Daher solltet ihr niemanden hassen oder ver-letzen. Andere zu verletzen bedeutet, sich selbst zu verletzen. Ihr wer-det göttlich, wenn ihr die Einheit aller Menschen erkennt. Ihr gehört allezur selben weltumfassenden Familie. Da das so ist, warum solltet ihrHass und Konflikte aufkommen lassen? Liebt jeden. Liebe ist ewig, un-vergänglich und nektargleich. Sie wird jedoch wegen der üblen Eigen-schaften wie Hass, Neid und Zorn in Gift verwandelt. Erlaubt solchenschlechten Eigenschaften niemals den Zugang zu eurem Herzen, denndort wohnt Gott. Gott und der einzelne Mensch sind nicht verschieden,beide sind eins. Führt euer Leben aus dem Gefühl eurer Göttlichkeitheraus. In Wahrheit erleidet der Mensch kein Leid. Er ist die Verkör-perung von Glückseligkeit. Aber mit seinen grenzenlosen Wünschenunterwirft er sich dem Leid. Derjenige besitzt Gleichmut, der die Dua-litäten des Lebens wie Freude und Leid, Sieg und Niederlage, Gewinnund Verlust gleich behandelt. Euer Geist ist sowohl für Freude als auchfür Leid verantwortlich. Ihr seid in Hochstimmung, wenn eure Wünscheerfüllt werden, ansonsten fühlt ihr euch schlecht. Glückselig werdet ihrnur, wenn ihr eure Wünsche kontrolliert. Lasst euch durch die Gefühlevon Freude und Leid nicht aus dem Gleichgewicht bringen.

Verkörperungen der Liebe! Da ihr die Verkörperung der Liebe seid, solltihr niemanden hassen. Nur durch Liebe könnt ihr Unsterblichkeit er-langen. Liebe existiert in jedem, aber sie wird in pervertierter Weise ge-nutzt. Mit Liebe ist alles erreichbar. Man kann sogar die fünf Elementebeherrschen. Wenn man die Herrschaft über die fünf Elemente hat,kann man die ganze Welt beherrschen. Aus Unwissenheit haltet ihreuch für schwach. Tatsächlich sind alle Kräfte in euch. Nur Liebe kanndie Dunkelheit der Unwissenheit vertreiben. Liebe ist Gott. Gott ist Lie-be. Liebe kann die ganze Welt vereinen. Welche Beziehung bestehtzwischen euch und mir? Dieser Körper wurde in einem abgelegenenDorf in Andhra Pradesh geboren. Ihr seid aus dem Staat Maharashtra.Was ist die Verbindung zwischen euch und mir? Es ist Liebe und Liebeallein. Nur aus Liebe zu Swami habt ihr euch alle hier versammelt. EureLiebe hat mich sehr glücklich gemacht. Wie gross ist die Macht der Lie-be? Sie ist unendlich. Niemand kann ihre Tiefe ausloten. Hasst nie-manden. Alle sind eure Brüder und Schwestern. Entwickelt den Geist

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der Bruderschaft der Menschen und der Vaterschaft Gottes. Dient allenmit Liebe.

Weder durch Bussübungen noch durch Pilgerschaftnoch durch das Studium der heiligen Schriften

noch durch das Wiederholen des Namens Gotteskann man den Ozean des Lebens überqueren.

Das kann man nur erreichen, indem man den Frommen dient.(Vers in Sanskrit)

Durch keine Summe Geldes kann man die Glückseligkeit erwerben, dieihr durch den Dienst an anderen erhaltet. Geld kommt und geht, aberMoral kommt und wächst. Es gab schon viele reiche Menschen in un-serem Land, doch was geschah letztlich mit ihnen? Sie mussten dieWelt mit leeren Händen verlassen. Niemand kann an seinem Lebens-ende auch nur eine Handvoll Staub mitnehmen. Wenn das anders wä-re, hätte man in diesem Land sogar schon den Staub rationiert. Wennihr den Körper verlasst, nehmt ihr nur das Gute und das Schlechte mit,das ihr in diesem Leben getan habt. Strebt danach gut zu werden, nichtgrossartig. Ravana, ein Dämonenkönig, war grossartig, während Ramagut war. Warum? Rama lebte seine angeborenen edlen Eigenschaften.Zwar besass Ravana auch edle Eigenschaften, aber er nutzte sie nicht.Grösse ist wie eine vorüberziehende Wolke. Ihr habt eine hohe Positioninne und verdient viel Geld, doch nichts davon bleibt euch. Verdienteuch einen guten Namen. Die Leute sollen euch achten, weil ihr gutseid. Nur wenn ihr gut seid, seid ihr wirklich glücklich. Tut immer Gutes.Schwelgt nie in Schlechtem. Wenn ihr im Leben glücklich werden wollt,solltet ihr versuchen, gute Menschen zu werden.

Verkörperungen der Liebe! Heute kämpfen die Menschen für ihreRechte, aber sie kommen ihren Pflichten nicht nach. Ein wahrerMensch ist derjenige, der die edlen Eigenschaften wie Wahrheitsliebe,Pflichtgefühl, Hingabe und Disziplin besitzt. Das sind die Dinge, die derMensch lernen sollte. Heute füllt der Mensch seinen Kopf mit allem, wasin Büchern steht. Vor allem sollte er edle Eigenschaften entwickeln. An-dernfalls wird sich alles, was er gelernt hat, als nutzlos erweisen. MitSelbstvertrauen kann der Mensch alles erreichen. Daher ist es nötig,Selbstvertrauen zu entwickeln. Das transformiert den Menschen in eingöttliches Wesen. Warum seid ihr in diese Welt geboren? Was habt ihrerreicht? Was ist der Sinn des Lebens? Zu essen, zu trinken, zu schla-fen und zu sterben ? Nein. Selbst Vögel und wilde Tiere tun das. Sie

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haben zumindest einen Grund und ihre bestimmte Zeit für alles, dochder heutige Mensch nicht. Er missbraucht seine Sinne. Er sollte seineSinne richtig gebrauchen und ein guter Mensch werden. Es gibt nichtsGrösseres als die Liebe zu Gott. Liebe ist Gott, und nur durch Liebekönnt ihr in Gott eingehen. Mira war eine grosse Verehrerin Krishnas.Sie verbrachte all ihre Zeit im Krishna-Tempel und sang ihm zu Ehren.Als Maharana, ihr Ehemann, sie anwies, den Tempel zu verlassen, warsie schockiert. Sie wusste nicht, wohin sie sonst gehen sollte. Sie me-ditierte über Krishna und sang:

“Oh Geist, gehe zu den Ufern von Ganga und YamunaDie kühlen Wasser von Ganga und Yamuna

geben dem Körper Gelassenheit und Heiterkeit.“(Lied in Hindi)

Sie betrachtete Ida, (Kanal feinstofflicher Energie links von der Sus-humna (Kanal feinstofflicher Energie im menschlichen Körper) und Pin-gala, (Kanal feinstofflicher Energie rechts von der Sushumna) als dieFlüsse Ganga und Yamuna, die sich in Sushumna treffen. Um Sus-humna zu erreichen, braucht man nur die Herrlichkeit Gottes zu besin-gen. Wenn man Gott unablässig kontempliert, erreicht man sicherBrahmaloka. In Maharashtra gibt es viele edle Seelen. Tatsächlich gibtes sie überall. Doch wie führt ihr euer Leben? Wozu habt ihr eine Zunge,wenn sie nicht den Namen Gottes singt, und wozu Hände, wenn sienicht anderen dienen? Singt den Namen Gottes mit Liebe.

Verkörperungen der Liebe! Jeder von euch ist ein Funke Gottes. Krish-na erklärt in der Bhagavadgita: Was in der Welt des Lebendigen zurindividuellen Seele geworden ist, das fürwahr ist mein Anteil in alleEwigkeit. Wenn ihr euch mit dem Körper identifiziert, betrachtet ihr euchals menschlich. Doch in Wirklichkeit seid ihr göttlich. Liebe ist Gott, Gottist Liebe. Das Göttliche ist in allen gleich, ob Hindu, Muslim, Sikh oderChrist. Es gibt nur eine Religion, die Religion der Liebe. Es gibt nur eineKaste, die Kaste der Menschheit. Entwickelt daher Einheit, singt denNamen Gottes. Welch hohes Niveau würde ein Land erreichen, wennalle seine Bewohner den Namen Gottes vereint sängen! Wenn ihr Zu-flucht zu dem Namen Gottes nehmt, macht das ganze Land Fortschrit-te. Dann brauchtet ihr nicht der Hilfe anderer Länder nachzulaufen. DieGrösse und der Glanz Indiens sind unvergleichlich. Seit alten Zeitenhat Indien die Führungsrolle für den Rest der Welt inne. Welch grossesGlück war Indien dadurch beschieden, dass Gott sich viele Male in die-

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sem Land inkarnierte, um die Menschheit zur Göttlichkeit zu führen! Ihrmögt verschiedenen Religionen angehören, doch seht Gott als Einenan. Macht keine Unterschiede, die auf Religion basieren. Ihr mögt Hin-du, Muslim, Christ oder Sikh sein, doch alle sind in Gottes Augen gleich.Derjenige, der auf dem Feld seines Herzens Liebe anbaut, ist ein wah-rer Christ, ein wahrer Sikh, ein wahrer Hindu und ein wahrer Muslim.

Verkörperungen der Liebe! Ich bin sehr glücklich darüber, dass sich soviele Menschen aus Maharashtra hier versammelt haben, um ihre Lie-be zu mir zu bekunden. Ich segne euch alle, damit ihr ein zufriedenes,friedliches und glückseliges Leben führt. Einheit und Liebe sind im Be-griff, rasch zu schwinden. Nur in den Dörfern findet man noch Einheitund Liebe. Wenn ihr alle zusammensteht, könnt ihr alles erreichen.Wenn ihr aus dem Geist der Einheit und Liebe handelt, kann das Landjede Höhe erreichen. Ein paar Minister allein können nicht das ganzeLand leiten. Ihr alle solltet vereint zusammenstehen und eure Zusam-menarbeit mit diesen erweitern. Ein Faden kann mit zwei Fingern zer-rissen werden, doch wenn viele Fäden zu einem Tuch zusammenge-webt werden, dann ist es fest. In der Einheit liegt unermessliche Stärke.Wenn das Volk und die Regierung zusammenarbeiten, kann jeglichegewaltige Aufgabe vollbracht werden.

Verkörperungen der Liebe! Ich bin sehr glücklich und segne euch alle,damit ihr ein erfülltes und sinnvolles Leben führt, indem ihr für die Wohl-fahrt der Gesellschaft arbeitet. Betet zu Gott um rechtzeitigen Regenund eine gute Ernte, so dass alle mit Fülle und Wohlstand gesegnetsind. Mit diesen Worten beende ich meine Ansprache.

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11. August

Opfer ist meine Freude

Die Güte Indiens wird die Einheit der Welt bewirken.

Keine Krankheit ist tödlicher als Gier,kein Feind gefährlicher als Zorn;

kein Kummer ist schmerzlicher als Armut,keine Freude ist grösser als Weisheit.

(Vers in Sanskrit)

Krankheiten befallen nicht nur den Körper. Auch der Geist und die Sin-ne werden von Krankheiten heimgesucht. Die Geschichte ist Zeuge da-von, wie Duryodhana und seine Brüder die gerechte Strafe wegen ihrerGier erfuhren. Gier ist eine der Hauptkrankheiten, welche die Mensch-heit quälen. Ich leide unter keinerlei Krankheiten, weil in mir keine Spurvon Gier ist. Deswegen bin ich immer gesund. Es gibt keinen grösserenFeind auf der Welt als Zorn. Ich hasse niemanden und niemand hasstmich. Ich liebe alle, und alle lieben mich. Das Lebensprinzip ist in allendasselbe. Die ganze Welt ist ein grosses Haus und die Menschen sindwie die Mitglieder einer Familie. Zorn ist eine der grundlegenden Ur-sachen aller Differenzen. In mir ist keine Spur von Zorn oder Hass, unddeshalb lieben mich alle. Es gibt keine schlimmere Not als Armut. Ichbin in keiner Hinsicht arm. Liebe ist mein Reichtum. Opfergeist ist meinWohlstand. Wie kann Armut mich befallen, wenn ich eine riesige Füllevon Liebe und Opfergeist habe? Es ist für alle wesentlich, Gier, Zornund Hass loszuwerden. Da ich nicht von ihnen befallen bin, lebe ich inimmerwährender Glückseligkeit. Ich geniesse vollkommene Gesund-heit. Sorgen plagen mich nicht im Geringsten.

Verkörperungen der Liebe! Dem Weisen Garga wurde sowohl von denPandavas als auch von den Kauravas sehr viel Respekt entgegenge-bracht. Er war der spirituelle Lehrer der Sippe der Yadavas. Er war eingrosser Gelehrter, der tiefgründiges Wissen über die heiligen Schriftenbesass. Er war mit grosser Weisheit beschenkt. Nanda und Yashoda,die Pflegeeltern der göttlichen Inkarnation Krishnas, luden ihn zur Tauf-zeremonie ihres Kindes zu sich ein. Ich beziehe mich hier nicht auf mich.Inkarnationen sind gewöhnlich weiss, rötlich-orange oder gelb. AberKrishna war ein schwarzes Kind. Deshalb meinte Garga, der Name

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‚Krishna‘ (schwarz) passe am besten zu dem Kind. Nachdem er die Na-mensgebung vollzogen hatte, erzählte Garga eine Reihe wunderbarerBegebenheiten, die sich im Leben des Kindes ereignen würden, unddann verliess er das Haus Nandas. Nach einiger Zeit war Garga wiederzu Gast in Nandas Haus. Er hielt sich streng an die Vorschriften derBrahmanen und kochte sich das Essen selbst. Speisen, die jemand an-deres angefasst hatte, rührte er nicht an. Deshalb wies ihm Yashodaeinen abgeschiedenen Platz zu, an dem er sein Essen zubereiten konn-te. Er bat um ein wenig Mehl, braunen, festgewordener aber noch etwasfeuchten Zuckerrohrsaft und Milch. Zucker als Süssungsmittel war da-mals unbekannt. Süssigkeiten wurden mit Zuckerrohrsaft hergestellt.Garga gab die Zutaten in einen Topf und kochte einen süssen Pudding.Da er Vishnu verehrte, brachte er den Pudding Vishnu dar, bevor erzu essen begann. Plötzlich kam der kleine Krishna hereingerannt undbegann, den Pudding aus dem Topf zu essen. Als er das Geräusch hör-te, öffnete Garga seine Augen, die er zum Gebet geschlossen hatte,und sah, wie der Knabe den Pudding ass, den er für sich selbst gekochthatte. Er rief Yashoda und sagte: „Mutter, siehst du, was dein Sohn tut?Ich habe Hunger, und dein Sohn hat den Pudding gegessen, ohne dassich einen Bissen abbekommen habe.“ Yashoda packte den Kleinen undschalt ihn für sein Tun mit den Worten: “Weisst du nicht, dass der ehr-würdige Garga der Lehrer unserer Familie ist und dass du sein Essenentweiht hast? Ist es nicht unsere Pflicht, unseren Gästen die ange-messene Ehre zu erweisen?“ Krishna antwortete: “Mutter, ich habenichts von mir aus getan. Er selbst hat mich gerufen, den Pudding zuessen.“ Da fragte Yashoda Garga, warum er Krishna gerufen habe, densie absichtlich von ihm ferngehalten hatte. Garga sagte, er habe Krish-na nicht gerufen. Da protestierte Krishna und sagte: “Oh Weiser, warumsagst du eine Lüge? Wem hast du betend das Essen geweiht? Bin ichnicht der, zu dem du gebetet hast? Zuerst hast du mir das Essen an-geboten und jetzt beschwerst du dich!“ Erst war Garga perplex, aberdann erkannte er, dass Krishna kein anderer war als Vishnu selbst. Erhatte zu Vishnu gebetet und Krishna antwortete. Nach dieser Erkennt-nis war Garga glücklich, die Reste des Puddings essen zu dürfen, denKrishna verspeist hatte. Wann ist Krishna tatsächlich geboren worden?Er kam 3228 Jahre vor der Ära Christi auf die Welt, an dem Tag, derdem 20. Juli entspricht, um 3 Uhr morgens. Jetzt haben wir das Jahr2001 nach Christi Geburt, also wurde Krishna vor 5229 Jahren gebo-ren. Er wurde in der 8. Nacht der dunklen Hälfte des Monats geboren,im verheissungsvollen Monat Shravana (Juli-August) unter dem SternRohini (Name des 4. Mondhauses). Zu dieser Zeit gab es eine Dämonin

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mit Namen Balahantaki, die eine Mörderin kleiner Kinder war. Ihrenwirklichen Namen kannte jedoch niemand; sie wurde allgemein Putanagenannt. Sie ging von Dorf zu Dorf und tötete kleine Kinder mit ihrervergifteten Milch. Im Laufe ihrer Wanderungen kam sie auch nach Re-palle. Sie nahm eine schöne Gestalt an, betrat Yashodas Haus und be-gann, den kleinen Krishna mit ihrer giftigen Milch zu säugen. Das BabyKrishna saugte zusammen mit der Milch ihre ganze Lebenskraft ausihr heraus und sie fiel tot um. Als Yashoda den Aufprall von PutanasKörper hörte, kam sie zu Krishna gerannt. Als sie die tote Dämonin sah,fürchtete sie sich. Eines Tages kam eine Frau, die Früchte verkaufte.In jenen Tagen gab es keine Geldgeschäfte, sondern nur den Tausch-handel. Obst konnte man nur im Tausch gegen Getreide kaufen. Alssie die schöne Gestalt von Balarama, dem älteren Bruder Krishnas undKrishna sah, wurde sie von Glückseligkeit erfüllt. Sie rief die Jungenzu sich, suchte einige schöne Früchte heraus und gab sie ihnen. Krish-na sagte, dass er ihr nun etwas zurückgeben müsse, da er ja die Früchteangenommen habe. Er ging ins Haus und brachte ein paar Reiskörnerin seinen Kinderhändchen. Einige fielen ihm aus den winzigen Händ-chen heraus. Die wenigen Körner, die übriggeblieben waren, legteKrishna der Frau in den Korb. Diese achtete kaum auf das, was dasgöttliche Kind ihr da gegeben hatte. Bei all den Früchten, die sie jedenTag gegen Getreide tauschte, bemerkte sie die wenigen Körner ausder Hand eines Kindes kaum. Aber man höre und staune! Als sie nachHause kam und ihr Bündel aufmachte, hatten sich alle Reiskörner inglitzernde Diamanten verwandelt. So sind die wunderbaren Taten desAvatars. Ihre Bedeutung und ihr Mysterium sind jenseits des mensch-lichen Geistes. In den Upanishaden steht: “Gott ist jenseits aller Ge-danken, Worte und Beschreibungen.“ Als Krishna älter wurde, beganner, jeden Tag mit anderen Kuh-Hirten zusammen Kühe zum Weidenin den Wald zu treiben. Eines Tages waren die Jungen in ihr Spiel ver-tieft, als die Kühe in einen anderen Teil des Waldes weiterwanderten.Plötzlich brach ein grosses Feuer aus. Voller Furcht vor dem Feuer be-gannen die Hirten zu Krishna zu beten, er möge sie und ihre Kühe ret-ten. Krishna vertrieb ihre Angst, indem er ihnen versicherte, alles werdegut werden. Er sagte ihnen, sie sollten für einige Zeit ihre Augen schlies-sen. Die Hirten widersetzten sich den Anweisungen Krishnas nie undtaten, wie ihnen geheissen war. Nach einiger Zeit war die Feuersbrunstgelöscht und die Kühe kamen wohlbehalten zurück. Staunend über die-ses Erlebnis gingen die Hirten im Dorf umher und erzählten den Leutenvon diesem Wunder. Sie sagten: “Krishna ist kein gewöhnlicherMensch. Er ist wahrhaftig Gott, denn niemand hätte tun können, was

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er getan hat.“ Am folgenden Tag gingen sie wieder in den Wald. Nach-dem sie eine Weile gespielt hatten, sagte Krishna, er sei hungrig. Alsdie Hirten ins Dorf gehen wollten, um etwas zu essen zu holen, sagteKrishna, sie sollten zu einem Platz ganz in der Nähe gehen, an demein heiliges Ritual vollzogen werde und die Brahmanen um Essen bit-ten. Die Brahmanen lehnten die Bitte der Jungen rundheraus ab undsagten, sie könnten ihnen erst nach dem am Schluss der Opferzere-monie ‘mit einem vollen Löffel dargebrachten Opfer’ etwas geben underst nachdem sie selbst von den Opfergaben gegessen hätten. AlsKrishna die enttäuschten Hirten zurückkommen sah, sagte er “Nur dieMütter verstehen den Hunger der Kinder. Geht und bittet die Frauender Brahmanen um Nahrung.“ Auf dem spirituellen Pfad sind es vor al-lem die Frauen, die das Göttliche bereitwillig erkennen. Die Kuhhirtengingen nun zu den Ehefrauen der Brahmanen und sagten: “Mütter, un-ser Krishna ist hungrig. Er möchte etwas zu essen.“ Die Freude derFrauen darüber, dass Krishna selbst, der Beschützer des gesamtenUniversums, sie um Essen bat, kannte keine Grenzen. Sie packten dieSpeisen auf der Stelle ein, ohne ihren Männern Bescheid zu sagen undgingen zu Krishna. Sie servierten Krishna und den Hirten die köstlichenSpeisen und erlebten in deren Nähe grosse Glückseligkeit. Dann sagteKrishna, sie sollten zu ihren Männern zurückgehen, die auf sie warte-ten. Seine Pflichten gewissenhaft zu erfüllen ist wahrer Yoga. “Tut eurePflicht. Verliert keine Zeit,“ sagte Krishna. Sie kehrten zu ihren Männernzurück und erzählten ihnen, was sich ereignet hatte. Durch KrishnasWillen änderte sich die innere Haltung der Männer. Sie waren sehrglücklich und baten tatsächlich um geweihte Speise von Krishna. Eswar bereits Abend, als Krishna und die Hirten den Heimweg antraten.Da lag ein Dämon in Gestalt einer Python auf dem Weg. Diese Pythonnamens Agadha war von Kamsa, einem dämonischen König, geschicktworden. Wenn die mächtige Schlange ihren Mund aufmachte, hättenAutos hineingepasst. Der Dämon verschluckte alle Kühe und war draufund dran, auch noch die Hirten zu verschlucken. Diese schrieen vollerSchrecken, Krishna möge ihnen helfen: “Was sollen wir sagen, wennunsere Eltern nach den Kühen fragen?“ Krishna beruhigte sie. Er gingin den Rachen der Python hinein und vergrösserte seinen eigenen Kör-per, bis der Schlangenkörper platzte. Nachdem er die Python so getötethatte, rettete er die Kühe. Nach diesem Vorfall waren die Hirten vollerEhrfurcht und begannen, die Wundertaten Krishnas zu verbreiten. Sol-che Wunder erlebten die Hirten ständig. Die Geschichten von den ruhmreichen Taten Krishnas verbreiteten sichüberall. Dies war Öl auf die Flammen von Kamsas Hass auf Krishna.

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Er ersann einen Plan, wie er Balarama und Krishna töten könnte. Erschickte Akrura, ein Onkel von Krishna, zu ihnen, um sie zu einem Ring-kampf einzuladen, der in seinem Hof stattfinden sollte. Obwohl dieserdie bösen Absichten erkannte, die hinter diesem Auftrag standen, gingAkrura nach Repalle, um Balarama und Krishna zu holen, da es seinePflicht war, den Befehl des Königs auszuführen. Als die Hirtinnen undHirten sahen, dass Balarama und Krishna auf Akruras Wagen stiegen,verstellten sie ihm den Weg und erlaubten nicht, dass Akrura ihren Krish-na mitnahm. Sie flehten: “Oh Krishna, verlasse uns nicht! Wer soll unsbeschützen, wenn du fortgehst? Geh’ nicht zu diesem bösen KönigKamsa!“ Krishna beruhigte die bekümmerten Hirtinnen und Hirten mitseinen sanften, liebevollen Worten und sie fuhren nach Mathura. Kubja,eine kleinwüchsige Frau mit einem Buckel, hatte die Aufgabe, KönigKamsa Duftöle zu bringen. Als er sie sah, sagte Krishna: “Kleine Frau,was trägst du da?“ Sie sagte, sie bringe Kamsa Parfümöle, die diesersehr gern habe. Krishna ging zu ihr, trat ihr mit einem flinken Schrittauf die Füsse, fasste sie am Kinn und richtete sie auf. Kubja, die mitihrem Buckel ganz klein gewesen war, war nun aufrecht und schön. Die-se Wunder oder Spiele wurden von Tyagaraja in Gedichten ausführlichbeschrieben:

“Du bist jenseits aller Beschreibungen undallen menschlichen Verstehens.

Kann man deine Herrlichkeit und deinen Glanz ermessen?Ich sehne mich nach deiner Gnade.

Oh Herr! Erhöre mein Gebet und erlöse mich.Du hast den toten Sohn deines Lehrers zum Leben erweckt.

Du hast die Schlange Kaliya getötet,hast Vasudeva und Devaki,

den Vater und die Mutter von Krishna befreitund Draupadi, die Gemahlin der Pandava-Prinzen

vor der Demütigung bewahrt.Du hast Kucelas Wünsche erfüllt;

du hast die hässliche Kubja schön gemacht.Du hast die Pandavas beschützt und 16’000 Hirtinnen gerettet.

Du bist jenseits aller Beschreibung undallen menschlichen Verstehens. Krishna,nicht einmal Brahma, der Schöpfergott,könnte deine Herrlichkeit beschreiben!

Ich bete um deine Gnade.”(Lied in Telugu)

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Als Balarama und Krishna durch die Strassen von Mathura fuhren, ka-men sogar die Frauen aus den Häusern, um sie zu grüssen. Sie flü-sterten untereinander: “Wer sind diese Kinder, von denen so viel Lichtausgeht? Vielleicht sind es die Söhne eines grossen Herrschers.“ Ba-larama und Krishna erreichten den Königshof Kamsas, wo der Ring-kampf begonnen hatte. Es war kein Gewinner zu ermitteln, da keinerder Kämpfer einen Sieg über einen anderen erringen konnte. Plötzlichsprangen Balarama und Krishna auf das Podest, von dem aus Kamsaden Ringkämpfen zusah, und zogen ihn herunter. Kamsa fiel zu Boden.Krishna stemmte seinen Fuss auf Kamsas Bauch, riss ihn in Stückeund tötete ihn. Kamsa hatte zwei Frauen, Asti und Prapti. Da sie nichtbleiben konnten, gingen sie zu ihren Eltern zurück. Auch ihr Vater warein mächtiger Dämon. Als er von Kamsas Tod erfuhr, raste er vor Wutund machte sich augenblicklich auf, um Balarama und Krishna zu töten.Es kam zu vielen Kämpfen zwischen ihm und Balarama und Krishna,aber schliesslich wurde er getötet. So bestrafte Krishna die Bösen undbeschützte die Frommen. Das war der Dharma, die Pflicht Gottes imKupfernen Zeitalter. Die Pflicht Gottes für die anderen Zeitalter ist nichtdieselbe. Heute muss der Mensch auf den rechten Weg gebracht wer-den, indem man liebevolle Worte spricht und ihm ein Beispiel gibt.Krishna wirkte viele Wunder, um seine Göttlichkeit sichtbar zu machen.Die Hirtinnen und Hirten hatten das Glück, die Göttlichkeit Krishnas zuerleben und sich an ihr zu erfreuen. Das Leben war in jenen Tagen sehrheilig. Die Menschen waren viel mehr mit selbstlosen als mit egoisti-schen Tätigkeiten beschäftigt. Alle waren immer bemüht, sich gegen-seitig zu helfen und niemals andere zu verletzen. Auf diese Weise konn-ten sie Göttlichkeit unmittelbar erkennen. Deswegen solltet ihr eurenTätigkeiten immer in selbstloser Weise nachkommen und euch nie derSelbstsucht hingeben. Ich sage oft: “Helft immer; verletzt niemals.“ DieHirten haben sich stets so verhalten. Heute ist die Lage nicht dieselbe.Manchmal werden seltsame Gerüchte in Umlauf gebracht. Jemandsagt, Sai Baba sei wütend auf X oder Y. Aber ich habe keinerlei bösenWillen gegen irgendjemanden und genau so wenig ist jemand gegenmich. Jeder liebt und niemand hasst mich. Meine Mission ist auf derganzen Welt gut bekannt.

Ihr wisst gut, was es heutzutage heisst, Kinder zu erziehen und zu un-terrichten. Um ein Kind in die Grundschule aufnehmen zu lassen, mussman etwa 20’000 Rupien ausgeben. Dagegen sind Erziehung und Aus-bildung in den Sai-Instituten vom Kindergarten bis zum höchsten Statusvöllig kostenfrei. Unsere Institute nehmen keinen einzigen paisa von

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irgendeinem der Studenten hier. Tausende von Studenten sind schonin den Genuss dieser Förderung gekommen. Die ganze Welt weiss das.Im Bereich der Gesundheitsversorgung ist es dasselbe. Ihr wisst, wieviel eine Herzoperation dieser Tage kostet. Jede Herzoperation kostetzwei- oder dreihunderttausend Rupien. Steht diese Art von Behandlungden Armen irgendwo zur Verfügung? Woher sollten sie so viel Geldnehmen? Das sind keine günstigen Umstände. Mit dem Ziel, dasshochwertige Gesundheitsversorgung für alle zugänglich ist, habe icheine Super-Spezial-Klinik in Puttaparthi gebaut. Diese Klinik nahm vorzehn Jahren ihre Arbeit auf und es sind bereits 12’000 Herzoperationendurchgeführt worden. Es bleibt euch überlassen, zu erkennen, wer wohldafür verantwortlich ist, dass so viele Leben gerettet worden sind. ImJanuar dieses Jahres habe ich eine weitere Super-Spezial-Klinik inBangalore gegründet. In sechs Monaten sind dort bereits 1’500 Ope-rationen erfolgreich durchgeführt worden. Wer hat den Armen dort ge-holfen? Die Arbeit der hochspezialisierten Ärzte wird gut bezahlt. In un-seren Instituten wird keinerlei Unterstützung angenommen, noch nichteinmal von der Regierung. Die Gehälter der Lehrkräfte in unseren In-stituten werden von uns voll und ganz bezahlt. Ihr wisst, wie diese Ge-hälter heutzutage in die Höhe gegangen sind. Wir zahlen Gehälter, diemit den Gehaltstarifen der Regierung übereinstimmen. Man sollte sichniemals über Vorschriften und Regeln hinwegsetzen. Als gegensätz-liche Stimmen laut wurden, habe ich gesagt, dass im Hinblick auf Re-geln und Vorschriften keine Kompromisse zu machen sind. Warum soll-te irgendjemand sich Gedanken machen, wenn ich mich um dieZahlungen kümmere? Nehmt das Trinkwasserprojekt von Anantapur.Auch jetzt gibt es noch Gegenden in Anantapur, in denen Trinkwasserknapp ist. Ich habe 10’000’000 Rupien ausgegeben, um so weit wiemöglich Wasser zur Verfügung zu stellen. Mahbubnagar ist ein Gebietin Telangana, das auch unter Wasserknappheit leidet. Ich habe denChef-Ingenieur Kondal Rao gebeten, einen Plan für eine Trinkwasser-versorgung zu erstellen. Er hat einen Kostenvoranschlag über 60 croreRupien gemacht. Ich sagte ihm, er solle sich keine Sorgen um das Geldmachen und das Projekt durchführen. Es hat keinen Sinn, ein Projektzu verwirklichen, bei dem das Wasser durch Pumpen aus versiegendenBohrlöchern bezogen wird; deshalb habe ich dafür gesorgt, dass Was-ser zum Preis von 110 crore Rupien aus dem Krishna-Fluss dorthin ge-leitet wird. Jetzt ist das Wasserversorgungs-Projekt für den Medak-Be-zirk in Arbeit. Viele ähnliche Projekte werden noch folgen. Diese Händesind immer damit beschäftigt zu helfen, nicht damit zu verletzen. Es gibteinige Eifersüchtige und Kleinliche, die unwahre und ausgedachte Ge-

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rüchte in Umlauf bringen. Ich nehme davon keine Notiz. Ich befassemich nur mit dem, was ich zu tun habe, und nicht mit den Kommentarenanderer. Ich bin mir bewusst, dass alle mich so lieben wie ich sie. Inder einen Familie der Menschheit, wo ist da Platz für Eifersucht undHass? Das sind alles Einbildungen. Was sich jemand auch einbildenmag, meine Wahrheit ist unwandelbar. “Sprich die Wahrheit, sprichaber gleichzeitig liebenswürdig; vermeide es, die Wahrheit zu sagen,wenn dies für den Betroffenen unangenehm ist. Es gibt nichts Grös-seres auf dieser Welt als Wahrheit. Wahrheit ist Gott; Liebe ist Gott,lebt in Liebe. Liebe ist mein Reichtum. Opfer ist meine Freude. Welchegrössere Freude könnte ich haben? Deshalb habe ich immer so vielesoziale Hilfsprojekte ins Leben gerufen. Niemand kann meine Naturverstehen. Was immer ich unternehme wird gelingen. Wenn man Gutestut, braucht man sich nicht um Kritik zu kümmern. Alles, was ich tueist für das Wohl der anderen. Gute Handlungen sollten nicht kritisiertwerden. Gute Handlungen sind immer erfolgreich. Wahrscheinlich wissen nicht alle über die Kosten unserer Einrichtun-gen Bescheid. Die Klinik in Bangalore erfordert einen Kostenaufwandvon 3 crore Rupien im Monat. Spezielle Arzneien, künstliche Herzklap-pen etc. müssen aus USA importiert werden. Und das Prashanti-Nila-yam-Krankenhaus kostet etwa 2 crore Rupien im Monat. Ich wünschekeinerlei Hilfe von der Regierung, noch gibt sie irgendwelche Hilfe. Wei-ter sind noch die Bildungs-Institute in Prashanti Nilayam, in Anantapur,in Bangalore, Muddenahalli und Rajahmundry. Diese kosten im Monatungefähr 1 crore Rupien. Auf diese Weise ergeben sich pro Monat 6crore Rupien. Wo kommt all das Geld her? Wie auch immer, ich gebees. Ein Vermögen von 600 crore Rupien, das auf einer Bank angelegtist, wäre erforderlich, um so viel an Zinsen zu erbringen, dass es dieKosten der Kliniken und der Bildungseinrichtungen deckt. Wenn dasgeschieht, kann dieses Niveau an gesundheitlicher Versorgung undBildung aufrechterhalten werden. Es sind Tausende von euch hier, undich habe nie jemanden um Hilfe gebeten. Meine Hand ist immer oben(gebend) und niemals unten (empfangend). Meine Hand wird nur fürLiebe ausgestreckt, aber niemand erkennt das voll und ganz. Was ichgebraucht habe, waren 600 crore Rupien, und gerade heute ist dieNachricht gekommen, dass am Montag eine Summe von 600 crore Ru-pien aus den USA eintrifft. Wenn dieser Betrag in 300 crore für die Klinikin Bangalore, 200 crore für die Klinik in Puttaparthi und 100 crore fürdie Bildungseinrichtungen aufgeteilt und entsprechend angelegt wird,werden die Gewinne ausreichen, um die laufenden Kosten zu decken.Ich habe überhaupt keine persönlichen Wünsche oder Selbstsucht in

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mir. Ich habe niemanden um Hilfe gebeten. Würde irgendjemand Hun-derte von crore geben, nur weil man ihn darum bittet? Niemand würdedas tun. Aber eine Person hat sich gemeldet, die 600 crore Rupienspenden wird. Ich habe keinen direkten Kontakt zu dieser Person. DieMitteilung lautet: “Swami, du wirst die Summe am Montagmittag erhal-ten. Bitte lege diese Summe als feste Geldanlage für die Kliniken inBangalore und Puttaparthi an, sobald sie eintrifft.“ Es mag schwer sein,völlig selbstlose Menschen zu finden, aber wenn man selbstlose Arbeittut, fliessen die Ressourcen von selbst. Indien ist ein heiliges Land. Esist ein Land des Opfers, der Spiritualität und nicht des sinnlichen Ver-gnügens. Unsterblichkeit kann nur durch Opfergeist erlangt werdenund nicht durch Wohlstand, Nachkommenschaft oder Handlung. Es istder Geist des Opferns, der solche Errungenschaften möglich macht.Ich habe noch viele andere Projekte im Sinn.

Heute bringen Zeitungen Nachrichten und Bilder, die völlig im Gegen-satz zu unserer Kultur stehen. Wie heilig ist das Verhalten der Frauenin Indien! Wie sehr sind die Frauen seit alter Zeit in unserer Kultur ver-ehrt worden! Alle Energie entspringt dem weiblichen Prinzip. Diesesheilige Prinzip wird durch Filme und Zeitschriften zu abstossenden undunmoralischen Gestalten pervertiert. Wir zeigen Göttinnen des Wohl-stands als Objekte des Lasters. Solch vulgärer Exhibitionismus ist mitder indischen Kultur nicht vereinbar. Wir müssen unsere Kultur schüt-zen und den Frauen in Indien wieder den Platz geben, der ihnen zu-steht. Wir müssen eine angemessene Methode finden, um dies zu er-reichen. Ich bin bereit, denen, die für die Wiederherstellung und dieErhaltung wahrer weiblicher Werte und Traditionen in den Medien ge-eignete Vorschläge entwickeln, einen entsprechenden Betrag zur Ver-fügung zu stellen. Mit Geld kann man so wertvolle Ziele wie dieses er-reichen. Auf dieser Welt wird vieles mit Geld erreicht, und es ist nichtsSchlechtes daran, für die Arbeit des Aufrechterhaltens der Rechtschaf-fenheit Geld einzusetzen. Aus den Zeitungen und anderen Medienmüssen alle möglichen Arten von Obszönität eliminiert werden. Wennjunge Menschen solchen Bildern ausgesetzt sind, ruiniert das ihr Le-ben. Um diesen Trend aufzuhalten und die indische Kultur zu stärken,bin ich bereit, jede nur erdenkliche Hilfe zu gewähren. Wahrheit musszum Ausdruck gebracht werden, Rechtschaffenheit muss hochgehal-ten werden, Unrecht und Böses müssen bekämpft werden, Obszönitätsollte mit den Wurzeln ausgerissen werden, und die Würde und der Re-spekt gegenüber den Frauen sollten aufrechterhalten werden. DerRuhm der indischen Kultur beruht auf der Hochachtung, die sie den

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Frauen entgegenbringt. Das Wohlergehen der Frauen ist das wahreWohlergehen Indiens. Hierzu ein kleines Beispiel. Unser Krishan Kant,der indische Vizepräsident ist hier. Seine Mutter ist eine sehr frommeFrau. Sie erinnert sich unentwegt an Gott. Tatsächlich ist der Einflussseiner Mutter dafür verantwortlich, dass Krishan Kant heute eine sohohe Position einnimmt. Viele grosse Männer dieses Landes verdan-ken ihre Grösse dem Einfluss ihrer Mütter. Ich bin sehr glücklich, solcheMenschen zu sehen. Auch heute noch berät sie ihren Sohn über denrechten Weg, als sei er ein kleines Kind. Krishan Kant bringt seiner Mut-ter grossen Respekt entgegen und führt ihre Wünsche mit grosser De-mut aus. Heute braucht das Land solche Mütter und Kinder. Wenn dieMütter gut sind, werden auch die Kinder gut sein. Um die Unterstützungvon Mutter und Kind sicherzustellen, plane ich ein Projekt in Bangalore:ein Mutter-und-Kind-Gesundheitszentrum. Heute ist die Beziehungzwischen Eltern und Kindern alles andere als ideal. Wenn Eltern sichgegenseitig beschimpfen, streiten auch die Kinder miteinander. Das isteine sehr unglückliche Situation. Der Lehrsatz in unseren Schriften lau-tet: “Verehre deine Mutter, deinen Vater, deinen Lehrer und deinenGast als Gott.“ Eltern widmen ihr ganzes Leben dem Wohlergehen ihrerKinder. Die Kinder sollten sich das vor Augen halten und sich entspre-chend verhalten. Krishan Kant bringt seiner Mutter Zuneigung entge-gen. Sie hat ihn immer mit ihrer Liebe umgeben und er war ihr immergehorsam. Solche Beispiele müssen in unserem Land weit verbreitetwerden. Unglücklicherweise gibt es heute in diesem Land viele Kinder, die ohneMutter und Vater leben und grosse Not leiden. Es ist mein Beschluss,solchen Kindern zu helfen, indem ich ihnen angemessene Einrichtun-gen wie Häuser, Schulen etc. zur Verfügung stelle und sie zu idealenBürgern mache. Ich habe mit dem zuständigen Verwaltungsbeamtendarüber gesprochen. Er hat seine Hilfe zugesagt und ein Stück Landfür diesen Zweck vorgesehen. Mit dem Bau soll in Kürze begonnen wer-den. In meinen Handlungen gibt es nichts Verborgenes. Meinem We-sen entspricht es nicht, Reichtümer anzuhäufen, sondern allen so weitwie nur irgend möglich zu helfen. Alles, was ich tue, ist für alle sichtbar.Wenn ihr von solchen Waisen oder vaterlosen Kindern wisst, die dieseUnterstützung verdienen, teilt es mir mit. Wenn die Mutter lebt, werdeich dafür sorgen, dass 100’000 Rupien auf ihren Namen als feste Geld-anlage für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung der Kinder angelegtwerden, bis diese sich selbst versorgen können. Alles, was ich tue istfür die Menschheit ein grosses Ideal. Der Geschäftsleiter der Baufirmavon Nagarjuna, der eben seine Kompositionen vorgetragen hat, hat zu-

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gesagt, die Häuser zügig zu bauen. Er hat mit grosser Bereitwilligkeitzugesagt. Das Projekt beinhaltet, dass für jede vaterlose Familie einHaus gebaut wird und die Mittel für den Lebensunterhalt und die Schul-bildung der Kinder zur Verfügung gestellt werden, bis sie eine Ausbil-dung haben und Unterscheidungsfähigkeit besitzen. Heute haben wirsehr viele gebildete Kinder, aber viele haben kein Unterscheidungs-vermögen. Erziehung sollte immer zu Unterscheidungskraft führen. Esist mein fester Entschluss, dies weithin zu verbreiten. Was andere sa-gen, ist für mich nicht von Belang, denn was ich vorschlage, ist gut. Ichhege niemandem gegenüber schlechte Absichten und ich liebe allegleich. Auch ihr solltet alle lieben, dann werden auch alle euch lieben.Liebe zu Liebe und Herz zu Herz. Überseht alle Arten von anderslau-tenden Bemerkungen. Haltet an eurem Beschluss fest.

Wenn du beschlossen hast, was beschlossen werden sollte,halte fest daran, bis der Erfolg sich zeigt.

Wenn du gewünscht hast, was du dir wünschen solltest,halte fest daran, bis dein Wunsch erfüllt ist.

Wenn du um das gebeten hast, worum du bitten solltest,lass nicht los, bis du es bekommst.

Wenn du gedacht hast, was man denken sollte,halte dich daran, bis du erfolgreich bist.Wenn das Herz des Herrn erweicht ist,

muss er gewähren, wonach du dich sehnst,oder du musst dich ganz vergessen und ihn aus tiefstem Herzen bitten.

Halte durch, sei beharrlich, gib niemals auf,denn es ist das Kennzeichen des Gottsuchers,

niemals zurückzuweichen, indem er seinen Entschluss aufgibt.(Gedicht in Telugu)

Verfolgt euren Entschluss beständig, und ich werde euren Wunschschon wegen eurer reinen Durchhaltekraft erfüllen. So sollte die Be-ziehung zwischen euch und mir sein. Beschäftigt euch mit guten Hand-lungen, handelt rechtschaffen, respektiert die Frauen. Die Grösse ei-nes Landes lässt sich an der Grösse der Frauen ermessen. In derGeschichte Indiens gibt es viele Beispiele von Frauen mit hochentwik-keltem Charakter, wie z.B. Savitri, die ihren toten Ehemann wieder zumLeben erweckt hat, und Sumati, die verhindern konnte, dass die Sonneaufgeht. Aber wir bringen unseren Frauen wenig Wertschätzung ent-gegen und behandeln sie schlecht. Das ist ein grosser Fehler. DasWohlergehen des Landes steht mit dem Wohlergehen der Frauen in

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engem Zusammenhang. Deshalb müssen wir die Würde der Frau auf-rechterhalten. Das ist die höchste Bildung. Nehmt euch diese Lektionzu Herzen. Ins Ausland zu gehen, dort eine Qualifikation zu erwerbenund viel Geld zu verdienen ist kein Zeichen von Grösse. Ihr müsst ander Kultur Indiens festhalten und die Ehre eures Landes hochhalten.Engagiert euch in guten Aktivitäten. Liebt sogar die, die euch beschimp-fen. Ich bin ein ständiges Beispiel dafür. Mein Leben ist meine Bot-schaft. Ihr solltet dasselbe tun. Das Gute begegnet vielerlei Hindernis-sen. Steine werden nur auf Bäume geworfen, die Früchte tragen.Desgleichen werden gute Menschen beschimpft. Das sollte uns abernicht aus der Ruhe bringen. Rohdiamanten werden dadurch wertvoll,dass sie geschnitten und geschliffen werden. Genau so verwandelnsich Beschimpfungen in Schmuckstücke. Deswegen sollten wir überVorwürfe hinwegsehen und uns fest an unsere rechtschaffenen Idealehalten. Die Kuh-Hirten, die mit Balarama und Krishna zusammen wa-ren, wurden zu idealen Menschen. So möchte ich auch, dass alle Stu-denten hier vorbildlich werden. Dient euren Eltern, respektiert sie undgehorcht ihnen aufs Wort. Das ist tatsächlich die Essenz der Kultur In-diens. Mögen alle Menschen auf der Welt glücklich sein. Das ist unserZiel. Sucht nicht euer eigenes Glück; arbeitet für das Wohlergehen derganzen Welt. Lasst alle Selbstsucht los, setzt euch für das Wohl deranderen ein und erreicht das höchste Ziel. Das ist wahre Bildung. Machteuch diese Bildung zu eigen.

Verkörperungen der Liebe! Eure Erziehung ist nicht nur dazu da, Geldzu verdienen; sie sollte vielmehr dazu beitragen, dass ihr Tugendenentwickelt. Ihr wünscht euch Wohlstand, Macht und Freundschaft, aberohne Charakter haben diese wenig Sinn. Deshalb solltet ihr gute Ei-genschaften erwerben und euren Charakter ausbilden. Dann wird sichder Ruhm Indiens über die ganze Welt ausbreiten. Indien wird die Ein-heit mit allen Ländern erreichen. Heute ist Krishnas Geburtstag. Ichgebe euch heute das Versprechen, dass die Völker aller Länder, seies Pakistan, China, Deutschland, Russland oder andere Länder, gros-se oder kleine, unsere Freunde sein werden. Das sollte unser Ziel sein.Die Güte Indiens wird dazu führen, dass dieses Ziel erreicht werdenwird. Einheit ist sehr wesentlich. Reinheit liegt in Einheit und Reinheitführt zu Göttlichkeit. Ihr solltet Göttlichkeit erlangen.

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22. August

Ganesha (Vinayaka) ist der Meister übernatürli-cher Kräfte und der Intuition

Oh Menschen! Erforscht euch selbst -welche Art von Glück habt ihr erreicht?

Von dem Augenblick eures Aufstehens vom Schlafbis ihr euch wieder schlafen legt,

nutzt ihr eure Ausbildung und eure Zeit ingrenzenloser Weise nur dazu, euren Bauch zu füllen.

Ihr vergesst den lotosäugigen Gott und verschwendet so euer Leben. Denkt selber nach, oh Menschen,

welches Glück ihr dadurch erlangt habt!(Gedicht in Telugu)

Verkörperungen der Liebe! Das menschliche Leben ist kostbar, über-aus erhaben und lebenswert. Es ist die vorrangige Pflicht des Men-schen, durch beständiges Bemühen und Erledigung seiner Pflichtensein Leben wertvoll zu machen und sich selbst zu erlösen. Der Menschdurchlebt so viele Schwierigkeiten, nur um seinen kleinen Bauch zu fül-len. Er erlernt verschiedene Formen des Wissens und ist dennoch nichtfähig, die vollkommene Glückseligkeit zu erlangen. Fragt euch selber,welch grosses Glück ihr dadurch erlangt habt, oh Menschen!

Verkörperungen der Liebe! Ihr bemüht euch so sehr, nur um euren klei-nen Bauch zu füllen, und verdient euren Lebensunterhalt auf vielerleiWeise, aber hat euch das Zufriedenheit gebracht? Nein. Der Menschist nie ganz zufrieden. Deshalb hat Gott Ganesha, der Herr der Hin-dernisse, gesagt: Glück ist nicht durch Glück zu erreichen. Glück ist dasErgebnis, die Frucht von Schwierigkeiten. Ihr wollt in jeder Hinsichtglücklich sein, aber Friede und Zufriedenheit sind nicht durch Freudezu erlangen. Um Freude und Zufriedenheit zu erfahren, sind Schwie-rigkeiten eure Lehrmeister.

Der Baum trägt für andere Frucht nicht nur, solange er lebt;sogar nach seinem Tod gibt er seinen Körper als Brennholz.

Gibt es ein grösseres Beispiel für Opferbereitschaft?Der Baum ist der wahre Lehrmeister für Opfergeist.

(Gedicht in Telugu)

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Opfergeist ist für die Menschen sehr wichtig. Ohne Opferbereitschaftkönnt ihr keine Glückseligkeit erlangen. Entfaltet von nun an diese Op-ferbereitschaft.

Ihr könnt einem niedrig gesinnten MenschenGastfreundschaft und Freundlichkeit erweisen,

aber er wird euch trotzdem verletzen, es ist seine wahre Natur.Durch das Gift, das in euer eigenes Gemüt dringt,

wird euer Leben ruiniert.(Gedicht in Telugu)

Ihr solltet deshalb niemals niedrig gesinnt sein. Opfergeist ist notwen-dig. Ihr solltet edel und weitherzig sein. In diesem weiten Universumnimmt der Mensch die erhabenste Stellung ein. Diesen guten Ruf solltetihr aufrechterhalten. Die Weisen der alten Zeiten begingen gelegentlichFehler und Gott bestrafte sie. Sie bereuten die Fehler und baten schlies-slich um Vergebung. Sie waren erhabene Menschen. Solch grossenPersönlichkeiten sollten wir folgen. Die Menschen von heute sindschwach. Sogar wenn sie Fehler begangen haben, sehen sie es nichtein und berichtigen sie nicht. Die ehrenwerten Menschen jener Tagekorrigierten ihre Fehler, verehrten und beteten Gott an und waren ihmdankbar. Der Hauptgrund ihrer Gebete war Reue. Sie begannen, Vi-gnesvara (Ganesha) einmal im Jahr besonders zu verehren. Was be-deutet Vigneshvara, was Ganapati? Gana bezieht sich auf die höhereIntelligenz und Intuition, na auf Weisheit. Ganesha ist Meister der welt-lichen, der spirituellen und der höchsten Weisheit. Ganesha hat keinenüber ihm stehenden Meister. Er ist sein eigener Herr. Ganesha wird nie-mals irgendjemandem Leid zufügen. Ganesha segnet und fördert alleUnternehmungen, damit sie frei von Hindernissen sind. Er erlaubtnichts Schlechtem Zutritt. Aus diesem Grund ist die Ratte das GefährtGaneshas. Ratte steht für Dunkelheit; weil es in der Nacht dunkel ist,bewegen sich die Ratten nachts umher. Ganesha vertreibt die Dunkel-heit, verbreitet Licht und schenkt den Menschen Glückseligkeit. Er zeigtihnen den idealen, spirituellen Pfad. Göttlichkeit ist nicht auf dieMenschheit beschränkt, sondern sie befindet sich in allen Lebensfor-men, in Vögeln und Tieren. Um diese immanente Göttlichkeit und dieWahrheit der Göttlichkeit zu demonstrieren, erhielt Ganesha den Kopfeines Elefanten und die Ratte als Gefährt. Das Sprichwort “intelligentwie ein Elefant“ gilt auch für Ganesha. Der Elefant ist hochintelligent,voller Vertrauen und Loyalität; er vergisst niemals seinen Meister, auchwenn es ihn sein Leben kosten sollte. Solange er lebt, bleibt der Elefant

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seinem Meister treu und hält die göttliche Eigenschaft der Dankbarkeitaufrecht. Deshalb ist der Elefant das Hauptsymbol für Dankbarkeit.Dankbarkeit ist eine sehr heilige Eigenschaft.Duldsamkeit ist Wahrheit, Duldsamkeit ist die göttliche Pflicht, Duld-samkeit ist die Veden selbst. Duldsamkeit ist Gewaltlosigkeit, Duld-samkeit ist alles. Der Elefant hat grosse Geduld und Ausdauer. Er istsogar bereit, sein Leben zu opfern, um seinen Meister vor Schaden undLeid zu schützen. Der Elefant zeigt den Menschen den idealen Weg.In einem dichten Wald ohne Pfad bahnt der Elefant den Menschen einenWeg. Im Dschungel des Lebens weist der Elefant dem Menschen, derden Pfad nicht sehen kann, den Weg. Ganesha zeigt dem Menschenmit seinem Kopf, der für Unterscheidungskraft steht, den idealen Weg.An diesem Festtag Ganeshas (Vinayakacaturthi) werden verschiedeneSpeisen zubereitet und Ganesha dargereicht. Ganesha nimmt keinegekochten oder in Öl erhitzten, sondern nur gedämpfte Speisen an.Reis wird zu Mehl gemahlen, Sesamsamen hinzugefügt und Ganeshageweiht. Diese Speisen enthalten kein Öl. Warum wird so eine Gabezubereitet? Gesundheit ist der Reichtum des Menschen. Menschen,die gedämpfte Nahrung zu sich nehmen, bleiben gesund. Aber derMensch folgt heutzutage seiner Zunge und bereitet Speisen zu, nur umseinen Geschmackssinn auf vielerlei Weise zu befriedigen. Der Elefanthingegen betrachtet Gesundheit als seinen grossen Schatz. Ganeshalehrt den Menschen diesen Weg.Die aus Reismehl und Sesam zubereiteten Speisen heilen alle Augen-schäden, beseitigen Flecken im Auge und verhindern Grauen Star. Se-samsamen werden gedämpft und mit Rohrzucker und Reismehl ver-mischt. Diese Zubereitung verhindert Krankheiten der Galle, derSchleimhäute und verhindert Blähungen. Die Sesamsamen heilen Au-genschäden, und gedämpfte Speisen sind leicht verdaulich. Eineschnelle und leichte Verdauung verhindert Krankheiten. Ihr habt gelernt, Ganesha zu verehren, aber ihr habt seine Lehren undsein inneres Prinzip überhaupt nicht verstanden. Die wichtigste Auf-gabe Ganeshas liegt darin, den Menschen durch seine Lehren Glück-seligkeit und Gesundheit zu geben und aus jedem einen idealen Men-schen zu machen. Wenn Schüler und Studenten Ganesha verehren,verbessert dies ihre Intelligenz und ihr Gedächtnis. Aus diesem Grundverehren die Schüler und Studenten Ganesha an diesem Tag so sehr. Auch jedes Musikkonzert beginnt mit einem Gebet zu Ganesha. KeinMusikprogramm beginnt ohne einen Gesang zu Ganesha. Aber auf-grund des Einflusses des gegenwärtigen Eisernen Zeitalters, ist dasPrinzip Ganeshas verdrängt worden, mit dem Ergebnis, dass stattdes-

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sen das Prinzip der Zerstörung und des Ruins herrscht. Der Haupt-grund des heutigen Niedergangs ist die Vernachlässigung Ganeshas,seiner Ideale und Prinzipien. Der Mensch verlangt heutzutage nur nach vorübergehenden äusser-lichen Freuden und Komfort und strebt überhaupt nicht nach dem ewi-gen Glück und Frieden. Ihr solltet diese dauernde Glückseligkeit unddauernden Frieden erlangen; sie sind nur durch Gebet zu Gott undnichts anderes zu bekommen. Tag für Tag wird die Menschlichkeit des Menschen zerstört und diemenschlichen Werte sind verschwunden. Der Mensch folgt nicht sei-nem vorgeschriebenen Verhaltenskodex. Nur wenn ihr den menschli-chen Werten folgt, könnt ihr die Göttlichkeit erreichen. Wenn euch et-was gelehrt wird, solltet ihr es euer ganzes Leben lang in Erinnerungbehalten. Ob in kleinen oder grossen Dingen, ihr solltet für jede erwie-sene Hilfe eure Dankbarkeit ausdrücken. Wir verehren im Suryanamaskara, einem Gebet an die Sonne, denSonnengott mit vielen Namen: “Ich verneige mich vor dem Sonnengott,vor dem höchsten Licht, vor dem Einen, der keine Undankbarkeit dul-det.“ Es bedeutet, dass, wer keine Dankbarkeit zeigt, sein Augenlichtverlieren kann.Unser Augenlicht kommt vom Sonnengott. Wenn wir unsere Augen öff-nen, können wir aufgrund der Strahlung des Sonnengottes alles sehen;aber auch wenn der Sonnengott scheint, können wir nichts sehen,wenn wir unsere Augen schliessen. In unseren Augen liegt die Spie-gelung des Sonnengottes. Der Sonnengott verlässt die Augen einesundankbaren Menschen, das heisst, so ein Mensch kann erblinden. Einblinder Mensch kann keine Arbeit verrichten. Sogar ein grosser Ge-lehrter kann nichts sehen, wenn seine Augen geschlossen sind. Des-halb heisst es: “Die Augen sind die heiligen Schriften unseres Lebens.”Sie sind die Strahlung und Widerspiegelung des Sonnengottes. Des-halb müssen wir sehr sorgsam auf unsere Augen achten. Jeglicher Au-genschaden weist auf einen Mangel an Dankbarkeit in uns hin.Das Wesen Ganeshas weist viele Pfade zur Erhebung des Menschen.Die Verehrung Ganeshas begann in alten Zeiten, obwohl viele Leuteglauben, dass seine Verehrung erst vor einiger Zeit begann. Die Naray-ana Upanishad beginnt mit Gebeten zu Ganesha.

Tat purushaya vidmahe vakratundaya dhimahi

tanno danti prachodayat(Ganesha-Gayatri)

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Die Menschen jener Zeiten empfanden, dass die Sonne sehr wichtigist, und verehrten Ganesha, der eine Widerspiegelung des Sonnen-gottes ist. In allen Veden, auch im Rigveda, Yajurveda und Samaveda,gibt es zahlreiche Ganesha geweihte Mantren. Auch jeder Musiker bit-tet in einem Gesang, so gesegnet zu werden, wie Parvati Ganesha ge-segnet hatte. Wie kann man diesen Segen erlangen? Tragen wir die Eigenschaften Ganeshas in uns? Ganesha besitzt einreines Herz. Spirituelle Kräfte sind gleichsam seine Augen. Diese Au-gen der spirituellen Kraft und des Unterscheidungsvermögens werdenals die Ehefrauen Ganeshas betrachtet. Ganesha gilt als der Meisterder spirituellen, mentalen und physischen Kraft. Um Intelligenz und Un-terscheidungskraft zu haben, muss man seine Dankbarkeit verstärken.Ein undankbarer Mensch wird seine Unterscheidungskraft und Intelli-genz verlieren, und wie ist es dann möglich, spirituelle Kraft zu erlan-gen?Ganesha macht aus allem einen völligen Erfolg. Ihr solltet dieses We-sen Ganeshas, seine innere Bedeutung, zu erkennen suchen. Bevorihr eine Arbeit beginnt, solltet ihr zuerst zu Ganesha beten. Bevor manin ein neu gebautes Haus einzieht, einen Ashram errichtet, vor dem Un-terricht etc. muss als Erstes Ganeshas angebetet werden.Jeder hat irgendeinen Herrn über sich, aber Ganeshas hat keinen überihm stehenden Meister. Er ist sein eigener Meister, und er ist der Meisteraller. Wenn ihr nicht zu Ganesha, dem Meister der Meister, betet, undin egoistischer Weise handelt, seid ihr eines Fehlschlags sicher.Das Fest Ganeshas ist das erste Fest des Jahres, auf das die anderenFesttage folgen. Deshalb wird Ganesha vor Beginn eines jeden wich-tigen Festtages angebetet. Die Inder beginnen ihre täglichen Gebetemit einem Gebet zu Ganesha. Ganesha ist der Führer des körperlichen,mentalen und spirituellen Bereichs. Ihr müsst alle drei bewahren.

In unserem College haben wir M.B.A.-Kurse. Es bedeutet Master ofBusiness Administration, aber in Wirklichkeit steht m für Mind (Gedan-ken und Gefühle), b für Body (Körper) und a für Atman, das GöttlicheSelbst. Die vereinte Koordination dieser drei ist MBA. Gott gab denGeist zum Nachdenken und Nachforschen, den Körper zum Handelnund Atman um darüber zu wachen, dass beide Aufgaben in rechter Wei-se getan werden. Atman existiert immer. Atman dauert an. Der unsteteGeist sollte auf den rechten Weg geführt, stetig gemacht und in rechterWeise trainiert werden. Man sollte sich ständig in folgender Weise über-prüfen: “Ich bin ein Mensch. Entspricht mein geistiger Zustand dem ei-

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nes Menschen oder dem eines Tieres?“ Man sollte den geistigen Zu-stand eines Menschen und nicht den eines Tieres haben. B steht für Body (Körper). Der Körper hat die geistigen Beschlüsse inHandlung umzusetzen. Aber zuvor solltet ihr die Unterscheidungskrafthinterfragen, ob das Beschlossene richtig oder falsch, ob es wahr oderunwahr ist. Wenn der Gedanke/Beschluss richtig ist, wird die höhereIntelligenz es an Atman weiterleiten. Wenn der Beschluss nicht richtigist, wird Atman, das Göttliche Selbst, es nicht akzeptieren.Jeder Mensch muss deshalb das Wesen von Körper, Geist, höhererUnterscheidungskraft und Atman erkennen. Ihr solltet als Erstes eurenGeist reinigen. Geistige Unreinheit wird vom höheren Unterschei-dungsvermögen nicht angenommen. Das höhere Unterscheidungsver-mögen transzendiert die Sinne. Das höhere Unterscheidungsvermö-gen ist Meister des Geistes und der Geist ist Meister der Sinne. Ihr folgtden Sinnen und eurem Geist. Der Geist ist Meister der Sinne. Wasbringt es, wenn er die Sinne nicht kontrolliert? Manche sagen: “Ich habeein so empfindsames Gemüt.“ Was soll diese Empfindsamkeit? Tieresind empfindsam! Meistere deinen Geist, sei Meister deines Geistes.Der Geist, der die Sinne beherrscht, ist ein wahrer Meister. Ganeshahat eine sehr wichtige Position bezüglich des Wesens unserer Gedan-ken und Gefühle. Er verbleibt als Zeuge. Er reagiert nicht auf irgend-etwas, was gesagt wird, sondern lehrt durch Beispiel. Das Prinzip Ga-neshas ist in jeder Hinsicht beispielhaft.Was ist das Wesen Atmans? Atman ist der Zeuge, der alles beobachtet.Er hinterfragt alles, ohne sich zu involvieren. Was ist der Grund dafür?Körper und Geist gehören Atman, aber Atman sagt: “Ich sollte diesenBereich nicht betreten.“ In der heutigen Regierung wechseln die Führervon einer Abteilung in die andere; aber Atman ist seit alter Zeit der Füh-rer von Körper und Geist, ohne sich irgendwo zu binden. Atman beob-achtet mit zwei Augen, ob Körper und Geist die ihnen zugeteilte Arbeitin rechter Weise tun. Wenn sie falsch handeln, vergibt Atman dieseFehler, vorausgesetzt, dass Geist und Intelligenz ihren Fehler einse-hen, aus ganzem Herzen bereuen und den rechten Weg einschlagen. Einst suchte Valmiki, der Verfasser des Ramayana, Narada auf undfragte ihn: “Swami! Gibt es irgendjemanden in dieser Welt, der an derWahrheit festhält, immer glückselig ist, immer lächelt, der Fehler vergibtund selber keinen Fehler begeht, der sogar für einen kleinen Dienst sei-ne Dankbarkeit zeigt, der anderen immer hilft und der seine Zeit inWahrheit und Pflichterfüllung verbringt?“ Und er zählte in dieser Weiseelf erhabene Eigenschaften auf. Narada erwiderte: “Valmiki, warummühst du dich so ab? Nicht nur elf, sondern 11’000 solcher Qualitäten

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befinden sich in einem einzigen Führer, der die menschliche Geburt aufsich genommen hat.“ Dem Charakter wird heutzutage keinen Wert bei-gemessen. Niemand kann die Form des Charakters zeigen. Gute Ge-danken, gute Gefühle und gutes Verhalten sind die drei wichtigsten We-senszüge von Charakter. Jemand mit guten Eigenschaften wird sichgut verhalten, jemand ohne gute Eigenschaften wird sich schlecht ver-halten. Gute Eigenschaften sind göttlich und gutes Verhalten ist per-sonifizierte Göttlichkeit. Narada fuhr fort: “Jemand mit solchen gutenEigenschaften und gutem Verhalten ist in menschlicher Form als GottRama geboren worden; o Sohn, folge deshalb Gott Rama!“ Rama voll-brachte so viele Aufgaben; obwohl er vielen Problemen und Schwie-rigkeiten begegnete, wich er niemals von seinem Weg ab. Er gab nie-mals die Wahrheit auf. Was immer er tat, war Wahrheit, was immer ersprach, wurde Wahrheit. Narada lehrte diesen wahren heiligen Weg.Viele Leute glauben, Narada hätte Streit gestiftet, aber er mochte keineKonflikte. Er war nicht hartherzig. Er war ein Leuchtturm, der heiligeWeisheit ausstrahlte. Er war voller Weisheit und lehrte diese Weisheitder ganzen Welt. Er lehrte das von dem Weisen Viswamitra empfan-gene Gayatri Mantra.

Bhur bhuvah svahatat savitur varenyam

bhargo devasya dhimahidhiyo yo nah prachodayat.

Bhur, bhuvah, svaha umfassen die drei Handlungsebenen des Kör-pers, Geistes und des höheren Unterscheidungsvermögens. Bhur be-zieht sich auf den Körper, auf die Ebene der Materialisation. Der Körperist voller Materialien wie Blei und Calcium. All dies ist die Ebene derMaterialisation.Bhuvah ist die Ebene der Schwingung, der Vibration. Ohne dieseSchwingung kann keine Aufgabe vollbracht werden. Aus dem Geistkommt die Schwingung, die den Körper zum Funktionieren bringt. Diehöhere Intelligenz sollte Zeuge dafür sein. Das ist die Ebene der Strah-lung, die Ebene Atmans. Der Mensch ist eine Kombination von Mate-rialisation, Schwingung und Strahlung. Schwingung ist alldurchdrin-gend. Wie man empfindet, so ist die Schwingung, die von einemausgeht. Zum Beispiel werden hier täglich morgens und abends Bhajans ge-sungen. Ihr glaubt, die Bhajans würden nur hier in der Halle gesungen,aber das stimmt so nicht, denn die Schwingungen dieser Bhajans brei-

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ten sich überallhin aus. Sie sind z.B. in diesem Tisch. Wenn man seineOhren nahe zum Tisch bringt und mit einem stetigen Geist und einemreinen selbstlosen Herzen hinhört, hört man sogar diesen Tisch Bha-jans singen. Auch in diesen Säulen, diesen Wänden, im Mikrophon, indiesem Körper ist göttliche Schwingung. Alles ist göttliche Schwingung. Wir sollten deshalb nicht denken, dieses Gebet beschränke sich nurauf einen Ort; das Gebet breitet sich überallhin aus. Wenn die eigenenEmpfindungen stetig sind, man reine Gedanken und ein selbstlosesHerz hat, kann man es zweifelsohne hören. Die Weisen waren fähig, diese Schwingung zu hören. All die Vedenwurden durch die Schwingung des Klangs gehört und gelehrt. Werübermittelte diese Schwingung? Wer lehrte die Veden? Wer stellte siezusammen? Wer rezitierte sie? Kein bestimmter Mensch; die Vedenwurden von den Weisen aus dem Äther durch Klang empfangen. Dar-aus folgt, dass diese Schwingung alldurchdringend ist.Wenn ihr euch mit reinem Geist hinsetzt, könnt ihr, wo immer ihr seid,diese Schwingung hören. Ihr braucht dafür nirgendwo hinzugehen.Setzt euch hin, wo immer ihr seid, schliesst eure Ohren, und ihr könntden Klang des OM im Inneren hören. Auch die Veden gingen aus demOM hervor. OM allein ist der wahre Veda. Alles ist aus diesem OM her-vorgegangen. Wenn man das Klavier spielt, entstehen, je nachdem,welche Taste man drückt, verschiedene Töne, aber alle Klänge ent-stehen aus derselben Luft. Entsprechend ist OM eins, und die ver-schiedenen Klänge sind nur Abwandlungen, die alle aus dem einen OMentstanden sind. Ganesha ist der Meister dieser Schwingung und gibtsie uns. Jeder Laut, den wir hören, kommt aus dem reinen Klang desOM. Unser ganzer Körper enthält den Klang Gottes. Wenn ihr schlechtwerdet, erzeugen die schlechten Gedanken die entsprechendeschlechte Schwingung in euch. Deshalb solltet ihr niemandem nahe sein, der voll schlechter Gedankenist, weil die Schwingung dieser Gedanken auch in euch eindringt. Ausdiesem Grund heisst es: “Vermeide schlechte Gesellschaft, schliessedich guter Gesellschaft an und vollbringe Tag und Nacht gute Taten.”Diese drei Prinzipien solltet ihr vor allem erkennen. Wenn ihr gut seid,wird euer ganzer Körper von guten, göttlichen Schwingungen erfülltsein; wenn eure Empfindungen hingegen schlecht sind, werdet ihr allesals schlecht wahrnehmen. Alles, was ihr wahrnehmt sind Spiegelungenvon dem, was in euch ist. Ihr seht zum Beispiel jemanden und haltetihn für einen schlechten Menschen. Aber in Wirklichkeit ist er keinschlechter Mensch, sondern euer eigenes Schlechtes spiegelt sich inihm wider. Das Böse ist eure Spiegelung, es ist nicht wirklich im ande-

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ren. In derselben Weise werden all eure Gefühle, gute wie schlechte,auf euch zurückgespiegelt. Glaubt nicht, Gutes oder Böses existiertenunabhängig von euch selbst. Wenn ihr voll guter Empfindungen seid,entsteht nur gute Schwingung.Aber die Schüler und Studenten von heute haben nicht die nötige Kraftund Fähigkeit, diese Wahrheit zu erkennen. Sie sind mit Büchern ver-traut, aber nicht im mindesten mit dem Herzen. Sie lesen die Bücherund lernen sie auswendig, gehen zu den Prüfungsräumen, schreibenalles auswendig Gelernte auf die Prüfungsbögen, verlassen den Prü-fungsraum mit leerem Kopf und wissen nicht mehr, was sie währendder Prüfung hingeschrieben haben. Das ist künstlich; es ist keine wahreBildung. Was bringt so eine Bildung?

Trotz all seines Wissens und seiner Intelligenzwird ein törichter Mensch nicht sein wahres Selbst erkennen,

und ein niedrig gesinnter Menschwird seine schlechten Eigenschaften nicht aufgeben.

Aller Wissenserwerb und alle Bildung führen nur zu Argumentation,aber nicht zur vollkommenen Weisheit.

(Telugu Gedicht)

Trotz allen Studierens muss man schliesslich sterben. Erlernt deshalbdas Wissen, das Unsterblichkeit verleiht. Ihr studiert nur, um den klei-nen Bauch zu füllen. Wenn ihr Gottes Namen wiederholt, würde dannder Bauch nicht auch gefüllt werden? Wissen, dass nur dazu dient, denBauch zu füllen, ist keine wahre Bildung, sondern oberflächliches Wis-sen. Es wird euch kein langes Leben geben, es befriedigt nicht das Herzund bringt nicht die Göttlichkeit zum Entfalten. All diese Bildung ist phy-sischer, weltlicher Natur. Das Weltliche wird in das Weltliche eingehen.Ihr müsst das erlernen, was mit dem Herzen in Verbindung steht. Saraswata lehrte der Welt detailliert das Gebet zum Sonnengott. DieseEmpfindungen entstehen, wenn man den Sonnengott verehrt. Saras-wata verfasste auch Dichtungen, die Gottes verschiedene Formenrühmten. Er erklärte, dass die Täuschung mit jedem Menschen in dieserWelt spielt. Täuschung führt die Menschheit in die Irre.

O Saraswati, Göttin der Gelehrsamkeit!Ich verneige mich vor dir, die Gaben verleiht

und die jede erwünschte Form annehmen kann.Ich beginne mit meinem Lernen; lasse es immer erfolgreich sein.

Deine Augen sind weit wie die Blütenblätter des Lotos,

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und ihre Farbe gleicht dem Pollen in der Lotosblüte.Du bist immer im Lotos gegenwärtig.

O Saraswati! Beschütze mich!(Gedicht in Sanskrit)

In dieser Weise lehrte er auch über Lakshmi und all die verschiedenenFormen des Göttlichen. All diese Lehren sind die Fussspuren Ga-neshas; sie fördern die Unterscheidungskraft. Anstatt euer Herz mitsolch göttlichen, segensreichen, frischen Empfindungen zu füllen,macht ihr euer Leben durch schlechte Gedanken und Schwingungenschlecht und handelt schlecht. Die Weisen jener Tage, die um Vergebung ihrer Fehler baten und Op-fergeist besassen, waren die Yogis jener Tage. Diejenigen, die nichtum die Vergebung ihrer Fehler bitten, sind die Kranken und die Ver-gnügungssüchtigen von heute, und die Vergnügungssüchtigen werdennur Krankheit, aber keine Gottvereinigung erreichen. Ihr solltet deshalbaus ganzem Herzen um die Vergebung eurer Fehler bitten. Aber dasist nicht durch blosse Worte, Schriften und Lieder zu erreichen. All dieSchwingungen im Körper müssen vereint werden. Dann wird die Wirk-lichkeit das widerspiegeln und sich selbst enthüllen.

Verkörperungen der Liebe! All die Geschehnisse in der heutigen Weltsind zerstörerisch, korrupt, pervers und unnatürlich für den Menschen.Wo immer man hinschaut, wird getötet, gekämpft, gestritten. Ist das un-sere Menschlichkeit? Wir sind als Menschen geboren, aber was ge-schah mit der Menschlichkeit? Wo sind Mitgefühl und Freundlichkeit?Wo Liebe und Opfergeist? Wo Gewaltlosigkeit und Barmherzigkeit?Wohin sind sie verschwunden? Es ist nichts davon zu finden. Wir findennur äusserliche Zurschaustellung. All dieser Exhibitionismus ist nutz-los. Ihr müsst aus ganzem Herzen bereuen. Betet mit all eurer Kraftaus ganzer Seele - das ist wahre Reue. Diese Intensität solltet ihr ent-falten.Gott ist immer die Verkörperung der Liebe, und er ist immer von Mit-gefühl erfüllt. Manchmal handelt er mitleidslos, aber auch darin liegt Mit-gefühl. Aber ihr seid nicht fähig, diese Art Mitgefühl zu verstehen. Ihrkönnt Freundlichkeit nur durch Freundlichkeit, und Liebe nur durch Lie-be verstehen; wenn Hass in euch ist, nehmt ihr Hass wahr. Volles Ver-stehen ist möglich, wenn ihr dies erkennt. Ihr seid als Menschen in dieseWelt geboren und solltet wie Menschen leben. Ihr müsst die Mensch-lichkeit und die menschlichen Qualitäten praktizieren, erfahren und ver-

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breiten und die Glückseligkeit, die ihr erfahrt, mit anderen teilen. Nurwenn ihr solch reine Empfindungen habt, seid ihr wahre Menschen. Ihr nennt euch Menschen, aber es ist kein bisschen Menschlichkeit inden Menschen zu finden, weder in Worten noch im Verhalten. Das Ver-halten ist vollkommen schlecht geworden, und die Gedanken sind nurschlecht. Wie kann man dann gute Gefühle entwickeln? Wo sind dieguten Gedanken? Wo Mitgefühl, wo Liebe? Teilt Mitgefühl und Liebemiteinander. Jemand, dessen Herz ohne Liebe ist, ist ein Dämon. EinDämon hat kein Mitgefühl. Jemand mit Mitgefühl ist ein Mensch. DurchMitgefühl und Liebe kann man alles erreichen.

Spiele, o Krishna! deine Flötedamit in diesem verdorrten Land unserer Herzen

die Samen der Liebe spriessen.Lass die nektargleichen Regen der Liebe hinunterströmen,

dass die Flüsse der Liebe fliessen.Spiele, oh Krishna, deine Flöte!

Wo spielt Krishna seine Flöte? Ihr glaubt, es ginge um eine Flöte ausHolz, aber der Körper mit seinen neun Öffnungen, den Gott geschnitzthat, ist die Flöte, auf der er spielt. Aus diesen neun Öffnungen solltennur heilige, gute Klänge herauskommen und keine Töne der Dishar-monie.

Oh Krishna! Halte diese Flöte des Herzens in deiner Handund singe ein Lied der Liebe!

In einem Herzen ohne Liebe zu singen,ist ohne Nutzen für Dich.

Als Radha diesen Klängen lauschte, wurde sie eins mit diesem Klang.Wer ist Radha? Radha ist nicht einfach eine Frau. Radha ist die Erde,(dhara). Die Erde transformierte sich in Radha. Die Welt ist die Flöte,sie ist Radha.Aus diesem Grund sagt man Radha-Krishna. Erst wird der weiblicheName genannt. Erst kommt die Schöpfung, die Welt, das Universum,dann das höchste Göttliche. Erst Radha, dann Krishna. Erst Lakshmi,dann Narayana. Erst Parvati, dann Shiva. Erst Sita, dann Rama. DerName der Frau, welche die Schöpfung verkörpert, wird zuerst erwähnt.Ihr müsst also als Erstes die Schöpfung verehren und in dieser Schöp-fung heilig handeln. Wenn man dann um Gottes Gnade bittet, machtman sich Gott zu eigen. Es gibt nichts, was Gott nicht tun könnte. Ohne

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das zu beachten, beschäftigt ihr euch mit weltlichen Dingen. Das istnicht recht.

