Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

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Von Kopf bis Fuß schaufenster KULTUR.REGION Nachrichten aus der Kultur.Region Niederösterreich . September/Oktober 2014 P.b.b. · Vertragsnummer 11Z038847M · Erscheinungsort: 3452 Atzenbrugg · Verlagspostamt: 3451 Michelhausen · DVR: 0933 295 Tracht / Kleider machen Leute . Haus der Regionen / Herbstprogramm Hopfen / Die Seele des Biers

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Von Kopf bis Fuß

schaufenster KULTUR.REGION

Nachrichten aus der Kultur.Region Niederösterreich . September/Oktober 2014

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Tracht / Kleider machen Leute . Haus der Regionen / Herbstprogramm

Hopfen / Die Seele des Biers

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Tanz. Musik.

TanzMusik.

wir schaffen

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Mehr BrauchTuM und VolkskulTur

für niederösTerreich.

www.noevers.at Wir schaffen das.

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EinBlick / 3

Zwei Seiten einer Medaille

DEMOKRATIE UND BILDUNG!

Nachhaltige Kulturarbeit an 365 Tagen im Jahr, so lautet der wohl wichtigste Untertitel zur Initiative „Wir tragen Niederösterreich“. In den vergangenen Jahren profilierte sich das Bundesland Niederöster-reich mehr und mehr zu einer ausgewiesenen Kulturregion. Die Entwicklung und der Ausbau dieses Profils sind gleichermaßen Zweck und Anliegen der Kultur.Region.Niederösterreich sowie ihrer Einrichtungen und Projekte im ganzen Land. Der Unternehmens-name ist daher Auftrag ebenso wie Programm, nachhaltiges Wirken mit vielen Menschen für viele Menschen lautet die Devise. Der Mehr-wert für jede und für jeden soll sich in mehrfacher Hinsicht einstel-len: Die Bandbreite reicht von Freude und Erbauung bis zur Persön-lichkeitsbildung, vom Erleben eines Gefühls von Gemeinschaft und Zusammenhalt bis zum Erwerb spezieller Kompetenzen oder von der Stärkung des Selbstbewusstseins bis zur Sicherheit im Umgang mit kulturellen Phänomenen.

Gerade die vielfältigen Ausdrucksformen kulturellen Handelns erfor-dern als unverzichtbare Basis jene Freiheiten und Grundwerte, die eine moderne Demokratie garantiert. Eine gefestigte Demokratie verträgt auch die Diskussion über ihren jeweiligen Zustand, von bloßer Nörgelei bis zu berechtigter Kritik. Allerdings, bei allen Errun-genschaften, die wir an einem demokratischen Gesellschaftssystem schätzen, ist ein Problem immer mitzudenken: Eine Demokratie kann sich auf durchaus demokratischen Wegen selbst schwächen oder sogar ganz aushebeln, und das gestützt auf solide Mehrheiten, wie Beispiele auch der jüngeren Geschichte zeigen. Umso mehr gilt es

nicht müde zu werden, Demokratie und Bildung als die beiden untrennbar zusammengehörenden Seiten ein und derselben Medaille zu verstehen.

So gesehen kann auch jener Handlungsrahmen erklärt und verstan-den werden, der Grundlagen und Regeln für rasche Entscheidungen ermöglicht, sogar einfordert. Gerade ein Herumeiern lässt den Ruf nach dem sprichwörtlich starken Mann laut werden, und als ein solcher drängt sich ja immer wieder wer auf. Ein guter Instinkt und selbstverständlich auch Bildung schaffen die Befähigung dazu, sol-chen Heilsbringerinnen und Heilsbringern nicht auf den Leim zu gehen. In diesem Zusammenhang soll auch betont werden, wie wichtig es ist, Sachverhalte differenziert beurteilen zu können. Nicht alles passt ins Schwarz-Weiß-Schema und nicht alle gehören in denselben Topf, handelt es sich nun um Vertreterinnen oder Vertreter des Lehrberufs, des Autohandels, des Handwerks, der Wissenschaft, der Medien oder der Politik.

Ein gefestigtes und prosperierendes Gemeinwesen muss jedenfalls stark auf Bildung in all ihren Facetten setzen. Nicht zuletzt deshalb sind alle Projekte der Kultur.Region.Niederösterreich als Elemente eines umfassenden Bildungsprogramms zu verstehen.

Dorli Draxler, Edgar Niemeczek

Seit jeher strebt die Menschheit danach, ein gut funktionierendes und allseits

akzeptiertes Gemeinwesen zu schaffen. Drei Fundamente tragen Wesentliches dazu bei:

Bildung, Bildung und noch einmal Bildung.

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Top-Termine / 4

September 2014

TOP-TERMINE

NATURGARTENFEST——————————————————Herbstfest für Hilfe im eigenen LandSa, 13. 9. 2014, 10.00–18.00 UhrMuseumsdorf Niedersulz ——————————————————

Natur im Garten, die Volkskultur Nieder-österreich, „Hilfe im eigenen Land“ und das Museumsdorf Niedersulz laden unter dem Motto „Wir tragen Niederöster-reich“ zum großen Naturgartenfest und Herbstfest für „Hilfe im eigenen Land“ ein (Patronanz: Präsidentin Sissi Pröll). Ziel der Organisation ist es, in Not gera-tene Menschen rasch, unbürokratisch und nachhaltig zu unterstützen.