Verkörperungen der Liebe! Heute ist Vinayakacaturthi, der Festtag Ga-neshas. Das Wesen Ganeshas ist allgegenwärtig. Ganeshas hat kei-nen Herrn über sich. Er hat Kraft und Einsicht, er ist der Meister derspirituellen Kraft und des Unterscheidungsvermögens. Er allein ist derFührer eures Intellekts und der Meister spiritueller Kräfte. Zu so einemMeister müsst ihr zuerst beten. Wenn der Führer gut ist, wird man dasZiel sicherlich erreichen. Aber heutzutage gibt es keine guten Führer.Wer ist ein guter Führer? Euer Gewissen sollte euer Führer sein, aberihr habt dieses Gewissen hochgradig verschmutzt. Ihr habt es durchschlechte Gewohnheiten, durch Übles, durch schlechte Neigungenverschmutzt, so dass fauler Geruch davon ausgeht. Diese schlechtenNeigungen sollten nicht da sein. Ganesha vernichtet diese schlechtenNeigungen.Ganesha machte die Ratte zu seinem Gefährt. Die Ratte rennt immerschlechten Gerüchen hinterher. Dass er die Ratte zu seinem Gefährtmacht, heisst, dass er sie unterjochte. Das bedeutet, Ganesha besitztkeinerlei schlechte Wesenszüge, sondern nur heilige Empfindungen.Aus diesem Grund beten die Weisen und spirituellen Sucher zu Ga-nesha, der nur heilige Empfindungen hat und der die Ratte, symbolischfür die schlechten Eigenschaften unterjochte und zum Gefährt machte.Die Verehrung Ganeshas ist nicht neu, sondern wird seit alter Zeit bisheute fortgesetzt. Ihr müsst zuerst das Wesen Ganeshas erfassen. Erist in eurem Herzen, und ihr solltet euch immer auf ihn besinnen. Ganesha verkörpert alle Gottheiten. Alle Götter verehren Ganesha.Verehrer Vishnus wie Shivas verehren Ganesha. Ganesha ist die Ver-körperung aller Götter, Religionen, Kasten und heiligen Schriften.Wenn ihr diese Wahrheit erkennt und umsetzt, seid ihr sehr gesegnet.Hier sind heute Menschen, die seit fünfzehn bis zwanzig Jahren in un-serem Ashram selbstlosen Dienst tun mit einem Geist, der nichtschwankt, egal, wie viel Schwierigkeiten, Leiden und Sorgen ihnen be-gegneten. Das allein ist die wahre Qualität der Hingabe. Ihr solltet einenGeist entfalten, der nicht schwankt und eine Sicht, die frei von Täu-schung ist. Deshalb erhielten sie diese Gelegenheit, von mir ausge-zeichnet zu werden. Es ist nicht nur eine Gelegenheit, es ist eine Wi-derspiegelung von Swamis Gnade. Alles ist Widerspiegelung, Reaktionund Widerhall.In Zukunft werden noch viel mehr solche Dinge geschehen. Jeder solltemit dieser Hingabe und diesem Glauben mit seinem eigenen Dienst

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fortfahren. Prof. Radhaswamy ist mit uns, der hier seit mehr als zehnJahren dient. Wenn ihm Arbeit gegeben wird, sagt er: “Swami, ich ver-danke dir mein Leben. Meine Bypass-Operation wurde in diesem Su-perhospital durchgeführt. Ich will dir dienen. Ich will nichts anderes indieser Welt.“ Wer besitzt ein so heiliges Herz? Solche Menschen solltentäglich mehr werden. Ein Arzt kam aus Italien hierher. Er könnte in Ita-lien Arbeit haben, so viel er wollte, aber er beschloss: “Ich will nicht dortarbeiten. Ich will in der Gegenwart Gottes arbeiten.“ Er kam hierher undarbeitet in der Kardiologie. Dann Keshava Prasad. Er ist auch Kardio-loge, ein junger Mann aus Amerika, der zu Arbeit in jedem Ausmassfähig ist. Aber er wollte Swami dienen und kam mit all seinem Gepäckhierher. Äusserlich gesehen erscheinen sie wie gewöhnliche Men-schen, aber wenn man tief nach innen schaut und ihre Kräfte und Fä-higkeiten erforscht, entdeckt man, dass sie sehr speziell und einzigartigsind in ihrer Grösse. Sie sind grosse Führer, die hierher nach PrashantiNilayam kamen, Tag und Nacht arbeiten, sehr einfache Leben führenund nur für Swamis Liebe allein leben. Ihr habt gerade Dr. Alreja ge-sehen. Als ich vor dreissig Jahren Bombay besuchte, sass er in derMenschenmenge, erlitt einen Herzanfall und fiel um. Ich eilte von derBühne zu ihm, brachte ihn zum Liegen und rieb sein Herz. Dann wurdeeine Krankenbahre gebracht und ich gab Anweisung, ihn wegzubrin-gen. Derselbe Alreja, der dort auf der Bahre weggetragen wurde, kamnach Puttaparthi, ist seitdem hiergeblieben und hat bis heute keinerleiandere Sorgen. Ich sagte zu ihm: “Mein Lieber, du bist beinahe neunzigJahre alt und nicht mehr in der Lage, die zum Krankenhaus führendenStufen zu steigen. Fahre mit dem Wagen.“ Er erwiderte: “Der Körper,den du mir gegeben hast, ist mein Wagen. Solange er gesund ist, werdeich gehen und meine Arbeit tun. Bemühe dich nicht wegen mir.“ Under geht immer noch zu Fuss zum Krankenhaus.Obwohl man es eigentlich nicht erwähnen sollte, muss es doch gesagtwerden: Alle, die in Prashanti Nilayam leben, haben ein langes Leben.Früher lebte Seshagiri Rao hier. Er war ein grosser Offizier. Es war sei-ne Aufgabe, Arathi, das Schwenken der Kampferflamme, darzubrin-gen, und er war mit 100 Jahren noch gesund. Ein anderer namensKrishtappa kam, nachdem Seshagiri Rao gestorben war. Er kam zuFuss von weit her, sass bei den Bhajans, gab Arathi und kehrte wiederheim. Er wurde 101 Jahre alt. Surayya war von Venkatagiri, er war ein1,9 Meter grosser Mann! Er lebte als Junggeselle im Zölibat und hei-ratete nicht. Wenn ich mich nachts hinlegte, öffnete er leise die Tür, kamherein und massierte meine Füsse. Ich sagte: “Surayya, mir tun meineFüsse nicht weh.“ Er erwiderte: „Du hast keine Schmerzen, aber wenn

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ich es nicht tue, schmerzt es mich! Ich tue es zu meiner eigenen Freu-de!“ Ich wollte ausprobieren, wie lange er bleibt. Erst wenn ich meineAugen schloss und tat, wie wenn ich schliefe, ging er weg. Er verrichtetediesen Dienst bis zum letzten Tag seines Lebens und wurde 100 Jahrealt. Karunyananda Swami wurde ebenfalls 100 Jahre alt. Kasturi, derlange Zeit als Übersetzer und Verleger tätig war, hätte schon lange vor-her sterben sollen, aber weil er nach Prashanti Nilayam kam, wurde er90 Jahre alt. Keiner der Menschen, die hierher kamen, starb früh. Wasist die Ursache davon? Besinnung auf Gott und Dienst für Gott. Dasführt zu einem langen Leben.“Möge er 100 Jahre lang leben, mögen die Glieder seines Körpers 100Jahre lang leben!”, ist ein Segensspruch der Älteren, wenn jemand sichvor ihnen verneigt. Das verschafft ein langes Leben. Es gibt so viele,die Körperübungen machen, Tonics und Medikamente einnehmen,aber all dies zeugt nur von Mangel. Die genannten Devotees nahmenüberhaupt keine Medizin ein. Wenn sie z.B. Bauchschmerzen beka-men, rannten sie zu mir, nahmen Vibhuti von mir, vermischten es mitWasser und tranken es. In dieser Weise sorgten sie für ihr Leben. Essollte mehr solche Menschen geben. Die Jugend von heute sollte ein Beispiel setzen. Der Geist der jungenMenschen von heute gleicht Affen. Sie haben noch nicht einmal einenGeist wie Affen, sondern es ist noch schlimmer. Was in der einen Se-kunde gesagt wird, vergessen sie in der nächsten. Weil die Zunge keineKnochen hat, kann sie sich bewegen, wie es ihr gefällt, aber das ist keinGrund zu reden, wie es einem passt. An dem Wort, dass man gegebenhat, sollte man bis zu seinem letzten Atemzug festhalten. Viele Menschen erzählen mir: “Swami, ich verliere meine Zähne. Es istnutzlos.“ Ich erwidere: “Die Zähne mögen herausfallen, aber die Zungeist noch da, nicht wahr? Die starken Zähne sterben zuerst. Die Starkenmüssen zuerst gehen, das Weiche bleibt. Wenn du stirbst, wird die wei-che Zunge mit dir kommen. Achte deshalb auf deine Zunge und ver-wende sie gut.“ Man kann nicht immer gefällig sein, aber man kann ge-fällig sprechen. Sprecht mit Demut und Gehorsam. Sprecht dieWahrheit. Handelt recht. Sprecht heilige Worte und besinnt euch aufden Namen Gottes. Lasst andere das Singen des göttlichen Namenshören. Wisst ihr, wozu die Zunge gegeben wurde? Um alles und jedeszu essen? Nein, nein, nein, nein! Wisst ihr, wozu die Füsse gegebenwurden? Um überall herumzustreunen? Jedes Glied des Körpers dienteinem bestimmten Zweck. Heute ist Vinayakacaturthi. Ihr solltet euren Körper als heilig empfindenund die rechten Handlungen mit ihm ausführen.

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Der Körper ist dazu da, um entsprechend der von Gott gesetzten Ord-nung zu handeln. Der Körper ist dafür gegeben. Ich hoffe, dass euerKörper den heiligen Weg gehen wird und ihr einen guten Namen undandauernden Ruhm erlangt.

(Vollständige Übersetzung der Ansprache in Prashanti Nilayam)

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31. August

Glück in der Vereinigung mit Gott

Mein voller Segen und meine volle Gnade euch allen an diesem se-gensreichen Tag von Onam!

Welches Glück erlangte Somakasura dadurch,dass er die vier Veden stahl

und dich, Gott, beschimpfte und schmähte?Was was geschah mit dem zehnköpfigen Ravana,

der die Frau eines anderen begehrte?Was nahm Duryodhana mit sich, der sich weigerte,

den Pandavas Land auch nur von derGrösse einer Nadelspitze zu geben?

Was geschah letztlich mit dem verruchten Kamsa,der unschuldige Babys stahl, folterte und tötete?

Dasselbe Schicksal werden die üblen Menschen von heute erleiden.Wenn nicht heute, dann werden sie zumindest morgen zu bestehenaufhören. Hegt keine hohen Erwartungen. Es ist für euch das Beste,ein gemässigtes Leben zu führen.

In dieser Welt ist Gott die Wahrheit.Allein in der Wahrheit liegt Verdienst.

Es gibt kein höheres Glück als die Wahrheit.

Verkörperungen der Liebe! Die gesamte Welt ist von Wahrheit durch-drungen. Wahrheit ist allgegenwärtig. Sogar Wohlstand, weltlicheFreuden, Geld, Gold, materieller Besitz und Fahrzeuge gründen aufWahrheit. Ohne Wahrheit gäbe es keine Welt. Weil der Mensch heut-zutage die Wahrheit verliert, ist er vielen Schwierigkeiten ausgesetzt.Wahrheit ist sehr kostbar. Auch wenn man es versucht, Wahrheit kannweder verborgen noch verändert werden. Wahrheit ist in allen drei Zeit-perioden unverändert.Seit alten Zeiten nahmen die Inder ihre Zuflucht in der Wahrheit. Weilsie die Wahrheit sprachen und ein Leben der Wahrheit führten, konnteIndien (Bharat) Frieden und Wohlstand geniessen. Auf der Grundlage

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der Wahrheit verbreiteten die Bharatiyas das Wesen der Spiritualitätin der ganzen Welt. “Mögen alle Wesen in allen Welten glücklich sein!” Diese Aussage ent-stand aus der Wahrheit. Die Menschen vergessen heutzutage so eineheilige, ursprüngliche Wahrheit. Ohne Wahrheit gäbe es überhaupt kei-ne von Gott gesetzte Ordnung (dharma). Es gibt kein höheres Dharmaals die Wahrheit.Wahrheit ist die wichtigste Verhaltensrichtschnur. Wahrheit allein istder Lebensatem des Menschen. Ohne Wahrheit gäbe es kein Mensch-sein. Die menschlichen Werte hängen von der Wahrheit ab.

Verkörperungen der Liebe! Wahrheit ist sehr erhaben. Jeder kann sichdie Geschichte von Sathya Harishcandra in Erinnerung rufen. Er nahmin der Wahrheit seine Zuflucht, gab sein Königreich auf, verzichtete so-gar auf seine Frau und sein Kind und arbeitete als Friedhofswärter, uman der Wahrheit festzuhalten.

Die gesamte Schöpfung ist aus der Wahrheit entstanden und wird wieder in die Wahrheit eingehen.

Gibt es irgendwo in diesem Universum einen Ortohne dieses Prinzip der Wahrheit?

Nein! Das ist die wahre, makellose Wahrheit.

Verkörperungen der Liebe! Wahrheit scheint nur ein kleines Wort zusein, aber es ist sehr wichtig, die Grösse der Wahrheit zu erkennen.Alles wird von dieser Wahrheit umfangen. Die gesamte Welt hängt vonder Wahrheit ab. Wenn ihr diese Grundlage der Wahrheit verliert, waswird dann euer Lebensschicksal sein? Es gibt keinen Ort ohne Wahr-heit. Wahrheit ist alldurchdringend.

Verkörperungen der Liebe! Auf der Basis der Wahrheit kümmerte sichKaiser Bali um seine Untertanen wie um sein eigenes Leben und nährtesie, wie wenn es seine eigenen Kinder wären. Bali war sehr mildtätigund grosszügig, er verkörperte Liebe und war die strahlende Sonne derWahrheit. Weil so ein Kaiser in jenen Tagen in Kerala herrschte, littendie Menschen dort keinerlei Mangel. Es herrschte kein Mangel an Nah-rung, Wasser und anderen Dingen.Er besiegte durch seine grosse Stärke sogar die Halbgötter. Im Ge-denken an seinen Sieg vollführte er an den Bänken des Flusses Nar-mada das Viswajit-Opfer durch. Gott verkörperte sich zu der Zeit als

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Vamana und wurde als Sohn des heiligen Paares Kashyapa und Aditigeboren. Sie lebten in einer Einsiedelei namens Siddhashram.Vamana wanderte zu der Stelle, wo Kaiser Bali das Opfer durchführte.Er war sehr jung, und von ihm ging ein strahlendes Licht aus, das jedenmagnetisch anzog. Als Ratnamala, die Tochter Kaiser Balis, diese Sze-ne sah, dachte sie bei sich: “Ah! Was für ein Glanz und Strahlen gehtvon diesem Jungen aus? Wie gesegnet wäre ich, hätte ich solch einenSohn geboren! Ich hätte ihn aufziehen, ihn wiegen, ihm Milch gebenund auf so vielerlei Weise mit ihm spielen können.“ Sie war sehr nie-dergeschlagen, weil sie nicht so einen Sohn besass.Mittlerweile hatte Vamana Kaiser Bali mit seinem Fuss nach Patala, indie Unterwelt, gestossen. Als Ratnamala dies sah, wandelten sich ihreGefühle in Hass, und sie sagte sich: “Pfui! Wie konnte ich mir jemandso Bösen als Sohn wünschen! Es wäre besser, ich gäbe ihm vergifteteMilch und tötete ihn dadurch!“ Vamana, der dies wahrnahm, sagte: “Sosoll es geschehen!“Gott gibt ständig seinen Segen, egal, was jemand beschliesst und emp-findet. Deshalb solltet ihr nur Gutes denken. Es gibt keinen Ort ohneGott. Gott ist überall mit Händen, Füssen, Köpfen, Mündern, Ohren unddurchdringt das ganze Universum.Vor diesem allgegenwärtigen Gott kann man nichts verbergen. Dar-aufhin beschloss Vamana: “Mutter, Ratnamala! Anfangs wolltest dumich mit Milch nähren. Aufgrund von Bindung an den Körper, weil ichdeinen Vater mit meinem Fuss nach Patala stiess, stieg Zorn in dir aufund du wolltest mir vergiftete Milch geben und mich so töten. Deshalbwirst du im Kupfernen Zeitalter als Pothana wiedergeboren werden,mich mit vergifteter Milch füttern und selber daran sterben.”Deshalb sollte jeder gute wahrhafte Gedanken hegen; denn, egal, wasman, auch unbewusst, denkt, Gott gibt ständig seinen Segen: “So seies, so sei es.“ Aber die Leute denken alles Mögliche, unfähig, den einenGott zu verstehen. Deshalb sollte man nur Gutes denken.

Seht nichts Schlechtes, sondern Gutes.Hört nichts Schlechtes, sondern Gutes.

Sprecht nichts Schlechtes, sondern Gutes.Denkt nichts Schlechtes, sondern Gutes.

Tut nichts Schlechtes, sondern Gutes.Das ist der Weg zu Gott.

Deshalb gilt: Wenn eure Gedanken rein und heilig sind, werdet ihr hei-ligen Segen bekommen. Heutzutage verbringt ihr eure Zeit mit schlech-

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ten Gedanken und Aktivitäten und erhaltet deshalb nur schlechte Er-gebnisse; aber wenn ihr die schlechten Folgen daraus erfahrt, leidetihr. Während man die Dinge plant, leidet man noch nicht. Das ist dieLehre aus Ratnamalas Schicksal: Was sie erfuhr, war das formgewor-dene Ergebnis ihrer eigenen Gedanken. Ihr fragt euch: “Warum fügt Gott mir so etwas zu?“ Der Fehler liegt ineuren eigenen Gedanken, nicht bei Gott. Deshalb müsst ihr euch guterGesellschaft anschliessen und gute Gedanken und Beschlüsse haben.Ratnamalas Geschichte lehrt das Land, dass man sich vermehrt guteGesellschaft suchen sollte.Kaiser Bali war sehr mildtätig und grosszügig. Er gab während der Op-ferhandlung alles in Mildtätigkeit weg und opferte alles um der Wahrheitwillen. Vamana kam und bat Bali um drei Schritte Land. Ohne nach-zudenken versprach Bali: “Ich werde es dir zweifelsohne geben.“Sukracharya, der spirituelle Lehrer Balis, erhob Einspruch und klärteBali auf: “Kaiser Bali! Vamana ist kein gewöhnlicher Mensch. Er ist dieManifestation Vishnus und hat grosse Macht. Erfülle ihm deshalb seineBitte nicht.” Kaiser Bali erwiderte: “ Gibt es etwas Schlimmeres, als eineinmal gegebenes Wort zurückzunehmen?“ Kaiser Bali ignorierte dieAnweisung seines Gurus und hielt an dem Vamana gegebenen Ver-sprechen fest. Weil Bali an der Wahrheit festhielt, erhielt er alle Artenvon Komfort und Glück. Vamana drückte ihn mit seinem Fuss nach Pa-tala. Die innere Bedeutung von Patala lautet: keine Wiedergeburt.An diesem Tag bat Kaiser Bali Vamana um eine Gunst: “Ich bitte dich:So wie du heute nach Kerala gekommen und mit mir gesprochen hast,so solltest du jedes Jahr nach Kerala kommen und das Volk von Keralaschützen.“ Aus diesem Grund feiern die Leute von Kerala symbolischam Onamfest den Tag, an dem Vamana erscheint.Kaiser Bali war sehr tugendhaft und verdienstvoll. Obwohl er in einerDämonenfamilie geboren war, war er von göttlichen Empfindungen er-füllt. Als Folge der grossen Verdienste von Kaiser Bali entstand diesesgrosse Onamfest für das Volk von Kerala.Onam bedeutet nicht nur, süssen Pudding, süssen Reis und andereSüssigkeiten zuzubereiten und zu essen, sondern ihr solltet euch anKaiser Balis Erfahrung mit Vamana erinnern. Heute manifestiert sichVamana in Kerala. In dem Empfinden, dass Vamana die InkarnationGottes ist, könnt ihr an diesem Onam-Tag viel Glückseligkeit erfahren.Ihr solltet ein moralisches, spirituelles und gottgefälliges Leben führen.Sprich die Wahrheit - das ist Moral. Sprich freundlich. Sprich keine un-erfreuliche Wahrheit - das ist spirituell. Ihr solltet in der Wahrheit eure

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Zuflucht nehmen, ein spirituelles Leben führen und euch so verhalten,dass es der Welt Segen bringt.Obwohl das Land Kerala ein Zentrum des Kommunismus ist, sind dieMenschen auch heute noch voller Hingabe. Jeder nimmt täglich seinBad, trägt Vibhuti und Sandelholzpaste auf und besucht Tempel. Die-ses spirituelle Verhalten besteht auch heute noch. Die Liebe und Hin-gabe in den Menschen von Kerala ist nirgendwo sonst zu finden. Keralaist ein sehr schönes Land. Die inneren Empfindungen der Menschendort sind voller Spiritualität. Aber durch den Wandel der Zeit, des Ortesund der Religiosität hat sich das menschliche Herz verändert und dasHerz, das früher voller Mitgefühl war, ist hart geworden. Wie kommtdas? Der Grund liegt ausschliesslich in eurem Verhalten. Das Gute wieSchlechte des Landes hängen von dem Verhalten der Frauen und Män-ner in diesem Land ab. Ein Verlust eures Charakters kommt dem Ver-lust eures Lebens gleich.

Wenn man Geld verliert, ist nichts verloren,wenn man seine Gesundheit verliert, ist etwas verloren,wenn man seinen Charakter verliert, ist alles verloren.

In eurem Leben müsst ihr den Charakter an die erste Stelle setzen. Daseine, was Gott zu allen Zeiten von euch erwartet, ist Charakter. Aberder Mensch ist nicht fähig, diese Wahrheit zu erkennen, und kämpft fürseine Selbstsucht und Eigeninteressen. Diese Selbstsucht und Eigen-interessen sollten im Menschen ausgelöscht werden.Alle sind Mitglieder der einen Weltfamilie. Deshalb gehören alle Men-schen derselben Kaste an. Es gibt nur eine menschliche Rasse. Manbraucht nicht zu fragen, ob jemand Theist, Atheist, Jude oder Buddhistist. Ihr seid eine menschliche Rasse - das ist die Wahrheit. Es reichtaus, wenn ihr das erkennt. Lasst auch die Frage, ob ihr ein Atheist oderein Gottgläubiger seid, beiseite; denkt stattdessen: “Ich bin ein Mensch,ich bin ein Mensch.“ Entwickelt die menschlichen Werte. Um sich alsMensch bezeichnen zu können, muss es menschliche Werte geben.Ohne menschliche Werte ist man zwar der Form, nicht aber dem Ver-halten nach ein Mensch.Heutzutage sind alle Eigenschaften wie Zorn, Leid, Neid, Eifersuchtund Angeberei in den Menschen zu finden. Zorn, Eifersucht und der-gleichen sind tierische Eigenschaften. Zorn ist das Kennzeichen einesHundes; ein schwankendes unstetes Wesen ist die Eigenschaft einesAffen. Ihr seid weder Affen noch Hunde, sondern Menschen. Wenn

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Zorn aufsteigt, dann denkt: “Ich bin kein Hund, ich bin ein Mensch, ichbin ein Mensch, ich bin ein Mensch“, und der Zorn wird sich auflösen.Heutzutage verschwinden die menschlichen Werte und diese tieri-schen Eigenschaften ergreifen vom Menschen Besitz. Das ist nicht dasKennzeichen des Menschseins, nein, nein! Entwickelt heilige Eigen-schaften wie Mitgefühl, Liebe und Geduld. Gott führt aus verschiedenen Gründen viele Handlungen durch. Aberder Mensch ist nicht fähig, diese Handlungen zu verstehen und proji-ziert seine eigenen Gefühle hinein, die eine Spiegelung seines innerenWesens sind. Es sind nur seine eigenen Gefühle. Wenn ihr glaubt, derandere Mensch sei zornig, ist es nicht sein Zorn, sondern der Zorn ineuch spiegelt sich in ihm wider. Alles, Wunsch, Zorn, Gier, Anhaftungund Neid, sind eine Spiegelung eures eigenen inneren Wesens. DerMangel liegt in euch selbst, nicht im anderen. Gott ist immer rein, stetig,eigenschaftslos und selbstlos. Wenn ihr in solch einer heiligen Gött-lichkeit Mängel seht, ist es eine Projektion eurer eigenen Mängel; eshat nichts mit Gott zu tun.Ihr versucht, eure negativen Gedanken und Gefühle wie Zorn undSchmerz zu beherrschen. Es ist ein grosser Fehler! Beherrscht sienicht, sondern verhindert, dass sie überhaupt erst in euch eindringen.Verschliesst euer Herz vor diesen negativen Gefühlen, so das sie kei-nen Platz darin finden. Wenn ihr sie in euch hineinlässt und ihr dannversucht, sie zu kontrollieren, sind sie immer da und sie können jeder-zeit wieder hochkommen. Heutzutage werden Öl, Petroleum, Kohle usw. aus der Erde geholt. Siehaben sich in der Vergangenheit in der Tiefe der Erde angesammeltund werden heute erst zum Vorschein gebracht. In derselben Weisehaben sich Verlangen, Zorn, Gier etc. in euch angesammelt, liegen ineuch verborgen und können jederzeit zum Vorschein kommen. Des-halb solltet ihr dafür sorgen, dass solche Gefühle erst gar nicht in euchhineingelangen. Das zu tun, ist wahrer menschlicher Wert. Es bringtalso nichts, Zorn erst dann zu beherrschen zu versuchen, nachdem erin euch Eingang gefunden hat. Dies zu tun, ist eine Art Schwäche, derihr keinen Raum geben solltet. Verhindert, dass der Zorn überhauptPlatz in euch findet; dann braucht ihr ihn gar nicht zu beherrschen.

Verkörperungen der Liebe! So viele Eigenschaften kommen aus demMenschen hervor. Man kann sie nicht alle unter Kontrolle halten. Un-terscheidet und lasst nur gute Eigenschaften in euch entstehen. Pro-klamiert und verbreitet solche Eigenschaften und teilt sie mit anderen.Das solltet ihr erfahren. Darin liegt wahrer menschlicher Wert.

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Das allerwichtigste ist die Liebe. Liebe ist Gott; lebt in Liebe. Füllt eureHerzen mit reiner Liebe. Wenn euer Herz allein von Liebe erfüllt ist, kannkeine einzige schlechte Eigenschaft in dieses Herz dringen. Euer Herzist ein Einzelsitz; es ist kein Doppelsofa. Ihr habt nur ein Herz; füllt esmit Liebe, dann kann nichts anderes Platz darin finden. All dieseschlechten Eigenschaften können nur deshalb in euch eindringen, weileure Liebe nicht dort ist.

Beginnt den Tag mit Liebe,verbringt den Tag mit Liebe,

füllt den Tag mit Liebe,beendet den Tag mit Liebe.

Das ist der Weg zu Gott.

Ihr müsst euer Leben mit Liebe führen. Es gibt nichts grösseres als Lie-be. Liebe geht aus Wahrheit und Wahrheit geht aus Liebe hervor. OhneWahrheit könnte keine Liebe und ohne Liebe keine Wahrheit existieren.Wahrheit ist ein zugrunde liegender Strom, Liebe der äussere Fluss.Das Gottesprinzip ist die Einheit von beidem. Der zugrunde liegendeStrom in euch fliesst beständig; er ist der wahre Strom Saraswati. Sa-raswati fliesst unterirdisch. Die Sprache ist ein Ausdruck des Saraswati-Prinzips; deshalb solltet ihr die rechten Worte nutzen und nicht einfachsprechen, wie es euch gefällt.Ihr könnt nicht immer gefällig sein, aber ihr könnt gefällig sprechen. Ihrsolltet eurer Wortwahl Bedeutung beimessen. Wenn man mit dem Fussausrutscht und hinfällt, entsteht kein grosser Schaden, aber wenn dieZunge ausrutscht, kann es einen in die Hölle bringen. Ihr solltet euchdeshalb vor einem Ausrutscher der Zunge hüten und keine Worte spre-chen, die anderen Leid zufügen. Sprecht nur Worte, die andere nichtverletzen. Das ist ein Hauptmerkmal des Menschen. Es ist ein grosserFehler zu glauben, das sei eine schwierige Aufgabe. Es ist sehr leicht.Unsere Worte liegen in unserer Hand. Sie kommen von unserer Zunge.Die Zunge ist sehr flexibel, sie hat keine Knochen, kann sich in jedeRichtung bewegen und ist deshalb leichter zu kontrollieren als unsereZähne. Deshalb solltet ihr nur heilige Worte sprechen. Klang kommt vonder Zunge. Gott wird als die Verkörperung des Klangs beschrieben: Gott verkörpertKlang, alles Bewegliche und Unbewegliche, Licht, Sprache, ewigeGlückseligkeit, Allmacht, Täuschung und alles Segensreiche. Deshalbsollte der Klang, der von euch ausgeht, voller Süsse sein. Dann wird

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die Menschheit erblühen. Wahrheit und Liebe sind das Hauptfunda-ment, damit die Menschheit erblüht.

Verkörperungen der Liebe! Durch Wahrheit und Liebe erlangte KaiserBali ein ewiges Leben. Der Körper stirbt, aber der Geist ist immer süss.Eines Tages wird der Körper vergehen. Der Körper gleicht einer Was-serblase, der Geist einem verrückten Affen. Folgt weder dem Körpernoch dem Geist, sondern eurem Gewissen. Das, was sich nicht ver-ändert und niemals stirbt, ist die wahre Form. Es ist Atman. Er ist ewig,ohne Geburt oder Tod, ohne Anfang oder Ende. Er stirbt nicht, wird nichtgeboren und ist unzerstörbar. Er ist in allem gegenwärtig.Wie kann man so eine Göttlichkeit erfassen? All die Gefühle in euchsind nur eure Gedanken, eure Einbildung. Die Klänge, die von euchausgehen, breiten sich überallhin aus. Alles, was hier gesprochen wur-de, die süssen Lieder, die heute in dieser Halle gesungen wurden, ha-ben alles hier durchdrungen. Sie sind in diesen Tisch, in diese Säulen,in die Wände eingedrungen. Gottes Schwingung und Klang breiten sichüberallhin aus. Man kann nicht behaupten, sie seien an einem Ort, nichtaber an einem anderen. Wenn ihr irgendwo Gesang hört, glaubt ihr,er sei nur an diesem spezifischen Platz zu hören, aber er breitet sichüberallhin aus, auch dorthin, wo er nicht gehört wird. Deshalb erklärendie Veden: “Seine Hände, Füsse, Augen, Kopf, Mund, Ohren sind über-all”.Diese göttliche Schwingung durchdringt euch alle von Kopf bis Fuss.Deshalb solltet ihr heilige Worte sprechen, keine Worte, die anderenLeid zufügen. Zieht über niemanden her, kritisiert niemanden. Wennihr eure Sprachwerkzeuge ständig recht nutzt, werden euch göttlicheSchwingungen füllen und ihr werdet göttliche Glückseligkeit empfin-den.

Ohne Furcht vor Sünde, festhaltend an Unwissenheit, ohne jede Liebezu Gott: So werden die menschlichen Werte im Menschen immer we-niger. Aus diesem Grund ist der Weltfriede verloren gegengen. Wasist die Ursache der Gewalt und des Unheils in der Welt? Das eigeneLeben. Wenn das Leben des Einzelnen gut ist, wird die ganze Welt gutsein. Seid deshalb gute Menschen. Wenn ihr gute Worte sprecht undeuch gut verhaltet, wird euer Leben gut. Macht euer Leben gut und ent-deckt den Weg, das Gute mit anderen zu teilen. Erfüllt eure Lieder mitLiebe, sprecht liebevoll. Zur Zeit von Krishna sangen die Gopis:

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“Spiele, Krishna! deine Flöte,damit in diesem dürren Land ohne Liebe

die Samen der Liebe aufgehen,damit mit dem Gefühl der Liebe

der Regen der Liebe gleich Nektar herabströmtund die Ströme der Liebe zum Fliessen bringt.

Spiele deine Flöte!”

Euer Gesang ist süss und euer Herz voller Liebe. Gesang ist die Spie-gelung, die aus Liebe hervorgeht. Alles ist Widerspiegelung, Reaktion,Widerhall. Euer Herz ist die Wirklichkeit, euer Leben die Reaktion. Nurauf der Basis der Wirklichkeit des Herzens können Spiegelung und Re-aktion gut sein. Deshalb müsst ihr heute eure Herzen mit Liebe füllen.Was für eine Liebe? In dieser Welt gibt es so viele Formen der Liebe.All das ist nicht wahre, sondern weltliche, körperliche Liebe. Es gibt nureine spirituelle Liebe, die wahre Liebe, die aus dem Herzen kommt. Die-se Liebe solltet ihr entwickeln. All die anderen Formen der Liebe sindnegativ; die aus dem Herzen strömende spirituelle Liebe ist positiv. So-gar eure Gebetsrituale, Rosenkranz beten und Meditation sind negativ.Während die Hand den Rosenkranz bewegt, schweifen die Gedankenauf den Marktplatz. Was bringt das? Es sollte so nicht sein. Der Geistsollte bei der Wiederholung des Namen Gottes stetig sein. Wahres Ge-bet besteht darin, den Geist zu beherrschen. Es ist kein Gebet, wennman den Geist schweifen lässt, wie es ihm gefällt. Ihr müsst euren GeistRichtung Gott lenken. Wenn ihr ein Schloss und einen Schlüssel nehmt,den Schlüssel ins Schloss steckt und nach links dreht, öffnet sich dasSchloss; nach rechts gedreht, schliesst es sich. Der Unterschied liegtnur in der Drehrichtung. Entsprechend ist euer Herz das Schloss undeuer Geist der Schlüssel. Wenn ihr den Geist Gott zuwendet, erlangtihr Befreiung; wenn ihr ihn der Welt zuwendet, Bindung. Ihr schaut heu-te ständig in Richtung Welt, ohne euch in die spirituelle Richtung zu be-wegen. Weltlichkeit, Weltlichkeit, Weltlichkeit: ihr strebt nur nach einemweltlichen Leben.Diese physische Welt existiert, aber alle Erfahrungen in dieser Welt sindvergänglich. Eines allein ist wirklich: das atmische Wesen, das Göttli-che Selbst. Damit müsst ihr eins werden . Das weltliche Leben gleichteiner Hochzeit, nein, nicht einmal einer Hochzeit, sondern einer FataMorgana. Eine Fata Morgana ist zwar sichtbar, aber nicht real, es istkeine Verbindung von Herz zu Herz. Ihr denkt voller Freude an Heirat.Aber wenn die Frau später ja sagt, sagt der Ehemann nein und umge-

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kehrt. Kann man das Hochzeit nennen? Ist es vom gleichen Wesen?Es sollte Einheit herrschen.Es gibt nur eine Wahrheit, sie wird von den Weisen auf verschiedeneWeise beschrieben. Das ist das wahre Wesen Atmans.

Oh Mensch! Vom Moment des Aufstehens an bis du schlafen gehst,nutzt du grenzenlos all deine Bildung um deinen Bauch zu füllen

und vergisst den lotosäugigen Gott.Welch grosses Glück hat dir das gebracht?

Denke gut darüber nach.

Nur um seinen kleinen Bauch zu füllen verschwendet der Mensch seinLeben und ist in Schwierigkeiten verfangen. Er lernt voller Entschie-denheit Tausende von Dingen aus verschiedenen Bereichen, ist aberunfähig, vollkommene Glückseligkeit zu erlangen. Den Gottergebenen,die über den höchsten Gott meditieren, wird er sicherlich den Weg zei-gen. Ihr erleidet so viel nur um euren Bauch zu füllen. Ihr studiert, er-werbt berufliche Qualifikationen, macht Geschäfte auf der Jagd nachviel Geld. Immer mehr Geld, Geld, Geld. Nehmt ihr irgendetwas vondiesem Wohlstand in der Todesstunde mit euch? So lange ihr hier seid,braucht ihr nur das Lebensnotwendige.

Ihr müsst zuerst Moral erwerben. Egal, wo man in der Welt hingeht,überall herrscht der Wunsch nach Geld. Die Menschen und Schüler undStudenten von heute bemühen sich um mehr Geld, mehr Stärke undmehr Freundschaften, aber sie entwickeln keine Tugenden. Was bringtes, stark zu sein, ohne Charakter und Tugend zu besitzen? Was bringtes, viel Geld zu haben, wenn man keine Tugend hat? Was bringen vieleFreundschaften ohne tugendhaft zu sein? Freundschaft, Stärke undGeld sind ohne Tugend nutzlos. Tugend allein dauert an. Diese Tugendmüsst ihr entwickeln. Jemand mit Tugend und Charakter ist ein wahrerMensch. Jemand ohne Tugenden kann man nicht Mensch nennen. Tie-re haben wenigstens ein paar Qualitäten und Begrenzungen, sie habenVernunft und Paarungszeiten; aber der Mensch hat heute keines vonbeiden. Was bringen solche so genannten “menschlichen Qualitäten“?

Die Menschen von Kerala sollten die alte heilige Kultur stärken. DieseSamen sind noch stark und lebendig in ihnen. Ein Land mit heiligemEmpfinden kann man in jedem Ausmass zum Blühen bringen. KaiserBali förderte die Kultur der reinen, heiligen Gedanken und Empfindun-gen. Er wurde Mahabali genannt, weil er gross in allen Tugenden war.

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Das Land Kerala, wo Mahabali geboren wurde, ist kein gewöhnlichesLand. Auf der Landkarte mag Kerala aus weltlicher Sicht klein erschei-nen, aber es ist das Zentrum Gottes. Es ist ein Ort der Glückseligkeit.In diesem Land wurden Kaiser Bali und Vamana geboren, und der Wei-se Vishvamitra führte hier ein grosses Opfer durch. Auch das überausheilige Gayatri-Mantra wurde hier gelehrt.

Bhur bhuvah svahatat savitur varenyam

bhargo devasya dhimahidhiyo yo nah prachodayat

Bhur, bhuvah, svaha umfassen die drei Handlungsebenen des Kör-pers, Geistes und des höheren Unterscheidungsvermögens. Bhur be-zieht sich auf den Körper, auf die Ebene der Materialisation. Der Körperist voller Materialien wie Blei und Calcium. All dies ist die Ebene derMaterialisation.

Du bist nicht eine Person sondern drei:Die, für die du dich hältst - der Körper.

Die, für die andere dich halten - der Mentalkörper.Die, die du wirklich bist - Atman, das Göttliche Selbst.

Wenn ihr diese Wahrheit erkennt, werdet ihr ein wahrer Mensch. Ihrsolltet keine Bindung an diesen Körper entwickeln. So lange der Körperexistiert, muss er geschützt werden. Der Körper ist ein Instrument fürden Weg des Handelns. Für Meditation und Verehrung ist der Geist dieGrundlage. Für die Verschmelzung, die Einheit mit Gott, ist das Herzdie Basis. Diese drei müsst ihr vereinen.Was sollte man Gott opfern? Der Körper ist das Blatt, das Herz die Blu-me, Glückseligkeit das Wasser und Geist und Intellekt die Frucht, dieman Gott darbringen sollte. Das ist gemeint, wenn es heisst, man solleGott Blatt, Blume, Frucht und Wasser darreichen.Statt diesen vergänglichen Körper für das Wichtigste zu halten, müsstihr das Atman-Prinzip in den Vordergrund stellen. Auch der Körper soll-te Gott durch göttliche Handlungen geweiht werden. Handeln, Vereh-rung und Weisheit sind alle drei wichtige Grundlagen für die Mensch-heit.

Verkörperungen der Liebe! Es ist nicht nötig, zu Tempeln zu gehen, umGott anzubeten. Der Körper ist der Tempel, dessen Bewohner der ewi-

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ge Gott ist. Gott ist nicht in einer Hütte, einem Tempel oder Palast, son-dern im Herzen zu finden. Das Herz ist Gottes wahrer Wohnort. DiesenWohnsitz müsst ihr sorgsam hüten. Das Herz allein ist die Wahrheit.Die Liebe im Herzen ist stetig. Das aus dem Herzen kommende gött-lichen Empfinden ist die göttliche Ordnung, die dem Wohlergehen derWelt dient. Für alle drei, Wahrheit, Liebe und göttliche Ordnung, ist dasmenschliche Herz sehr wichtig.

Verkörperungen der Liebe! Es ist wichtig zu wissen, dass man nirgend-wo hingehen muss, um Gott anzubeten. Wo ist Gott? Ihr alle seid Ver-körperungen Gottes. Mit Tausenden von Köpfen, Füssen und Augenist die Göttlichkeit überall gegenwärtig.Ihr alle seid also die Verkörperungen Gottes. Empfindet deshalb: Ichbin kein Mensch, ich bin Gott, ich bin Gott, ich bin Gott. Empfindet so,und werdet Gott. Wer Gott kennt, wird zu Gott selbst.Wenn ihr denkt: ich bin ein Mensch, werdet ihr ein Mensch sein. Aberihr seid nicht nur ein Mensch. Ihr seid der Form nach ein Mensch, aberin Wirklichkeit seid ihr die Verkörperung des Göttlichen. Atman, dasGöttliche Selbst, ist in euch. Ihr müsst euch ständig auf Atman besin-nen. Betrachtet Atman als heilig. Haltet Atman vollkommen rein. Umdieses Atman-Prinzip zu erkennen, müsst ihr euer Herz rein und leerhalten. Wir feiern die verschiedenen Festtage, um das Herz rein und heilig zuhalten. Das wichtigste Ziel dieser Feste ist geistige Reinheit. Wo Rein-heit ist, entsteht Einheit. Wo Einheit ist, ist Göttlichkeit. Reinheit ist sehrwichtig, um Göttlichkeit zu erreichen. Einheit ist für die Menschheit sehrwichtig. Euer Herz ist für alles das angemessene Ziel. Ihr solltet in eu-rem täglichen Leben mit Liebe handeln, im Wesen der Liebe, durch dasEmpfinden der Liebe.

Verkörperungen der Liebe! Heutzutage liegen auf dem spirituellen Wegviele Hindernisse. Am Anfang steht der schwankende Geist. Die Ein-flüsse der Umgebung verstärken die Rastlosigkeit des Geistes. Es gibtnur ein Herz und nur einen Atem, aber eure Empfindungen sind zer-splittert. All diese Hindernisse sind vorübergehend und dauern nicht an. Wenn ihr an eines glaubt, müsst ihr dem euer Leben weihen. Ihr sollteteuer Leben in diesem Glauben beenden. Aber solche Empfindungensind heute nicht zu finden. Was ist der Grund dafür? Wohin man in derWelt schaut, tauchen so viele Matajis, Swamis und Babas auf, und euerGeist wird dadurch sehr ruhelos.

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Ihr solltet nur Einen haben. Wenn ihr unnötigerweise hier und dorthingeht, ruiniert ihr schliesslich euer ursprüngliches Gefühl. Ihr werdet denfesten Glauben in euch ruinieren. Versucht, nicht euren Glauben zu rui-nieren. Wie lange wird ein Baum leben können, der einmal hier und ein-mal dorthin gepflanzt wird? Düngt, bewässert und nährt den Baum andem Ort, wo er geboren wurde.Es ist keine wahre Hingabe, sich an alles zu halten, was erhältlich ist.Eine Wahrheit - das ist wahre Hingabe. Ständig hier und dorthin zuwechseln ist verfälschte, ehebrecherische Hingabe. Diesen Weg solltetihr nicht gehen. Was immer ihr wählt, es ist in Ordnung, glaubt daran.Wen immer ihr seht, vertraut, dass Gott in ihm ist. Wie die Bhagavadgitasagt: Der ewige Atman in allen Lebewesen ist Teil meines Wesens. Injedem spiegelt sich Gott wider. Empfindet, dass alle Gott sind; es liegtnichts Falsches darin. Aber die, die ständig wechseln, sind keine wah-ren, sondern falsche Devotees. Ihr solltet nicht ständig wechseln, son-dern stetig sein. Stetig, rein, eigenschaftslos, makellos, ewig, immerrein, erleuchtet, frei, fleckenlos. So eine wahre Hingabe müsst ihr ent-falten. Egal, wie viele Schwierigkeiten und leidvolle Erfahrungen kom-men, ihr müsst sie ertragen, überwinden und weitergehen. Das ist wah-re, dauernde Hingabe.Viele Gottergebene, spirituelle Aspiranten, grosse Menschen und gros-se Frauen gingen durch viele Schwierigkeiten. Mira, Sakkubai und alleanderen hielten an ihrem Beschluss fest ohne zu straucheln. Egal, wieviel Unsicherheit kam, sie überwanden sie. Auch ihre Ehemänner stell-ten sich ihnen in den Weg. Miras Ehemann, der König, war so wütendauf sie, dass er sie an den Haaren packte und hinauswarf. Er sagte:“Es ist unmöglich, dass du länger in diesem Tempel bleibst. Verschwin-de!“ Nachdem sie so viel Liebe entfaltete und Liebe und Hingabe hatte,erfuhr sie einen Schock, aber er hielt nur eine Sekunde an. Sofort fassteMira wieder Mut und sang:

“Gehe, oh Geist, zu den Ufern des Ganges und Yamuna!Ganges und Yamuna sind die zwei Bewegungen des Atems;

dein Platz liegt zwischen diesen beiden.Der Körper wird durch das reine Wasser

des Ganges und Yamuna gekühlt.Gehe, oh Geist, zu den Wassern des Ganges und Yamuna!

Gehe dorthin!“

Mira ging nach Dvaraka. Sie war jemand, der auf diese Weise reine Hin-gabe erreichte. Deshalb wird Miras Hingabe heute noch gepriesen. Wo-

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hin wir schauen, folgen die Menschen ihrem Beispiel. Eine solche Hin-gabe müsst ihr entwickeln.Auch Adi Shankaracarya lehrte, dass man nur eine Empfindung undnicht viele haben sollte. So viele verschiedene Wege wurden gelehrt:der Weg der Weisheit, der Weg der Hingabe, der Weg des Handelns,er lehrte alle. Er konnte verschiedene Mantren singen, und er lehrte Un-terscheidungskraft. Den Gelehrten, der seine Zeit mit der Wiederho-lung der Regeln von Paninis Grammatik verschwendete, belehrte er:

“Oh du törichter Brahmane!Was ist in den Grammatikregeln zu finden? Nichts.

Oh du Tor, sing den Namen Govinda (ein Gottesname),singe den Namen Govinda!

Wenn die Todesstunde herannahtwerden die Regeln der Grammatik dich nicht retten.

Wiederhole stattdessen den Namen Gottes!”

All die Lehren der grossen Persönlichkeiten sind veränderungslos,wahr und dauern an. Diesen Lehren solltet ihr folgen. Wenn ihr ständigheute hierhin wechselt, morgen dorthin, heute das eine, morgen dasandere, wird das Herz ruiniert. Wechselt nicht in dieser Weise. Eure Ge-fühle sollten unverändert bleiben. Man muss einen Geist entwickeln,der nicht schwankt, und eine Sichtweise, die frei von Täuschung ist.Das ist die wichtigste Eigenschaft eines wahren Devotees.Betet zu irgendeinem Gott, zu irgendeiner Form. Gott hat Tausende vonNamen und Formen. Es gibt nur einen Gott - Er trägt verschiedene Na-men. Wiederholt irgendeinen Namen, aber haltet euch an einen Gott.Ihr wiederholt die tausend Namen Gottes:Ich verbeuge mich vor dem Einen, der schönes Haar besitzt, vor demHerrn der Göttin Lakshmi, vor Narayana, vor dem Hüter der Kühe, demZerstörer des Dämonen Madhu, vor Vishnu in seiner Form als Vamana.Ihr wiederholt diese verschiedenen Namen, aber sie gelten einer Form. Alle sind eins: Madhava, Keshava, Rama, Krishna, Govinda, Naraya-na, Allah, Jesus. Brecht diese Gefühle der Verschiedenheit auf. Es gibtnur einen Gott. Verankert solche Empfindungen in eurem Herzen undheiligt so euer Leben. Lebt immer in Glückseligkeit. Ihr solltet immerglückselig sein.Vereinigt euch mit Gott. Wenn man sich mit der Welt verbindet, kannman keine Glückseligkeit erlangen. Viele kommen zu mir und sagen:“Swami, ich will Frieden, ich will Frieden.“ Ich antworte immer: “Mein

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Lieber, Frieden ist nicht im Aussen zu finden. Im Aussen findet mannur Stückwerk . Dort ist kein Friede.

Du selbst bist die Verkörperung des Friedens,du bist die Verkörperung der Wahrheit,

du bist die Verkörperung der göttlichen Ordnung,du bist die Verkörperung Gottes.

Ihr werdet zum Frieden selbst werden. Wenn ihr selbst Friede seid, war-um sucht ihr ihn im Aussen? Es ist nicht nötig, ihn zu wünschen. Folgteurem eigenen Herzen! Wenn ihr eurem eigenen Herzen folgt, werdetihr das Ziel erreichen. Entwickelt dadurch das Empfinden des einen At-man, und euer Leben wird sehr gesegnet sein.Am heutigen grossen Festtag von Onam ist das Empfinden des einenAtman das Wichtige. Viele Schwierigkeiten begegnen euch. DerMensch hat so viele Sorgen. Geboren zu werden ist eine Sorge, aufder Erde zu leben ist eine Sorge, weltliches Leben und der Tod gebenAnlass zur Sorge. Jugend, Alter, zu leben sind Sorgen. Alle Handlun-gen und Schwierigkeiten und sogar Glück bereiten Sorgen, Sorgen,Sorgen! Wie kann der Mensch mit all diesen Sorgen Frieden erlangen?All diese Sorgen verschwinden, wenn ihr euch auf Gott besinnt.Wenn man einen Brunnen am Meeresufer gräbt, erhält man nur Salz-wasser, aber kein süsses Trinkwasser. Und wenn man einen Brunnenbeim Ganges gräbt, erhält man nur Gangeswasser, aber kein Salz-wasser, nicht wahr? Obwohl der heilige Ganges heutzutage nahe beim Menschen fliesst,graben die Menschen winzige Brunnen bei dieser und jener Person.Es ist reine Verschwendung, solche Brunnen zu graben. Geldver-schwendung und Energieverschwendung. Nehmt das Gangeswasser,das da ist. Es ist unentschuldbar, einen Brunnen zu graben und dasWasser daraus zu trinken. Wenn ihr direkt neben dem Ganges seid,ist es nicht nötig, irgendeinen Brunnen zu graben. Gott ist wie der Gan-ges. Erfahrt all die Glückseligkeit, einem Gott lieb zu sein, der wie derGanges ist.Die Leute von Kerala sind heute wahrhaftig glücklich zu preisen. InKerala können die Menschen nicht diese Glückseligkeit erfahren. Siefeiern im eigenen Haus die Feste und beenden es an dem Tag. Aberdie Glückseligkeit dieser Zusammenkunft hier ist nirgendwo sonst zuerhalten. Die Leute von Kerala sind wahrhaftig gesegnet und sehr ver-dienstvoll. Sie sind die Gefolgsleute des heiligen Kaisers Bali, sie sindgrosse Menschen, die sich mit Vamana verbunden haben. Besinnt

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euch auf diese heilige alte Kultur. Das ist euer Lebensatem. Fördert die-se Kultur in eurem Leben. Die Kultur ist heutzutage völlig verschwunden. Wenn die Kultur ver-schwindet, sagt mir, was dann noch verbleibt! Alles wird dann verge-hen. Fördert, nährt die Kultur. Ihr müsst die Kultur bewahren, welchedie heiligen Bharatiyas förderten. Nährt den Schössling, den sie pflanz-ten, bringt ihn zum Wachsen und entwickelt ihn weiter. Egal, wann oder wo man in Kerala hingeht, überall ist Hingabe zu se-hen. Egal, um was für Menschen es sich handelt, sogar Atheisten, siegrüssen einander achtungsvoll. Aus ihnen steigt Hingabe auf. Die Kul-tur ist in ihnen bewahrt geblieben. Nährt diese Kultur. Das ist meinWunsch. Ich will nichts anderes. Ich will nichts. In mir ist keine Selbst-sucht. Aber ich will, dass ihr glücklich seid. Ich will eure Liebe. Ich willnur diese Liebe. Ich hoffe, dass ihr diese Liebe entfaltet. Ich bin sehrglücklich!

(Vollständige Übersetzung der Ansprache in Prashanti Nilayam)

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9. Oktober

Padhugafest

Versteht das Prinzip der fünf Elemente

Die Furcht vor Sünde hat abgenommen;schlechte Taten sind an der Tagesordnung;

die Hingabe an Gott hat nachgelassen.Überall sehen wir Gewalttaten.

Oh Mensch! Verstehe, dass du nur dann Frieden und Glück finden wirst,wenn du bei den Lotosfüssen des Herrn Zuflucht suchst

und seinen göttlichen Namen singst.(Gedicht in Telugu)

Verkörperungen der Liebe! Alles, was ihr auf dieser Welt seht, die ausbeweglichen und unbeweglichen Objekten besteht, ist die Manifesta-tion der fünf grobstofflichen Elemente. Ohne sie gäbe es die Welt nicht.Sie sind die wahren Formen des Göttlichen. Deshalb beziehen sich dieMenschen voller Ehrfurcht auf die fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer,Luft und Äther, als Bhudevi, Gangadevi, Agnideva, Vayudeva undShabdabrahman. Auf dieser Grundlage wird Gott gepriesen als Klang,Schwingung, Licht, ewiger Glückseligkeit, das Höchste, Schöpferkraft,Reichtum, Majestät, Schönheit, Anmut und Glanz. Sie sind die Attributeder fünf Elemente, welche die Welt erhalten. Die fünf Elemente sind injedem Lebewesen vorhanden. Der Geist des Atman, der die wahreForm Gottes ist, ist für das blosse Auge nicht sichtbar, aber die fünf Ele-mente kann jeder sehen, hören, fühlen und erfahren. Wer das Prinzipdieser fünf Elemente versteht, wird selbst Gott.

Der Gayatri Mantra beginnt mit bhur bhuvah svah. Bhur steht für Ma-terialisation und bezieht sich auf den Körper. Bhuvah steht für Schwin-gung und bezieht sich auf den Atem. Svah steht für Strahlung und be-deutet höchstes Wissen. Heute Morgen bezeichnete der Hauptpriesterwährend des Rituals Dakshinamurti Shiva als die Verkörperung deshöchsten Wissens. Die vier Veden haben der Welt vier bedeutende Lehrsätze gegeben.Diese sind:

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Brahman ist höchstes Bewusstsein;ich bin Brahman;

Das bist du;dieses Selbst ist Brahman.

Diese göttlichen Lehrsätze stellen die Essenz der Veden dar. Was istPrajnana? Ist es Buchwissen? Ist es Wissen, das man im Laufe der Zeitvergisst? Hat es etwas mit der Erfahrung des Körpers zu tun? Nein.Überhaupt nicht. Prajnana ist das unveränderliche und ewige Prinzip,das immer und unter allen Umständen in euch gegenwärtig ist. Es wirdhöchstes Wissen genannt, aber die richtige Übersetzung dieses Be-griffs lautet: beständiges integriertes Bewusstsein. Dieses beständigeintegrierte Bewusstsein ist dem Menschen innewohnend. Ebenso wiedie Luft ist auch das beständige integrierte Bewusstsein alles durch-dringend. Wie kommt es, dass der Mensch nicht imstande ist, diese al-les durchdringende Göttlichkeit zu erkennen, die in allen drei Zeiten –in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft – existiert?Die Veden beschreiben Gott als das, was sich nicht bewegt, sich aberzu bewegen scheint, und als das, das überall existiert, aber nicht wahr-genommen werden kann. Obwohl Gott im Menschen gegenwärtig ist,sucht der Mensch nach ihm in der Annahme, dass er nur an einem be-stimmten Ort gegenwärtig ist. Es ist, als wenn jemand irgendwo andersnach sich selbst suchte. Wie unwissend ist der Mensch, dass er nichterkennt, dass Gott in der Form der fünf Elemente in ihm gegenwärtigist! Es ist töricht, ausserhalb nach Gott zu suchen und die dem Men-schen innewohnende Göttlichkeit zu ignorieren. Gott ist in jedem Le-bewesen gegenwärtig. Ohne Gott kann niemand existieren. Das Le-bensprinzip, das durch jeden Nerv des Körpers fliesst, ist wahrhaftgöttlich. Dieses Lebensprinzip, das euren Körper erhält, ist Prajnana.Das Gleiche wird im anderen bedeutenden vedischen Lehrsatz aus-gedrückt: Dieses Selbst ist Brahman. Dieser Lehrsatz kann interpretiertwerden als: Ich bin Atman und Brahman. Der dritte Lehrsatz lautet: Das bist du (tat tvam asi). Tat steht für dasalles durchdringende Brahman, und tvam für das individuelle GöttlicheSelbst. Das bedeutet, dass derselbe Gott im Menschen und ausserhalbdes Menschen gegenwärtig ist. Der alles durchdringende Gott ist ineuch und um euch herum. Was ihr ausserhalb seht, hört und erfahrt,ist nichts anderes als die Spiegelung, die Reaktion und der Widerhalleures inneren Wesens. Wenn die Wirklichkeit in euch ist, warum wolltihr dann ausserhalb nach ihrer Spiegelung suchen? Es ist die reine Tor-heit.

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Der Name des ersten Jahres des indischen Kalenders ist Prabhava.Das Wort Prabha bedeutet göttlicher Glanz. Somit ist Prabhava die Ma-nifestation der verborgenen Göttlichkeit. Der Mensch ist die Verkörpe-rung der Zeit. Er ist der Herr der Zeit. Um diese Realität zu verstehen,muss der Mensch seinen Geist beherrschen. Deshalb heisst es: “Mei-stere den Geist und sei Meister des Geistes.” Die fünf Elemente, dieihr ausserhalb seht, sind im Menschen vorhanden. Er ist der Herrscherüber die fünf Elemente. Ihr solltet euren Geist beherrschen; werdetnicht zu seinem Sklaven. Kaikeyi war eine Königin, die den schlechtenRat ihrer Dienerin Manthara befolgte. Ihr wisst alle, was mit ihr geschah.Sie verlor ihren Gemahl, wurde von ihrem eigenen Sohn verachtet underwarb einen schlechten Ruf. Heute findet ihr keine Frau, die Kaikeyiheisst. Ähnlich wird es denjenigen ergehen, die den Launen des Gei-stes nachgeben. Der Mensch ist der Herrscher über den Geist. Er solltesich nicht wie ein Sklave benehmen.

Der Mensch ist die Verkörperung der fünf Elemente. Er herrscht übersie, obwohl sie sehr mächtig sind. Aber aus Unwissenheit hält sich derMensch für schwach und hilflos. Er ist sich nicht bewusst, dass Gottjedes Atom des Universums durchdringt. Die Veden verkünden: “Gottist subtiler als das Subtilste und gewaltiger als das Grösste.” Dieser Gottist im Menschen gegenwärtig. Wie kann der Mensch Gott begreifen?Alles, was in der äusseren Welt sichtbar ist, ist auch eine ManifestationGottes, aber der Mensch erkennt dies nicht, weil er nicht die richtigeSichtweise hat. Der ist ein Narr, der sieht und doch nicht sieht. Ebensoist alles, was der Mensch auf der Welt sieht, tut und erfährt, göttlich,aber er ist nicht imstande, diese Göttlichkeit zu begreifen. Bei Gott gibtes keine Verschiedenheiten und Unterschiede. Niemand kann ihm Vor-schriften machen. Er kann alles tun, da er in allem ist und alles ist. Erhat keine Autorität über sich. Wenn der Mensch Gott visualisieren will,wird er ihn nur in der Gestalt eines Menschen sehen, der ihm in jederHinsicht weit überlegen ist. Die Geburt als Mensch ist die seltenste vonallen. Gott nimmt die Gestalt eines Menschen an. Deshalb sollte derMensch zuerst die Natur des Menschen erkennen. In allen heiligen Tex-ten ist Gott in menschlicher Gestalt beschrieben. Dies bedeutet jedochnicht, dass Gott nur auf die menschliche Form beschränkt ist. Alle For-men sind seine. Jedoch kann der Mensch Gott in keiner anderen Formals derjenigen eines Menschen visualisieren. Wenn ein Büffel Gott vi-sualisiert, kann er ihn sich nur als einen anderen Büffel in gigantischerGestalt vorstellen. Ebenso stellt ein Frosch sich Gott als einen anderengigantischen Frosch vor. Bei Gott gibt es keine Unterschiede; er kann

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jede Form annehmen und alles tun. Er hat keine Spur von Selbstsuchtin sich. Was immer er tut, ist für euer Wohlergehen. Niemand kann sa-gen, dass Gott eine bestimmte Form hat. Er ist überall gegenwärtig.Alle Formen sind seine Formen, und jede Form besteht aus den fünfElementen. Glaubt deshalb daran, dass Gott in den fünf Elementen ge-genwärtig ist. Wenn ihr glaubt, werdet ihr die Wahrheit erfahren.

Wo Glaube ist, da ist Liebe;wo Liebe ist, da ist Frieden;

wo Frieden ist, da ist Wahrheit;wo Wahrheit ist, da ist Glückseligkeit;

wo Glückseligkeit ist, da ist Gott.

Ihr liebt eure Mutter, weil ihr glaubt, dass sie eure Mutter ist. Der Ehe-mann liebt seine Frau, weil er glaubt, dass sie seine Frau ist. Aber werwar der Ehemann und wer war die Ehefrau vor der Heirat? Der Glaubeist somit die Grundlage der Liebe. Man kann nur dann Göttlichkeit er-langen, wenn man unerschütterlichen Glauben hat. Ohne Glaubenkönnt ihr Gott nicht erfahren. Zuallererst solltet ihr Vertrauen in euereigenes Selbst haben. Entwickelt Selbst-Vertrauen, was euch zuSelbst-Zufriedenheit führen wird. Wenn ihr Selbst-Zufriedenheit erlangthabt, dann werdet ihr zur Selbst-Aufopferung bereit sein. Nur durchSelbst-Aufopferung kann Selbst-Verwirklichung erlangt werden.Selbst-Verwirklichung bedeutet, dass ihr erkennt, dass ihr alles seid.Selbst-Vertrauen ist das Fundament, Selbst-Zufriedenheit stellt dieMauern dar und Selbst-Aufopferung ist das Dach. Niemand kann in ei-nem Gebäude ohne Dach leben. Das Dach kann nicht ohne Wände unddie Wände können nicht ohne das Fundament errichtet werden. Selbst-Vertrauen, Selbst-Zufriedenheit und Selbst-Aufopferung sind also sehrwichtig für die Selbst-Verwirklichung. Heute hat der Mensch seinSelbst-Vertrauen verloren. Wenn ihr euer Selbstvertrauen verliert, ver-liert ihr alles. Nur durch Selbst-Vertrauen könnt ihr Gott in seinem Glanzschauen.

Verkörperungen der Liebe! Alles ist im Wesentlichen göttlich. Überall,wo ihr die fünf Elemente seht, da ist Gott. Da der Mensch aus den fünfElementen besteht, ist er wahrhaft Gott. Gott hat keine bestimmteForm. Die Menschen geben Gott verschiedene Formen. Hier haben wirein Götterbild von Shiva. Diese Form ist aber nur eure eigene Vorstel-lung. Sie ist nicht die Wirklichkeit. Wie könnt ihr Gott visualisieren, derdie wahre Form des Universums ist? Einer der Namen Gottes ist Vishva

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(Schöpfung). Was bedeutet Vishva? Vishva ist das, was unbegrenzteFormen, Objekte und Glieder hat. Vishva besteht aus den fünf Elemen-ten. Auch der menschliche Körper besteht aus den fünf Elementen.Deshalb wird auch er Vishva genannt. Die Veden verkünden: “Gott hatTausende von Köpfen, Füssen, Händen und Augen.” Dies bedeutetnur, dass alle Köpfe, Hände und Herzen Gott gehören. Da der Menschnicht imstande ist, diese Wahrheit zu verstehen, hält er sich für ein ge-wöhnliches Lebewesen und entwickelt Anhaftung an seinen Körper. Ihrhabt nur die Gestalt eines Menschen, aber ihr seid die VerkörperungGottes. Seid deshalb fest davon überzeugt, dass ihr Gott seid. Glaubtfest an die in den vier bedeutenden vedischen Lehrsätzen enthalteneWahrheit, dass ihr von Gott nicht verschieden seid. Hier ist ein kleinesBeispiel. Wenn ihr sagt: “Dies ist mein Taschentuch“, dann seid ihr ver-schieden von dem Taschentuch. Genau so ist es, wenn ihr sagt: “Diesist mein Körper, mein Geist, mein Unterscheidungsvermögen, mein in-neres Bewusstsein usw.“, dann seid ihr von all diesen verschieden. Weraber seid ihr dann? Stellt euch diese Frage. Diese Dinge sind blosseWerkzeuge, und ihr seid der Meister. Wenn ihr diese Wahrheit erkennt,werdet ihr all dies transzendieren. Dieser Teller, dieser Becher und die-ser Löffel sind aus Silber. Ihre Bezeichnungen und Formen sind ver-schieden, aber allen ist gemeinsam, dass sie aus Silber bestehen. Be-zeichnungen und Formen können verändert werden, aber das Silberbleibt unverändert. Genau so wird aus einem kleinen Kind ein jungerMensch, dann ein Erwachsener und später ein alter Mensch. Die Formverändert sich, aber der Geist bleibt unverändert. Setzt nicht euer Ver-trauen auf euren Körper, der sich ständig verändert. Der Körper ist wieeine Blase auf dem Wasser; der Geist ist wie ein verrückter Affe. Folgtnicht eurem Körper und folgt nicht eurem Geist. Folgt eurem Gewissen.Euer Gewissen ist der Atman. Habt vollkommenes Vertrauen in den At-man. Ihr werdet Probleme bekommen, wenn ihr euch auf euren Körper,euren Geist und eure Sinne verlasst. Jedoch müsst ihr, solange ihr aufdieser Welt lebt, eure Aufgaben mit Hilfe eures Körpers und eures Gei-stes erfüllen. Ausserdem müsst ihr während eurer weltlichen Existenzdie fünf Elemente benutzen, mit denen ihr schliesslich verschmelzenwerdet. Ihr seid die Verkörperung von Weisheit und höherem Wissen. Es han-delt sich nicht um weltliches Wissen. Dieses wahre Wissen ist in euch.Es ist nicht etwas, das ihr nach eurer Geburt erworben habt. Ihr besitztes von Geburt an. Dieses Wissen ist immer da und zeigt euch den rich-tigen Weg. Aber ihr habt diese Wahrheit vergessen und leidet infolge-dessen an Täuschung. Alles auf dieser Welt ist Täuschung, Illusion,

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Schein. Alles sind vorüberziehende Wolken, nichts ist dauerhaft. Nurder Atman allein ist wirklich und ewig. Ihn zu erfahren, sollte das Zieleures Lebens sein. Erfüllt eure Aufgaben auf dieser Welt, indem ihr dasZiel, das immerwährende, ewige Prinzip des Atman zu erfahren, imAuge behaltet. Heute habt ihr die Weihung der Sandalen (Padhuga)ausgeführt. Was ist die Bedeutung der Sandalen? Der wichtigste Teildes Körpers ist der Kopf. Deshalb wird er gekrönt. Dieser kostbare Kopfkann nirgendwo hingehen ohne die Hilfe der Füsse. Die Füsse tragendas Gewicht des Kopfes. Der Mond wurde aus dem Geist und die Son-ne wurde aus den Augen des höchsten Wesens geboren. Die Augensind ein sehr wichtiger Teil des Körpers. Ohne die Augen könnt ihr dieheiligen Schriften nicht lesen. Ohne die Augen könnt ihr die Schöpfungnicht sehen. Aber alle diese Glieder sind nur Werkzeuge. Ihre Grund-lage ist das Prinzip des Atman. Der Mensch ignoriert dies und hält dieWerkzeuge für wichtig. Infolgedessen lebt er in Elend. Schuld daranist die Täuschung. Solange er in Täuschung und Irrtum gefangen ist,kann er Brahma, den Schöpfergott innerhalb der göttlichen Trinität,nicht erreichen. Das Wort Brahma bedeutet Unermesslichkeit. Ähnlichist die Bedeutung des Wortes Vishnu, den Erhalter der Schöpfung. So-mit symbolisiert Gott Unermesslichkeit und Weitherzigkeit. Ein engstir-niger Mensch jedoch betrachtet Gott auch als engstirnig. Ihr werdet zudem wie ihr fühlt. Gott ist von weitherzigen Gefühlen erfüllt. Es ist nie-mandem möglich, den Willen Gottes zu begreifen. Da die Menschenden Willen Gottes nicht verstehen können, sind sie nicht im Einklangmit der Wirklichkeit und geraten in Unglück und Schwierigkeiten. Siebegeistern sich für weltliche Objekte und ignorieren das Göttliche. DasGöttliche ist das Wichtigste; alles andere gehört zur physischen Welt.Setzt euer Vertrauen nicht in die physische Welt. Ihr müsst jedoch eureRolle in diesem Drama des Lebens gut spielen. Ihr müsst eure weltli-chen Aufgaben erfüllen. Insofern könnt ihr an die Welt denken. Wennihr fest an Gott glaubt, werdet ihr ihn überall sehen; kein anderer Ge-danke wird euch in den Sinn kommen. Wenn ihr das Prinzip der fünfElemente versteht, dann werdet ihr Gott verstehen.

Verkörperungen der Liebe! Die fünf Elemente sind das wahre Lebens-prinzip des Menschen. Es kann kein Leben geben, wenn auch nur einesder fünf Elemente fehlt. Luft ist in euch, um euch und unter euch, aberihr könnt sie weder sehen noch greifen. Ihr könnt ihre Existenz nichtleugnen, denn ihr könnt ohne sie nicht leben. Sie ist in der Form desAtems in euch. Solange Atem in euch ist, seid ihr glücklich, andernfallswerdet ihr zu einem Leichnam. Somit ist der Atem die wahre Form von

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Gott. So sehen wir also, dass Gott in der Form von Atem im Menschenwohnt und ihn am Leben erhält. Gebt zuerst die Idee auf, dass Gott einebestimmte Form hat. Alle Formen, die ihm gegeben werden, sind vomMenschen selbst erfunden. Gott Vishnu wird mit vier Händen darge-stellt, die ein Muschelhorn, ein Diskus, eine Keule und eine Lotosblumehalten. Wenn Gott wirklich mit vier Händen geboren würde, würden dieMenschen ihn bestimmt in ein Museum stellen. Was ist die tiefere Be-deutung, dass Gott diese vier Insignien trägt? Das Muschelhorn stelltden Klang dar und der Diskus das Rad der Zeit. Die Keule symbolisiertMacht und die Lotosblume das Herz. Gott wird nur deshalb mit diesenInsignien in seinen Händen dargestellt, damit ihr versteht, dass er derHerr des Klangs, der Zeit, der Macht und des Herzens ist. Von allenFormen Gottes ist die menschliche Form besonders bedeutend. Gottinkarniert in menschlicher Gestalt. Ihr solltet fest daran glauben, dassihr die Verkörperung Gottes seid. Gebraucht eure Sinne richtig. Nurdann könnt ihr wahre Menschen werden. Wer ist ein Mensch? Ein wah-rer Mensch ist einer, dessen Gedanken, Worte und Handlungen eineEinheit bilden. Das richtige Studium der Menschheit ist der Mensch.Das bedeutet, dass eure Gedanken, Worte und Handlungen miteinan-der in Einklang stehen sollten. Das, was ihr sagt, muss dem entspre-chen was ihr denkt, und das, was ihr tut, muss dem entsprechen wasihr sagt. Die Einheit dieser drei bedeutet wahres Menschsein. Wir op-fern das dreiblättrige Bilvablatt, welches das Symbol ist für den Körpermit drei Eigenschaften, dem dreiäugigen Shiva, der den Dreizack trägtund die Macht hat, alle in drei Geburten angesammelten Sünden zuzerstören. Bringt Gott eure Gedanken, Worte und Taten dar. ObwohlGott in euch, mit euch und um euch herum ist, verschwendet ihr eineMenge Zeit, um ausserhalb nach ihm zu suchen. Verschwendet keineZeit, denn Zeit ist Gott. Das ist der Grund, warum Gott gepriesen wirdals derjenige, der die Verkörperung der Zeit ist, vor dem man sich ver-neigt, und als derjenige, der jenseits der Zeit ist. Warum solltet ihr euchSorgen machen, wenn ihr immer in der Gesellschaft Gottes seid? Umzu verstehen, dass Gott nicht von euch getrennt ist, solltet ihr heiligeTaten vollbringen. Helft anderen. Wohltätigkeit ist der wahre Schmuckder Hand, Wahrheit ist der wahre Schmuck des Halses, heiligen Textenzu lauschen ist der wahre Schmuck der Ohren. Diese sind derSchmuck, mit dem ihr euch nach dem Willen Gottes schmücken solltet.Aber der Mensch sehnt sich nach weltlichen Schmuckstücken undschadet sich durch diesen Fehler selbst. Trennt euch von künstlichemSchmuck und schmückt euch mit natürlichem Schmuck.

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Verkörperungen der Liebe! Liebe ist das gemeinsame Prinzip in allenvon euch. Sie ist heilig und unveränderlich. Obwohl ihr mit heiliger Liebeausgestattet seid, schlagt ihr den falschen Weg ein. Ihr richtet dieseheilige Liebe auf selbstsüchtige weltliche Ziele und setzt euch deshalbTadel und Kritik aus. Widmet euch heiligen Tätigkeiten und verdienteuch einen guten Ruf. Euer Körper wird von Gott erhalten. Benutzt ihndeshalb für edle Ziele.

Seht nichts Schlechtes, seht Gutes;hört nichts Schlechtes, hört Gutes;

redet nichts Schlechtes, redet Gutes;denkt nichts Schlechtes, denkt Gutes;

tut nichts Schlechtes, tut Gutes;das ist der Weg zu Gott.

Heiligt alle Glieder eures Körpers, indem ihr euch selbstlosen Tätig-keiten widmet. Aber das ist nicht so leicht zu praktizieren. Es gibt immerein gewisses Eigeninteresse bei allem, was der Mensch tut. Eigenin-teresse ist sogar notwendig, aber es sollte sich in gewissen Grenzenhalten. Gott ist der Ozean der Glückseligkeit. Die Menge Wasser, dieihr aus dem Ozean schöpfen könnt, hängt von der Grösse eures Be-hälters ab. Wenn ihr mehr Glückseligkeit aus dem Ozean der Glück-seligkeit, nämlich Gott, schöpfen wollt, müsst ihr einen grösseren Be-hälter nehmen, was bedeutet, dass ihr eure Liebe ausdehnen müsst.Die Ausdehnung von Liebe ist Leben; die Einengung von Liebe ist Tod.Entwickelt Liebe in euch und teilt sie mit anderen. Das ist wahrer Op-fergeist.

Unsterblichkeit kann nur durch Opfergeist erlangt werden und nichtdurch Wohlstand, Nachkommenschaft oder Handlung. Alles gehörtGott. Es gibt nichts, das ihr als euer Eigentum beanspruchen könnt.

Oh Gott, ich opfere dir das Herz, das du mir gegeben hast.Was kann ich sonst zu deinen Lotosfüssen niederlegen?

Bitte nimm meinen Gruss an dich an.(Gedicht in Telugu)

Dies ist das wahre Opfer, das ihr Gott darbringen solltet. Aber der mo-derne Mensch ist unwissend, obwohl er hochgebildet und intelligent ist.

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Trotz seiner Bildung und Intelligenz wird eintörichter Mensch nicht sein wahres Selbst erkennen und

ein schlecht gesinnter Mensch wird seineschlechten Eigenschaften nicht ablegen.

Moderne Erziehung führt nur zu Argumentationenund nicht zu vollkommener Weisheit.

Was hat es für einen Sinn, weltliche Bildung zu erwerben,wenn diese nicht zur Unsterblichkeit führen kann?

Erwerbt das Wissen, das euch unsterblich machen wird.(Gedicht in Telugu)

Heute erwirbt der Mensch nur Bildung, um seinen Lebensunterhalt zuverdienen. Je mehr er studiert, desto mehr beginnt er an Gott zu zwei-feln. Solch ein Mensch kann nicht Mensch genannt werden. EinMensch sollte ein reines Herz ohne eine Spur von Zweifel haben. Nurdann kann er Gott verstehen. Wisst ihr, weshalb Gott euch die Augengegeben hat? Ist es deshalb, damit ihr alles seht, was euch in den Wegkommt? Nein, nein. Die Augen sind euch gegeben, damit ihr Gott seht.Aber es gibt einige Menschen, die, selbst wenn sie vor Swami sitzen,ihre Augen schliessen und zu meditieren beginnen. Solch eine Medi-tation ist falsche Frömmigkeit. Menschen, die ihre Augen vor Gottschliessen, waren vielleicht in früheren Zeiten blind oder werden in ih-ren zukünftigen Leben blind sein. Es ist ungesundes und unheiligesPraktizieren, die Augen vor Gott zu schliessen. Öffnet eure Augen undschaut ihn an. Öffnet nicht nur eure physischen Augen, sondern aucheuer Auge der Weisheit. Warum hat Gott euch die Zunge gegeben?Ist es, damit ihr köstliche Nahrung zu euch nehmen sollt? Nein, nichtnur zu diesem Zweck. Die Zunge ist euch gegeben, um den NamenGottes zu singen und um freundliche und sanfte Worte zu sprechen.Sprecht nicht, wie es euch gefällt, denn ihr könntet die Gefühle andererverletzen. Manche Leute mögen euch nicht beachten, wenn ihr sanftund freundlich sprecht; überlasst sie ihrem Schicksal. Sie mögen zu-hören oder nicht, ihr solltet immer in einem angenehmen Ton sprechen.Wenn dies nicht möglich ist, dann schweigt. Wenn ihr schweigt, kannes keinen Konflikt geben.

Nur diejenigen, die Gott nicht erkennen, handeln töricht. Tatsächlichist der Mensch selbst göttlich. Er kann nur dann ein vollkommenerMensch werden, nachdem er seine Göttlichkeit erkannt hat. Dann wirdalles, was er tut, vollkommen sein. Es gab einen Mann namens An-thony, der Geigen baute. Da er ein Perfektionist war, brauchte er ge-

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wöhnlich ein ganzes Jahr, um eine Geige zu bauen. Einmal tadeltenihn seine Freunde, indem sie sagten: “Anthony, wie kannst du deineFamilie versorgen, wenn du ein ganzes Jahr brauchst, um eine Geigezu bauen? Wir sind der Meinung, dass du deine Zeit verschwendest.“Anthony antwortete: “Brüder, was ich tue, ist eine Arbeit Gottes, der dieVerkörperung der Perfektion ist. Also passe ich auf, dass die Geige,die ich baue, auch perfekt ist.“ Deshalb wurden Anthonys Geigen sehrberühmt. Was immer ihr tut, tut es, um Gott zufrieden zu stellen. Nurdann werdet ihr in eurer Arbeit Erfüllung finden. Alle eure Handlungensollten für alle nützlich sein. Nur dann werdet ihr mir lieb sein und ichwerde euer Freund werden. Selbst wenn ihr jemandem nur eine geringeMenge Nahrung anbietet, tut es in angemessener Weise. Gesternmachten sich unsere Jungen grosse Mühe und gingen zu weit entfern-ten Dörfern, um dort Dienst für die Dorfbewohner zu tun. Sie verteiltenEssensportionen bis 10 Uhr abends. Zweifellos leisteten sie gute Ar-beit, aber sie machten keinen Gebrauch von ihrem Unterscheidungs-vermögen. Das Essen war früh am Morgen zubereitet worden. Wiekann es bis 10 Uhr abends in gutem Zustand bleiben? Würde es nichtbis dahin verdorben sein? Ist es richtig, dieses Essen den Dorfbewoh-nern zu servieren? Wenn das Essen verdorben ist, solltet ihr zurück-gehen und am nächsten Tag frisches Essen bringen. Als dies den Jun-gen gesagt wurde, erkannten sie ihren Fehler. Sie waren tatsächlichso mit der Essensverteilung beschäftigt gewesen, dass sie daran nichtgedacht hatten. Nach ihrem Mittagessen hätten die Jungen etwas ru-hen sollen. Es heisst: “Nach dem Mittagessen soll man etwas schlafen.“Aber sie taten dies nicht, da sie direkt nach dem Essen wieder zu ihremDienst am Nächsten zu den verschiedenen Dörfern aufbrachen. Infol-gedessen bekamen einige Jungen Magenschmerzen und Fieber. Beiallem, was man tut, sollte man von seinem UnterscheidungsvermögenGebrauch machen. Gott macht immer alles perfekt. Wann immer icheinen Ring für einen Devotee materialisiere, passt er genau auf dessenFinger. Selbst ein Goldschmied, der Mass nimmt und den Ring anfer-tigt, kann einen Fehler machen. Er ist ein Goldschmied, aber Gott istein Lebensschmied. Er macht immer alles perfekt. Jeder Dienst, denihr verrichtet, sollte perfekt verrichtet werden. Beide, sowohl derjenige,der den Dienst verrichtet, als auch derjenige, für den der Dienst ver-richtet wird, sollten zufrieden sein. Das ist wahres Dienen. Die Glück-seligkeit, die dieses Dienen bringt, kann nirgendwo sonst erlangt wer-den.

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Studenten! Jungen und Mädchen! Ihr seid die zukünftigen Bürger unddie zukünftigen Eltern dieses Landes. Entwickelt heilige Eigenschaftenund widmet euch heiligen Tätigkeiten. Nur dann wird euer Leben heiligwerden. In den Upanishaden steht, dass das menschliche Leben äus-serst kostbar ist. Der Wert des Menschen ist unschätzbar und unver-gleichlich. Wer gibt Gold und Diamanten ihren Wert? Durch den Men-schen haben Gold und Diamanten ihren Wert erhalten. Menschen sindwertvoller als aller Reichtum der Welt. Verliert deshalb nicht euren Wert,indem ihr euch selbstsüchtigem Tun hingebt. Aber heutzutage wird derMensch immer selbstsüchtiger. Ein Fisch ist besser als ein selbstsüch-tiger Mensch. Ein Fisch reinigt das Wasser von Schmutz, während einselbstsüchtiger Mensch die Gesellschaft, in der er lebt, verunreinigt.Alle eure Handlungen sollten selbstlos und heilig sein. Nur dann könntihr Mensch genannt werden. Der Mensch hat den heiligen Namen Ma-nishi (weise, gelehrt; intelligent). Wenn man die Silben des Wortes um-dreht, wird daraus shinima (cinema= Kino). Heutzutage ist der Menschzu einem Cinema-Manishi geworden, d.h. zu einem, der ein künstlichesLeben führt. Ihr solltet wahre Menschen sein. Der Mensch hat noch ei-nen anderen Namen: Manava. Ma bedeutet Unwissenheit, Ignoranz,na bedeutet ohne, und va bedeutet sich benehmen, sich betragen. Alsobedeutet Manava ‘einer, der sich ohne Unwissenheit verhält’. SolcheMenschen solltet ihr sein. Da liegt die Erfüllung eurer Erziehung.

Studenten! Lasst euer Verhalten und euer Benehmen ein Ideal für denRest der Welt sein. Heute befindet sich die Welt in totalem Chaos undtotaler Verwirrung. Überall findet ihr Elend, Traurigkeit, Sünde undZorn. In solch einer Situation ist es eure Pflicht und Schuldigkeit, denBeunruhigten Frieden zu geben. Wo ist Frieden? Er ist in euch. Ihr seiddie Verkörperung von Frieden. In der äusseren Welt gibt es keinen Frie-den. Schuld daran ist die Selbstsucht des Menschen. Früher waren Schulbildung und Gesundheitsfürsorge kostenlos. Heutejedoch sind beide geschäftsorientiert. Selbst wenn man sein Kind in denKindergarten schicken will, wird erwartet, dass man zwanzig- bis fünf-undzwanzigtausend Rupien bezahlt. Leute geben 10’000’000 für einKrankenhaus und erwarten einen grossen Gewinn. Wie können die Ar-men sich solch eine kostspielige Behandlung leisten? Heute finden wirsogar auf spirituellem Gebiet Leute, die damit Geschäfte machen. Spi-ritualität soll die Liebe fördern, nicht die Geschäfte. Alles wird zerstörtwerden, wenn Geschäftemacherei Einzug in die Spiritualität hält.Selbst der Name Gottes wird beschmutzt. Niemand gibt Geld für mich,und ich nehme auch nichts von anderen an. Die Leute von Madurai ha-

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ben für diese Veranstaltung Geld ausgegeben wie Reisekosten, Ko-sten für Nahrungsmittel usw. Sie können so viel Geld sammeln wie fürdie Veranstaltung notwendig ist, aber sie sollten keinen Mitgliedsbei-trag erheben. Der Mitgliedsbeitrag auf spirituellem Gebiet ist Liebe. Esgibt keinen grösseren Mitgliedsbeitrag als Liebe. Teilt also eure Liebemit anderen. Macht keine Geschäfte. Wenn ihr das tut, bringt ihr Gottin einen schlechten Ruf. Ich möchte nicht, dass unsere Organisationvon irgendjemandem Gebühren einkassiert. Ihr wisst alle, dass ichnicht einen einzigen Paisa von unseren Schülern und Studenten neh-me. Auch in unseren Krankenhäusern erhalten die Patienten teure Me-dikamente und Operationen absolut kostenlos. Wenn eure Absicht gutist, kommt das Geld von selbst zu euch. Wenn ihr jedoch irgendeinselbstsüchtiges Motiv habt, werdet ihr bestimmt Geld verlieren. Ver-langt nicht nach Geld. Geld kommt und geht, aber die Moral kommt undwächst. Pflegt deshalb moralisches Verhalten.In spirituellen Organisationen sollten keinerlei Gebühren erhoben wer-den. Wer kann den Wert des Atman schätzen? Er ist unendlich und un-schätzbar. Nur wenn ihr dieses Prinzip versteht und entsprechend han-delt, wird die gesamte Welt den spirituellen Weg einschlagen. Nur dannwird Frieden auf der Welt herrschen. Heute finden wir auf der ganzenWelt Ruhelosigkeit und Aufruhr. Alle Zeitungen berichten ausgiebigdarüber. Bemüht euch, dieses Land Indien in ein Land des Friedenszu verwandeln. Wenn ihr friedlich seid, wird die ganze Welt friedlichsein. Lebt euer Leben in Frieden und helft anderen, Frieden zu erlan-gen. Folgt dem Ideal Anthonys und lasst all euer Tun perfekt sein. Man-che Menschen machen ihr Leben elend durch ihre schlechten Eigen-schaften und gottlosen Taten. Ausserdem behaupten sie, dass sieimmer Recht haben. Es ist die reine Dummheit. Solch ein Verhalten wirdihnen niemals helfen. Tut Gutes und macht jeden glücklich. Das ist wah-res menschliches Leben.

Verkörperungen der Liebe! Lasst alle eure Tätigkeiten, ob Studium oderArbeit, von Liebe erfüllt sein. Lebt euer Leben mit Liebe und haltet dasAnsehen und die Ehre eures Landes aufrecht.

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20. Oktober

Dasarafest

Zehntägiges Fest zu Ehren der Göttlichen Mutter

Die Leute hören nicht auf das Gute,selbst wenn darüber ganz aufrichtig berichtet wird.

Auf böses Gerede und Geschwätzhören sie jedoch voll Eifer und Interesse.

Wie können solche Menschen Gott verwirklichen?Das ist die Wahrheit, die übermittelt wird.

(Gedicht in Telugu)

Verkörperungen der Liebe! Es ist das Gebot der Stunde, dass jungeMänner und Frauen sittliche Werte entwickeln und ausbilden. SittlicheWerte zu schützen und zu bewahren ist ihre vordringlichste Aufgabe.Doch die heutige Jugend hat keine Ahnung davon, was moralisch-sitt-liches Verhalten ist und was Werte bedeuten. Deshalb erfahren sie jetztviel Leid. In Telugu bedeutet moralisches Verhalten ‘niti‘. ‘Niti‘ ist keingewöhnliches Wort. Es ist äusserst wertvoll und heilig. Wie kann manMenschlichkeit besitzen, ohne moralisch-sittliches Verhalten zu ent-wickeln? Menschlichkeit besteht darin, ein Leben voll moralischer In-tegrität zu führen. Die Jugendlichen von heute haben keine Ahnung,was Leben überhaupt ist. Sie haben auch kein Bewusstsein bezüglichdes Lebensweges oder des Ziels des Lebens. Die wahre Bedeutungvon moralisch-sittlichem Verhalten liegt darin, die latente Göttlichkeitim Menschen zu erkennen. Der Mensch sollte seine innewohnendeGöttlichkeit manifestieren. Jesus erklärte den Menschen im RömischenReich, was moralisches Verhalten bedeutet und wie wichtig es ist. Siefolgten den Lehren Jesu, um das Königreich Gottes zu erlangen. DieRömer benutzten das Wort ‘Persona‘ für Jesus, als er seine Göttlichkeitmanifestierte und jeden in seinen Bann zog. Das englische Wort ‘Per-son‘ hat seinen Ursprung in dem lateinischen Wort ‘persona‘. Das WortPersona symbolisiert die im Menschen latente Göttlichkeit. In ähnlicherWeise ist in Telugu Vyakti das entsprechende Wort für Persona. EinVyakti ist jemand, der die Fähigkeit besitzt, die unmanifestierte Gött-lichkeit zu manifestieren. Die Worte Persona und Vyakti weisen auf dieWahrheit hin, dass das Göttliche in jedem verborgen liegt. Der Mensch

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sollte jede mögliche Anstrengung unternehmen, um seine latente Gött-lichkeit zu manifestieren. Erst dann kann er als wahrer Mensch be-zeichnet werden. Obwohl das Göttliche in ihm verborgen liegt, betrach-tet sich der Mensch als schwach und hilflos, da er unfähig ist, seineinnere Göttlichkeit zu erkennen und zu manifestieren. Überwinde dieTäuschung um Nirvana zu erreichen. Viele würdige Könige haben In-dien in der Vergangenheit regiert. Jahrtausende vor Christus inkarnier-te Lord Rama auf Erden und wurde für alle zum Vorbild des idealenHerrschers. Akbar, ein Grossmogul von Indien, und Shivaji, ein grosserKämpfer, waren ebenfalls hochgeschätzt, da sie dem spirituellen Wegfolgten und ihre angeborene Göttlichkeit erkannten. Genau so solltesich jeder Mensch bemühen, seine angeborene Göttlichkeit zu mani-festieren. Doch der moderne Mensch sollte das Ego und weltliche Bin-dungen aufgeben, über das Göttliche meditieren und heilige Gefühleentwickeln. Er sollte auf Gott ausgerichtete Werte ausbilden und demspirituellen Weg folgen. Was ist Spiritualität? Spiritualität bedeutet, ani-malische Neigungen aufzugeben und die angeborene Göttlichkeit zumanifestieren. Doch die moderne Erziehung hat den Menschen seinerMenschlichkeit beraubt. Folglich vergisst er seine ihm angeboreneGöttlichkeit und entwickelt tierische Eigenschaften. Die Menschen ha-ben die wahre Bedeutung von Menschlichkeit vergessen. Deshalb ha-ben wir uns in den letzten fünfzehn Jahren der Verbreitung menschli-cher Werte auf breiter Ebene gewidmet. Was sind menschliche Werte?Die Menschen sagen, dass Wahrheit, Rechtschaffenheit, Frieden, Lie-be und Gewaltlosigkeit menschliche Werte seien. Doch wahre Mensch-lichkeit liegt darin, die animalischen Neigungen vollständig zu besie-gen, das Göttliche zu kontemplieren und stets menschliche Qualitätenzu manifestieren. Die Upanishaden haben den Menschen als heiligesWesen beschrieben. Wer einen guten Geist hat, ist ein wahrer Mensch.Wahre Menschlichkeit besteht darin, ein ideales Leben zu führen, dasPrinzip des Atman zu manifestieren und unendliche Glückseligkeit zugeniessen. Dies sind die Eigenschaften, die einen guten Menschenausmachen. Doch heutzutage sind gute Menschen nur noch selten zufinden. Was ist die innere Bedeutung des Wortes ‘Mensch‘ (in Englisch‚man‘)? M steht für die Überwindung von Täuschung (maya), A für dieVision des Atman und N für die Erreichung der Befreiung (nirvana). Alsoist nur der ein Mensch im wahren Sinn, der Maya überwindet, die Visiondes Atman in sich trägt und das Nirvana erreicht. Der heutige Menschist in der Maya gefangen. Er hat den Atman vergessen. Wie kann erdann das Nirvana erreichen? Zuallererst sollte man Maya überwinden.Maya heisst, das Nicht-Existente als wirklich zu betrachten. Maya bringt

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den Menschen dazu, seine Wirklichkeit zu vergessen, stösst ihn insLeid und entfernt ihn vom Ziel des Lebens. Aus diesem Grund wird derMensch von Ängsten, Sorgen und Nöten heimgesucht.

Unsere Vorfahren beschrieben die Verehrung von Kali (Göttin der Zeit),Durga (Name für Parvati, der Gefährtin Shivas) und Sarasvati (Göttinder Weisheit.

Navaratra ist ein Fest, das die ersten neun Nächte des in der Regenzeitliegenden Monats Ashvina umfasst. Kali ist das Symbol für die Zerstö-rung des Bösen mit Hilfe dieser Kräfte. Durga verkörpert die Macht undrepräsentiert die vereinten Kräfte von Körper, Geist und Seele. Kali undDurga sind nicht irgendwo ausserhalb. Sie wohnen in jedem Menschen.Wenn der Geist und die Sinne, statt den Befehlen des Gewissens zufolgen, weltlichen Gelüsten hinterher rennen, wird der Mensch zu ei-nem Sklaven schlechter Gewohnheiten und wird böse. Der Haupt-zweck der Navaratra-Feiern besteht darin, Grausamkeit und Bosheitin den Menschen auszumerzen, um das Prinzip des Atman in seinerreinen Form hervorzubringen. Wenn der Mensch schlechte Dinge liest,hört und tut, wie kann er dann erwarten, das Gute zu fördern? Wenner denkt, dass er ein gutes Leben führt, so ist das nichts anderes alsTäuschung. Brahma, der Schöpfergott, entzieht sich dem, der unterdem Einfluss von Täuschung steht. Das Göttliche ist in allem und allengegenwärtig. Es muss manifestiert werden. So wie der Mensch ver-schiedene Metalle wie Kupfer, Silber etc. aus Minen gewinnt, so sollteer heilige Eigenschaften aus der Mine der Göttlichkeit, nämlich demHerzen, gewinnen. Das menschliche Herz ist tatsächlich eine grosseMine, aus der alle guten Eigenschaften gewonnen werden können.Doch der heutige Mensch ist unfähig, seine Tugend und seine Gött-lichkeit zu manifestieren, denn er hat jeden Glauben an die Lehren edlerMenschen verloren. Göttlichkeit ist in der Form des kosmischen Be-wusstseins alldurchdringend. Es gibt keinen Ort, an dem dieses Be-wusstsein nicht anwesend ist. Doch der Mensch leugnet die Existenzdes Bewusstseins, da das blosse Auge es nicht sehen kann. Man solltedie feste Überzeugung haben, dass Gott allem innewohnt. Der heutigeMensch hat seine wahre Natur vergessen. Sein Geist wird von allembeeinflusst, was in der Welt geschieht. Auch die Auswirkungen der Ta-ten aus früheren Leben sind seinem Geist eingeprägt. Daher ist seinGeist zu einem Gemisch aus Konflikten, Unruhe und Wünschen ge-worden. Wünsche bewirken, dass der Mensch seine wahre Natur ver-gisst. Jemand, der seine wahre Natur vergisst, ist überhaupt kein

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Mensch. Den Geist zu reinigen ist deshalb die wichtigste spirituelle Pra-xis, die ihr ausüben müsst. Ihr werdet erst dann das Recht haben, euchals menschliche Wesen zu bezeichnen, wenn ihr einen reinen Geisthabt. Wenn Swami voll unendlicher Liebe, Güte und Mitgefühl guteWorte sagt, sind die Menschen nicht bereit, darauf zu hören. Sie sindaber ganz Ohr, wenn es um böses Gerede geht. Das hat ihren Verstandverdorben. Wenn ein Unheil naht, gerät der Geist durcheinander. Mansollte nur auf heilige Worte hören, die für alle Menschen von Nutzensind. Die Worte, die ihr aussprecht, sollten für anderen kein Leid ver-ursachen. Sie sollten von Liebe durchdrungen sein. Sie sollten andereauf den rechten Weg führen.

Heute ist der erste Tag der siebentägigen Opferzeremonie zur Reini-gung der Atmosphäre. Mit Purusha (Mensch) ist nicht jemand gemeint,der Hemd und Hosen trägt. Gott allein ist Purusha. Jemand mit abso-luter Macht ist Purusha. Ihr müsst genau verstehen, was Göttlichkeitist. Alles Weltliche ist seiner Natur nach negativ. Gott allein ist positiv.Er ist in euch. Er ist keinerlei Veränderungen unterworfen.

Verkörperungen der Liebe! Die modernen Studenten machen nicht diegeringste Anstrengung, moralisch-sittliche Werte zu entwickeln. Mora-lisches Verhalten ist etwas sehr Wertvolles. Jemand ohne Moral istüberhaupt kein Mensch. Wahre Erziehung ist die, welche den Schülernmoralische Werte einprägt. Alle eure weltlichen Errungenschaften sindzwecklos, wenn ihr keine moralischen Werte besitzt. Ihr mögt Reich-tümer anhäufen, Villen bauen und einflussreiche Ämter bekleiden,doch ohne moralisches Verhalten ist das alles wenig wert. Moral ist la-tent im menschlichen Herzen vorhanden. Um sie zu manifestieren,muss der Mensch jede nur mögliche Anstrengung unternehmen. Da ervollkommen von der Welt besessen ist, manifestiert er weltliche Nei-gungen. Gott kann nicht durch Geld, Amt und Macht erreicht werden.Man kann ihn nur durch moralisches Verhalten und Integrität erreichen.Also sollten Männer und Frauen moralisches Verhalten und Integritätentwickeln. Sie sollten Liebe zu Gott, Furcht vor der Sünde und richti-ges, moralisches Verhalten in der Gesellschaft haben. Unglücklicher-weise kultiviert der Mensch die Liebe zur Sünde und Abscheu vor Gott.Abscheu vor Gott ist die schlimmste aller Sünden. Versteht das grund-legende Prinzip: Der eine Atman existiert in allen Wesen. Die Liebe istdas allen gemeinsame Prinzip. Jemand ohne Liebe ist wie ein Leich-nam. Kultiviert also Liebe. Nur durch Liebe könnt ihr eure wahre Naturverwirklichen. Man bemüht sich sehr, auf verschiedene Weise Geld zu

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verdienen und sollte daher auch keine Anstrengung scheuen, Liebe zuentwickeln, indem man den spirituellen Weg einschlägt. Ähnlich wie Ka-näle, die gebaut werden, um Wasser für Bewässerungszwecke zu ka-nalisieren, sollte der Mensch seine Kanäle der Sinneskontrolle haben,um sein Leben im Zaum zu halten und seine Liebe der Gesellschaftzuzuwenden. Sein Denken sollte auf das Wohlergehen der Gesell-schaft gerichtet sein, während er all seinen Aufgaben nachgeht, dennsein Wohlergehen ist mit dem der Gesellschaft verbunden. Wie könntihr erwarten glücklich zu sein, wenn die Gesellschaft unglücklich ist?

Studenten! Da heute der erste Tag des Yajna-Rituals ist, habe ich euchein paar einfache Richtlinien für eure zukünftige Handlungsweise ge-geben. Zuerst müsst ihr moralisches Verhalten entwickeln und eurenGeist reinigen. Der Geist ist von Natur aus heilig, er wird jedoch unreindurch den Kontakt mit schlechten Eigenschaften. Durch Reue und Bus-se wird der Geist geheiligt. Bereut von ganzem Herzen die Fehler, dieihr wissentlich oder unwissentlich begangen habt. Auf diese Weisekönnt ihr eure Sünden sühnen und euren Geist reinigen.

Verkörperungen der Liebe! Eurer Leben ist wahrhaft heilig. Ihr seid vomGlück begünstigt, da ihr den spirituellen Weg gewählt habt. Vergeudetdiese Chance nicht durch schlechten Umgang. Es heisst: Sage mir, inwelcher Gesellschaft du verkehrst, und ich sage dir, wer du bist. Wieeuer Umgang ist, so werdet auch ihr werden. Das Verhalten der Men-schen ist die Basis für das Gute und das Schlechte auf der Welt. DieGedanken der Menschen sind die Basis für ihr Verhalten. Gedankenbasieren auf Wünschen. Wünsche hängen ab von der Gesellschaft, mitder ihr Umgang habt. Pflegt also gute Gesellschaft. Gute Gesellschaftfördert edle Gedanken. Edle Gedanken sind der königliche Weg zuGott.

Verkörperungen der Liebe! Ihr müsst die Bedeutung von moralisch-sitt-lichem Verhalten richtig verstehen. Das menschliche Leben ist ohneein solches Verhalten total vergeudet. Ihr solltet daher im Leben immermoralisch-sittliches Verhalten üben. Jede grosse Aufgabe kann erfülltwerden, wenn ihr an einem solchen Verhalten festhaltet. Morgen werdeich zu diesem Thema des moralischen, richtigen Verhaltens und derIntegrität Näheres sagen. Moralisches, richtiges Verhalten ist die Basisdes Menschengeschlechtes. Die ganze Menschheit hat nur einen Va-ter, und das ist Gott. Jesus nannte Gott Vater. Als er gekreuzigt wurde,betete er: “Oh Vater, welche Sünde habe ich begangen? Warum lässt

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du mich leiden? Bitte hilf mir!“ Dann sprach zu ihm eine Stimme ausdem Äther: “Mein lieber Sohn, warum ängstigst du dich? Alle sind deineBrüder. Du glaubst, dass deine eigenen Brüder dein Leid verursachthaben. Tatsächlich ist es kein Leiden. Was immer geschieht, ist gut fürdich. Nimm es also frohen Herzens an.“ Jesus erreichte einen Zustandder Stille und schloss ruhig seine Augen. Er erklärte: “Der Tod ist dasGewand des Lebens.“ So wie ihr eure Kleider wechselt, so nimmt dieSeele nach dem Tod einen neuen Körper an. Für die Menschen gibtes überhaupt keinen Tod. Der Körper mag sich verändern, aber der At-man ist unsterblich. Ihr seid ewig; ihr ändert euch nie. Der Körper ändertsich, der Geist ändert sich. Aber ihr seid weder der Körper noch derGeist noch der Verstand. Ihr seid der Atman, das Göttliche Selbst. DerAtman ist formlos. Er wird Bewusstsein genannt. Die fünf Elemente sinddie Formen des Atman. Distanziert euch von Falschheit und Lüge underreicht Unsterblichkeit.

Heutzutage ruiniert der Mensch sein Leben durch Täuschung und Irr-tum und er erzeugt grenzenlose Wünsche. Ein Sprichwort sagt: We-niger Gepäck, mehr Bequemlichkeit, das macht die Reise zu einerFreude. Eure Lebensreise wird glatt und friedlich verlaufen, wenn ihrerst einmal das Gepäck eurer Wünsche reduziert habt. Was habt ihrzum Zeitpunkt der Geburt mitgebracht? Und was werdet ihr zum Zeit-punkt eures Todes mitnehmen? Ihr seid mit leeren Händen auf dieseWelt gekommen und werdet sie auch wieder mit leeren Händen ver-lassen. Ihr müsst verstehen, dass alles wie eine vorüberziehende Wol-ke ist. Euer Körper ist Veränderungen unterworfen; auch der Geist ver-ändert sich ständig. Ihr jedoch seid weder das eine noch das andere.Ihr seid das unveränderliche ewige Prinzip des Atman. Bei der Geburtseid ihr ein Baby; nach zehn Jahren nennt man euch einen Jugendli-chen. Wenn ihr dreissig seid, werdet ihr als Erwachsener bezeichnet,und mit fünfundsiebzig werdet ihr alt sein. Diese Änderungen beziehensich auf den Körper. Das innere Prinzip des Atman bleibt jedoch zu je-dem Zeitpunkt dasselbe. Daher ist der Atman euer wahres GöttlichesSelbst. Entwickelt Vertrauen in das Göttliche Selbst. Alles kann mitSelbst-Vertrauen erreicht werden. Daher sollte man lernen, an sichselbst zu glauben. Jemand, der nicht an sich glaubt, kann auch nichtan Gott glauben. Die Menschen lesen heute vielerlei Bücher, doch mitwelchem Nutzen?

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Was nützt eine weltliche Ausbildung,wenn sie euch nicht zur Unsterblichkeit führt?

Erlangt das Wissen, das euch unsterblich machen wird.(Gedicht in Telugu)

Helft anderen so viel wie möglich. Anderen zu helfen ist verdienstvoll,andere zu verletzen ist Sünde. Hände wurden euch gegeben, um an-deren zu helfen; Ohren sind dazu da, Geschichten über den Herrn zuhören. Wahrheit ist die wahre Halskette, mit der man sich schmückensollte. Die schlechten Auswirkungen des Eisernen Zeitalters, in dem wirheute leben, können niemandem schaden, dessen Herz voll Mitgefühlist, der die Wahrheit spricht und dessen Körper immer mit dem Dienstfür andere beschäftigt ist. Heutzutage verstricken sich die Menschenständig in weltlichen Beschäftigungen. Sie verlieren sich in vorüberge-henden Freuden und Genüssen. Eines Tages werden euch alle welt-lichen Reichtümer und Annehmlichkeiten zwangsläufig verlassen. Gottallein ist immer bei euch. Sogar wenn ihr ihn vergesst, wird er euch nieverlassen. Denkt daher immer an Gott. Alle eure Sorgen verschwindenin der Kontemplation Gottes.

Geboren zu werden ist eine Sorge,auf Erden zu sein ist eine Sorge;

die Welt ist ein Grund zur Sorge sowie auch der Tod;die ganze Kindheit ist Sorge

sowie auch das Alter; das Leben ist eine Sorge;Versagen ist eine Sorge;

alle Handlungen und Schwierigkeiten verursachen Sorge;sogar das Glück ist eine Sorge, welche sich verkleidet hat.

Oh Menschen! Singt wenigstens ab jetzt den göttlichen Namenohne Unterlass und von ganzem Herzen.

Das allein wird euren Sorgen ein Ende bereiten.“(Gedicht in Telugu)

Verkörperungen der Liebe! Manche sind besorgt wegen Prüfungen undandere sind besorgt wegen ihrer kranken Eltern, doch wird ihnen ihrBesorgtsein irgendwie helfen? Kann irgendjemand den Schwierigkei-ten nur dadurch entrinnen, dass er sich darüber Sorgen macht? Nein.Was auch immer geschehen soll, wird geschehen. Gebt daher eurenSorgen niemals Raum. Seid immer glücklich. Wie könnt ihr glücklichsein? Glücklichsein bedeutet Vereinigung mit Gott. Nur in der Gesell-schaft Gottes werdet ihr glückselig sein. Glückseligkeit zu erlangen ist

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unmöglich, wenn ihr denkt, dass Gott von euch getrennt ist. Gott ist nichtvon euch getrennt. Ihr seid Gott. Doch in dem Glauben, er sei getrenntvon euch, macht ihr spirituelle Übungen, um Gott zu erreichen. Erinnerteuch ständig daran, dass ihr selbst Gott seid. Seid immer glückselig.Denkt an Gott, so oft ihr Zeit habt. Entwickelt edle Gedanken. Schlagtden heiligen Weg ein. Gebt niedrigen und schlechten Emotionen nie-mals Raum.

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21. Oktober

Dasarafest

In dieser Welt ist die Wahrheit Gott.Wahrheit ist die Göttin Sarasvathi, die im Lotos wohnt.

Wahrheit ist selbstloser Dienst für andere.Es gibt kein grösseres Ziel als Wahrheit.

Verkörperungen der Liebe! Menschen die Reichtum und Überfluss wol-len, wenden sich an Gott. Doch für ihn liegt nur in der Wahrheit wirklicherWohlstand. Es gibt nichts Höheres auf dieser Welt als Wahrheit. Sogarder Gott des Todes fürchtet sich, jemandem nahe zu kommen, der mo-ralisch und ehrlich ist. Es gibt keine gewaltigere Kraft als Wahrheit.Denn sie ist allmächtig. Diese ausserordentliche mächtige Kraft ist injedem Menschen verborgen. Wahrheit ist in allen Wesen enthalten.Wahrheit ist Gott. Wo ist diese Wahrheit? Sie ist hier, dort und überall.Wo ihr euch auch hinwendet, oder hinschaut, überall ist Wahrheit. Esgibt keinen Ort, keinen Platz in dieser Welt ohne Wahrheit. Wahrheitist die Basis für allen Wohlstand. Heutzutage begegnet der Mensch verschiedenen Arten von Schwie-rigkeiten, Elend und Leid, nur weil er die Wahrheit vergessen hat. Wasist der Grund für die Unruhe die man heute überall findet? Die Antwortlautet: Die Gleichgültigkeit der Gesellschaft der Wahrheit gegenüber. Wahrheit und Moral sind wie Zwillingsbrüder. Gestern sprach ich überMoral. Nur Moral kann Menschen Ansehen bringen. Tatsächlich sindMoral und Wahrheit der Lebensatem der menschlichen Gesellschaft.Des Menschen erste Pflicht ist es, zu erkennen, dass Wahrheit die FormGottes ist. Nur wer die Einheit zwischen Gott und Wahrheit erfährt, istes wert, Mensch genannt zu werden. Eine wahrhaft menschliche Ge-sellschaft ist diejenige, die an der Moral festhält. Höre diese Wahrheit,o tapferer Sohn Bharats. Kaiser Manu lehrte die Welt auf verschiedene Weise, dass es keinenedleren Weg gibt, als den der Wahrheit. Die Schöpfung entstand aus der Wahrheit und löst sich schliesslich wie-der in der Wahrheit auf. Es gibt keinen Ort, an dem die Wahrheit nichtexistiert. O Mensch, bezeuge diese Herrlichkeit der Wahrheit! Der Mensch verhält sich gegenüber Gott, der die Wahrheit selbst ist,nicht nur gleichgültig, sondern er hat ihn sogar vollkommen vergessen.

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Wer die Wahrheit vergessen hat, wird niemals Unsterblichkeit erlan-gen. Er kann niemals Göttlichkeit erreichen. Darum ist es wichtig, dieWahrheit nicht zu vergessen. Gott verkörpert sich in menschlicher Gestalt, um die Menschen dasPrinzip der Wahrheit zu lehren. In alten Zeiten regierten die Könige ihrReich, indem sie sich immer strikt an der Wahrheit festhielten. Der Be-kannteste König war Harishcandra, für den die Wahrheit das Lebenschlechthin bedeutete. Er blieb fest der Wahrheit verpflichtet, und gabdafür sogar Frau und Sohn auf. Er war sogar bereit, sein Königreichzu opfern, damit er sich Gott hingeben konnte. Harishcandra erklärte:“Für mich ist die Wahrheit mein Reich. Ich kann mich nicht König nen-nen, wenn ich nicht der Wahrhaftigkeit folge. Darum bin ich bereit, allesauf dem Altar der Wahrheit zu opfern. Es wird gesagt, dass es keine grössere göttliche Pflicht gibt, als dieWahrheit. Sie ist der Lebensatem eines Menschen. Der Mensch wirdheilig, wenn er Moral und Integrität in sich vereint. Diese beiden Tu-genden kann man nicht erlangen, indem man ein rein weltliches Lebenführt. Heutzutage hat der Mensch die Wahrheit aufgegeben, und ist völlig da-mit beschäftigt, sich materielle Dinge zu beschaffen. In den Epen wer-den viele mächtige Könige, wie Hiranyakashipu, Ravana, Duryodhanausw. erwähnt, welche ruiniert wurden, weil sie die Wahrheit aufgaben.Diese Könige waren keine gewöhnlichen Menschen, sie waren sehr in-telligent, und hochgebildet, doch weil sie sowohl Moral als auch Inte-grität aufgaben, mussten sie schliesslich alles verlieren. Es ist daher sinnlos, sich nur für äussere und weltliche Ziele abzukämp-fen. Ihr mögt heute etwas erwerben, was ihr Morgen wieder verlierenkönnt. Die Wahrheit indessen vergeht nicht. Wenn sie einmal zu einerCharaktereigenschaft des Menschen geworden ist, wird sie für immerbei ihm blieben. Nur die Wahrheit kann den Menschen beschützen,denn sie ist unerschütterlich und unveränderlich. Wahrheit führt zuReichtum und Erfolg. Man braucht also nicht nach kurzlebigen und vor-übergehenden Freuden zu suchen. Was heutzutage beschützt werden muss, ist Moral und Integrität. DieseTugenden müssen in der Gesellschaft verbreitet werden. Vorüberge-henden Freuden zuliebe, gebt ihr die Wahrheit auf und vergesst Recht-schaffenheit. Wo Wahrheit ist, dort findet man auch Rechtschaffenheit.Rechtschaffenheit ist der Gefährte von Wahrheit. Es geht nichts überdie Wahrheit. Wer als Mensch geboren wurde, muss den Weg der Wahrheit einschla-gen. Heute hat der Mensch die Wahrheit völlig vergessen. Er weiss

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kaum noch was Rechtschaffenheit ist, und hat sich von Moral und In-tegrität verabschiedet. Er ist nur auf der Suche nach flüchtigen und vor-übergehenden Freuden. Ohne Wahrhaftigkeit kann man niemals mo-ralisch sein. Wenn man moralisch sein will, ist Integrität unbedingterforderlich.

Verkörperungen der Liebe! Die moderne Jugend muss Moral und In-tegrität als ihr Hauptziel betrachten. Sie darf keine Mühe scheuen, die-se Werte aufrechtzuerhalten. Sie muss ihr Leben in dieser hingebungs-vollen Weise leben. König Harishcandra ging mit seiner Frau Candramati am Ufer des Gan-ges entlang. Er fragte sie: “Wie können wir diesen Fluss überqueren,der Hochwasser führt? Sie antwortete: “Wir haben uns der Wahrheitverschrieben. Wir kämpfen immer darum, die Wahrheit zu ehren. Wersie aufgegeben hat, wird ganz sicher ertrinken. Wer sich jedoch wirklichan die Wahrheit hält, der wird zweifellos das andere Ufer erreichen.Warum sollten wir uns fürchten, wenn wir immer der Wahrheit gefolgtsind? Es gibt gar keinen Grund zur Furcht, denn die Wahrheit wird unsbeschützen und hinüberbringen. Hab keine Angst.” Weil dieses Paar beständig an der Wahrheit festhielt, wurde König Ha-rishcandra als Sathya Harishcandra bekannt. Ihr dürft niemals ein einmal gegebenes Wort zurücknehmen. Das be-deutet Wahrheit im weltlichen Sinn. Einmal kam ein Brahmane zu Kai-ser Bali und bat um Almosen. Der Kaiser war bereit ihm alles zu geben,worum er bitten würde. Doch Shukra, der Lehrer Balis, gab ihm zu be-denken: “Derjenige, der dich da um Almosen bittet, ist kein gewöhnli-cher Brahmane. Er ist die Wahrheit und Göttlichkeit in Person.Versprich ihm deshalb nichts, und gib ihm nicht, worum er bittet.” KaiserBali lächelte und sagte: “Ist es denn recht, dass einmal gegebene Wortzurückzunehmen? Sollte ein König so handeln? Nein, nein! Als Menschmuss man die Wahrheit schützen. Ich werde sie niemals aufgeben. Lie-ber verstosse ich gegen die Worte meines Gurus, als ein einmal ge-gebenes Wort zuzückzunehmen. Von einem König erwartet man keinderartiges Verhalten. Bei den Pandavas war der älteste Bruder Dharmaraja die personifi-zierte Wahrhaftigkeit. Einmal wurde Draupadi, die Frau der Brüder, amHof Duryodhanas, auf vielfache Weise öffentlich gedemütigt. Bei dieserGelegenheit sagte Dharmaraja: “Wir haben beim Würfelspiel verlorenund sind nun Untergebene der Kauravas. Es ist nicht recht, wenn wirals Mitglieder des Königshauses unter diesen Umständen, Ärger Hassoder Selbstmitleid zeigen. Darum, meine Brüder, bleibt ruhig.

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Draupadi antwortete Dharmaraja darauf: ”Deine Verpflichtung zurWahrhaftigkeit hat mir geholfen, ruhig zu bleiben. Ich weiss nicht, welchschlimmes Schicksal mich getroffen hätte, wenn ich nicht ruhig geblie-ben wäre. Du hast dich an die Wahrheit gehalten, das hat die Situationgerettet. Die Kauravas sind gemeine und schlechte Menschen. Wir ha-ben einen Fehler gemacht, dass wir uns auf das Würfelspiel mit ihneneinliessen. Weil wir etwas getan haben, was wir als Mitglieder des Kö-nigshauses nicht tun sollten, haben wir nun die Konsequenzen zu tra-gen. In dieser Weise pflegten die Frauen in jenen Tagen ihre Ehemännerzu unterstützen und zu beraten. Dank solch edler Frauen leuchtete die-ses Land Bharat immer als die Verkörperung der Wahrheit. Als Ashvatthaman, der die Kinder der Pandavas getötet hatte, gefan-gen genommen wurde, sagte Draupadi, die der Kinder beraubte Mutter,in tiefer Qual zu ihm: “Diese Kinder waren zu Hause, sie haben dasSchlachtfeld nicht einmal betreten, sie jagten und töteten nicht, sie wa-ren nur kleine Knirpse, die dich nicht verletzt haben, und sie schliefenfest ohne irgendwelche schlechten Gefühle. Warum hast du sie sograusam geschlagen? Bhimas Augen sprühten vor Wut, als er das hörte. Er brüllte: “Was füreinen Sinn sollte es haben, einen solchen Übeltäter um etwas zu bittenund sich mit ihm auseinanderzusetzen. Kann man jemals einem Men-schen verzeihen, der arme, unschuldige Kinder im Schlaf abgeschlach-tet hat? So jemandem sollte man nicht vergeben. Man sollte ihn ver-nichten. Draupadi antwortete: ”O mein Gemahl, du brauchst Ashvattha-ma nicht zu töten, um dich zu rächen. Sie wandte sich Arjuna zu undsagte: “Dein Name bedeutet, dass du rein, unbefleckt und selbstlos bist.Es wäre eine grosse Sünde, wenn du Ashvatthaman, den Sohn deinesLehrers und Gurus tötetest. Ich habe meine Kinder bereits verloren, undleide Qualen. Willst du, dass Ashvatthamas Mutter ebenso leidet? Ichdulde es nicht, dass dieser Frau auch noch Leid zugefügt wird. O Ar-juna, es ist falsch jemanden zu töten, der sich fürchtet, oder den Mutverloren hat, jemanden der schläft oder betrunken ist, oder Zufluchtsucht, und es ist falsch, eine Frau zu töten. Von solcher Art waren die Frauen, die in diesen Tagen in diesem Landlebten. Draupadis Kinder waren getötet worden. Ashvatthaman, derMörder, wurde zu ihr gebracht. Statt zu toben und zu schimpfen, fielsie ihm zu Füssen und wollte nur wissen, was den Übeltäter zu diesergemeinen Tat veranlasst hatte. Draupadi sagte zu Ashvatthaman: “Dein Vater, Dronacarya, hat dichzum Bogenschützen ausgebildet. Er bildete auch andere aus, meine

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Ehemänner eingeschlossen. Wie konntest du die Kinder deiner Mit-schüler so erbarmungslos umbringen? Meine Ehemänner waren dieSchüler deines Vaters, und meine Söhne waren deine Schüler. Ist esfür einen Lehrer nicht eine grosse Sünde, wenn er seine eigenen Stu-denten tötet? Auf diese Weise wurde in jenen Tagen am Prinzip der Wahrheit fest-gehalten. Weil die Alten damals die Wahrheit so gut schützten, siehtman noch einige Spuren von Wahrheit in der heutigen Zeit. Wenn dieWahrheit heute noch lebt, ist es zu einem nicht geringen Ausmass denreinen Herzen der Frauen in jenen Tagen zu verdanken. Sogar heutefindet man noch einige wenige Frauen wie diese. Man muss sein Herzreinigen, eine Vision davon haben, wie die Wahrheit sich manifestiert,und ihrem Schutz dann sein ganzes Leben widmen, so wie diese Frau-en es taten. Musste der grosse Meister der Wahrheit, Harishcandra am Ende nichtdiese Erde verlassen? Nahm der grosse Rama auch nur etwas von sei-nem riesigen Kaiserreich mit, als er schliesslich ging? Konnte Mandha-ta, die Zierde des Kupfernen Zeitalters, irgendetwas mitnehmen? UndRama, der die Brücke über den Ozean baute, wo ist er nun? Früher oder später wird jeder gehen müssen. Doch wenn es schlies-slich so weit ist, kann man dann auch nur das kleinste bisschen mit-nehmen? So viele Könige haben auf dieser Erde regiert, doch nicht ei-ner konnte auch nur eine Hand voll Staub mitnehmen, als seine Zeitgekommen war. Viele Leute haben während ihres Lebens grossenReichtum angehäuft, doch konnte auch nur einer eine einzige Münzemitnehmen? Nur die Wahrheit die allem zugrunde liegt, begleitet einen auf der letztenReise. Sie leuchtet immer und kann nicht so leicht vergessen oder igno-riert werden. Doch heute versuchen die Leute sich vor der Wahrheitzu verstecken. Manche haben sogar beschlossen, sie zu vergessen.Die Wahrheit wird für Nebensächlichkeiten geopfert. Der Mensch solltesich nicht so verhalten. Er müsste sich zum Ziel setzen, wahrhaftig Mensch zu werden. Dasheisst, er muss die Tugenden erlangen, die charakteristisch für dasGöttliche sind. Er muss mit dem heiligen Prinzip des Göttlichen vertrautwerden, und dafür sorgen, dass das Herz seinem Namen Ehre macht.Das Herz sollte der Sitz des Mitgefühls sein. Stattdessen ist der Menschhalbherzig geworden und entartet. Er sollte sein Leben nicht in dieser Weise verbringen. Das eigentlicheLebensziel des Menschen ist es, Wahrheit zu schützen. Um sie zu he-gen und zu pflegen müsst ihr die Wahrheit zuerst einmal durch eure

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Lebenserfahrung entdecken, ihr dann treu bleiben und sie schliesslichin der Welt verbreiten und dadurch selbst zur Verkörperung der Wahr-heit werden. In alten Zeiten blieben die Frauen immer bei der Wahrheit. Sie nahmenihre Ehemänner mit auf diesem Weg und pflegten dadurch die Wahr-heit. Genauso müssen die modernen Männer und Frauen Indiens festentschlossen sein, gemeinsam die Wahrheit hochzuhalten, Moral undIntegrität zu etablieren, und der alten Kultur dieses Landes wieder zuihrer früheren Herrlichkeit zu verhelfen. Es ist wichtig, Wahrhaftigkeit auch wirklich zu praktizieren und nicht nurzu predigen. Was ist mit dem Weg der Wahrheit genau gemeint? Esheisst nicht nur, das zu tun, was man sagt, und seine Versprechen ein-zuhalten. Es bedeutet vielmehr, dass man sich von den Freuden undSituationen des Lebens nicht ablenken lassen sollte, und darüber dieKernprinzipien in der menschlichen Existenz zu ergessen. Die Bhagavadgita beginnt mit einer Frage des Königs Dhritarashtrasan seinen Gefährten Sanjaya: “O Sanjaya, sag mir, was tun meine Söh-ne und ihre Gegner, die Pandavas gerade, die auf dem Schlachtfelddes heiligen Kurukshetra versammelt sind?” Die Frage ist dumm. Wastun Leute auf den Schlachtfeld wohl? Spiele spielen oder an einemFestessen teilnehmen? Dhritarashtra ist ein Synonym für eine dummePerson geworden. Dhritarashtras Fehler und Dummheit bestandendarin, dass er glaubte, das Königreich eines anderen gehöre ihm. Da-nach belehrte ihn Sanjaya Dhritarashtra über die Grundlagen der Gött-lichen Ordnung. Das allererste Wort in der Bhagavadgita ist Dharma. Das letzte Wortin der Bhagavadgita ist Mama, mein. Beide Worte zusammen ergebenMamadhrama (mein Dharma). Daraus folgt, dass es die erste Pflichtdes Menschen ist, Dharma oder Rechtschaffenheit zu schützen und zukultivieren. Nur, wenn ihr die Rechtschaffenheit beschützt, wird euerGeist stark und beständig werden, heisst es im letzten Vers der Bha-gavadgita. In der gleichen Weise enthielten die alten Epen viele wichtige, wertvolleund heilige Lehren. Heutzutage macht sich niemand die Mühe, dieEpen zu studieren. Die Leute erlangen alle möglichen akademischenGrade und Qualifikationen, die als grossartig angesehen werden. Dochwas bringen sie einem? Nichts! Deshalb sage ich den Erziehern undden zuständigen Verwaltungsbeamten oft, dass sie Klassen zur mo-ralischen Unterweisung einrichten sollen, in denen die Bedeutung vonMoral und Integrität betont wird, und die Studenten über die Essenz un-serer alten Kultur unterrichtet werden.

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Das Erste, was der Lehrer die Schüler in alten Zeiten lehrte, war derfünfsilbige Name: “Om namah Shivaya”, und der achtsilbige Name:“Om namo narayanaya”. Sie gelten der Verehrung Gottes. Weil der Un-terricht auf diese heilige Weise begann, waren die Menschen in jenenTagen leuchtende Vorbilder. Heutzutage beginnt der Unterricht mit Versen wie: “Bim bam, die Glok-ke, die Katze ist im Brunnen.” Sollte man so den Lernprozess begin-nen? Dann gibt es noch den Reim: “Bä, Bä, schwarzes Schaf.” Mit solchsinnlosen Versen werden die Schüler zu schwarzen Schafen gemacht.Sollte man so etwas lernen? Sollte man so mit der Erziehung beginnen?Nein, nein, nein! Als Erstes muss den Schülern Moral und Aufrichtigkeitbeigebracht werden. Die Erziehung sollte mit dem Namen Gottes be-ginnen. Swami erwartet von euch Studenten unbedingt, dass ihr die alte undreiche Kultur dieses Landes wieder zu neuem Leben erweckt. Für allseine Bemühungen erbittet Swami von niemandem etwas, weder ma-teriell noch finanziell. Doch er bittet euch, die Inhalte der alten spiritu-ellen Kultur zu vermitteln und er will, dass ihr das tut. Swami hat dieseAufgabe für euch vorgesehen. Swami will euch als Fackelträger. Ihrseid am besten für diese Mission geeignet. Nur ihr habt die Kraft, daszu vollbringen. Verdient es, die alte Kultur wiederzubeleben. Dahermüsst ihr diese Kultur und Tradition in euch aufnehmen, ihre Grösseerfahren und ihre Herrlichkeit verkünden. Kultur ist nicht etwas, das man lernt oder sich aneignet, sie muss spon-tan aus dem Herzen entspringen und fliessen. Das ist die wahre Be-deutung von Kultur. Kultur ist das, was einem dazu befähigt, sich vonden schlechten Angewohnheiten und Charakterzügen zu befreien,gute Eigenschaften anzunehmen, und einen edlen Charakter zu ent-wickeln. Das ist mit Kultur gemeint. Die Leute glauben, der alten indischen Kultur zu folgen, bedeute le-diglich, die Epen Ramayana Mahabharata zu lesen und zu predigen.Das allein ist nicht Kultur. Ihr müsst vielmehr die Lehren und die tiefereBedeutung in euch aufnehmen, die sie vermitteln. Praktisch gesehenheisst das, ihr solltet euer tägliches Leben veredeln und von denschlechten Lehren, die ihr erhalten habt, von den schlechten Ange-wohnheiten, die ihr angenommen habt, und von der schlechten Ge-sellschaft, in die ihr hineingeraten seid, befreien, indem ihr sie durchgute Lehren, gute Gedanken, gutes Verhalten und guten Charakter er-setzt. Kurz gesagt, Kultur bedeutet Verfeinerung. Hier ist ein Beispiel, um zu illustrieren, was Verfeinerung bedeutet. Dieindischen Bauern bauen nicht nur Getreide an, sie verehren die Erde,

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die ihnen die Nahrung gibt. Sie betrachten das Getreide, das auf ihrenFeldern wächst, als Geschenk Gottes. Mit diesem Gefühl arbeiten sie.Wenn sie mit einem solchen Gefühl die Nahrung essen, entwickeln sieautomatisch einen guten Charakter, das versteht man unter Verede-lung der Landwirtschaft. Auch der Reis demonstriert, dass nur danneine Verfeinerung stattfindet, wenn das Unerwünschte zuvor entferntwurde. Wenn die Bauern den Reis geerntet haben, wird er zuerst ge-droschen, und dann in einer Mühle poliert um die Schale zu entfernen.Erst nachdem die Schale entfernt wurde, kann der Reis zubereitet wer-den. Niemand kocht den Reis, so, wie er geerntet wurde. Hier besteht die Verfeinerung aus dem Entfernen der Schale. Der Reisist erst essbar, nachdem die Schale entfernt wurde. Niemand isst rohenReis oder Heu. Nur eine Kuh tut das. Der Reis muss zuerst vom Heuund dann von der Schale befreit werden. Dann muss das gereinigteKorn gut gekocht werden. Erst dann kann es gegessen werden. Ihr seht, dass wir selbst bei den Dingen, die das Essen betreffen, einenVerfeinerungsprozess durchführen müssen. Ein anderes Beispiel: Ihrkauft zwei Meter Hemdenstoff. Ihr bedeckt nicht gleich den Körper mitdem Stoff, so wie ihr ihn gekauft habt. Ihr gebt den Stoff einem Schnei-der, der ihn zuschneidet, näht und so ein schönes Hemd daraus macht,das ihr dann voller Freude und Stolz tragt. Auch hier findet ein Verede-lungsprozess statt, ohne den der Stoff euch keine Freude bereiten wür-de. Kultur ist das, was verfeinert. Die Alten dieses Landes kannten die Prak-tiken, welche äussere Verfeinerung mit feinen inneren Vorgängen kom-binierten. Heute vergesst ihr das alles und erklärt, dass Kultur überholtund antiquiert und deshalb unwichtig sei. Nur Dummköpfe, die nicht be-greifen, was Kultur bedeutet, stellen solche Behauptungen auf. Unsere alte Kultur offenbart, wie wichtig Wahrheit im täglichen Lebenist. Sie befähigt die Menschen, sich von tierischen Neigungen zu be-freien, Mensch zu werden, und sich zur Göttlichkeit hin zu entwickeln.Der Mensch wurde in menschlicher Gestalt geboren, doch es ist sinn-los, als Mensch zu sterben. Wer als Mensch geboren wurde, muss sichzur Ebene Gottes erheben. Als Mensch geboren zu werden, und alsMensch zu sterben, ist keine besondere Errungenschaft. Die Leute lernen so viel, aber versucht auch nur einer, sich in dieserWeise zu entwickeln? Was nützt es da, wenn man so viel studiert? Zuviel Gelehrsamkeit führt nur zum argumentieren, und nicht zu guten Ge-fühlen im Herzen. Ihr lernt so viel, erwerbt so viele akademische Gradeund Auszeichnungen. Doch das Erworbene muss auf den richtigen

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Weg führen und dazu benutzt werden, Gutes zu tun. Nur dann erfüllendie akademischen Errungenschaften ihren eigentlichen Zweck. Ihr müsst dafür sorgen, dass euer erworbenes Wissen dem Wohl derGesellschaft dient. Ihr müsst auch sicherstellen, dass das Wissen, wel-ches ihr weitergebt, für den richtigen Zweck eingesetzt wird. Ihr müsstden Ungebildeten helfen, und sie dazu befähigen, aus der Verfeinerungund Kultur Nutzen zu ziehen. Ihr müsst es euch zum Ziel machen, dasWissen in der Gesellschaft zu verbessern. Der Mensch mag viel weltliches Wissen erlangt haben, aber er kenntsich selbst nicht. Er mag ein Gelehrter geworden sein, doch er bleibtniedrig. Dank seiner Gelehrsamkeit hat er es gelernt, zu argumentieren.Doch wahres Wissen, beherrscht er nicht. O du Narr! Nach all diesemnutzlosen Lernen, wirst du früher oder später sterben. Bemühe dich lie-ber um das Wissen, das dich unsterblich machen würde. Nur, was Un-sterblichkeit verleiht, ist wahre Bildung. Heutzutage pauken die Stu-denten für die Prüfungen, sie betreten den Prüfungsraum, gebenwieder, was sie in ihr Hirn gepackt haben und kehren mit leerem Kopfnach Hause zurück. Es ist besser, ohne eine solche Ausbildung zu le-ben, als so verbissen darum zu kämpfen. Ich habe die heutigen Studenten gut beobachtet. Sie lernen hart, wennPrüfungen bevorstehen. Sie verbringen schlaflose Nächte über Bü-chern. Taumeln in den Prüfungssaal. Dort schreiben sie nieder, wassie zuvor in ihren Kopf gepackt haben. Sie gehen nach Hause, und füh-len sich frei, nachdem sie sich von ihrer Last befreit haben. Am näch-sten Tag sind sie noch nicht einmal in der Lage, die Examensfragenvom Vortag zu beantworten. Die Studenten vergessen schnell, was siekurz zuvor gelernt haben. Diese Art Wissen ist nur Bücherwissen. Es ist oberflächliches Wissen.Was nützt es, dieses oberflächliche Wissen zu erwerben. Was ge-braucht wird, ist praktisches Wissen. Es ist dieses praktische Wissen,das euch befähigt, das tägliche Leben zu bewältigen. Die alte indische Kultur heisst die Menschen, ihr Leben auf heilige undrechtschaffene Weise zu leben. Viele Ausländer machen sich über un-sere Leute lustig, und sagen: “Die Inder sind dumm. Sie beten Steine,Bäume, Schlangen, Hunde und Kühe an. Was soll dieser Unsinn?”Doch die alte Kultur dieses Landes hat eine passende Antwort für dieseschlecht informierten Kritiker. Die Alten in Indien sagten: “O Mensch, wir vermitteln die Lehren nicht,weil wir unwissend oder dumm wären. Durch unsere Art andächtigerVerehrung lehren und verkünden wir, dass der Mensch nicht selbst-süchtig sein sollte und die Liebe, die Gott ihm gewährte, nicht für sich

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und seinesgleichen behalten sollte. Er sollte diese Liebe vielmehr mitallen Lebewesen und Wesenheiten in der Schöpfung teilen. Der Mensch muss die Liebe, die Gott ihm geschenkt hat, mit allen Tie-ren, Vögeln und sogar Schlangen teilen. Nur dann wird die ihm inne-wohnende Liebe Erfüllung finden. Wie glücklichselig wäret ihr, wennihr eure Liebe so mit allen Lebewesen teilen würdet. Ihr mögt einwenden, ist es nicht gefährlich, giftige Schlangen zu näh-ren, wenn man ihnen Milch gibt? Werden sie uns nicht angreifen undbeissen? Wenn ihr einer Schlange mit der ganzen Liebe eures HerzensMilch gebt, wird diese Schlange euch niemals beissen. Dieses festeVertrauen müsst ihr haben. In alten Zeiten durchstreiften wilde Tiere die Urwälder. Die Rishis zogensich damals in diese Wälder zurück, um Busse zu tun. Sie lebten dortrecht glücklich und zufrieden, ohne die geringste Furcht. Ohne an diefrei umherwandernden Tiger und Löwen zu denken, gingen sie jedenMorgen zum Fluss, um ihr Bad zu nehmen und kehrten dann wiederin ihre Einsiedelei zurück. Täglich liefen ihnen Löwen über den Weg, oder ruhten sich in ihrer Näheaus. Aber diese furchterregenden Tiere taten den Weisen niemals et-was zuleide. Was ist der Grund? So, wie die Gefühle und Gedankensind, sind auch die Ergebnisse. Da die Weisen den Tieren keine Feind-seligkeit und keinen Hass entgegenbrachten, schadeten und verletztendie Tiere sie auch nicht. Die Tiere reagieren also auf eure Gefühle. Die Weisen besassen keine Waffen. Sie hatten nur ihren Rosenkranz.Sie liessen die Perlen durch die Finger gleiten, und sangen ständig Got-tes Namen: “Om namah Shivaya”. Das war es, was sie wirklich schütz-te. Die alten Rishis trugen das Schwert des Gottesnamens. Heutzutageumgeben sich die Leute mit schwerbewaffneten Sicherheitskräften,und dennoch können sie sich nicht sicher fühlen. Ihr braucht keine Waffe, um euch zu schützen. Das Singen des Got-tesnamens wird euch schützen. Wenn ihr ständig den heiligen Namendes Herrn singt, kann kein Übeltäter in eure Nähe kommen. Vielmehrwerden sich solche Leute verängstigt zurückziehen. Für gewöhnlichhaltet ihr eine Schlange für eine giftige Kreatur. Nur, wenn ihr die rich-tige Einstellung habt, wird noch nicht einmal eine Schlange euch Scha-den zufügen. Mit diesem festen Glauben gaben unsere Alten denSchlangen Milch. Die Alten fütterten die Vögel, sie fütterten auch Ameisen und Insekten.In alten Zeiten verstreuten die Alten Reismehl in der Nähe von Amei-senhügeln. Mit der Zeit verschwand dieser Brauch und die Leute be-gannen, den Boden vor ihren Häusern mit Reismehl zu schmücken. Sie

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benutzten kein Kalkpulver, wie die Leute es heute tun. Sie verstreutenReismehl. Die Ameisen kamen, assen sich satt und gingen dann zu-frieden und glücklich wieder zurück. So betrachteten die Alten alles, von der Ameise bis hin zu Gott mit hei-ligen Gefühlen und bezeugten allen ihre Liebe. Tyagaraja erkannte die-ses Prinzip und sang: “O liebender Gott, der von der kleinsten Ameiseaufwärts in allem gegenwärtig ist, bitte schütze mich.”

Die Alten dieses Landes erkannten die Gegenwart des göttlichen Lie-bensprinzips in allem, von der Ameise bis zum Löwen, vom kleinstenVogel bis zum Schwan, und bewahrten und verbreiteten ihre Kultur. Heute haben die Leute nicht die geringste Ahnung was das Wort Kulturtatsächlich bedeutet. Ihr müsst die alten Traditionen kennen lernen undübernehmen und dann das Wissen mit euren Freunden teilen. In dieserWeise könnt ihr helfen. Ihr braucht nicht aus Wohltätigkeit Kleider undGeld zu spenden. Wenn ihr edle Eigenschaften mit anderen teilt, so istdas die grösste Hilfe die ihr geben könnt. Diese Wahrheit zu verstehen,ist die höchste Form des Wissens. Man sagt, das Göttliche Selbst zu kennen, sei wahres Wissen. Was be-deutet das? Das heisst, dass es in diesem Universum in Wirklichkeitnur Eines gibt, und das ist die göttliche Liebe. Ihr müsst euch bemühen,die Liebe in euch nicht nur mit anderen Menschen zu teilen, sondernauch mit allen Tieren, Vögeln und Insekten. Ihr müsst sagen: “O Gott, bitte sieh zu, dass ich durch die Liebe dieich von dir erfahre, nicht selbstsüchtig werde. Ich muss diese Liebe mitallen teilen und dafür ihre Liebe empfangen. Diese Art von Weitherzig-keit müsst ihr entwickeln. Weitherzigkeit ist das wahre Zeichen des gött-lichen Liebesprinzips. Man nennt es auch, sich ausdehnende Liebe.Heute hat sich die ausdehnende Liebe versteckt, und man sieht nurengherzige Liebe. Engherzige Liebe aber ist gleichbedeutend mit demTod. Heutzutage verschwendet der Mensch sein Leben, indem er anengherziger Liebe festhält, die dem Tod gleichkommt. Er verbringt nichteinen Augenblick damit, über die Heiligkeit des Lebens nachzudenken.Seht zu, dass ihr niemanden verletzt. Helft immer, verletzt niemals. Kei-ne Mühe, diese Wahrheit zu verbreiten, kann jemals als übertriebenoder auch nur als angemessen bezeichnet werden. König Harishcandra auch Sathya Harishcandra genannt, hatte sein Le-ben geheiligt, indem er strikt den Weg der Wahrheit ging. Schliesslichwurde er zu einem Synonym von Wahrheit. Er bekam sein Königreichzurück, das er anfangs um der Wahrheit willen opfern musste. Er bekamauch seine Frau und seinen Sohn zurück, die er zuvor verloren hatte.

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Der Weise Vishvamitra, der den König so harten Prüfungen ausgesetztund damit in Bedrängnis gebracht hatte, bat ihn am Ende um Verge-bung. Er sagte: “O König, du hast alle Prüfungen bestanden, die ichdir auferlegt hatte. Ich gewähre dir nun alles, was du willst. Harish-candra antwortete: “Ich will nichts. Es genügt, wenn ich die Wahrheitunterstützen kann. Meine einzige Pflicht ist es, die Wahrheit zu schüt-zen”. Swami wünscht, dass wenigstens einige von euch sich bemühen, indieser Weise die Wahrheit zu ehren. Ihr könnt euch um eine Arbeits-stelle bemühen, das ist nicht falsch. Geht ins Ausland, wenn es seinmuss. Auch daran ist nichts falsch. Erwerbt Auszeichnungen, das istebensowenig falsch. Aber werdet niemals hartherzig. Viele werden sehr hartherzig, sie sind nicht einmal bereit, der Anwei-sung Gottes zu gehorchen. Was nützt es, ein solches Leben zu führen?Euer Herz muss weich wie Butter werden. Wenn euer Herz wie Butterist, wird euer Leben wie das kühle Licht des Mondes leuchten. Dannwerdet ihr euch des wahren Friedens im Leben freuen.

Verkörperungen der Liebe! Gestern sprach ich zu euch über Moral,heute über Integrität. Ihr müsst noch lernen, was Schlichtheit ist. Mor-gen werdet ihr alles über die Menschlichkeit erfahren. Ihr seid euch des-sen nicht bewusst, aber in Wirklichkeit ist Menschsein etwas sehr Hei-liges. Ihr wurdet mit einem menschlichen Körper geboren. Mit Augen, Ohren,Zunge usw. Bedeutet das, dass ihr die Zunge nur dazu benützen sollt,zu sprechen, wie es euch in den Sinn kommt? Dass die Augen all dassehen sollen, was um euch herum geschieht? Und die Ohren alles hö-ren, was euch gefällt? Nein. Die Ohren dürft ihr nur dazu benutzen, Gu-tes zu hören. Ebenso sollt ihr nur das Göttliche sehen und nur die Wahr-heit sprechen. Darum hat Gott euch mit den verschiedenenSinnesorganen ausgestattet. Morgen werde ich über die Heiligkeit derSinne sprechen.

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22. Oktober

Dasarafest

Ein Fisch wird in Wasser geboren, in Wasser erhaltenund stirbt schliesslich in Wasser.

Obwohl Milch wertvoller ist als Wasser,kann kein Fisch in Milch überleben.

Der Fisch muss in seinem Ursprung, dem Wasser sein.

Weil Furcht vor Sünde und Liebe zu Gott fehlen,ist die Menschlichkeit im Menschen weniger geworden.

Dies ist schädlich für den Weltfrieden.

Verkörperungen der Liebe! Obwohl sich die Menschen in der Welt be-züglich Namen, Formen, Farben und Aktivitäten unterscheiden, gehö-ren doch alle grundsätzlich zur menschlichen Rasse. Man sollte die Tat-sache nicht vergessen, dass alle Menschen einer universellen Familieangehören. Die gesamte menschliche Rasse hat nur einen Vater-Gott.Alle Menschen gehören einer Kaste, einer Rasse und einem Vater an.Um den Vater zu schauen, sollte man die Tugenden der Wahrheit unddes Charakters kultivieren. Gott ist personifizierte Liebe, und dieselbeLiebe ist im Herzen aller Menschen immanent.So wie Gott alle gleichermassen liebt, ebenso sollte der Mensch seineLiebe in gleichem Mass mit allen teilen. Darin besteht die vorrangigeAufgabe des Menschen. Benutzt die von Gott gegebene Liebe nicht fürselbstsüchtige Zwecke, sondern teilt sie mit jedem. Nur dann könnt ihrGottes Gnade empfangen.Der Mensch erhält zwei Arten von Wohltaten aus dem Liebesprinzip:Er kann seine Liebe mit anderen teilen und sie glücklich machen. Gottliebt den, der von allen geliebt wird. Gott gewährt seine Liebe und Gna-de denen, die ihre Mitmenschen lieben. Wenn man Gottes Liebe emp-fangen will, muss man notwendigerweise das Prinzip dieser eingebo-renen Liebe erkennen. So wie sieben Farben in den Sonnenstrahlengegenwärtig sind, entsprechend setzt sich das Menschsein aus Tu-genden wie Wahrheit, Rechtschaffenheit, Moral, Liebe usw. zusam-men. Wo immer man einen Kompass hinlegt, seine Nadel zeigt immernordwärts. Entsprechend sollte die Liebe des Menschen immer auf Gottgerichtet sein. Nur so jemand ist ein wahrer Mensch. Der Mensch sollte

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das Empfinden von "Ich und mein” transzendieren, das Einheitsprinzipin allen Wesen erkennen und sich selbst entsprechend verhalten. Ver-steht das Liebesprinzip, und erkennt die in allen anwesende Göttlich-keit.Liebe ist höchst heilig, kostbar und weit. Sie ist universell in der ge-samten Menschheit gegenwärtig. Es ist des Menschen vorrangige Auf-gabe, die im Inneren in Form der Liebe vorhandene Göttlichkeit zu er-kennen. Aber der Mensch bemüht sich nicht in diese Richtung. Erbegegnet Schwierigkeiten, weil er glaubt, Gott sei von ihm verschieden.Gott ist nicht vom Einzelnen gesondert. Er wohnt in allen Wesen in Ge-stalt der Liebe. Ihr müsst jede Anstrengung unternehmen, um dieseWahrheit zu erfahren. Es gibt in dieser Welt keinen Menschen ohne Lie-be, aber der Mensch bringt diese Liebe mit weltlichen, äusserlichen Din-gen in Verbindung. Er kann nicht verstehen, dass die Liebe in ihm gött-lich ist, sondern beschränkt diese Liebe allein auf körpergebundeneBeziehungen. Die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind wird Zuneigung ge-nannt, die Liebe zwischen Ehemann und Ehefrau Verblendung, die Lie-be eines Menschen zu seinen Freunden und Verwandten wird als Bin-dung, die Liebe zu materiellen Dingen als Verlangen bezeichnet.Obwohl Liebe in dieser Weise klassifiziert wird, ist ihr Wesen göttlich;daran müsst ihr euch immer erinnern. Weil der Mensch diese grund-legende Wahrheit vergessen hat, entwickelt er Unterschiede auf derBasis körperlicher Beziehungen. Das ist die Hauptursache für das Leiddes Menschen. Solange im Menschen dieses Gefühl der Verschieden-heit ist, kann er die Göttlichkeit nicht erreichen. Ich habe euch wieder-holt dazu aufgerufen, die Verhaftung an den Körper aufzugeben. Wenndie Bindung an den Körper zunimmt, verringert sich die Bindung anGott. Das Wesen der Verhaftung an den Körper ist weltlich, wohinge-gen die göttliche Liebe mit dem Herzen verbunden ist.Jeder Mensch hat das gleiche Recht, diese Liebe zu erfahren. DerMensch kann Gottes Liebe nicht verstehen, weil er sie mit seiner engen,selbstsüchtigen Liebe zu vergleichen sucht. Ein solcher Vergleich istfalsch, weil Gottes Liebe vollkommen selbstlos ist. Gottes Liebe ist un-endlich, unsterblich und unvergleichlich, Im vedantischen Sprachge-brauch wird göttliche Liebe "angirasa" genannt, weil sie in Form vonEssenz (rasa) in jedem Glied (anga) des Körpers zirkuliert. Die Liebedes Menschen und die Liebe Gottes sind in Qualität und in Quantitätgleich. Es ist Torheit, einen Unterschied zwischen beiden wahrzuneh-men. Der Mensch versucht, die göttliche Liebe von einer weltlichenWarte aus einzuschätzen, aber zwischen weltlichen Aktivitäten undgöttlicher Liebe besteht überhaupt keine Verbindung. Sie sind völlig

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voneinander verschieden. Die göttliche Liebe ist dem Menschen im-manent, aber er ist nicht fähig, dieses zu erkennen.

Von allen Lebewesen ist die Geburt als Mensch die kostbarste.Gott ist in Form der Liebe in jedem Menschen gegenwärtig.

Gott nimmt die Form des Menschen an.

Aber dennoch gelingt es dem Menschen nicht, die Göttlichkeit zu er-kennen. Der Mensch ist aus Gott hervorgegangen. Wenn das der Fallist, warum betrachtet der Mensch sich als von Gott verschieden? Gottist euer Vater. Seine Essenz fliesst in euch. Wer diese Wahrheit ver-steht, wird sich nie von Gott entfernen.Liebe ist Gott; lebt in Liebe. Gott hat keine bestimmte Form. WelcheForm kann man der Liebe zuschreiben? In dieser Welt kann nichts ohneeine Form existieren. Hier ist ein kleines Beispiel dafür: Blumen strömenDuft aus. Man kann behaupten, die Blume habe eine Form, nicht aberihr Duft. Aber wie kann ohne Blume Duft sein? Also nimmt die Blumedie Gestalt von Duft an. Entsprechend ist die Mutter die Gestalt der Lie-be, denn ohne Mutter kann man keine Liebe erfahren. Deshalb hat allesin dieser Welt eine Form. Gott ist in allen gegenwärtig.

Gott ist subtiler als das Subtilste und weiter als das Weiteste.Ihr nehmt Unterschiede in Qualität und Quantität wahr,

aber in Wirklichkeit existiert überhaupt kein Unterschied.Jenes ist Fülle, dieses ist Fülle.

Wenn man Fülle aus der Fülle herausnimmt,verbleibt wiederum Fülle.

Aufgrund seiner Bindung an den Körper ist der Mensch unfähig, dieGöttlichkeit wahrzunehmen. Bindung ist für ein weltliches Leben zwei-fellos notwendig, aber ihr solltet euch nicht zu sehr an die Welt binden,weil es dazu führt, dass ihr euch von Gott löst.Zwischen Mutter und Kind, Ehefrau und Ehemann, Brüdern undSchwestern existiert zwangsläufig Bindung. Ihr müsst erkennen, dassBindung von euch selbst geschaffen wird, sie ist nicht eingeboren. Lie-be allein ist eingeboren, und sie ist göttlich.Gott ist in jedem in seiner ursprünglichen Form der Liebe gegenwärtig.In diesem Drama des Lebens ist Gott der Schauspieler wie auch derDirektor. Er spielt alle Rollen. Erkennt, dass ihr nur ein Schauspielerin diesem Drama des Lebens seid und dass Gott eure Rolle spielt. Gottschützt den einen und bestraft den anderen, aber in Wirklichkeit ist er

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es, der beides erfährt. Gott bezeugt etwas als gut und etwas anderesals schlecht, aber tatsächlich ist er die Ursache von Gut und Böse. Erist die Grundlage von allem. Er ist der Schauspieler, der Direktor undder, der erfährt. Er setzt in jeder Hinsicht ein Vorbild. Diese Wahrheitsolltet ihr vorrangig verstehen.Ihr lernt und legt Prüfungen ab. Aber in Wirklichkeit ist der, welcher mitder besten Note abschneidet, Gott, und derjenige, der in der Prüfungdurchfällt, ist ebenso Gott. Alles ist Gott. Auf der Basis der körperlichenForm sagen die Leute, jemand hätte bestanden und jemand sei durch-gefallen, aber aus der Sicht des Göttlichen sind alle eins. Wer lobt istGott, wer kritisiert, ist ebenso Gott. Der welcher achtet und derjenigeder verachtet, beide sind Gott. Alles in dieser Welt ist Gottes Spiel. Nurwer diese Wahrheit erkennt, ist ein wahrer Mensch. Manifestiert die in-newohnende Göttlichkeit. Es gibt viele Wege zum Verständnis der Einheit. Die Menschen rufenGott bei verschiedenen Namen. All diese Namen sind ihre eigenenSchöpfungen. Gott hat weder einen spezifischen Namen noch einespezifische Form. Er ist personifizierte Liebe und jenseits aller Attribute.Er hat keine Spur Hass oder Unterscheidung. Was für Unterschiedeauch immer ihr in Gott seht, sie sind die Widerspiegelung eures eigeneninneren Empfindens, Aber wenn Gott in dieser Welt menschliche Formannimmt, hält er bestimmte Unterscheidungen ein, um anderen ein Vor-bild zu setzen.Wahres Menschsein liegt in der Erkenntnis, dass Gott in allen anwe-send ist. Die Upanishaden haben den Menschen "nara" genannt, dasbedeutet: jemand, der ewig und unsterblich ist. Der Mensch ist eineKombination der fünf Elemente. Die göttliche Liebe drückt sich selbstin Gestalt der fünf Elemente aus. Der Gayatri-Mantra beginnt mit denWorten bhur, bhuva, svaha. Bhur bezieht sich auf Materialisation (dieKörperebene), bhuva auf Schwingung (Ebene der Lebenskraft, prana),die den Körper zum Funktionieren bringt, svaha auf Strahlung, welchedie zugrundeliegende Basis ist. Alle drei repräsentieren dieselbe Gött-lichkeit. Entsprechend ist Gott eins, obwohl die Menschen ihm ver-schiedene Namen geben. Jemand der sich mit weltlichen Aktivitätenbefasst, wird Mensch, jemand der göttliche Aktivitäten durchführt, Gottgenannt. Es gibt niemanden in dieser Welt, der nicht göttlich wäre. Allesind Verkörperungen der Göttlichkeit. Alle Formen konstituieren diegöttliche, kosmische Form. Aber aufgrund eurer Bindung an den Körperhaltet ihr euch für menschliche Wesen. Nur wenn ihr die Bindung anden Körper aufgebt, könnt ihr eure wahre Identität verwirklichen.

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Den drei Begriffen dehatma, jivatma und paramatma ist das Wort At-man gemeinsam. Wenn Atman mit dem Körper (deha) verbunden ist,spricht man von dehatman, wenn Atman mit der individuellen Seele (ji-va) verbunden ist, von jivatman, wenn Atman mit der Göttlichkeit ver-bunden ist, von paramatman. Atman ist ewig und unsterblich. Obwohldieses göttliche Prinzip im Menschen gegenwärtig ist, betrachtet derMensch sich als schwach und niedrig. In Wirklichkeit seid ihr wederschwach noch unbedeutend oder niedrig, sondern ihr seid Gott selbst.Warum sucht ihr woanders nach Gott, wenn ihr selber göttlich sei?Obwohl ihr Gott überall seht, empfindet ihr dennoch, ihr hättet ihn nichtgesehen. Ist das nicht Torheit? Wen immer ihr seht, es ist eine Formdes Göttlichen. Weil ihr euch bloss für einen Menschen haltet, seid ihrunfähig, Gott um euch herum zu sehen.

Einst fragte Vivekananda Ramakrishna Paramahamsa, ob er Gott ge-sehen hätte. Ramakrishna antwortete, er sehe Gott sogar in diesemAugenblick. Vivekananda fragte: "In welcher Gestalt hast du ihn gese-hen?" Ramakrishna erwiderte: "In der Gestalt von dir." Und auf seineSchüler weisend, fügte er hinzu: "Dieser Brahmananda hier, Nityan-anda dort - sie alle sind die Verkörperung Gottes. Ich sehe Gott in allenvon euch." Unfähig, die Bedeutung von Ramakrishnas Worte zu erfas-sen, fragte Vivekananda: "Swami, wir sind blosse Sterbliche. Wiekannst du uns als göttlich betrachten?" Dann erklärte Ramakrishna:"Oh einfältiger Mensch, du siehst jeden aus der körperlichen Perspek-tive, ich aber betrachte jeden von der Warte Atmans. Deshalb sehe ichalle als göttlich."

Ich sage euch oft: "Du bist nicht eine Person, sondern drei: die, welchedu glaubst zu sein (der Körper), die, für die andere dich halten (derGeist, deine Gedanken und Empfindungen), die, welche du wirklichbist: Atman, das Göttliche Selbst." Aus körperlicher Sicht bist du einMensch, aber aus der Perspektive Atmans bist du Gott. Wenn du dieWahrnehmungen von der körperlichen auf die atmische Ebene ver-legst, wirst du Gott in dir selbst sehen. Der Fehler liegt in deiner Seh-weise, nicht in der Schöpfung. Welchen Mangel auch immer du in derSchöpfung wahrnimmst, es ist die Widerspiegelung, die Reaktion undder Widerhall deiner eigenen inneren Empfindungen. Wenn du eineMango isst, wirst du nach Mango und nicht nach Gurke aufstossen. Ent-sprechend ist alles, was ihr aussen seht, eine Widerspiegelung euresinneren Wesens. Verankert als erstes göttliche Empfindungen in euch,nur dann könnt ihr die Wirklichkeit wahrnehmen.

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Wofür steht der Begriff manava? Ma bedeutet Unwissenheit, na, ohne,va, sich verhalten. Jemand der sich frei von Unwissenheit verhält istein wahrer Mensch. Wahrhaft gesprochen: Ihr seid die Verkörperungder Weisheit. Diese Weisheit ist wahrhaft göttlich. Wenn ihr alles seidund alles in euch liegt, warum begebt ihr euch dann woanders auf dieSuche nach Gott? Gott ist in euch, mit euch und um euch herum.

Dasselbe Liebesprinzip ist in allen gegenwärtig. Diese Liebe hat nichtsmit Körper, Geist, Sinnen oder Intellekt zu tun. Sie steht mit Atman inVerbindung. Liebe ist Atmans wahre Form. Die Veden beschreiben At-man als Liebe und Liebe allein. Sie sagen nichts darüber hinaus. Werbis zum Hals im Wasser steht, ist noch in der Lage, etwas zu sagen,aber wer völlig versunken ist, kann nicht sprechen. Entsprechend wirdjemand, der die göttliche Liebe teilweise erfahren hat, anfangen, sie aufverschiedene Weise zu beschreiben. So jemand hat die Göttlichkeitüberhaupt nicht verstanden. Atman, das Göttliche Selbst, ist überall ge-genwärtig. Die göttliche Liebe ist alldurchdringend. Wer diese Wahrheiterfasst und völlig in die göttliche Liebe eintaucht, ist nicht mehr in derLage, sie zu beschreiben. Wenn ihr fähig seid, über göttliche Liebe zusprechen, bedeutet das nur, dass ihr nicht völlig in ihr aufgegangenseid. Es zeigt auch, dass ihr euch nur auf einer oberflächlichen Ebenebewegt. Wie kann so jemand die Göttlichkeit verstehen? Man sollte dieoberflächliche Ebene transzendieren und eine höhere Ebene errei-chen, das bedeutet, man sollte das Einheitsprinzip verstehen. Allesliegt in der Einheit. Wer das Prinzip der Einheit erlangt, wird ins Meerder Liebe eingetaucht sein.

Verkörperungen der Liebe! Schüler, Studenten! Ihr seid alle jung undhegt verschiedene Zukunftspläne. Welche Aktivität ihr auch durchführt,vergesst niemals, dass Liebe Gott ist. Ihr solltet auch daran denken,dass ihr alle derselben Familie angehört. Ihr seid die Kinder Gottes.Wenn ihr diese Wahrheit erkennt und entsprechend handelt, wird keinRaum für Unterschiede oder Konflikte sein. Nationen und Hautfarbenmögen sich unterscheiden, aber versteht, dass die Menschheit eins ist.Aus Zucker werden verschiedene Formen wie Hund, Papagei,Schwan, Reh usw. hergestellt und auf dem Markt verkauft. Sie werdengeformt, um Kinder anzulocken, mit dem Lied: "Was immer ihr nehmt,es kostet nur zwei Rupies." Namen und Formen sind verschieden, aberder Zuckergehalt ist in allen derselbe. Der Preis wird für den Zucker-gehalt und nicht für die Formen bezahlt. Entsprechend unterscheiden

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sich die Menschen in Name, Form und Farbe, aber das Atman-Prinzipist in allen dasselbe.

Atman ist veränderungslos, ewig, ohne Geburt oder Tod.Er hat weder Anfang, Mitte noch Ende.

Er ist als der Bewohner eines jeden Wesens allgegenwärtig.

Gott ist in Gestalt Atmans in jedem anwesend. Diese grundlegendeWahrheit müsst ihr erkennen. Nur dann könnt ihr das Einheitsprinzipverstehen.

Die Leute baden im Meer, aber wenn sie heimkommen, nehmen siewieder ein Bad mit frischem Wasser. Sie wissen nicht um die Gaben,die das Bad im Meer ihnen bringt. Wenn ihr im Meer badet, solltet ihrden ganzen Tag lang kein Bad mehr mit frischem Wasser nehmen, weildas an eurer Haut klebende Salz euch von verschiedenen Hautkrank-heiten heilen wird. Gott hat natürliche Heilmittel für verschiedene Lei-den der Menschen erschaffen, aber der Mensch kann diese Wahrheitnicht verstehen.Ihr findet an verschiedenen Orten Rasenflächen. Sie sind so üppig,grün, weich und bequem, um drauf zu sitzen. Mitten unter dem grünenGras ist weisses Gras zu finden. Wenn ihr nur zwei weisse Grashalmeesst, werdet ihr von Durchfall befreit. Sogar Hunde wissen in dieser Hin-sicht mehr als der Mensch. Wenn die Leute ihre Schosshunde einmalin der Woche frei laufen lassen, laufen sie zu den Rasenflächen undessen weisses Gras, weil sie wissen, dass weisses Gras ihre Verdau-ungsstörungen heilt. Auch im Hund ist Gott. Wenn ein Hund Fieber hat,frisst er überhaupt nichts. Sogar wenn ihr ihm Milch gebt, trinkt er sienicht. Warum? Der Hund weiss, dass er fasten sollte, wenn er Fieberhat. Aber heutzutage halten noch nicht einmal die Gebildeten Diätvor-schriften ein, wenn sie krank sind, sondern gehen ins Hotel und essenPfannkuchen, sogar wenn sie Fieber haben. Wissen sie nicht, dass sieihren Magen nicht überlasten sollten, wenn sie Fieber haben? Sogarein Hund ist diesbezüglich achtsam, nicht aber der Mensch. Göttlichkeitbefindet sich in allen Wesen. Die Veden sprechen von "Bewusstheit istGott.“ Der moderne Mensch denkt nicht nach, bevor er handelt. Er ist immerin Eile. Eile führt zu Vergeudung, Vergeudung zu Sorge. Seid deshalbnicht in Eile. Eile, Sorge, fettes scharfes Esse sind die Hauptursachenfür Herzleiden. Seid niemals in Eile, gebt alle Sorgen auf und esst we-niger Scharfes, dann werdet ihr frei von Herzerkrankungen sein. Wenn

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ein dicker Mensch zum Arzt geht, sagt der Arzt ihm als erstes, er müssteabnehmen. Es heisst: Der Arzt ist wahrhaft Gott. Gott ist euer Arzt, euerFreund und euer Verwandter. Ihr seid wahrhaft Gottes Form. Die For-men sind verschieden, aber Gott ist eins.

Derselbe Atman ist in allen Wesen gegenwärtig.Der eine Gott hat viele Namen.

Demzufolge ist das Wesen aller Menschen göttlich. Glaubt niemals, ihrwäret von Gott verschieden. Ich sagte gestern in meiner Ansprache:Es gibt keine grössere göttliche Pflicht, als das Festhalten an der Wahr-heit. Wahrheit ist Gott. Gott ist dort, wo Wahrheit ist. Ihr braucht alsonicht nach Gott zu suchen. Wo ist die Notwendigkeit, nach Gott zu su-chen, der überall ist? Betrachtet euch selbst als Gott. Seht niemals ir-gendeinen Unterschied zwischen der individuellen Seele und Gott. Kri-tisiert niemals jemanden, macht euch über niemanden lustig. DieUpanishaden erklären: Wen auch immer ihr ehrfurchtsvoll grüsst, eserreicht Gott. Entsprechend heisst es: Wen auch immer ihr kritisiert, eserreicht Gott.

Die Upanishaden sprechen von dem Prinzip der Einheit. Eure körper-liche Mutter mag von euch entfernt sein, aber Gott ist immer mit euchund in euch. Er folgt euch wie euer Schatten, wo immer ihr auch hingeht.Ihr braucht keinerlei spirituelle Disziplin wie Askese oder Meditationdurchzuführen.

Weder durch Askese, Pilgerfahrten,das Studium der Schriften oder Mantrenwiederholung,sondern allein durch den Dienst an frommen Seelen

kann man das Meer des Lebens überqueren.

Wem immer ihr so dient, empfindet, dass ihr Gott dient. Das ist wahreAskese und Meditation. Seht auf das menschliche Leben nicht als nied-rig herab. Es ist eine Sünde, das menschliche Leben für gering zu ach-ten. Gott ist in allen gegenwärtig. Haltet euch nicht an Name und Form.Seht den göttlichen Geist im Inneren. Aus der göttlichen Perspektivesind alle eins. Wenn ihr jeden als Gott betrachtet, werdet ihr ein glück-seliges Leben führen. Weil die Menschen den Einzelnen als von Gottverschieden betrachten, nehmen üble Eigenschaften wie Hass, Eifer-sucht und Ego zu. Wenn ihr erkennt, dass die Göttlichkeit in allen an-

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wesend ist, bleibt kein Raum für Lob oder Tadel. Ihr werdet die höchsteGlückseligkeit erfahren.