Das Fest am schönen Dorfplatz beginnt um 11.00 Uhr mit einer Andacht, zele-briert von Abt Matthäus Nimmervoll, Stift Lilienfeld. Anschließend werden in einem Festakt die Anliegen und Erfolge von „Hilfe im eigenen Land“ vorgestellt. Durch den offiziellen Teil führt TV-Journalistin Barbara Stöckl. Den ganzen Tag über werden Lose mit attraktiven Sachpreisen verkauft. Die Einnahmen daraus kommen zu 100 Prozent der Hilfe im eigenen Land – Katastrophenhilfe Österreich zugute. Unter den zahlreichen Ehrengästen stellen sich auch Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll und Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Wolfgang Sobotka in den Dienst der guten Sache.

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Information www.museumsdorf.at www.hilfeimeigenenland.at

FRISCHE CHÖRE!——————————————————Klangraum Krems Minoritenkirche So, 19. 10. 2014, 18.00 UhrMinoritenplatz 4, 3500 Krems——————————————————

Konzert der Chorszene Niederösterreich, CD-Präsentation „vielstimmig 10“

Mit dabei: chapeau! (Leitung: Sigrid Pacher), Chor des BORG St. Pölten (Lei-tung: Erich Schwab), Chor des musischen Gymnasiums Perchtoldsdorf (Leitung: Beatrix Hawranek), Landesjugendchor Niederösterreich (Leitung: Oliver Stech/ Benedikt Blaschek), Vocation.

Als Intendant des Abends fungiert auch heuer wieder Chorszene-Niederösterreich- Koordinator Gottfried Zawichowski. Das Publikum darf sich auf ein beein-druckendes Ton-Licht-Gesamtkunstwerk freuen.

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Information Chorszene Niederösterreich Tel. 02742 90666 6117 [email protected] www.chorszenenoe.at

PFERDEKRAFT——————————————————Die Rolle des Pferdes in der ländlichen Arbeitswelt Sa, 27. 9. 2014, 10.00–18.00 UhrMuseumsdorf Niedersulz——————————————————

Zahlreiche Schaudarbietungen mit Nori-kern und Haflingern aus dem ländlichen Alltag von Damals. Für Kinder gibt es ein lustiges „Steckenpferd-Basteln“ und Pfer-dekutschenfahrten durch das Museums-dorf. In der Wagnerei und Schmiede des Museumsdorfes geben Vorführungen einen Überblick über die interessante und oft beschwerliche Arbeit der Handwerker in früheren Zeiten. 15.00 Uhr: Spezialfüh- rung „Der Bauer und der Pflug“.

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Information Museumsdorf Niedersulz 2224 Niedersulz 250 Tel. 02534 333 www.museumsdorf.at

DAS GLÜCK LIEGT SO NAH——————————————————BuchpräsentationDi, 30. 9. 2014, 18.30 UhrHaus der Regionen——————————————————

Die Volkskultur Niederösterreich und der Christian Brandstätter Verlag laden zur Buchpräsentation ein: Sepp Forcher „Das Glück liegt so nah. Warum wir auf Öster-reich stolz sein können.“

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Information Haus der Regionen 3504 Krems-Stein, Donaulände 56 Tel. 02732 85015

www.volkskulturnoe.at

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Inhalt / 5

September 2014

INHALT

IMPRESSUM Herausgeber: Prof. Dr. Edgar Niemeczek, Dorothea Draxler. Chefredakteurin: Mella Waldstein. Redaktionsteam: Mag. Michaela Hahn, Mag. Katharina Heger, Mag. Marion Helm-hart, Markus Kiesenhofer, BA MA, Dr. Jürgen Nemec, Mag. Andreas Teufl, DI Claudia Lueger, Dr. Freya Martin, Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Michaela Toifl, Mag. Ulrike Vitovec, Mag. Eva Zeindl, Mag. Doris Zizala. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Walpurga Antl, Mag. Doris Buchmann, Dr. Wolfgang Huber, Dr. Peter Kostner, Josef Kovats, Ing. Günther Lechner, Dr. Ronald Risy, Franz Überlacker, Dr. Helga Maria Wolf. Produktionsleitung, Marketing, Anzeigen und Beilagen: Mag. Marion Helmhart. Eigentümer/Medieninhaber: Volkskultur Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, FN 308711m, LG St. Pölten. Tel. 02275 4660, [email protected], www.volkskulturnoe.at. Geschäftsführung: Dorothea Draxler, Mag. Dr. Harald Froschauer. Sekretariat: Tina Schmid, Carina Stadler. Grafik/Layout: Atelier Olschinsky Grafik und Design GmbH, 1060 Wien. Druck: good friends Druck- und Werbeagentur GmbH. Verlagspostamt: 3451 Michelhausen. Versandpostamt: Postamt 3112 St. Pölten. ISSN 1680-3434.