Gott ist die Verkörperung der höchsten Glückseligkeit,er ist absolute Weisheit, das Eine ohne ein Zweites,

jenseits der Gegensätze, weit und allgegenwärtig wie der Himmel,das Ziel, auf das der grosse Lehrsatztat tvam asi - Das bist Du - verweist,

das Eine, ewig, rein, ohne Veränderung,der Zeuge aller Funktionen des Intellekts,

jenseits aller mentaler Bereiche undjenseits der drei Grundeigenschaften

Trägheit, Leidenschaft, Reinheit.

Ihr seid wahrhaft gesegnet, als Menschen geboren zu sein. Gesegnetsind jene, die ihre Geburt als Mensch heiligen! Der Mensch kann nurdann das Atman-Prinzip verstehen, wenn er seinen Körper vergisst.

Verkörperungen der Liebe! Betet für das Wohlergehen eines jeden:“Möge die ganze Welt glücklich sein!”Gott ist die Verkörperung des Glücks. Jeder sollte dieses Glück erfah-ren. Alle zu lieben kann dieses Glück schenken. Wenn der Mensch Lie-be entfaltet, wird die Welt frei von allen Arten von Konflikten und Kriegensein. Nach dem Kupfernen Zeitalter, in den letzten fünftausend Jahren,war die Welt Zeuge von elftausend Kriegen. Sogar jetzt werden Kriegegeführt. Der Grund liegt darin, dass der Mensch sein wahres Wesennicht verstehen kann und dadurch Raum für Unterschiede gibt. Er wirdvon den Gefühlen von "mein und dein" mitgerissen. Bei seiner Geburtbringt der Mensch nicht einmal ein kleines Stück Stoff mit sich, undwenn er die Welt verlässt, hinterlässt er nicht einmal seine Adresse.Was kann er dann in dieser Welt sein eigen nennen? Nichts. Solangeer lebt, betrachtet er manches als sein eigen. Wenn er die Welt verlässt,weiss er nicht, was mit all seinen Besitztümern geschehen wird. Wenndas so ist, warum sollte er dann Ego und Bindung entwickeln? Es istreine Unwissenheit. Verdienst und Sünde sind die einzigen Dinge, dieihn nach seinem Tod begleiten. Ihr werdet geboren aufgrund der Sün-den, die ihr in vergangenen Leben begangen habt. Ihr solltet in diesemLeben verdienstvolle Taten verrichten, damit ihr nie wieder geborenwerdet. Ihr solltet euch mit aller Kraft darum bemühen, Befreiung zuerlangen. Wie ist das möglich? Solange die Hülse nicht vom Reis ent-fernt ist, wird es keimen, wo immer es gesät wird. Wenn die Hülse be-

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seitigt ist, kann es nicht mehr keimen. Dann wird es keine Wiedergeburtmehr geben. Solange der Mensch von der Täuschung oder Anhaftungumgeben ist, wird er wieder und wieder geboren werden. Wenn die An-haftung beseitigt wird, gibt es keine Wiedergeburt mehr. Alle spirituellenÜbungen sind dazu gedacht, diese Umhüllung zu entfernen. Jeder soll-te sich in diese Richtung bemühen. Bemühung ist eure Pflicht Erfolgoder Versagen liegen in den Händen Gottes. Um erfolgreich zu sein,müsst ihr eure Pflicht tun. Ohne dass ihr fragt wird nicht einmal eureMutter euch Essen geben. Ohne anzuklopfen wird die Tür nicht geöff-net. Bittet und werdet genährt. Klopft an, und die Tür wird geöffnet. Ent-sprechend solltet ihr Gott bitten, euch Befreiung zu gewähren. ObwohlGott selbst heute den Menschen näherkommt, entfernt der Mensch sichvon Gott. Es gibt kein schlechteres Los und keine grössere Sünde. Esist das Ergebnis von Sünden, die sich über die vergangenen Leben an-gesammelt haben. Begeht niemals eine solche Sünde. Erwerbt Ver-dienst. Kommt und seid Gott näher. Die Upanishaden rufen den Men-schen dazu auf.

Der Mensch sollte vom Schlaf der Unwissenheit aufwachen und dieSonne des Bewusstseins schauen. Dies ist die Lehre jeder Upanishad.Aber wenige folgen den Anweisungen der Upanishaden. Die Wahrheitwird nur dann verwirklicht und erfahren, wenn man den Anweisungenfolgt.

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23. Oktober

Dasarafest

Weshalb sollte sich der Menschnach Vergnügungen und Wohlstand sehnen?

Warum sollte er nach Gelehrsamkeit undgehobener Position streben?Es genügt ein mitfühlendes

Herz, Frieden und Freude zu haben.Das ist es, was die Menschheit heute am meisten braucht.

Verkörperungen der Liebe! Moderne Wissenschaftler tragen verschie-denartige Theorien über das Universum vor. Andererseits halten spi-rituelle Menschen Reden über verschiedenartige Aspekte des Göttli-chen. Doch die Menschen verstehen weder was die eine, noch was dieandere Gruppe sagt. Das Einzige was man versteht ist, dass die Weltaus Atomen und Molekülen besteht. Ohne Atome kann es kein physi-sches Universum geben. Der vorherige Redner stellte die Fragen: “Werist Gott, und wo ist Gott?” Die richtige Antwort auf diese Fragen lautet,dass Gott überall im Universum in Form von Atomen vorhanden ist.Ohne das Atom kann es kein Universum geben. Das Universum hateine körperliche Form durch die Kombination der Atome. Vedische Ge-lehrte verkünden: “Das Göttliche ist sowohl im Atom, als auch im Kos-mos”. Ja, Gott ist tatsächlich kleiner als das Kleine und grösser als dasGrosse. Die fünf Elemente, Materie vielfältiger Art, Geschöpfe ver-schiedener Gattungen, und schliesslich der Mensch selbst. All dies exi-stiert, weil die Atome sich auf unzählige Weise verbinden können. Ato-me durchdringen das ganze Universum und das Prinzip des Atomsumfängt alles. Es gibt in diesem Universum nichts anderes als Atome.Alles, was man sieht, verschiedenste lebende Wesen, Häuser, Licht,sie alle repräsentieren Aspekte des Atoms und seiner Kombinationen.Auch Menschen leben aufgrund der Kombination der Atome. Nahrung,Wasser, Vögel und alles andere an das wir denken können, entstehtdurch die Kombination der Atome. Auch der Mensch ist ein Bündel von Atomen. Aber dieses spezielleBündel, genannt Mensch, trägt in sich eine unglaubliche göttliche Kraft.Die Kraft, die im Menschen nicht gefunden werden kann, kann auchnirgendwo sonst im Universum gefunden werden. Lichtkraft, elektri-

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sche Energie, Erdanziehungskraft, und die grundlegende göttliche An-ziehungskraft, all diese Kräfte können im Menschen gefunden werden.Tatsächlich ist diese göttliche Kraft im Menschen vom Kopf bis Fussvorhanden. Gott, der kleiner ist als das Kleinste, grösser als das Grösste, der inallem als der ewige Zeuge anwesend ist, dieser Gott durchdringt auchdas ganze Universum als Atome. Folglich ist Gott das Atom, und dasAtom ist Gott. Das Wort Brahman oder Gott bezeichnet keine bestimm-te Form. Auf der rein abstrakten Ebene ist Gott formlos, aber im Bereichder Schöpfung hat er alle Formen, welche die atomaren Kombinationenannehmen können. Auch die kollektive Form der Gesamtheit aller Ato-me, nämlich das Universum als Ganzes ist Gottes Form. Die Menschheit hat Inkarnationen wie Rama und Krishna erlebt, auchsind edle Menschen auf der Erde erschienen, alle diese waren Verkör-perungen kosmischer Energie und besassen göttliche Anziehungs-kraft. Einige behaupten, dass Gott keine Form habe, dass er rein fein-stofflich sei und alles durchdringt. Genau genommen sind dieseBeobachtungen nicht richtig. Unter bestimmten Umständen kann dieabstrakte und formlose göttliche kosmische Energie klare eindeutigeFormen annehmen und - sie tut es auch. Da die göttliche Energie Ge-stalt annehmen kann, haben Atome bestimmte Formen und ebenso dieverschiedenen Kombinationen der Atome. Auf diese Weise nimmt Gottverschiedene Formen an. Darüber hinaus nimmt Gott auch die jewei-lige Gestalt an, über die der Gläubige meditiert, die er verehrt und gernsieht. Man sagt, dass Klang keine Form hat. Ihr habt gerade einen Klang ge-hört, der Gegenstand von dem der Klang ausging, hat eine Form. Ge-nau so hat Glückseligkeit keine Form. Aber der Mensch der sie erfährt,hat eine Form. Duft hat keine Form, aber die Blüte, die ihn verströmt,hat eine. Liebe hat keine Form, aber die Mutter, die Liebe verschenkt,hat eine. Ebenso hat Gott auf der abstrakten Ebene keine Form, dochdas Atom, das eine Manifestation des Göttlichen ist, hat eine Form.Wenn sich Atome verbinden, hat man verschiedene körperliche For-men für Gott. Einige behaupten, dass Gott absolut formlos sei. Es istzweifelsohne wahr, dass Gott auf der rein abstrakten Ebene unendlichund unverkörpert ist, jedoch kann das Unverkörperte verkörpert wer-den und dies geschieht auch. Folglich sind alle Formen die wir im Uni-versum sehen, auch Formen Gottes. Daher ist es falsch, zu behaupten,dass Gott überhaupt keine Form hat und immer formlos ist. Das Wasserin diesem Becher hat keine eigene Form, aber der Becher, der diesesWasser enthält hat eine Form. Wenn das Wasser in den Becher ge-

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gossen wird, nimmt es die Form des Bechers an. In der gleichen Weisenimmt Gott, der formlos ist, die verschiedenen Formen in der Schöp-fung an. Die Grundlage für diese unzähligen und unterschiedlichen For-men ist das Atom. Ohne das Atom kann es keine unterschiedlichen Ob-jekte geben. Wie die Kombination ist, so ist auch die Form. DasUniversum selbst hat die angehäufte Form aller Atome in sich. DasAtom ist göttlich, weil es vom Schöpfer gekommen ist. Da das Atomeine Form hat, wird automatisch jedes Atom eine Form Gottes. DerMensch muss sich die grösstmögliche Mühe geben, diese Wahrheit zuverstehen. Jahrelang haben die Wissenschaftler verkündet, dass alles im Univer-sum aus Atomen besteht. Aber bis heute haben sie die Wahrheit nichtverstanden, dass das Göttliche die Grundlage für die Existenz der Ato-me ist. Diesen wichtigen Punkt, haben sie ganz und gar ausser Achtgelassen. Einen Punkt, den der junge Prahlada schon vor Tausendenvon Jahren verstand. Glaube nicht, dass Gott hier, aber dort nicht ist. Gott ist überall. Undwo immer du ihn suchst, wirst du ihn sicherlich finden. Heutige Wis-senschaftler geben sich keine Mühe, diese Wahrheit zu begreifen. Spiritualität überschreitet die Wissenschaft. Die göttliche Kraft wirdmanchmal als transzendentale Kraft bezeichnet. Diese transzenden-tale Kraft wird auch mit verschiedenen anderen Namen benannt. Egalmit welchem Namen man sie zu bezeichnen beliebt, diese Kraft liefertdie Grundlage, von jedwedem im Universum. Folglich ist diese funda-mentale Kraft auch im Atom vorhanden. Die Kraft des Atoms ist offen-sichtlich in jedem Individuum vorhanden und sie durchdringt den ge-samten Kosmos. Dazu gibt es aber noch viel mehr zu sagen. Wenn man einen Jungenfragen würde, was ein Magnet ist, würde er antworten, dass ein Magnetein Gegenstand ist, der Eisenspähne und Eisengegenstände anzieht.So würde ein Schuljunge Anziehungskraft beschreiben. Für einen Ge-schäftsmann würde Anziehungskraft etwas völlig anderes bedeuten.Würde er gefragt, was ein Magnet sei, würde er antworten, Geld seider Magnet. Denn er wird vom Geld angezogen. Genauso ist im Ehe-leben die Ehefrau der Magnet für den Ehemann und der Ehemann derMagnet für die Ehefrau. Für eine Biene ist die Blüte der Magnet, weildie Blüte die Bienen anlockt. Jedes Wesen in der Schöpfung hat seineneigenen Liebreiz und seine eigene Anziehungskraft. Nicht einmal diemoderne Wissenschaft kann die Existenz einer solchen gegenseitigenAnziehungskraft leugnen. Diese gegenseitige Anziehungskraft ist eine

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sehr starke Macht in der Natur. Jedes Wesen in der Schöpfung hat sei-ne eigene einzigartige Anziehungskraft. In alten Zeiten benutzten die Könige die Pracht der königlichen Krone,um Untertanen zu sich zu ziehen. Wenn der König sich mit der Kroneauf dem Haupt niederliess, versammelten sich riesige Mengen vontreuen Untertanen um ihn. Mit der gleichen Absicht schmückten sichdie Königinnen mit Juwelen. Auf diese Weise zogen Königinnen dieMenschen an sich. Gott ist der grösste Magnet. Wie zieht er die Wesen an sich? Mit einerganz besonderen und zugleich der allerhöchsten Kraft. Daher kannman Gott als einen Supermagneten bezeichnen. Aber dies ist nicht dieangemessenen Weise, die göttliche Anziehungskraft zu beschreiben.Sokrates erklärte, dass die göttliche Kraft alles und jeden anzieht. Diesebemerkenswerte göttliche Kraft ist auf verborgene Weise in jedem In-dividuum vorhanden. Der Mensch jedoch bemüht sich nicht, die Ge-genwart dieser aussergewöhnlichen, in ihm verborgenen Kraft zu ver-stehen und sie in sich walten zu lassen. Das Göttliche allein hat dieFähigkeit diese aussergewöhnliche Kraft direkt zu nutzen und zu len-ken. Kaiser Janaka von Mithila hatte in seinem Palast einen Bogen von gött-licher Herkunft, der von Shiva stammte. Eines Tages, als JanakasTochter Sita, mit ihren Kameradinnen spielte, rollte der Ball, mit demsie spielten auf den Boden und unter den Kasten, in dem dieser BogenShivas aufbewahrt wurde. Die anderen Mädchen bemühten sich sehr,den Ball unter dem Kasten hervorzuholen, aber es gelang ihnen nicht.Dann ging Sita zu dem Kasten, hob ihn mühelos mit der linken Handhoch und holte den Ball wieder hervor. Janaka erfuhr von diesem Vorfallund war erstaunt. Solch eine Heldentat war einem normalen Sterbli-chen nicht möglich, denn es bedurfte göttlicher Energie, den BogenShivas hochzuheben. Wegen der gegenseitigen Anziehung von Erdeund göttlicher Kraft in dem Bogen, erschien er aussergewöhnlichschwer für normale Sterbliche. Sita war noch ein Kind. Wie konnte sieden Kasten mit dem göttlichen Bogen hochheben? Das fragte sichJanaka, aber er behielt seine Gedanken für sich. In diesem Wissen gabJanaka später bekannt, dass er nur der Person seine Tochter Sita zurFrau geben würde, die den Bogen Shivas hochheben und zerbrechenkönnte. Janakas Gedankengang war folgerichtig. Sita hatte den BogenShivas mit müheloser Leichtigkeit hochgehoben. Das bedeutete ganzklar, dass sie göttlich war. Daher wäre der richtige Ehepartner für siederjenige, der auch mit Leichtigkeit den Bogen heben könnte. Solcheine Person müsste dann ebenfalls göttlich sein. Nur eine Person mit

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göttlicher Kraft würde ein passender Ehepartner für Sita sein. Eine Per-son, die den Bogen nicht heben könnte, wäre offensichtlich nicht derangemessene Bräutigam. Der zukünftige Bräutigam müsste über dasmenschliche hinausgehende Kräfte haben. Nach diesen Überlegungen verkündete Janaka seine Absicht und trafVorbereitung für das feiern oder der Zeremonie der Bräutigamauswahl,bei der ein Wettbewerb im Bogenheben durchgeführt werden sollte. DieAnkündigung wurde weit verbreitet. Viele Könige und Prinzen kamen.Der Reihe nach versuchten alle, den Bogen zu heben. Aber sie schei-terten kläglich. Auch die jungen Prinzen Rama und Laksmana, mitge-bracht von dem Weisen Vishvamitra, waren in der versammelten Men-ge dabei. Mit ihrer natürlichen Ausstrahlung hielten sie die Zuschauerin Bann. Die in Janakas Königshof versammelte riesige Menschen-menge konnte ihren Blick nicht von den jungen Prinzen abwenden. Nie-mand schaute auf den Kasten mit Shivas Bogen, der hereingerollt wor-den war. So faszinierend und unwiderstehlich war die Strahlkraft dergöttlichen Prinzen. Vishvamitra drehte sich um und schaute zu Rama,der die Fähigkeit besass, sofort zu begreifen, was übermittelt wurde.Er stand auf und ging langsam zu Shivas Bogen. Viele begannen zulachen. Der mächtige Ravana war auch da. Es gab nur wenige auf derWelt, die mächtiger waren als er. Wenn selbst der grosse Ravana esnicht geschafft hatte, den Bogen zu heben, wie sollte es dann dieserjunge Knabe schaffen? So dachten viele in der Menschenmenge undsie lächelten alle höhnisch. Rama erreichte den Kasten und hob denBogen ganz beiläufig mit der linken Hand hoch. Als Janaka das sah,erinnerte er sich sofort an das, was Sita damals getan hatte. In dem-selben Augenblick wusste er, nur dieser Junge ist der ebenbürtige Part-ner für meine Sita. Darüber war Janaka sehr glücklich. Inzwischen wid-mete sich Rama der Aufgabe, den Bogen mit der Sehne zu spannen.Und während er das tat, zerbrach der Bogen Shivas. Eine ganz aus-sergewöhnliche Heldentat war vollbracht worden und das zumal voneiner anscheinend sehr jungen Person. Die riesige Zuschauermengewar überwältigt. Alle erkannten Sitas grosses Glück und murmelten:“Der Ehepartner unserer Sita ist so wundervoll. Er ist die Verkörperungdes Friedens, er ist wahrhaftig ein Prinz von Charakter und noch dazuso stark.” Was diese Ereignisse offenbaren ist, dass sowohl Sita alsauch Rama diese höchste göttliche Kraft in ihrer ganzen Fülle besas-sen. Sie ist voll und ganz dort und sie ist ebenso voll und ganz hier. Jenesist Vollkommenheit und Fülle und dieses ist ebenso Vollkommenheitund Fülle. Sita und Rama konnten beide Shivas göttlichen Bogen he-

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ben, weil beide die vollständige göttliche Kraft besassen. Rama besasssie als Verkörperung von Gott, während Sita sie besass, weil sie dieVerkörperung der Natur war. Natur und Gott sind zwei Aspekte der Gött-lichkeit. Göttliche Anziehungskraft die sich auf so viele Art und Weise kundtut,ist Beweis genug für die Existenz der Göttlichkeit. Obgleich all diesegöttliche Kraft im Menschen eingeschlossen ist, ist es doch für einennormalen Sterblichen nicht möglich, vollkommenen Zugang dazu zuhaben. All die verschiedenen Aspekte dieser höchsten göttlichen Kraftsind im Menschen vorhanden. Die verschiedenen im Menschen ver-borgenen Fähigkeiten und Kräfte, sind alle nur Aspekte von dieser ei-nen höchsten Kraft. Folglich liegt eine kosmische und göttliche Einheithinter der scheinbaren Vielfalt an Begabungen. Gewaltige Kräfte sindin jedem menschlichen Wesen verborgen. Aber leider gibt der Menschsich nicht die geringste Mühe, die Kraft und Begabungen die in ihm ver-borgen sind, zu verstehen. Er weiss sie nicht zu schätzen. Im Bewusst-sein seines körperlichen und geistigen Daseins, führt der Mensch einarmseliges Leben. Weshalb sollte sich der Mensch nach Vergnügun-gen und Wohlstand sehnen? Warum sollte er nach Gelehrsamkeit undgehobener Position streben? Es genügt ein mitfühlendes Herz, Friedenund Freude zu haben. Was wir brauchen sind Menschen mit Tugenden.Der grösste Bedarf für die Menschheit sind einzig und allein solcheMenschen. Es ist keine grosse Tat, weltlichen Erfolg zu erreichen, undmit Wohlstand anzugeben. Die wahre Stärke eines menschlichen We-sens, besteht im inneren Frieden und innerer Freude. Frieden undFreude fliessen aus der göttlichen Kraft. Die Macht der göttlichen An-ziehung ist unglaublich stark. Dieses riesige Reservoir von göttlicherAnziehungskraft schlummert in jedem menschlichen Wesen. Zum Beispiel gibt es im Menschen die Kraft und die Fähigkeit Wärme-energie und elektrische Energie hervorzubringen. Der Körper jedesMenschen ist ein Minigenerator. Das menschliche Herz ist eine ArtFernseher. Der menschliche Verstand ist wie eine Kamera. Enorme Fä-higkeiten wie diese, sind im Menschen vorhanden. Die Kraft, die imMenschen nicht gefunden werden kann, wird auch nirgendwo sonst imUniversum gefunden werden. So mächtig ist der Mensch und so starkist er in Wirklichkeit. Es ist eine Niedertracht, die gewaltige im Men-schen verborgene göttliche Kraft herabzusetzen, und ihn als schwachund machtlos zu betrachten. Wie sehr wird doch die menschlichen Kraft, die Fähigkeiten und dieMacht missbraucht, und wie vielen Leiden werden die Menschen da-durch ausgesetzt. Anstatt herabgewürdigt zu sein wie zur Zeit, sollte

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das menschliche Leben als ewiges Zeugnis und Beweis für die Majestätder göttlichen Kraft stehen.Welche Fähigkeiten auch immer der Gegner hat, die gleichen Fähig-keiten sind auch in demjenigen vorhanden, der dem Gegner gegen-übertritt. Dies wird anschaulich verdeutlicht, durch eine Begebenheitim Ramanaya. Im Ramayana gibt es die mächtige Persönlichkeit Vali. Er wurde miteiner ursprünglichen Anziehungskraft geboren. Tatsächlich war erselbst die Verkörperung einer solchen Macht. Vali forderte Rama zueinem Kampf mit ihm heraus. Vali war mit einer besonderen Kraft ge-segnet, die ihm die Fähigkeit gab, seinem Gegner die Hälfte seiner Kraftzu entziehen, wenn er ihm direkt gegenüberstand. Darum verstecktesich Rama hinter einem Baum, und tötete Vali mit einem Pfeilschuss.Leute, die dieses Geheimnis nicht kennen, wenden ein, warum ver-steckte sich Rama hinter einem Baum um zu kämpfen. Sowohl Ramaals auch Vali besassen auf ihre Weise gewaltige Kraft. Einige argu-mentierten so: “Zugegebenermassen hat es Vali fertig gebracht, diehalbe Kraft seines Gegners aus ihm herauszusaugen. Dennoch istRama der höchste Gott. Er war sicherlich nicht durch das Geschenk,das Vali erlangt hatte, eingeschränkt.” Dies ist zweifelsohne wahr. Ob-gleich er sogar all die Kraft hatte, Vali von Angesicht zu Angesicht zubesiegen, respektierte Rama doch die Gabe, die Vali sich verdient hatteund zog es vor, seine eigenen göttlichen Kräfte einzuschränken. So was macht Gott in Menschengestalt häufig. Die unendliche Kraftsteht ihm immer zur Verfügung, aber fast ständig hält er sie zurück,selbst wenn Unwissende aus einer solchen Beschränkung falscheSchlüsse ziehen könnten. In Wahrheit gibt es keine Notwendigkeit,dass Gott sich so sehr einschränkt. Doch je nach der Situation und denUmständen, aus Rücksicht auf das Wohlergehen und die Freude derMenschen, mildert Gott in Menschengestalt absichtlich den Gebrauchseiner göttlichen, unendlichen Kraft. Da Gott seine Kraft verbirgt, kann man zeitweilig zu zweifeln beginnen.Warum macht Sai Baba, der doch so mächtig sein soll, nicht diese ein-fache Sache? Swami übt seine Macht nicht aus, wenn die Zeit und dieUmstände nicht angemessen sind. Nur Gott allein hat die Macht zu han-deln, wann und wie er will. Wenn er es wünscht, kann er sogar die Um-stände ändern und tut dies auch. Das kann niemand sonst. Das Folgende geschah bei Ramas heiliger Hochzeit. Die Hochzeit dervier Brüder Rama, Lakshmana, Bharata und Shatrughna fand zur sel-ben Zeit statt. Wie ihr wisst, bekränzen sich Braut und Bräutigam beider Hochzeit gegenseitig mit Girlanden. Alle hielten Girlanden in den

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Händen. Sita auch. Und zwar war es so, dass erst nachdem Sita undRama ihre Girlanden ausgetauscht hatten, auch die anderen Paare,dieselbe Zeremonie vollziehen konnten. Rama war sehr gross, Sita war vergleichsweise klein. Daher musstesich Rama, um Sita zu bekränzen, sehr bücken. Bücken bedeutete ver-beugen. Und Rama wollte sich in der Öffentlichkeit nicht verbeugen.Jetzt war der richtige Moment, für ein göttliches Schauspiel gekommen. Damit Sita Rama bekränzen könnte, müsste er seinen Kopf neigen.Doch gab es beim verbeugen noch weitere Gesichtspunkte. DassRama sich in der Öffentlichkeit vor einer Frau verneigt, egal unter wel-chen Umständen, war aus königlicher Sicht völlig unannehmbar. Alsoentschied Rama, dass er, der heldenmütige, seinen Kopf nicht neigenwürde, selbst wenn die Hochzeitszeremonie es verlangte. Inzwischen wartete Sita mit der Girlande in der Hand darauf, dassRama den Kopf neigen würde. Die Zuschauer, welche die Hochzeits-zeremonie miterlebten, wunderten sich, was dort geschah: “Warumneigte Rama seinen Kopf nicht, damit Sita ihn bekränzen konnte? Wus-ste Rama denn nicht, dass Sita viel kleiner war als er?” Aber an dieser Stelle muss ein Geheimnis gelüftet werden. Bis zu die-sem Moment hatte Rama Sita noch nie gesehen. Also konnte Rama,vom weltlichen Standpunkt aus gesehen, wirklich nicht wissen, dassSita viel kleiner war als er. Rama hielt an der Auffassung fest, dass dieeinzige Frau, die ein Mann ansehen darf, seine Ehefrau ist. Sita warihm aber noch nicht offiziell angetraut worden. Also war sie noch nichtseine rechtmässige Ehefrau. In diesem Moment war Sita eine unver-heiratete Frau, und gemäss der Verordnung geziemte es sich nicht füreinen Mann, irgend eine andere Frau anzusehen, ausser seiner Ehe-frau. Das war damals die strikte Verhaltensvorschrift, der Rama folgte.Ramas Betragen war auch ein Beweis für seinen vorbildlichen Cha-rakter. Rama war die Verkörperung von Tugend und Charakter. Ausdiesem Grunde hatte Rama sich strenge Verhaltensregeln gesetzt. Rama schaute zu Laksmana. Da Laksmana eine genaue und schnelleAuffassungsgabe besass, verstand er sofort, was Rama ihm mitteilte,und sagte: “Bruder, ich weiss, was du mir gerade sagst.” Laksmana wardie Verkörperung von Adishesha, der göttlichen Schlange, auf welcherder Herr ruht. Derjenige, welcher den Herrn trägt, wurde nun gebeten,das Stück des Erdbodens, auf dem Sita stand, anzuheben. So würdeRama sich nicht verneigen müssen, um Sita zu bekränzen. In Antwortauf Ramas Vorschlag, den er ihm durch eine zarte Geste mitgeteilt hat-te, sagte Laksmana: “Bruder, es ist nicht möglich, nur einen einzelnen

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Teil der Erde anzuheben. Wenn ich die Erde anhöbe, würdest du gleich-zeitig mit Sita angehoben. Das geht also nicht.” Dann wandte Laksmana einen hübschen Trick an. Vor aller Augen warfer sich plötzlich Rama zu Füssen. Laksmana stand nicht wieder auf,und blieb lange bei Ramas Lotosfüssen. Rama, welcher der mitfühlen-de Herr und äusserst aufmerksam zu seinen Anhängern ist, beugte sichdaraufhin hinunter, um Laksmana emporzuheben. Auf diesen Momenthatte Sita gewartet. Sie ergriff sofort die Gelegenheit und bekränzte Ra-ma.Der Heilige Tyagaraja, ein grosser Anhänger Ramas, kannte RamasHerrlichkeit genau und sang folgenden Lobpreis auf ihn:

“O Rama, deine Macht ist unübertroffen.Wie könnte sonst ein gewöhnlicher Affe den Ozean überspringen?

Wäre sonst Lakshmi deine Gemahlin als Vishnu?Würde der tapfere Laksmana dich sonst verehren?

Würde der intelligente Bharata dir seine Ehrerbietung darbringen?”

Wie hätte Laksmana ohne die begeisterte Hingabe, die Anhänger desHerrn für den Herrn empfinden, verstehen können, was Rama wollte? Wenn der Herr als Inkarnation herabkommt, handelt er geheimnisvollund scharfsinnig und im Einklang mit der Situation und den Umständen.Ramas königlicher Rang erlaubte es ihm nicht, sich öffentlich vor Sitazu verneigen. Auch nicht zum Zweck der Heirat. Also musste ein ge-eignetes Schauspiel inszeniert werden. So, dass das Ziel ohne Verlet-zung der Hauptgrundsätze erreicht wurde.

Die Menschen lesen die Epen Ramayana, Mahabharata und die Bha-gavadgita routinemässig. Nur wenige bemühen sich, die tiefsinnige spi-rituelle Bedeutung der Taten des Herrn zu verstehen. Die verborgeneGegenwart der göttlichen Kraft in jedem menschlichen Wesen ist einsehr wichtiger Faktor. Diese verborgene Kraft ist es, die den Menschenauch automatisch zum Göttlichen hinzieht. Es ist wie mit den Eisen-spähnen, die zum Magneten hingerissen werden. Wie könnte mansonst die Anwesenheit so vieler Tausender erklären, die von so vielenOrten und Ländern hierher gelockt wurden? Wer hat all diese Leute ein-geladen? Wer hat ihnen Einladungen geschickt? Keiner. Die innewoh-nende und unwiderstehliche göttliche Anziehungskraft des Namensund der Form ist es, die so viele Menschen hierhergebracht hat. Niemand bemüht sich auch nur im Geringsten, diese göttliche Anzie-hungskraft zu erkennen. Die Leute sagen: “Mir war so danach, deshalb

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bin ich hergekommen.” Woher rührt denn dieser Wunsch, hierherzu-kommen? Die Macht der göttlichen Anziehungskraft ist es. Es ist un-möglich, diese aussergewöhnliche Kraft der göttlichen Anziehung mitWorten zu beschreiben. Gott hat grenzenlose Anziehungskraft, aber obgleich sich die göttlicheKraft ununterbrochen als Anziehung zeigt, hebt sie sich nicht immerdurch Wunder ab. Gott in Menschengestalt nutzt selten seine Kraft, umWunder zu bewirken. Der verkörperte Gott begrenzt von sich aus dieNutzung seiner Kraft, die er besitzt. Wenn man einen leeren Becher in den riesigen Ozean senkt, füllt dasWasser zweifelslos den Becher. Aber es liegt auf der Hand, dass derBecher nicht das ganze Wasser des Ozeans aufnehmen kann. DieMenge des Wassers im Becher hängt von seiner Grösse ab. Aber, wasden Geschmack betrifft, gibt es überhaupt keinen Unterschied zwi-schen dem Wasser im Becher und dem Wasser im Ozean. Das Wasserim Meer und das Wasser im Becher schmecken beide salzig. Genauso ist es, wenn Gott in Menschengestalt beschliesst, den Gebrauch sei-ner göttlichen Kraft einzuschränken, dann erscheint sie von der Mengeher endlich, und begrenzt. Die göttliche Kraft ist in verborgener Gestaltin jedem menschlichen Wesen vorhanden. Weil die göttliche Kraft injedem gegenwärtig ist, sagt man, dass Gott allgegenwärtig ist. Das istauch der Grund, warum man sagt: “Gott durchdringt das ganze Uni-versum.” Die Kamera, genannt menschliches Herz, kann alle möglichen Szenen,Bilder und Erfahrungen einfangen. Was jedoch als äussere Szenen ge-sehen wird, ist nichts anderes, als die Widerspiegelungen der Originaleim Herzen. Alles im Aussen ist einzig und allein eine Reaktion, eine Wi-derspiegelung und ein Widerhall dessen, was schon im Inneren ist.Was auch immer ihr im Universum seht, ist nur eine Rückwirkung, eineEcho der ursprünglichen kosmischen Saat in euch. Der Mensch mussden Versuch unternehmen, ausser dem zugrunde liegenden Prinzip,die Beziehung zwischen der kosmischen Saat und dem Kosmos selbstzu erkennen. Heutzutage meditieren die Menschen und befassen sich mit den un-terschiedlichsten Bemühnungen, aber Gott kann durch solche abge-droschenen spirituellen Praktiken nicht erreicht werden. Da es keineguten Lehrer gibt, welche die richtige Weisung geben können, fallendie Menschen leicht der Unwissenheit zum Opfer. All diese sogenann-ten spirituellen Übungen stellen nicht wirklich den spirituellen Weg dar.Dies sind nicht die Wege, auf denen man die Göttlichkeit erreichenkann.

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Was ist der richtige Weg zu Gott? Wer das Göttliche kennt, wird selbstgöttlich. Das bedeutet, dass ihr anderen dieselbe Liebe erweisenmüsst, die Gott euch erweist. Genauso wie Gott seine Liebe auf allegleichermassen ausschüttet, müsst auch ihr ohne Unterschied lieben.Gott wird nur dann euer, wenn ihr alle als gleich erachtet. Das göttlichePrinzip, das verschlüsselt im Herzen ruht, ist nichts anderes, als dasPrinzip der Einheit. Dieses Prinzip der Einheit geht mit dem universellenPrinzip der Liebe einher. Dies muss richtig verstanden werden, nurdann kann die Göttlichkeit erreicht werden. Zu Gott zu gelangen bedeutet nicht, dass Gott von Aussen kommt, undmit euch vereint würde. Es bedeutet einfach nur, dass das, was in euchnoch unbekannt verborgen liegt, jetzt zum Vorschein kommt. Das istes, worauf sich Reaktion, Widerspiegelung und Widerhall bezieht.Alles in der äusseren Welt ist eine Reaktion, eine Widerspiegelung undein Widerhall. Die einzige Wirklichkeit ist innen. Diese Wirklichkeit imInneren ist der Ursprung, die Basis, auf der alles ruht. Niemand bemühtsich, diese fundamentale Basis zu erkennen. Um dieses grundlegende Prinzip zu verstehen, ist es das Einfachste,genau Gottes Weisungen zu folgen, und die Versprechen zu halten.Stehe zu deinem Wort, und du wirst erreichen können, was du möch-test. Das ist der Weg um erfolgreich zu sein. Auf keine andere Weisekann Verdienst erworben werden. Nur, weil man körperlich stark ist,heisst es nicht automatisch, dass man alles erreichen kann, was manwill. Gott ist ohne Eigenschaften. Darum wird er als der Eine bezeichnet,der jenseits aller Eigenschaften oder Merkmale ist. Wenn Gott über-haupt eine Eigenschaft besitzt, ist es göttliche Liebe. Diese Liebe istgleichfalls Leben. Einzig diese Liebe ermöglicht eine wahre und dau-erhafte Beziehung zum göttlichen Wesen. Liebe es zu lieben. Bemühedich, das, was du erreicht haben willst, durch die Liebe zu erreichen.

Verkörperungen der Liebe! Es ist nicht leicht, das Göttliche zu verste-hen. Wenn ihr jedoch das Göttliche verstanden hättet, würdet ihr er-kennen, dass es nichts Einfacheres gibt. Ihr würdet alles in der Handhaben. Derjenige, der Gott versteht, kann auch die ganze Welt verste-hen. Die Upanishaden haben diese Wahrheit verkündet. Sie sagen: “Wenndas Hauptprinzip verstanden wird, dann wird alles andere auch ver-standen.” Wenn dieses Hauptprinzip nicht begriffen wird, dann kanndas andere auch nicht richtig verstanden werden. Auch wenn ihr euchder Illusion hingebt, dass ihr es verstanden hättet.

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Wenn ihr erst einmal wisst was Silber ist, werdet ihr Silber erkennen,wo immer es sich befindet. Silber bleibt Silber, egal in welche Form manes giesst. Genauso verhält es sich mit Gott. Wenn man Gott, der dieLiebe selbst ist, mit Liebe betrachtet, dann sieht man überall nur Liebe.Weil der Mensch nicht verstehen kann, dass Gott Liebe ist, wird er inProbleme verstrickt. Gott muss allein durch Liebe erreicht werden. Erkann nicht durch Macht, Position, Stolz oder Wohlstand erreicht wer-den. Einst bat ein Gläubiger inständig darum, die Vision Krishnas zu erhal-ten. Er hatte sich von allen weltlichen Angelegenheiten losgesagt, undwar absolut frei von allen weltlichen Wünschen. Er sagte: “Ich wünschenichts weiter als Krishna.” Rhada war darüber erfreut und beschloss,dass dieser Mann belohnt werden sollte. In der Nähe des Dorfes in dem der Gläubige lebte, gab es einen See.Eines Tages kam ein Verkäufer von Armreifen am Seeufer entlang. Daer durstig war, ging er zum Wasser hinunter, um seinen Durst zu lö-schen. Als er hinunterstieg, klimperten und klingelten die Armreifen, dieer bei sich trug. Plötzlich tauchte aus dem Wasser eine Hand auf. EineStimme sagte: “Mein Herr, würden sie bitte diese Hand mit Armreifenschmücken?” Kein Gesicht war zu sehen, nur eine Hand. Höchst ver-wundert antwortete der Händler: “Ich werde ihnen alles geben, was siewünschen.” Die Stimme antwortete: “Streifen sie Armreifen über meineHand.” Und der Händler tat es. Dann erschein eine zweite Hand undwurde ebenfalls mit Armreifen geschmückt. Daraufhin fragte die Stim-me: “Mein Herr, was kosten all die Armreifen, die sie mir gegeben ha-ben?” Der Verkäufer antwortete: “Meine Dame, der Preis ist nicht hoch.Nur zwei Rupien.” Die Stimme fuhr fort: “Ich wohne im Dorf. Im Hausgibt es ein kleines Zimmer. In dem Zimmer ist ein Fenster. Hinter demFenster ist ein kleiner Verschlag, in dem ich Geld aufbewahrt habe.Hole den Geldbetrag vom Hausherrn. Der Händler folgte den Hinwei-sen und ging zu dem Haus. Er sagte dem Hauseigentümer: “Mein Herr,am See habe ich ihrer Tochter Armreifen gegeben. Sie bat mich, dasGeld bei ihnen abzuholen.” Äusserst verwundert antwortete der Mann:”Ich bin nicht verheiratet, wie kann ich da eine Tochter haben? Jemandhat sie falsch informiert. Was sie sagen, stimmt nicht.” Inzwischen be-gann der gläubige Mann sich zu wundern und er war peinlich berührt.Mit der Erwähnung einer Tochter, klagte der Händler ihn einer Unsitt-lichkeit an. Er fragte sich: “Bin ich je vom Pfad der Tugend abgewichen?Ich war immer ehrlich und wahrhaftig. Ich halte mich stets an die Wahr-heit. Wie sollte ich denn in Versuchung geraten sein? Ich habe kein Be-gehren. Offensichtlich hat jemand dem Händler falsche Informationen

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gegeben. Darauf fragte er den Händler: “Wo war diese Frau?” “Sie warnahe beim See,” antwortete der Verkäufer. Und sie war es, die mir sehrexakte Anweisungen gab, auch wo genau das Geld zu finden ist.” Dabeschloss der gläubige Krishnaanhänger alles zu überprüfen und gingins Haus. Er war sicher, dass es das besagte Fenster nicht gab, dasdie Frau am See erwähnt hatte. Jedoch, als er hineinging, was war da?Ein Fenster, wo vorher nie eins gewesen war. Hinter dem Fenster warein kleiner Verschlag. Und als er hineinschaute, fand er genau den Be-trag, den er für die Bezahlung brauchte. Als der Verkäufer das Gelderhielt, sagte er: “Mein Herr, ich sagte ihnen ja, dass der Betrag in demVerschlag zu finden ist. Daraufhin sagte der Mann zu dem Verkäufer:“Bitte, bringen sie mich zum See, genau an die Stelle, wo sie die Arm-reifen verkauft haben. Ich möchte die Dame sehen.” Überzeugt davon,dass die besagte Dame niemand anderes als Rhada war, folgte derMann dem Händler und sang laut: “Rhada, Rhada.” Als sie das Seeufererreichten, sagte der Händler: “Meine Dame, der Mann gab mir dasGeld für die Armreifen. Genau wie sie es gesagt haben.” Da hörten sieeine ätherische Stimme, die fragte: “Haben sie das Geld erhalten?” DerHändler bejahte und sagte: “Sehen sie, ihr Vater ist auch mitgekom-men, bitte zeigen sie sich ihm.” Da sagte die Stimme: “Ich kann meineHand jedem zeigen, aber mein Angesicht zeige ich nur Krishna. NurKrishna kann mich sehen, niemand sonst.” Von dem Tag an verbrachteder gläubige Mann die ganze Zeit an dieser Stelle und sang unablässigRhadas Namen. Schliesslich wurde er mit einer Vision von Rhada undKrishna gemeinsam gesegnet. Es war seine feste Entschlossenheit,die ihm das einbrachte, was er sich am meisten wünschte. Wenn du beschlossen hast, was es zu beschliessen galt, halte daranfest, bis du das Ziel erreicht hast. Solch feste Entschlossenheit ist es,die Gott erwartet. Wenn du gewünscht hast, was es zu wünschen galt,halte daran fest, bis dein Wunsch in Erfüllung geht. Wenn du erbetenhast, was es zu bitten galt, halte daran fest, bist du es erhälst. Wenndu gedacht hast, was es zu denken galt, halte daran fest, bis der Ge-danke sich erfüllt. Hierbei gibt es jedoch zwei Abmachungen: Wenn derHerr deinen Wünschen nicht länger widerstehen kann, muss er sie ge-währen. Völlig in den Herrn versunken, musst du ihm keine andereWahl lassen, als nachzugeben. Denke daran, es ist das Kennzeicheneines wahren Gläubigen, niemals aufzugeben. Dies ist die feste Ent-schlossenheit, die einen wahren Gläubigen ausmacht. Weil dieserGläubige so fest entschlossen war, konnte er den Anblick von Rhadaund Krishna erhalten. Er war völlig befreit.

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Obgleich Gott überall in subtiler Form gegenwärtig ist, manifestiert ersich doch auch, und gewährt eine Vision in einer bestimmten Form, ent-sprechend den Umständen, der Situation, der Zeit und dem Ort. Gottverschleudert sich nicht billig, indem er ohne Berücksichtigung von Zeitund Umständen erscheint. Gott fragt nach: “Ist eine körperliche Er-scheinung erforderlich oder nicht. Gott untersucht alle fraglichen Punk-te. Wann, wo, warum und wie. Nur wenn es die richtigen Antworten dar-auf gibt, offenbart sich Gott.” Begreife, dass du in dir alle Fähigkeiten und Kräfte hast die du brauchst,um Gott nicht nur zu kennen, sondern zu erreichen. Du brauchst nir-gendwo anders hinzugehen, um nach diesen Kräften zu suchen. DieKraft, die nicht im Menschen vorhanden ist, ist auch nirgendwo anderszu haben. Der Mensch ist aussergewöhnlich machtvoll. Und derMensch ist auch sehr heilig. Er ist in der Lage, das ideale Vorbild füralle zu sein. Er kann alles erreichen. Aber er muss entschlossen sein,es auch zu tun. Er sollte sich nicht in Widrigkeiten und Zweifeln die da-zwischen kommen verlieren. Nach sehr grossen Mühen flogen die Amerikaner zum Mond. DerMensch ist hunderttausende von Meilen in den Weltraum gereist. Aberist er auch nur den Bruchteil des Centimeters in sein Herz gereist, dasdoch so nah ist? Ihr gebt euch so viel Mühe, um äusserer, materiellerund weltlicher Dinge willen. Einmal fragte Narendra seinen Meister Ramakrishna Paramahamsa:“Meister, du sagst, dass du Gott sehen kannst. Warum kann ich esnicht?” Ramakrishna Paramahamsa stellte ihm eine Gegenfrage: “Jun-ger Mann, du vergiesst Tränen für deine Verwandten, Ehefrau und Fa-milie, und wegen Besitz, du weinst auch wegen deines Vaters, und dei-ner Mutter, aber weinst du jemals wegen Gott? Hast du jemalsseinetwegen irgendwann Tränen vergossen? Das hast du noch nie ge-tan. Wie kannst du dann Gott sehen? Also, weine um Gott. VergiesseTränen um Gott. Gib dir Mühe, Gott einzufangen, und dann halte ihnganz fest. Aber wenn es dir an Entschlossenheit fehlt, und du dich inder Alltagsroutine mit ihrem Auf und Ab verlierst, wie kannst du dannhoffen, Gott zu sehen?” Der Mensch wird immer von Zweifeln gequält. Solange wie der MenschZweifeln unterliegt, unterliegt er auch der Identifikation mit seinem Kör-perbewusstsein. Solange eine starke Bindungen an den Körper be-steht, wird keine wirkliche Bindung zu Gott entstehen. Daher ist es not-wendig, euch von Zweifeln zu lösen. Gott wird sich nicht manifestieren,solange Zweifel euch beherrschen.

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Ihr müsst feste Entschlusskraft besitzen. Das ist die wirkliche spirituellePraxis. Und das ist wahre Busse. Wenn diese spirituelle Praxis durch-geführt wird, offenbart sich Gott im Herzen. Weder durch Bussübungen, noch durch Pilgerreisen, weder durch dasStudium der heiligen Schriften, noch durch routinemässiges Rezitieren,sondern allein durch Dienst kann der Ozean des Lebens überquert wer-den. Im selbstlosen Dienen ist alles enthalten. Was nützt ein langes Leben ohne den Anblick Gottes, ohne ihn zu be-rühren, ohne mit ihm zu sprechen.” Solch ein Leben ist nutzlos, einetiergleiche Existenz. Die Leute sind ständig in Bewegung, hierhin unddorthin, aber das sind Hunde und Füchse auch. Wenn Swami bei sei-nen Reisen in ländliche Gegenden kommt, sehen ihn auch die Hunde.Aber erreichen sie etwa, nur weil sie Swami gesehen haben, sofort Be-freiung? Es genügt nicht, nur zu sehen. Man muss beim Anblick mit göttlicherSchau erfüllt sein. Nur Kontakt ist nicht genug. Man muss bei der Be-rührung mit göttlichen Gefühlen erfüllt sein. Ihr berührt so viele Men-schen, ihr seht so viele Menschen, ihr sprecht zu so vielen Menschen,aber es sind alles nur Routinehandlungen, und es stehen keine göttli-chen Empfindungen dahinter. Deine Beziehung zu Gott muss aus dergöttlichen Schwingung entspringen, die aus deinem Herzen strömt.Ohne diese göttliche Schwingung kannst du nichts Nützliches vollbrin-gen. Diese göttlichen Schwingungen sind auch in dir vorhanden. Diegöttliche Schwingung, die nicht in dir ist, ist auch nirgendwo anders. Aufgrund ihrer jeweiligen Empfindungen, sehen und erfahren verschie-dene Menschen Gott auf verschiedene Weise. Es gibt nicht ein be-stimmte Form in der Gott sich manifestiert. Er kann sich in jeder Gestaltseiner Wahl offenbaren. Jedoch wählt er die Gestalt, die der Gläubigezu sehen wünscht. Gott wird sich dem Gläubigen in der Gestalt zeigen, die der Gläubigegewählt hat, und nicht in irgend einer anderen Gestalt. Und dennochsind alle Gestalten, die Gestalt Gottes. Auf der fundamentalen und ab-strakten Ebene ist er zweifellos formlos. Aber auf Antwort auf die Wün-sche des Gläubigen, und als Lohn für die Verehrung des Gläubigennimmt die höchste unverkörperte göttliche Kraft die jeweilige beson-dere Gestalt an, die dem Gläubigen am besten gefällt. Nur die Person, die das Göttliche Prinzip völlig begreift, kann Gott ver-stehen. Daher versucht zuallererst Gott kennen zu lernen. Es gibt vielesinnvolle Wege, dies zu erlangen. Swami wird morgen darüber spre-chen.

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24. Oktober

Dasarafest

Wozu ist es nötig, übermässige Reichtümer aufzuhäufen?Es ist besser, man zügelt seine Wünsche

und ist mit einem kleinen Einkommen zufrieden.In dieser dualistischen Welt gibt es kein

vollkommenes Glück und kein vollkommenes Elend.

Verkörperungen der Liebe! Seit alten Zeiten haben die Upanishadendem Menschen heilige Lehren vermittelt; das legt Zeugnis von dem rei-chen kulturelle Erbe Bharats ab. Die Botschaft der Upanishaden istewig und unsterblich. Sie erklären “Gott ist die Essenz von allem”. Sowie Zucker in jedem Tropfen Sirup vorhanden ist, Butter in jedem Trop-fen Milch, so durchdringt Gott jedes Atom und jede Zelle der Schöpfung.Allerdings können nicht alle dieses heilige Prinzip und die Existenz derGöttlichkeit verstehen. Nur wenige können die Mysterien der Göttlich-keit verstehen, die alles, angefangen vom Mikrokosmos bis hin zumMakrokosmos, durchdringt. Die Upanishaden enthüllen viele Geheim-nisse, die dem Menschen sonst unbekannt blieben. So wie man im Zuk-kerrohr die Anwesenheit von Süsse erfahren kann, von Schärfe in Chil-lies, von saurem Geschmack in der Zitrone und den Duft in der Blume,so kann die Existenz des Göttlichen in der gesamten Schöpfung er-fahren werden. Kein Wissenschaftler oder Ingenieur kann dieses Prin-zip der Immanenz verstehen. All dies sind direkte Beweise für die Exi-stenz Gottes. Man sollte sich bemühen, dieses Prinzip zu erkennen.Man erlebt überwältigende Freude, wenn man einen kraftvoll strömen-den Fluss sieht, einen See, der bis zum Rand gefüllt ist oder eine gutgeratene Ernte. Sie alle sind unmittelbarer Beweis für Gottes Existenz.Aber der Mensch ist nicht in der Lage, das zu verstehen. Von der Geburtbis zum Tod durchläuft der Mensch verschiedene Erfahrungen. Aberer wird in die Irre geführt von dem Glauben, er sei der Handelnde unddie Ursache für all die Erfahrungen. Wie kann jemand, der seine eigenewahre Natur nicht versteht, das transzendentale Prinzip des Göttlichenbegreifen? Alles, was man hört, sieht, erfährt und geniesst weist aufdie Existenz Gottes hin. Der Mensch sollte jede Anstrengung unter-nehmen, das göttliche Prinzip zu verstehen. Heute erforscht derMensch alles ausser dem göttlichen Prinzip. Er verbringt jede Menge

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Zeit damit, Dinge wie Computer, Fernsehen, Telefon, etc. zu verstehen,aber er kann die Zeit nicht aufbringen, Gott zu erkennen.Die Upanishaden sagen: “Erkenne dich selbst.” Wenn du nicht weisst,wer du bist, wie willst du dann andere kennen? Der Mensch fragt an-dere: “Wer bist du?”, aber er fragt sich nicht: “Wer bin ich?” Der moderneMensch gibt sich Mühe, zu wissen, was in der Welt geschieht. Er kannin allen Einzelheiten die Geschehnisse in Amerika, England, Pakistan,etc. hersagen, aber er weiss nicht, was in ihm selbst vorgeht. Wennihn jemand fragt: “Wer bist du?”, stellt er sich mit Namen, Beruf und demOrt vor, wo er hingehört. Solche Antworten gibt jemand, der sich mitseinem Körper identifiziert. Doch diese Antworten sind oberflächlichund sagen nichts aus über die fundamentale Realität.Die Bhagavadgita sagt: Ich bin der Kenner, das wahre Subjekt, das al-len Wesen innewohnt.Ihr seid das erkennende Wesen, nicht der Körper. Ihr nennt Namen,Alter, Beruf und Geburtsort, wenn ihr euch vorstellt. Aber alle diese Din-ge beziehen sich nur auf den Körper, nicht auf seinen Bewohner. Esist, als würdet ihr Namen und Adresse des Hauses angeben und diePerson ignorieren, die darin wohnt. Der Körper ist wie ein Haus; ihr seidsein Bewohner. Ihr bemüht euch überhaupt nicht, diese Wahrheit zuverstehen. Wenn euch jemand nach Eurer Identität fragt, solltet ihr mitÜberzeugung sagen: “Ich bin Atman.” Das ist die korrekte Antwort.Was ist mit dem Begriff Atman gemeint? Es ist Bewusstsein. Die Vedenbezeichnen es als “Ich”. Dieses Prinzip des Ich ist allen gemeinsam.Wenn ich fragen würde: “Wer ist Ramaya?”, würde einer aufstehen, derdiesen Namen trägt, und sagen: “Ich.” Sei er Ramaya, Krishnaya, Go-vinda oder irgend ein anderer, jeder bezieht sich auf sich selbst als ‘ich’.Das bedeutet, jeder identifiziert das Prinzip des Ich mit dem Namen,der dem Körper gegeben wurde. Man sagt: “Ich bin Rama”, “ich binKrishna”, “ich bin Govinda”. Rama, Krishna und Govinda klingen un-terschiedlich, aber das Prinzip des Ich ist in allen dasselbe. Es beziehtsich auf das wahre Göttliche Selbst eines jeden Individuums. Ihr seidnicht der Körper, ihr seid das innewohnende Selbst. Die Upanishadenlösen durch ihre Botschaften die Zweifel des Menschen auf.Es gibt eine Kraft im Menschen, die nicht wahrgenommen noch ver-standen werden kann. Im Westen nennt man diese transzendentaleKraft ‘Neotics’. Dieses kann als das Bewusstsein verstanden werden,das jedes Wesen von Kopf bis Fuss durchdringt. Es hat magnetischeKraft und kann weder erschaffen noch zerstört werden. Bewusstseinhat weder Geburt noch Tod. Es hat weder Anfang noch Ende.

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Der grosse Wissenschaftler Newton verkündete dieselbe Wahrheit. Erwar es, der entdeckte, dass die Erde magnetische Kraft hat. Diese istnicht auf einen bestimmten Ort begrenzt sondern überall vorhanden.Einstein sagte, dass abgesehen von allen anderen Formen der Ener-gie, wie z.B. Magnetismus, sogar die Materie in elektrische Energie um-gewandelt werden könne, die wiederum zu Lichtenergie und Hitze ver-ändert werden kann. In dieser Weise kann man die Form von Energieverändern, aber niemand kann sie erschaffen oder zerstören.Niemand kann das Gottesprinzip begreifen. Wie kann jemand den Vor-gang der Geburt eines Vogels erklären? Wer hat ihn in das Ei getan?Und woher weiss das Junge, wie es die Schale aufbrechen und her-auskommen kann? Ein riesiger Baum mit all seinen Zweigen und Früch-ten ist in einem winzigen Samen enthalten. All dies weist auf die Exi-stenz Gottes hin. Brahman, Gott, ist subtiler als das Subtilste, riesiger als das Riesigste.Es ist der ewige Zeuge und durchdringt das gesamte Universum in derForm von Atman, dem Samen der Schöpfung. Niemand kann den Vorgang erklären, wie ein Vogel aus dem Ei her-auskommt und wie ein Baum aus einem winzigen Saatkorn spriesst.Man mag sich das mit seiner eigenen Einbildungskraft deuten, aber die-se Interpretationen sind nicht wahr.Ein Tropfen Wasser erinnert einen an den Fluss Ganges. Man mag den-ken, zwischen einem Tropfen Wasser und dem Fluss Ganges gebe eseinen grossen Unterschied, aber der Unterschied besteht nur in derMenge. Viele Tropfen Regenwasser formen einen Bach. Viele Bächeformen einen Fluss. Alle Flüsse gehen letztendlich im Ozean auf. Dar-aus kann man schliessen, dass der Ozean nichts ist als eine Ansamm-lung von Wassertropfen. Gott ist in dem Tropfen ebenso gegenwärtigwie in dem mächtigen Ozean. Ein Feuerfunke entwickelt sich zu einerFeuersbrunst. In dieser Schöpfung finden wir, dass Dinge, die gar nichtins Auge fallen, gewaltige Ausmasse annehmen können. Durch jedeVeränderung, die in der Welt geschieht, können wir Gottes Existenz be-greifen. Wenn ihr Gott sehen wollt, könnt ihr ihn in jedem Objekt desUniversums sehen.

Ihr seht Gott die ganze Zeit, trotzdem meint ihr, ihn nicht gesehen zuhaben. Kann es einen grösseren Narren geben? Wer ist für des Men-schen Geburt und Wachstum verantwortlich? Ihr denkt, Nahrung seidafür verantwortlich, aber wer hat die Nahrung erschaffen? Wenn ihrentlang dieser Linien nachforscht, werdet ihr am Ende die fundamen-tale Grundlage erkennen.

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Die Hitze des Sonnenlichts verwandelt Meerwasser in Dämpfe, die wie-derum Wolken bilden. Wenn der Wind auf die Wolken bläst, fängt eszu regnen an. Regentropfen formen einen Bach, Bäche formen Flüsse,die schliesslich eins mit dem Ozean werden. So sehen wir, dass dieFlüsse, die aus dem Meer geboren werden, am Ende wieder mit ihmverschmelzen. Das ist es, was der Vedanta sagt: “Es ist ganz natürlichfür den Menschen, zu seinem Ursprung zurückzukehren”. Der Menschversucht gar nicht, diese Wahrheit zu verstehen. Der Mensch kennt we-der den Ort seines Ursprungs, noch weiss er seine Bestimmung. Waswird mit einem Brief geschehen, der weder einen Absender noch eineEmpfängeranschrift aufweist? Er geht an die Sammelstelle für unzu-stellbare Post. Der Mensch sollte wissen, woher er kommt oder wenig-stens seine Bestimmungsadresse kennen. Aber heute weiss derMensch beides nicht. Was ist das Schicksal einer solchen Person? Siegerät in die Falle des Zyklus von Geburt und Tod, um wieder und wiedergeboren zu werden und zu sterben. Ist es das, was ein menschliches Wesen tun sollte? Der Mensch wirdviele Male geboren und stirbt, trotzdem weiss er weder seinen Ursprungnoch seine Bestimmung. So ein Mensch kann mit einem Einbrecherverglichen werden. Wie kann man das sagen? Hier ist ein kleines Bei-spiel. Ein Einbrecher musste eine Strafe von drei Monaten absitzen.Nachdem die Zeit um war, sagte der Gefängnisaufseher zu ihm, er solleseine persönlichen Sachen packen und sich vorbereiten, am nächstenTag entlassen zu werden. Der Einbrecher antwortete: “Sir, warum sollteich meine Sachen mitnehmen? Lassen Sie sie doch hier, ich kommesowieso bald zurück.” Das bedeutet, er hatte gar nicht die Absicht, dieGewohnheit des Einbrechens aufzugeben. Das Gleiche kann man überden modernen Menschen sagen. Er kennt sein Ziel nicht, aber er weiss,dass er wiedergeboren wird. Er erkennt den Wert der menschlichen Ge-burt nicht. Der Atman ist der Ort des menschlichen Ursprungs und seinBestimmungsort. Nachdem er eine Geburt als Mensch errungen hat,sollte der Mensch diese Wahrheit kennen. Das Prinzip des Atmans istjenseits des menschlichen Begriffsvermögens.

Man kann Göttlichkeit erlangen, indem man verdienstvolle Taten voll-bringt. Böse Taten bringen einen in die Hölle. Man sollte gute Tatenvollbringen und mit Überzeugung sagen, dass man in den Himmelkommt. So ein Mensch ist dem Herrn lieb. Gott liebt die, die Glaubenhaben. Wenn ihr nicht glaubt, dass Soundso eure Mutter ist, könnt ihrsie nicht lieben.

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Wo es Glauben gibt, da ist Liebe;Wo Liebe ist, da gibt es Frieden;Wo Frieden ist, da ist Wahrheit;

Wo Wahrheit ist, da ist Glückseligkeit.Wo Glückseligkeit ist, da ist Gott.

Jemand ohne Glauben kann Gott niemals verstehen. Wie die Gedan-ken sind, so wird das Ergebnis sein. Wie kann jemand, der nicht an sichselber glaubt, anderen vertrauen? Welchen Nutzen hat das Leben,wenn man niemandem glauben kann? Also entwickelt zu allererstSelbstvertrauen. Wenn ihr Selbstvertrauen habt, werdet ihr die Gesell-schaft lieben. Jemand, der die Gesellschaft liebt, wird von Gott geliebt.Wenn ihr die Gesellschaft nicht liebt, wie könnt ihr erwarten, dass dieGesellschaft euch liebt? Baut das Haus eures Lebens auf den festenGrund des Selbstvertrauens. Auf dem Fundament des Selbstvertrau-ens könnt ihr die Wände der Selbstzufriedenheit errichten. Auf die Wän-de der Selbstzufriedenheit könnt ihr das Dach der Selbstaufopferunglegen. Erst dann könnt ihr ein Leben der Selbstverwirklichung leben.Jemand ohne Selbstvertrauen ist wie der ungläubige Thomas. Er kannim Leben nichts erreichen. Man sollte einen festen Glauben entwickeln.In der modernen Gesellschaft haben die Menschen den vertrauens-vollen Blick verloren. Der Mensch ohne Glauben kann mit einem Blin-den verglichen werden. Heutzutage glaubt der Mensch alles, was erin den Zeitungen liest. All diese Nachrichten sind einfach nur eine Be-lästigung. Jeder schreibt entsprechend seiner Meinung. Ihr solltet denNachrichten lauschen, die vom Herzen ausstrahlen und eine Herz-zu-Herz-Beziehung zu Gott entwickeln. Manche Nachrichten sind gut,manche sind schlecht, aber die meisten Nachrichten sind nur leeresGerede. Der Mensch regt sich über solche Nachrichten auf und ruiniertsein Leben. Man sollte sein Herz nicht verschmutzen, indem man un-heiligen Dingen Beachtung schenkt. Wo auch immer ihr seid, eure Si-cherheit ist garantiert, wenn ihr euer Herz rein haltet.Wie ich euch am Anfang sagte, braucht man keinen grossen Reichtum,um sein Leben zu leben. Wenn die Wünsche unter Kontrolle gehaltenwerden, genügt auch ein kleines Einkommen, um ein glückliches Lebenzu führen. Aber heute macht der Mensch keine Anstrengungen, seineSinne zu zügeln. Man sollte seine Sinne angemessen gebrauchen, umglücklich zu werden. Wozu sind euch Augen gegeben? Etwa um allesund jedes anzusehen? Nein. Die Augen wurden euch gegeben, umGott zu schauen. Ihr wisst, wozu euch Füsse gegeben wurden. Etwaum hierhin und dorthin zu wandern? Nein. Sie sind dazu da, um den

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Tempel zu umkreisen. Ihr wisst, wozu euch Gott Ohren gegeben hat.Etwa um leerem Geschwätz zuzuhören? Nein. Sie sind dazu da, dergöttlichen Herrlichkeit zu lauschen.Heute sind die Leute bereit, leerem Geschwätz zuzuhören, aber wenndie heiligen Geschichten des Herrn erzählt werden, verstopfen sie ihreOhren. Die Menschen werden niemals müde, ins Kino zu gehen, aberihre Augen finden es schwierig, sich auch nur eine Minute auf die schö-ne Form des Herrn zu konzentrieren.Es ist notwendig, dass der Mensch den Zweck versteht, für den der Herrihm Glieder gegeben hat. Er sollte rechten Gebrauch von seinen Sin-nen machen. Das war die spirituelle Praxis, die Buddha praktizierte undlehrte. Am Anfang studierte er viele heilige Texte, suchte viele edle See-len auf und hörte auf ihre Lehrreden. Aber er konnte von ihnen nichtdas ersehnte Glück bekommen. Da gab er alle Übungen auf und forsch-te nach, ob er den rechten Gebrauch von seinen Sinnen machte. Ererkannte, dass alle spirituellen Praktiken vergeblich sind, wenn manseine Sinne nicht in der rechten Weise gebraucht. Zuerst entwickelteer das rechte (heilige) Sehen, das den Weg ebnete zum rechten, hei-ligen Empfinden, zur rechten, heiligen Sprache, rechtem, heiligemHandeln und einem rechten, heiligen Leben. Die wahre spirituelle Pra-xis besteht in der Kontrolle der Sinne. Das war die Hauptlehre des Bud-dha.In Shirdi gab es einen Devotee namens Chandubai Patel. ChandubaiPatel war ein grosser Devotee und er war wohlhabend. Eines Tageskam ein Geschäftsmann zu Chandubai Patel, der gerade im Andachts-raum war. Er musste lange auf ihn warten. Als Chandubai Patel endlichaus dem Andachtsraum kam, fragte ihn der Geschäftsmann: “Patel, duhast alles, was das Leben angenehm und bequem macht, zu deinerVerfügung. Du bist gesund, wohlhabend und mit guten Kindern geseg-net. Dir fehlt es an nichts. Warum betest du noch zu Gott?“ ChandubaiPatel antwortete: “Ich bete nicht um Gesundheit, Wohlstand und Be-sitztümer zu Gott. Wozu sollte ich um etwas beten, was ich schon habe.Ich bin kein Narr. Ich bitte Gott um etwas, das ich nicht habe.“ Über-rascht von dieser Antwort fragte der Geschäftsmann: “Gibt es denn ir-gendetwas, das dir fehlt?“ Darauf antwortete Chandubai: “Ich habe al-len Komfort und alle Bequemlichkeiten, aber ich habe keinen innerenFrieden und keine Glückseligkeit. Gott ist die Verkörperung des Frie-dens. Er ist der Einzige, der Frieden gewähren kann. Deshalb bete ichzu Gott, er möge mir Frieden und Glückseligkeit gewähren.“ Dieser Vor-fall öffnete dem Geschäftsmann die Augen. Der Mensch sollte zu Gottbeten und ihn um etwas bitten, was er nicht hat. Er hat alles zu seiner

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Verfügung ausser Frieden und Glückseligkeit. Er kann alles im Lebenerreichen, aber Gott allein kann ihm Frieden und Glückseligkeit schen-ken. Der Geschäftsmann erkannte diese Wahrheit.Die blosse Wiederholung des Namens Gottes ist nicht genug. Man soll-te sich an der Arbeit für Gott beteiligen. Einmal stellte Vibhishana, derBruder des Dämonen Ravana, Hanuman folgende Frage: “Ich liebe un-seren Herrn Rama von ganzem Herzen und singe seinen Namen vier-undzwanzig Stunden täglich. Wie kommt es, dass er mir noch nicht sei-ne Gnade geschenkt hat?“ Hanuman antwortete: “Oh, du Einfaltspin-sel, zweifellos singst du Ramas Namen, aber beteiligst du dich auchan seinem Werk? Es ist fast zehn Monate her, seit Sita nach Lanka ge-bracht wurde. Hast du irgendeine Anstrengung zu ihrer Befreiung un-ternommen?“ Vibhishana hörte auf Hanumans Rat und ging zu Rama,um ihm seine Dienste anzubieten. Neben der Wiederholung von GottesNamen sollte man sich auch an Aktivitäten in seinem Dienst beteiligen.Chandubai Patel, der ein glühender Devotee Shirdi Babas war, be-suchte Shirdi häufig. Er gab vielen Menschen Nahrung in dem Gefühl,dass Baba in allen gegenwärtig ist.

Er fütterte sogar die Hunde. Gott ist auch im Hund anwesend. Jemand,der die innere Schau hat, wird Gott auch im Hund sehen. Den Hundnur als Hund zu sehen, ist Täuschung, und Gott in ihm zu visualisieren,ist Befreiung. Chandubai Patel konnte Shirdi Baba in jedem Wesen se-hen. So einen Glauben und solche Hingabe hatte er zu Shirdi Baba.Auch Nana war ein grosser Devotee Shirdi Babas. Er betrachtete Babaals sein Leben selbst. Aber er hatte gewisse Familienverantwortlich-keiten. Shirdi Baba selbst hatte ihn angewiesen, mit seiner Familie zuleben und seine Verantwortlichkeiten zu erfüllen. Seine Schwieger-tochter war schwanger und litt unter Wehen. Er betete von ganzem Her-zen zu Baba, sie zu beschützen. Er konnte sie nicht allein lassen undnach Shirdi gehen, da er der einzige Mann im Haus war. Er betete zuBaba: “Baba, du bist unsere einzige Zuflucht. Du allein kannst uns be-schützen.“ Baba hörte sein Gebet und rief sofort einen seiner Devotees,gab ihm Vibhuti und sagte ihm, er sollte gehen und es Nana bringen.Normalerweise hätte die Person anderthalb Tage gebraucht, um Na-nas Dorf zu erreichen. Aber Shirdi Baba mit seinem göttlichen Willenbeschleunigte die Dinge. Als die Person die Zugstation vor Nanas Dorferreichte, wartete eine Pferdekutsche auf ihn und brachte ihn zu NanasHaus. Er sagte zu Nana: “Baba hat mich geschickt. Er gab diesesPrasad für deine Schwiegertochter.“ Nanas Freude war grenzenlos. Ermischte das Prasad sofort mit Wasser und gab es seiner Schwieger-

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tochter. Innerhalb einer Minute brachte sie einen Jungen zur Welt. AlsNana draussen nach der Pferdekutsche sehen wollte, fand er wedereine Kutsche noch den Fahrer. Er suchte das ganze Dorf ab, konnteihn aber nicht finden. Da erkannte er, dass das Babas göttliches Spiel(lila) war. Er nannte seinen Enkelsohn nach Baba. Shirdi Baba setzteviele solcher spannenden Geschichten in Szene, wenn es um die Ret-tung seiner Devotees ging. Baba ist der beste Schauspieler in jedemDrama.Gottes Wege sind geheimnisvoll. Eines Tages, als Kasturi, Loka-natham und Suraya bei mir waren, verliess ich plötzlich meinen Körper.Sie waren glühende Devotees und hatten volles Vertrauen zu mir. Siewaren jeden Tag um mich, bis ich mich für den Tag zurückzog. Als ichnun meinen Körper verliess, vergossen sie Tränen. Lokanatham fiel mirzu Füssen und fing bitterlich zu weinen an. Aber Kasturi wusste, dassich, als Antwort auf das Gebet eines Devotees, nur woandershin ge-gangen war. So flösste er den anderen Mut ein und sagte: “Weint nicht.Im Gegenteil, ihr solltet darüber glücklich sein. Irgendwo weint ein De-votee. Swami ist gegangen, um ihm die Tränen abzuwischen.“Nach zwei Stunden kehrte ich in meinen Körper zurück. Da bat Kasturimich: “Swami, wir haben kein Recht, dich von der Rettung deiner De-votees abzuhalten. Aber wenn du gehst, verlasse bitte deinen Körpernicht so wie jetzt. Tatsächlich brauchst du deinen Körper überhauptnicht zu verlassen, um zu gehen. Du kannst hier sein und trotzdem dei-ne Devotees überall auf der Welt retten.“ An jenem Tag gab ich Kasturiund Suraya das Versprechen, mich entsprechend ihrer Bitte zu ver-halten. Ich sagte ihnen, wann immer es nötig wäre, würde ich meinenKörper verlassen und gehen, aber es würde trotzdem noch Leben inihm sein. Bis zum heutigen Tag halte ich mein Wort. Viele solcher ge-heimnisvollen Dinge geschehen.Die Geschichten des Herrn sind höchst wunderbar und heilig in allendrei Welten. Sie sind wie Sicheln, welche die Schlingpflanzen der welt-lichen Bindung durchtrennen. Es ist unmöglich, die Herrlichkeit desHerrn zu beschreiben.Der Veda erklärt, dass Gott in der Form von Essenz in jedem Wesenist. Ohne Essenz wird der Mensch schwach. Wer die latente Göttlichkeiterkennt, braucht niemandes Hilfe. Wer keinen Glauben hat, erfleht Hilfevon anderen. Es ist nicht sinnvoll, einem solchen Menschen zu helfen.Es ist, als würde man einen Leichnam schmücken! Man sollte fest anGott glauben. Nur aus solchem Glauben heraus brachte Savitri ihrentoten Ehemann ins Leben zurück; Chandramati konnte den Waldbrandlöschen; Sita konnte unverletzt aus dem lodernden Feuer herauskom-

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men; Damayanti konnte einen bösen Jäger zu Asche verwandeln. Alldiese keuschen, tugendhaften Frauen gehören zu diesem Land Indien.Seit alten Zeiten hat Indien die Stellung eines Lehrers für die übrige Welteingenommen. Es ist eine Schande für Bharatiyas, die in einem solchheiligen Land geboren wurden und aufgewachsen sind, wenn sie ihreheilige Kultur nicht verstehen und sich nicht an sie halten. Heute be-nehmen sich einige Bharatiyas im Widerspruch zu ihrer Kultur. Sie ver-halten sich wie Vögel und Tiere. Wie können solche Menschen Gotterreichen? Heute ist das Verhalten des Menschen schlimmer als dasvon Tieren und Dämonen. Verkörperungen der Liebe! Ihr wisst nicht, wie heilig die Geschichte In-diens ist. Wenn ihr es nicht versteht, fragt mich, ich werde euch auf-klären. Ich werde euch nicht nur die Bedeutung erzählen, ich werdeeuch auch helfen. Aber niemand ist bereit, zu fragen. Die Studentenlesen und lernen mechanisch. Die so genannten Gebildeten tun dasgleiche. Worin liegt der Sinn, akademische Grade zu erwerben, wennman nicht einmal einfache Dinge verstehen kann? Sie geben sich keineMühe, ihre eingeborene Göttlichkeit zu verstehen. Allein der ist ein wah-res menschliches Wesen, der dies versteht und sich entsprechend ver-hält. Schüttelt die tierischen und dämonischen Eigenschaften ab. För-dert Reinheit und Göttlichkeit. Für all das ist Liebe die Grundlage.

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25. Oktober

Dasarafest

Man kann sagen, das Herz symbolisiere die vedische Aussage: “Gottist die Essenz, der Nektar, die Süsse selbst“. Das bewirkt, dass jemandfähig ist, alle Sorgen zu vergessen und fröhlich zu bleiben, auch wennseine Bestrebungen und Hoffnungen nicht erfüllt werden.

Verkörperungen der Liebe! Jeder sagt, dass Gott für die Erschaffung,Erhaltung und Auflösung der Welt verantwortlich ist. In welchen Formenwirkt Gott, während er diese drei Aktivitäten ausübt? Die fünf Elemente:Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther sind die Formen Gottes. Nichtsexistiert ohne die fünf Elemente. Gott hat keinen einzelnen Namen, kei-ne einzelne Form. Die fünf Elemente machen das Göttliche aus. Nehmtzum Beispiel die Erde. Alle der Schöpfung immanenten Kräfte sindauch in der Erde verborgen. Die Erde kann nicht in einer simplen Skizzeoder Zeichnung abgebildet werden, denn auf ihr sind verschiedene Din-ge wie Berge, Hügel, Flüsse, Ozeane, Dörfer usw. vorhanden. Als Fol-ge davon ist die Erde sehr schwer. Die Wissenschaftler sagen, dassdie Erde sich um ihre Achse dreht. In dem Fall ist es nur natürlich an-zunehmen, dass alle Wesen auf der Erde diese Rotation fühlen müs-sten. Allerdings geschieht das nicht. Die Erde hat die Kraft, ihnen si-cheren, festen Halt zu geben. In welcher üblen Lage wären diePassagiere, wenn sich die Eisenbahnschienen mitsamt dem Zug be-wegen würden? Die Erde enthält alle Kräfte und Stoffe, die für das Über-leben der Menschen und aller anderen Wesen nötig sind. Es ist MutterErde, welche die Verkörperung aller Kräfte ist, die alle Wesen beschütztund erhält. Für alle menschlichen Bestrebungen ist die Natur die Aus-gangsbasis. Wenn die Erde sich nicht mehr bewegt, hört die ganzeSchöpfung auf. In den vergangenen vielen Millionen Jahren war dieErde verschiedenen Veränderungen unterworfen, die an verschiede-nen Orten Höhen und Tiefen hervorgebracht haben. Ursprünglich wardie Oberfläche der Erde eben. Dann gab es für Millionen Jahre unauf-hörliche Regenfälle, welche die Oberfläche der Erde uneben machtenund die Entstehung von Ozeanen verursachten. Davor hatte es keinecharakteristischen Merkmale auf der Oberfläche der Erde gegeben.Wasser ist überall in der Erde vorhanden, aber es tritt in Flüssen, Mee-ren und im menschlichen Körper in Erscheinung. Schweiss zeigt die

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Anwesenheit von Wasser im menschlichen Körper an. Ohne Wasserim Körper kann der Mensch nicht einen Augenblick leben. Es ist derErhalter des Lebens. Das dritte Element ist Feuer. Auch dieses ist dazu gedacht, Leben zuunterstützen und zu erhalten. Es hält die Körpertemperatur auf 37 GradCelsius, was für eine solide Gesundheit notwendig ist. Darüber hinausist Feuer auch in der Form von Verdauungsfeuer im menschlichen Kör-per vorhanden. Selbst in Steinen ist Feuer immanent, was sichtbar wird,wenn zwei Steine aneinander geschlagen werden. Man kann die An-wesenheit von Feuer sogar in den Bäumen erkennen. Wenn zwei Zwei-ge sich aneinander reiben, tritt Feuer heraus. Sogar im Ozean ist Feuer. Das vierte Element ist Luft. Sie ist das Leben aller Wesen. Sie ist nichtauf einen bestimmten Platz beschränkt, sie ist alles durchdringend.Das fünfte Element ist Äther oder Raum (akasha). Er wird als das Gött-liche, das sich als Wort, als Urklang offenbart, bezeichnet, aus dem dieErde, die Luft, das Wasser und das Feuer entstanden sind. Diese fünf Elemente sind auf der ganzen Welt verbreitet; sie beschüt-zen und erhalten das Leben. Sie sind wahrlich göttlich. Unfähig, dieseWahrheit zu erkennen, glaubt der Mensch, er werde von Gott beschütztund erhalten, der seiner Ansicht nach eine bestimmte Form hat und aneinem fernen Ort wohnt. Manche Menschen sagen, dass Gott alldurch-dringend sei, aber nicht gesehen werden könne. Das ist nur ihre Ein-bildung, nicht die Wirklichkeit.Um das Göttliche zu erkennen und zu erfahren, unterzog sich Buddhaverschiedenen spirituellen Praktiken. Er studierte heilige Schriften, trafgelehrte Persönlichkeiten und lauschte ihren Predigten, aber er warnicht befriedigt. Letztendlich kam er zu dem Schluss, dass die fünf Ele-mente die Formen Gottes sind. Sie sind in subtiler Weise in allen Wesengegenwärtig. Unsere Alten bezeichneten Akasha, den Äther, als At-man.

Buddha machte konzertierte Anstrengungen, den Atman zu erfahren.Er wandte seine Sicht nach innen und forschte nach der Natur des At-man. Schliesslich konnte er die Schau des atmischen Glanzes erleben.Leuchten ist ein Aspekt des Feuers. Deshalb wird Atman auch als Ver-körperung des Lichts bezeichnet. Man sollte über das Göttliche in derForm von Licht nachsinnen. Buddha bemerkte grosse Vielfalt und Weltlichkeit in der Lebensführungder Menschen. Die Leute kritisieren, rühmen oder ehren einander. Bud-dha bemerkte dies und fragte sich: “Wer kritisiert und wer wird kritisiert?Wer verehrt und wer wird verehrt?” Als er in dieser Richtung forschte,

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konnte er die Einheit in der Vielfalt sehen. Der Grund, weshalb derMensch schlechte Neigungen wie Zorn, Eifersucht, Hass usw. entwik-kelt, liegt darin, dass er die Einheit ignoriert und nur die Verschiedenheitwahrnimmt. Tatsächlich gibt es keine Verschiedenheit.

Nur eine mächtige Kraft existiert in dieser Welt. Das Gleiche wurde vonEinstein wahrgenommen. Die göttliche Kraft hat keine bestimmte Formwie ein Gegenstand oder ein Wesen, aber sie durchdringt die gesamteSchöpfung. Aus der göttlichen Kraft entsprangen alle anderen Kräftemit den verschiedenen Namen und Formen. Es gibt nur eine Kraft, unddas ist der Atman. Derselbe Atman existiert im Ankläger und im Ange-klagten, im Anbetenden und dem Angebeteten. Wer dieses Prinzip derEinheit erkennt, wird Zorn und Eifersucht niemals Raum geben. Bud-dha predigte, dass man nur dann die schlechten Neigungen loswerdenkann, wenn man das Prinzip der Einheit erkennt. Es gibt Unterschiedein Körper und Geist, aber Atman ist in allen derselbe. Die schlechtenEigenschaften wie Ego, Zorn, Eifersucht und Überheblichkeit entste-hen aus der Bindung an den Körper. Deshalb muss man die Anhaftungan den Körper aufgeben. Buddha war ein Prinz. Er hatte keinen Mangelan Geld, Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten, trotzdem war er be-reit, das Leben eines Entsagenden zu führen, weil er die Bindung anden Körper aufgegeben hatte. Nahrung wird zur Erhaltung des Körpers gebraucht, und Kleidung istdazu da, den Körper vor Kälte zu schützen. Das Prinzip des Atman istdasselbe in Arm und Reich. Sobald ihr dieses Prinzip der Einheit er-kennt, werdet ihr göttlich werden. Das ist der Grund, weshalb die Upa-nishaden den Menschen ermahnen, den Geist der Einheit zu pflegen.

Gott ist die Verkörperung von Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit (sat-cit-ananda). Sat ist Sein – das, was unveränderlich ist; cit ist Bewusstsein– das, was dem Menschen hilft, die Wahrheit zu erkennen. Wenn satund cit zusammenkommen, ist das Ergebnis Glückseligkeit (ananda).Glückseligkeit ist nicht nur im Menschen vorhanden, sondern auch inVögeln, Tieren und Insekten. Alle Eigenschaften, die im Menschen vor-handen sind, existieren auch in anderen Wesen. Nur sind sie nicht inder Lage, ihre Gefühle auszudrücken, weil sie unsere Sprache nichtkennen. Obgleich Atman derselbe ist, sind die Sprachen und Formenunterschiedlich. Der Mensch wird von diesen Unterschieden abgelenktund vergisst die Einheit. Solange der Mensch in diese Täuschung ein-getaucht ist, kann er die Göttlichkeit nicht erlangen. Um die Täuschungzu überwinden, muss er das Prinzip der fünf Elemente verstehen. Je-

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mand, der das Prinzip der fünf Elemente versteht, wird die zugrundeliegende Einheit erkennen.Gott ist die Personifizierung der fünf Elemente. Er hat keinen bestimm-ten Namen und keine bestimmte Form. Aber die Gelehrten verkündenauf der Grundlage der heiligen Schriften und ihrer Erfahrung: Gottnimmt die Form des Menschen an. Die Veden erklären: “Gott hat tau-send Köpfe, tausend Augen, tausend Füsse”.Das soll nicht heissen, dass Gott jemand ist, der Tausend Köpfe, Augenund Füsse hat. Es bedeutet nur, dass alle Köpfe, Augen und Füsse seinsind. Welche Namen und Formen die Menschen auch immer Gott zu-schreiben mögen, sie beruhen nur auf ihrer Einbildung und Ravi Var-mas Gemälden. Sie entsprechen nicht der Wirklichkeit. Ravi Varma istjemand, der Gott in verschiedenen Formen porträtiert hat, und Kavi Var-ma, der Dichter, ist derjenige, der ihn auf verschiedene Weise beschrie-ben hat. Wegen Ravi und Kavi sind all diese Unterschiede entstanden.Man sollte sich nicht an das halten, was Ravi und Kavi sich vorstelltenund sagten. Man sollte die Körperbindung aufgeben und Bindung andas Göttliche Selbst entwickeln. Nur dann kann man die Wahrheit er-kennen.

Verkörperungen der Liebe! Alle fünf Elemente sind für die menschlicheExistenz notwendig. Es kann kein Leben geben, wenn auch nur einesvon ihnen fehlt. Der Mensch sollte die fünf Elemente verehren, um dieGöttlichkeit zu erkennen. Die fünf Elemente zu verehren ist gleichbe-deutend mit der Verehrung Gottes. Man sollte sich die fünf Elementenur im benötigten Ausmass zunutze machen. Wenn ihr sie verschwen-det oder missbraucht, läuft das auf den Missbrauch der göttlichen Krafthinaus. Man sollte das Licht oder den Ventilator nicht unnötig einge-schaltet lassen, denn das würde einem Missbrauch göttlicher Kraftgleichkommen. Wer immer die fünf Elemente missbraucht, begeht eineSünde. Der Hauptgrund für die Leiden und das Elend des Menschenist auf seinen Missbrauch der fünf Elemente zurückzuführen. Sobaldihr erkennt, dass sie Formen des Göttlichen sind, werdet ihr sie ange-messen benutzen.Es gibt Millionen Zellen in einem menschlichen Körper. Jede Zelle istvon Göttlichkeit durchflutet. Die Zunge hat 30 Millionen Geschmacks-knospen und in unseren Augen sind Hunderttausende Lichtstrahlen.Alle diese offenbaren die Grösse und Herrlichkeit Gottes. Es wird ge-sagt, die Göttlichkeit scheine mit dem Glanz von zehn Millionen Son-nen. Das kann man auf einfache Weise verstehen. Hier findet ihr vielebrennende Lichter. Aber ihr solltet nicht mit weit geöffneten Augen ins

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Licht schauen, sondern die Augen teilweise schliessen. Wenn ihr dastut, werdet ihr Lichtstrahlen ausströmen sehen. Diese Lichtstrahlensind nichts anderes als die Reflexion von Feuer. Widerspiegelung, Re-aktion und Widerhall der Göttlichkeit kann man in den fünf Elementenerkennen.Ich habe all dieses zum Wohl der hier versammelten Studenten in wis-senschaftlichen Begriffen erklärt. In der modernen Wissenschaft findetihr keinerlei Hinweis auf Gott.

Die Wissenschaftler betrachten es als unwürdig, über Gott zu reden.Sie reden mit Hochachtung über die Kraft des Lichtes, der Hitze, überLaser, etc. Tatsächlich sind all diese aus der göttlichen magnetischenKraft entstanden. Dies wurde von Newton erkannt. Er war ein grosserWissenschaftler, und er war der Erste, der die Gravitationskraft,Schwerkraft der Erde erklärte. Diese Kraft ist nicht auf einen bestimm-ten Ort beschränkt sondern im ganzen Weltraum gegenwärtig. Diesesist die göttliche Kraft, die Kraft Atmans. Sie wird als Bewusstsein be-zeichnet, aus dem das Gewissen hervorging. Bewusstsein ist allesdurchdringend. So wie Strom in jeder Glühbirne vorhanden ist, so istBewusstsein in der Form des Gewissens in jedem Körper gegenwärtig.Luft ist alles durchdringend, aber ihr könnt sie nicht sehen und sie nichteinfangen. Sie hat keine Form, aber sie nimmt die Form eines Ballonsan, wenn der Ballon mit Luft gefüllt wird. Die alles durchdringende Luftkann mit dem Bewusstsein verglichen werden und die Luft im Ballonmit dem Gewissen. Wenn ihr den Ballon immer mehr aufblast, platzter an einem bestimmten Punkt, und die Luft innen wird eins mit der Luftaussen. Ähnlich verschmilzt das Gewissen mit dem Bewusstsein, wennman die Körperbindung überwindet. Aufgrund seiner Bindung an denKörper hat der Mensch nur begrenzte Willenskraft. Gott allein hat einenfreien Willen.Newton erklärte, dass die Natur der Anziehungskraft der Schwerkraftunveränderlich ist. Sie kann weder erschaffen noch zerstört werden.Einstein war auch ein grosser Wissenschaftler, aber er war nicht egoi-stisch wie normale Wissenschaftler. Er dachte immer an Gott. Einmalbesuchten einige Inder Einstein. Er führte sie in seine Bibliothek, wosie zu ihrer Überraschung viele heilige Schriften wie die Upanishadenund die Bhagavadgita in seinen Bücherregalen vorfanden. Ein so gros-ser Wissenschaftler wie Einstein hatte einen grossen Glauben und heg-te grosse Verehrung für die Bhagavadgita und andere heilige Schriften.Was die modernen Wissenschaftler verstanden haben, ist nur einBruchteil der Wirklichkeit, trotzdem prahlen sie, als wüssten sie alles.

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Von dem Moment an, da sie ihren Doktortitel empfangen, denken siesehr hoch von sich selbst. Ein wahrer Wissenschaftler ist jemand, derkein Ego hat. Moderne Wissenschaftler wissen sehr wenig, und ihreForschungen und Untersuchungen basieren auf der Frage: “Was istdies?“ Die grossen Wissenschaftler der alten Zeiten aber forschten unduntersuchten “Was ist das?“ “Dies“ bezieht sich auf alles, was den Sin-nen nahe ist, und “das“ bezieht sich auf die Göttlichkeit, die jenseits derSinne ist. Wissenschaft befindet sich unterhalb der Sinne, Spiritualitäthingegen befindet sich jenseits der Sinne. Die Menschen meinen, einWissenschaftler wisse alles. In Wahrheit weiss ein Wissenschaftler,dem es an Bescheidenheit und Glauben fehlt, weniger als ein Schülerin der Grundschule. Jemand der keinen Glauben hat, ist gar kein Wis-senschaftler. In gewissem Sinne steht er niedriger als ein Tier.

Verkörperungen der Liebe! Göttlichkeit ist die der Wissenschaft und derSpiritualität zugrunde liegende Strömung. Alle Energien sind latent imMenschen vorhanden. Sie stammen aus der Nahrung, die er zu sichnimmt. Tamarinde und Zitrone enthalten sehr viel Säure. Wenn siemassvoll genommen werden, tragen sie zur Stärke des Körpers bei.Aber wenn man zuviel davon zu sich nimmt, wird die Gesundheit be-einträchtigt.Die Upanishaden vermitteln dem Menschen viele heilige Lehren. Siebringen ihn näher zu Gott. ‘Upa’ bedeutet nahe, ‘ni’ bedeutet unten, und‘shad’ heisst sitzen. Wenn man Schüler ist, sollte man nicht auf der-selben Höhe sitzen wie der Lehrer. Man sollte nicht zu weit weg vomLehrer sein, weil er leise spricht. Also, setzt euch voller Gehorsam dichtzu ihm und empfangt seine Lehren. Das bedeutet der Begriff Upanis-had. Jeder Buchstabe, jedes Wort, jeder Satz der Upanishaden hat tief-gründige Bedeutung, die man nicht in einem Wörterbuch finden kann.Einst gab es am Hof von Krishnadevaraya eine Debatte, an der die achtGelehrten des Königshofes, allgemein bekannt als “Die acht Elefanten,welche die acht Punkte des Kompasses bewachen“, teilnahmen. Al-lasani Peddanna, Nandi Thimmanna, Ramaraja Bhushanudu, TenaliRamakrishnudu waren unter ihnen. Peddanna stellte die Fragen, undRamaraja Bhusanudu beantwortete sie mit Bedeutungen und Interpre-tationen. Ramakrishnudu, der König, beobachtete still den Verlauf.Krishnadevaraya wollte wissen, wer von ihnen der Beste sei. Er wollte,dass sie einen sinnvollen Satz formulierten, der aus fünf Buchstabenbestehen sollte, die in fünf verschiedenen Sprachen jeweils dieselbeBedeutung hatten. “Wer von euch bis morgen früh um sieben eine Ant-wort hat, wird angemessen belohnt“, fügte er hinzu.

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Da sein Haus weit entfernt war, beschloss Ramakrishnudu, bei seinemSchwager zu übernachten. Als man ihm ein komfortables Bett für dieNacht anbot, lehnte er es ab, darin zu schlafen. Er sagte: “Ich mussbis morgen früh über eine Antwort auf eine Frage nachdenken, die derKönig gestellt hat. Ein Bett wie dieses lässt mich bestimmt gleich ein-schlafen. Gebt mir lieber eine Liege im Kuhstall.“ Als er auf der Liegelag, brachte eine der Kühe im Stall um ein Uhr ein Kalb zur Welt. Ra-makrishnudu rief deswegen seinen Schwager. Dieser wollte wissen,welche Kuh ein Kalb geboren hatte, denn er hatte seinen Kühen ver-schiedene Namen gegeben wie Parvati, Lakshmi, Saraswati etc. Erfragte Ramakrishnudu: “Ye Aav Ra Ba Va (welche Kuh ist es), ohSchwager?” Als Ramakrishnudu dies hörte, war seine Freude gren-zenlos, denn er hatte eine Antwort auf die Frage des Königs gefunden.So wiederholte er die Worte wieder und wieder. Sein Schwager dachte,er würde sich aus Mangel an Schlaf so seltsam benehmen. Am nächsten Morgen ging Ramakrishnudu zum königlichen Hof undfand, dass niemand eine Lösung auf die Frage gefunden hatte. Alle wa-ren überzeugt, dass es unmöglich sei, einen solchen Satz zu formu-lieren. Ramakrishnudu war ein grosser Devotee der Göttlichen Mutter.Er erzählte dem König, dass er mit dem Segen der Göttlichen Muttereine Antwort auf die Frage gefunden hätte. “Ye Aav Ra Ba Va” ist dieAntwort“, sagte er. Jeder war verblüfft. Dann erklärte er: “Ye in Marati,Aav in Hindi, Ra in Telugu, Ba in Kannada und Va in Tamil übermittelndieselbe Bedeutung, nämlich ‚komm’.“ Fünf Sprachen sind in diesemSatz repräsentiert. In der Nacht davor hatte Ramakrishnudu andauerndan die Göttliche Mutter gedacht. Deshalb, aufgrund seines Mutterwit-zes und der göttlichen Gnade fand er die Lösung.Die fünf Elemente entsprechen den fünf Lebenshauchen, nämlich Pra-na, Apana, Vyana, Udana und Samana, die in jedem anwesend sind.Diese Prinzipien durchdringen die gesamte Schöpfung, von der Amei-se bis zu Brahma, dem Schöpfergott. Der Vorgang, die Lebenshaucheanzurufen, wird pranopasana genannt. Bevor eine Statue im Tempelaufgestellt wird, wird pranopasana (die Statue wird mit Lebenskraft ver-sehen) abgehalten. Die Lebenskraft ist die Grundlage aller lebendigenDinge. Solange Leben im Körper ist, gilt er als segensvoll und glück-bringend. Wenn das Leben aus dem Körper gewichen ist, wird er zumLeichnam. Das Leben wird von den fünf Elementen erhalten. Deshalbsollte der Mensch die fünf Elemente verehren. Unterschiedliche Rohr-pfeifen im Harmonium bringen unterschiedliche Töne hervor – C, D, E,F, G, A, H, Luft ist die Basis für alle Töne. Ähnlich gibt es eine funda-mentale Kraft, aus der die gesamte Schöpfung entstand. Der Meister

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Adi Shankaracarya erforschte die Natur dieser fundamentalen Kraftund beschrieb sie als: “Gott ist die Verkörperung von Klang, Beweglichem und Unbewegli-chem, Licht, Sprache, ewiger Glückseligkeit, höchster Majestät, Täu-schung und Wohlstand.”Klang ist das Hauptprinzip des Göttlichen. Klang durchdringt das ge-samte Universum. Deshalb wird die Göttlichkeit als die Gesamtheit al-les Beweglichen und Unbeweglichen gepriesen. Sie existiert in unse-rem Herzen und wird in der Form von Sprache ausgedrückt. Die Menschen reden von der Göttlichen Dreifaltigkeit, Brahma, Vish-nu, Shiva, aber niemand hat sie gesehen. Die Formen, die man ihnenzuschreibt, basieren auf Ravi Varmas Gemälden und entsprechennicht der Wirklichkeit. Tatsächlich steht die Dreiheit von Brahma, Vish-nu und Shiva jeweils für Mutter, Vater und Lehrer. So wie Brahma alleserschafft, gebiert die Mutter Kinder. Der Vater sorgt für die Kinder, er-zieht sie und ist für ihren Unterhalt verantwortlich. Daher symbolisierter den Vishnu-Aspekt. Der Lehrer symbolisiert Shiva, denn er vernich-tet die Unwissenheit und gewährt Weisheit. Deshalb erklären die Ve-den:

Verehre deine Mutter als Gott,verehre deinen Vater als Gott,verehre deinen Lehrer als Gott.

In dieser Weise lehrten und verbreiteten unsere Alten die verschiede-nen Aspekte der Göttlichkeit. Man sollte sich nach seinen eigenen Er-fahrungen richten und nicht von den Meinungen anderer verführen las-sen. Meinungen basieren auf Gefühlen und unterscheiden sich vonPerson zu Person. Sai sagt ‘ja’ zu denen, die ja zu ihm sagen und ‘nein’zu denen, die nein sagen. Ja und nein betreffen die eigenen Gefühle,aber für Sai ist alles Ja, ja, ja.Gott sagt immer ja zu sozialen, kulturellen und ewigen Werten. Alles,was mit der Welt zusammenhängt, muss sich wandeln. Wozu in solcheflüchtigen weltlichen Angelegenheiten sein Vertrauen setzen? Mansollte an das Göttliche glauben und darüber nachsinnen, denn es istunwandelbar und ewig. Aber die Dummen verstehen die Wege desGöttlichen nicht, missdeuten sie und reden, wie es ihnen in den Sinnkommt. Achtet nicht auf das, was diese Narren sagen. Man kann sei-nem Ruin nicht entgehen, wenn man sich der Gesellschaft solcherschlechten Menschen anschliesst. Deshalb wird gesagt:

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Haltet euch fern von schlechter Gesellschaft;haltet euch in guter Gesellschaft auf,

und vollbringt Tag und Nacht verdienstvolle Taten.

Es ist nicht genug, sich nur von schlechter Gesellschaft fernzuhalten.Man soll sich auch guter Gesellschaft anschliessen. In dem Wort Sat-sang (Gemeinschaft mit Gotthingegebenen) bezieht sich Sat auf das,was unwandelbar ist, die Göttlichkeit. Macht die ewigen Prinzipien derWahrheit zur Unterströmung aller eurer weltlichen Bemühungen. Nurdann könnt ihr Göttlichkeit erreichen.

Verkörperungen der Liebe! Es gibt keinen Ort und keine Person ohneGöttlichkeit. Gebt euch niemals der Täuschung hin, Gott sei hier, unddort sei er nicht. Wo immer ihr ihn sucht, könnt ihr ihn finden. Alle Religionen akzeptieren, dass die fünf Elemente göttlich sind. Dermoderne Mensch zerstückelt die Einheit und sieht nur noch Verschie-denheit. Das ist ein ernster Fehler. Er sollte sich bemühen, die zugrundeliegende Einheit in der Vielfalt zu sehen. Nur dann kann er die Wahrheiterkennen. Wegen der Abwesenheit von Einheit hat Feindschaft einenPlatz im menschlichen Herzen gefunden. So ein Herz ist überhaupt keinHerz. Man kann es einen Stein nennen.Gott kümmert sich um alle Wesen. Manche Frösche werden zwischenSteinen gefangen und bleiben lange Zeit darin. Sie kommen erst her-aus, wenn die Steine zerbrochen werden. Wer gibt ihnen Nahrung,während sie in den Steinen gefangen sind? Selbst wenn eine Pflanzeregelmässig gewässert und gedüngt wird, kann man nicht sicher sein,dass sie zu einem Baum heranwächst. Trotzdem finden wir riesige Bäu-me, die oben auf kahlen Hügeln wachsen. Wer begiesst und düngt sie?Wer ist für ihr Wachstum verantwortlich? Es ist Gott, und Gott allein.Er kümmert sich um die Bedürfnisse aller Wesen auf der ganzen Welt.Gott macht keinerlei Unterschiede, aber der Mensch tut es! Das ist dieschlimmste Krankheit, die den Menschen heute befallen hat. Er wirdvon Zweifeln geplagt. Selbst für eine Krankheit wie Krebs gibt es Hei-lung, aber nicht für die Krankheit des Zweifelns. Der Mensch bringt sichum mit Zweifeln.Menschlichkeit ist höchst heilig, göttlich und voller Glückseligkeit. Nach-dem er so eine menschliche Geburt errungen hat, warum sollte derMensch noch Sorgen an sich heranlassen? Manche Menschen machenstets ein trauriges Gesicht. Was für ein Unglück! Man sollte immer fröh-lich sein. Ein lächelndes Gesicht ist ein Ausdruck der Göttlichkeit. Glück-lich zu sein ist Einheit mit Gott. Der Mensch ist dem Elend unterworfen,

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weil er sich selbst von Gott distanziert. Was auch immer geschieht, derMensch sollte immer glücklich sein. Er sollte alle Sorgen aufgeben unddie Glückseligkeit willkommen heissen. Es ist höchst wichtig, dass dieStudenten diese Wahrheit verstehen und sich entsprechend verhalten.

Studenten! Euer Alter ist die kritischste Zeit in eurem Leben. Startetfrüh, fahrt langsam, kommt sicher an. Ihr solltet euch schon in diesemAlter auf den spirituellen Weg begeben. Ihr könnt eure Arbeit machenund Geld verdienen. Aber ihr solltet den festen Entschluss fassen, demspirituellen Weg zu folgen. Der hat wahrhaft Glück, der solch einen star-ken Willen hat. Buddha war ein Prinz. Alle höfischen Bequemlichkeitenund Annehmlichkeiten standen ihm zur Verfügung. Aber – gab er nichtalles auf und wurde ein Entsagender? Auch Rama mangelte es annichts. Aber er war an Vergnügungen und Bequemlichkeit nicht inter-essiert. Wenn seine Mutter Kausalya ihm verschiedene Leckerbissenauftischte, wollte er nicht allein essen, sondern nur in der Gesellschaftseiner Brüder Lakshmana, Bharata und Shatrughna. Die meiste Zeitwar er in seiner eigenen Welt, vollkommen in Gedanken versunken.Manchmal schien er etwas in die Luft zu schreiben. Eines Tages riefDasharatha den Weisen Vasishtha zu sich und fragte ihn, ob er ihmdas seltsame Betragen Ramas erklären könnte. Dieser setzte sich ei-nige Zeit hin, meditierte und sagte: “Das sind Zeichen von Göttlichkeit.Er mag manchmal mit anderen Wesen kommunizieren. Er hat keineBindung an den Körper, er hat Bindung an das Selbst. Das ist die wahreBedeutung der Göttlichkeit.“Als Vishvamitra Dasharatha bat, Rama und Lakshmana mit ihm zu sen-den um sein Ritual zu beschützen, widerstrebte es Dasharatha sehr,das zu tun. Aber Rama war sofort bereit, mit ihm zu gehen. Dasharathameinte, dass Rama und Lakshmana, die noch sehr jung waren, sichvor den Dämonen fürchten könnten, aber Rama sagte, dass er über-haupt keine Furcht hätte. Sogar Vasishtha und Vishvamitra sagten zuDasharatha: “Lass dich nicht täuschen von dem Gefühl, dass Rama eingewöhnlicher Junge sei. Er ist Gott in Menschengestalt.“ Obwohl Vish-vamitra in Gegenwart von Dasharatha die Göttlichkeit Ramas pries,wurde seine Sicht später durch den Schleier der Täuschung verhüllt.Als sie die Ufer des Sarayu-Flusses erreichten, sagte er zu Rama: “Duhast in deinem ganzen Leben noch niemals Dämonen gesehen. Des-halb werde ich dich zwei Mantren lehren, Bala und Atibala, die dich vonSchlaf und Hunger freihalten, so dass du die Dämonen furchtlos be-kämpfen kannst.“ Das ist die Macht der Täuschung. Jemand, der vorherRamas Göttlichkeit gepriesen hatte, hielt ihn jetzt für einen gewöhnli-

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chen Jungen und brachte ihm Mantren bei. Was immer Gott tut, hat ei-nen Grund. Er handelt entsprechend der Zeit und der Situation. Ja-yamma erwähnte in ihrer Rede, dass Swami weit entfernte Orte besucht,aber nicht nach Anantapur kommt, das nur 65 Kilometer entfernt liegt.Ich empfinde keinem Ort gegenüber Zuneigung oder Abneigung. Fürmich ist die Zeit wichtig. Zur rechten Zeit werde ich sicherlich kommen.Früher pflegte ich Anantapur jede Woche zu besuchen. Jetzt hat sichdie Situation verändert. Wohin ich auch immer gehe, versammeln sichgrosse Mengen von Devotees. Meinem Auto werden hundert Auto fol-gen. Wer wird sie alle mit Essen und Unterkunft versorgen? Swami wirdtraurig sein, wenn Devotees Unbequemlichkeiten ertragen müssen,denn sie sind Swamis eigene Widerspiegelungen. Ausserdem gibt eskeine passenden Vorkehrungen für meinen Aufenthalt. Das Hostel istnur für Mädchen gedacht. Wie kann ich dort bleiben? Ich bin ein idealesmenschliches Wesen und in allen Aspekten vorbildlich. Ich muss demRest der Welt ein Vorbild setzen. Weil ich viele solche Aspekte berück-sichtige, gehe ich in letzter Zeit nicht mehr dahin. Aber wenn sie hierherkommen, spreche ich voller Liebe mit ihnen. Sie sind traurig, weil ichnicht dorthin gehe. Sie beten: “Swami, komm wenigstens für einen Tag.“Ich sagte ihnen, dass ich sicher kommen werde. Ich werde niemals je-mandem sagen, dass ich nicht kommen werde. Das ist meine Natur.Zu allem sage ich “Glücklich, glücklich. Wenn ihr sagt: “Swami, ich habeBauchweh“, werde ich sagen: “Glücklich“. Wenn jemand sagt: “Swami,mein Kind ist gestorben.“, sage ich zu ihnen: “Glücklich“. Das Wortkommt mir ganz natürlich. Was immer geschehen mag, ich bin immerglücklich. Nicht alle können das verstehen. Einmal kam eine Devoteeund erzählte mir, dass ihr Mann gestorben sei, und ich sagte “Sehr glück-lich“. Sie wurde zornig und fragte: “Swami, was macht dich so glücklich,wenn ich über den Tod meines Mannes weine?“ Ich sagte ihr: “Mutter,ich bin immer glücklich. Deshalb sagte ich es zu dir.“ Ihr werdet michimmer lächeln sehen, denn Glücklichsein ist einfach meine Natur. Ichbin niemals traurig.

Liebe ist meine Form,Wahrheit ist mein Atem,

Glückseligkeit ist meine Nahrung.Mein Leben ist meine Botschaft,

Ausdehnung ist mein Leben.Kein Anlass für Liebe,keine Saison für Liebe,keine Geburt, kein Tod.“

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Dies ist meine wahre Natur. Unter keinen Umständen wird sich meineNatur ändern. Ich bin immer glückselig. Viele Leute werden neidisch,wenn sie meinen glückseligen Zustand sehen. Sie fragen sich: “Wiekann Sai Baba immer glücklich sein? Er betreibt viele Krankenhäuserund Bildungseinrichtungen. Er hat so viele Verantwortlichkeiten, aberer scheint überhaupt keine Sorgen zu haben.“ Wozu braucht man Sor-gen? Was immer geschehen muss, wird geschehen. Alles geschiehtnach meinem Willen. Also habe ich überhaupt keine Sorgen. Sorgenhaben mich niemals berührt noch werden sie es in Zukunft jemals tun.Ich bin immer glücklich. Ich versuche, ein trauriges Gesicht zu machen,wenn ich mit einer Person rede, die Kummer hat, aber es gelingt mirnicht, weil glücklich zu sein meine Natur ist. Ich brauche viel Geld, weilich Millionen Rupien für die sozialen Wohlfahrtsprojekte ausgebenmuss, die ich gegründet habe. Trotzdem habe ich weder Sorgen nochAngst. Wozu soll ich mir Sorgen machen, wenn alles nach meinem Plangeschieht? Ich erwähnte dies in meiner Krishnashtami-Botschaft: Umdie Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen zu betreiben, werden je-den Monat einige zig Millionen Rupien gebraucht. Solange ich in die-sem Körper bin, ist das kein Problem. Doch wer wird hinterher dafürsorgen? Deshalb wollte ich einen Fonds ins Leben rufen, damit die Aus-gaben für die Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen von den Zin-sen des Kapitals bestritten werden können. Heutzutage finden wir vieleSwamijis und Matajis, die ins Ausland reisen und um Geld betteln.Wann immer sie Geld brauchen, reisen sie ins Ausland. Man kann sol-che Leute Bettler nennen, nicht “grosse Leute“. Zu solch entwürdigen-den Praktiken habe ich niemals Zuflucht genommen. So viele Men-schen kommen hierher, doch ich habe niemals jemanden umirgendetwas gebeten. Jemand, der bittet, ist überhaupt nicht Gott. MeinWerk wird getan, ohne dass ich bitte. Die benötigten Gelder sind mei-nem Willen entsprechend gekommen. Woher sind sie gekommen?Geht und fragt die Bank! Warum fragt ihr mich? Ich mische mich in sol-che Angelegenheiten nicht ein. Ich habe nur einen Wunsch: Mögen alleWesen glücklich sein.Elend und Sorgen verfolgen jene, die Wünsche haben. Ich aber habekeinerlei Wünsche. Deshalb bin ich immer glückselig. Was immer ichbeschliesse, geschieht augenblicklich. So muss ich mir um nichts Sor-gen machen.

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26. Oktober

Abschluss des Dasarafestes

Welche Blume ist Gott lieb, was soll in diesem Opferfeuer dargebrachtwerden? Sinnenfreuden sind die geeignetste Opfergabe. Duldsamkeitist die befriedigendste Opfergabe, die dem Herrn Freude bringt. Dasist wahrlich die Wahrheit.

Verkörperungen der Liebe! Im Goldenen Zeitalter, dem Zeitalter derWahrheit und Rechtschaffenheit und dem Silbernen Zeitalter, wo be-reits ein Viertel der Rechtschaffenheit verloren ging, führten die Weisenverschiedene Opfer durch. Wir wissen von dem Opferritual, das Vish-vamitra im Kupfernen Zeitalter vollzog. Die Opfer waren dann vollendet,wenn all die sich ausbreitenden üblen und dämonischen Tendenzenzerstört waren. Nur wenn das Böse, das Unrecht und Gestalten desBösen vernichtet waren, wurde der Mantra “Om shanti shanti shanti"dreimal rezitiert. Samapti bedeutet zufriedenstellende Vollendung.Heute hat dieses Opfer seine Vollendung, Samapti, erreicht. Man solltedie innere Bedeutung der heute stattgefundenen Vollendung des Op-ferfeuers zu verstehen suchen. Wir sind uns alle des mannigfaltigenAufruhrs im Menschen bewusst, die durch seine Empfindungen vonFreude, Leid, gut und böse usw. verursacht werden. Sie sind alle un-wirklich, äusserlich, weltlich, körperlich und vergänglich. Es sind die derkörperlichen Welt innewohnenden Neigungen. Worin liegt die innereBedeutung dieses Opferrituals? Gott versucht, die inneren wie äusse-ren Wege spiritueller Disziplin deutlich zu machen. Der äussere Weg,fördert all die schlechten und bösen Tendenzen im Menschen. Der in-nere Weg fördert die aus dem Herzen kommenden guten Qualitätenwie Wahrheit, Liebe, Duldsamkeit und Sympathie. Die dem Herzen ent-strömenden Qualitäten dauern an. Die schlechten, zum äusseren Weggehörenden Eigenschaften sind vorübergehend und vergänglich. Wemsollten diese Eigenschaften dargebracht werden? Die Antwort lautet:Gott (Bhagavan).Was bedeutet das Wort “Bhagavan"? “Bha" symbolisiert göttlichesStrahlen, “ga" die Qualität des Verbreitens und Durchdringens, “van"die Fähigkeit des Verbreitens und Durchdringens. Bhagavan steht alsofür das einzige Wesen, das die Kapazität und Fähigkeit besitzt, seinstrahlendes Licht zu verbreiten. Tatsächlich ist das die Natur Atmans

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in euch. Aber der Mensch ist sich dessen nicht bewusst. Aus diesemGrund beten wir: “Führe uns von der Dunkelheit der Unwissenheit indas Licht der Weisheit." Dieses Licht der Weisheit ist für alle Menschenwesentlich. Der äussere Weg steht mit Sinnengenuss in Verbindung.Zwischen dem tatsächlichen Gebrauch der Sinnesorgane und der hin-ter jedem dieser Sinne stehenden Kraft besteht ein subtiler Unter-schied. Tatsächlich sind es die Elemente. Ihr Wesen ist göttlich. Wirsprechen von den fünf Elementen: als Erstes die Erde, von den Vor-fahren Göttin Erde genannt; als Zweites Wasser, von den Indern GöttinGanges genannt; dann Feuer, das die Inder Feuergott nennen. Die Luftist als Windgott bekannt, und als Fünftes Akasha (Raum, Äther). Diehinter dem Akasha-Prinzip stehende Gottheit ist Shabdabrahman. Indieser Weise wurden die fünf Elemente als göttlich erkannt und ent-sprechend verehrt.Wenn man fragt: “Wer ist Gott?, kann man behaupten, die fünf Ele-mente seien Gott. Diese fünf Elemente sind in allem und überall ge-genwärtig und durchdringen alles. Sie machen in ihrer Anwesenheitkeinen Unterschied von Ort und Umständen.Mit Händen, Füssen, Augen, Köpfen, Mund und Ohren überall durch-dringt Er das gesamte Universum.Die Elemente unterscheiden nicht bezüglich Orten, Menschen oderZeit-Perioden. Sie sind in allen Ländern gegenwärtig. Kein Land undkein Mensch kann ihre Existenz abstreiten. Die Wissenschaftler kön-nen sie nicht isolieren. Die fünf Elemente entsprechen den fünf Le-bensprinzipien in den Lebewesen, die als prana, apana, vyana, udanaund samana bekannt sind und als diese verehrt werden. Sie sind wahreFormen Gottes. Weil herkömmliche Menschen diese subtilen Formennicht visualisieren können, werden ihnen verschiedene Formen zu ihrerVerehrung, Anbetung und zum Erlangen von Glückseligkeit zuge-schrieben. Keinem dieser Elemente wohnt irgendein Makel inne. Feh-ler finden sich in der Weise, wie sie genutzt werden. Solche Mängelsind die Konsequenz des nach aussen gerichteten Weges. All unserWissen und seine Anwendung sind äusserlich. Das Wesen von allemwas ihr hört, seht oder empfindet ist ebenfalls äusserlich. Atman, derWeg nach innen, ist eigenschaftslos, formlos, rein und vom äusserenWeg völlig verschieden. Wir beschreiben Atman als eigenschaftslos,rein, der ewige Wohnsitz, ewig, makellos, erleuchtet, frei, Verkörperungder Reinheit und Heiligkeit. Atman ist überall dauerhaft anwesend.Wenn ihr diesen ewigen, unwandelbaren, reinen Weg wählt und denäusseren, vorübergehenden, vergänglichen Weg beiseite lasst, erlangtihr Glück.

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Wer ist ein Mensch? Der Mensch ist eine Kombination von Körper, Ver-stand und göttlichem Geist. Der Körper vollzieht körperliche Handlun-gen, der Verstand forscht nach, und Atman ist der Zeuge. Der Körperist für jede Handlung notwendig. Der Körper handelt, der Verstand un-terscheidet zwischen Gut und Böse, und Atman ist der Zeuge. EinMensch im wahren Sinn des Wortes besitzt alle drei in der rechten Pro-portion und ist dadurch qualifiziert, Mensch genannt zu werden. WennAtman und Verstand missachtet und nur körperliche Bequemlichkeitenbeachtet werden, ist das tierisch. Wenn Körper und Verstand gemein-sam handeln und dabei Atman vernachlässigen, ist das dämonisch.Wenn jemand fähig ist, Körper und Geist ausser Acht zu lassen undallein im Göttlichen Selbst lebt, ist er göttlich. Göttlichkeit bedeutet, festim Atman-Prinzip verankert zu bleiben, ohne von anderen Neigungenbeeinflusst zu werden. Ihr solltet euch mehr auf Atman verlassen. Ver-stärktes Körperbewusstsein führt euch zum Animalischen. Ihr müsstanimalische und dämonische Neigungen auslöschen, Bindung an dasGöttliche Selbst entwickeln und so erleuchtendes Licht erlangen. Dafürsollte der Mensch die ihm verliehenen Instrumente recht nutzen undein ausgeglichenes Leben führen.Handelt nicht ausschliesslich nach den Anweisungen des Verstandes.Auch das Nutzen des Verstandes sollte sich in Grenzen halten. Der Ver-stand hat die Kraft, zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch zu ent-scheiden und man sollte ihn deshalb in rechter Weise nutzen. Dem ent-gegengesetzt zu handeln ist dämonisch. Wie entsteht dieses dämoni-sche Wesen? Im Verstand entstehen Wünsche, und man handeltentsprechend den Anweisungen des Verstandes. Der Geist bzw. Ver-stand selbst ist Gut und Böse gegenüber neutral. Nur wenn er mit demKörper in Verbindung tritt, entsteht Gut oder Böse. Der Geist ist durch-aus funktionsfähig, ohne vom Körper beeinflusst zu werden. Wer dieVorschriften sowohl vom Verstand als auch vom Körper verwirft undfest im Göttlichen Selbst verankert steht, qualifiziert sich für die Gött-lichkeit. Zum Existieren sind alle drei - Körper, Geist, Göttliches Selbst- erforderlich. Diese subtilen Dinge sind im Menschsein enthalten.Atman verschafft die Erleuchtung. Der Geist unterscheidet und zeigtden Weg zur Bindung an das Göttliche Selbst. Die meisten Menschenhaben diese Bindung an das Göttliche Selbst vergessen. Viele lebenausschliesslich im Zustand des Körperbewusstseins. Was ist dieserKörper? Er besteht aus den fünf Elementen, aber er ist vergänglich. DerKörper gleicht einer Wasserblase, der Geist einem verrückten Affen.Folgt weder dem Körper noch dem Geist, sondern Atman, dem Ge-wissen. Zeitweilig verursacht es keinen Schaden, alle drei zu nutzen.

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Aber welche körperlichen Handlungen sollte man ausführen? Man soll-te das Was, Wann, Wie, Warum und die Folgen der Handlungen hin-terfragen, unterscheiden und erst dann den Körper die Handlungenausführen lassen. Das wird Verhaltenskodex (dharma) des Körpers ge-nannt. Man kann nur durch den Körper handeln. Der Körper ist dazugedacht, rechtschaffen zu handeln. Worin besteht die Pflicht (dharma)des Körpers? Dem Begriff Dharma wohnen verschiedene, subtile In-terpretationen inne. Welches ist die Pflicht des Herzens? Beständigeintegrierte Bewusstheit. Die körperlichen und geistigen Pflichten sindphysisch und nach aussen gerichtet und dem inneren Weg entgegen-gesetzt. Der Geist ist dazu da, zwischen Vergänglichem und Ewigem,Gutem und Schlechtem zu unterscheiden. Handelt erst, nachdem ihrin dieser Weise nachgeforscht habt. Der Geist steht zwischen dem Kör-per und dem inneren Atman. Demzufolge sollte der Geist die Wege desGöttlichen Selbst erkennen und den Körper anweisen, richtig zu han-deln. Das ist die Wahrheit über die individuelle Pflicht, den Verhaltens-kodex des Menschen.Die Menschen vernachlässigen heutzutage den Weg des inneren Gött-lichen Selbst und konzentrieren sich auf den Körper. Weil Körper undGeist gemeinsam handeln und sich absichtlich für die Bedürfnisse desKörpers entscheiden, wird das Wesen des Menschen dämonisch. AlleEreignisse in der Welt geschehen aufgrund dieser Neigung zum dä-monischen Wesen. Wie kann dann das Licht der Weisheit aufgehen?Nur wenn der Geist sich mit Atman, dem göttlichen Geist, vereint, trittdiese Weisheit ans Tageslicht.

Man sollte allein den Anweisungen Atmans folgen. Ergebt euch niemalsden Verführungen des Geistes und Körpers. Das Leben sollte so ge-führt werden, dass Körper, Geist und Atman in harmonischer Weise ge-nutzt werden. Die Bhagavadgita erklärt: “Euer Recht besteht allein imHandeln.” Welche Art Handlung ist gemeint? Es geht nicht um äusser-liche, sondern aus dem Inneren kommende Handlungen. Auch äussereAktivitäten können in Übereinstimmung mit den Anweisungen Atmansvollführt werden. Ihr habt Pflichten zu erledigen. Wenn ihr diese wahr-nehmt, könnt ihr euch nicht ausschliesslich auf das Selbst verlassen.Ihr müsst alle drei Komponenten, Körper, Geist und Göttliches Selbstin Einklang bringen. Wenn ihr so handelt, ist euer Geist friedvoll, undwenn der Geist friedvoll ist, kommt die innere Weisheit zum Vorschein.Alle drei Komponenten sind im Menschen aktiv. Bei jeder Handlungsollte der Geist urteilen, ob die Handlung gut oder schlecht ist, ob sieeuren guten Ruf und den eurer Familie in der Gesellschaft aufrecht er-

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halten wird. Diese Faktoren sollten euer Handeln bestimmen. Die Um-stände ändern sich ständig.Als Erstes solltet ihr die Transformation des Einzelnen betrachten. Allebösen unmenschlichen Neigungen müssen beseitigt werden. Lügen,Stehlen, Unrecht sind zum Beispiel solche Neigungen. Der Körper tutmanches davon, und manchmal fügt ihr jemandem absichtlich Scha-den zu.Haltet euch an die Pflichten und Normen der Gesellschaft. Was sinddie negativen Züge im gesellschaftlichen Umgang? Übermässiges Es-sen, zielloses Umherschweifen, falschen Umgang pflegen, Glücks-spiele; es gibt viele solche schlechten Gewohnheiten. Wenn ihr so et-was tut, wird der Geist beschmutzt. Um die Transformation desEinzelnen zu erreichen, müssen all diese Gewohnheiten ausgelöschtwerden. Wenn ihr euch selbst geändert habt, könnt ihr das auch im Be-reich eurer gesellschaftlichen Pflichten tun. Wenn die individuellen, wiegesellschaftlichen Aktivitäten rechtschaffen sind, findet eine spirituelleTransformation statt. Alle drei werden durch die Buchstaben SAI re-präsentiert. S steht für Transformation auf der spirituellen, A für Trans-formation auf der gesellschaftlichen (association) und I für Transfor-mation auf der individuellen Ebene. Alle drei sind in SAI enthalten.Wenn der Einzelne transformiert ist, wird gesellschaftliche Transfor-mation möglich. Diese gesellschaftliche Transformation ist ein extremschwieriger Prozess. Die Gesellschaft ist heutzutage richtungslos, zü-gellos und ohne Einschränkung. Sie treibt richtungslos umher. Die Ge-sellschaft als ein Ganzes hat ihre Fähigkeit verloren, zwischen Gut undBöse zu unterscheiden. Unter diesen Umständen ist gesellschaftlicheTransformation eine schwierige Aufgabe. Normalerweise folgen dieMenschen den vorherrschenden gesellschaftlichen Normen. In diesengesellschaftlich akzeptierten Normen liegt viel Raum für Übles. Wennder Einzelne vollkommen transformiert wird, ist gesellschaftlicheTransformation eine automatische Folge davon.

Verkörperungen der Liebe! Wenn die gegenwärtigen Bedingungen inder Gesellschaft andauern, wird die ganze Welt in Flammen stehen.Überall herrscht Angst, jede Handlung ist mit Angst beladen. Die Men-schen fürchten sich sogar, offen zu sprechen. Deshalb ist in den ge-genwärtigen Umständen eine spirituelle Transformation notwendig.Verlust des Selbstvertrauens ist weit verbreitet, und die Menschen ver-halten sich pervertiert. Sogar die gut situierten und hochgebildeten Leu-te und Menschen in Machtpositionen schlagen falsche Wege ein. Ob-wohl jemand hoch im Ansehen steht, ist sein Verhalten niedrig. Guter

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Ruf sollte die Konsequenz guter Handlungen sein. Es gibt keinen grös-seren Weg als den des rechten Verhaltens. Euer Wesen selbst wirddurch euer rechtes Verhalten entschieden. Es mag euch nicht möglichsein, euch völlig vom äusseren Weg abzuwenden. Tut im euch mög-lichen Ausmass gute Werke. Arbeitet so, dass euer Gewissen zufrie-dengestellt wird. Ohne das Selbst zufrieden zu stellen, kann keineHandlung befriedigend vollbracht werden.Im Kupfernen Zeitalter war die Anzahl der Menschen, die üble Tatendurchführten, nur sehr gering. Aber in diesem Eisernen Zeitalter ist dieZahl solcher Menschen enorm angewachsen. Darüber hinaus sind die-se üblen Neigungen in Fleisch und Blut übergegangen. In jedem Au-genblick werden Sünden begangen. Wie kann man in dieser Lage Sün-de zerstören?Krishna sagte: “Arjuna, du ziehst in die Schlacht. Aber dies ist kein ge-wöhnlicher Kampf. Erhebe dich, Arjuna! Die Göttliche Ordnung (dhar-ma) wird siegen, Selbstsucht wird vernichtet. Das ist das in allen Zeit-altern herrschende Gesetz. Handle entsprechend dem Gebot derStunde. Mit Vertrauen in mich höre mir zu: Einem Vater von hundertSöhnen wird kein einziger Sohn bleiben, der seine Begräbnisritualedurchführt. Nicht nur das, ein Schauer von Waffen ist unvermeidlich,ehe der Weltfrieden erreicht werden kann. Dieser Waffenregen ist nichtörtlich begrenzt. Er wird hier, dort, überall sein. Shakuni und Karna füh-ren die Schlacht in verheerender Weise. Und Bhishma, der weiss, wasrecht ist, hat dennoch nicht die richtige Führung gewählt. Karna ist je-mand, der die Wahrheit und den rechten Weg kennt. Trotzdem sind sei-ne schlechten Eigenschaften unverändert. Er, der als die personifizier-te Grosszügigkeit gepriesen wurde - wie endet schliesslich seinSchicksal?"Die Pandavas waren die wahren Gottergebenen. Sie wichen nie vonKrishnas Anweisungen ab. Als Krishna als Friedensbotschafter zumHofe Duryodhanas ging und wieder zurückkehrte, fielen Nakula undSahadeva, die Krishna liebten und verehrten, ihm zu Füssen und frag-ten nach dem Ausgang seiner Mission. Krishna teilte ihnen mit, die Kau-ravas hätten ihre Kriegsabsicht bestätigt. Nakula sagte: “Krishna, duhast dich tatsächlich auf eine Friedensmission in das Feldlager derFeinde gewagt und bist unversehrt zurückgekehrt. Das ist für uns ge-nug, es ist grösser als aller Reichtum der Welt. Wir befürchteten, siekönnten dich verletzen. Dass du jetzt sicher zurückgekehrt bist reichtaus, uns mit Freude zu erfüllen."Zusätzlich gab es ein paar von Arjuna begangene Fehler, der zuvor vonder Friedensmission abgeraten hatte. Arjuna hatte zornig erklärt, er sei

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zum Krieg bereit und wolle keine Änderung des Plans. Aber als er dieihm Nahen und Lieben gegenüber auf dem Schlachtfeld aufgestellt sah,wurde er von Bindung überwältigt. Es war eine Manifestation von Ver-haftung an den Körper. Er sagte: “Krishna! Wie kann ich meine eigenenVerwandten, Freunde und Lehrer töten? Mir schwindelt es im Kopf, ichbin voller Verwirrung, lass uns ohne Zögern umkehren." Krishna erhobsich mit den Worten: “Du warst es, der sagte: `Krishna! Ist es möglich,Gift in Nektar zu wandeln, macht es irgend einen Sinn, Jasminblütenins Feuer zu werfen, sind die Leute, die du triffst (die Kauravas) bereit,auf Vernunftgründe zu hören? Beende diesen Zustand geistiger Ver-wirrung und rüste zum Krieg!' Jetzt scheinst du zu glauben, Krieg seiZeitverschwendung, und willst dich von der Schlacht zurückziehen."Wenn an einer Stelle Feuer ist, kann man es mit einem Feuerlöscherlöschen, aber wenn es überall brennt, kann kein Feuerlöscher etwasbewirken. Ein Waffenregen ist für den letztendlichen Weltfrieden un-vermeidlich. Krieg muss um des Friedens in der Welt willen stattfinden.Gelegentlich ist Krieg um des Weltfriedens willen unvermeidlich. NachWeltfrieden zu rufen, wird den Weltfrieden nicht herbeiführen. Bosheitist über alle Grenzen hinaus gewachsen. Gutes ist machtlos geworden.Ein Mensch, der heute gut ist, wird morgen schlecht. Ein Freund wirdmorgen zum Feind. Ein ausgedehnter Krieg ist unvermeidlich, um dieLage zu ändern.Heilige Länder müssen für das Wohlergehen aller Länder der Welt be-ten. In einigen Plätzen muss es Waffen regnen, weil extremes Bösesverbreitet ist. Es gibt Orte, wo Wahrheit und rechtes Verhalten völligfehlen, und die wenigen Rechtschaffenen geraten in Schwierigkeiten.Unter diesen Umständen ist ein Waffenregen unausweichlich.Abhimanyu, Arjunas Sohn, bereitete sich darauf vor, aufs Schlachtfeldzu ziehen. Seine Mutter Subhadra, Krishnas Schwester und ArjunasEhefrau, dachte bei sich: “Die Söhne von Schwester Draupadi sind allegeköpft worden. Abhimanyu ist der einzige Überlebende. Wie kann ichihn allein losschicken?" Abhimanyu sprach zu ihr: “Mutter, hege nichtsolche Gedanken. Sage stattdessen, du bist bereit, deinen Sohn mitdeinen Segensworten in die Schlacht zu senden." Dharmaraja allein,der älteste der Pandavas, war zu Hause. Auch er sagte: “Sohn, wiekann ich dich in den Kampf schicken? Deine Gegner sind grausam undsie sind erfahren in der Kampfanordnung, die schwer zu durchdringenist. Dronacharya, der im Kampf gnadenlos ist, hat diese uneinnehm-bare Formation aufgestellt. Gehe deshalb nicht." Dharmaraja versuch-te sein Bestes, um Abhimanyu abzuraten. Abhimanyu wurde wütend.Er sagte zu seiner Mutter Subhadra: “Wenn mein Onkel Krishna und

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mein Vater von der Schlacht zurückkehren und mich hier zu Hause sit-zend vorfinden, werden sie mir niemals verzeihen. Es könnte sogarsein, dass mein Vater mich enthauptet, weil ich mich feige verhaltenhabe. Ich muss in Übereinstimmung mit den Traditionen meiner Vor-fahren handeln. Meine Eltern müssen stolz auf mich sein. Was bringtein Sohn, der seinen Eltern und seinen Vorfahren keine Ehre bringt?Deshalb kann niemand mich davon abhalten, am Kampf teilzuneh-men." Und er fügte hinzu: “Was bringt es, wenn ich hier bleibe? Statthier zu sterben, kann ich genau so gut auf dem Schlachtfeld sterbenund in den Himmel kommen." Subhadra sagte: “Mein Sohn, dein Vaterist nicht hier, deine junge Ehefrau ist schwanger, und Drona hat dieschreckliche Kampfanordnung geformt. Darüber hinaus ist Karna dortmit seinen mächtigen Waffen. Bitte, gib deshalb deine Idee auf, in dieSchlacht zu ziehen." Aber als sie sah, dass alles Bitten nichts brachte,segnete sie ihn: “Möge derselbe Schutz über dir sein, den Mutter Gauriihrem Sohn Kumara verlieh, als er in den Kampf gegen Tarakasura zog.Möge der Segen, den Bhargavas Sohn von seiner Mutter erhielt, alser Shambarasura tötete, der Segen, den Vinata Garuda verlieh und derSegen Ramas dich beschützen."Wo sind heutzutage solche Söhne zu finden? Die Eltern schicken ihreKinder zur Ausbildung ins Ausland. Die Kinder verhalten sich fast wieTiere. Dennoch werden sie von ihren Eltern gerühmt. Wenn die Elternihre Kinder zu falschen Wegen ermutigen, kommt das nahezu einer Tö-tung der Kinder gleich. Studenten, die zum Studium ins Ausland gehen,sollten sich so verhalten, dass sie ihrem Land einen guten Ruf bringen.

Schüler, Studenten! Ihr seid alle sehr gut. Ihr habt in Swamis Nähe meh-rere gute Eigenschaften erworben. Ihr solltet sie umsetzen und ver-breiten. Wenn ihr irgendjemanden seht, der sich falsch verhält, solltetihr hingehen und versuchen, ihn zu korrigieren. Ihr seid als Menschengeboren und solltet euch weder wie Tiere noch wie Dämonen beneh-men. Ehe ihr als Einzelne nicht gut werdet, kann auch das Land nichtgut werden. Wenn ihr gut seid, wird das Land gut sein. Das Wohler-gehen eines Landes hängt vom Charakter seiner Schüler und Studen-ten ab. Nur wenn eure Gedanken und Gefühle gut sind, werden aucheure Handlungen gut sein. Wenn euer Verhalten gut ist, werdet ihr gei-stigen Frieden haben. Reinigt deshalb als Erstes eure Gedanken.Schlagt wahrhafte Wege ein. Striktes Festhalten an der Wahrheit magmanchmal Schwierigkeiten verursachen, aber ihr müsst manche Me-thoden erlernen, um solche Dilemmas zu überwinden. Auch diese ArtKlugheit ist eine Art Yoga. Aber ihr müsst darauf achten, dass ihr nicht

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in Irrtum hineingeratet. Euer Geist muss klar sein, ohne jedes Schuld-gefühl. Als Erstes müsst ihr euch von schlechten Eigenschaften be-freien. Das dämonische Wesen muss aufgegeben werden. Das ist ei-nes der Hauptziele dieses Opferrituals.Rama und Lakshmana begleiteten Vishvamitra, um sein Opfer zu be-schützen. Sie wurden von Dämonen umringt. Vishvamitra sagte: “Kin-der, eure Aufgabe hat begonnen." Welche Aufgabe? Die Aufgabe, dieDämonen zu zerstören. Nur dann wird das Opferritual vollständig sein.Als das Opferritual vorüber war, sagte Vishvamitra zu Rama: “Ich willjetzt, dass deine Hochzeit vollzogen wird." Genau in diesem Augenblicktraf eine Nachricht von König Janaka ein, dass er die Verheiratung Sitasdurchführen wolle. All jene, die in der Lage waren, Shivas Bogen zuheben, sollten kommen, um ihre Kraft zu erproben. Die Neuigkeit er-reichte Rama und Lakshmana. Sie waren nicht an der Hochzeit inter-essiert, sondern ihre Neugier galt dem Bogen Shivas. Vishvamitrakonnte Rama mit den Worten überzeugen, es wäre wert, diesen Bogenzu sehen. Rama wandte ein, die Anweisungen seines Vaters lauteten,das Opferritual zu beschützen und nicht, nach Mithila zu gehen und denBogen Shivas zu sehen. Vishvamitra führte dagegen an, Dasharathahätte allgemeine Anweisungen gegeben, Rama und Lakshmana soll-ten entsprechend Vishvamitras Anweisungen handeln. Ihnen blieb kei-ne andere Wahl, als Vishvamitra nach Mithila zu begleiten. Dort sahensie Shivas Bogen, worauf sie so sehr gespannt waren. Ihre ganze Auf-merksamkeit galt nur Shivas Bogen. Man sollte sich immer auf die voreinem liegende Aufgabe konzentrieren. Die öffentliche Aufmerksam-keit war auf Rama und Lakshmana, die Vishvamitra begleiteten, ge-richtet.Wenn die Menschen von Indien ihre Kinder nach Amerika oder in einanderes Land zum Studium schicken, vergessen die Kinder ihre Stu-dien und lassen sich in viele andere Aktivitäten hineinziehen. Sie ver-längern ihren Aufenthalt unter dem Vorwand weitergehender Studienund führen so ihre Eltern in die Irre. Das war nicht der Fall mit Ramaund Lakshmana.Ravana, der dämonische Herrscher Lankas, kam in diesem Moment,um seine Kraft zu erproben. Er schritt mit seiner ganzen massiven,furchteinflössenden Persönlichkeit voller Stolz Richtung Bogen. Er ver-suchte erst mit einer, dann mit beiden Händen, den Bogen zu heben.Trotz seiner gewaltigen Anstrengung konnte er den Bogen nicht heben,sondern fiel stattdessen zu Boden und der Bogen fiel auf ihn. Weil erunter dem Bogen gefangen lag, konnte niemand ihm helfen. Rama be-schloss, Ravana zu Hilfe zu eilen, um ihn aus dieser misslichen Lage

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zu befreien. Vishvamitra ergriff diese Gelegenheit und wies Rama an,zu gehen und den Bogen aufzuheben. Ramas Absicht bestand nichtdarin, den Bogen zu heben, sondern Ravana zu helfen. Hilf immer, ver-letze nie - das war Ramas Motto. Rama schritt dorthin, hob den Bogenmit seiner linken Hand und legte ihn beiseite. Alle waren erstaunt. DasGewicht des Bogens war phänomenal, und die nötige Kraft, um ihn zuheben, war von kosmischer Dimension, menschliche Kapazität weitüberschreitend. Das Wesen dieser göttlichen Kraft ist wahrhaft kos-misch, und diese Kraft war voll in Rama gegenwärtig. Während dieMenschen staunend diesem Schauspiel zuschauten, kam Janaka. Ersagte: “Wer diesen Bogen heben kann, kann ihn auch spannen." Ramaerwiderte, er würde es ohne Anweisung seines Lehrer nicht tun. Janakaschaute zu Vishvamitra, der Rama bedeutete, es zu tun. Rama dehnteden Bogen, und ehe er voll gespannt werden konnte, zerbrach der Bo-gen mit einem lauten Knall. Die Menschenmenge war ekstatisch.Janaka bot daraufhin, so wie er es zuvor verkündet hatte, Rama seineTochter Sita zur Frau an. Aber Rama entgegnete, er könne ohne dieEinwilligung seiner Eltern den Vorschlag nicht annehmen. Janaka batRama, Sita wenigstens anzuschauen. Aber Rama erwiderte, es seieine grosse Sünde, eine Frau vor der Hochzeit auch nur anzusehen.Janaka war über Ramas striktes Festhalten am Dharma erstaunt. Ersandte seine Botschafter in gebührender Weise nach Ayodhya, um Kö-nig Dasharatha und andere zu holen. Es dauerte vier Tage, ehe dieGruppe Mithila erreichte. In dieser ganzen Zeit besuchte Rama nichteinmal Janakas Palast und nahm an keiner der dort stattfindendenFestlichkeiten teil.Die Hochzeiten Ramas, Lakshmanas, Bharatas und Shatrughnas wur-den gleichzeitig durchgeführt. Wie ihr wisst, tauschen Braut und Bräu-tigam während der Hochzeit Girlanden aus. Sita musste Rama die Gir-lande umhängen, ehe die anderen Bräute dasselbe mit ihremjeweiligen Bräutigam taten. Weil Sita klein war, konnte sie Rama, dersehr gross war, die Girlande nicht umhängen. Man erwartete, dassRama sein Haupt vor Sita beugte, damit sie die Girlande umlegen konn-te. Aber er tat es nicht, damit die Leute nicht sagen, der starke und recht-schaffene Rama habe sein Haupt vor einer Frau gebeugt. Sita hielt ihreGirlande lange in ihrer Hand, unfähig, sie Rama umzuhängen. Die Zu-schauer wurden besorgt und beobachteten den Ablauf, ohne den Blicknur einen Moment abzuwenden.Ramas Vorgehensweise beinhaltete noch ein weiteres subtiles Ge-heimnis. Aus weltlicher Sicht hatte Rama Sita bis dahin nicht gesehen.Erst nach dem Umhängen der Mangalasutra ist Sita seine Ehefrau, und

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erst dann hat Rama das Recht, sie anzuschauen. Es ist nicht recht,wenn ein Mann eine unverheiratete Frau ansieht. Das war Ramas Ver-haltenskodex. Er hatte sich selbst diese Regelung gesetzt. Lakshmanawar die Inkarnation der grossen Weltenschlange (Adishesha), auf derGott Vishnu ruht und welche die Mutter Erde auf ihrem Haupt trägt.Rama schaute Lakshmana an, wie wenn er sagen wollte: “Warum er-hebst du nicht den Teil der Erde, auf dem Sita steht, damit sie mir dieGirlande umhängen kann?" Lakshmana bedeutete Rama, es sei nichtmöglich, ein bestimmtes Gebiet anzuheben. Wenn er den Teil der Erde,auf dem Sita stand, erhöhte, würden gleichzeitig Rama und die anderenauch erhöht. Lakshmana war intelligent und sann über einen Plan nach,der das Problem löste. Plötzlich fiel er Rama zu Füssen und stand langeZeit nicht auf. Rama bückte sich, um Lakshmana aufzuheben, und Sitaergriff die Gelegenheit, um Rama die Girlande umzuhängen.Vishvamitra sagte, dies sei der krönende Abschluss, dem sein ganzesLeben gegolten habe, und gab alle spirituellen Kräfte, die er durch As-kese erlangt hatte, an Rama weiter. Rama warf nicht einmal einen kur-zen Blick auf Sita, ehe die Hochzeitsformalitäten abgeschlossen wa-ren. Das war in jenen Tagen die Norm. Aber heutzutage sind die Jungennicht so. Das Verhalten ist so zügellos geworden, dass Hochzeitenstattfinden, nachdem ein Kind geboren ist. Was für eine Art Verhaltenist das? Es gibt viele Möglichkeiten, in die Irre zu gehen. Unsere Schülerund Studenten sollten sich nicht in einer solchen Weise benehmen.Macht eure Eltern glücklich. Wenn ihr irgendwelche Meinungsverschie-denheiten habt, löst sie auf sanfte, süsse Weise, indem ihr eure Elternüberzeugt. Handelt niemals den Wünschen eurer Eltern entgegen.Ramas Geschichte ist in der ganzen Welt berühmt. Sogar nach Tau-senden von Jahren wird Ramas Geschichte rezitiert und mit Freude an-gehört. Vor Millionen von Jahren trat der Mensch auf der Erde in Er-scheinung. Ramas Ankunft geschah vor Tausenden von Jahren, aberseine Geschichte wird sogar noch heute als grosses, heiliges Epos be-trachtet. Man sollte versuchen, so wahrhaftig wie Rama zu sein. Lassteuch in Heiratsangelegenheiten nicht verwirren. Vor euch liegt ein lan-ges Leben. Die Institution der Ehe ist in diesen Tagen sehr pervertiertworden. Die Leute heiraten heute und lassen sich am dritten Tag wiederscheiden. Mangel an rechter Überlegung, das Fehlen des Segens undder Zustimmung der Älteren sind die Ursachen für diesen traurigen Zu-stand. Eure Freiheit gestattet euch nicht, euch zu verhalten, wie es euchgefällt. Woher sollten eure Wünsche kommen? Sie sollten aus Atman,eurem Gewissen, hervorgehen. Schlechte Sehweise und schlechteGedanken lassen viele schlechte Handlungen entstehen.

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Schüler, Studenten! Gebt dem Entstehen schlechter Neigungen in eu-rem Geist keinen Raum. Wenn ihr Wünsche habt, erklärt es euren El-tern, überzeugt sie und erhaltet ihre Zustimmung. Ohne den Segen eu-rer Eltern können eure Unternehmungen nicht erfolgreich sein.Mit Opfer ist heute die Opferung all eurer schlechten Eigenschaften undüblen Neigungen gemeint. Das ist der einzige Zweck dieser umfassen-den Rituale und Opferhandlungen. Zerstörung der bösen Neigungenund das Entfalten guter, rechtschaffener Qualitäten sind die Ziele derOpferhandlungen.

Die Ursache all dieser Verwirrung und allen Aufruhrs im heutigen Lebenist das Fehlen von Menschen mit Charakter und Wahrhaftigkeit. Täglichsprechen die Nachrichten von Tod, Mord, Gewalt und Verbrechen. Istdas gut? Nein. Wenn ihr eure Sinne beherrscht, werdet ihr keineschlechten Neigungen haben und ihr werdet niemanden hassen. DerAnkläger und der Angeklagte sind eins. Derselbe Atman existiert in al-len. Wenn ihr diese Einheit des Göttlichen Selbst verwirklicht, werdetihr niemanden hassen und universell wird Glück herrschen. Es wird we-der Probleme noch Sorgen, weder Kampf noch Krieg sein. Das ist nurdann möglich, wenn man das Empfinden des einen Selbst verwirklicht.In welche Richtung ihr auch schaut, Atman allein ist anwesend. Hiersind so viele Glühbirnen, aber der Strom, der sie zum Leuchten bringt,ist derselbe. Hier sind Menschen vieler Schattierungen, aber die bele-bende Kraft in allen ist dieselbe. Verstärkt in dieser Weise nach undnach das Empfinden Atmans und vermindert euer Körperempfinden.Betet alle, mit diesem erhöhten Empfinden des einen Atman in allen,dass alle Schwierigkeiten, Kämpfe und Konflikte in der Welt schnell ver-schwinden. Dem gilt auch Swamis Segen. Unterscheidet nicht zwi-schen diesem und jenem Land, Pakistan, Amerika, Russland usw.Möge die ganze Welt glücklich sein! Das sollte euer ständiges Gebetsein. Die gesamte Menschheit ist eine einzige Familie. Gott ist der Vateraller. Haltet an dem Prinzip der Bruderschaft der Menschen und Va-terschaft Gottes fest. Bhagavan gibt seinen Segen, dass alle Menschenaller Länder in der ganzen Welt Frieden, Glück und Wohlergehen ge-niessen. Betet darum.

Ihr habt die göttlichen Schwingungen des siebentägigen Rituals in euchaufgenommen; versucht, spirituelle Transformation zu erreichen. Woimmer ihr hingeht, gebt Gott nicht auf und betet für das Wohlergehenaller. Panzer, Bomben und andere Waffen verschaffen nicht denSchutz, der durch beständige Besinnung auf Gott erreicht wird. Derje-

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nige ist ein wahrer Mensch, der starkes Vertrauen in das GöttlicheSelbst hat. Versteht deshalb dieses Vertrauen in das Selbst. Das istdas Wesen des Segens, den Swami euch an diesem heiligen Anlassder Vollendung des Feueropfers erteilt.

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19. November

Tag der Frau

Gute Mütter sind der Stolz einer Nation

War nicht Savitri, die ihren toten Ehemann ins Leben zurückbringenkonnte, eine Frau Indiens? War nicht Chandramati, die durch ihr be-harrliches Festhalten an der Wahrheit lodernde Feuer auslöschte, einetugendhafte Frau Indiens? War nicht Sita, die ihre Reinheit bewies, in-dem sie die Feuerprobe bestand, eine Tochter dieses Landes? Warnicht Damayanti, die den verruchten Jäger zu Asche verbrannte, einebeispielhafte Frau dieses Landes? Dieses Land Bharat, das von siebenMeeren umgeben ist, trägt in seinem Herzen das heilige Prinzip der Tu-gend, und dieses heilige Land ist der Lehrer aller Nationen!

Seit undenklichen Zeiten haben die Frauen Indiens durch ihr Festhaltenan Idealen diesem Land Freude bereitet. Sie nehmen dadurch eine her-ausragende Stellung ein, die höher ist als die der Männer. Frauen ver-körpern den Aspekt der Mutter Natur, und die alten Weisen fanden Lö-sungen für Lebensprobleme, indem sie diese Wahrheit erkannten. Wasist die Ursache für Elend, Leid und Streit in der heutigen Welt? DerGrund liegt darin, dass die Herzen der Männer und Frauen nicht reinsind. Das Verhalten von Männern und Frauen ist verantwortlich für Auf-stieg oder Fall einer Nation. Wenn es Männer und Frauen mit reinemHerzen gäbe, würde es dem Land an nichts fehlen. Aber die Herzensind heutzutage völlig verschmutzt. Hier ist ein Stück reines weissesPapier (Swami zeigt einen Bogen Papier). Aber die Schrift auf der einenSeite lässt das Papier schmutzig erscheinen. Das gleiche gilt für dasmenschliche Herz: Es wird durch unreine Gefühle verschmutzt. Die Zei-tung von heute wird morgen zu Abfall. Das Papier an sich ist geruchlos.Wenn man in dieses Papier Jasminblüten einwickelt, duftet es nachJasmin; wenn man getrockneten Fisch einpackt, wird es nach Fisch rie-chen. Wenn das Herz gereinigt ist, leuchtet es in Mitgefühl. SchlechteGefühle und schlechte Gedanken verunreinigen das menschlicheHerz.Seit alten Zeiten haben die Frauen ihre Herzen rein gehalten. Savitriwar eine der grossen Frauengestalten Indiens. Sie siegte über den To-desgott und brachte so ihren Mann ins Leben zurück. Es gibt viele sol-

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cher Beispiele von Frauen, die ihre Ehemänner vom Tod ins Leben zu-rückriefen. Aber die Geschichte spricht von keinem einzigen Mann, derseine Frau vom Tod ins Leben zurückbrachte! Frauen mit solch einemherausragenden Charakter haben in Indien grosse Ideale der Weib-lichkeit gesetzt. Die heutige Gesellschaft ist deshalb verschmutzt, weilFrauen nicht ermutigt werden, solch heilige Ideale zu kultivieren. In mo-dernen Zeiten sind die Lebenswege so pervertiert, dass nur üble Ge-danken, üble Gefühle und schlechtes Verhalten herrschen. In dieserSituation ermutigen die Sathya Sai Seva Organisationen die Frauen,indem sie ihnen Gelegenheit bieten, in den Zweigen der Organisationgute charakterliche Ideale zu entfalten und diese in der ganzen Weltzu verbreiten. Nur wenn die Frauen in der Gesellschaft hochkommen,wird die ganze Welt heilig werden. Die Organisation der Frauen hat vie-le grosse Dinge erreicht, aber die Männer erkennen ihre gute Arbeitnicht an. Die Frauen sind fähig, über Nationen und sogar die ganze Weltzu herrschen, wenn sie sich dazu entschliessen. Die Männer solltendie Frauen nicht als blosse Sklaven betrachten. Unser Land erlebt heut-zutage deswegen einen Niedergang, weil ihr eure Frauen sehr unter-schätzt.Es gibt nichts in dieser Welt, was Frauen nicht erreichen könnten. Ihrmüsst das Wesen solcher Frauen erkennen, sie ermutigen und ihnengleiche Möglichkeiten in der Gesellschaft einräumen. Heute wird dieseErmutigung nicht gegeben. Die Männer dulden es nicht, wenn Frauensich zu einem guten Zweck in einer Organisation zusammenschlies-sen. Aufgrund ihrer Selbstsucht sind die Männer unfähig, das Gute zuerkennen, das Frauen der Gesellschaft erweisen können. Im allgemei-nen sind Frauen selbstlos. Ihre Herzen sind voller Mitgefühl und Liebe.Sie bemühen sich sehr, ihre Kinder auf den rechten Weg zu führen, eineAufgabe, die den Männern nahezu unmöglich ist. Die Mutter spielt beider Charakterbildung des Kindes eine sehr wichtige Rolle. Die zeitge-nössische Erziehung ist hauptsächlich verantwortlich für den schritt-weisen Niedergang im Verhalten der Kinder. In alten Zeiten initiiertendie Mütter ihre Kinder in den Unterricht durch das Singen heiliger Man-tren wie Om namah Shivaya oder Om namo Narayanaya. Dadurchprägten sich schon in sehr jungen Jahren diese heiligen Worte den Her-zen der Kinder ein. Aber die Eltern von heute beginnen die Ausbildungihrer Kinder nicht mit dem Singen heiliger Gottesnamen, sondern durchKinderreime wie “Bäh, bäh, schwarzes Schaf!“ Den Kindern werdenheutzutage alle Arten falscher Begriffe beigebracht. Früher hiessen dieKinder Gäste in ihrem Heim mit Demut und Verehrung willkommen;aber diese Qualitäten fehlen derzeit völlig. Die Kinder von heute trach-

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ten nach Geld, Macht und Freundschaft, nicht aber nach Charakter.Was bringen Wohlstand, Macht und Freundschaft, wenn man keinenCharakter hat? Geld kommt und geht. Man muss die Kinder Moral undRechtschaffenheit lehren. Früher wurden den Kindern diese heiligenWerte vermittelt. Heutzutage wollen die Eltern, dass ihre Kinder höhereStudien absolvieren und grosse Persönlichkeiten werden; früher hin-gegen zogen sie es vor, dass ihre Kinder nicht grossartig, sondern gutwerden. Weil jene Eltern gute Kinder wollten, war Bharat ein Vorbildfür alle Nationen der Welt.Heutzutage werden den Schülern keine guten Eigenschaften beige-bracht. Wenn sie heimkommen, stellt die Mutter stattdessen sofort denFernseher an und der Vater schaut zusammen mit dem Sohn fern. Frü-her brachten die Eltern die Kinder sobald sie heimkamen in den An-dachtsraum, und sie schauten das von den Lehrern in der Klasse Ge-lehrte mit ihnen durch. Heutzutage wollen die Eltern, dass ihre Kinderhöhere Studien absolvieren, damit sie einen reichen Schwiegervaterbekommen. In jenen Tagen wollten die Eltern keinen reichen Schwie-gervater für ihren Sohn, sondern eine tugendhafte Ehefrau. Deshalbging es in jenen Tagen den Menschen gut und sie waren friedvoll.Was ist die Ursache des Chaos in der heutigen Welt? Weil es heutezu Hause keine vorbildhaften Eltern mehr gibt, gibt es auch keine vor-bildlichen Kinder. Das Zuhause ist die erste Schule. Wenn das Zuhausegut ist, werden diese Kinder, wenn sie in die Gesellschaft kommen,auch dort gute Eigenschaften lernen. Die Schüler und Studenten vonheute müssen erkennen, dass ihnen all ihr erlerntes Wissen, ihre Weis-heit oder guten Eigenschaften von der Gesellschaft beigebracht wur-den, und müssen sich deshalb fragen, was sie selber für die Gesell-schaft tun, durch die sie so viel Gutes erhielten. Die Schüler undStudenten erhalten von der Gesellschaft viel Gutes, aber tragen selberwiederum nichts Gutes zu ihr bei. In dieser Weise werden die Menschenundankbar. Wir müssen denen, die uns helfen, dankbar sein. Wasbringt alle Bildung, wenn ihr euren Wohltätern keine Dankbarkeit undAchtung zeigen könnt? All die erlernte Bildung wird dann nutzlos sein.Lernt als Erstes, die Gesellschaft zu achten, denn ihr wurdet in ihr ge-boren, aufgezogen und bleibt bis zu eurem Tod ein Glied der Gesell-schaft. In jenen Tagen lehrten die Mütter ihre Kinder, dass sie nur dannein ideales Leben führen können, wenn sie die Gesellschaft achten.Nehmt zum Beispiel die folgende Episode aus dem Leben Abhimanyus:Er verneigte sich vor seiner Mutter und bat um ihre Erlaubnis, aufsSchlachtfeld zu ziehen. Anfänglich zögerte seine Mutter und sagte:“Der grosse Krieger Drona hat in der heutigen Schlacht eine kompli-

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zierte Strategie, nämlich eine Kampfanordnung in Lotosform, erson-nen. Bhishma steht auf der Seite Dronas, dein Vater und Onkel sindnicht hier, und deine Frau ist schwanger. Wir wissen nicht, was auf demSchlachtfeld geschehen kann. Deshalb rate ich dir, jetzt nicht in denKampf zu ziehen!“Abhimanyu erwiderte: “Mutter, das ist nicht die rechte Belehrung; dusolltest mich stattdessen dazu ermutigen, mich gleich einem Löwenaufs Schlachtfeld zu stürzen und die Kauravas zu zerstören. Aber duentmutigst mich. Ist es recht von dir, so zu handeln? Ich bitte, dass dumir deinen Segen schenkst, im Kampf siegreich zu sein.“ Subhadra er-kannte in dieser Situation sogleich ihre Pflicht und segnete ihn mit denWorten: “Mein lieber Sohn! Mögest du ein langes Leben haben, mögestdu deiner Familie einen guten Ruf bringen, mögest du den Segen dei-nes Onkels und Vaters verdienen, möge der Herr dir zu Seite stehenund dich auf dem Schlachtfeld schützen!“Es ist die Pflicht der Kinder, der Familie einen guten Ruf zu bringen.Aber in diesen modernen Zeiten bringen die Eltern ihren Kindern nichtsolche guten Lehren bei. Sobald ein Kind geboren ist, verteilen die El-tern Süssigkeiten und feiern den Geburtstag des Kindes. Aber in altenZeiten feierten die Eltern den Geburtstag ihrer Kinder erst an dem Tag,an dem sie der Familie einen guten Ruf brachten.Der Vater freut sich nicht über einen Sohn, nur weil ein Kind geborenworden ist. Erst wenn die Leute seinen Sohn wegen seiner guten Tatenund Errungenschaften preisen, empfindet der Vater Freude!Wie wir sehen liegt eine Kluft von Unterschieden zwischen den Kulturenjener Tage und der heutigen. Seit undenklicher Zeit erziehen die Mütterdie Kinder. Der Schoss der Mutter ist die erste Schule des Kindes. Des-halb verkünden sogar die Veden:

“Möge die Mutter dein Gott sein,möge der Vater dein Gott sein,

möge der Lehrer dein Gott sein!“

Der erste Ehrenplatz wird immer der Mutter eingeräumt. Nehmt zumBeispiel die Namen der Götterpaare Sita-Rama, Radha-Krishna undParvati-Parameshvara: der weibliche Aspekt Gottes kommt zuerst.Es ist die Mutter, die das Leben des Kindes formt. Auch wenn sie ihrKind wegen irgendeinem Fehler bestraft, tut sie es mit Liebe, um esauf den rechten Weg zu bringen. Wir brauchen heutzutage solche Müt-ter.