Copyrights: Kultur.Region.Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg. Artikelübernahme nur nach Vereinbarung mit dem Herausgeber. Fotos: Wenn nicht anders angegeben, Bild-archiv der Volkskultur Niederösterreich GmbH. Ziel der Zeitung: Information und Berichterstattung über Kunst und Kultur und ihre gesellschaftlichen Bedingtheiten mit besonde-rer Berücksichtigung der Regionalkultur im Bundesland Niederösterreich, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Ankündigungen und Hinweise. Alle in der Zeitschrift verwendeten Begriffe, Personen- und Funktionsbezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form selbstverständlich in gleicher Weise auf Frauen und Männer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers und der Redaktion widerspiegeln. Cover: atelier olschinsky

Thema „Von Kopf bis Fuß“6 / Interview mit

Gexi Tostmann —————— Wir tragen Niederösterreich8 / Dirndlgwandsonntag —————— Thema „Von Kopf bis Fuß“10 / Kleider machen Leute —————— Kremser Kamingespräche12 / Gefühle —————— Haus der Regionen13 / Das Nibelungenlied —————— Haus der Regionen14 / Herbstprogramm —————— Mostviertel15 / Das Sonntagberg-Buch —————— Atzenbrugg16 / Volksmusik trifft Orgel &

60-Jahre-Jubiläum ——————

Weinviertel17 / Kellergasse Galgenberg ——————

Industrieviertel18 / Der Wiener Neustädter

Kanal —————— Waldviertel20 / Hopfen

—————— Thema „Von Kopf bis Fuß“22 / Textiles Handwerk

am Brandlhof —————— Brandlhof24 / Weisenblasen —————— Musikschulen26 / Musikvermittlung —————— NÖ Kreativakademie28 / Begabtenakadamie —————— Auslage30 / Bücher, CDs & feine Ware —————— Stadtmuseum St. Pölten32 / News from the Past —————— Volkskundemuseum Wien 34 / Ruthenische Stickereien

aus dem Flüchtlingslager Gmünd

——————

Tag des Denkmals 201436 / Maria Langegg —————— Langenzersdorf Museum38 / Klassische Moderne

—————— Museum Stillfried39 / 100 Jahre Museumsverein —————— Museumsdorf Niedersulz40 / Die Dorfschullehrer —————— Museumsdorf Niedersulz42 / Die Färberpflanzen &

Naturgartenfest —————— Komponist 45 / Leopold Knebelsberger

—————— Kultur.Region46 / Intern —————— Kultur.Region48 / Zwischen Himmel und Erde —————— Kultur.Region49 / Fortbildung ——————

50 / Die letzte Seite ——————

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Interview / 6

Am 14. September wird in Niederösterreich zum sechsten Mal der Dirndlgwandsonntag gefeiert. Was hat dieser Tag bewirkt?Tostmann: Die Volkskultur Niederöster-reich hat mit dem Dirndlgwandsonntag einen Erfolg gelandet. Denn in Niederöster-reich wurde im Vergleich zu den westlichen Bundesländern nicht so viel Tracht getragen. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Wenn man nur einmal im Jahr Tracht trägt, ist das zu wenig! Doch ist der Dirndlgwand-sonntag ein guter Anlass, die Tracht in den Mittelpunkt zu stellen.

Sie haben vor zwölf Jahren den Nieder- österreichanzug entwickelt, der sich größter Beliebtheit erfreut.Tostmann: In den 1950er Jahren gab es den sogenannten Mauereranzug – benannt nach Landeshauptmann Andreas Maurer – in den verschiedenen Blautönen. Er war aus einem sehr festen Stoff, der für die heutige Zeit nicht mehr passend war. Schließlich ist er in den 1980er Jahren immer weniger und weniger getragen worden. Aufbauend auf diesen Maureranzug haben wir den niederösterreichischen Landesanzug ent-wickelt. Ich habe schon mit einem Erfolg gerechnet, aber nicht in diesem Tempo. Da ist auch Landeshauptmann Pröll dahin-ter gestanden, der sich dafür eingebracht hat. Der Anzug, der in der Kurzform auch als „Niederösterreicher“ bezeichnet wird, ist sehr brauchbar – für alle Gelegenheiten und für jeden Typ.

Ist der Landesanzug in den letzten Jahren modifiziert worden?Tostmann: Modifiziert nicht, aber redu-

Gexi Tostmann

TRACHTENBOOM & LANDESANZUG

Dr. Gesine Tostmann, Unternehmerin und Doyenne der Tracht, im Gespräch über ihren Beitrag zur Weiterentwicklung des niederösterreichischen Landesanzugs, Langlebigkeit und Qualität der Tracht.

„Die Globalisierung ist ein Grund für die Rückbesinnung auf Regionales.“

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Interview / 7

ziert. Es gab mehrere Modelle, doch letzt-endlich hat sich jenes mit dem Stehkragen durchgesetzt und als Material Cool Wool, obwohl ich persönlich das Modell mit den Aufschlägen auch sehr elegant finde. Hinzu kamen der Leibelkittel und das Seidendirndl für Damen. Für mich zeigt sich der Erfolg auch, wenn eine Tracht von selber weiter-geht, wenn andere Firmen den Landesanzug in ihr Repertoire aufnehmen. Eine Tracht muss allgemein gültig und verfügbar sein. Exklusivität hat nichts mit Tracht zu tun.