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In diesem heiligen Land Bharat ist Geduld unser Reichtum. Von allenGelübden ist Festhalten an der Wahrheit die grösste spirituelle Diszi-plin. Die Mutterliebe ist die süsseste Empfindung in unserem Land. Esgibt nichts Heiligeres als die Mutterschaft. Wir brauchen Kinder, welchedie Hoffnungen ihrer Mütter erfüllen, und wir brauchen Frauen, die Mut-terschaft verkörpern. Um solche erhabenen Ideale zu fördern, habenwir den 19. November als den “Tag der Frau“ gewählt.Easwaramma war die Mutter dieses Körpers. Sie war keine Gelehrteund kannte noch nicht einmal das Alphabet. Dennoch sprach sie im Le-ben jederzeit nur gute Dinge. Ihr Herz war von Mitgefühl erfüllt. EinesTages kam sie zu mir und sagte: “Swami, in dieser Gegend gibt es soviele reiche Leute. Trotzdem müssen die Kinder unseres Dorfes denganzen Weg nach Bukkapatnam zur Schule gehen. Es tut meinem Her-zen weh, diese kleinen Kinder kilometerweit gehen zu sehen. Swami,könntest du bitte in unserem Dorf eine kleine Schule errichten?“ Ich er-widerte: “Ich habe kein Geld.“ Sofort nahm sie die Goldkette von ihremHals und gab sie mir mit den Worten: “Swami, bitte verkaufe sie undbaue von dem Erlös eine Schule.“ Ich gestand ihr: “Überstürze nichts,ich sagte das nur, um dich zu prüfen. Ich werde sicherlich eine Schuleerrichten.“ Am nächsten Tag wurde der Grundstein gelegt, und in kurzerZeit war das Schulgebäude fertig. Ich fragte sie, ob sie glücklich sei.Sie erschien nicht völlig zufriedengestellt. Ich fragte sie: “Was plagt dichsonst noch?“ Sie antwortete: “Swami, wenn die Kinder krank werden,tragen ihre Mütter sie den ganzen Weg nach Bukkapatnam zur ärztli-chen Behandlung und auf diese Weise könnten die Dinge schieflaufen.Bitte baue im Dorf ein kleines Krankenhaus.“ In dieser Weise dachtesie immer an das Wohlergehen und Glück der anderen. Sie pflegte zusagen: “Es reicht nicht aus, wenn diese Einrichtungen nur unserem Dorfzur Verfügung stehen. Sie müssen allen Dorfbewohnern im Umkreiszur Verfügung stehen, und jeder sollte glücklich sein.“Ich nahm Easwaramma einmal während des Sommerkurses mit nachBrindavan. Studenten aus Universitäten des ganzen Landes nahmenam Kurs teil. Auch viele Ausländer waren zugegen. Sie freute sich sehrüber die edlen Lehren, die in den Klassen vermittelt wurden, und überdie Reden, die Swami abends hielt. Eines Tages fragte ich sie: “Bistdu jetzt glücklich?“ Sie antwortete: “Swami, was mehr brauche ich.Menschen so vieler Länder profitieren davon. Das reicht aus, um michglücklich zu machen.“Sie war weitherzig. Heutzutage finden wir überall nur Engstirnigkeit. DieLeute wünschen nur das Glück ihrer Familie und ihrer Kinder. Aber Eas-waramma war anders. Sie wollte, dass jeder glücklich ist. Obwohl sie

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ungebildet war, lehrte sie jedem solch erhabene Eigenschaften. Auf-grund solcher Mütter erlangte unser Land Bharat grossen Ruhm. Män-ner und Frauen mit Charakter brachten dem Land einen guten Ruf.Eines Tages sass sie nach dem Frühstück unten in der Halle. Ich waroben. Plötzlich rief sie dreimal: “Swami, Swami, Swami!“ Ich rief zurück:“Ich komme, gehe nicht!“ Gokak, der gerade da war, wunderte sich übermeine Worte. Ich eilte hinunter. Sie hielt meine Hände und sagte: “Die-ser Sommerkurs hat mich völlig zufriedengestellt. Nicht nur die Stu-denten profitieren davon, sogar mein Geist hat sich geweitet. Swami,ich gehe!“ Sie verneigte sich vor mir und verschied friedlich. Jeder wünscht sich einen friedvollen Tod. Leute, deren Gefühleschlecht und böse sind, werden nicht so einen Tod haben. Easwaram-ma trug keine Spur schlechter Gefühle in sich. Deshalb war sie immervoller Freude. Noch im Alter von 96 Jahren ging sie die drei Meilen vonBrindavan zum Haus der Familie Gojimeni zu Fuss. Als ich sie fragte,warum sie so weit gehen wolle, statt mit dem Auto zu fahren, antwortetesie: “Swami, ich will sie sehen, aber ich fühle mich im Auto nicht wohl.Ich brauche kein Auto, ich gehe lieber zu Fuss!“ Es war immer ihrWunsch, andere glücklich zu sehen. Aufgrund solcher Mütter erlebtedie Gesellschaft grossen Fortschritt und grosses Wohlergehen.Als dieser Körper zwölf Jahre alt war, weilte ich in Subbammas Haus.Ich bat sie, mir einen langes Gewand zu nähen. Sie mochte das nichtund sagte: “Warum willst du ein Kleid tragen? Du kannst einen Dhotitragen.“ Ich erwiderte: “Nein; die Zeit ist reif, es zu tun.“ Sie folgte meinerAnweisung und nähte mir ein Gewand. Zu der Zeit kostete es zwei An-nas. Als ich das Kleid anzog, rief sie Easwaramma in ihr Haus, damitsie mich sehen konnte. Als Easwaramma kam und mich sah, vergosssie Tränen und sagte: “Swami, hast du mich hergerufen, um dich sozu sehen?“ Ich erwiderte: “Gräme dich nicht, ich setze der ganzen Weltein Vorbild. Wenn man ockerfarbene Gewänder trägt, werden dieschlechte Wünsche in einem verschwinden.“ Als sie das hörte, war siezufrieden.Jayamma, die Vorsteherin des Anantapur-Colleges, übersetzt heutedie Ansprache. Sie pflegte sich in jenen Tagen um Easwaramma zukümmern, die damals in Jayammas Haus lebte. Jayamma diente ihrTag und Nacht und hörte ihren Erzählungen über Swami zu. Ich weissnicht, was Easwaramma ihr erzählte. Jayamma wollte kein Familien-leben führen, aber ihre Eltern bestanden auf ihrer Heirat und die Hoch-zeit wurde arrangiert. Ich war in Puttaparthi. Jayamma sandte mir einTelegramm mit den Worten: “Ich fahre heute zur Hölle!“ Ich versuchte,

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ihre Eltern gegen die Heirat zu überzeugen, aber sie beachteten meineWorte nicht.Ihr Ehemann besass einen guten Charakter. Auch Jayammas Mutterwar eine sehr gute Frau. Sie betete aufrichtig zu Swami, sie möge sotugendhaft wie Easwaramma sein. Jayammas Hochzeit wurde vollzo-gen, aber ich nahm nicht daran teil. Der Name ihres Ehemannes warGopinath. Er war edel und gut gebildet. Er war gerade nach seiner Aus-bildung aus Amerika zurückgekehrt. Er erhielt eine Stellung in einergrossen Gesellschaft in Rajahmundry. Als ich Rajahmundry besuchte,diente er mir, indem er, wo immer ich hingehen wollte, Transportmög-lichkeiten organisierte. Es war Gopinaths ständiges Gebet, dass er undJayamma einen Platz zu Swamis Lotosfüssen finden sollten. Ich rietihm ständig, nichts zu überstürzen und dass noch ein langes Leben vorihnen lag. Als ich aus Rajahmundry zurückkehrte, kam ein Telegramm,dass Gopinath gestorben sei. Jayamma verschloss sofort ihr Haus undeilte nach Brindavan. Sie hatte Vibhuti auf ihre Stirn aufgetragen undsass unter einem Baum. Ich fragte sie, warum sie Vibhuti und nichtKumkum auf ihrer Stirn aufgetragen hätte. Sie erwiderte, Swami hättees so bestimmt und informierte mich, dass ihr Ehemann nicht mehr le-be. Sie sagte, sie würde nicht von Swamis Lotosfüssen weichen. Ichschickte Karunyananda und Rama Brahmam nach Rajahmundry, umall ihren Besitz zu holen. Ich wies Jayamma an, im Anantapur-Collegezu lehren. Jayamma hatte eine Goldmedaille für ihre Bewandtheit inder englischen Sprache erhalten. Sie lernte auch noch Sanskrit am Ma-harani College, aber war noch nicht zufrieden. Sie gestand Swami ihrenWunsch, einen Doktortitel zu erhalten. Mit Swamis Segen promoviertesie unter Gokaks Anleitung. Jayamma besitzt starke Entschlusskraftund sie hat seitdem im Institut gearbeitet. Sie pflegte jeden Sonntagvon Anantapur nach Puttaparthi zu kommen, bis Swami ihr die Anwei-sung gab, sich ohne Zeit zu verschwenden auf ihre Pflicht zu konzen-trieren. Jayamma gehorchte Swamis Anweisung sofort. Sie kam alsKind von vier Jahren zu Swami zu der Zeit, als er im alten Mandir wohn-te. Wo immer Swami hinging folgte sie ihm mit einem Handtuch in derHand. In dieser Weise wuchs sie mit edlen Empfindungen auf.Gott ist die Verkörperung der Liebe. Er ist völlig selbstlos. Deshalb soll-ten auch die, die Gott folgen, selbstlos sein. Wenn eure Herzen mit gött-licher Liebe erfüllt sind, könnt ihr die Einheit der ganzen Schöpfung auf-spüren. Wenn diese Einheit euer Herz durchdringt, bleibt kein Raumfür Hass anderen gegenüber. Die Erfahrung der Einheit allen Seins wirddie immerwährende Liebe in euren Herzen etablieren. Deshalb sind je-

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ne, die dem Göttlichen folgen und sich die göttliche Liebe einprägen,wahrhaft gesegnet.In Swami existiert nicht einmal eine Spur Selbstsucht. Swami ist voll-kommen selbstlos. Wenn ihr euch diese selbstlose Liebe einprägt, wer-det auch ihr selbstlos und eure Liebe ermahnt andere zum idealen Weg.Sogar in der Liebe der Mutter, des Vaters und von Freunden liegt eineSpur Selbstsucht, aber die göttliche Liebe wird von Selbstsucht nichtverschmutzt. Warum verlangt ihr nicht nach dieser selbstlosen Liebe?Die Leute rennen heute körperlichen und weltlichen Freuden und Er-folgen hinterher. Alles Weltliche ist negativ; allein Gottes Liebe ist po-sitiv. Nur wenn ihr diese Liebe erlangt, habt ihr wahrhaft Kraft und könntvorbildliche Taten vollbringen. Lasst die Leute denken, was immer siewollen, ihr braucht euch nicht darüber zu sorgen. Prägt euch die gött-liche Liebe ein.Liebe zu Gott und Furcht vor Sünde sind aus dem Herzen verschwun-den, was zum Niedergang der Menschlichkeit im Menschen führt. Dasist die Ursache der Friedlosigkeit in der Welt. Ihr solltet euch nicht durchdie Worte anderer in die Irre führen lassen und die Heiligkeit der gött-lichen Liebe aus dem Auge verlieren. Die Leute gleichen Krähen undreden, wie es ihnen gefällt. Aber ihr solltet euer Unterscheidungsver-mögen anwenden. Euer Herz sollte rein und ihr solltet furchtlos sein.Die Leute brauen aus Eifersucht verschiedene Geschichten zusam-men. Aber es kann uns nicht schaden, sondern es wird uns helfen. Wirsollten bereit sein, jeglicher Schwierigkeit zu begegnen, denn wahresGlück entsteht aus Schwierigkeiten. Wenn wir entschlossen sind, ver-wandelt sich Kritik in Lobpreis. In Wahrheit trägt Kritik zum heiligenRuhm des Göttlichen bei. Ihr solltet euch nicht von Kritik niederdrückenlassen.

Für die, die ja sagen, ist es ja,für die, die nein sagen, ist es nein.Ja und nein gelten nur für euch,

aber für Sai ist alles ja, ja, ja!

Ich sage niemals nein. Ich bin immer in Glückseligkeit. Ich kenne nichtsanderes als Glückseligkeit. Wir sollten sogar den Tod freudig begrüs-sen. Alles geschieht zu unserem eigenen Guten. Könnt ihr, wenn ihreinmal geboren seid, dem Tod entrinnen? Geburt und Tod sind wie un-trennbare Zwillingsvögel. Bis heute habe ich nur einen Wunsch: Allesollten vereinigt werden! Ihr müsst die Einheit des in jedem wohnendenAtman-Prinzips erkennen. Besinnt euch immer auf das Prinzip der Lie-

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be. Ihr müsst alle achten. Liebt eure Eltern. Bewusst oder unbewusstmögt ihr Fehler begehen. Aber es ist nicht ratsam, über diese Fehlerzu brüten. Die Vergangenheit ist vorbei. Vergesst die Vergangenheit.Die Zukunft ist nicht sicher. Die Gegenwart ist sehr wichtig. Diese Ge-genwart ist nicht gewöhnlich; in ihr liegt die Allgegenwart. Seid also inder Gegenwart glücklich. Swami erwartet, dass alle Eltern in ihrem Le-ben Erfüllung finden, indem sie ihre Kinder zu tugendhaften Menschenformen. Sie sollten immer nach dem Gutsein und Wohlergehen ihrerKinder trachten. Aus einem guten Jungen wird ein göttlicher Junge wer-den. Wie wurde der Begriff “guter Junge“ abgeändert? Während der briti-schen Herrschaft war der Begriff “good boy“ (guter Junge) gebräuch-lich. Später wurde daraus “good bye“, dann verschwand das Wort“good“ und „bye“ blieb übrig. Auf diese Weise sind mit Ablauf der Zeitverschiedene Begriffe pervertiert worden. Aber ihr solltet es erreichen,ein “guter Junge“ zu werden. Gebt Selbstsucht auf und werdet selbst-los. Ego ist Lieblosigkeit und Liebe ist Selbstlosigkeit. Gehorcht den Anweisungen eurer Eltern und werdet in Zukunft idealeEltern. Dasselbe solltet ihr auch euren Kindern beibringen. Um dieseIdeale zu lehren, habe ich den 19. November zum “Tag der Frau“ er-klärt, was sehr segensbringend ist. Die Bedeutung dieses Tages liegtdarin, die Heiligkeit der Mutterschaft, die auf dem Prinzip der selbstlo-sen Liebe gründet, zu verkünden und zu erkennen. Die Kinder solltenauf der Basis der Prinzipien der Frömmigkeit und Tugend aufgezogenwerden. Dieser Tag wird noch nach Äonen von der Nachwelt gefeiertwerden.

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20. November

“Educare” ist die wahre Erziehung

Kein Mensch, dessen Herz voller Mitgefühl ist,dessen Worte den Glanz der Wahrheit tragen und

dessen Körper dem Dienst für andere gewidmet ist,wird je zu Schaden kommen.

(Vers in Sanskrit)

Verkörperungen der Liebe! Zuallererst müssen wir über die fünf Grund-prinzipien der Erziehung nachdenken. Dabei geht es um folgende Fra-gen:

Was ist Erziehung?Welche Arten von Erziehung gibt es?Was ist das Hauptziel von Erziehung?Welche Verantwortung tragen die Lehrer?Was ist der Nutzen von Erziehung?

Nur wenn wir die innere Bedeutung dieser fünf Grundsätze erkennen,können wir die Bedeutung der Erziehung verstehen. Es gibt zwei Artenvon Erziehung. Bei der ersten geht es nur um die Ansammlung von Fak-ten und Wissen über die äussere Welt und wie man dieses den Schü-lern vermittelt. Das zweite Modell beschäftigt sich mit der Bildung undEntwicklung innerer Werte (educare). Educare umfasst ein tiefes Ver-ständnis des aus dem Inneren fliessenden Wissens und die Weitergabedieses Wissens an die Schüler. Die heutige Erziehung vermittelt denSchülern hauptsächlich Kenntnisse in Bezug auf die äussere Welt.Aber nur durch Kultur oder Verfeinerung entwickelt sich das Gute imMenschen, nicht aber durch die moderne weltliche Erziehung. Die heu-tige Erziehung ist bar jeder Kultur, sie ist wie eine falsche Münze. Nichteinmal ein Bettler nimmt eine falsche Münze an. Wie können dann er-fahrene und intelligente Menschen solch eine Erziehung akzeptieren?Erziehung ohne Kultur ist wie ein dunkles Zimmer. Nur Fledermäusekönnen in einem dunklen Raum leben. Solche Räume sind schmutzig.Dadurch, dass eine solche Erziehung ohne Kultur geboten wird, sinddie Herzen zu dunklen Räumen geworden, in die aus diesem Grundviele tierische Eigenschaften Eingang finden. Erziehung ohne Kultur ist

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wie ein Drachen mit abgerissener Schnur. Niemand weiss, wo er ab-stürzen und welchen Schaden er anderen zufügen wird. Daher nütztdiese Erziehung niemandem. Es ist deshalb notwendig, die Entwick-lung innerer Werte durch Educare zu fördern, so dass alle die innereGlückseligkeit erfahren können. Nur wenn die Erziehung dieses ein-schliesst, wird sie als wahre Erziehung hervortreten. Was ist Kultur?Kultur bedeutet die Förderung guter Gedanken, guter Gefühle und gu-ter Eigenschaften und das Ausmerzen schlechter Gedanken, schlech-ter Eigenschaften und schlechter Gefühle durch die Unterscheidungzwischen Gut und Böse, Sünde und Verdienstvollem, Wahrheit und Un-wahrheit. Nicht nur das, Kultur macht die Menschen auch weitherzig,weil sie ihre Engstirnigkeit beseitigt. Heute Morgen wurde ein Lied ge-sungen, in dem es heisst: “Ich und du sind eins.“ Selbst dieses ist eineArt von Engstirnigkeit. Man sagt besser: “Alle sind eins!“ Eine himmli-sche Stimme sprach zu Jesus: “Alle sind eins, mein lieber Sohn, des-halb behandle alle gleich!“ Durch Entwicklung und Bildung innerer Wer-te entfaltet sich eine solche Art von Weitherzigkeit. Heute finden wir nureine weltliche und materialistische Erziehung, die sich auf das Buch-wissen konzentriert. Das ist nur oberflächliches Wissen, das begrenztgültig und vergänglich ist. Wir müssen die inneren Werte durch Educareerlangen und nicht nur das Wissen aus Büchern. “Educare” umfasstauch praktisches Wissen. Vom oberflächlichen Wissen zum prakti-schen Wissen sind einige Stufen zu durchlaufen. Vom oberflächlichenWissen müssen wir zum Allgemeinwissen gelangen. Nachdem wir die-ses Allgemeinwissen analysiert haben, können wir Unterscheidungs-vermögen erlangen und den Unterschied zwischen Gut und Böse er-kennen. Von diesem Wissen gehen wir weiter zum praktischen Wissen.Dieses praktische Wissen ist beständig. Wahre und ewige Bildung ver-ändert sich nie. Wenn das Herz voller Mitgefühl ist, wird es heilig undstrebt nach dem Wohlergehen aller Menschen. Ein gebildeter Menschsollte keine schlechten Eigenschaften haben und sich nicht bösenHandlungen hingeben. Die heutige Erziehung vermittelt nur Buchwis-sen. Es setzt einen Menschen herab, wenn er sich vollkommen daraufverlässt. Wie lange hält dieses Buchwissen an? Es hält solange, wiees in unserem Kopf ist. Es ist nicht möglich, Buchwissen in die Praxisumzusetzen. Ihr füllt euren Kopf mit Buchwissen, geht in den Prüfungs-raum, füllt eure Fragebögen aus und kehrt mit leerem Kopf zurück! Tat-sächlich bleibt der Kopf immer leer. Zur Erlangung von Unterschei-dungsvermögen benötigt man Allgemeinwissen, das aus gewöhnli-chem Scharfsinn und Intelligenz besteht. Unterscheidungsvermögen

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beinhaltet auch einen gesunden Menschenverstand. Beides ist wichtigfür das Leben in dieser Welt.

Schüler und Lehrer! Das Hauptziel der Erziehung ist nicht Buchwissen,obwohl es in einem gewissen Grad nötig ist, um in dieser Welt zurecht-zukommen. Was aber für uns wichtig ist, ist die Kenntnis des Atman.Spirituelle Erziehung ist die höchste Erziehung heisst es in der Bha-gavadgita. Sie beginnt mit dem Unterscheidungsvermögen, das wie einimmerwährender Fluss ist. In beständig fliessenden Gewässern magdie Wassermenge schwanken, nicht aber die Qualität. Deshalb solltenSchüler verstehen, dass die Qualität der Erziehung wichtiger ist als dieQuantität. Akademische Grade sind nicht wichtig, aber das Wissen, dasman durch die Ausbildung erlangt, ist wichtig. Was bedeutet Ausbil-dung? Es ist nicht nur die Ansammlung von Information, sie schliesstauch Handlungen ein. Bildung, die von innen kommt, hat eine gesundeGrundlage und sie ist beständig. Sie bezieht sich auf Wahrheit. EineStufe höher als Wahrheit ist die Göttliche Ordnung, das kosmische Ge-setz. Die Menschen halten Buchwissen fälschlicherweise für wahre Bil-dung. Was ist das Ziel von Erziehung? Niemand macht sich heute Ge-danken darüber. Erziehung ist bestimmt für das Leben und nicht für denErwerb des Lebensunterhalts. Die heutige Erziehung zielt nur daraufab, dass man seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Wenn Erzie-hung nur für den Lebensunterhalt gedacht ist, wie leben dann Vögelund Tiere ohne diese? Selbst Ameisen und Moskitos, die keinerlei Er-ziehung haben, führen ihr Leben. Ist Erziehung nur für den Broterwerbgedacht? Was ist ihr Wesen? Das Wesentliche der Erziehung ist dieKonzentration des Geistes und nicht das Sammeln von Fakten. BlossesSammeln von Fakten macht keinen Sinn. Hier ein kleines Beispiel. EinWäscher geht im Dorf von Haus zu Haus und sammelt Kleidung ein zumWaschen. In jedem Haushalt notiert man sich die Anzahl der abgege-benen Wäschestücke in einem Notizbuch. Doch der Wäscher selbstschreibt sich nichts auf. Am Abend bringt er die Kleidungsstücke in dieentsprechenden Häuser zurück. Das ist allgemeines Wissen. Um die-ses Allgemeinwissen zu erlangen, benötigt man keine Ausbildung.Selbst ein Wäscher besitzt dieses Wissen. Vielen gebildeten Men-schen fehlt selbst der Scharfsinn eines Wäschers. Ihr habt dieses all-gemeine Wissen von Geburt an. Es sollte euch das ganze Leben be-gleiten. Welchen Zweck hat Erziehung? Die Menschen beantwortendiese Frage damit, dass sie keinem bestimmten Zweck dient. Dasstimmt nicht. Der Zweck der Erziehung ist Charakterbildung. Erziehungohne Charakterbildung ist nutzlos. Früher nahmen die Weisen in den

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Gurukulas die Schüler überallhin mit, wohin sie auch gingen. Gurukulaswaren Schulen, in denen nach einem auf das Spirituelle zielenden Er-ziehungssystem gelehrt wurde und in denen Lehrende und Lernendein Liebe und Weisheit miteinander lebten. Sie lehrten die Schüler, ohnesich um einen Stundenplan zu kümmern. Diese Erziehung war ein an-dauernder Lernprozess. Heute jedoch wird in Schulen und Collegesnach einem festen Stundenplan Wissen vermittelt. Hierdurch wird derUmfang der Erziehung begrenzt. Doch wahre Erziehung, die den Cha-rakter formt, hat keine Begrenzungen. Deshalb besteht der Zweck derErziehung in der unbegrenzten Entwicklung des allerbesten Charak-ters. Unser Charakter spiegelt sich wider in unseren Worten, in unse-rem Benehmen und Verhalten im täglichen Leben. Deshalb sollten wirfreundlich reden und andere nicht mit unseren barschen Worten ver-letzen. Es stimmt, dass wir nicht immer gefällig sein können, aber wirkönnen immer gefällig sprechen. Alle unsere Handlungen werden vonunserem Charakter beeinflusst. Beim Kochen wählen die Frauen dieGefässe danach aus, welche Menge Reis sie kochen wollen. Es machtkeinen Sinn, für eine kleine Menge Reis einen grossen Topf zu nehmen.Man sollte sein Unterscheidungsvermögen gebrauchen, um das zumKochen erforderliche Gefäss und die nötige Hitze auszuwählen. Auf diegleiche Weise sollte man sein Unterscheidungsvermögen auch zur Be-reicherung des Charakters nutzen. Wenn ältere Gäste zu Besuch kom-men, sollte man sie wenigstens ins Haus bitten, auch wenn man ihnenkeine Mahlzeit anbieten kann. Man sollte freundlich mit ihnen sprechenund sie glücklich machen. Wenn man sie stattdessen unhöflich fragt:“Warum seid ihr gekommen?“, ist das nicht gut. Sogar wenn der Vaterzu Hause ist, wird gesagt, er sei nicht da. Das ist keine gute Erziehung.Sprecht Gutes und sagt die Wahrheit. Es gibt drei Arten der Wahrheit:eine Tatsache, die Wahrheit und die höchste Wahrheit. Wenn man er-zählt, was man gesehen hat, so spricht man von einer Tatsache. Neh-men wir an, ich sehe, dass ihr weisse Kleidung tragt und sage: “Ihr tragtweisse Kleidung“, dann ist das die Feststellung einer Tatsache. Späterzu Hause habt ihr vielleicht ein blaues Hemd an. Was ich vorher sagte,stimmt jetzt nicht mehr. So kann sich eine Tatsache verändern. DieWahrheit jedoch ändert sich nicht mit dem Ablauf der Zeit. Ein Menschkann sich so oft er will umkleiden. Aber dieser Mensch bleibt derselbe.So ist die Wahrheit zu allen Zeiten dieselbe. Ich sage oft, dass ihr nichteine Person seid, sondern drei. Die Person, für die ihr euch haltet, istder physische Körper. Die, für die euch die anderen halten, ist der Geist.Die, die ihr wirklich seid, ist der Atman. Ihr seid eine Kombination ausKörper, Geist und Atman. Der Körper unterliegt der Veränderung. Der

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Atman hingegen ist ewig. Dieser wird in den Veden als höchste Wahr-heit bezeichnet. Er ist unveränderlich und ohne Eigenschaften. Er wirdbeschrieben als eigenschaftslos , rein, ewig, frei von Bindungen, un-vergänglich, fehlerlos, bewusst, frei und die Verkörperung der Heilig-keit.

Verschiedene Bildungsreformen haben die Ziele der Erziehung neufestgelegt. Einer mag sagen, dass er nach seinem Universitätsexamendrei weitere akademische Grade erworben hat. Aber was sind dieseGrade? Sie sind nichts als Bogen von Papier. Wer hat diese Grade er-worben? Es ist das Ich. Dieses Ich ist die absolute Wahrheit. Währenddes Tages, wenn ihr wach seid, geht ihr herum, seht vieles, esst vieleGerichte und erlebt viele Dinge. Aber im Traumzustand erschafft ihrmanche Szenen und erlebt sie auch. Ihr tut eure Arbeit und reist an weitentfernte Orte wie Delhi, England, Amerika usw., ohne dass ihr ein Flug-ticket kaufen müsst. Im Tiefschlaf geht man nirgendwohin. Er ist ein un-veränderlicher, gleichbleibender Zustand, er ist ein Zustand der Glück-seligkeit. Dasselbe Ich durchlebt alle diese drei Zustände. Im Wach-zustand erlebt ihr alles physisch durch die Sinne. Adi Shankaracaryahat uns in Bezug auf die Wahrheit gewarnt, die wir durch die Sinne er-fahren. Um die Launen des Geistes in Schranken zu halten, führte AdiShankaracarya in seinem Ashram eine besondere Praxis ein. Die Jün-ger gingen von einem Ende des Ashrams zum anderen und wieder-holten: “Hab Acht! Hab Acht!“ Einmal stieg in Adi Shankaracarya dasGefühl auf, dass er der Leiter eines grossen Ashrams sei. In diesemAugenblick hörte er die Wächter mahnen: “Hab Acht!“ Das warnte ihnund bewirkte eine Veränderung in ihm. Nicht nur das, auf jeder Stufeseines Lebens muss man vorsichtig sein. Adi Shankaracarya sann überdie Fragen des Lebens, des Alters und des Todes nach und er mahntedie Menschen mit folgenden Worten zur Vorsicht, bezüglich der Wahr-heiten des menschlichen Lebens:

“Die Geburt ist eine Sorge,das Alter ist eine Sorge,

die Familie ist eine Sorge,und der Tod ist ein furchtbare Sorge.

Deshalb: Habt Acht, habt Acht!”(Vers in Sanskrit)

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“Weder Mutter noch Vater noch Verwandte noch Brüdernoch Reichtum noch Besitz

werden euch in den letzten Augenblicken erretten.Deshalb: Habt Acht, habt Acht!”

(Vers in Sanskrit)

In alten Zeiten wurden diese Wahrheiten in den Ashrams den Schülernvon den Lehrern beigebracht. Dieses alte Erziehungssystem hatte sei-nen Ursprung in der höchsten Wahrheit (rita). Diese höchste Wahrheitist Educare (Entwicklung, Bildung innerer Werte). Auch die BuchstabenABC des englischen Alphabets vermitteln uns die Botschaft, vorsichtigzu sein. ABC bedeutet “Always be careful (Hab immer Acht).“ AdiShankaracarya predigte das gleiche Prinzip. Es ist daher notwendig,den Schülern neben der weltlichen Ausbildung die spirituelle Erziehungangedeihen zu lassen. Allgemeinwissen ohne spirituelle Erziehung istnegativ. Das Allgemeinwissen ist wie die Glühbirne und das spirituelleWissen ist wie der Strom, der hindurchfliesst. Nur wenn sich Negativund Positiv treffen, wird die Dunkelheit zerstreut. Deshalb ist beides,Positives und Negatives, nötig. Die göttliche Kraft ist in jedem Wesenverborgen; sie ist positiv. Aber der heutige Mensch sammelt durch sei-ne weltlichen und materialistischen Beschäftigungen alles an, was ne-gativ ist. Spiritualität bildet die Grundlage für alle Arten des Wissens.Grundwissen, das spirituelles Wissen einschliesst, ist bedeutender alspraktisches Wissen und Allgemeinwissen. Deshalb sollte dieses denStudenten zusammen mit der weltlichen Ausbildung vermittelt werden.Wie können wir ein wahrhaftes und ideales Leben auf dieser Welt füh-ren, wenn wir nicht versuchen, die höchste Wahrheit zu entdecken?

Ihr identifiziert euch fälschlicherweise mit eurem Körper. Zum Beispielstarb eine Mutter und hinterliess ihren fünfzehnjährigen Sohn. DerSohn war voller Kummer und rief: “Oh Mutter! Du hast mich verlassen!“Aber wer hatte ihn verlassen? Der Körper der Mutter lag direkt vor ihm;warum war er dann traurig? Weil das Leben aus dem Körper seiner Mut-ter gewichen war. Die Mutter ist also nicht der Körper, sondern das Le-bensprinzip. Das Prinzip des Lebens hat keinen Tod. Der Körper ist wieein Gewand, der Tod ist wie ein Wechsel des Gewandes. Alles auf die-ser Welt ändert sich. Aber es gibt etwas, das unveränderbar ist; dasist das Grundwissen. Wenn ihr es einmal beherrscht, folgt es euch undbeschützt euch, wohin ihr auch geht. Befreit euch allmählich von derAnhaftung an den Körper und entwickelt das Bewusstsein des Atman.Ihr folgt verschiedenen Bildungssystemen in verschiedenen Ländern.

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Aber letztendlich sollte alle Erziehung in Entwicklung und Bildung in-nerer Werte (educare) münden. Das kann nach und nach erreicht wer-den. Blosse Kenntnis von Büchern und dem, was gesprochen wird oderan die Tafel geschrieben wird, macht keine Bildung aus. Wahre Erzie-hung öffnet die Türen des Geistes. Wie könnt ihr ein Haus betreten,wenn die Türen geschlossen sind? Ihr wünscht euch Glück und Be-quemlichkeiten. Ihr trachtet auch nach Tugenden. Dafür müsst ihr je-doch zuerst die Türen eures Geistes öffnen. Nur dann wird sich diehöchste Wahrheit in euch manifestieren. Diese höchste Wahrheitdurchdringt alles. In unserer Organisation sollten wir nicht nur einheit-liche Kleidung tragen, sondern auch einen einheitlichen Geist entwik-keln. Die Grundlage, die erlangt werden muss, ist die Reinheit des Gei-stes. Verkörperungen der Liebe! Es gibt viele Aspekte des modernen Erzie-hungssystems, die ihr verstehen müsst. Aber ihr lernt nicht das, wasihr lernen solltet. Stattdessen sammelt ihr unwichtige Informationen.Das blosse Lernen des Inhalts eines Buches bildet die weltliche Erzie-hung. Erziehung muss kombiniert sein mit der Entwicklung, der Bildunginnerer Werte. Nur dann werdet ihr Glückseligkeit erfahren. Was ist derUnterschied zwischen Erziehung und Educare? Erziehung ist wie scha-les Wasser, Educare ist wie Zucker. Wasser wird noch nicht süss durchdas Hinzufügen von Zucker. Nur durch das Umrühren des Zuckers ver-mischt er sich mit dem Wasser und macht es süss. Das Herz ist dasGefäss, Educare ist der Zucker und die weltliche Erziehung ist das Was-ser. Mit Unterscheidungsfähigkeit als Löffel und Nachforschen als Vor-gang des Rührens könnt ihr spirituelles Wissen erlangen. Wenn ihr eureUnterscheidungsfähigkeit benutzt, könnt ihr die richtige Erkenntnis, dieWeisheit alldurchdringender Göttlichkeit erreichen, die euch befähigt,die Einheit der gesamten Schöpfung zu erkennen. Dies ist ein Tuch. Aber es ist nicht nur ein Tuch. Es ist ein Bündel vonFäden und im Grunde ist es Baumwolle. Baumwolle, Fäden und Tuchsind ein und dasselbe. Ohne Baumwolle gibt es keinen Faden und ohneFaden kein Tuch. Das Erkennen der Einheit in der Vielfalt ist das end-gültige Ziel von Erziehung. Ihr solltet lernen, Missgeschicke zu ertra-gen, ohne Gott dafür die Schuld zu geben. Gott hat vielleicht geplant,euch durch Schwierigkeiten etwas Gutes zu tun. Ihr solltet beides,Schmerz und Freude, als Geschenke Gottes annehmen und die Ein-stellung entwickeln, dass, was auch immer Gott tut, zu eurem Wohl ist.Während dieser Konferenz wird es viele Diskussionen geben. Lasst dieDiskussionen von Liebe erfüllt sein und nicht von Kritik. Ihr solltet keine

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Religion kritisieren, denn ihr verehrt denselben Gott, ob ihr in einer Kir-che, in einem Tempel oder in einer Moschee betet. Ein wahrer DevoteeGottes kritisiert niemanden. Teilt eure Liebe mit allen gleichermassen.Morgen werde ich eure Fragen beantworten und eure Zweifel klären,die während eurer heutigen Diskussionen auftauchen mögen.

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21. November

Grundlegende Fragen und die göttlichen Ant-worten

Derjenige, der sich nicht abschrecken und nicht erschüttern lässt,wenn seine Unternehmungen misslingen

und der alles mit einem Lächeln hinnimmt,indem er alle Sorgen aufgibt,

dessen Herz ist von Weisheit erfüllt.(Gedicht in Telugu)

Bhagavan Baba gab den Delegierten der 1. Konferenz der Sathya Sai-Schulen am 20. und 21. November 2001 in Prashanti Nilayam einenseltenen Einblick in die Wirkungsweise des Sathya Sai-Educare-Pro-gramms. In seiner Eröffnungsansprache gab er ihnen die notwendigenRichtlinien für die Durchführung der Konferenz, und in seiner Abschlus-sansprache beseitigte er durch die Beantwortung ihrer Fragen ihreZweifel und praktischen Probleme.

Frage 1: In welcher Beziehung stehen Religion, Spiritualität und dieEntwicklung innerer Werte (Educare) zueinander?

Verkörperungen der Liebe! Es überrascht mich, dass ihr bisher nichtin der Lage wart, die Beziehung zwischen Religion, Spiritualität undEducare zu erkennen. Zuallererst müsst ihr verstehen, was Religion ist.Religion ist Erkenntnis. Was muss erkannt wer den? Wenn ihr erkennt,wer ihr seid, dann werdet ihr verstehen, was Religion ist. Somit ist Re-ligion die Erkenntnis eures Göttlichen Selbst. Es ist die Liebe, die euchzu dieser Erkenntnis führt. Somit bedeutet Religion Liebe. Spiritualität ist die Erkenntnis, wer ihr wirklich seid. Ihr sagt zum Bei-spiel: “Dies ist mein Taschentuch, dies ist mein Teller, dies ist meineHand und dies ist mein Körper.“ Wer seid dann ihr? Es muss jemandengeben, der sagt, dass ihm das Taschentuch, der Teller, die Hand undder Körper gehören. Wenn ihr darüber nachdenkt, werdet ihr erkennen,dass ihr von allen diesen Dingen getrennt und in Wirklichkeit der Meisteraller dieser Dinge seid. Dieser Meister ist der Atman. In allen Menschenist derselbe Atman gegenwärtig. Spiritualität ist also nicht nur das Sin-gen von Bhajans, die Durchführung von Zeremonien zur Verehrung

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Gottes, der Besuch von Tempeln, das Unternehmen von Pilgerfahrtenoder die Verrichtung sonstiger guter Tätigkeiten. Spiritualität ist die Er-kenntnis des Einsseins aller Lebewesen. Ich gebe euch ein Beispiel:Wenn ihr eure Augen schliesst, könnt ihr niemanden in dieser Halle se-hen. Aber in dem Augenblick, in dem ihr eure Augen öffnet, könnt ihrTausende von Köpfen sehen. Wo sind diese Köpfe hergekommen?Wenn ihr der Wahrheit nachgeht, werdet ihr erkennen, dass sie nichtvon irgendwo ausserhalb gekommen sind. Sie waren alle da in euch,aber eure Augen konnten sie nicht sehen. In Wirklichkeit sind alle Le-bewesen in euch, und ihr seid in allen Lebewesen gegenwärtig. Spiri-tualität ist das Sehen der Einheit in der Vielheit. Fragen und Zweifelkommen auf, wenn ihr Vielheit in der Einheit seht. Die Grundwahrheit,die ihr erkennen müsst, ist, dass es nur einen Atman in allen Lebewesengibt. Als Nächstes kommen wir zu Educare. Wie könnt ihr euch für gebildethalten, wenn ihr nicht versteht, was Educare ist? Das Wort education(Erziehung, Bildung) ist von dem lateinischen Stammwort ‘educare’ ab-geleitet. Education bezieht sich auf das Sammeln weltlicher Informa-tionen, während Educare bedeutet, das, was innen ist, herauszubrin-gen. Education ist für den Verdienst des Lebensunterhalts, währendEducare für das Leben ist. Education ist ein Mittel für den Lebensun-terhalt, Educare ist für das höchste, endgültige Ziel des Lebens. Es istleicht für uns, äussere Objekte zu erkennen, aber schwierig, nach innenzu schauen. Es gibt vieles in euch, das sich nicht manifestiert. Wennihr die drei Buchstaben G, O und D miteinander verbindet, ergibt sichdas Wort ‘GOD‘ (Gott). Wenn ihr die Buchstaben getrennt betrachtet,haben sie keine Bedeutung. Wir bemühen uns, die Buchstaben zu-sammenzufügen, um ihre Bedeutung festzustellen. Das ist Educare.Educare bedeutet, das, was in euch ist, herauszubringen. Eure innersteWirklichkeit ist der Atman. Er ist das, was Educare herausbringen sollte.Somit gibt es eigentlich keinen Unterschied zwischen den dreien: Re-ligion, Spiritualität und Educare. Alles, was ihr in anderen seht ist nurein Spiegelbild von euch selbst. Wenn ihr in einem Menschen etwasSchlechtes seht, zeigt dies nur, dass eure eigenen Gefühle gegenüberdiesem Menschen schlecht sind. Wenn ihr dagegen etwas Gutes in ei-nem Menschen seht, zeigt dies eure eigenen guten Gefühle. Alle Ein-drücke, die ihr von anderen Menschen habt, spiegeln eure eigenen Ge-fühle gegenüber diesen Menschen wider. Wenn ein Mensch euchverletzt hat, nennt ihr ihn einen schlechten Menschen und findet nichtsGutes an ihm. Gut und Schlecht sind in euch. Alles ist nur Widerspie-gelung, Reaktion und Widerhall. Deshalb solltet ihr nicht über andere

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urteilen. Ihr habt kein Recht, über andere zu urteilen, weil eure Ein-schätzung eines Menschen auf eure Erfahrung mit ihm beschränkt ist.Es kann so viele Aspekte seiner Persönlichkeit geben, die ihr nichtkennt. Wenn ihr zum Beispiel Anil Kumar betrachtet, kennt ihr nur seineKleidung, sein Aussehen, seine Grösse und sein Gewicht. Aber AnilKumar ist nicht bloss das, was ihr seht. Es gibt so viele Eigenschaftenin ihm wie Liebe, Mitgefühl oder Zorn, die ihr nicht sehen könnt. Deshalbsolltet ihr, wenn ihr einen Menschen vollkommen kennen lernen wollt,alle Aspekte seiner Persönlichkeit erforschen. Heutzutage beurteilendie Menschen andere nach ihrer physischen Erscheinung und ihrenäusseren Handlungen. Dies ist ein grosser Fehler. Er liegt in eurerSichtweise und nicht in der Schöpfung. Wenn ihr eine rote Brille auf-setzt, seht ihr alles rot, und wenn ihr eine blaue Brille aufsetzt, seht ihralles blau. Nur dumme Menschen erkennen dies nicht und kritisierenandere. Selbst einen gewöhnlichen Menschen versteht ihr falsch. Wiekönnt ihr dann Gott verstehen? Gott hat eine grenzenlose Zahl un-schätzbarer Dinge zu vergeben. Ihr aber kommt und bittet: “Swami, gibmir ein Medaillon.“ Ihr bittet ihn um geringfügige Dinge, weil ihr nichtwisst, was für kostbare Geschenke er euch geben kann. In seinem La-gerhaus gibt es keinen Mangel. Deshalb solltet ihr Gott nicht um etwasBestimmtes bitten. Wenn die Zeit reif ist, kann er euch viele wertvolleGeschenke geben. Gott weiss alles und handelt, wie es angebracht ist,zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in der richtigen Situation. Des-halb geschieht es, dass er manchmal selbst zu euch kommt und euchDinge gibt, um die ihr nicht gebeten habt. Es ist deshalb sehr schwierig,Gott zu verstehen. Ein Ignorant, der die Bedeutung der HandlungenGottes nicht versteht, interpretiert sie häufig falsch. Er vergisst die Rea-lität, verliert sein Unterscheidungsvermögen und verstrickt sich immermehr in seiner Täuschung. Deshalb solltet ihr diesem Verhaltensmu-ster niemals anheim fallen. Educare, Spiritualität und Religion sind nichtvoneinander verschieden. Hier ist ein Ring, eine Kette und ein PaarOhrringe. Sie haben verschiedene Formen, aber sie bestehen aus demgleichen Gold. Wenn man diese einende Wahrheit erkennt, wo ist dannnoch Raum für Vielheit? Gott ist Einer, obwohl er euch in verschiedenenFormen erscheinen mag. Das grundlegende Fundament von allem istdie Liebe. Deshalb gebt Liebe und empfangt Liebe. Ihr versteht die gött-liche Macht der Liebe nicht. Kümmert euch nicht um Religion. Es gibtnur eine Religion, die Religion der Liebe. Educare bedeutet, die im Men-schen latente göttliche Liebe hervorzubringen. Deshalb heisst es: Lie-be ist Gott, lebt in Liebe. Wenn ihr dieses Prinzip versteht, braucht ihreuch nicht um Religion oder Educare zu kümmern. Dann gäbe es keine

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Konflikte auf der Welt, und alle würden glücklich miteinander leben. Woes Unterschiede gibt, da gibt es Konflikte. Gebt die Unterschiede aufund lebt in dem Gefühl der Einheit. Die gesamte Menschheit ist eins.Die menschliche Rasse ist eins.

Es gibt nur eine Sprache, die Sprache des Herzens;es gibt nur eine Religion, die Religion der Liebe;es gibt nur eine Kaste, die Kaste der Menschheit.

Es gibt viele Religionen, aber nur ein Ziel.

Wenn ihr dies erkennt, werdet ihr die Einheit aller Religionen verstehen.Oh heldenhafte Söhne Indiens! Keine Religion ist schlecht für einenMenschen, der einen tugendhaften Geist hat. Es ist falsch, Unterschie-de zwischen den Religionen zu sehen. Die Unterschiede bestehen ineurem Geist, doch ihr gebt den Religionen die Schuld. Geht nicht nachder Religion. Kümmert euch nicht um die Religion . Heiligt stattdesseneuren Geist. Euer Schicksal, eure Position und euer Wohlstand hängenvon eurem Geist ab. Das ist es, was ihr lernen müsst. Die Frage, diegestellt wurde, bezieht sich in der Tat auf euer tägliches Leben. In eu-rem täglichen Leben müsst ihr die Grenzen der Erziehung erkennen.Was ihr zum ersten Mal lest, mag euch neu erscheinen. Wenn ihr esaber immer wieder lest, ist es nicht mehr neu. Hier ist ein Beispiel: Einstwollte Gott einem Menschen Befreiung gewähren und sandte Yama,den Gott des Todes, zu ihm. Als Yama zu diesem Devotee kam, fragteer ihn, ob er ihn kenne. Der Devotee antwortete, er sei ihm fremd. Dasagte Yama zu ihm, er käme nur zu ihm zurück, wenn er ihn wieder-erkenne. Als Yama nach drei Tagen zurückkehrte, stellte er die gleicheFrage. Jetzt antwortete der Devotee, er sei ihm nicht mehr fremd, weiler ihn schon gesehen habe. Alles erscheint fremd und neu, solange wires nicht kennen. Wenn wir es jedoch kennen lernen, machen wir keineUnterschiede mehr. Im Grunde müsst ihr euch von dem Gefühl der Ver-schiedenheit freimachen und das Gefühl des Einsseins entwickeln. Ihrkönnt die Einheit nur erkennen, wenn ihr euch von dem Gefühl der Ver-schiedenheit freigemacht habt. Entwickelt also dieses Gefühl der Ein-heit. Seid fest davon überzeugt, dass allen Lebewesen derselbe Atmaninnewohnt. Dann werdet ihr leicht erkennen, dass es keinen Unter-schied zwischen Religion, Educare und Spiritualität gibt.

Frage 2: Welches Verhältnis sollten die Sathya Sai-Schulen zur Re-gierung haben? Gibt es zwei Arten von Erziehung, die Sathya Sai-Er-ziehung und die Erziehung durch staatliche Bildungseinrichtungen?

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Wir müssen das Verhältnis zwischen den Sathya Sai-Institutionen undden staatlichen Institutionen untersuchen. Jeder hat ein Recht, SathyaSai-Institutionen zu besuchen, weil Sathya Sai allen gehört. Aber diestaatlichen Institutionen gehören nicht allen. Die Sathya Sai-Schulensollten jedoch alle Regeln der Regierung befolgen. In den Sathya Sai-Institutionen gibt es nur eine Regel. Diese Regel ist die Liebe. Wir be-folgen alle Regeln mit Liebe. Der Staat setzt seine Regeln mit Gewaltdurch, während Sais Methode von der Liebe ausgeht. Man kann dieSathya Sai-Erziehung mit der Erziehung durch eine staatliche Institu-tion kombinieren. Die Sathya Sai-Erziehung vermittelt menschlicheWerte. Man kann eine staatliche Bildungseinrichtung besuchen undgleichzeitig diese Werte beachten. Dann sind die Unterschiede zwi-schen den Sathya Sai-Institutionen und den staatlichen Institutionenunwichtig. Man kann beide Arten von Erziehung gleichzeitig erhalten.Ihr habt jeden Tag vierundzwanzig Stunden zur Verfügung. Selbstwenn ihr eine staatliche Schule besucht, wie viele Stunden verbringtihr in der Schule? Höchstens sechs Stunden; drei Stunden morgensund drei Stunden nachmittags. Dann habt ihr immer noch achtzehnStunden übrig. Rechnet sechs Stunden zum Schlafen und sechs Stun-den für persönliche Tätigkeiten. Dann können die restlichen sechsStunden für spirituelle Vorhaben und die Entwicklung der menschlichenWerte verwendet werden. Der Mensch sollte so seine Zeit in vier Teileteilen und ein Viertel seiner Zeit mit spirituellen Beschäftigungen ver-bringen. Wenn ihr eure Zeit so einteilt, gibt es kein Hindernis für eurespirituelle Entwicklung. Die Sathya Sai-Erziehung vermittelt prakti-sches Wissen, während das staatliche Schulwesen nur Buchwissenvermittelt. Erstere verleiht euch spirituelles und letzteres weltlichesGlück. Lasst Buchwissen deshalb nicht vollkommen ausser Acht. DieErziehung durch das staatliche Bildungswesen gibt euch die Mittel, eu-ren Lebensunterhalt zu verdienen, während die Sathya Sai-Erziehungeuch zum höchsten Ziel des Lebens führt. Beide stellen die zwei Seitenderselben Medaille dar.

Frage 3: Wie können wir als Lehrer, die wir daran arbeiten, uns selbstzu vervollkommnen, den Geist der Schüler verstehen? Wie könnenLehrer tief verwurzelte Schwächen in sich selbst überwinden?

Der Lehrer muss zuerst sich selbst, seinen Geist gründlich kennen, be-vor er versucht, den seiner Schüler zu verstehen. Wenn der Geist desLehrers gut ist, spiegelt sich dies im Verhalten der Schüler wider. Dader Lehrer die Gedanken der Schüler nicht lesen kann, kann er sie nur

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verstehen, indem er ihr Verhalten beobachtet. Er sollte ihr Verhaltenzusammen mit den Eltern, Freunden und Mitschülern beobachten undanalysieren. Er kann die Schüler nur auf den richtigen Weg führen,nachdem er durch genaue Beobachtung festgestellt hat, was in ihnenvorgeht. Manchmal geben die Eltern ihren Kindern zu Hause zu vielFreiheit. Die Kinder missbrauchen diese Freiheit und werden dabeinoch durch ihre Freunde beeinflusst, die auch keinen Einschränkungenunterworfen sind. Aber wenn sie zur Schule gehen, müssen sie be-stimmte Regeln und Vorschriften beachten. Es muss ihnen deshalb bei-gebracht werden, einen Mittelweg zwischen Freiheit und Disziplin zufinden. Der Lehrer kann sich nicht in die Familienangelegenheiten derSchüler einmischen, denn die Eltern geben ihren Kindern aus Liebe soviel Freiheit. Trotzdem muss er über die Aktivitäten der Schüler zu Hau-se informiert sein. Aber leider sind in der modernen Zeit die Eltern zu99 Prozent für die Verwöhnung ihrer Kinder verantwortlich, indem sieihnen zu viel Geld und Freiheit geben. Die Eltern irren sich, wenn sieglauben, dass es ihren Kindern schadet, wenn ihre Freiheit einge-schränkt wird. Wenn jedoch ihre Kinder verdorben werden und aufschlechte Wege geraten, sind sie unglücklich. Die Kinder müssen vonAnfang an unter Kontrolle gehalten werden. Genau so wie Geschwin-digkeitsbeschränkungen aus Sicherheitsgründen die Geschwindigkeitder Fahrzeuge auf der Strasse eindämmen, so muss auch die Freiheitder Kinder zu ihrer Sicherheit eingeschränkt werden. Den Kindern sollteFreiheit gegeben werden, wenn es um richtiges Verhalten geht. Wennsie aber den falschen Weg einschlagen, müssen sie bestraft werden.Die Eltern sollten ihren Kindern nur Freiheit und Geld geben, um Guteszu tun. Sie sollten jedoch sorgfältig auf das Verhalten ihrer Kinder ach-ten, die nur dann den richtigen Weg einschlagen werden. Die Haupt-verantwortung dafür trägt die Mutter. Im Allgemeinen ist die Mutterschuld daran, wenn die Tochter verzogen ist und der Vater, wenn derSohn vom rechten Weg abkommt. Der nächste Verantwortliche nachden Eltern ist die Schule. Sie sollte das Verhalten der Schüler kontrol-lieren und Regeln unterwerfen. Hier sollten die Lehrer einen Mittelwegzwischen der Freiheit und der Disziplin im Leben der Schüler finden.Sie müssen die Schüler regelmässig darauf hinweisen, dass es von ih-rem Verhalten abhängt, ob sie ihren Eltern und der Schule, die sie be-suchen, Ehre machen. Sie sollten liebevoll mit ihnen sprechen und ih-nen durch Beratung helfen, den rechten Weg einzuschlagen. Inmanchen Ländern kennen die Kinder den Wert der Bescheidenheit undder Achtung vor den Älteren nicht mehr. Die Lehrer der Sathya Sai-Schulen müssen die Schüler in der richtigen Art unterweisen. Sie soll-

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ten ihnen erklären, dass sie als Menschen geboren wurden und dasssie weder wilde Tiere sind, die andere erschrecken, noch fügsameHaustiere, die vor anderen Angst haben. Sie haben keinen Grund sichzu ängstigen, und sie sollten auch bei anderen keine Angst hervorrufen.So müssen die Lehrer die Schüler auf den richtigen Weg führen. DasLeben ist eine lange Reise und darf nicht als unbedeutend abgetan wer-den. Es muss so gut wie möglich verbracht werden. Ihr solltet ein gött-liches und nicht nur ein langes Leben führen. Es ist möglich, durch sol-che guten Ratschläge eine Änderung in den Schülern zu bewirken. DieLehrer sollten mit den Eltern in Kontakt bleiben um sicherzustellen,dass die Schüler auf den richtigen Weg gebracht werden. Manche Kin-der mögen bestimmte schlechte Gewohnheiten haben. Der Lehrer soll-te zuerst dafür sorgen, dass die Kinder diese schlechten Gewohnheitenablegen, und ihnen dann Unterricht erteilen. Ihr seid ein Gelehrter (Aca-rya) und nicht bloss ein Lehrer. Ein Acarya ist einer, der zuerst selbstpraktiziert, was er seine Schüler lehrt. Das heisst, wenn ihr den Schü-lern gute Grundsätze beibringen wollt, müsst ihr diese zuerst selbstpraktizieren und ein Vorbild sein. Wenn ihr zum Beispiel im Collegeraucht, werden die Schüler euch nacheifern und auch beginnen zu rau-chen. Wenn ihr sie zu korrigieren versucht, indem ihr sagt: “Rauchenist schlecht für die Gesundheit“, werden sie euch fragen: “Warum rau-chen Sie dann?“ Was könnt ihr darauf antworten? Nichts. Also solltetihr, wenn ihr die Kinder korrigieren wollt, selbst keine schlechten Ge-wohnheiten haben. Das wahre Merkmal einer guten Erziehung ist einegute Lehrweise. Eine gute Lehrweise führt zu einer Wandlung bei denSchülern. Sie bringt die Schüler dazu, ihre Fehler vor dem Lehrer ein-zugestehen. Ich weiss dies sehr gut. Manchmal zeige ich meinen Schü-lern, dass ich über ihre Fehler verärgert bin und werde streng mit ihnen.Und doch liebe ich sie und gebe ihnen, was sie brauchen. Dies führtzu einem Wandel in ihren Herzen. Sie kommen und beten zu mir: “Swa-mi, bitte vergib uns. Es war unser Fehler, dass wir deine Worte nichtbefolgt haben. Jetzt haben wir es erkannt. Wir werden diese Fehler niemehr machen.“ Solche aus wahrer Reue gesprochenen Worte bringenSwamis Herz zum Schmelzen und ich vergebe ihnen, indem ich sage:“Mein lieber Sohn, was immer ich tue, ist zu deinem Wohl.“ Alle Lehrerkönnen lernen, diesem Beispiel zu folgen.

Frage 4: Welche ist die wichtigste Eigenschaft, die ein Lehrer habenmuss?

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Dies ist sehr wichtig. Die Lehrer sollten das Gute praktizieren und esden Schülern beibringen. Sie sollten ein beispielhaftes Leben führen.Hier ist ein Beispiel: Als ich in Uravakonda zur Schule ging, hatten wireinen Lehrer, der S. Iyengar hiess. Die Schüler hatten grosse Angstvor ihm. Wenn sie ihn auf der Strasse kommen sahen, änderten sie ih-ren Weg, um ihm nicht zu begegnen. Eines Tages beobachtete er mich,wie ich in eine Gasse einbog, als er mir auf der Strasse entgegenkam.Am nächsten Tag ging ich in die Schule. Ich war der Klassensprecher.Wenn ihr seht, wie ‘gross‘ ich jetzt bin, könnt ihr euch vorstellen, wiegross ich damals war. Ich musste einen Stock besorgen und im Klas-senraum aufbewahren, mit dem er die Schüler zu bestrafen pflegte. Alser in die Klasse kam, war er ärgerlich auf mich, weil ich ihm auf der Str-asse nicht begegnet bin. Er fragte mich: “Warum bist du nicht auf michzugegangen und hast mich begrüsst?“ Ich antwortete: “Ich habe Sienicht gesehen. Ich war auf dem Weg zum Haus meines Freundes, ummein Notizheft bei ihm abzuholen.“ Er schrie: “So, du hast mich nichtgesehen!“ Da ich ihn auf der Strasse nicht gesehen hatte, antworteteich: “Nein, ich habe Sie nicht gesehen.“ Er drohte damit, mich zu be-strafen. Ich sagte zu ihm: “Ich spreche die Wahrheit. Wenn Sie michbestrafen wollen, können Sie dies tun.“ Bei dieser Antwort schmolz seinHerz und er begann zu weinen. Er rief mich zu sich und sagte: “Raju,ich wusste, dass du niemals einen Fehler begehen würdest. Es ist meinFehler, dass ich ärgerlich geworden bin.“ Später rief er mich und batmich, am nächsten Abend nach der Schule zu ihm nach Hause zu kom-men. Ich tat, wie er mir gesagt hatte und ging zu ihm nach Hause. Erüberschüttete mich mit seiner Liebe und bot mir Pakodas, in Teig ge-wickeltes fritiertes Gemüse, auf einem Aluminiumteller an. Er sagte:“Raju, ich habe einen Fehler begangen, als ich daran dachte, dich zubestrafen. Als einen Akt der Reue möchte ich Freundschaft mit dir pfle-gen.“ Unsere Güte, unsere Wahrhaftigkeit und unsere heiligen Eigen-schaften transformieren jeden Menschen. Ich antwortete: “Ihre Stellungist viel höher als meine. Freundschaft ist nur zwischen Gleichgestelltenmöglich.“ Darauf erwiderte er: “Du magst dies so betrachten. Aber Alterund Bildung sind nicht wichtig. Was wichtig ist, ist das Herz. Du hastein gutes Herz.“ So begann er, mich zu loben, indem er mich wiederholteinen guten Jungen nannte. Er fragte mich noch, ob ich fleissig lernte.Ich sagte ihm: “Ja.“ Er wies mich warnend darauf hin, dass im nächstenMonat Prüfungen seien und wollte, dass ich fleissig lernen sollte. Ichnahm an der Prüfung teil. Sie dauerte zwei Stunden, aber ich war ineiner halben Stunde mit allem fertig. Ich gab dem Aufsichtführendenmein Antwortblatt und ging hinaus. Herr Iyengar beobachtete mich

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ständig. Er bemerkte spitz: “Raju, du scheinst überhaupt nichts ge-schrieben zu haben!“ Ich antwortete: “Sie werden es morgen selbst se-hen. Ich habe alles korrekt geschrieben. Ich schreibe und spreche nichtdie Unwahrheit.“ Am nächsten Tag nahm er mein Antwortblatt als Er-stes von dem Stapel der Antwortblätter. Er prüfte meine Antworten einenach der anderen und stellte fest, dass einige Antworten selbst ihm un-bekannt waren. Also schrieb er oben auf das Blatt: “Sehr, sehr, sehr,sehr gut.“ Damals behielt der Lehrer die Antwortblätter. Am nächstenTag bat er seine Frau, ein paar Snacks zuzubereiten und lud mich zusich nach Hause ein. Er sagte: “Raju, trink eine Tasse Kaffee.“ Ich ant-wortete darauf: “Ich trinke keinen Kaffee. Ich habe nicht diese Ange-wohnheit.“ Da bat er: “Iss wenigstens einen Pfannkuchen.“ Ich entgeg-nete: “Ich bin es nicht gewöhnt, ausserhalb der Mahlzeiten zu essen.“Da bat er: “Dann iss ihn bitte wenigstens, um mir einen Gefallen zu tun.“Also ass ich den Pfannkuchen. So haben die Schüler viele Gelegen-heiten, ihre Lehrer glücklich zu machen. Obwohl die Schüler vor un-seren Lehrern Angst hatten, hatte ich keine Angst. Der Grund war, dassich niemals Fehler beging. Ich sprach immer sehr freundlich. Deshalbwar mein Englischlehrer, Mahbub Khan, sehr begierig, in meine Klassezu kommen. Wenn irgendein anderer Lehrer selbst nach dem Klingelnnoch in der Klasse blieb, bat er ihn, sich zu beeilen und den Raum zuverlassen. Die anderen Schüler in der Klasse hänselten mich, indemsie sagten: “Raju, geh nach vorne!“ Mahbub Khan liebte mich sehr. Erwar fünfzig Jahre alt und hatte keine Kinder. Er bat mich häufig, ihn zubesuchen. Er war mir sehr ergeben. Er kümmerte sich um die Organi-sation für die Gebetsstunde und bat mich vorzubeten, indem er sagte:“Dein Gebet bringt unsere Herzen zum Schmelzen. Komponiere einLied als Gebet und singe es.“ Ich fragte: “Wie kann ich ein Lied kom-ponieren?“ Er sagte: “Du kannst es.“ Ich komponierte ein Lied, in dasich die Idee der Einheit aller Religionen einarbeitete. Nachdem sie essich angehört hatten, waren alle überrascht. Selbst in diesem Alter lehr-te ich schon die Einheit aller Religionen. Ich war in der Schule immerder Vorbeter. Nach einiger Zeit verliess ich die Schule und erklärte:“Versteht die Wahrheit, dass ich Sai bin. Gebt eure Bindung an michund eure Bemühungen, mich bei euch zu behalten, auf. Die weltlicheBindung zwischen euch und mir besteht nicht mehr. Niemand, wiemächtig er auch sei, kann meinen Entschluss ändern.“ Alle waren be-stürzt. Sie liefen mir nach und riefen: “Raju! Raju!“ Ohne jemandem zuantworten, ging ich direkt zu Anjaneyulus Garten in Uravakonda. Ichsetzte mich dort auf einen Felsen und begann zu lehren: “Manasa bha-jare gurucaranam, dustarabhava-sagara-taranam” (verehre mit dei-

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nem Geist die Lotosfüsse des Gurus, des spirituellen Meisters, denndiese führen euch über den schwer zu überquerenden Ozean des welt-lichen Seins). Die Lehrer hielten eine Versammlung in der Schule ab.Sie waren alle so traurig, dass sie nicht mehr in der Schule lehren woll-ten, nachdem ich sie verlassen hatte. Es gab einen Telugulehrer. Erkündigte seine Stellung indem er sagte, er könne an dieser Schule nichtmehr weiterarbeiten. Danach kündigte auch Mahbub Khan. Viele an-dere Lehrer folgten ihrem Beispiel. Sie liebten mich so sehr, dass sieohne mich nicht mehr an dieser Schule lehren wollten. Ein moslemi-scher Junge wurde gebeten, auf die Bühne zu gehen und vorzubeten.Auf der Bühne brach er zusammen, als er an mich dachte. Er konntedas Gebet nicht singen. Andere begannen auch zu weinen. Von diesemTag an gab es keine Gebetsstunde mehr in der Schule. Zwischen Leh-rern und Schülern besteht ein Band reiner Liebe. Die Schüler könnendas Herz des Lehrers, und die Lehrer können die Herzen der Schülergewinnen. Wenn ihr geliebt werden wollt, müsst ihr zuerst die anderenlieben. Zuallererst solltet ihr nach Wahrhaftigkeit streben. Die Grund-lage der indischen Kultur ist: “Sprecht die Wahrheit und praktiziertRechtschaffenheit.“ Ich war immer sehr bescheiden. Meine Lehrer ver-standen meine Wesensart. Jetzt lehre ich die Schüler das Gleiche. Ihrkönnt nicht immer gefällig sein, aber ihr könnt immer gefällig sprechen.Manchmal muss man jedoch streng sein. Das ist bei mir der Fall. Ichkann härter als ein Diamant sein, wenn die Situation es erfordert. An-sonsten bin ich weicher als Butter. Lehrer! Wenn ihr das Vertrauen eu-rer Schüler gewinnen wollt, müsst ihr ihnen Liebe entgegenbringen. Ihrmüsst sie auf ihre Fehler hinweisen und auf den richtigen Weg führen.Nur dann werden sie in ihrem Leben den richtigen Weg einschlagen.Für den Fortschritt und das Wohlergehen der Nation sollten die LehrerLiebe zu ihren Schülern entwickeln und ihren Charakter formen. Dannwird die Gesellschaft viele gute Bürger bekommen.

Frage 5: Wie ist Educare bei Kindern aus Slumgebieten sowie bei Kin-dern aus zerbrochenen Familien, die in der Klasse ein Problem in Be-zug auf Disziplin darstellen, durchzuführen?

Um den Charakter solcher Kinder durch das Educare-Programm zu for-men, müsst ihr ihre Familien zu Hause aufsuchen. Bezieht die Familiendort in die Durchführung von Sozialdienstprojekten wie Reinigung undEinrichtung von Projekten der Hygiene und Gesundheit mit ein. Erklärtihnen, wie wichtig Reinlichkeit ist und sagt ihnen, dass Reinlichkeit di-rekt nach Göttlichkeit kommt. Wenn ihr solche Sozialdienstprogramme

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startet und Dörfer besucht, werden die Dorfbewohner dazu motiviert,selbst solche Projekte durchzuführen. Ich habe Sevadals, eine Gruppe,die sich den Dienst am Nächsten zum Ziel gesetzt hat und diesen alsGottesdienst praktiziert, organisiert, um bei solchen Diensten zu helfen.Ihr könnt auch die Hilfe von Sevadal-Mitgliedern bei solchen Dienst-projekten in Anspruch nehmen. Die Schüler können auch von denSchulen in solche Gebiete gebracht und zu sozialen Diensten heran-gezogen werden. Ein Tag pro Woche kann dafür vorgesehen werden.Die Lehrer können solche Projekte mit Hilfe der Schüler durchführen.

Frage 6: Wie können wir die Kinder durch das Educare-Programm mo-tivieren?

Es ist nicht möglich, kleinen Kindern die Essenz von Educare beizu-bringen. Sie sind zu jung, um es zu verstehen. Es kann auf College-ebene eingeführt werden. Jedoch könnt ihr auf der Schulebene guteGedanken und gute Gewohnheiten bei den Kindern entwickeln. Ihrkönnt auch ihre jungen Herzen inspirieren, indem ihr ihnen die Ge-schichten von grossen Menschen ihres jeweiligen Landes erzählt undsie ermahnt, ihrem Vorbild zu folgen. Zum Beispiel ist das Leben vonHarishcandra, eines Königs der Sonnendynastie, der für seine Fröm-migkeit und Gerechtigkeit berühmt war, durch sein Festhalten an derWahrheit ein grosses Vorbild.

Frage 7: Wie können wir die Kinder von Nicht-Devotees verschiedenerReligionen für die Sathya Sai-Schulen interessieren?

Dies ist eine sehr wichtige Frage. Unsere Schüler sind unsere Spre-cher. Ihr müsst die Schüler ändern, damit sie die Aufmerksamkeit ihrerEltern auf sich ziehen und in ihnen eine Änderung herbeiführen. DieEltern wissen vielleicht nichts von Sai Baba. Wenn sie aber das guteVerhalten ihrer Kinder sehen, werden sie natürlicherweise ihre Ansichtändern. Die Schüler können auch ihren Eltern sagen, dass ihr gutesVerhalten daher rührt, dass sie in eine Sathya Sai-Schule gehen unddie Lehren von Sai Baba praktizieren. Das wird auch andere Kinder zuden Sathya Sai-Schulen ziehen. Nehmen wir zum Beispiel die gute Ge-wohnheit der Schüler, vor dem Essen zu beten. Selbst die Eltern wer-den über die Hingabe ihrer Kinder an Gott überrascht sein. Wenn dieKinder ihren Eltern die Bedeutung des Gebets erklären, indem sie sa-gen: “Die Nahrung wird uns von Gott gegeben. Deshalb müssen wirsie ihm darbringen, bevor wir sie zu uns nehmen. Dann wird sie zu einer

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von Gott geweihten Speise und wird keine Unreinheiten aufweisen“,dann werden selbst die Eltern lernen zu beten. Wir können in den Elterneine Veränderung bewirken durch die Kinder. So werden sie durch ihreKinder auf den richtigen Weg gebracht. Alles, was unsere Kinder tun,müssen sie in angemessener Weise tun. Wenn Besucher zu ihnennach Hause kommen, müssen sie höflich mit ihnen sprechen. Sie müs-sen ihnen einen Sitzplatz anbieten, für ihre Bequemlichkeit sorgen undzu ihnen sagen: “Bitte nehmen Sie Platz. Vater wird in ein paar Minutenkommen.“ Solch ein Benehmen wird die Gäste glücklich machen undes wird auf jeden Fall einen guten Eindruck auf sie machen, ob sie De-votees sind oder nicht. So müssen wir unsere Kinder erziehen, damitsie andere anziehen und ihnen ein Vorbild sind.

Frage 8: Wie verhalten wir uns gegenüber Eltern, die Sais Lehren nichtbefolgen und deren Kinder in Sathya Sai-Schulen sind?

Ihr solltet euren Schülern beibringen, die Lehren Sais zu praktizieren,damit die Eltern von ihren Kindern, die unsere Schulen besuchen, ler-nen können. Zum Beispiel können die Eltern eines Schülers Nichtve-getarier sein. Wenn der Schüler in den Ferien nach Hause geht, kanner seine Eltern dazu bewegen, sich zu ändern, indem er ihnen demütigsagt, dass das Essen vegetarischer Nahrungsmittel heilig ist. Er kannzu seiner Mutter sagen: “Mutter, ich kann die Speisen, die durch dasTöten eines anderen Lebewesens zubereitet worden sind, nicht essen.Es ist nicht gut für mich. Dieser Körper, der aus Fleisch besteht, solltenicht durch Fleisch ernährt werden. Unser Körper braucht heilige Nah-rung und nicht Fleisch. Das Essen von Fleisch wird tierische Neigungenin mir erzeugen. Wir sollten nur heilige vegetarische Nahrungsmittel,die Gott für uns vorgesehen hat, essen.“ So können wir die Eltern durchdie Schüler belehren. Und im Lauf der Zeit werden auch die Eltern auf-hören, nichtvegetarische Nahrungsmittel zu essen. Ich kenne viele Fa-milien, die mit nichtvegetarischem Essen aufhörten, nachdem ihre Kin-der in unsere Schulen eingetreten sind. Ich tue vieles durch die Schüler.Es ist also leicht, durch die Schüler eine Änderung der Eltern herbei-zuführen.

Frage 9: Wie kann man die Eltern zu einer aktiven Beteiligung an demEducare-Programm bringen?

Es ist sehr schwierig, die Eltern direkt an dem Educare-Programm zubeteiligen. Deshalb muss Educare den Eltern durch ihre Kinder beige-

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bracht werden. Die Eltern wissen nicht, was Erziehung ist. Was werdensie dann verstehen, wenn ihr mit ihnen über Educare sprecht? Da ihrwisst, was Educare ist, solltet ihr es praktizieren. Dann werden die El-tern aus eurem Beispiel lernen.

Frage 10: Welche Rolle spielt die Technologie wie Computer in der Er-ziehung?

Mir erscheint Technologie als ‘Tricknologie‘. Ich habe kein Vertrauenzu Computern. Ebenso wie Menschen Krankheiten bekommen, sindauch Computer für Krankheiten anfällig. Ich sage dies schon seit fünfJahren. Jetzt werden Computer auch von Viren angegriffen, ebensowie die Menschen. Ihr solltet ein ‘Komponist‘ sein und nicht zu einemComputer werden. Wie passiert ein Fehler in einem Computer? Er pas-siert, wenn im Kopf des ‘Komponisten‘ ein Fehler passiert. Ihr könnt die-se Technologie zur Entwicklung der Wissenschaft benutzen, aber kor-rigiert zuerst den Computer, den Gott euch gegeben hat. DieserComputer ist euer eigener Kopf. Heute wird der Computer für jede klei-ne Rechnung benutzt. Es sieht lächerlich aus. Gott hat euch einen bes-seren Rechner gegeben: das Gehirn. Benutzt es. Natürlich hat derComputer gewisse Vorteile. Das leugne ich nicht. Ihr solltet ihn benut-zen wenn es notwendig ist. Ihr seid alle vom Computer fasziniert, weiler etwas Neues ist. Aber was hat er unserer Gesellschaft gebracht?Früher haben die Menschen von morgens bis abends schwer gearbei-tet. Jetzt haben Technologie und Wissenschaft sie lethargisch ge-macht. Die Menschen haben sich auf ein bequemes Leben ausgerich-tet. Die Technologie ist auch an der Arbeitslosigkeit schuld. DieArbeitslosigkeit führt zu einem Anstieg der Kriminalität. Deshalb solltenwir solche Maschinen, die viele Menschen arbeitslos machen, mög-lichst wenig benutzen. Jede Hand sollte Arbeit erhalten, jedes bestellteFeld sollte bewässert werden und jedes Haus sollte zu einer Werkstattwerden. Seid nicht zu sehr von Computern abhängig.

Frage 11: Was ist zu tun, wenn ein Land eine Sathya Sai-Schule er-öffnen möchte?

Es ist nicht möglich, dass alle Länder Schulen eröffnen, da nicht alledie Mittel dazu haben werden. Aber durch das Bal Vikas-Programm,welches das Erblühen, das Entfalten der Kinder anstrebt, kann mit Edu-care begonnen werden. Allmählich kann dieses Programm zu einerSchule ausgebaut werden. Hierzu habe ich etwas Wichtiges zu sagen.

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Die gute Arbeit, die durch Frauen in diesem Bereich geleistet wird, istbesonders hervorzuheben. Die Männer bleiben weit hinter ihnen zu-rück. Bal Vikas-Lehrerinnen haben in vielen Ländern grossartige Arbeitgeleistet. Sie dienen der Familie, kümmern sich um die Kinder und fin-den trotz ihrer täglichen Arbeit noch Zeit für ihre Bal Vikas Aufgaben.In diesem Eisernen Zeitalter, in dem wir heute leben, ist es ein grosserSegen, sowohl für die Eltern als auch für die Kinder, wenn sie am BalVikas-Programm teilnehmen können. Die Männer sollten sich auch zurTeilnahme an diesem Programm melden. Nur dann kann die NationFortschritte machen. Grosse Schulen und Gebäude können uns inSchwierigkeiten stürzen, wenn uns die Mittel fehlen. Wählt einen klei-nen Rahmen. Jedes Haus hat eine Veranda. Ihr könnt auf dieser Ve-randa mindestens zehn Kinder unterrichten. Ihr könnt sie die mensch-lichen Werte Wahrheit, Rechtschaffenheit, Frieden, reine Liebe undGewaltlosigkeit lehren. Erklärt ihnen, dass ein wahrer Mensch dieseWerte erwerben muss. So können wir Schulen entwickeln.

Frage 12: Wie sieht Sai Baba die Zukunft der Sathya Sai-Schulen aufder ganzen Welt?

Ihr braucht euch keine Sorgen darüber zu machen, was uns in der Zu-kunft erwartet. Tut alles, was ihr tun solltet, so gut ihr könnt. Dies wirdeuch in eine bessere Zukunft führen. Die Zukunft ist ungewiss, sie liegtnicht in unseren Händen. Die Gegenwart ist wichtig. Die Gegenwart istkeine gewöhnliche Gegenwart; sie ist Allgegenwart. Kümmert euch umdie Gegenwart, die Zukunft wird für sich selber sorgen. Habt ihr jemalsdaran gedacht, dass ihr hier sein könntet, um an dieser Konferenz teil-zunehmen? Nein. Wenn ihr gute Arbeit leistet, wird dies euch eine guteZukunft bringen.

Frage 13: Können Kinder in Sathya-Sai-Schulen direkt in höhere Klas-sen aufgenommen werden, oder sollten sie nur in die Kindergarten-klasse aufgenommen werden?

Es gibt keine feste Regel, nach der Kinder nur in die Kindergartenklasseaufgenommen werden sollten. Ihr könnt sie auch in die 3. oder 4. Klasseaufnehmen, wenn ihr es für richtig haltet. Je nach der Situation könntihr sie in eine höhere Klasse aufnehmen. Daran ist nichts auszusetzen.

Frage 14: Sollte in den westlichen Sathya Sai-Schulen der Gayatri-Mantra gesungen werden?

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Ich sage nicht, dass ihr es tun sollt. Tut, was euer Gewissen euch sagt.Wenn ihr glaubt, dass das Singen des Gayatri-Mantra euch gut tut,dann könnt ihr es tun. Gayatri ist keine Frau, und der Mantra gehörtauch nicht zu einer bestimmten Religion oder zu einem bestimmtenLand. Gayatri ist nur der Name und die Form einer Gottheit. Der Gayatri-Mantra hat die Macht eines Mantras. Bhur, ‘bhuvah, svah’ stellen diedrei Aspekte Materialisierung, Vibration und Strahlung dar. Diese dreisind in jedem Menschen gegenwärtig, ganz gleich aus welchem Lander kommt und welcher Religion er angehört. Mit diesem Mantra betetman für die Entwicklung seiner Intelligenz. Ich zwinge niemanden, ihnzu singen oder nicht zu singen. Ich besitze nicht Gewalt, sondern nurdie Quelle. Ihr könnt das tun, was euch Freude macht. Ich habe eureFragen kurz beantwortet. Reinigt euer Herz und befolgt die göttlichenGebote. Gebt Gott irgendeinen Namen: Allah, Jesus, Krishna oderZoroaster. Es ist egal. Entwickelt Tugenden und entledigt euch eurerLaster. Sathya Sai ist absolut selbstlos; was immer ich sage, befolgtes unbedingt. Es ist gut für euch. Erlangt Glück und teilt es mit anderen.Das ist es, was ich von euch erwarte.

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22. November

Bescheidenheit und ein guter Charakter sind die Merkmale wahrer Bildung

Nur derjenige ist wahrhaft gebildet,der sich dem Dienst an allen Geschöpfen widmet,

der alle Arten des Wissens beherrschtund der ein Vorbild an Tugend ist.

(Vers in Sanskrit)

Verkörperungen der Liebe! Bildung, die nicht für das Wohlergehen derGesellschaft genutzt wird, ist überhaupt keine Bildung. Ihr könnt nur alswahrhaft gebildet gelten, wenn eure Bildung den Menschen im Allge-meinen zugute kommt und ihr dafür ihre Liebe empfangt. Es genügtnicht, wenn ihr nur Buchwissen erwerbt. Ihr solltet höchste Weisheit er-langen und alle Tugenden pflegen. Wahre Bildung verleiht einem Men-schen den Reichtum von Moral, Spiritualität und Charakter. Der Zweckvon Erziehung und Ausbildung ist es nicht, allein den Körper zu erhal-ten, sie sollten den Geist des Menschen erweitern und ihn zu einer vor-bildlichen und tugendhaften Persönlichkeit machen.

Wenn man tiefer nachforscht, wird man im modernen Erziehungssy-stem eine Menge Verwirrung finden. Unter diesen Umständen müssenStudenten den Zweck von Erziehung verstehen, ihr Wissen in die Pra-xis umsetzen und daraus Glückseligkeit erfahren. Der Mensch hat heu-te grosse Fortschritte auf dem Gebiet der Wissenschaft erreicht, dochdas sollte ihn nicht egoistisch machen. Wissenschaft ist verbunden mitder weltlichen Erziehung. Was der Mensch benötigt, ist ein guter Cha-rakter. Die weltliche Erziehung kann im Menschen keine Tugenden för-dern. Jemand, der allein durch seine Tugenden und sein Verhalten derGesellschaft ein Beispiel gibt, ist wahrhaft gebildet. Die modernen Stu-denten versuchen verschiedene Formen des Wissens zu beherrschen,doch sie sind nicht fähig, die Natur ihres Körpers und ihres Geistes zuverstehen. Das gleiche sagte Winston Churchill einmal: “Der Menschhat alles bezwungen, nur nicht sich selbst.“ Der moderne Mensch kenntalles ausser sich selbst. Sein Selbst zu kennen ist positiv, über die Weltzu wissen ist negativ. Es ist nicht das Merkmal eines wahren Studenten,akademische Grade zu erwerben, nur um eine Arbeitsstelle zu bekom-

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men. Der wahre Student teilt sein Wissen mit seinen Mitmenschen undführt ein vorbildliches Leben.

Man mag alle Arten des Wissens beherrschen,man mag seine Gegner in Debatten bezwingen,

man mag mit Tapferkeit und Mut auf dem Schlachtfeld kämpfen,man mag ein Kaiser sein, der über riesige Reiche herrscht,

man mag Kühe und Gold als Zeichender Nächstenliebe als Geschenk darbieten,

man mag die zahllosen Sterne am Himmel zählen,man mag die Namen der verschiedenen Lebewesen

auf der Erde aufzählen.Aber es ist unmöglich, den Körper,

den Geist und die Sinne zu beherrschen.Wende den Blick nach innen und erreiche

den höchsten Zustand geistigen Gleichmuts.(Gedicht in Telugu)

Der Mensch ist Hunderttausende von Meilen in den Weltraum gereistund er hat den Mond erreicht, aber er muss noch die Reise von gerademal 2cm in sein Inneres unternehmen. Ein gebildeter Mensch sollte sei-ne wahre Natur erforschen. Vom Wissen her war der Dämon Ravanakeineswegs geringer als Rama, aber der Weise Valmiki, der Schöpferdes Ramayana, beschrieb Ravana als Dummkopf, während er Ramaals einen Weisen rühmte. Der Grund dafür ist, dass Rama sein Wissenin die Tat umsetzte und ein vorbildliches Leben führte. Ravana hinge-gen setzte sein erworbenes Wissen nicht in die Praxis um, wurde zumSklaven seiner Sinne und richtete auf diese Weise sich, sein Reich undseine gesamte Familie zugrunde. Erziehung ist nicht zur Befriedigungder Sinne gedacht, sondern sie soll dazu dienen, die Sinne zu über-winden und der Gesellschaft ein Vorbild zu geben. Das ist höchst wich-tig für die Studenten von heute. Indien kann seinen ursprünglichen Ruhm nur wiedergewinnen, wennwir solche idealen Studenten haben. Aber ach! Heute denken die Stu-denten nicht nach diesen heiligen Richtlinien.

Alle die alten und ewigen Lehren werden falsch ausgelegt.Heilige Eigenschaften verschwinden rasch unter den Menschen.Rechtschaffenheit und Mitgefühl werden nicht mehr praktiziert.

Die heiligen Lehren der Veden sind vergessenund das Böse ist auf dem Vormarsch.

(Gedicht in Telugu)

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Das ist die schreckliche Lage der Dinge von heute. Alle die Abhilfe-massnahmen, die ergriffen werden, machen die Sache nur nochschlimmer. Wahre Erziehung ist diejenige, welche die Engherzigkeitzerstört, Gleichheit entwickelt und letztlich zum Weltfrieden führt. Stu-denten sollten diese Bildung erwerben und dem Land dienen. Die Leutesagen, sie dienen dem Land, aber die meisten von ihnen streben nurnach ihrem eigenen selbstsüchtigen Profit. Der Mensch ist heute inSelbstsucht verstrickt und verschwendet sein Leben mit sinnlosen Be-schäftigungen. Er will alles auf der Welt besitzen. Sein Verlangen nachimmer mehr und mehr Dingen dient nur dazu, seine grenzenlosen Wün-sche zu befriedigen und nicht dazu, seine wirklichen Bedürfnisse zu stil-len. Auf diese Weise verstrickt sich der Mensch in Sinnesfreuden. Erist ein Sklave seiner Sinne geworden. Man kann ihn nur wirklich gebildetnennen, wenn er seine Sinne unter Kontrolle hat. Moderne Studenten handeln und benehmen sich wie es ihnen gefällt.Was sind die Eigenschaften, die von einem Studenten erwartet wer-den? Studenten sollten einer solchen Ausbildung nachgehen, die ihnendie heiligen Eigenschaften wie ein guter Charakter, Festhalten an derWahrheit, Hingabe, Disziplin und Pflichtgefühl vermittelt.

Verkörperungen der Liebe! Ihr seid alle sehr tugendhaft und intelligent.Ihr habt ein heiliges Herz. Füllt euer Herz mit Liebe und Mitgefühl. Wasvoller Mitgefühl ist, ist das Herz. Heute jedoch finden Liebe und Mitge-fühl keinen Raum im menschlichen Herzen. Deshalb finden böse Ei-genschaften ihren Weg hinein. Was auch immer ihr in der Aussenwelterlebt, ist nichts als die Widerspiegelung, die Rückwirkung und der Wi-derhall dessen, was in eurem Herzen ist. Heute sind negative Eigen-schaften in der Welt vorherrschend. Was ist der Grund? Der Grund ist,dass des Menschen Herz heute voller negativer Gefühle ist. Alles, wo-von man in der Welt Zeuge ist, ist die Widerspiegelung des menschli-chen Herzens. Der Mensch sollte sein Herz reinigen, um die göttlicheGnade zu empfangen. Eine gründliche Erforschung der Grundlagenvon Wissenschaft und Spiritualität zeigt, dass das Atom die Basis vonallem auf dieser Welt ist. Diese Blume, dieses Tuch sind nichts als ver-schiedene Zusammensetzungen von Atomen. Selbst die Nahrung, diewir zu uns nehmen, das Wasser, das wir trinken, die Luft, die wir atmen,alles wird von Atomen gebildet. In der Tat bestehen alle Dinge aus Ato-men. Aber es gibt noch etwas, das subtiler und fundamentaler ist alsdas Atom. Alles geht von diesem grundlegenden Prinzip aus. Anstattzu versuchen, dieses fundamentale Prinzip zu erkennen, lässt sich derMensch von Nichtigkeiten davontragen.