Sie leben in Wien und am Attersee. Welche Beziehung haben Sie zu Niederösterreich?Tostmann:Wir stellen gerade die Familien- und Firmenchronik zusammen. Und siehe da: Mein Urgroßvater stammt aus Ziersdorf bei Radlbrunn! Mit Niederösterreich bin ich durch die langjährige Trachtenberatung ver-bunden. Das aktuelle Beispiel ist die Kloster-neuburger Tracht, wo wir Abbildungen von hübschen Papageien im Stiftsarchiv gefun-den haben, die sich auch in der Tracht wie-derfinden. Außerdem ist unsere Firma Part-ner von „Wir tragen Niederösterreich“. Und wie gesagt, der niederösterreichische Lan-desanzug …

Sind Sie mit der Tracht aufgewachsen?Tostmann: Meine Mutter hat in den Wiener Werkstätten bei Eduard Wimmer-Wisgrill und Josef Hoffmann gelernt. In den 1950er Jahren hat sie begonnen, Trachten zu nähen. Viele haben ihr davon abgeraten und gesagt, dass in diesen Zeiten keine Tracht gefragt ist. Von ihr stammt der Satz: „Was kann das Dirndl dafür, dass es politisch missbraucht wurde.“

Wie erklären Sie sich den momentanen Boom der Trachtenmode?Tostmann: Da gibt es mehrere Ursachen. Die erste ist unsere Eventgesellschaft. Als wir jung waren, hatten wir nicht so viele Feste, bei denen wir Dirndl getragen haben, da ging man lieber in verrauchte Keller, das Bierfest war nicht das Fest unserer Genera-tion. Jetzt gibt es viele Gelegenheiten, um Tracht zu tragen – und allerorts Oktober-feste. Die Globalisierung ist ein weiterer Grund für die Rückbesinnung auf Regio-nales. Dadurch hat eine neue Bewertung stattgefunden. Und es gibt etwas, das es nur hier gibt. Alles andere – Stichwort Modeket-ten – gibt es überall auf der Welt und schaut überall gleich aus. Der dritte Grund ist, dass die Tracht ein Kontrapunkt zur androgynen Mode ist. Da kann Frau Busen zeigen und der Mann den knackigen Hintern. Für mich ist neben Regionalität und Tradition der ökologische Aspekt ganz wichtig. Gehen wir weg von Wegwerfgesellschaft! Eine Tracht hält über Generationen und passt sich der Figur an. Man kann eine Tracht weiter machen und enger, man kann aus einer alten Schürze einen Polsterbezug machen oder Lavendelsackerl. In unser Geschäft kommen Mädchen, die das Dirndl von ihren Groß-müttern bringen. Mir wäre es ja lieber, man würde am Flohmarkt alte Dirndln kaufen und nicht diese furchtbaren Plastikdirndln um 29 Euro. Die sind nicht „fair trade“ her-gestellt, abgesehen davon, dass die Baum-wolle mit Pestiziden durchtränkt ist. Das gilt auch ganz besonders für das billige Leder mancher Lederhosen.

Wird Tracht in Asien produziert?Tostmann: Meine Tochter Anna sammelt diese Angebote – z. B. aus Bangladesch, wel-che zum Teil optisch gar nicht schlecht aus-sehen. Ich habe es ja nicht für möglich gehalten, dass Trachtenmode in Bangla-desch gefertigt wird, denn ich dachte immer, dass der Markt dafür zu klein ist. Aber so klein ist der Markt nicht mehr.

Die Schwierigkeit ist, dass viele den Unter-schied zwischen Natur- und Kunstfaser gar nicht mehr kennen.Tostmann: Das ist unsere Aufgabe, dies zu vermitteln. Das wird in unserer „Bandel-kramerey“ in Seewalchen – das Museum, an dem wir arbeiten – ein großes Anliegen sein, um die Arbeitsschritte von der Faser bis zum G’wand zu zeigen und nachvollziehbar zu machen. Andererseits muss auch gesagt werden, dass Baumwolle nicht automatisch „gut“ ist. Es gibt Kunstfasern, die „ökolo-gischer“ sind als die mit Pestiziden bearbei-tete Baumwolle, die unter lebensgefähr-lichen Rahmenbedingungen kultiviert und verarbeitet wird.

Darf man in Tracht Fastfood essen?Tostmann: Auch ein Apfel ist Fastfood! /

Aufgezeichnet von Mella Waldstein

Fotos: atelier olschinsky

Der Landesanzug bei Tostmann Trachten. LH Dr. Erwin Pröll im Landesanzug und Botschafterin der Tracht Anja Kruse. Foto: Tostmann Trachten

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Volkskultur Niederösterreich / 8

Dirndlgwandsonntag

DIRNDLT EUCH!

Unter dem Motto „Wir tragen Niederösterreich“ findet am 14. September 2014 landesweit der 6. Dirndlgwandsonntag statt.

Foto: Nikolaus Korab

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Volkskultur Niederösterreich / 9

„Der Dirndlgwandsonntag ist bereits zu einer festen Tradition geworden und wird begeistert aufgenommen. Es zeigt uns, dass Volkskultur modern und aktuell ist und Tracht als Ausdruck von Lebensfreude und Heimatverbundenheit begeistert aufgenom-men wird“, freut sich Dorli Draxler, Geschäftsführerin der Volkskultur. So ver-steht sich der landesweite Dirndlgwand-sonntag als einer der Höhepunkte im Veran-staltungsjahr rund um „Wir tragen Nieder-österreich“. Die Idee, in Tracht die Heilige Messe zu besuchen, wird seit 2009 in vielen Gemeinden des Landes mit Erfolg umge-setzt.