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Kleiner als das Atom, riesiger als der Kosmos,ist das Göttliche überall als der ewige Zeuge gegenwärtig.

(Gedicht in Telugu)

Versucht, das Prinzip des Göttlichen (atman) zu erfahren, das allesdurchdringt. Um den Atman zu erfahren, solltet ihr neben der weltlichenErziehung der spirituellen Erziehung folgen. Die weltliche Erziehungvermittelt nur Buchwissen, das in Wirklichkeit oberflächlich ist. Wirbrauchen kein oberflächliches, sondern praktisches Wissen. Könnt ihrden Geschmack von Süssigkeiten erkennen, wenn ihr lediglich ihre Na-men in Büchern lest? Ihr werdet ihre Süsse nur erleben, wenn ihr sieauf eure Zunge legt. Gleichermassen könnt ihr Glückseligkeit nur da-durch erleben, dass ihr in die Tat umsetzt, was ihr gelernt habt. Dasist praktisches Wissen. Das moderne Erziehungssystem gründet sichnur auf Buchwissen. Es gibt viele so genannte gebildete Leute in un-serem Land. Welche Hilfe leisten sie dem Land? Engagieren sie sichin irgendwelchen Tätigkeiten, die der Gesellschaft zugute kommen unddie Menschen glücklich machen? Nein. Sie führen ein solch erbärmli-ches Leben, dass sie weder selbst glücklich sind noch andere glücklichmachen. Welchen Zweck hat dann ihre Ausbildung?

Trotz seiner Ausbildung und Intelligenzwird ein törichter Mensch sein wahres Selbst nicht erkennen

und ein niedrig gesinnter Menschwird seine bösen Eigenschaften nicht aufgeben.

Die moderne Erziehung führt nur zum Argumentieren,nicht zu völliger Weisheit.

Was nützt es, weltliche Ausbildung zu erlangen,wenn sie euch nicht zur Unsterblichkeit führen kann?

Eignet euch das Wissen an, das euch unsterblich macht.(Gedicht in Telugu)

Ihr solltet einer solchen Ausbildung folgen, die euch und auch der Ge-sellschaft im Allgemeinen zugute kommt. Es gibt zahlreiche unglück-liche Menschen, die leiden. Fragt euch, ob ihr irgendwelche Anstren-gungen unternehmt, um das Leiden von wenigstens einem Einzigenvon ihnen zu lindern. Eure Ausbildung ist bedeutungslos, wenn sie euchund euren Mitmenschen kein Glück bringt. Heute erwerben die Stu-denten verschiedene akademische Grade wie Magister der Naturwis-senschaften, Doktor der Philosophie etc. Doch nutzen sie ihre Ausbil-dung zum Wohl der Gesellschaft? Sie füllen nur ihren Kopf mit

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Buchwissen, gehen in den Prüfungsraum und leeren ihren Kopf. Nie-mand gibt sich Mühe, den Zweck der Erziehung und ihre innere Be-deutung zu erkennen. Die Studenten sind zweifellos intelligent und ha-ben ein edles Herz. Aber sie geraten auf den falschen Weg, weil ihnendie richtige Führung fehlt. Es ist sowohl die Pflicht der Eltern als auchder Lehrer, ihnen den richtigen Weg zu zeigen. Manche Eltern mögennicht so gebildet sein, dass sie die Studenten auf den richtigen Wegführen können. Aber was ist mit den Lehrern in der Schule? Sie kon-zentrieren sich darauf, Buchwissen zu vermitteln und bemühen sichnicht, Reinheit der Gefühle unter den Studenten zu fördern. Wir solltendeshalb das Wesentliche der Erziehung verstehen, es in die Praxis um-setzen und Glückseligkeit erfahren. Ishvar Chandra Vidyasagar hat gezeigt, wie man Bildung zum Dienstan anderen nutzen sollte. In der Nähe von Kolkata in einer armen Fa-milie geboren, erlangte Ishvar Chandra Vidyasagar sein Wissen nurdurch grosse Anstrengung. Getreu seinem Namen war er ein Meer desWissens. In seiner Schulzeit lernte er nachts unter der Strassenlaterne,weil es zu Hause keine Elektrizität gab. Seine Mutter weinte angesichtsder Qualen ihres Sohnes. Er tröstete sie dann mit den Worten: “Mutter,wenn ich heute arbeite, werde ich später glücklich sein.“ Glück stammtnicht von Glück. Man kann Glück nur durch Schwierigkeiten erlangen.Er arbeitete hart und schloss seine Ausbildung ab. Da er berühmt fürseine rednerischen Fähigkeiten war, versammelten sich die Menschenin grosser Zahl, um seinen Reden zu lauschen. Alles, was er sagte,machte tiefen Eindruck auf die Menschen, denn er hatte ein reines undmitfühlendes Herz. Einmal war er eingeladen, in einem College eineRede zu halten. Ein hoher Offizier reiste mit ihm im selben Zug. Beidestiegen an derselben Station aus. Der Offizier begann sich nach einemKuli umzusehen, der ihm den Koffer tragen sollte. Als Vidyasagar diessah, bot er an, ihn zu tragen. Der Offizier übergab ihm seinen Koffer.Vidyasagar freute sich, dass er eine Gelegenheit hatte, jemandem zuhelfen. Er fragte: “Mein Herr, wohin sollen wir gehen?“ Der Offizier er-widerte: “Bringen sie mich dahin, wo Vidyasagar heute bei einer Ver-sammlung reden wird. Ich bin die ganze Strecke gefahren, nur um ihnzu hören.“ Als er dieses hörte, lächelte Vidyasagar und brachte ihn zumOrt der Versammlung. Der Offizier bot ihm etwas Geld an, doch Vidya-sagar wies es höflich zurück und sagte: “Mein Herr, ich habe ihren Kof-fer getragen, nur um Ihnen zu helfen, nicht für Geld.“ Es war kurz vorBeginn der Veranstaltung. Jeder wartete gespannt auf Vidyasagars An-kunft. Bei seinem Eintreffen wurde er mit Girlanden bekränzt und be-geistert empfangen. Der Offizier erkannte Vidyasagar sofort als den

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Mann, der seinen Koffer getragen hatte. Er bereute den Vorfall unddachte bei sich: “Wie einfach und bescheiden ist er doch, obwohl erso hochgebildet ist!“ Ein Egoist wird nicht einmal von seiner eigenenFrau und seinen Kindern geachtet. Vidyasagar hatte keine Spur vonSelbstsucht in sich. Er faszinierte das Publikum durch seine Rede. Im-mer wieder klatschten die Menschen und zeigten so ihre Anerkennung.Er hob seine Gelehrsamkeit nicht hervor. Er sprach aus der Tiefe seinesHerzens, was einen bleibenden Eindruck bei den Menschen hinter-liess. Seine Rede gründete sich auf seine Erfahrungen des täglichenLebens und nicht auf Buchwissen. Die Studenten sollten den früherenRuhm Indiens wieder aufblühen lassen Selbst heute gibt es viele sol-cher edlen Persönlichkeiten.

Indien ist ein sehr heiliges Land,aber unglücklicherweise wissen die Inder selbst

die Erhabenheit Indiens nicht zu schätzen.Wegen der fehlenden Furcht vor Sünde und

der fehlenden Liebe zu Gott hatdas Humane im Menschen abgenommen.

Dieses schadet dem Weltfrieden.(Gedicht in Telugu)

Geduld ist die wirkliche Schönheit

in diesem heiligen Land Indien.Von allen Ritualen ist das Festhalten

an der Wahrheit die grösste Bussübung.Das nektargleiche Gefühl in diesem Land

ist das Gefühl der Liebe zur Mutter.Charakter wird höher bewertet als das Leben selbst.

Die Menschen haben die Grundlagendieser grossen Kultur vergessen

und ahmen heute die westliche Kultur nach.Ach! Was ist mit diesem Land geschehen?

(Gedicht in Telugu)

Was für ein vollkommenes und heiliges Land ist unser Indien! Aber heu-te leidet es Not, weil die Inder selbst ihre Kultur nicht verstanden habenund nicht in der Lage sind, sich an ihre Grundlagen zu halten.

Studenten! Jungen und Mädchen! Behaltet die ruhmreiche GeschichteIndiens und sein reiches kulturelles Erbe im Gedächtnis. Menschen aus

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anderen Ländern besuchten dieses heilige Land in der Vergangenheitund bewunderten seine Erhabenheit. Füllt eure Herzen mit Mitgefühl.Scheut keine Mühe, das Leiden eurer Mitmenschen zu lindern. Ihr mögtnicht in der Lage sein, allen zu helfen, aber lindert wenigstens das Lei-den einiger und erfahrt Glückseligkeit. Wenn ihr zehn Rupien in der Ta-sche habt, gebt den Bedürftigen wenigstens eine Rupie. Die indischeKultur lehrt: Unsterblichkeit kann nur durch Opfergeist erreicht werdenund nicht durch Wohlstand, Nachkommenschaft oder Handlung. Helftjedem so viel wie möglich. Wohltätigkeit ist die wirkliche Zierde für dieHand, Wahrheit ist die echte Halskette. Dieses ist der wahre Schmuck,nach dessen Besitz man streben sollte. Wenn ihr Besitzer dieser kost-baren Juwelen werdet, braucht ihr keinen anderen Schmuck. Entwik-kelt Mitgefühl und Opfergeist und macht euch in der Gesellschaft einenguten Namen. Trennt euch von allen bösen Eigenschaften wie Zorn,Stolz, Hass und Neid. Jede wohltätige Handlung oder Dienstleistung,die ihr ausführen mögt, wird nutzlos sein, wenn ihr die schlechten Ei-genschaften nicht aufgebt. Entwickelt Liebe, teilt sie mit anderen undmacht sie glücklich. Nur dann wird eure Ausbildung bedeutungsvollwerden. Dieses ist der Dienst für euer Mutterland, den man von eucherwartet. Ihr müsst keine gigantischen Hilfsprojekte unternehmen odergrosse Schulen bauen. Dient der Gesellschaft nach euren Kräften. Wasauch immer ihr unternehmt, lasst jede Handlung von Liebe durchdrun-gen sein. Es gibt keinen grösseren Reichtum als Liebe.

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23. November

Geburtstag Sathya Sai Babas

Selbstverwirklichung und Ausgeglichenheit führt zu göttlicherGlückseligkeit

Das gesamte Universum untersteht Gottes Herrschaft.Gott ist durch Wahrheit leicht zu gewinnen.

Wahrheit ist die Kraft der Edlen,und deshalb verkörpern in dieser Weltdie Edlen wahrhaft den höchsten Gott.

(Sanskrit Vers)

Verkörperungen der göttlichen Liebe! Jeder Mensch trachtet nachGlück und will Leid vermeiden. Aber in dieser Welt vergehen und wan-deln sich Wahrheit und Unwahrheit, Rechtschaffenheit und Rechtlo-sigkeit, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit mit dem Ablauf der Zeit. DerMensch sollte sein Vertrauen in das höchste Prinzip setzen, aus demGutes wie Böses hervorgehen. Der Mensch erfährt jeden Tag Glückwie Leid, er heisst Zuneigungen wie Abneigungen willkommen und lädtSorgen und Unglück ein. Wie kann der Mensch unter diesen Umstän-den Frieden bewahren? Derjenige ist ein wahrer Mensch, der sowohlin Freude als auch in Leid sein Vertrauen in Gleichmut setzt. So wieman Glück begrüsst sollte man fähig sein, Leiden willkommen zu heis-sen. Ihr solltet dem Göttlichen vertrauen und seine Liebe in euren Her-zen erfahren. Wenn ihr von jedem geachtet werden wollt, solltet ihr wie-derum jeden achten. Ob jemand reich oder arm ist, hoch oder niedrig,jeder besitzt Selbstachtung. Bemüht euch, eure Selbstachtung zu wah-ren. Jemand mit wahrer Selbstachtung respektiert jeden. Es gibt nichts Neues, das ich euch heute sagen könnte. Jeder sollteGlückseligkeit erlangen. Jeder sollte Leid bezwingen, wahre Liebe ent-falten und die Göttlichkeit entfalten. Das ist heute meine Hauptbotschaftan euch.Der Mensch ist unschätzbar wertvoll, und er ist ein edles Wesen. SeinHerz ist sehr kostbar, sein Gemüt ist voll Süsse und das Prinzip seinesLebens währt ewig. Jeder sollte diese Wahrheit erkennen und in sei-nem Herzen Süsse entwickeln. Das bedeutendste Glück, nach dem ihreuch heute sehnen solltet, ist Liebe.

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Ihr wisst nicht um die Grösse des menschlichen Lebens. Gott selbstkommt in menschlicher Form herab. In jedem Menschen ist Göttlichkeit.Der Name “Bhavani Shankara“ kennzeichnet diese Wahrheit. BhavaniShankara steht für die Verkörperung von Shiva und Shakti. Bhavanisymbolisiert reine Absicht und innere Gewissheit und Shankara Glaubeund Vertrauen. Wo die Göttin Bhavani gegenwärtig ist, dort tanzt Shiva,der für Vertrauen und Glauben steht. Ohne reine Absicht und Glaubenund Vertrauen wird das Leben nutzlos. Aber dem Menschen mangeltes heutzutage an Vertrauen, obwohl Bhavani und Shankara in ihm woh-nen. Die gesamte Schöpfung verkörpert das Prinzip des männlichenund weiblichem Prinzips. Jeder Mensch sollte versuchen, seine innereGöttlichkeit zu erkennen. Es gibt keine höhere Spiritualität. Es ist dievorrangige Pflicht eines jeden Menschen, dieses Prinzip von Bhavaniund Shankara zu verehren.Gedanken und Gefühle eines Menschen sind verantwortlich dafür,wenn ein Mensch heute von Leid und Elend übermannt wird. Glück undLeid, Zuneigungen und Abneigungen und Sinnenfreuden, die derMensch heute erfährt, entstehen aus seinem Geist und Gemüt. Ihr er-leidet all dies, weil euer Geist mit der Empfindung von Dualität erfülltist. Wenn der Geist darin geübt ist, die Einheit der ganzen Schöpfungzu sehen, wird es keinerlei Verirrungen mehr geben. In dieser dualen Welt erlangt man mehr Gewinn aus Leid denn ausGlück. Die Heiligen und Weisen der alten Zeiten, die historisch unsterb-lich geworden sind, verlangten mehr nach Mühen als nach Glück. Dieaus Schwierigkeiten entstehende Freude ist beständiger als die ausGlück erlangte Freude. Ihr solltet Leid nicht ablehnen, und ihr solltetnicht allein nach Glück trachten. Ewige Glückseligkeit, nicht vergäng-liches Glück, ist euer wahrer Freund. Im grossen Epos Mahabharata fragte Krishna Kunti, als sie ihm zu Füs-sen fiel: “Mutter, was ist dein Wunsch?“ Sie erwiderte: “Krishna, ich bittedich, gib mir nur Widrigkeiten. Nur in meinen harten Zeiten liebte undverehrte ich dich mit mehr Intensität. Wahrhaft gesprochen dachte ichnie an dich, als ich die königliche Gemahlin König Pandus war. Nur seitder Zeit, als meine Söhne ins Exil in den Wald gingen, dort lebten undverschiedene Entbehrungen erlitten, gewannen meine Liebe und meinGlauben an Stärke. Ich bitte dich deshalb, gewähre mir nur Schwierig-keiten.“ Ihr müsst in Freude wie Leid Gleichmut entwickeln. Das ist daswahre Kennzeichen von Weisheit.

Verkörperungen der Liebe! Viele Menschen dieser Welt haben Ge-schichte gemacht. Sie alle hiessen Prüfungen und Leid immer willkom-

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men, wohingegen die anderen nur nach Glück trachteten. Weil Leidensegensreicher für den Menschen sind als Glück, hat Gott beide er-schaffen.Was bedeutet das Wort “Bhagavan“? “Bha“ steht für Leuchten, “ga“ be-zeichnet den, der Licht ausstrahlt, und “va“ symbolisiert die Macht, Lichtzu verbreiten. Demzufolge ist derjenige Bhagavan, der überall denGlanz des Lichts verbreitet.

Er hat keinerlei Form.Er ist subtiler als der Äther und das Atom.

Wie kann man so jemandem eine Form zuschreiben?Ohne an irgendetwas gebunden zu sein,

erfüllt er das gesamte Universum.

Gott ist in euch, und ihr seid in Gott. Weil ihr in diesem nicht-dualisti-schen Prinzip Dualität seht, leidet ihr so viel. Obwohl Gott keine be-stimmte Form hat, sind alle Formen sein. Die gesamte Schöpfung ent-steht aus der Wahrheit und geht wieder in Wahrheit ein. Es gibt keinenOrt ohne Wahrheit. Solcherart ist die Herrlichkeit der makellosen Wahr-heit. Entsprechend ist Gott alldurchdringend. Aus diesem Grund erklärtdie Bhagavadgita:

Alle Hände und Füsse sind sein,alle Köpfe und Augen sind sein,

alle Ohren sind sein,Gott durchdringt und transzendiert alles.

Der Mensch muss Gott im Innen finden und verehren. Aber der Menscherkennt diese Wahrheit nicht, sondern glaubt, Gott sei von ihm ver-schieden und vergeudet seine Zeit und sein Leben mit nutzlosen Ak-tivitäten. Die indische Kultur verkörpert das Prinzip, dass sich auchwenn Äonen vorbeiziehen, mit dem Ablauf der Zeit nicht wandelt unddas ohne Anfang und Ende ist. Dieses Prinzip wird mit dem Lauf derZeit nicht weniger oder mehr, es wird weder erschaffen noch zerstört,es ist unvergänglich.

Atman ist der ewige Eine, ohne Geburt und Tod.Er hat weder Anfang noch Ende.

Er kann weder getötet noch vermindert werden.Er ist der ewige Atman der in jedem wohnt.

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Wie muss man einen solchen Gott anbeten? Ihr solltet ihn als euer ei-genes Göttliches Selbst verehren. Befreit euch von dem Gefühl, Gottsei von euch verschieden. Kein Tempel ist Gott lieber als das mensch-liche Herz. Er liebt diesen Wohnsitz des Herzens. Es ist seine wahreResidenz. Sucht nicht ausserhalb von euch nach ihm. Als ich diesen Morgen hereinkam, wünschte mir jeder: “Happy birth-day“! Ich bin immer glücklich. Ihr solltet demjenigen, der nicht glücklichist, einen glücklichen Geburtstag wünschen. Ich brauche es nicht.Wenn ihr glücklich sein wollt, erkennt, dass das Glück in der Einheit mitGott liegt. Jeder Mensch unterliegt der Vorstellung, Glück befände sichirgendwo ausserhalb von ihm selbst und bemüht sich, dieses Glückdurch verschiedene Aktivitäten zu erlangen. Wie verehrten die altenWeisen Gott? Sie beteten ihn mit der Blume des Opfergeistes an undschenkten ihm ihre Liebe. Sie hiessen Gott als die Verkörperung derWahrheit willkommen. Sie glaubten an Liebe, Freundlichkeit und Ein-heit. Sie boten ihm den Thron ihrer Herzen an. Nur durch so eine sub-lime Verehrung erlangten sie die Göttlichkeit. Deshalb sollte derMensch auch heute Gott im Altar seines Herzens verankern und dortverehren. Begegnet allem im Leben mit einem glücklichen Lächeln. Es ist in dieserdualistischen Welt natürlich, dass Gewinn und Verlust sich abwech-seln. Es ist unvermeidlich. Ihr solltet nicht verzweifeln, wenn ihr mit Wid-rigkeiten konfrontiert seid, noch sollte es euch zu Kopf steigen, wennihr mit Erfolg gesegnet seid. Jede Widrigkeit ist ein Trittstein zur ewigenGlückseligkeit.Erst als die Pandavas während der vierzehn Jahre ihres Exils vieleSchwierigkeiten erlitten, konnten sie Krishnas Gnade gewinnen, undder Herr war immer und überall mit ihnen. Die Pandavas setzten in ihrenLeben die richtigen Prioritäten. Als Erstes kam für sie Gott, dann dieWelt, und sie selbst kamen an letzter Stelle. Aber die Kauravas hattenentgegengesetzte Prioritäten. Sie setzten sich selbst an die erste Stel-le, dann die Welt, und Gott kam zuletzt. Aus diesem Grund verlorensie die Schlacht des Lebens und Glückseligkeit blieb von ihnen fern.Wer Gottes Nähe gewonnen hat, ist immer glückselig.

Verkörperungen der Liebe! Die Schale bitteren Leids bedeckt den süs-sen Saft der Freude in der Orange des Lebens. Wenn ihr die Orangeschält, erhaltet ihr den süssen Saft. Gott ist die Essenz der Freudeselbst. Als Lincoln jung war, führte er ein Leben der Armut. Er konnte sich nochnicht einmal gute Kleidung leisten. In der Schule hänselten ihn seine

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reichen Freunde und machten sich über seine Armut lustig. Eines Ta-ges, als er die Spötteleien nicht mehr ertragen konnte, schüttete er sei-ner Mutter sein Herz aus und erzählte ihr, wie er beleidigt und gede-mütigt wurde. Seine Mutter tröstete ihn mit den Worten: “Mein lieberSohn, all dies wird dir Gutes bringen. Es sollte dich nicht davon abhal-ten, Selbstachtung zu entwickeln. Lass Selbstachtung dein Reichtumund dein Gott sein!“ Diese ermutigenden Worte inspirierten Lincoln undverliehen ihm die Kraft, dem Auf und Ab des Lebens mit Gleichmut zubegegnen. Als er die Universität verliess, feuerten ihn seine Bewun-derer und Gönner, die seine Charakterstärke erkannt hatten, an, für dieWahlen zu kandidieren. Lincoln, der ein sehr demütiger Mensch war,zögerte zunächst; aber er erinnerte sich an die ermutigenden Worte sei-ner Mutter, als er jung war, liess sich schliesslich für die Wahlen auf-stellen, gewann und wurde Präsident von Amerika. Sein Selbstvertrau-en und seine innere Selbstachtung, die seine Mutter ihm eingeflössthatte, waren die Ursache seines Aufstiegs zur höchsten Autoritätsstel-lung des Landes. Ein Mensch ohne Selbstvertrauen wird zwangsläufigfallen, auch wenn er in die exaltierteste Position geworfen wird.

Schüler, Studenten! Ihr solltet Selbstvertrauen als das wichtigste Ka-pital eures Lebens betrachten. Ohne Selbstvertrauen könnt ihr niemalsGlückseligkeit erlangen. Versucht deshalb Selbstvertrauen zu entfal-ten, um ein gutes Leben zu führen. Ihr seid Gott selbst. Gott ist der ewigeBewohner eures Herzens. Deshalb gibt es nichts grösseres als euereigenes Herz. Ihr solltet jeden lieben und niemanden hassen. Auchwenn sie euch hassen, solltet ihr niemals andere hassen. Das demon-striere ich in meinem eigenen Leben. Mein Leben ist meine Botschaft.Es mag Leute geben, die mich hassen und kritisieren, aber ich werdeniemanden hassen oder kritisieren. Wenn ihr dieses Prinzip praktiziert,könntet auch ihr das Göttliche, das Sai Baba ist, erreichen. Was ist derGrund für Sai Babas Ruhm und Berühmtheit? Allein sein Prinzip derLiebe ist die Ursache dafür. Diese Liebe ist mein wahrer Besitz undSchatz. Auch ihr solltet in der Gesellschaft Vorbilder setzen, indem ihrSelbstvertrauen entwickelt und eure Liebe mit anderen teilt.Seid immer glücklich. Bemüht euch um das Wohlergehen der Nationund strebt für das Wohlergehen aller Länder. Möge jeder glücklich undfriedvoll sein! Nur dann werdet ihr Glückseligkeit erlangen. EntwickeltWeitherzigkeit und befreit euch von Engstirnigkeit. Sogar wenn andereeuch Schwierigkeiten und Probleme bereiten, ertragt es mit Geduld indem Glauben, dass es euch nur Gutes bringen wird. Der aus den fünfElementen bestehende Körper wird eines Tages vergehen. Der Be-

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wohner des Körpers ist ewig, ohne Geburt und Tod und durch keineKetten der Anhaftung gebunden. Dieser Bewohner ist wahrhaftig Gottselbst! Wenn ein Bettler um Nahrung bettelt, sagt er: “Bhavati bhiksham dehi“.Tatsächlich erbittet er von dem Bewohner (dehi) die Gabe, und nichtvon euch. Erkennt die Wahrheit, dass er Gott in euch um Almosen bittet.Es ist eure Unwissenheit und kommt Hochmut gleich zu glauben, erbitte euch. In jedem, ob Prinz oder Bettler, wohnt die Göttlichkeit. Ihrmüsst dieses göttliche Prinzip in jedem verehren und sie alle lieben,aber die Liebe sollte selbstlos sein. Liebe, die frei von Bindung an denKörper ist, fliesst gleichermassen zu jedem. Körperbewusstsein führtzu Engstirnigkeit und Engherzigkeit. Eure Beziehung zu Gott ist vonHerz zu Herz und Liebe zu Liebe.Ich habe niemanden hier zu dieser Veranstaltung eingeladen, und kei-ne Einladungskarten wurden gedruckt. Der Grund, warum sich so vieleMenschen hier versammelt haben, ist ihre Liebe zu mir. Es bereitetgrosse Glückseligkeit, von so vielen geliebt zu werden. Es gibt viele,die noch nicht einmal die Liebe ihrer Eltern gewinnen können. Die Her-zen so vieler zu gewinnen ist in sich selbst ein Zeichen der Göttlichkeit.Ich liebe jeden und jeder liebt mich. Nicht nur die hier Anwesenden lie-ben mich, sondern zig Millionen Menschen in der ganzen Welt; jungwie alt lieben mich gleichermassen. Heute Morgen versammelten sichDevotees in grossen Scharen schon um drei Uhr morgens, um in dieSai Kulwant Halle eingelassen zu werden. Ihr Enthusiasmus war gren-zenlos. Leute stellen sich an, um ins Theater oder in den Bus zu ge-langen. Aber ihre Liebe und Anziehung zu Swami ist hier so gross, dasssie sich um keinerlei Härten und Unbequemlichkeiten scheren, umSwamis Darshan zu haben. Diese Form der Liebe ist durch viele JahreAskese nicht zu erlangen. Ihr habt heute das Glück, in der GöttlichenGegenwart Glückseligkeit zu erfahren. Um euch diese göttliche Glück-seligkeit zu verschaffen, müsst ihr viele Leben der Askese gelebt ha-ben, viele Opfer vollbracht und verschiedene spirituelle Härten auf euchgenommen haben. Es ist meine Liebe, die so viel Liebe anderer aufsich zieht. Verletzt deshalb niemanden durch eure barschen Worte undschlagt keine schlechten Wege ein. Erkennt die Wahrheit, dass Gottalles vom Mikrokosmos bis zum Makrokosmos durchdringt. DieseWahrheit wohnt in euch, aber ihr seid euch dessen nicht bewusst. Darinliegt euer Fehler. Ihr verkörpert Bhavani Shankara, reines Streben undVertrauen. Mit Selbstvertrauen könnt ihr alles in der Welt erlangen.

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Um die Göttlichkeit zu erreichen braucht ihr keine komplizierten spiri-tuellen Übungen durchzuführen. Ihr braucht nicht zu fasten, zu singenoder zu meditieren. Liebt Gott aus der Tiefe eurer Herzen. Die Devotees wollen Gott viele Dienste erweisen. Es sind Kennzeichenvon Glauben und Vertrauen. Wenn ihr so vertraut, solltet ihr euren hei-ligen Körper nicht durch falsche Nahrung verunreinigen. Ihr solltet nachund nach eure Liebe zu Gott verstärken, Sünde fürchten und in der Ge-sellschaft Moral verbreiten. Moral herrscht nur dann in der Gesellschaft,wenn die Menschen Gott lieben, weil das zu Furcht vor Sünde führt.Heutzutage begehen Menschen ohne diese Furcht vor Sünde ab-scheuliche Taten. Das steht im Gegensatz zur menschlichen Naturselbst. Es gibt viele Arten von Sorgen, die den Menschen von Geburtbis zum Tod verfolgen. Wie kann der Mensch dann ein sorgenfreiesLeben führen? All diese Sorgen beziehen sich auf den Körper und ent-stehen aus dem Geist. Wenn ihr Meister eures Geistes, eurer Gedan-ken und Gefühle werdet, bleibt kein Raum für Sorge.Thyagaraja sagte: “Braucht ein Mensch, der seinen Geist beherrscht,Mantras, Tantra oder irgendwelche anderen Strategien um Erlösungzu erlangen?“Wie Swami viele Male sagte: “Oh, ihr Menschen dieser Welt, entwickeltLiebe zu Sai, der all eure Sorgen zerstören wird.“ Diese Liebe kannauch anderen helfen, ihre Sorgen zu überwinden. Lasst euch nicht vonSorgen unterkriegen. Durch Gebet zu Gott könnt ihr alles erreichen.Das gilt nicht nur für Inder, sondern auch viele Männer und Frauen an-derer Länder haben dies vollbracht. Es gibt viele, die in ihrem LebenErfüllung fanden, indem sie die Worte ihrer Mütter umsetzten. Liebtdeshalb als Erstes eure Mutter. Dann werdet ihr automatisch euren Va-ter und auch euren Lehrer lieben. Bevor ihr eure Mutter liebt, müsst ihrerst euch selbst lieben. Wer nicht an sich selbst glaubt, kann auch nichtan seine Mutter glauben. Vertrauen in sich selbst und Vertrauen in Gottsind das Geheimnis von Grösse.

Verkörperungen der Liebe! Auch am Abend finden noch viele Geburts-tagsprogramme statt. Ihr habt hier lange Zeit gesessen. Ihr brauchtRuhe und auch etwas zu essen. Lasst uns deshalb dieses Morgenpro-gramm beenden. Sinnt über das, was ihr von Swami gehört habt, nach.Folgt Swamis Anweisungen, und ihr könnt alles erlangen und in all eu-ren Unternehmungen siegreich sein. Legt heute einen Eid ab, dass ihrSelbstvertrauen entfalten werdet.

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25. Dezember

Weihnachten

Gott vergisst die ihm Hingegebenen nie

Nur wenn die Menschen Hass und Gewalt verbannen,Liebe entfalten und erkennen, dass alle eins sind,kann die Erde zum Himmel transformiert werden.

Verkörperungen der Liebe! Sprich die Wahrheit, sprich freundlich undsprich keine unangenehme Wahrheit. Diese drei Richtlinien beziehensich jeweils auf moralische, sittliche und spirituelle Werte. Der Menschist die Vereinigung dieser drei Werte. Ohne Wellen gäbe es kein Meerund ohne Strahlen keine Sonne. Entsprechend kann jemand ohne Lie-be nicht Mensch genannt werden. Liebe ist für den Menschen das glei-che wie Wellen für das Meer und Strahlen für die Sonne. Deshalb sollteder Mensch sein Leben mit Liebe füllen. Er sollte niemanden hassennoch gewalttätig sein . Das Herz ist von Mitgefühl erfüllt. Ego und gren-zenlose Wünsche sind für die üblen Eigenschaften im Menschen ver-antwortlich. Ein egoistischer Mensch ist nicht fähig, im Herzen Mitgefühlzu hegen.Man sollte kein Leben der Selbstsucht und des Eigeninteresses führen.Man sollte die im Land vorherrschende Situation bedenken und ent-sprechend handeln. Der Mensch kann kein völlig unabhängiges Lebenführen. Er ist zwangsläufig von der Gesellschaft abhängig. Die Schöp-fung ist eine Kombination von Einzelnem , Gesellschaft, Geschaffenemund Gott . Der Einzelne sollte der Gesellschaft dienen und versuchen,Gott in der Schöpfung zu sehen. Jesus lehrte, das Leben des Einzelnensei nutzlos, wenn er nicht seine Pflichten gegenüber der Gesellschafterkenne. Wo Einheit ist, dort ist Reinheit, wo Reinheit ist, ist Göttlichkeit,wo Göttlichkeit ist, dort ist Glückseligkeit. Die Menschen sollten dienahe untrennbare Beziehung zwischen Einheit, Reinheit und Göttlich-keit erkennen.Als Jesus geboren wurde, kamen drei Könige aus dem Morgenland zuihm, um ihm ihre Ehrerbietung zu erweisen. Einer dieser Könige emp-fand, dieses Kind würde Gott lieben. Der zweite sagte, das Kind würdevon Gott geliebt werden und der dritte König empfand, dieses Kind seiwahrhaftig Gott selbst. Die Ansichten unterscheiden sich von Mensch

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zu Mensch, denn alle sind verschieden voneinander. Unsere Alten nah-men die Einheit in der Vielfalt wahr; der moderne Mensch hingegenspaltet aufgrund des Einflusses des Eisernen Zeitalters die Einheit inVielfalt und Verschiedenheit auf. Laut dem Vedanta ist der Mensch eine Kombination von Materialisa-tion, Geist und Bewusstsein. Das Materieille kennzeichnet den Körperund alles dem blossen Auge Sichtbare. Da alles Sichtbare verschwin-den wird, bedeutet das, das Materielle vergänglich und kurzlebig ist.Auch die Sonne, die Sterne und die Milchstrasse, die Abermillionen vonMeilen von der Erde entfernt sind, sind Bestandteil der Manifestation.Die Flüsse, Meere, Wälder und Berge bilden alle Teile der Manifesta-tion. Die Materialisation umfasst alle Elemente und Lebewesen. Dieseausgedehnte Materialisation wird von Geist umschlossen. Ihr könnteuch jetzt sehr leicht die Weite des Geistes vorstellen!Die Schöpfung, aus Sonne, Sternen, Flüssen, Meeren usw. bestehend,bildet nur einen winzigen Teil von Geist. Ihr mögt euch fragen, wie dasmöglich ist. Alles, was ihr seht, die Sonne, Sterne, Meere, Berge etc.,prägt sich eurem Geist ein. Die sichtbare Welt ist als kleine Wesenheitin euch enthalten. Die Materialisation bezieht sich auf den Körper undBewusstheit auf den Geist. Für beide gibt es eine zugrunde liegendeBasis, vom Vedanta höchstes Bewusstsein genannt. Es entspricht At-man, dem Göttlichen Selbst. Der Mensch ist eine Kombination von Kör-per, Geist und Atman. Die Körperebene kennzeichnet das, für was ihreuch selber haltet, die Ebene des Geistes das, für was andere euchhalten und das Dritte das, was ihr wirklich seid: Atman, das GöttlicheSelbst.Das Wesen des Menschen ist unendlich und unsterblich. Diesesmenschliche Leben wird als wertlos und unbedeutend betrachtet. DieMenschen leugnen die Existenz Atmans, weil Atman nicht wahrnehm-bar ist. Das Bewusstsein symbolisiert Atman. Es ist formlos, nicht ver-änderlich und transzendiert Zeit und Raum. Die Veden beschrieben esals eigenschaftslos, rein, der ewige Wohnort, ewig, makellos, erleuch-tet, frei, die Verkörperung der Reinheit und Heiligkeit. Der Körper ent-spricht dem Wachzustand, Geist dem Traumzustand und Bewusstseindem Tiefschlaf. Im Tiefschlaf erfährt man Glückseligkeit. Die Tatsache,dass ihr euch nach einem guten nächtlichen Schlaf friedvoll fühlt, machteuch dies verständlich. Wenn ihr sagt: “Dies ist mein Körper und dies mein Geist“, bedeutetes, dass ihr verschieden davon seid. Tatsächlich seid ihr der Meister,Atman. Meistert euren Geist und werdet Meister. Wie kann sich derMensch, der Meister von allem ist, für niedrig und schwach halten? At-

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man ist des Menschen wahre Form. Körper, Geist und Bewusstsein ent-sprechen Direktem, Indirektem und Heiligem. Atman transzendiertName und Form. Gott wird als Verkörperung des Klangs, des Beweg-lichen und Unbeweglichen, des Lichtes, der Sprache, der ewigenGlückseligkeit, der höchsten Herrlichkeit, der Täuschung und desReichtums beschrieben. Atman transzendiert die Begrenzungen derForm. Buddha und Jesus bemühten sich beide um die Schau Atmans. Buddhaerkannte, dass Namen, Formen und körpergebundene Beziehungenalle vergänglich sind und lehrte, man solle sich nicht von ihnen in dieIrre führen lassen. Alles Sichtbare muss vergehen.

Buddha studierte verschiedene heilige Texte und hörte vielen Gelehr-ten zu, aber es schenkte ihm keine Zufriedenheit. Schliesslich kam erzu dem Schluss, man könne Erleuchtung nur durch rechten Gebrauchder fünf Sinne erlangen. Keine spirituelle Übung kann das gewünschteErgebnis bringen, wenn man die Sinne missbraucht. Lasst eure Sicht-weise heilig sein, sprecht gute Worte, hört nur Gutes und habt erhabeneGedanken. Es gibt keine grössere spirituelle Disziplin. Das war die Leh-re Buddhas, und Jesus lehrte das gleiche. Die Fischer wollten, dass Jesus ihre weltlichen Wünsche erfüllt. Petrusz.B. wollte mehr Fische fangen. Aber schliesslich erkannte er die Ver-geblichkeit weltlicher Wünsche und wollte entsprechend der LehreJesu über die Ebene des Körpers und der Gedanken und Gefühle hin-ausgehen. Jesus lehrte sie, Hass aufzugeben und alle zu lieben undallen zu dienen. Er ermahnte sie, Vertrauen in das Einheitsprinzip zuentwickeln. Viele Jünger Jesu interpretierten seine Lehren auf eigeneWeise.Als Jesus gekreuzigt wurde, hörte er eine himmlische Stimme sagen:“Der Tod ist das Gewand des Lebens.“ Als Mutter Maria weinte, sagteJesus zu ihr: “Der Tod gleicht einem Wechsel der Kleidung.” Gibt esirgendjemanden, der täglich dasselbe Gewand trägt? So wie ihr täglicheure Kleidung wechselt, ebenso wechselt ihr mit jeder Geburt eurenKörper. Der Körper stirbt, nicht aber das Lebensprinzip. Der göttlicheGeist ist unsterblich und nicht dual. Jesus lehrte, wahre Weisheit be-stünde darin, das nicht duale Wesen des Göttlichen Geistes zu ver-wirklichen. Die Schau des Einen ohne ein Zweites ist wahre Weisheit.

Aufgrund seiner weltlichen Empfindungen und seiner nach aussen ge-richteten Neigungen schreibt der Mensch Gott Namen und Formen zu.Wahrhaft gesprochen gibt es nur einen Gott. Wir singen in unseren Bha-

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jans: “Der eine Gott hat viele Namen.“ Gebt die Verhaftung an den Kör-per auf; nur dann könnt ihr Bindung an Atman, das Göttliche Selbst,entwickeln. Ihr seid mit einem Körper ausgestattet und habt deshalbeure Pflichten sorgsam zu erfüllen. Aber lasst euch nicht durch das Ge-fühl täuschen, das sei andauernd. Alle körpergebundenen Beziehun-gen gleichen vorüberziehenden Wolken und unterliegen der Verände-rung. Allein die Wahrheit verändert sich nicht. Eine Mutter hat vier Söhne. Der erste will rot gefärbten Saft, der zweitegrünen, der dritte schwarzen und der vierte weissen Saft haben. Wastut die Mutter nun? Weil sie intelligent ist, giesst sie denselben Saft je-weils in ein rotes, grünes, schwarzes und weisses Glas und stellt soihre Söhne zufrieden. Unsere Körper gleichen jenen Gläsern. Wir soll-ten uns nicht an die körperlichen Unterschiede halten, sondern wir soll-ten die Einheit des innewohnenden Atmans erkennen. Gläser und Far-ben mögen sich unterscheiden, aber der süsse Saft (Atman) ist in allengleich. Der Körper muss eines Tages vergehen. Wenn ihr euch an denKörper bindet, werdet ihr Leid erfahren. Um die Unsterblichkeit zu er-langen und Glückseligkeit zu erfahren, müsst ihr Name und Form tran-szendieren. So lang ihr einen Körper habt, müsst ihr euch um ihn küm-mern, aber ihr solltet nicht übermässig an ihn gebunden sein und euchnicht zu sehr wegen des Körpers sorgen. Unwissenheit ist die Wurzelvon Sorge. Was immer zu geschehen hat, wird geschehen. Gebt des-halb Sorge niemals Raum. Entwickelt Vertrauen in das Prinzip Atmans.Das war die Hauptlehre von Jesus.Matthäus war einer der zwölf Jünger Jesu. Sein Beruf bestand darin,Einkommenssteuer einzusammeln, und er suchte die Fischer auf, umvon ihnen Steuern einzusammeln. Jesus vermittelte den Fischern täg-lich heilige Lehren. Matthäus schrieb all seine Lehren auf und verfasstedie heilige Bibel. Später verfassten viele die Bibel auf der Grundlageihrer eigenen Gefühle. Jesus hat niemals irgendwo behauptet, er seiGott oder der Herr. Er sprach Gott immer als seinen Vater an. Er wiesden Weg zur Erfahrung der Einheit. Er gab niemals Raum für Vielfäl-tigkeit, sondern sprach immer von der Göttlichkeit aller.Vor Hunderten von Jahren lebte jemand in Nordindien, der ständig dieWorte: “Ich bin Gott“ wiederholte. Die Leute wunderten sich über dieseBehauptung und hielten ihn für verrückt. Aber einige Gelehrte entwik-kelten Abneigung gegen ihn. Sie empfanden, sie selbst würden nichteinmal, nachdem sie verschiedene Schriften studiert und Wissen er-worben hatten, solch eine Behauptung wagen. Sie suchten den Königauf und erhoben Anklage gegen diesen Menschen. Diese Gelehrtendrohten dem König, sie würden, wenn dieser Mensch nicht bestraft wür-

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de, das Land verlassen. Der König fragte die Gelehrten, was zu tun sei.Auf Geheiss der Gelehrten befahl der König, die Beine jenes Menschensollten abgehackt werden. Sogar als das geschah, empfand dieserMensch keinen Schmerz sondern sagte weiterhin: “Ich bin Gott, ich binGott.“ Sogar das aus den gemarterten Gliedern strömende Blut erklär-te: “Ich bin Gott, ich bin Gott.“ Daraufhin bereute der König, dass er denWorten der törichten Gelehrten Beachtung geschenkt hatte.Jesus hat von Anbeginn an niemals behauptet, er wäre Gott. Er sagtenur, dass Gott sein Vater sei. Er lehrte die Leute, es gäbe nur einenGott und alle seien seine Kinder. Seine Kritiker klagten Jesus beimHauptpriester an. Der Priester wusste, dass Jesus die Wahrheit sprach.Aber die Priester unterstützten Jesus nicht, um ihre eigene Stellung zubewahren. Es wurde der Beschluss gefasst, Jesus zu kreuzigen. DerRegierende erliess den entsprechenden Befehl, bereute es aber spä-ter. Als Jesus vom Kreuz auferstand, verbreitete er Jesus Ruhm.Die Römer nannten Jesus “Persona“, das bedeutet “jemand, der heiligist“. Das englische Wort “person“ entspringt dieser Wurzel. Es verweistdarauf, dass die Göttlichkeit in jedem ist. Aus diesem Grund sprecheich euch als Verkörperungen der Göttlichkeit an. Ich und du sind eins.In jedem ist der Göttliche Geist, das Göttliche Selbst. Es gibt kein Le-bensprinzip ohne Göttlichkeit.

Die Göttlichkeit erfüllt alle Formen. Die Bibel und der Koran enthaltenviele heilige Lehren. Aber törichte Menschen, die diese Lehren nichtverstehen, schlagen falsche Wege ein.

Er, der von den Mohammedanern Allahund von Christen Jehovah genannt wird,

der lotosäugige Gott der Verehrer Vishnus,Shambhu genannt von denen, die Shiva anbeten,

antwortet freudig, auf welche Weise er auch verehrt wird.Er schenkt die Gnade von Ruhm und Gedeihen,

und teilt Glück und Freude mit vollen Händen aus.Er ist der Eine, das Höchste Selbst.

Erkennt ihn als Paramatman, das höchste Göttliche Selbst!

Um eurer eigenen Befriedigung willen schreibt ihr Gott verschiedeneNamen und Formen zu, aber das Wesen von Gott ist eins. Ob Rama,Krishna, Allah oder Jesus, all ihre Lehren galten der Aufrichtung desMenschen. Keine Religion predigt Gewalt, oder dass man jemandemSchaden zufügen solle. Manche übel gesinnten Menschen deuten die

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heiligen Lehren auf falsche Weise und begehen üble Taten. Alle erha-bene Seelen lehrten heilige Dinge. Sie sagten: “Liebt alle.“ Sie predig-ten keinerlei Hass. Gott sagt niemals jemandem, er solle andere töten,denn derselbe Atman ist in allen gegenwärtig. Die Menschen begehenim Namen Gottes grausame Verbrechen. Es bringt niemandem etwasGutes.

Liebe ist Gott, Gott ist Liebe. Lebt in Liebe. Löscht schlechte Eigen-schaften aus. Niedrig gesinnte Menschen versuchen, ihre niedrige Ge-sinnung auch auf Gott zu projizieren. Es zeugt von Unwissenheit.Schenkt solchen Menschen keine Beachtung. Vertraut eurem eigenenSelbst, ansonsten könnt ihr Gott nicht lieben. Aufgrund von Mängelnim modernen Erziehungssystem wird die Liebe im Menschen Tag fürTag weniger, und Hass verstärkt sich. Der Mensch vergisst die Wahr-heit und setzt sich dadurch Gefahr aus. Er hat durch das Entwickelntierischer Eigenschaften seine Menschlichkeit vergessen. Wahre Spi-ritualität liegt darin, tierische Eigenschaften zu zerstören und dieMenschlichkeit zur Göttlichkeit zu transformieren. Ohne sich von Tie-rischem zu befreien, könnt ihr die Göttlichkeit nicht erlangen. DerMensch verhält sich heute wie ein Tier, weil seine Liebe selbstsüchtigist. So jemand kann niemals Glück erfahren, sondern wird immer in Leidversunken sein. Je mehr ihr andere liebt, desto grösser wird die Freudesein, die ihr erfahrt. Je mehr Hass ihr entwickelt, desto elender wird euerLeben sein.

Verkörperungen der Liebe! Versteht, dass Gott, und ebenso derMensch, die Verkörperung der Liebe ist. Gott nimmt die Form des Men-schen an. Demzufolge seid ihr Gott. Sogar in Tieren ist Göttlichkeit. Manhört die Kühe und Büffel “Amba“ (göttliche Mutter) muhen. Es bezeugtdie Anwesenheit der Göttlichkeit in ihnen.Als Jesus ein kleiner Junge war, nahmen seine Eltern ihn mit sich nachJerusalem. Nach einiger Zeit konnte Mutter Maria ihren Sohn Jesusnicht mehr neben sich finden, dachte, er habe sich in der Menge verirrt,und suchte wie verrückt nach ihm. Schliesslich fand sie ihn, wie er völligversunken der Predigt eines Priesters in der Synagoge lauschte. Sieumarmte ihn und vergoss Freudentränen. Daraufhin sagte Jesus: “Mut-ter, warum sorgst du dich, wenn ich doch in der Gemeinschaft Gottes,meines Vaters, bin!“In jenen Tagen opferten die Menschen im Tempel von Jerusalem Tau-ben in dem Glauben, sie würden Gott dadurch erfreuen. Jesus suchtediesen grausamen Praktiken ein Ende zu bereiten. Gleich Buddha pre-

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digte er Gewaltlosigkeit. Er begab sich zu dem Platz wo die Taubenverkauft wurden und befreite sie alle. Die Betroffenen wandten sich ge-gen ihn, aber Jesus fuhr fort, sie freizulassen, ohne ihrer FeindseligkeitAufmerksamkeit zu schenken. Er mass weder Lob noch Tadel irgend-welche Bedeutung bei, denn beide betreffen den Körper und nicht dasGöttliche Selbst.Dasselbe wird auch im Mahabharata behauptet. Als Krishna von denPandavas die Hauptopfergabe erhielt, begann der verruchte Shishupa-la Krishna mit Beschimpfungen zu überhäufen und sagte zu Krishna:“Glaubst du, dir stünde diese Ehre zu, weil du die Saris der Gopikasstahlst, während sie badeten? Schwelge nicht in Selbstüberschätzung!Hör auf!“ Dharmaraja weinte, als Shishupala Krishna auf diese Weisebeschimpfte. Krishna schleuderte den Teller, auf dem ihm die Gabedargebracht worden war, Richtung Shishupala, und der Teller verwan-delte sich in ein Wurfgeschoss, das Shishupala köpfte. Im selben Au-genblick spritzte Shishupalas Blut zu Krishnas Füssen. Als Dharmarajadas sah, war er verwirrt und sagte: “Krishna, Shishupala hat dich ohneUnterlass beschimpft. Wie kann es da geschehen, dass sein Blut dirzu Füssen fiel?“ Krishna erwiderte lächelnd: “Dharmaraja, Lob wie Ta-del beziehen sich auf den Körper und nicht auf Atman. Darüber hinausdachte Shishupala ständig an mich und wiederholte meinen Namen.Er mag es mit Hass getan haben, aber das bekümmert mich nicht.“

Durch das Singen des Göttlichen Namens kann man jede gewaltigeAufgabe vollbringen. Für spirituelle Praktiken wie Meditation und As-kese braucht es eine bestimmte Zeit und einen besonderen Platz. Aberdas Singen des Göttlichen Namens erfordert keine solche Beschrän-kung. Wo immer ihr seid, was immer ihr tut, ihr könnt den göttlichen Na-men singen. Besinnt euch überall, zu allen Zeiten und unter allen Um-ständen auf Gott.Eine der vorhergehenden Rednerinnen, ein Mitglied der “Botschafte-rinnen Sathya Sais“, der Vereinigung ehemaliger Studentinnen SathyaSais, bat, Swami solle sie nie vergessen. Zu glauben, Gott würde ir-gendjemanden vergessen, beruht allein auf eurer Einbildung; es ist dieSpiegelung, die Reaktion und der Widerhall eurer inneren Empfindun-gen. Gott vergisst niemals irgendjemanden. Es sind allein die Gotter-gebenen, die an Gott denken oder aber ihn vergessen. Gott liebt allegleichermassen. Entwickelt deshalb Liebe und vermeidet alle schlech-ten Neigungen.Das moderne Bildungssystem bringt die schlechten Eigenschaften inSchülern und Studenten zum Wachsen. Jemand mit schlechten Eigen-

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schaften verdient es überhaupt nicht, Student genannt zu werden. WieSrinivas vorhin erwähnte, sind die Sai-Studenten nicht so. Einige Leutegeben sich als Sai-Studenten aus und begehen üble Aktivitäten. Aberunsere Schüler und Studenten sind höchst heilig und tugendhaft. Nie-mand kann einen erhobenen Zeigefinger auf sie richten. Viele Men-schen missbrauchen heutzutage den Namen Sais für ihre eigenenselbstsüchtigen Ziele. Ich freue mich sogar über solche Leute, denn aufdiese Weise singen auch sie den Göttlichen Namen. Allein die Wie-derholung des Namen Gottes wird euch befreien. Gebt schlechten, üb-len Eigenschaften keinen Raum. Gebt Beschuldigung keine Chance.Führt von Liebe erfüllte Leben. Betrachtet Liebe als Gott. Es gibt nichtsGrösseres als die Liebe.

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Anhang

Die Körperhüllen

Die Pancakoshas sind die fünf Hüllen oder konzentrischen Schichtenvon Materie, die das Göttliche Selbst (atman) umgeben. Sie kommeneinzeln nicht vor und werden lediglich zu Studienzwecken analysiert.Man sollte erkennen, dass das, was in der fünffachen Umhüllungwohnt, das wirkliche "Ich" ist. Um diese Wahrheit zu entdecken, mussman die fünf Hüllen durchdringen.

Die fünf Hüllen (kosha) sind die folgenden:

1. Annamayakosha - die aus Nahrung gebildete Hülle; gemeint ist derphysische Körper, welcher die gröbste Materie des Selbst (atman) dar-stellt. Sie belebt die fünf Sinnesorgane (Augen, Ohren, Nase, Zungeund Haut) und die fünf Handlungsorgane (Stimmorgane, Hände, Füs-se, Geschlechtsorgane und Ausscheidungsorgane).

2. Pranamayakosha - die aus Lebenskraft bestehende Hülle (kosha);die Hülle der fünf Lebenskräfte (prana), die nach dem sichtbaren Körperdie zweite, bereits feinstoffliche Schicht darstellt. Es ist dies eine Vital-hülle, die Körper und Denken belebt und zusammenhält. Solange sieim Organismus vorhanden ist, bleibt er am Leben. Ihre grobe Manife-station ist der Atem. Sie umfasst die fünf Sinne (Form, Geräusch, Ge-ruch, Geschmack und Tastsinn) und die fünf physiologischen Systeme(das Wahrnehmungssystem, das Ausscheidungssystem, das Verdau-ungssystem, den Kreislauf und das Denken).

3. Manomayakosha - die aus Geist (manas) bestehende Hülle, welchedie dritte Hülle des Selbst ist. Sie ist die aus Gedanken, Begierden, Mo-tiven, Emotionen und Wünschen gebildete Hülle, die sowohl positiveals auch negative Aspekte enthalten kann.

4. Vijnanamayakosha - die aus Erkenntnis (vijnana) bestehende, vier-te Hülle des Körpers, die aus der höheren Intelligenz, der Intuition be-steht.

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5. Anandamayakosha - die Hülle, die aus Glückseligkeit besteht. Diesist die letzte Hülle, die das Selbst verdeckt. Sie sollte nicht mit der ab-soluten Glückseligkeit verwechselt werden.

Das Göttliche Selbst (atman) ist der Keim dieser fünfschichtigen Struk-tur. Die fünf Lagen sind wie fünf übereinander getragene Kleidungs-stücke (Körper). Sie werden von einer Person getragen, aber sie sindnicht ein Teil dieser Person. Ebenso ist der Atman etwas Eigenes unddeutlich getrennt von den fünf Hüllen.

Die zehn Inkarnationen von Vishnu

1. Matsya - Fische2. Kurma - Schildkröte3. Varaha - Eber4. Narashima - Löwe5. Vamana - Zwerg6. Parshuram - Rama mit der Axt7. Ram - Rama8. Krishna 9. Balarama - Halbbruder von Krishna10. Kalki - Sathya Sai Baba.

Der Kalki-Avatar beendet das Kaliyuga, das Eiserne Zeitalter und be-ginnt das Goldene Zeitalter mit uns.

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Glossar

Adi Shankaracarya - Name eines der grössten Heiligen und Philoso-phen Indiens (ca. 788-820), welcher der Hauptvertreter des Advaitave-danta war. Trotz seines kurzen Lebens hat der Schüler von Gaudapa-das Schüler Govindapada zahlreiche Schriften verfasst. Als wichtigstegelten seine Kommentare zu den Vedantasutras, einigen Upanishadsund der Bhagavadgita; ausserdem die ihm zugeschriebenen Atmabo-dha, Tattvabodha, Upadeshasahastri (welche mit grosser Sicherheitvon Adi Shankaracarya selbst verfasst worden ist) und Vivekacuda-mani. Der Titel seines Vedantasutra-Kommentars ist Sharirakabha-shya (Erörterung in Bezug auf die Seele, welche der wahre Bewohnerdes Körpers ist). In Indien wird Adi Shankaracarya aber nicht nur als einkühler Philosoph betrachtet, sondern auch als ein Heiliger, der vonbhakti beseelt war; deshalb werden ihm eine ganze Reihe Hymnenzum Lobe verschiedener Gottheiten zugeschrieben. Adi Shankaraca-rya gilt als der Erneuerer der vedischen Traditionen, nachdem diesezeitweise vom Buddhismus verdrängt worden waren. Sein Wissen undseine Heiligkeit waren so gross, dass man ihn als eine InkarnationShivas betrachtete. Shankara ist auch ein Name für Shiva.

Advaita - Nicht-Zweiheit, Nicht-Dualität; Name von Adi Shankaraca-ryas nondualistischer Philosophie, die auf die Natur der höchstenRealität Gottes hinweist, welche ohne relative Zweiheit ist; im Konzeptvon advaita zeigt sich das Prinzip, dass die Seele (Atman) und diegöttliche Wirklichkeit wesensmässig, qualitativ eins sind; die Erfah-rung von advaita ist mit dem Verstand nicht erfassbar; denn das ich-gebundene Denken des Wachzustandes vermag nicht, aus der Dua-lität der Subjekt-Objekt-Beziehungen herauszutreten.

Akasha - Raum, Äther. Der Akasha ist das feinste der fünf Elementeund ist nicht mehr atomar aufgebaut; deshalb kann er das gesamte Uni-versum erfüllen und durchdringen; insofem ist er die physische Reprä-sentanz des allgegenwärtigen göttlichen Einen. Der Klang ist diejenigeWahrnehmung, welche im Akasha strukturiert ist. Auch die psychi-schen Organe des Menschen (vgl. Antahkarana) haben hier ihre Rea-lität.

Amba - Mutter; göttliche Mutter; ein Name für Shakti.

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Antahkarana - Die Brücke oder der Weg vom höheren zum niederenDenkvermögen, sie ist der Verbindungsweg zur Intuition. Die Antahka-rana wird vom Aspiranten selbst aus mentaler Substanz erbaut. Sie istdas innere Funktionsgefüge der Psyche. Sie befähigt zu denken, zuempfinden, zu unterscheiden und zu erinnern. Sathya Sai Baba nenntsie das innere Organ.

Aranyaka - Zum Walde gehörend; Name einer Klasse heiliger Schrif-ten. Die Aranyakas sind jeweils einem Veda zugeordnet und sind alsLektüre für die Waldeinsamkeit gedacht. Sie enthalten mystische Be-trachtungen sowie die Beschreibung wichtiger Riten und bilden denAusgangspunkt für die Upanishaden. Die in den Aranyakas beschrie-benen Riten und kultischen Handlungen gelten als besonders heiligund als gefährlich für den Unberufenen, der sie zu früh vollzieht, weiler dadurch Haus, Hof und Leben verlieren könne. Deshalb wurde derSchüler nicht im Dorf, sondern in der Einsamkeit des Waldes belehrt.

Arjuna - Spiritueller Schüler von Krishna. Er wurde während eines Krie-ges durch Krishna unterrichtet.

Artha - Wohlstand, Reichtum, Besitz, der durch rechtschaffenes Han-deln erworben worden ist. Artha ist eines der vier Ziele des menschli-chen Strebens und gilt in der vedischen Tradition so lange nicht als ver-werflich, wie bei seiner Verfolgung Moral und die göttliche Ordnungberücksichtigt werden. Andere Bedeutungen von artha sind: Objekt,Gegenstand; die gegenständliche Welt; Sinn, Bedeutung; Zweck, Ziel.

Ashram - Aufenthaltsort eines Heiligen oder Weisen, wo der Meisterseine Jünger und Aspiranten um sich sammelt, um sie persönlich zubelehren.

Atharvaveda - Name des vierten Veda, der Formeln für die Gesundheitund Sicherheit des Körpers und der Gemeinschaft enthält. Vieles, waszu seinem Inhalt gehört, ist den Bereichen der Magie und der Heilritualezuzurechnen.

Ätherkörper - Nach den okkulten Lehren besteht der physische Körperdes Menschen aus zwei Teilen, nämlich aus dem dichten physischenund dem Ätherkörper. Der dichte physische Körper wird aus Materieder drei niedersten Unterebenen der physischen Ebene gestaltet. Der

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Ätherkörper wird aus den vier höchsten, den ätherischen Unterebenender physischen Ebene gebildet.

Atindriyashakti - Über die Sinne hinausgehend; mit den Sinnen nichterfassbar; übersinnlich.

Atmadharma - Gesetz, Göttliche Ordnung; die grundlegende Norm;auf der Wirklichkeit des Selbst beruhende Rechtschaffenheit.

Atmalinga - Symbol des formlosen, alles durchdringenden Selbst; Lin-ga.

Atman - Der Atman ist die unsichtbare Grundlage, das wirkliche Selbst,das Göttliche Selbst, die dem Menschen innewohnende Göttlichkeit,die Seele, welche die Wirklichkeit innerhalb der fünf Schichten (kosha)darstellt, deren äusserste der Körper ist. Er ist der göttliche Funke imInnern, die allerinnerste, dem Menschen ureigene Realität. Er ist dieeigentliche Substanz der gesamten "objektiven" Welt, die Wirklichkeithinter dem Schein und jedem Wesen innewohnend. Er ist von Naturaus frei von jeglicher Bindung. Er handelt nicht, noch besitzt er eigeneBedürfnisse oder Besitztümer, kennt kein "ich" oder "mein". Der Atmanist unsterblich. Er vergeht nicht, er stirbt nicht wie der Körper oder derrelative Geist. Er ist die wesenhafte Wirklichkeit des Individuums, derZeuge, unberührt von allem Wandel in Zeit und Raum, der dem Kör-perlichen innewohnende Geist, das Geheimnis jenseits dessen, wassich durch Körperliches fassen lässt, die wahre Triebkraft, die hinterden Impulsen und Zielen der körperlichen Ebene steht.

Aura - Eine feine, unsichtbare Essenz oder ein Fluidum, das vonmenschlichen und tierischen Körpern, ja sogar von Sachen ausstrahlt.Die Aura ist eine seelische Ausströmung, an der das Denkvermögenund der Körper teilhaben; sie ist elektro-vital und elektro-mental.

Avatar - Das Erscheinen Gottes auf Erden in einer von ihm frei ge-wählten Form; eine Inkarnation des göttlichen Bewusstseins. Erkommt, um neue Wege der religiösen Verwirklichung aufzuzeigen oderdiese Wege dem Zeitalter anzupassen. Er wirkt zur Unterstützung derMenschheit und zur Wiedereinsetzung göttlicher Ordnung und Gerech-tigkeit. Ein Purna-Avatar besitzt alle göttlichen Kräfte und hat einen voll-ständigen, umfassenden Überblick über alles und jedes, er ist vollerLiebe und bringt Einheit unter die Menschen.

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Ayodhya - Eine Stadt, die uneinnehmbar ist, in die kein Feind eindrin-gen kann, eine unbesiegbare Stadt, eine unerschütterliche Festung;Name der Stadt der Sonnenkönige, der Hauptstadt des Königreiches von Dasharatha, dem Vater von Rama.

Balarama - Name des älteren Bruders Krishnas. Im Mahabharata wirdberichtet, dass Vishnu sich ein weisses und ein schwarzes Haar aus-zog, woraus Balarama und Krishna wurden. Balarama hatte helle Haut,Krishna eine dunkle Hautfarbe.

Bali - Name eines Königs der Affen, der seinen Bruder Sugriva ent-thront hatte. Er wurde von Rama getötet, der dann Sugriva wieder alsKönig einsetzte.

Bali - Opfergabe, Geschenk, Steuer, Abgabe, Tribut; Name eines Dä-mons, der von Vishnu in der Gestalt des Zwerges Vamana überwundenwurde. Er wird auch Mahabali genannt, da er als Enkel Prahladas einegrosse Frömmigkeit und Freigiebigkeit besass. Aufgrund seiner Hin-gabe wurde er von Vishnu verschont.

Balvikas - (Hindi) abgeleitet von bala vikasa, das Erblühen und Ent-falten der Kinder.

Bhagavan/Bhagavat - Erhaben, heilig; der Erhabene; ein Name fürGott, der seine unumschränkte Grösse offenbart. Wörtlich bedeutetbhagavat "Glanz, Erhabenheit besitzend." Dies ist eine ehrerbietige An-rede, die der Herrlichkeit Gottes angemessen ist und bedeutet, dasser die sechs göttlichen Eigenschaften besitzt:

1. Allmacht, Allwissen und Allgegenwart; 2. Gleichbehandlung, Rechtschaffenheit, Gerechtigkeit (dharma); 3. Glanz, Herrlichkeit, Ruhm; 4. Reichtum, Majestät, Gnade (shri); 5. Weisheit, Erleuchtung (jnana); 6. Loslösung, Ruhe, Gleichmut (vairagya).

Bhagavadgita - "Der Gesang des Erhabenen”, “das Lied Gottes";Name eines Ausschnitts aus dem 13. Buch des Mahabharata. Die Gita,wie sie auch kurz genannt wird, ist ein philosophisches Lehrgedicht,

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das von vielen Menschen als heilige Schrift betrachtet wird und ihremLeben als Richtschnur dient. In 18 Kapiteln (700 Versen) empfängt derKriegsheld Arjuna von seinem göttlichen Wagenlenker Krishna ange-sichts der bevorstehenden Schlacht von Kurukshetra eine grundlegen-de Unterweisung über die Kunst des richtigen Lebens und Handelns,über den spirituellen Weg zu Gott. Es scheint verwunderlich, dass derSchauplatz der Belehrung ein Schlachtfeld ist. Doch unabhängig vonArjunas Karma, das ihn in die Schlacht getrieben hat, ist das Schlacht-feld ein Symbol für die unentwegten Kämpfe, die im Menschen zwi-schen den guten und bösen Kräften, zwischen dem Ego und seiner hö-heren Natur stattfinden. Krishna belehrt seinen Freund und Schüler indiesem Dialog über den Pfad, der zur höchsten Wirklichkeit führt. Erzeigt ihm die Wege von Erkenntnis (Jnanayoga), Gottesliebe (Bhakti-yoga), selbstlosem Tun (Karmayoga) und Meditation (Rajayoga). Diessind die klassischen Hauptwege des Yoga. Das Werk vereinigt in sinn-voller Weise die Lehren der Philosophiesysteme des Sankhya, Yogaund Vedanta und ist in seiner Kombination von künstlerischem Aus-druck und philosophischer Tiefe eines der bedeutendsten Werke derreligiösen Weltliteratur.

Bhagavatam/Bhagavatapurana - Name eines heiligen Textes; wörtl.:"Das Purana, welches sich auf den Erhabenen bezieht." Es ist das be-rühmteste der 18 grossen Puranas und wird seiner kunstvollen Spracheund philosophischen Tiefe wegen von vielen mit der Bhagavadgita undden Upanishaden auf eine Stufe gestellt. Das Bhagavatapurana erläu-tert spirituelle Wahrheiten durch Geschichten von Heiligen, Sehern undKönigen und beschäftigt sich ausführlich mit dem Leben Krishnas, wes-halb es den Vaishnavas als besonders heilig gilt.

Bhajan/Bhajana - Lobgesang, Lobpreisen der verschiedenen Namenund Aspekte Gottes; traditionell werden die bhajans von Trommeln,Zimbeln etc. begleitet; ein Vorsänger singt jeweils eine Zeile, die Grup-pe singt nach. Oft bestehen die Texte nur aus Namen Gottes ohne an-dere Hinzufügungen; daher rührt ihre Wirkung, den Geist auf Gott aus-zurichten und das Herz mit Liebe zu ihm zu erfüllen.

Bhakti - Anbetung, Hingabe; Gottesliebe; Glaube, Beständigkeit, Ver-bundenheit mit dem Herrn unter allen Umständen; unerschütterlicheLoyalität zu Gott, Verehrung des Herrn. Um in bhakti gefestigt zu sein,braucht man Unbeirrbarkeit, Tugend, Furchtlosigkeit, Hingabe und soll-te frei von Egoismus sein. Bhakti ist die höchste und reinste Form der

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Liebe. Sie zeigt sich als Liebe zu Gott, Hingabe an den Meister (Guru)oder eine bestimmte Manifestation des Herrn. Es werden verschiedeneArten und Grade von bhakti unterschieden:

1. Gurubhakti - die Hingabe an den Lehrer und Meister; 2. Vaidhabhakti - eine vorbereitende Stufe, auf der alle Anordnun-

gen des Meisters zur Ausübung von bhakti befolgt werden; 3. Ragabhakti - ein Zustand, in welchem der bhakta nur an Gott

denkt, alles erinnert ihn an Gott, alles bezieht sich auf ihn; 4. Parabhakti - höchste Liebe zu Gott, in der nichts ist ausser ihm

und dem Bewusstsein der Verbundenheit mit ihm; 5. Premabhakti - ekstatische Liebe zu Gott. Im Zustand von bhakti

ist es das natürliche Bedürfnis des Menschen, Gott zu dienen undseinen Plan in die Tat umzusetzen.

Bharata - 1. Name eines Königs und Heiligen aus dem Bhagavata-purana, er war der Sohn von Shakuntala und Stammvater der Kaura-vas und Pandavas. Seine Nachkommen hiessen Bharatas, deren gros-sen Kampf das berühmte Epos Mahabharata schildert. Nach ihm wur-de Indien früher Bharatavarsha genannt, und auch heute nennen dieInder wieder ihr Land Bharata; Arjuna trägt oft den Beinamen Bharata,was ihn als Angehörigen des Volkes der Bharata oder Nachkomme vonBharata kennzeichnet. 2. ein Halbbruder von Rama.

Bharat/Bharathyas - Indien; Inder.

Bhavani - Name für Parvathi, in ihrem freundlichen Aspekt.

Bhima - Name des zweitältesten der Pandava-Prinzen, der für seineaussergewöhnliche Stärke bekannt war. Er spielt in der Schlacht vonKurukshetra eine ganz entscheidende Rolle.

Bhishma - Name des Erziehers der Kauravas und der Pandavas; erwar einer der Kriegshelden auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra,kämpfte aber tragischerweise auf seiten der Kauravas. Kurz vor seinemTod lag er auf einem Pfeilbett und belehrte seine Schüler über die Ge-setze der Göttlichen Ordnung (dharma).

Bhuloka - Die Erdenwelt; die irdische Ebene.

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Bodhisattva - Ein Chohan; wörtlich jemand, dessen Bewusstsein In-telligenz oder Buddhi wurde. Jemand, der nur mehr eine einzige Inkar-nation (Wiederverkörperung) braucht, um ein vollendeteter Buddha zuwerden. Man könnte es als das Amt des Weltlehrers bezeichnen. DerBodhisattva ist das Haupt aller Religionen in der Welt, er ist der Meisteraller Meister und Engel.

Brahma - Der Schöpfergott, der die Entstehung des Universums be-wirkt. (Brahma sollte nicht mit Brahman verwechselt werden.)

Brahmaloka - Die Region von Brahma; ein Himmel oder eine Existenz-ebene, wohin der spirituell Entwickelte nach dem Tode gelangen kann.Dies ist aber nur die höchste Ebene aller relativen Existenzformen, diezwar fast Ewigkeitscharakter besitzt, hinter der aber die eigentliche spi-rituelle Welt von Satyaloka wartet. Satyaloka ist die Welt der Wahrheit;Name der höchsten relativen Welt, der Welt Brahmas; es heisst in man-chen Schriften, dass derjenige, der zu dieser Welt aufsteigt, nicht mehrdem Kreislauf von Geburt und Tod unterworfen sei.

Brahman - Das Allumfassende; das Universelle; das alles durchdrin-gende, göttliche, namenlose, formlose, ewig absolute Prinzip. Brah-man ist unzerstörbar, grösser als das Grösste, kleiner als das Kleinste.Brahman ist das Höhere Selbst, das wahre Ich eines jeden und diehöchste nichtduale Wirklichkeit. Brahman ist der unpersönliche AspektGottes, gewissermassen das Licht, das von ihm ausstrahlt.

Buddha - Der Name, den man Gautama gegeben hat. In Indien etwaum das Jahr 621 v. Ch. geboren, wurde er im Jahre 592 v. Ch. ein voll-endeter Buddha. Der Buddha ist ein "Erleuchteter" und hat die höchsteWissensstufe erlangt, die für einen Menschen in diesem Sonnensy-stem möglich ist.

Buddhi - Die universale Seele oder das universale Denkprinzip. Buddhiist die geistige Seele im Menschen, die Intuition, das sechste Prinzipund daher Hülle des Geistes (Atman), des siebten Prinzips.

Caitanya - 1. Spirituell erwachtes Bewusstsein, welches nicht einfachnur Denkbewusstsein ist; Geist, Leben, Lebendigkeit, Intelligenz; 2.Name eines grossen Heiligen bzw. Avatars, auch Gauranga oder Krish-nacaitanya genannt.

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Cakra, Zentrum - Rad, Kreis, Scheibe, Ring; Bezeichnung für die sie-ben Zentren feinstofflicher Energie (vgl. Kundalini) im Ätherkörper desMenschen. Die Cakras sammeln, transformieren und verteilen die siedurchströmende Kraft.

Daksha - Fähig, kompetent, geschickt, klug; einer, der alles aus demBereich des Wissens gelernt hat, ein Experte; Name eines bedeuten-den Prajapati welcher der Herr der Menschheitspatriarchen war. Be-rühmt ist das Opfer des Daksha, das von Shiva unterbrochen wurde,da dieser nicht eingeladen worden war.

Dharma - Die Göttliche Ordnung; Gebot Gottes, Ordnung, Gesetz; diePflicht des Menschen, Verhaltensregeln oder Regeln der Selbstdiszi-plin, Verpflichtung, Moralkodex; Rechtschaffenheit, Gerechtigkeit, Mo-ralgefühl, Tugendhaftigkeit. Dharma ist das, mit dem man in Einklangmit den Prinzipien der Veden kommt; abgeleitet von dem Wortstamm"dhri" mit der Bedeutung "tragen". Dharma ist das, was man trägt. Sowie Kleidung die Würde einer Person bewahrt, die sie trägt, so ist auchdharma das Mass für die Würde eines Menschen oder eines Volkes.Dharma ist die Form höherer Lebensführung, die durch die zum Zielerhobenen Ideale, durch die erreichte Entwicklungsstufe, durch dieStellung des Individuums in der Gesellschaft und die Bewusstwerdungseiner selbst und seiner Stellung bestimmt wird. Der Weg des dharmabedeutet Rechtschaffenheit, die mit Sicherheit zu innerer Reinigungund Harmonisierung führt. Bei allen weltlichen Tätigkeiten sollte mandarauf bedacht sein, weder den Anstand noch die Regeln des gutenGeschmacks zu verletzen. Man sollte die Eingebungen der innerenStimme nicht falsch umdeuten, sondern jederzeit bereit sein, den Ge-boten des Gewissens zu folgen. Man sollte sich ständig vergewissern,dass man niemanden in seiner Freiheit einschränkt, und mit wacherAufmerksamkeit die Wahrheit hinter der verwirrenden Vielfalt zu findenversuchen. Dies und nichts anderes ist die Pflicht des Menschen, seindharma. Wenn irgendetwas, was mit dem Begriff Wahrheit (satya) be-zeichnet werden kann, in weltliche Wirklichkeit umgesetzt wird, sonennt man es dharma. Dharma ist nicht etwas, das jedermann nachLust und Laune definieren darf. Man kann auch sagen, dass dharmadasjenige ist, was den Menschen trägt, ihm Sicherheit und Stabilität imLeben gibt; denn dharma ist als ein Göttliches Gesetz unumstösslichund beschützt jeden, der dharma beschützt.

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Dharmaraja - Der König der Rechtschaffenheit; der Garant des Rech-ten; ein Name für den ältesten der Pandava-Brüder.

Dhoti - (Hindi) Untergewand; Name eines traditionellen Untergewan-des, welches von Männern getragen wird. Es besteht aus einem ca.drei Meter langen Baumwollstoff und wird kunstvoll um die Beine ge-schlungen.

Dhritarashtra - Name des blinden Königs von Hastinapura, der Vaterder Kauravas und Bruder von Pandu war. Beide Brüder entsagtennacheinander dem Königsthron. Zwischen ihren Söhnen, den Kaura-vas und den Pandavas entbrannte die grosse Schlacht, die im Mah-abharata geschildert wird. Im Alter zog er sich mit seiner Gemahlin Gan-dhari in eine Einsiedelei in den Wäldern zurück, wo beide bei einemWaldbrand ums Leben kamen.

Draupadi - Name der Tochter von Drupada, dem König von Pancala.Sie war die Gemahlin der fünf Pandava-Prinzen und ist eine wichtigeGestalt des Mahabharata. Als sie vor dem versammelten Königshof aufBetreiben der Kauravas entkleidet werden sollte, betete sie zu Gott umHilfe; daraufhin erhielt ihr Sari eine unendliche Länge, so dass sie nichtentkleidet werden konnte.

Drona - Name des Lehrers, der die Pandava- und Kaurava-Prinzen inder Kriegskunst unterwies. Er kämpfte in der Schlacht von Kurukshetraauf Seiten der Kauravas und übernahm nach dem Tod von Bhishmaderen Oberbefehl.

Duryodhana - "Schwer zu besiegen, unbesiegbar"; Name des ältestender hundert Söhne des blinden Königs Dhritarashtra und Gegenspielerder Pandavas. Bereits seine Geburt wurde von schlechten Omen be-gleitet und schon als Kind zeigte er eine starke Neigung, die Pandavasvernichten zu wollen.

Ganesha - auch Vinayaka, Ganapathi, Gananatha genannt. Herr derHeerscharen; Name des Sohnes Shivas und Parvatis; Gott der Weis-heit und Beseitiger aller Hindernisse. Er gewährt im weltlichen und imspirituellen Leben Erfolg. Viele religiöse Zeremonien beginnen mit derAnrufung Ganeshas. Meist wird Ganesha elefantenköpfig dargestellt.

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Garuda - Name des Königs der Vögel; er ist das Reittier Vishnus undwird mit Kopf, Schwanz und Flügeln eines Adlers und Leib und Beineneines Menschen dargestellt. Sein Gesicht ist weiss, seine Flügel sindrot und sein Körper ist golden. Garuda soll den Unsterblichkeitstrank(amrita) von den Göttern geraubt haben, um eine Mutter von Kadru frei-zukaufen. Indra entdeckte den Diebstahl und kämpfte mit Garuda. DasAmrita wurde zurückgewonnen, aber Indra wurde besiegt, sein Don-nerkeil zerbrochen.

Gopi/Gopika - "Hirtenmädchen, Hirtin"; die Gespielinnen und Vereh-rerinnen Krishnas in Brindavana, wo er seine Kindheit und Jugend ver-brachte. Für den Gotthingegebenen (bhakta) sind sie ewige Gefähr-tinnen Krishnas und die vollkommenen Vorbilder für intensiveGottesliebe.

Guna - Eigenschaft, Qualität; Grundeigenschaft; nach der Sankhya-Philosophie bestehen alle Objekte der Erscheinungswelt aus den dreiGrundeigenschaften (guna) sattva, rajas und tamas. Die drei Gunassind Eigenschaften, die dem Herrschaftsbereich der Maya zuzuordnenund von Brahman abhängig sind. Sie verhüllen dessen Wirklichkeit. Beivollkommenem Gleichgewicht der Gunas tritt nichts in Erscheinung.Bei gestörtem Gleichgewicht entstehen die Manifestationen derSchöpfung. Sattva tritt in der Welt als das Reine und Feine in Erschei-nung (z.B. als Sonnenlicht), Rajas als Aktivität (z.B. als Vulkanaus-bruch) und Tamas als Schwere und Unbeweglichkeit (z.B. als Fels-block). Alle drei Gunas sind aber überall präsent, nur ihr Mischungs-verhältnis ist unterschiedlich. Im Rahmen der Bewusstseinsevolutionbezeichnet Sattva die Möglichkeit, die wahre Realität zu erkennen; Ta-mas steht als Hindernis der Verwirklichung entgegen; Rajas ist dieKraft, die mithelfen kann, Tamas zu stärken oder zu überwinden. In derkonkreten Erfahrung zeigen sich Sattva als Ruhe, Frieden und Gelas-senheit, Rajas als Aktivität, Ruhelosigkeit und Leidenschaft, Tamas alsTrägheit, Interesselosigkeit und Dummheit. Der jeweils dominierendeGuna bestimmt Charakter und Stimmung des Menschen. Der spirituellStrebende muss Tamas mit Hilfe von Rajas, d.h. aktivem Bemühen,überwinden und schliesslich zur reinen Sattva-Qualität kommen. BeimErkennen des Selbstes (Atman) muss auch der Bereich von Sattvatranszendiert werden.

Guru - Ein geistiger Lehrer. Ein Meister in metaphysischen und ethi-schen Doktrinen; der kosmische Guru (Avatar); Meister; Lehrer.

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Hanuman, Hanumat - "Mit starken Kinnbacken versehen"; Name desHeerführers der Affen; er war einer der unerschrockensten und hinge-bungsvollsten Diener (bhakta) von Rama und wird als ein Wesen dar-gestellt, das zur Hälfte Affe, zur anderen Hälfte Mensch ist. Er konntedurch die Luft fliegen und war ungeheuer stark. Mit seinem Affenheerunterstützte er Rama in dessen Krieg gegen Ravana. Er besass ma-gische und heilende Kräfte und wird deshalb auch Lehrer des Yoga ge-nannt. Im Ramayana ist zu lesen: "Der Häuptling der Affen ist vollkom-men, niemand kommt ihm gleich an Kenntnissen der Shastras,Gelehrsamkeit und Auslegung der Schriften." Für den Gottliebenden(bhakta) ist Hanuman das Symbol für die Haltung des Dieners seinemHerrn gegenüber. Während des Krieges gegen Ravana sprang er miteinem Satz von Indien nach Sri Lanka (Lanka), versetzte den Himalaya,riss Bäume aus und bewirkte viele andere Wunder. Auf Lanka ange-kommen, wurde sein Schwanz von seinen Feinden eingefettet und inBrand gesetzt, wobei ihre eigene Hauptstadt in Flammen aufging. Erwar Ramas treuer Diener, sein Kundschafter und ein grosser Kämpferund begleitete ihn, als er in seine Hauptstadt Ayodhya zurückkehrte;dort wurde Hanuman mit ewiger Jugend und ewigem Leben belohnt.Er wird folgendermassen beschrieben: "Seine Gestalt ist gross wie einBerg und hoch wie ein gewaltiger Turm, seine Hautfarbe gelblich undglühend wie geschmolzenes Gold, sein Gesicht rot wie ein leuchtenderRubin und sein Schwanz von gewaltiger Länge. Er steht auf einem ho-hen Felsen, brüllt wie Donner, springt in die Luft und fliegt mit sausen-dem Geräusch durch die Wolken, während unter ihm die Wellen desOzeans toben und donnern."