Im Bundesland Salzburg gibt es schon seit 2005 rund um den Festtag der hl. Notburga den Dirndlgwandsonntag. Die hl. Notburga (geb. um 1265 in Rattenberg, gest. 1313 in Rottenburg) deshalb, weil sie in Abbil-dungen stets in Tracht dargestellt wird, sich für die Armen einsetzte und für ihre Nächs-tenliebe bekannt war. Sie ist eine Volksheili-ge des Bundeslandes Tirol und Schutzheilige der Mägde, Bauern und Dienstboten.

Die Volkskultur Niederösterreich ruft lan-desweit dazu auf, am zweiten Sonntag im September in trachtigem Gewand die Heili-ge Messe zu besuchen. Egal ob Dirndl, Kal-muk, Trachtenjoppe, Wetterfleck oder auch nur das Zitat einer Tracht – das Tragen von Trachten hebt die Wertschätzung für regio-

nale Traditionen hervor. In Kooperation mit 770 Pfarren in Niederösterreich soll der landesweite Dirndlgwandsonntag rund um den Festtag der hl. Notburga zu einem fixen Termin im Veranstaltungskalender werden. Die Initiative „Wir tragen Niederösterreich“ wird auch vom Land Niederösterreich mit-getragen. So unterstützt Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll diese Aktion: „Volkskultur, also das Leben mit Bräuchen und hei-mischen Traditionen, ist wohl der verläss-lichste Handlauf für eine mutige und moder-ne Gestaltung unserer Zukunft. Die Tracht gehört dazu!“

Für den Dirndlgwandsonntag ist die Zu-sammenarbeit mit den Diözesen Wien und St. Pölten wichtig. Diözesanbischof DDr. Klaus Küng zeigt sich begeistert von der Aktion: „Der Stellenwert der Sonntags-messe als Mitte und Quelle des christlichen Lebens wird durch das Tragen einer schönen Tracht hervorgehoben.“ Auch Erzbischof Dr. Christoph Kardinal Schönborn trägt die Idee mit: „Der Dirndlgwandsonntag – eine wunderschöne Initiative für regionales Bewusstsein, Tradition und Würdigung des Sonntags.“ /

In der Tracht zum Sonntagsausflug … Foto: Fichtinger … und in die Kirche.

DINDLGWANDSONNTAG———————————————————So, 14. 9. 2014, landesweit Im Rahmen des Dirndlgwandsonntags finden in ganz Niederösterreich zahlreiche Veranstaltungen statt. Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite www.wirtragennoe.at _

Dirndlgwandsonntag in Reinsberg Pfarrkirche und Burgarena Reinsberg, 3264 Reinsberg

9.45 Uhr: Festmesse in der Pfarrkirche Reinsberg

11.00 Uhr: ORF Radio NÖ Frühschoppen mit der Trachtenkapelle Reinsberg und der Wia z’Haus Musi. Anschließend Platzkonzert mit der Trachtenkapelle Reinsberg und volkskultureller Nachmittag in der Bur-garena mit regionalen Musik- und Tanz-gruppen._

Dirndlgwandsonntag in NiedersulzWeinviertler Museumsdorf Niedersulz, 2224 Niedersulz 250

10.00 Uhr: Feldmesse und Frühschoppen

14.00–17.00 Uhr: Thementag „Bienen-Neujahr“ _

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Schwerpunkt / 10 Schwerpunkt / 11

Im Altertum trugen Männer und Frauen aller Bevölkerungsschichten ähnliche Klei-dung aus unzerschnittenem Stoff. Noch um 1300 unterschieden sich Männer- und Frau-enkleidung nur durch die Länge (knöchel- bzw. überlang). Auch im 14. und 15. Jahr-hundert bestand die vollständige Kleidung aus drei Schichten: Unterkleid (Leinen-hemd), Oberkleid (Leibrock aus gröberem Leinen) und Überkleid (Umhängemantel).

Doch schon im Mittelalter spielte bei den höheren Schichten die Mode eine wichtige Rolle, wie man auf gotischen Altarbildern gut sehen kann. Damit hat sich in jüngster

Zeit die Kostümhistorikerin Silke Geppert in ihrem Buch „Mode unter dem Kreuz. Kleiderkommunikation im christlichen Kult“ beschäftigt. Sie definiert Mode als „die neue Art und Weise der Bekleidung, im Sinne von anders sein und anders wirken als das Vorhandene. Sie ist ein Phänomen, das in den Metropolen entsteht.“ Mode hat mit Individualität zu tun, die ein Kennzeichen städtischen Bürgertums ist. Nach dem Prinzip „Kleider machen Leute“ sagte das Gewand viel über seine Träger aus. So erscheint etwa Maria Magdalena besonders modisch dargestellt. Die angebliche „Sünde-rin“ verstößt häufig gegen die Kleiderord-

nungen und unterscheidet sich auf den Tafel-bildern deutlich von den klassisch gewande-ten Heiligen wie Johannes oder Maria.

Rot und grün

Seit dem 12. Jahrhundert versuchten die Herrscher, durch Kleiderordnungen den Kleiderluxus (der anderen) aus verschie-denen Gründen einzudämmen. So hieß es, dass die Bürger nicht wegen der hohen Aus-gaben für Kleidung verarmen und dann der Obrigkeit zur Last fallen sollten. Wichtiger war es jedoch, die sozialen Hierarchien zu fixieren. Die Kleiderordnung des damaligen Königs und späteren Kaisers Ferdinand I. (1552) gab den fünf Ständen unterschied-liche Möglichkeiten. Der untertänige Bauer und Taglöhner durfte nur Kleider aus einem unzerschnittenen Stoff billiger Sorte tragen. Dem Bauernstand wurde die sparsame Ver-wendung der Farben Rot und Grün gestat-tet. In der Barockzeit verbot Kaiser Leopold (1640–1705) den Frauen „weit ausgeschnit-tene Wämser und lange, nachschweifende Röcke“, ebenso Haarlocken „und insgemein alle neue Mode“. Dadurch sollte die Einfuhr modischer Stoffe zurückgedrängt und das heimische Textilgewerbe gestärkt werden. Weitgehende Freiheit brachten der Zeitgeist der Französischen Revolution sowie die Aufklärung. In dieser Zeit entstand das, was man heute gemeinhin als „Trachten“ bezeichnet.

Tracht kommt von Tragen und bedeutete jede Art von Kleidung, nichts Besonderes. Der oberösterreichische Volkskundler Franz Lipp stellte fest, dass „zwischen 1780 und

Von Kopf bis Fuß

KLEIDER MACHEN LEUTE

Mode bedeutet Individualität, die ein Kennzeichen städtischen Bürgertums ist. Nach dem Prinzip „Kleider machen Leute“ sagte das Gewand viel über seine Träger aus.

Tracht aus Gresten. Tracht in der Gotik (um 1414).

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Schwerpunkt / 11

Trapp-Tracht. Erzherzog-Johann-Tracht. Dirndlf liegen.

1830 die (…) Regional-, manchmal auch Lokaltrachten sich erst richtig entwickelten und formierten“. Es war die Zeit, in der die Reiseschriftsteller ausschwärmten, um Land und Leute kennen zu lernen (z. B. Friedrich Anton Reil 1835) und die Biedermeiermaler (z. B. Ferdinand Georg Waldmüller, 1793 bis 1865) Feste und Alltag naturalistisch darstellten. Idealistisch und ideologisch suchten die Bürger – wie bei den Bräuchen – das vermeintlich Reine, Alte, Unverdor-bene, Ursprüngliche auf dem Lande. Erzher-zog Johann (1782–1859), der die steirischen Trachten von seinen Kammermalern doku-mentieren ließ, führte den „grauen Rock“ ein und trug ihn selbst gerne, „um ein Bei-spiel der Einfachheit zu geben“. Seinem Großneffen Franz Joseph (1830–1916) schenkte er zur Taufe einen Steirerhut, und als er den 16-Jährigen zur Jagd einlud, soll-te dieser in steirischer Tracht kommen. Bekanntermaßen trug der Kaiser dann bei seinen Sommeraufenthalten in Bad Ischl Tracht und gab damit dem Adel und der eleganten Welt ein Vorbild. In der Zwischen-kriegszeit engagierten sich die Besucher der Salzburger Festspiele (ab 1920) für das Trachtentragen.

Sound of Dirndl

Die Trapp-Familie, die in Amerika in Dirndl, Lederhose und Lodenanzug auftrat, und

besonders der Hollywood-Film (1956, einer der erfolgreichsten Nachkriegsheimatfilme) und das Broadway-Musical „Sound of Music“ (1959) machten das Dirndl interna-tional bekannt. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in Bayern Trachtenvereine, die auch Volkstänze pflegten. Tirol, Salzburg und Kärnten folgten. Die ersten Heimat-werke wurden 1870 in Skandinavien gegrün-det, 1930 in der Schweiz. Sie sollten Tradi-tionen und im Traditionsbereich arbeitende Gewerbe unterstützen. Sie wollten auch die Phantasie der Trachtenschneider zügeln. Denn schon um die Jahrhundertwende gab es in Wien Versandkataloge mit sogenann-ten National- und Typentrachten sowie Sport- und Jagdbekleidung (Hubertusman-tel, Wetterfleck).

1934 richtete Prof. Viktor Geramb (1884 bis 1958) in Graz als erstes in Österreich das Steirische Heimatwerk ein, im selben Jahr folgte eines in Tirol. Der Museumsdirektor nahm Kontakt mit der Textilindustrie auf, vermittelte Vorlagen aus den Sammlungsbe-ständen und zeichnete die so erzeugten Waren mit einem Qualitätssiegel aus. In der NS-Zeit wurden in allen Bundesländern außer Vorarlberg Einrichtungen zur soge-nannten wissenschaftlichen Trachtenerneu-erung geschaffen. Die Vorliebe jener Zeit zur Tracht und deren Verbot für Juden haben dem Dirndl nachhaltig geschadet.