Hiranya - Gold.

Hiranyagarbha - Der goldene Keim; das goldene Ei. Im Rigveda wirdHiranyagarbha als der Anfang, der erste Schöpfungskeim beschrieben,der Himmel und Erde in sich enthält.

Hiranyakashipu - "Der, welcher goldene Kleidung trägt"; Name einesDämonenkönigs, des Vaters von Prahlada.

Initiation - Einweihung. Die ersten Grundsätze einer jeden Wissen-schaft. Ein Initiierter oder Eingeweihter ist jemand, der in die Geheim-nisse der Wissenschaft vom Selbst eindringt und vom Einzelselbst inalle Selbste. Der Pfad der Einweihung ist das letzte Stadium des Pfades

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der menschlichen Evolution und wird in fünf Stufen eingeteilt; diese fünfStufen nennt man die fünf Einweihungen.

Jnana - Wissen, Weisheit, Verständnis, Erkenntnis; spirituelle Einsicht;universelle Weisheit; gemeint ist die Erkenntnis, die den Zugang zumWissen über alles erschliesst und deshalb die Kenntnis von allem Üb-rigen letztlich überflüssig macht. Jnana ist kein intellektuelles Wissen,sondern entspringt einer Erfahrung, die jeden Augenblick des Lebensdurchdringt und belebt. Blosse Anhäufung von Fakten ist nicht jnana.Es ist das Wissen, das den Knoten im Herzen löst und die Bindungdurch äussere Objekte verschwinden lässt. Jnana beinhaltet die Ent-deckung Gottes im Inneren und im Äusseren. Wenn einmal erlangt, er-möglicht jnana den klaren Zugang zur Realität, der Schleier der Illusionfällt, und die Herrlichkeit Gottes wird offenbar. Jnana zeigt sich dannals absolute Wahrheit, die jenseits von Zeit und Raum liegt und unteil-bar ist.

Ishvara - Herr, Meister, der Mächtige und Allgewaltige; Gott in seinerherrschaftlichen Gestalt. Ishvara ist im Sanskrit eine der allgemeinstenBezeichnungen für Gott, die unabhängig von einer bestimmten Glau-bensrichtung ist; insbesondere in philosophischen Texten wie z. B. demYogasutra wird dieser Begriff verwendet. Der Ishvara-Aspekt Gottes istsehr verbreitet; auch im Christentum wird er als Herrscher, als Herr ge-priesen.

Kailasa - Name eines heiligen Berges im Himalaya. Man sagt von ihm,er sei die Wohnstatt Shivas, der höchste Gipfel im Wesen des Men-schen, wo Gott, der Herr, wohnt. Für viele Menschen ist er der heiligsteBerg überhaupt und das Ziel vieler Pilgerfahrten. Zahllose Hymnen undLegenden sind ihm gewidmet.

Kaliyuga - Das Eiserne Zeitalter, das vierte nach der indischen Zeit-rechnung; es ist das Zeitalter, in dem wir heute leben. In diesem letztender vier Weltzeitalter erreicht das soziale und geistige Leben den Tief-punkt, d. h. nicht nur die spirituellen Aktivitäten werden vernachlässigt,sondern das soziale Leben gerät im Ganzen aus den Fugen. Selbst derFamilienzusammenhalt geht verloren, so dass schliesslich jeder gegenjeden kämpft. "Yuga" ist ein Zeitalter oder eine Zeitenrunde. Nach derindischen Philosophie wird unsere Evolution in vier Yugas eingeteilt.Das jetzige Zeitalter heisst Kaliyuga. Es bedeutet “Eisernes Zeitalter”

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oder “Dunkles Zeitalter" und umfasst einen Zeitraum von 432’000 Jah-ren.

Karma - Tat, Handlung, Aktivität; Karma kann verstanden werden als:

1. eine geistige oder körperliche Handlung; 2. Konsequenz einer geistigen oder körperlichen Handlung; 3. die Summe allen Tuns eines Individuums in diesem oder voran-

gegangenen Leben; 4. die Kette von Ursache und Wirkung in der moralischen Welt; 5. rituelles Handeln.

Das Gesetz des Karma gehört zu den Fundamenten verschiedenerTraditionsströme, die auf indischem Boden entstanden sind, und findetsich in ähnlicher Form in vielen anderen Religionen, denen es um dieethische Verantwortlichkeit des Menschen für sein Tun geht. In derKombination mit dem Reinkarnationskonzept versucht es zu erklären,warum Menschen in unterschiedliche Lebenssituationen kommen.Krankheit und Leid sind in diesem Zusammenhang Aufgaben der Rei-fung, die sich eine Seele gestellt hat, um den Weg zu Gott zurückzu-finden. Oft wird das Karma-Konzept als eine Schicksalsgläubigkeitmissverstanden. Tatsächlich meint es aber, dass der Mensch die voll-ständige Verantwortung für sein Tun hat und deshalb auch die Freiheitbesitzt, jetzt einen neuen Weg einzuschlagen. Die spirituelle Entwick-lung beinhaltet die Loslösung vom Konzept des Karma, der Befreitehandelt zwar auch, tut dies aber nicht mehr aus individuellen Motivenheraus; er wird deshalb durch seine Handlungen nicht mehr gebunden.Man unterscheidet drei Arten von Karma: agamikarma, prarabdhakar-ma und sancitakarma.Agamikarma - Das herankommende Karma; zukünftiges Karma. Esentsteht durch Handlungen und Wünsche in der Gegenwart und wirktsich nach dem Gesetz der Kausalität in der Zukunft aus. Agamikarmasollte von dem aufgehäuften Karma, das sich gegenwärtig auswirktoder dessen Auswirkung noch bevorsteht (prarabdhakarma), unter-schieden werden. Agamikarma ist von besonderer Bedeutung, da mandurch die gegenwärtigen Taten und Wünsche die eigene Zukunft be-einflussen kann.Prarabdhakarma - Das aktivierte Karma; die Wirkung von Handlungenaus früheren Geburten, die sich im gegenwärtigen Leben auswirken.

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Sancitakarma - Angesammeltes, aufgehäuftes Karma; die angesam-melten Charaktertendenzen, die ein Mensch in vergangenen Leben ge-schaffen hat und die darauf warten, sich in einem zukünftigen Lebenauszuwirken. Im gegenwärtigen Leben ist das Sancitakarma nicht ak-tiv, sondern in einem Samenzustand; durch spirituelle Praxis, insbe-sondere durch Einheitserfahrung (samadhi), können diese Samen ge-röstet und damit ihrer Wirksamkeit beraubt werden.

Kaurava - Von Kuru abstammend; Nachkomme der Kurus; gemeintsind insbesondere die 100 Söhne des Dhritarashtra, die durch List diePandavas aus ihrem Reich vertrieben. Als die Pandavas zurückkehr-ten, besiegten sie in der Schlacht von Kurukshetra die Kauravas underhielten ihr rechtmässiges Königreich zurück. Diese 100 Söhne einesblinden Königs stehen symbolisch für die schlechten Eigenschaftendes Menschen.

Kevala - Allein, einsam, abgetrennt, isoliert; abstrakt, absolut, einzig,rein; nicht zusammengesetzt, unvermischt; ganz, vollständig. Kevalabezeichnet insbesondere den Zustand, in dem der Geist vollständig zurRuhe gekommen ist und still in sich ruht.

Kumaras - Die sieben höchsten eigen-bewussten Wesenheiten imSonnensystem. Sie treten vermittels eines Planeten (einer planetari-schen Evolution) in der gleichen Art in Erscheinung, wie sich einMensch durch das Mittel des physischen Körpers manifestiert. Sie sinddie Regenten der Sieben Strahlen. Sie heissen bei den Hindus “die ausdem Denkprinzip geborenen Söhne Brahmas" und haben noch andereNamen. Sie sind die Gesamtheit von Intelligenz und Weisheit. Im pla-netarischen Evolutionsplan ist auch die Ordnung des Systems ersicht-lich. An der Spitze unserer Weltevolution steht der erste Kumara, SanatKumara, dem die anderen sechs Kumaras zur Seite stehen, drei exo-terische und drei esoterische. Sie sind die Brennpunkte für die Vertei-lung von Kraft.

Kumbhakarna - Name des Bruders des Dämonenkönigs Ravana;durch einen Fluch von Brahma schlief er jeweils sechs Monate und warnur einen Tag wach. Während des Kampfs, welcher der Befreiung Sitasgalt, wurde er mit grosser Mühe geweckt und kämpfte erst gegen Su-griva, dann gegen Rama, von dem er getötet wurde.

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Kundalini - Die Lebenskraft oder die latente göttliche Kraft im Men-schen. Die dritte Stufe in der Entwicklung ist das Erwachen der feurigenSchlange, Kundalini genannt, jenes Leben, das durch die Zentren oderCakras fliesst, sie einigt und in ein harmonisches Ganzes koordiniert.Wenn dies erreicht ist, ist der astrale Mensch (Gefühle, Emotionen etc.)befreit. Diese Kraft ist nur jenen bekannt, die im Yoga Konzentrationüben. Die Kundalinikraft ruht, wie eine aufgerollte Schlange, am unte-ren Ende der Wirbelsäule. Wird sie wachgerufen, findet sie bei ihremAufstieg durch die verschiedenen Zentren (Cakras) ihren Ausdruck inForm von spirituellen Erkenntnissen.

Krishna - Schwarz oder dunkelblau; Name einer vollkommenen Inkar-nation Gottes (Purna-Avatar). Er steht in der Reihe der Vishnu-Avatarean achter Stelle und soll in der Übergangszeit zum Eisernen Zeitalter(ca. 3100 v. Chr.) auf der Erde geweilt haben. Im Mahabharata ist Krish-na eine hervorragende Gestalt, berühmt sind seine Unterweisungen inder Bhagavadgita, dem "Gesang des Erhabenen." Arjuna spricht Kris-hna darin als höchsten, universalen Herrn an, der ewig, schon vor denGöttern existierend, ungeboren und allgegenwärtig ist. Berichtet wirdvon ihm auch in den Puranas, insbesondere im Bhagavatapurana, indem deutlich gemacht wird, dass Krishna der Ursprung aller Avatareist. Dort wird Krishnas Lebensgeschichte, beginnend in seiner frühenJugend, die er in Brindavana unter den Hirten verbracht hat, bis zu sei-nem Königtum in Dvaraka in allen Einzelheiten erzählt. Im spirituellenSinn bedeutet Krishna “der Allanziehende": Er ist derjenige, der für alleMenschen anziehend ist, der alle bezaubert, bei dem jeder sein möchteund in Bezug auf den jeder traurig ist, wenn er nicht bei ihm sein kann.Krishna kann den Gläubigen im tiefsten Inneren berühren. Währendseines Weilens auf der Erde hat er für die Gotthingegebenen alle exi-stentiellen Möglichkeiten einer Verbindung mit Gott manifestiert, sodass jeder eine Beziehung zu ihm aufbauen kann. Seine Spiele (lila)beschreiben einerseits die tiefsten Geheimnisse des Verhältnisses desMenschen zu Gott. Andererseits sind sie unfassbarer und unverständ-licher Ausdruck von Krishnas transzendentaler Realität. In der Bhaga-vadgita verkündet er: "Wann immer die Rechtschaffenheit zugrundegeht und die Verstösse gegen das Göttliche Gesetz überhand nehmen,dann erscheine ich selbst." Nun ist er wieder als Sathya Sai Baba, demzehnten Vishnu-Avatar, unter uns, um uns vom Eisernen Zeitalter zumGoldenen Zeitalter zu führen.

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Lakshmana - Gute Zeichen habend, Name des Sohnes des KönigsDasharatha und seiner Gattin Sumitra. Er war ein Halbbruder und be-sonderer Freund von Rama, begleitete ihn ins Exil und auf allen seinenWanderungen.

Linga - Zeichen, Kennzeichen, Symbol, Emblem; Symbol für das Gött-liche; insbesondere das Shivalinga symbolisiert das Aufgehen einerForm im Formlosen: die ovale Form des Linga ist eine Modifikation desKreises, der ein Ausdruck der absoluten Wirklichkeit ist. Somit zeigt sichim Linga mit seinen zwei Brennpunkten die Gegenwart Gottes in seinerSchöpfung. Das Linga wird oft als eine Säule dargestellt, die in der Forman einen Phallus erinnert und Symbol der göttlichen, schöpferischenKraft ist. Es erscheint widersprüchlich, dass Shiva, der Gott der Zer-störung und Verwandlung, in dem Symbol der Zeugungskraft verehrtwird. Doch es wird verständlich, wenn man bedenkt, dass jeder Um-wandlung ein neuer Anfang innewohnt.

Mahabharata - Name des grossen Epos, das den Kampf der Nach-kommen des Bharata beschreibt. Neben dem Ramayana ist es daszweite monumentale Heldenepos der indischen Literatur und zugleichdas umfangreichste. Es besteht aus 106’000 Versen, die in 18 Büchereingeteilt sind. Als Verfasser gilt der Weise Vyasa. Hauptthema ist derKampf zwischen den beiden miteinander verwandten Bharata-Famili-en, den verderbten Kauravas und den tugendhaften Pandavas, um dasvon dem blinden Dhritarashtra aufgeteilte Königreich. Der bedeutend-ste philosophische Teil ist im 6. Buch die Bhagavadgita; sie enthält dieUnterweisungen Krishnas an Arjuna unmittelbar vor Beginn der 18-tä-gigen Schlacht, deren dramatische Geschehnisse im Mittelpunkt desMahabharata stehen. In das Mahabharata sind zahlreiche Nebenhand-lungen eingeschoben, die Beispiele für die Schicksalswege der Men-schen bieten und so auf praktische Weise spirituelles Wissen lehren.

Mahachohan - Das Oberhaupt der dritten grossen Abteilung der Hier-archie. Dieses grosse Wesen ist der Herr der Zivilisation und die Blütedes Intelligenz-Prinzips. Er ist auf diesem Planeten die Verkörperungdes dritten oder Intelligenz-Aspektes Gottes.

Mahashivaratri - Das grosse Shivaratri-Fest; die Nacht des dunkelstenNeumonds des Jahres (meist im Februar oder März), die Shiva geweihtist. Diese Nacht sollte der spirituellen Aktivität gewidmet sein, d. h. derMeditation, dem Gebet und dem Singen von Bhajans.

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Maheshvara - (maha = gross und Ishvara = Herr) Der grosse Herr; einName für Shiva.

Makrokosmos - Wörtlich: das grosse Universum; Gott, der sich durchseinen Körper, das Sonnensystem, manifestiert.

Manas - Geist (im relativen Sinn); der Bereich der Wünsche, Gedankenund Gefühle; das Denken, die Fähigkeit des Denkens; die Psyche.Durch Manas werden die Eindrücke der äusseren Welt empfangen, dieder Unterscheidungskraft (buddhi) unterbreitet werden. Es verarbeitetund koordiniert alle Sinneseindrücke und setzt Willensimpulse, die voninnen kommen, in Handlung um. Im Sankhya wird Manas oft als innererSinn bezeichnet.

Manava - Menschlich; zum Menschen gehörig; von Manu kommend;Mensch; Name einer Veda-Tradition.

Mantra - “Das Denkwerkzeug”. Gesang, heiliges Wort oder Gebets-formel. Mit Mantra ist ausserdem ein Klang, eine Formel gemeint, diebei richtiger Anwendung bewusstseinsmässige Fortentwicklung be-wirkt. Die regelmässige Wiederholung des Mantra läutert das Denken.Es ist eine Vereinigung rhythmisch angeordneter Worte oder Silben,die auf höheren Ebenen bestimmte Schwingungen hervorbringen.

Manu - Mensch; der Inbegriff des Menschen; der Stammvater derMenschheit und ihr Gesetzgeber. Der darstellende Name für jenesgrosse Wesen, das der Herrscher, der Urzeuger und das Oberhauptder menschlichen Rasse ist. Stammt von der Sanskrit-Wurzel "man"(denken).

Manvantara - Eine Periode der Aktivität im Gegensatz zu einer Periodedes Ruhens. Der Ausdruck wird oft gebraucht, um eine Periode pla-netarischer Tätigkeit und deren sieben Rassen auszudrücken.

Markandeya - Name eines Weisen, welcher der Verfasser des Mar-kandeyapurana ist; er war berühmt wegen seiner asketischen Lebens-weise und wegen des hohen Alters, das er erreichte.

Maya - Täuschung, Illusion, Schein; Schöpferkraft; das schöpferischePrinzip, das den allerersten Wunsch hegte, sich zu vervielfältigen; derUrwunsch, der sich ins Universum ausdehnte. Maya ist die faszinie-

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rende, irreführende Täuschung, welche die tatsächlich unwirkliche, be-dingte Natur mit ihrer verführerischen Mannigfaltigkeit als letztendlicheWirklichkeit erscheinen lässt; es ist die Urillusion, die zugrunde liegen-de Unwissenheit, die verlockende Illusion, die Täuschung, das Unwirk-liche als das Wirkliche anzusehen, das Vergängliche für ewig zu halten.Maya ist ein Bewusstseinsphänomen, das Ergebnis einer mangelhaf-ten Wahrnehmung; denn die Welt ist in ihrem Innern göttlich, eine Ein-heit; das begrenzte Bewusstsein hingegen bindet sich an den Aspektder Vielfalt. So kann man sagen, dass Maya eine Mischung aus Wirk-lichkeit und Täuschung ist. Die Wirklichkeit ist die göttliche Präsenz, dieTäuschung ist die Vielfalt. Die kosmische Illusion ist eine Realität, dieletztlich zu Gott gehört und Ausdruck seiner allmächtigen Kraft ist; siekann daher nicht durch eigene Anstrengung überwunden werden, Got-tes Gnade ist dafür notwendig. Maya besitzt zwei Aspekte avidya(Nichterkenntnis) und vidya (Erkenntnis). Avidya führt den Menschenvon Gott fort zu grösserer Weltlichkeit und Bindung, was Leidenschaf-ten und Gier verstärkt. Vidya führt den Menschen zur VerwirklichungGottes und findet ihren Ausdruck in spirituellen Tugenden. BeideAspekte bewegen sich in Zeit, Raum und Kausalität und sind somit re-lativ. Der Mensch geht über avidya und vidya hinaus, wenn er Gott inseiner Universalität erkennt.

Mikrokosmos - Das kleine Universum; der Mensch, der durch seinenphysischen Körper in Erscheinung tritt.

Moha - Bewusstlosigkeit; Verwirrung, Verblendung, Täuschung; Feh-ler, Irrtum; Erstaunen, Verwunderung. Moha wird durch eine falscheBewertung der Dinge verursacht und ist eine der nichtgöttlichen, dä-monischen Eigenschaften.

Mohakarma - Handlung, die im Zustand der Täuschung, Verwirrungausgeführt wird; Handlung, welche die Täuschung stärkt.

Mohakshaya - Die Zerstörung der Täuschung; das Verschwinden derVerblendung; gemeint ist oft dasselbe wie moksha.

Monade - Der oder das "Eine". Der dreifache Geist auf seiner Ebene.Im Okkultismus bedeutet das Wort oft die vereinte Triade: Atma, Bud-dhi, Manas, also den geistigen Willen, die Intuition und das höhereDenkvermögen. Die Monade ist der unsterbliche Teil des Menschen,die sich in den niederen Naturreichen immer wieder verkörpert, von Stu-

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fe zu Stufe bis zum Menschenreich emporsteigt und von da aus demEndziel zustrebt. Der göttliche Funke.

Nakula - Name eines der fünf Bandavas; er war der Sohn von Madriund ein Halbbruder Arjunas.

Namaskara - Eine Grussform: Wenn sich zwei Personen begegnen,legen sie die Innenflächen ihrer Hände zusammen und halten sie vordie Brust, nahe der Herzgegend, und begrüssen sich mit namaskara= "Verneigung vollziehe ich" oder “Verneigung sei dir." In einem tieferenSinn meint der Gruss die Berührung der Lotosfüsse des spirituellenMeisters; symbolisch wird dem Herrn das Ego zu Füssen gelegt. DasZusammenlegen der Hände kann als eine Darstellung der fünf Wahr-nehmungsorgane (Gehör, Tastsinn, Sehen, Geschmack und Geruch)und der fünf Tätigkeitsorgane (Stimme, Hände, Füsse, Sexualorganeund Anus) gedeutet werden, die zusammengeführt und in einem Aktder Hingabe Gott dargebracht werden.

Narada - Name eines der sieben grossen Rishis und einer der Pra-japatis. In den Puranas werden viele Geschichten und Legenden überihn berichtet. Er soll der Herr der Gandharvas, der himmlischen Musi-kanten, gewesen sein und ein Saiteninstrument (vina) erfunden haben.Berühmt sind die Bhaktisutras, die Narada zugeschrieben werden; siebehandeln den Weg der sich immer mehr vergrössernden Liebe zuGott.

Narayana - Eine Bezeichnung Gottes in seinem Aspekt als Urwesen,als erstgeborenes Wesen der Schöpfung, von dem alles ausgeht. Alshöchster Gott herrscht er über die Menschen und das Universum. Nara-yana wird oft als eine Manifestation von Krishna bzw. Vishnu betrachtet.

Nayana - Fahrend; hinbringend; erreichend; das Auge.

Nirmanakayas - Jene vollendeten Wesen, die dem Nirvana (demhöchsten Zustand geistiger Glückseligkeit) entsagen und ein Leben derSelbstaufopferung erwählen. Sie reihen sich ein in die unsichtbareSchar jener, welche die Menschen im Rahmen des karmisch Möglichenbeschützen. Es sind grosse Lehrer aus Nirvanischen Sphären, welchedie geistige Evolution der Menschheit lenken.

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Nirvana - "Verlöschen"; Beruhigung aller geistigen Unruhe; dieser Be-griff beschreibt den Zustand der Befreiung insbesondere im Buddhis-mus; es ist der völlig ausgewogene Geisteszustand, der von der Dua-lität von Gut und Böse nicht berührt wird. Durch Nirvana wird derMensch von Leiden, Tod, Wiedergeburt und allen anderen Formenweltlicher Bindungen befreit. Dieses transzendentale Bewusstsein wirdin der Bhagavadgita brahmanirvana genannt, in den Upanishaden tu-riya, im Vedanta nirbijasamadhi und im Yoga nirvikalpasamadhi, wobeizu bedenken ist, dass diese unterschiedlichen Begriffe auch qualitativandere Aspekte der Befreiung beschreiben.

Nivritti - Rückkehr, Aufhören, Sichenthalten; Sichzurückziehen, Ablö-sung. Nivritti bezeichnet den Weg der Umkehr, den Weg heraus ausimmer neuen Karma-Verstrickungen, die Hinwendung nach innen;nivritti zu praktizieren heisst, sich ernsthaft auf den spirituellen Pfad zubegeben.

Nivrittimarga - der Weg der Rückkehr; der Weg nach innen, zur spi-rituellen Selbstbesinnung; der Weg, auf dem man sich in keine neuenBindungen und Verstrickungen mehr einlässt.

Om namo Narayanaya - "OM, Verneigung dem Narayana"; dieserSatz dient auch als eine traditionelle Grussform unter Sadhus und Hei-ligen oder wird als Mantra benutzt.

Om namah Shivaya - Grussform für Shiva.

Paramatman - Das höchste Selbst, das Göttliche Selbst, der aller-höchste Atman; die ewige Seele, die nicht durch Raum und Zeit be-grenzt ist; der Herr, der als Paramatman im Herzen eines jeden weilt,der göttliche Funke. Weil er in den Menschen eingegangen ist, kanner ihn in seinem Inneren finden. Das höchste Selbst ist ewig, rein, in-telligent, befreit, erleuchtet, zufrieden, bewusst und trägt die göttlicheVollkommenheit in sich.

Paramajyotis - Das höchste Licht; gemeint ist ein immaterielles Licht,zu welchem die Dunkelheit keinen Gegensatz mehr bildet; denn es istjenseits der Dunkelheit und heller als tausend Sonnen. Es ist die Aus-strahlung des höchsten Herrn, die oft mit Brahman gleichgesetzt wird.

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Parvati - Dem Gebirge zugehörig; ein Name für die Gemahlin Shivas;die göttliche Mutter (Shakti). Sie ist die Tochter des Himavat.

Prana - Das Lebensprinzip, der Lebensatem. Der Okkultist hält folgen-de Aussage für wahr: “Wir sehen das Leben als die eine Seins-Forman, die sich in der so genannten Materie manifestiert, oder als das, waswir unrichtigerweise dreiteilen und Geist, Seele und Materie beim Men-schen nennen. Die Materie ist die Hülle oder der Körper für die Mani-festation Gottes auf dieser Daseins-Ebene; die Seele ist die Körper-hülle für die Manifestation des Geistes; und diese drei werden vomLeben, das sie durchdringt, zur Dreiheit verbunden.”

Prema - Liebe; Liebe ohne Makel der Bindung; Liebe, die unwandelbar,aufrichtig und rein ist, unbefleckte, unerschütterliche, allumfassendeLiebe für alle Wesen, selbstlose, bedingungslose Liebe.

Purana - Uralt, urtümlich; Purana ist der Name einer Literaturgattung,deren Texte zu den klassischen heiligen Schriften zählen. Im Gegen-satz zu den Epen, welche die Handlungen menschlicher Helden be-schreiben, behandeln die achtzehn Haupt-Puranas (Mahapurana) unddie ihnen untergeordneten 18 Neben-Puranas (Upapurana) die Berich-te über das göttliche Wirken auf der Erde. In ihnen stehen das Wirkendes persönlichen Gottes und die Liebe zu ihm (bhakti) im Mittelpunkt;die einzelnen Texte werden jeweils der Vaishnava-, Shaiva- und Brah-ma-Tradition zugeordnet. Die sechs Vaishnavapuranas sind: Vishnu-, Bhagavata-, Padma-, Narada-, Garuda- und Varahapurana. Diesechs Shaivapuranas sind: Matsya-, Linga-, Skanda-, Kurma-, Shiva-und Agnipurana. An die Stelle des Agnipurana tritt mitunter auch dasVayupurana. Die sechs Brahmapuranas sind: Brahma-, Brahmavai-varta-, Vamana-, Brahmanda-, Markandeya- und Bhavishyapurana.Die berühmtesten aller Puranas sind das Vishnu- und Bhagavatapura-na, Letzteres erzählt die Lebensgeschichte Krishnas und hat starkenEinfluss auf den Glauben der Menschen ausgeübt. Jedes Purana sollfünf Charakteristika haben, und zwar soll es folgende Themen behan-deln: 1. Schöpfung; 2. Zerstörung und Erneuerung der Welt; 3. Ge-schlechterfolge der Götter und Helden, 4. die Herrschaft der verschie-denen Manus in den verschiedenen Stadien menschlicherEntwicklung; 5. Leben und Werke der Nachkommen der Manus, ins-besondere der Könige der Sonnen- und Monddynastien. Einzelne Tex-te enthalten aber auch philosophische und wissenschaftliche Betrach-tungen sowie eingeschobene Erzählungen. Sie sind damit der

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epischen Literatur nicht unähnlich. Ebenso wie ein Avatar eine sicht-bare göttliche Inkarnation ist, sind die Puranas die Exemplifizierung derspirituellen Wahrheiten in Gestalt von existentiell berührenden Schick-salen und Lebenssituationen.

Purusha - Mensch; der ursprüngliche, ewige Mensch; die Essenz desMenschen; das höchste Wesen, göttliche Persönlichkeit; purusha isteines der beiden ewigen Prinzipien der Sankhya-Philosophie, in der erdas Selbst, das absolute und reine Bewusstsein, bezeichnet; er ist derZuschauer, der den Wandlungen in der Natur (prakriti) unbeteiligt zu-schaut, obgleich er der eigentlich Handelnde, das eigentliche Subjektdes Weltprozesses ist. In manchen Texten wird purusha synonym mitAtman und somit auch mit Brahman benutzt. Er ist die Urperson, vonder die Vielfalt der Namen und Formen ausgegangen ist, der Schöpferdes Universums, der auch in diesem wohnt; in den Upanishaden wirddas Wort deshalb als "puri shaya" - "in der Stadt ruhend" erklärt. Derpurusha ist klar, fleckenlos, unzerstörbar, strahlend und sich nicht ver-ändernd. Auch wenn in vielen Texten solch universale Attribute demPurusha gegeben werden, finden sich Unterschiede in der Auffassung,ob es nur einen oder viele Purushas gibt. Bedeutsam ist auch das Kon-zept des Viratpurusha, des riesigen ausgedehnten Purusha, der dasganze Universum erfüllt und so schon im Rigveda gepriesen wird.

Purushartha - (Purusha-artha) Ziel des Menschen; gemeint sind oft dievier verschiedenen Ziele, auf die das menschliche Leben gerichtet seinkann: Wunscherfüllung (kama), Wohlstand (artha), Rechtschaffenheit(dharma), Befreiung (moksha).

Ramayana - Die Geschichte, der Lebenslauf des Rama; Name einesEpos der Sanskrit-Literatur; als Autor gilt der Heilige Valmiki. Das Werkbesteht aus mehreren Abschnitten und ist in Versform verfasst worden;der Umfang beträgt ca. 24’000 Doppelverse. Das Ramayana schildertdas Leben Ramas und Sitas, die Entführung Sitas durch Ravana, denKrieg mit den Dämonen, ihre gemeinsame Rückkehr nach Ayodhya,ihren Tod und Aufstieg in den Himmel. Die Abenteuer, die das Rama-yana dramatisch schildert, sowie die Beschreibung der Charaktere, diedarin auftreten, haben das Werk - neben dem Mahabharata - zu einemder bedeutendsten Epen der Weltliteratur gemacht.

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Ravana - Name eines Dämonenkönigs; er herrschte über die Insel Lan-ka; von der er seinen Bruder Kubala vertrieben hatte. Im grossen EposRamayana war er der grosse Gegenspieler Ramas.

Radha, Radhika - Namen der ewigen Gefährtinnen Krishnas; die be-kanntesten der Gopis von Brindavana. Das zarte Liebesspiel zwischenRadha und Krishna findet sich als Motiv in vielen Werken und gibt einevollendete Beschreibung aller Aspekte der Hingabe (bhakti). Es ist dasewige Spiel der Liebe zwischen der individuellen Seele und Gott, dasin der Mystik fast aller Religionen zu finden ist. Es ist der Weg der lie-bevollen Hingabe und Erhebung der Gefühle der weltlichen Liebe undHingabe zur Liebe und Hingabe an Gott.

Rishi - Seher, inspirierter Dichter; gemeint sind insbesondere die Se-her, denen die Hymnen der Veden offenbart wurden. Ein Rishi kannnur jemand werden, der ein Leben ohne Verlangen führt und dessenGeist im Selbst (atman) gegründet ist. Sein Bewusstsein des atmankommt in jedem Aspekt seiner Persönlichkeit voll und strahlend zumAusdruck; denn sein Denken (manas) und seine Unterscheidungskraft(buddhi) sind durch meditative Praxis gereinigt worden. Auf diese Wei-se ist es ihm möglich, die Urimpulse der Schöpfung klar wahrzunehmenund diese richtig wiederzugeben. Berühmt sind die sieben grossenRishis, die oft als geistgeborene Söhne Brahmas bezeichnet werden.In den Texten werden allerdings verschiedene Namen aufgezählt; dasShatapathabrahmana als eine alte Quelle gibt die Folgenden: Gotama,Bharadvaja, Vishvamitra, Jamadagni, Vasishtha, Kashyapa, Atri. Diesieben Rishis werden am Himmel durch die sieben Sterne des "Gros-sen Bären" repräsentiert.

Rita - Göttliche Ordnung, kosmisches Gesetz, höchste Wahrheit; derGegenbegriff dazu ist anrita; rita steht in enger Beziehung zu satya, derWahrheit. Die intuitive Erkenntnis wird von rita, der göttlichen Urord-nung, inspiriert und ins Herz eingepflanzt.

Sahadeva - Name des Jüngsten der fünf Pandava-Brüder.

Sahasranaman - Die tausend Namen Gottes; im Mahabharata werden insbesondere die tausend Namen Vishnus aufgezählt.

Samadhi - Sammlung, Einheitserfahrung, reines Bewusstsein; sa-madhi bezeichnet einen Bewusstseinszustand, der über Wachen,

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Träumen und Tiefschlaf hinausgeht, und beinhaltet ein völliges Aufge-hen im Objekt, die Überwindung der Trennung in Bezug auf den Ge-genstand der Wahrnehmung, über den oder mit dem meditiert wurde,sei es nun ein Klang, ein göttlicher Name oder ein Bild. Es gibt ver-schiedene Stufen von samadhi, von denen die höchste nirvikalpasa-madhi ist. Durch samadhi erwacht die Weisheit, die alles als Erschei-nungsform des Göttlichen ansieht. All die verschiedenen Energien, dieim Inneren des Menschen wohnen, werden bewusst und können imDienst des Höchsten verwendet werden. Die Erfahrung von samadhikann als ein Zustand des Geistes beschrieben werden, der frei ist vonallen Impulsen und Aktivitäten, in dem vollkommene Ruhe eingetretenist, in dem der Meditierende einfach nur still bei sich selbst ist und dochgleichzeitig bewusst. Samadhi tritt ein, wenn man alle Dualität hintersich lässt, wenn der Meditationsinhalt verschwindet und man sogar sichselbst in seiner körperbezogenen Form vergisst, gleichzeitig aber be-wusst bleibt. Der samadhi-Zustand ist gekennzeichnet durch Glückse-ligkeit, Ausgewogenheit, Stille und Wachheit und bewirkt Gleichmut an-gesichts von Hitze und Kälte, Freude und Leid, Schmerz und Lust,Ablehnung und Begeisterung. Die körperlichen Funktionen beruhigensich bei längerem samadhi, d. h. der Atem, das Herz usw. erlangen ei-nen anderen Funktionsstatus. Samadhi ist die Einheitserfahrungschlechthin und kann von jedem Menschen erlangt werden. Ohne sa-madhi ist eine spirituelle Verwirklichung nicht möglich. Wenn ein spiri-tuell hochentwickelter Meister freiwillig und bei vollem Bewusstsein sei-nen Körper endgültig verlässt, spricht man von mahasamadhi. DerBegriff samadhi kann dann auch das Denkmal oder Grab einer solchenhervorragenden Persönlichkeit bezeichnen.

Samskara - Verfeinerung, Kultivierung, Erziehung; Eindruck, Nachwir-kung; Fähigkeit, Neigung; im Yoga sind die Tendenzen des Geistes ge-meint, die durch Handlungen und Gedanken in früheren Zeiten oderGeburten entstanden sind. Die Gesamtsumme der Samskaras bildetden Charakter des Menschen. Samskara heissen auch die religiösenZeremonien, die regelmässig oder bei besonderen Gelegenheiten (z.B.Geburt oder Hochzeit) auszuführen sind; denn diese sollen dem LebenVerfeinerung und Kultivierung schenken.

Sat - Seiend, existierend, wirklich; gut, tugendhaft, weise; Wahrheit,Wirklichkeit, Existenz, Sein; das absolute, unwandelbare Sein; die zu-grunde liegende Seinsrealität des Universums; die Existenz an sich,die im Tiefsten der individuellen Persönlichkeit wohnt.

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Sat-cit-ananda - Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit; diese drei Begriffebeschreiben die drei Eigenschaften der höchsten transzendenten Wirk-lichkeit, wie sie sich in der Erfahrung von samadhi zeigen. Es ist einreines Sein, gleichzeitig ein Bewusstsein ohne Subjekt-Objekt.

Satya - Wahr, echt, tugendhaft, ehrlich, aufrichtig; Wahrheit, Echtheit,Treue, Aufrichtigkeit; satya ist eine der fünf Tugenden des ersten Glie-des (yama) des Rajayoga, die im Yogasutra des Patanjali beschriebenwerden und das für alle Entwicklungsstufen geltende Lebensgesetz bil-den. Die übrigen vier sind: Nichtverletzen, Nicht-Stehlen, reine Lebens-führung und Nichtergreifen. Wenn sich im innersten Herzen, im Selbst,ein klarer Impuls bildet und dann als sprachlicher Ausdruck erscheint,so kann man einen solchen Impuls als eine Manifestation der Wahrheitbezeichnen. Diese innere Wahrheit erscheint, wenn der Mensch wahr-haft auch sich selbst gegenüber ist. Jede innere Wahrheit sollte jedochanhand der heiligen Schriften geprüft werden. Ein Leben ohne Wahr-heit wird zum Unterschlupf von Kummer und Streit. Es gibt nichts Grös-seres als Wahrheit, nichts Dauerhafteres. Wahrheit ist der alles be-schützende Gott.

Sattva - Sein, Existenz; Natur, Essenz, Konstitution; Leben, Vitalität,Bewusstsein; Substanz; Güte, Tugend, Wahrheit; Stärke, Energie. ImKontext der Lehre von den drei Gunas ist sattva die Qualität der Aus-gewogenheit, der Reinheit und Klarheit, welche die Fähigkeit besitzt,das Sein (sat) sichtbar werden zu lassen. Personen mit dieser Eigen-schaft haben keine egoistischen Wünsche oder Bedürfnisse und sindfrei von Leidenschaften. Sie sind bereit, in die Erkenntnis des göttlichenSelbst (atman) hineinzutauchen. Sattva beseitigt die Ursachen vonKummer und Sorge, führt den Menschen auf den Pfad echter Freudeund wirklichen Glücks. Viele Praktiken und Observanzen auf dem spi-rituellen Weg dienen dazu, den Grad von sattva zu erhöhen, z. B. dieAuswahl der Nahrungsmittel (Meiden von Fleisch, Alkohol, Tabak, Kaf-fee, Tee etc.), das frühe Aufstehen usw.

Seva - Dienst, Hilfe, Dienstbereitschaft; Dienst am Nächsten; Vereh-rung, Anbetung, Gottesdienst; Hingabe, Anziehung; Praxis, Regelmäs-sigkeit, Übung; der Dienst, der für andere ausgeführt wird, sollte gleich-zeitig als Gottesdienst ausgeführt werden. Dabei wird keineGegenleistung vom anderen erwartet, sondern einzig und allein zurVerherrlichung des Höchsten gehandelt. Das Dienen ist dann ein Aus-druck der Verehrung Gottes in allen Wesen.

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Sevadal - Eine Gruppe, die sich den Dienst am Nächsten zum Ziel ge-setzt hat und diesen als Gottesdienst praktiziert.

Shakti - Kraft, Macht, Fähigkeit, göttliche Energie, Stärke; unter Shaktiwird oft die ewige Kraft des Werdens verstanden, die wesensmässiguntrennbar mit der höchsten göttlichen Persönlichkeit verbunden ist.In Gott verschwinden die relativen polaren Gegensätze; er umfasst bei-de Prinzipien und offenbart in Shakti das unendliche Spiel seiner En-ergien. Shakti ist im spezielleren Sinn oft ein Name der Gattin Shivas.

Shankara - Name für Shiva, Heil, Frieden (sham) bringend (kara).

Shastra - Gebot, Befehl, Regel, heilige Schrift, Lehrbuch, Kompendi-um; die Shastras gehen oft auf alte Seher, Weise und Heilige zurückund besitzen daher eine grosse Autorität. Der spirituell Strebende sollteseine persönlichen Erfahrungen und Schlussfolgerungen immer an-hand von Shastras, egal, welcher Tradition sie entstammen, prüfen, umauf seinem Weg nicht in die Irre zu gehen.

Satrughna - Derjenige, welcher die Feinde erschlägt; Name des Halb-bruders von Rama.

Shanti - Frieden, innere Stille, Gelassenheit, Gleichmut, Leiden-schaftslosigkeit; das Ruhen der Sinne, der Leidenschaften, Gefühle,Empfindungen und Impulse. Gemeint ist meist ein Friede, den mandurch die spirituelle Erkenntnis erlangt, dass man nicht der sterblicheKörper, sondern unvergängliches Bewusstsein ist. Nur dieser Friedekann durch äussere Einflüsse nicht mehr gestört werden.

Shiva - Gütig, freundlich, gnädig, segensreich; der Gütige, der Freund-liche; der Gnadenvolle, Gnädige; Shiva wird in den Shaiva-Traditionenals der höchste Herr verehrt; er gehört zu der Trinität Brahma, Vishnu,Shiva, in der er der Gott der Auflösung, Umwandlung und Zerstörungist; seine Wirksamkeit als Zerstörer der Unwissenheit zeigt aber seinesegensvolle Natur. Nichtsdestoweniger enthält er viele Wesenszüge,die einer oberflächlichen Betrachtung abschreckend erscheinen mö-gen; so ist sein bevorzugter Aufenthaltsort der Leichenverbrennungs-platz, und seine Gestalt ist weiss, da sein Körper von Asche bedecktist usw. Sein Symbol ist das Linga, das oft zusammen in Vereinigungmit der Yoni, dem Symbol seiner Gemahlin Shakti, dargestellt wird. Shi-va besitzt viele Namen u. a.: Shambhu, Shankara, Ishana, Vishvanat-

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ha, Kedarnatha und Nataraja, der Herr des Tanzes, als der er oft in derbildenden Kunst dargestellt wird. Er reitet auf Nandi, einem Stier, undwird oft als Guru aller Gurus verehrt, als Zerstörer aller Weltlichkeit, derWeisheit gewährt und die Verkörperung von Entsagung und Mitleid ist.In dieser Funktion ist er auch der Herr des Yoga (Yogeshvara), derdurch nichts in seiner unerschütterlichen Ruhe gestört werden kann.

Shivalinga - Das Zeichen, Symbol Shivas, das seine Schöpferkraftsymbolisiert.

So'ham - "Er (ist) ich"; in diesem Mantra steht nicht das "Ich", sondern"Er" an erster Stelle; damit wird ein Bewusstseinszustand beschrieben,in dem sich die begrenzte Persönlichkeit dem ewigen Selbst, das iminnersten Herzen wohnt, überantwortet hat. Die spirituelle Seele ist ansich ewig mit Gott verbunden; dieser Mantra, der eine der heiligen For-meln des nichtdualistischen Vedanta ist, beschreibt die Bewusstwer-dung dieser ewigen Verbindung. So'ham ist eine Repräsentation desProzesses von Ein- und Ausatmung und geht bei einer Vertiefung inOM über.

Sugriva - Einen schönen Hals habend; Name des Königs eines Affen-geschlechts; Rama verhalf Sugriva wieder zu seinem rechtmässigenThronrecht, und im Gegenzug half er Rama, Sita von Ravana zurück-zugewinnen; sein Feldherr war der berühmte Hanuman.

Sushumna - Name eines Kanals feinstofflicher Energie im menschli-chen Körper; die Sushumna spielt insbesondere im Kundalini-Yogaeine Rolle.

Tat - In den vedischen Texten wird tat häufig benutzt, um auf das un-aussprechliche Seinsprinzip, das unergründliche Geheimnis des un-endlichen Absoluten hinzuweisen. Es ist die wortlose Geste, die aufdas Unbeschreibliche, das Namenlose (Brahman) zeigt und das Be-wusstsein zu dieser Realität erhebt.

Tat tvam asi - "Das bist du"; d. h. das, was dieser unaussprechliche Ur-grund allen Seins (Brahman) ist, das ist deine wahre Natur, das ist iden-tisch mit deinem Göttlichen Selbst (Atman). Dies ist einer der bekann-testen und bedeutendsten Lehrsätze der Vedanta-Philosophie undentstammt der Chandogya-Upanishad. Es ist bemerkenswert, dass in

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den Upanishaden mal der unpersönliche Ausdruck (z. B. tat) und maldie persönliche Benennung (z. B. sah) steht. Dies weist darauf hin,dass die göttliche Wirklichkeit beide Aspekte umfasst: Das Unpersön-liche und die begrenzte Persönlichkeit. Das Persönliche weist daraufhin, dass man aus Gott kein Objekt machen kann, dass er ein persön-liches Gegenüber ist, dem man sich mit Liebe und Hingabe zuwendenkann.

Trivikarman - Derjenige, welcher drei Schritte tut; Name für Vishnu inseiner Vamana-Inkarnation.

Tukaram - Name eines religiösen Dichters und Heiligen (1608-1649),der im westlichen Indien lebte und seine inneren Erfahrungen in derMarathi-Sprache ausdrückte. Er entstammte einer wohlhabenden Fa-milie von Getreidehändlern; da er sich aber ganz seinen religiösenÜbungen und der devotionalen Dichtung widmete, legte er keinen Wertauf materiellen Besitz und vernachlässigte seine Geschäfte. Seine Lie-der erfreuen sich noch heute grosser Beliebtheit und werden vielfachgesungen.

Tulsidas - Name eines bedeutenden religiösen Dichters (1532-1623).Als Sohn eines Brahmanen kam Tulsidas in einem Dorf in der ProvinzUttar Pradesh (Nordindien) zur Welt. Wegen einer ungünstigen Kon-stellation der Planeten bei seiner Geburt wurde er von den Eltern ver-stossen und von einem Heiligen (sadhu) erzogen. Er heiratete und warvon einer leidenschaftlichen Liebe zu seiner Frau erfüllt. Als er ihr einesTages unaufgefordert in ihr Elternhaus folgte, wies sie ihn mit den Wor-ten zurück: "Wenn du nur halb so viel Liebe zu Rama hättest wie zudiesem vergänglichen Körper, hätte all dein Kummer ein Ende und duwürdest Erleuchtung erlangen." Durch diese herben, aber weisen Wor-te wurde Tulsidas die Vergänglichkeit der Welt schlagartig bewusst. Erentsagte ihr und weihte sein Leben Rama als seinem höchsten Herrn.Seine Hindifassung des Ramayana ist bis heute eines der verbreitet-sten Bücher in Nord- und Mittelindien. Der Ramcaritmanas ist keine ein-fache Hindi-Übersetzung von Valmikis grossem Sanskrit-Epos, son-dern eine selbständige Bearbeitung des Stoffes, welche die göttlicheNatur von Rama besonders herausarbeitet. Tulsidas lässt Shiva dieGeschichte von Rama seiner Gemahlin Parvati erzählen. Diese Ge-schichte ist zunächst wie ein See in Shivas Innerem verborgen. Erstdurch Parvatis Fragen nach dem wahren Wesen Ramas tritt dieser inShivas Innerem verborgene See zum Wohl der Menschheit zutage.

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Udasinata - Unberührtheit; die Gelassenheit; die Neutralität; das Un-beteiligtsein.

Udyoga - Unternehmung, Aktivität, Vorbereitung; Bemühen; Arbeit,Pflicht, Amt, Beruf; Durchhaltevermögen, Standhaftigkeit.

Upanishaden - Sich nahe bei jemandem Niedersetzen (upa = nahe bei,ni = nieder, sad = setzen); das Sitzen zu Füssen des Meisters, um dievertrauliche Lehre über die eigentliche Identität des Menschen zu emp-fangen; Bezeichnung einer Klasse heiliger Schriften. Sie bilden denSchluss des offenbarten Teils der Veden (shruti) und die hauptsächli-che Basis des Vedanta, d. h. der philosophischen Analysen undSchlussfolgerungen, die aus den Upanishaden abgeleitet werden. Inden Upanishaden selbst wird keine einheitliche Philosophie gelehrt,sondern es werden in lebendigen Dialogen zwischen Lehrer und Schü-ler existentielle Einsichten präsentiert, die alle Facetten der einen höch-sten Wirklichkeit darstellen. Was sie besonders auszeichnet und fürden Wahrheitssucher so wertvoll macht, ist ihre gewaltige Gedanken-freiheit und Unmittelbarkeit, die auf die Transzendenz direkt verweist.Aus der sich vertiefenden Einsicht in die kosmischen Zusammenhän-ge, die in den Brahmanas anhand des vedischen Opferrituals (yajna)ausgearbeitet wurden, erhebt sich der menschliche Geist zur Fragenach dem Höchsten. Die absolute Wirklichkeit wird in den Upanishadenteils persönlich, teils unpersönlich gefasst; denn sie vereinigt in sich die-se Gegensätze. Im Mittelpunkt stehen immer wieder die Erläuterungder Natur von Atman und Brahman, die Erkenntnis der Identität der bei-den, sowie die Bedeutung der heiligen Silbe OM. Von den 12 bedeu-tendsten Upanishaden gehören zum Rigveda die Aitareya und Kaush-itaki, zum Samaveda die Chandogya und Kena, zum Yajurveda dieTaittiriya, Katha, Shetashvatara, Brihadaranyaka und Isha, und zumAtharvaveda die Prashna, Mundaka und Mandukya.

Uttarayama - Das Halbjahr, in dem die Sonne nach Norden wandert.

Vaikuntha - Ein Name Vishnus, Indras; Himmel; Name der Himmels-ebene, die Vishnu zugeordnet ist. Dies ist ein Bereich, in dem es keinenSchatten, keinen Gram oder Schmerz gibt. Dies ist bereits eine Wirk-lichkeit, die jenseits von Geburt und Tod ist und von der es keine Wie-derkehr geben muss.

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Vairagya - Gelassenheit, Losgelöstheit, innere Freiheit, Leiden-schaftslosigkeit allem gegenüber; oft nicht ganz richtig mit "Entsagung"übersetzt, da für Entsagung im Allgemeinen ein Zwang, eine willentli-che Anstrengung notwendig ist. Vairagya bezeichnet jedoch im Ve-danta ein Herauswachsen aus den vergänglichen Dingen, weil die un-vergängliche Wirklichkeit gefunden und damit die Notwendigkeit eineräusseren Bindung zunichte gemacht worden ist. Es ist Loslösung, Auf-geben, Nicht-Bindung, Verzicht auf niedere Wünsche, Loslösung vonder äusseren Welt, Aufgeben von Leidenschaftlichkeit (raga) und be-deutet das Verlieren der Gebundenheit an die Sinneserfahrungen:Klang, Berührung, Form, Geschmack und Geruch. Es ist ein Abwerfender Wünsche während der Lebensreise, was aber nicht bedeutet, dasHaus, die vertraute Umgebung, die Familie aufzugeben, sondern dortzu bleiben und die notwendigen Pflichten zu erfüllen, indem alle Hand-lungen für Gott getan werden. Vairagya rettet vor zu viel Bindung undbringt Erleichterung in Zeiten der Ausgelassenheit und Verzweiflung,folglich wird es helfen, die Gefühle zu verfeinern. Wer Freude am Stu-dieren heiliger Schriften hat, braucht sich nicht zu zwingen, keine Kin-derbücher mehr zu lesen. Er ist ihnen entwachsen. In Adi Shankara-caryas Werk Tattvabodha und anderen Texten des Vedanta wirdvairagya als eine der vier Vorbedingungen genannt, die ein spirituellStrebender erfüllen sollte, wenn er den Vedanta verstehen will. Die dreianderen sind: viveka, mumukshutva und shatsampatti.

Vaishvanara - Allen Menschen gehörig; auf alle Menschen bezogen;im Vedanta bezeichnet vaishvanara den Wachzustand des Menschenim Allgemeinen. Er gehört zu den vier Hauptbewusstseinszuständen(avastha) und ist identisch mit jagrat. Die drei anderen Bewusstseins-zustände werden im Vedanta als prajna (Tiefschlaf), taijasa (Traum-schlaf) und turiya (das Vierte) bezeichnet. Im Rigveda steht vaishvan-ara für Sonne und Feuer. Deshalb wird Agni gelegentlich so genannt.

Valmiki - Name des Verfassers des berühmten Sanskrit-Epos Rama-yana, welches er, wie überliefert wird, durch göttliche Inspiration emp-fangen haben soll. Seine eigene Person wird im Gang der Erzählungso erwähnt, als hätte er an einigen Ereignissen selbst teilgenommen:So beherbergte er die verbannte Sita in seiner Einsiedelei und erzogihre Zwillinge Kusha und Lava. Valmiki gilt als der erste Kunstdichterder indischen Literatur, und wenn er auch nicht der alleinige Verfasserdes gesamten Ramayana war, so verdankt es ihm der Überlieferungnach das prägende epische Versmass des shloka. Bezüglich seines

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Lebens wird Folgendes berichtet: In seiner Jugend fristete Valmiki untereinem anderen Namen (Ratnakara) sein Leben als Strassenräuber. Ei-nes Tages überfiel er Narada, um ihn zu berauben. "Nimm alles",sprach Narada, "aber lass mich erst ein paar Fragen stellen: Warumlebst du als Räuber? Ist dir nicht klar, dass du dadurch Sünden begehst,die Strafe nach sich ziehen werden?" "Ja", antwortete der Mann, "abermeine EItern und meine Familie werden meine Schuld mittragen.""Hast du sie je danach gefragt?" "Nein, aber dessen bin ich sicher." Daforderte Narada ihn auf, seine Familie zu befragen und ihn bis zu seinerRückkehr an einen Baum zu fesseln. Als der Räuber seiner Familie er-zählte, womit er ihren Lebensunterhalt verdiente, wollte keiner seineSchuld und deren Konsequenzen mittragen. Das öffnete ihm die Au-gen; er ging in sich, kehrte zu Narada zurück, befreite ihn und begannein intensives spirituelles Leben. Er meditierte, bis ein Ameisenhügel(valmika = Ameisenhügel) um ihn emporwuchs.

Vamana - Klein, kurz; Zwerg; Name eines Avatars von Vishnu in Zwer-gengestalt, der erschien, um die Welt von dem Dämon Bali zu befreien.Dies tat er, indem er in Gestalt eines kleinwüchsigen Brahmanen vorBali erschien und diesen so in Sicherheit wiegte. Daraufhin bot ihm die-ser ein Willkommensgeschenk an, das Vamana sich in Form von dreiSchritten Land erbat. Dies wurde ihm freudig gewährt, und er verwan-delte sich daraufhin in eine riesige Gestalt (trivikrama), die mit zweiSchritten das ganze Universum durchmass. Da erkannte Bali die Grös-se seines Gegenübers und bat ihn, den dritten Schritt auf seinen Kopfzu setzen.

Vayu - Luft, Luftelement, Wind; der Gott des Windes bzw. der Winde.Im Bhagavatapurana wird folgende Geschichte über ihn berichtet: DerWeise Narada forderte einst Vayu auf, die Spitze des Berges Meru ab-zubrechen. Daraufhin entfachte dieser einen gewaltigen Sturm, der einJahr andauerte, aber Garuda schützte den Berg mit seinen Flügeln, sodass alle Sturmböen machtlos waren. Narada riet ihm nun, den Bergin Garudas Abwesenheit anzugreifen. Er tat es, brach den Gipfel abund schleuderte ihn ins Meer, wo er zur Insel Lanka wurde.

Veda - Wissen; spirituelle Erkenntnis; Bezeichnung für die Gesamtheitder ältesten Texte der indischen Literatur, die nach traditioneller Auf-fassung nicht von Menschen geschaffen sind, sondern denen eine ewi-ge Realität zugeschrieben wird. Die vedische Literatur gliedert sich invier Traditionslinien:

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1. Rigveda, den Veda der Verse; 2. Samaveda, den Veda der Lieder; 3. Yajurveda, den Veda der Opfersprüche; 4. Atharvaveda, den Veda des Atharvan.

Vedanta - Das Ziel, Ende des Veda, des heiligen Wissens; das Wortist eine Zusammensetzung aus Veda und Anta (Ende); gemeint sindzuerst einmal die abschliessenden Texte der shruti, d.h. die Upanish-aden. Die in ihnen ausgedrückten Offenbarungen und tiefen Einsich-ten, die sich insbesondere mit Brahman und Atman und dem Verhältnisder beiden zueinander beschäftigen, hat Badarayana in seinen Vedan-tasutras zusammengefasst, welche die Basis der Vedanta-Philosophiebilden. Drei Hauptzweige haben sich im Vedanta herausgebildet:

1. der Advaitavedanta (Nicht-Dualität), dessen wichtigste LehrerGaudapada, Adi Shankaracarya, Padmapada, Sureshvara undVidyaranya sind;

2. der Vishishtadvaitavedanta (qualifizierte Nicht-Dualität), dessenHauptvertreter Ramanuja ist;

3. der Dvaitavedanta (dualistischer Vedanta), dessen Hauptvertre-ter Madhva ist. Bedeutsam ist auch der von Caitanya begründeteAcintyabhedabhedavedanta, der davon ausgeht, dass dasgleichzeitige Bestehen der Getrenntheit von Gott (bheda) und derEinheit mit Gott (abheda) mit gedanklichen Mitteln nicht zu ver-stehen ist (acintya).

Vijnana - Intelligenz, Einsicht, Verstehen, Erkennen, Wissen, Unter-scheidungsfähigkeit; die Fähigkeit zur Analyse; vijnana bezeichneteine Fähigkeit, welche für die Erlangung spiritueller Erkenntnis (jnana)wichtig ist, nämlich die Fähigkeit, Gedanken logisch zu verknüpfen undeine wissenschaftliche Systematik aufzubauen. In bestimmten Fällensteht vijnana jedoch für den höchsten Zustand spiritueller Verwirkli-chung, in welchem der Erleuchtete Brahman nicht in einem gesonder-ten Samadhi-Zustand, sondern mitten in der Erscheinungswelt wahr-nimmt, die für ihn nichts anderes als eine Manifestation Brahmans ist.Der Vedanta nennt diese höchste Erkenntnis "Brahman mit offenen Au-gen sehen."

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Vibhishana - Der Schreckliche; Name eines Dämonen und Brudersvon Ravana; er wurde durch die Verbindung zu Hanuman zu einemtreuen Diener von Rama.

Vidya - Wissen, Weisheit, Wissenschaft, Erkenntnis; vidya entsprichtungefähr jnana, das zwei Aspekte besitzt: vijnana (Verstehen und Ana-lysieren des Objektiven, Wissenschaft) und prajnana (die höhere Er-kenntnis, die Erforschung der eigentlichen Natur des Seins und desMenschen). Oft bezeichnet die Vidya das vedische Wissen; Weisheitbezeichnet auch die intuitive, spirituelle Erfahrung selbst.

Vighneshvara - Der Herr (Ishvara) der Hindernisse (vighna); ein Namefür Ganesha, welcher die Hindernisse wegräumt. Bevor man etwas un-ternimmt, trachtet man nach seiner Gnade und seinem Segen. Er stehtfür die Mildherzigkeit, Weisheit und den Willen Gottes.

Vidura - Weise, klug; ein Weiser; Name des jüngeren Bruders von Pan-du.

Vinayaka - Ein Name für Ganesha; derjenige, welcher die Hindernissebeseitigt.

Vishnu - Der alles Durchdringende. Er wird als zweiter der DreieinigkeitBrahma, Vishnu, Shiva gezählt und gilt als Erhalter der Schöpfung. Indieser Funktion inkarniert er von Zeit zu Zeit, um die Göttliche Ordnungwiederherzustellen. Er wird auch unter den Namen Hari und Narayanaverehrt.

Vishvaswarupa - Die Form des Alls besitzend; die universale Form desHerrn; die eigentliche transzendente Form der Dinge.

Vivekananda - “Die Glückseligkeit der Unterscheidung”; Name einesSchülers von Ramakrishna; er lebte von 1862-1902 und war einer derErsten, der die westliche Welt auf die Spiritualität Indiens aufmerksammachte.

Vritti - Verhaltensweise, Beschäftigung, Tätigkeit, Arbeit; Zustand; Auf-regung, Erregung des Geistes; Kontakt des Geistes mit der objektivenWelt; Aktivität, Funktion.

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Vyasa - Sammler, Ordner, Kompilator; diesen Namen tragen mehrereder alten Verfasser und Sammler von Sanskrit-Werken, vor allem Ve-davyasa, der als Ordner der Veden gilt. Ausserdem soll er das Mah-abharata zusammengestellt, die Vedanta-Philosophie begründet unddie Puranas sowie andere Texte gesammelt haben. Die Puranas selbsterwähnen achtundzwanzig Vyasas, die zu verschiedenen Zeiten aufdie Erde gekommen sein sollen, um die Veden zusammenzustellen undzu verbreiten.

Yama - Gott des Todes; Zügel, Zügellenker; König der Toten und derUnterwelt. Er hat die Aufgabe, über die Seelen zu richten und das kos-mische Gleichgewicht wiederherzustellen. Ausserdem ist yama die Be-zeichnung für das erste Glied des Rajayoga von Patanjali, welches diegrundlegenden Gesetze für die Veredelung der menschlichen Naturlehrt. Yama manifestiert sich im richtigen Handeln und ist eine spirituellePraxis, welche das Innenleben verwandelt und sich in fünf Eigenschaf-ten zeigt: Gewaltlosigkeit (ahimsa), Wahrhaftigkeit (satya), Nichtsteh-len (asteya), reine Lebensweise (brahmacarya) und Nichtergreifen(aparigraha). Die fünf Aspekte von yama weisen alle auf einen Be-wusstseinszustand, in dem die Bindung an den Körper und die Sinneaufgegeben worden ist. Alle diese Eigenschaften sollten in Gedanken,Worten und Taten verwirklicht werden.

Yoga - Vereinigung, Verbindung, Kontakt; unter dem Begriff Yoga wer-den die Traditionen zusammengefasst, welche durch Übungen, Prak-tiken und Disziplinen den Kontakt zum Göttlichen Selbst (atman) oderzu Gott herstellen wollen. Bereits in der Bhagavadgita werden ver-schiedene Formen des Yoga beschrieben: Karmayoga, Jnanayogaund Bhaktiyoga. Der Yoga im Allgemeinen zielt auf die Umwandlungdes Menschen und Reinigung aller Ebenen des Körpers und des Gei-stes, auf die Entwicklung einer Offenheit für Transzendenz. Patanjalidefiniert Yoga als Beruhigung der Bewegungen des Bewusstseins (cit-ta); d.h. für ihn zeigt sich Yoga in der Erfahrung der Stille, in der Ver-senkung, bei der das Selbst bei sich selbst ist und seine unendlicheNatur erkennt. Der Kommentator Vyasa führt dazu aus, dass Yoga demsamadhi-Zustand entspricht. Im Sinne der acht Glieder von PatanjalisSystem kann man Yoga als eine Integration aller Aspekte der Persön-lichkeit, als die Verbindung aller Fähigkeiten, die der Mensch besitzt,verstehen. Dieser Entwicklungsprozess dient dem einen Ziel, Selbst-erkenntnis zu erlangen und Gott nahe zu kommen. Oft wird Yoga alsKontrolle und Zwang definiert. Auf der Ebene des relativen Geistes

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(manas) ist es jedoch nicht möglich, alle Impulse zu lenken und zudurchdringen; erst, wenn die Seligkeit absoluter Stille, der Glanz desGöttlichen Selbst (paramatman) erfahren wird, ist wahre Selbstbeherr-schung möglich. Yoga ist Einheit, ist Fülle, ist Gottesschau.

Yuga - Zeitalter, Weltzeitalter; Joch; Generation. Es gibt in der indi-schen Tradition (speziell nach den Lehren der Puranas) vier Weltzeit-alter:

1. Krita- oder Satyayuga (1’728’000 Menschenjahre); (GoldenesZeitalter)

2. Tretayuga (1’296’000 J.); (Sibernes Zeitalter)3. Dvaparayuga (864’000 J.); (Kupfernes Zeitalter)4. Kaliyuga (432’000 J.) (Eisernes Zeitalter)

Wenn man diese vier Zeitalter zusammenzählt, ergeben sich 4’320’000Menschenjahre. Dies nennt man ein Mahayuga, ein grosses Weltzeit-alter. Um die Menschenjahre in Götterjahre umzurechnen, ist die An-zahl der Menschenjahre durch 360 zu teilen. 2’000 Mahayugas erge-ben einen Tag und eine Nacht Brahmas (kalpa). Bei Manu und imMahabharata werden die vier Zeitalter wie folgt beschrieben: Kritayuga ist das ideale oder Goldene Zeitalter. Es gibt darin wederHass noch Neid, Kummer, Angst oder Bedrohung. Es wird nur der eineGott verehrt, es gibt nur einen Veda, ein Gesetz und einen Ritus. DieStände haben verschiedene Aufgaben und erfüllen selbstlos ihrePflicht. (In das treten wir jetzt ein.) Im Tretayuga lässt die Rechtschaffenheit um ein Viertel nach, und manbeginnt, Opferhandlungen, Riten und Zeremonien durchzuführen. DieMenschen handeln mit Absichten, erwarten Belohnungen für rituelleGaben, und das Pflichtgefühl lässt nach. Im Dvaparayuga ist die Rechtschaffenheit auf die Hälfte geschrumpft.Es gibt vier Veden, die aber nur noch von wenigen studiert werden. DieRiten nehmen überhand, nur wenige Menschen halten sich noch an dieWahrheit. Sinnenbezogene Wünsche und Krankheiten tauchen auf,das Unrecht nimmt zu.Im Kaliyuga bleibt nur ein Viertel der Rechtschaffenheit übrig. Spiritu-elle Bemühungen kommen fast vollständig zum Erliegen, und viele Er-kenntnisse geraten in Vergessenheit. Das Böse dominiert, Krankhei-ten, Erschöpfung, Zorn, Hunger, Furcht und Verzweiflung greifen um

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sich, und die Menschen sind ohne Ziel. Dieses Zeitalter soll 3’102 v.Chr. begonnen haben. (Es neigt sich jetzt dem Ende zu.)

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Andere Titel aus dem Rosenkreis-Verlag

Sathya Sai Baba � Der Welt-AvatarLehre und Offenbarungen

Zusammengestellt von Annrose Künzi614 Seiten, Hardcover, ISBN 3-9521968-2-7

Sathya Sai Baba ist der Welt-Avatar unserer Zeit. Er ist der Weltlehrer. Dasheisst, das Göttliche hat sich in ihm als Menschen inkarniert, um uns erneutbewusst zu machen, dass auch wir göttlichen Ursprungs sind. In diesemBuch sind die Strahlen seiner Lehre so gebündelt, dass sie, wie durch einBrennglas, auf die akuten menschlichen Probleme gerichtet sind.Seine Lehre zeichnet sich durch ihre Klarheit und Einfachheit aus, so dass je-der Mensch sie verstehen und in die Praxis umsetzen kann.Sathya Sai Baba ist hier, um uns die göttliche Liebe erneut zu beweisen, unszu führen, zu belehren und uns die neuen Offenbarungen zu verkünden.

Dieses Buch ist unter der ISBN 3-9521968-3-5 auch in Englisch erhält-lich: “Teaching and Revelations”, 511 Seiten, Hardcover, mit umfangrei-chem Index zur themenbezogenen Suche.

Sathya Sai Baba � Der Welt-AvatarAnkündigung und neues Wirken

Zusammengestellt von Annrose Künzi372 Seiten, broschiert, ISBN 3-9521968-0-0

Der Tibetanische Meister Djwhal Khul, Autor eines umfassenden Werkesüber esoterische Philosophie in Zusammenarbeit mit Alice A. Bailey, sagteam Anfang dieses Jahrhunderts: “Ich möchte hier behaupten und erklären,dass die grosse und befriedigende Antwort auf alle menschlichen Fragen undBedrängnisse in der Doktrin der Avatare zu finden ist.”Sathya Sai Baba ist der Welt-Avatar unserer Zeit. Er ist der Weltlehrer. Die-ses Buch vermittelt eine vergleichende Gegenüberstellung der beiden gros-sen Lehren anhand von Zitaten aus rund 65 Büchern beider Quellen.

Dieses Buch ist unter der ISBN 3-9521968-4-3 auch in Englisch erhält-lich: “Announcement and New Activity”, 376 Seiten, broschiert.

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Amrita Vahinivon Sudha Aditya

110 Seiten, broschiert, ISBN 3-9521968-1-9

Dieses kleine Buch entstand im Auftrag des Heiligen und Lehrers Sathya SaiBaba, der in Südindien lebt und weltweit von Millionen Menschen als Welt-Avatar verehrt wird.Es ist ein Leitfaden für den spirituellen Weg, den zu gehen wir alle aufgerufensind. Das Schöne an diesem Buch sind die klaren Antworten auf Fragen, diealle suchenden Menschen beschäftigen.Wir leben in einer Zeit, in der sich ein grosser Umbruch abzeichnet. Die indiesem Buch beschriebenen Lehren machen deutlich, dass es jedem Men-schen möglich ist, spirituelle Qualitäten in das tägliche Leben einzubinden.

Des Menschen WegZusammengestellt von Annrose Künzi

70 Seiten, broschiert, ISBN 3-9521968-5-1

Wir fragen uns: Was ist mit der Menschheit los? Diese Schrift versucht einigewichtige Hintergründe aufzudecken.Wir sind in kosmische, solare, planetarische, nationale und persönliche Ein-flüsse eingebunden. Darüber besser Bescheid zu wissen, lässt uns zuver-sichtlich und mutig den Weg weitergehen, der uns höheren Zielen entgegen-führt.

Ausgesuchte Zitate zum Thema aus den Lehren des Avatars Sathya SaiBaba und des Tibetanischen Meisters Djwhal Khul.

Dieses Buch ist unter der ISBN 3-9521968-9-4 auch in Englisch erhält-lich: “The Way of Man”, 88 Seiten, broschiert.

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Shamballa - Hierarchie - MenschheitDas grosse Dreieck

Zusammengestellt von Annrose Künzi439 Seiten, broschiert, ISBN 3-9521968-7-8

Es gibt drei grosse Energieströme, die sich in der Welt machtvoll auswirken.Diese werden den Lauf des Weltgeschehens bestimmen:Die erste und mächtigste Kraft strömt in die Welt aus Shamballa, aus demplanetarischen Zentrum, das den Willen Gottes kennt. Nur zweimal in der frü-hen planetarischen Geschichte liess diese Shamballa-Energie ihre Anwesen-heit direkt verspüren. Jetzt strömt diese Kraft wieder aus dem Heiligen Zen-trum aus. Sie verkörpert den Willensaspekt der gegenwärtigen Weltkrise undderen beiden Nebenwirkungen: erstens die Zerstörung dessen, was in denderzeitigen Erscheinungsformen, in Staatsführung, Religion und Gesellschaftunerwünscht und hinderlich ist.Zweitens die nach Synthese strebende Kraft, die das vereint und verbindet,was bisher getrennt war. Die Shamballa-Kraft ist so neu und unbekannt, dasses für die Menschheit schwer ist, sie als das zu erkennen, was sie ist, nämlichdie Demonstration des wohltätigen Willens Gottes in neuer und machtvollerWirksamkeit. Die zweite Hauptkraft ist die der Geistigen Hierarchie, des pla-netarischen Zentrums, wo die Liebe Gottes herrscht. Sie bahnt jetzt eine ihrerzyklischen Hauptannäherungen an die Menschheit an.Die Menschheit selbst ist das dritte planetarische Hauptzentrum, durch daseiner der drei göttlichen Aspekte, nämlich die Intelligenz, zum Ausdruckkommt und in der Welt Wirkungen hervorbringt.Diese drei Zentren hängen untereinander eng zusammen.Es ist interessant, dass sie stets nur durch Menschen zu wirksamer Tätigkeitkommen. Diejenigen von euch, die bemüht sind, der Menschheit zu dienenund der Hierarchie zu helfen, müssen sich bemühen, mit den Kräften vonShamballa oder der Hierarchie in Verbindung zu kommen und die Gründe fürdie menschliche Not aufzuspüren.

Dieses Buch ist unter der ISBN 3-9521968-8-6 auch in Englisch erhältlich:“Shamballa-Hierarchy-Mankind, The Great Triangle”, 382 Seiten, bro-schiert.

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MEDITATION IST LEBENGOTT MEDITIERT.

UND SOLANGE GOTT MEDITIERT,BLEIBT DAS UNIVERSUM IN MANIFESTATION.

Zusammengestellt von Annrose Künzi228 Seiten, broschiert, ISBN 3-9522528-0-8

Das Thema Meditation beschäftigt seit Jahrzehnten immer mehr Menschen.Dieses Buch enthält Informationen über Hintergründe, Methodik und Ziel derMeditation aus den beiden grossen philosophischen Lehren des Welt-Ava-tars Sathya Sai Baba und von Alice A. Bailey/Tibeter.Meditation hat mit Sinnfindung zu tun, sie sollte nicht beim eigenen Selbststehen bleiben. Das Individuelle hat sich im vergangenen Fische-Zeitalter zurBlüte entwickelt. Das Wassermann-Zeitalter hingegen konfrontiert uns wie-der mit der Gruppen-Verantwortlichkeit - nicht mehr allein mit der Verantwor-tung für Familie und Freunde, sondern immer mehr auch mit der Verantwor-tung für die “eine und unteilbare Menschheit”, das göttliche Geschlecht, vondem wir alle ein Teil sind.Meditation verbindet uns sowohl mit der Menschheit als auch mit unserer ei-genen Göttlichkeit und führt uns zu Gott, dem letzten Ziel.

Dieses Buch ist unter der ISBN 3-9522528-1-6 auch in Englisch erhältlich:“Meditation is Life”, 222 Seiten, broschiert.

LUCAS RALLISai Botschaften für Dich und mich

AUDIO-CDGelesen von:

Michael Schacht

Eine wunderschöne CD mit vorgetragenen Texten aus Lucas Ralli`s erstem Band. Aufgelockert durch ergreifende Musik von Gabriele und Gianluca Du-cros (Premasound) aus der CD “Embodiment of Love”. Der Originalgesang

von Sathya Sai Baba wird von Instrumentalmusik begleitet.

Ca. 51 Minuten, ISBN 3-9521968-6-X

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SATHYA SAI BABAMein geliebter Sathya Saayine

von Annrose Künzi

432 Seiten, broschiert, ISBN 3-9522528-5-9

MEIN WEG ZU SATHYA SAAYINE

“Sathya Saayine ist dein Führer”, sagte er mir eines Morgens in der Meditati-on.Sathya Saayine ist der Name, den ich ihm vor langer Zeit gegeben habe,nachdem ich erkannt hatte, dass er die Instanz ist, die im September 1976 inLiebe ganz und gar von mir Besitz genommen hat. In der Rückschau erkann-te ich auch, dass immer er es war, der mir in irgendeiner Form, die mir in die-ser Zeit besonders wichtig war, den Weg gewiesen, Antwort gegeben, michgeheilt und getröstet hat. Von diesem gemeinsamen Weg und der spirituellenFührung erzähle ich nun. Es ist eine Liebesgeschichte zwischen Mensch undGott.

SATHYA SAI BABA UND JESUSZusammengestellt von Annrose Künzi

120 Seiten, broschiert, ISBN 3-9522528-2-4

Wir hören die Geschichte, die vor 2000 Jahren geschah. Jetzt aber sind wirmitten in einem Geschehen, das in Zukunft Geschichte sein wird. Wir erlebenden Advent und die Kreuzigung desjenigen, der Jesus Christus auf die Erdegeschickt hat. Wenn der Meister Jesus vom Heiligen Stuhl des Papstes aus die Zügel derChristlichen Kirche wieder an sich nimmt, wie es verkündet wurde, dann wirdeiner, der tot ist und dessen Tod wir verherrlicht haben, wiedergekommensein. Ein Meister ist sich seiner früheren Inkarnationen bewusst. An diesemPunkt werden die Verantwortlichen der Christlichen Kirche nicht mehr darumherum kommen, die Wiederverkörperungslehre, die im Jahre 553 nach Chris-tus verworfen wurde, wieder anzunehmen. Der Meister Jesus wird die Lehrean sich selbst beweisen. Dadurch wird die Christliche Kirche aus der Sack-gasse, in der sie heute ist, wieder herausfinden.

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DIE HEILIGEN GESÄNGE DER VEDENUND DIE DEVA-EVOLUTION

Zusammengestellt von Annrose Künzi238 Seiten, broschiert, ISBN 3-9522528-3-2

Wir stehen an der Schwelle eines neuen Zeitalters. Neue Erkenntnisse däm-mern herauf. Eine davon ist das Gewahrwerden der Deva-Evolution, die par-allel zur Menschen-Evolution verläuft. Wir erleben eine Annäherung der beiden Lebenslinien. Das Zeichen dafür sehen wir in den unzähligen Engel-durchsagen, von denen wir jetzt Kenntnis erhalten. Wir kennen diese hohen Wesen. Es sind Devas der höchsten Ebene, ebenso heilig, ebenso mächtig wie die höchsten Wesen der Menschen-Evolution.Wir sollten jetzt wissen, dass niedrigere Devas die menschliche Existenz erst möglich machen, indem sie mit ihrer eigenen Substanz unsere Körper aufbauen, erhalten und zu gegebener Zeit auflösen.Die Devas reagieren zudem auf unsere Gedanken, Worte und Schwingungen und bringen sie in Objektivität. Das Medium, um mit den Devas aller Stufen in Kontakt zu treten ist der Schall.Da die Veden als Gesang übermittelt wurden, konnte von Anbeginn durch sie mit den Devas Verbindung aufgenommen werden. Wir erkennen nun, dass durch die Veden jedes Gebiet menschlichen Lebens mit den Devas in Verbin-dung gebracht und beherrscht werden kann.Der siebte Strahl der Zeremonie ist jetzt einer der Hauptstrahlen. Es liegt da-her nahe, dass wir über die Wirkung der Zeremonien, der Kraft der Mantren und des Gebets mehr wissen. Dass wir lernen, wie die gewünschten Devas gerufen und wieder aus ihrer Verantwortung entlassen werden.In den Lehren von Sathya Sai Baba, dem Welt-Lehrer und denen von Alice. A. Bailey/Tibeter finden wir das Wissen, wie wir mit diesen Kräften in Harmo-nie leben können.

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SATHYA SAI BABA - DER WELTAVATARAnsprachen aus den Jahren 1999 bis 2006

Ansprachen von 1999Ansprachen von 2000Ansprachen von 2001Ansprachen von 2002Ansprachen von 2003Ansprachen von 2004Ansprachen von 2005Ansprachen von 2006

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Bücher, herausgegeben von der Sathya Sai Vereinigung e.V., Dietzenbach

1. Besinnung auf Gott (Dhyana Vahini), ISBN 3-924739-32-32. Mensch und Göttliche Ordnung (Gita Vahini), ISBN 3-924739-60-93. Strom des Friedens (Prashanti Vahini), ISBN 3-924739-33-14. Lebe die Liebe (Prema Vahini), ISBN 3-900790-00-05. Ewige Wahrheiten (Bharathiya Paramartha Vahini und Sathya Sai Vahini),

ISBN 3-924739-59-5 (früherer Titel: Sathya Sai Vahini)6. Quellen der Weisheit (Sutra Vahini), ISBN 3-924739-27-77. Erziehung zur Selbsterkenntnis (Vidya Vahini), ISBN 3-924739-55-28. Dharma - Göttliche Ordnung (Dharma Vahini), ISBN 3-924739-97-8 (Alter

Titel: Die göttliche Urordnung)9. Erfüllung in Gott (Bhagavatha Vahini), ISBN 3-924739-78-1

10. Die Geschichte von Rama - Strom göttlicher Liebe, Bd. 1 (Rama KathaRasa Vahini), ISBN 3-924739-75-7

11. Die Geschichte von Rama - Strom göttlicher Liebe, Bd. 2 (Rama KathaRasa Vahini), ISBN 3-924739-79-X

12. Antworten (Lila Kaivalya Vahini - Prashnottara Vahini), ISBN 3-924739-87- 0

13. Hinführung zum Höchsten Wissen (Upanishad Vahini), ISBN 3-924739-88-914. Strom der Erkenntnis (Jnana Vahini), ISBN 3-924739-96-X15. Sathya Sai Baba spricht, Band 1, ISBN 3-924739-16-116. Sathya Sai Baba spricht, Band 2, ISBN 3-924739-48-X17. Sathya Sai Baba spricht, Band 3, ISBN 3-924739-49-818. Sathya Sai Baba spricht, Band 4, ISBN 3-924739-43-919. Sathya Sai Baba spricht, Band 5, ISBN 3-924739-50-1

20. Sathya Sai Baba spricht, Band 6, ISBN 3-924739-29-321. Sathya Sai Baba spricht, Band 7, ISBN 3-924739-51-X22. Sathya Sai Baba spricht, Band 8, ISBN 3-924739-52-823. Sathya Sai Baba spricht, Band 9, ISBN 3-924739-07-224. Sathya Sai Baba spricht, Band 10, ISBN 3-924739-30-725. Sathya Sai Baba spricht, Band 11, ISBN 3-924739-53-626. Ansprachen27. Der Weg nach Innen, ISBN 3-924739-15-328. Einheit ist Göttlichkeit, ISBN 3-924739-09-929. Sai Avatar, Bd. 132. Bhagavad Gita, ISBN 3-924739-42-033. Meditation, ISBN 3-924739-76-534. Sommersegen in Brindavan, Band 1, ISBN 3-924739-19-635. Sommersegen in Brindavan, Band 2, ISBN 3-924739-14-536. Sommersegen in Brindavan, Band 3, ISBN 3-924739-41-237. Sommersegen in Brindavan, Band 4, ISBN 3-924739-62 538. Sommersegen in Brindavan, Band 5 39. Sommersegen in Brindavan, Band 6 40. Sommersegen in Brindavan, Band 7, ISBN 3-924739-80-341. Sathya Sai Baba spricht, Band 20, ISBN 3-932957-11-342. Sathya Sai Baba spricht, Band 30, ISBN 3-924739-62-543. Sommersegen in Brindavan von 1993, ISBN 3-932457-10-544. Sanathana Sarathi

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