Dirndlfliegen

Inzwischen haben nicht nur traditionsbe-wusste Kreise die Tracht wieder entdeckt. Dirndl und Leserhose sind zur Massenware geworden. Trachtensupermärkte decken den breiten Bedarf. Man kann sogar Badeshirts im Lederhosenlook kaufen. Das Dirndl steht im Mittelpunkt mehr oder minder neuer Events, wie Neustifter Kirtag, Wiener Wiesn, Trachtenpärchenball oder Dirndlfliegen. Es findet seit 2006 – inzwischen mehrmals jährlich – in verschiedenen Orten Öster-reichs statt, zudem in Deutschland und Ita-lien. Mit Dirndl bekleidete Frauen (und Männer) hüpfen dabei von einem Sprung-brett in einen See oder in ein Freibad. Eine Jury bewertet: „Je ausgefallener die Figuren im Fall, desto besser.“ Die Grazer Mode-designerin Lena Hoschek (*1981) stellt Pin-up-Girls und Dirndl in den Mittelpunkt ihrer Kollektionen. Der steirische Volks-Rock-’n’-Roller und Hitparadenstürmer Andreas Gabalier (*1984) ist ein Musterbei-spiel für Crossover, in der Musik wie in der Kleidung. Modisch gestylt tritt er in der Lederhose mit seiner Harmonika auf. /

Text: Helga Maria Wolf

Illustrationen: Magdalena Steiner

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Haus der Regionen / 12 Haus der Regionen / 13

Die Kremser Kamingespräche gehen in die 17. Runde und setzen, eröffnet von einem Vortrag am Kamin, die Segel in das Reich der Gefühle.

Eine Reise ins Reich der Gefühle ist Abenteu-er pur: Kein Augenblick unseres Daseins, kein Hauch und Horizont unseres Mensch-seins ohne Emotionen, ohne Stimmungen, ohne die Bahnen des Herzens. Das Reich der Gefühle ist allgegenwärtig, und doch entzieht es sich jedem sicheren Zugriff, jeder festen Verortung. Als das Innerste meines Inneren, als unableitbarer Ausdruck meines spon-tanen Selbstseins, als das Siegel einzigartiger Individualität muss das Reich der Gefühle erfasst werden – sagen die einen. Als das Resultat komplexer Lernprozesse, geprägt und geformt von soziokulturellen Rahmen-bedingungen und vom Zeitfluss der Ge-schichte, müssen Emotionen begriffen wer-den – sagt die moderne Emotionsforschung.

Die rationalistische Denktradition des Abendlandes hat das Reich der Gefühle nicht selten mit abschätziger Miene ins Abseits gestellt. Heute hingegen weiß man: Gefühle sind ein wesentliches Moment all unserer Welt- und Selbstbegegnungen, sie bestimmen all unsere Wirklichkeitserfahrungen mit.

Gefühle – „blind“ oder „sehend“?

Alte Gegenüberstellungen von Innensicht und Außenperspektive, von Verstandeslicht und den vermeintlich „blinden“ Gefühlen sind brüchig und fragwürdig geworden.

„Was auf den ersten Blick als unmittelbare, spontane Gefühlsäußerung erscheint, etwa der Jubel beim Sportereignis oder die emoti-onale Bewegtheit durch gemeinschaftliches Musikerleben, hat, wie die moderne Emoti-onsforschung unterstreicht, seine Einbet-tung und Einrahmung in ein Set an histo-risch wandelbaren und kulturell vorherr-schenden Gefühlsnormen. Gefühle sind also immer auch soziokulturell präfiguriert und geschichtlich-prozessual zu denken“, erläu-tert der Ethnologe Univ.-Prof. Dr. Timo Heimerdinger, der diese These in seinem „Vortrag am Kamin“ am 1. Oktober im Haus der Regionen in einer spannenden Reise zu so manchen Hotspots in der Geschichte menschlicher Gefühle ausbuchstabieren wird. Man denke nur an die politischen, ja nationalstaatlichen Bedeutungsbezüge des Ehrgefühls etwa im Bürgertum des 19. Jahr-hunderts oder an die Hochhebung der „Innerlichkeit“ in der Romantik. Man denke an die weltumspannende Vermittlung und Verstärkung von Emotionen durch moderne Medien – die Bilder vom unsagbaren Leid bei humanitären Katastrophen sind ebenso Teil einer „Globalisierung der Gefühle“ wie die Euphorie über Sport-, Musik- oder Film-stars.

KREMSER KAMINGESPRÄCHE———————————————————Mi, 1. 10. 2014, 18.00 Uhr

Vortrag am Kamin – „Im Reich der Gefühle“

Mit Univ.-Prof. Dr. Timo Heimerdinger und Univ.-Prof. Dr. Konrad Köstlin

Alle weiteren Termine siehe Seite 14

Kamingespräche

IM REICH DER GEFÜHLE

Foto: shutterstock

Emotionen zwischen Herz und Hirn

Im Ringen um die Deutungshoheit mensch-licher Gefühle nehmen die Naturwissenschaf-ten, allen voran die Hirnforschung, Neurobio-logie und Kognitionstheorie, eine zunehmend gewichtigere Rolle ein. Sie „entzaubern“ die Herzensangelegenheiten des Menschen und verlagern sie in das limbische System, in den Komplex von Spiegelneuronen und Hormon-haushalt. Doch lässt sich ausgerechnet das Reich der Gefühle in seiner ganzheitlichen lebensweltlichen Dimension auf neurobiolo-gische Reizreaktionen und Prozessabläufe reduzieren? Welche Funktion haben Emoti-onen bei der Eingrenzung und Abgrenzung von Gruppen, Gesellschaften und Rollenbil-dern? Welche Bedeutung haben Gefühle bei der Mobilisierung von Massen und welche Techniken wenden Medien und politische Systeme dafür an? Diese und viele weitere Fragen bringen hochkarätige Persönlichkeiten im Haus der Regionen zur Sprache. /

Text: Jürgen Nemec

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

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Haus der Regionen / 12 Haus der Regionen / 13

„Von den Kämpfen kühner Helden“, so heißt es in der Eingangsstrophe des Nibelungenliedes. Eberhard Kummer, Experte für Musik des Mittelalters, wird am 19. September im Haus der Regionen Auszüge aus

dem Heldenepos zu Gehör bringen.

Das Nibelungenlied hat an die 10.000 Verse. Die Geschichte um den Drachentöter Sieg-fried und seinen Gegenspieler und Mörder Hagen wurde zu seiner Entstehungszeit gele-sen, vorgelesen, aber vor allem auch gesun-gen. Eberhard Kummer braucht, wenn er alle 2379 Strophen singt, fünf Konzertabende zu je sechs Stunden. „Jede einzelne Silbe des Nibelungenliedes habe ich mindestens 10 bis 20 Mal gelesen.“ Im Haus der Regionen bringt der gebürtige Kremser Musiker und Musikhistoriker Auszüge aus dem mittelal-terlichen Heldenepos zum Klang der Schoß-harfe und Drehleier und ergänzt mit span-nenden Einblicken aus seiner jahrzehntelan-gen Erfahrung: „Es ist ein Panorama durch eine ferne Zeit, die aber doch auch nah ist.

Schließlich ist unsere Genetik nicht viel anders als im Mittelalter.“

Gesungenes Epos

Nach anfänglicher Skepsis und Desinteresse der Fachwissenschaften hat sich die Erkennt-nis durchgesetzt, dass die alten Epen sich durch gesungene Interpretation in besonde-rer Weise erschließen. Für die gebräuchlichs-ten mittelalterlichen Strophenformen von Epen sind Melodien überliefert, unter ihnen der Hildebrandston, die Melodie des Jün-geren Hildebrandsliedes, die Kummer für die Nibelungenstrophe heranzieht. Die spätmit-telalterliche, zweistimmige Fassung des Hil-debrandliedes fand sich in der Handschrift von Rhaw aus dem Jahre 1545 und stammt nach Meinung der Wissenschaftler noch aus dem 13. Jahrhundert.

Das Nibelungenlied, um 1200 entstanden, gehört im deutschsprachigen Raum zu den wichtigsten schriftlichen Überlieferungen des Mittelalters. Der Autor des mittelhochdeut-schen Heldenepos ist unbekannt, stammt aber wahrscheinlich aus dem bayerisch-österreichischen Kulturraum (Donauraum-dichtung). Eberhard Kummer: „Auch deswe-gen passt das Nibelungenlied gut ins Haus der Regionen an der Donaulände, ist doch Passau der wahrscheinliche Entstehungsort dieser Dichtung, so wie Pöchlarn Rüdiger von Bechelarens Stammsitz und Mautern eine Etappe auf Kriemhilds Reise nach Ungarn.“

Eberhard Kummer begleitet sich dabei auf einer mittelalterlichen Schoßharfe. Die Harfe

NIBELUNGENLIED———————————————————Fr, 19. 9. 2014, 19.30 Uhr

Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00 Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00

Haus der Regionen 3500 Krems-Stein, Donaulände 56 Tel. 02732 85015 [email protected]

Nibelungenlied

VON KÜENER RECKEN STRîTEN ...

war Instrument des Hofes und der Kirche. Ein weiteres Instrument, das Eberhard Kum-mer spielt, ist die Drehleier, ursprünglich auch höfisch und kirchlich, später aber das Instrument der Straße und der Bauern. „Sie ist ein komplettes mittelalterliches Orches-ter“, so der Musiker. „Die Melodiesaiten wer-den durch ein Rad, das mithilfe der Kurbel gedreht wird, zum Klingen gebracht. Die Basssaiten bringen den typischen Drehleier-klang (Bordunklang), und seit dem Spätmit-telalter gibt es die Schnarre, die beim raschen Drehen auf die Decke des Instruments zu trommeln beginnt.“

Zum Abschluss des Abends lädt der Spiel-mann als Vortänzer und Vorsänger zu einer Art Reigentanz nach der Melodie des Nibe-lungenlieds ein und führt das Publikum zu Brot und Wein. /

Text: Mella Waldstein

Eberhard Kummer mit Schoßharfe und ungarischer Drehleier. Foto: z. V. g.

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

Page 14: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

KONZERTE——————————————————————Fr, 19. 9. 2014, 19.30 Uhr Nibelungenlied mit Eberhard Kummer

Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00_

Do, 9. 10. 2014, 19.30 UhrIRLAND / Leinster; Caladh NuaTraditionelle irische Musik gemischt mit Eigenkompositionen auf vielfältigstem Instru-mentarium und mit einer gemeinsamen Visi-on, wie traditionelle Musik heute klingen soll – das ist die Gruppe Caladh Nua aus Irland.

Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00

Mit dreigängigem Menü im Restaurant Blauenstein: EUR 34,00 _

Fr, 17. 10. 2014, 19.30 UhrITALIEN / Toskana; Riccardo Tesi & BanditalianaSeit 30 Jahren zählt Riccardo Tesi zu den ein-fallsreichsten Interpreten auf dem Organetto – dem diatonischen Kopfakkordeon. Gemein-sam mit Maurizio Geri (Gitarre, Gesang), Claudio Carboni (Saxophon) und Gigi Biolcati (Percussion) verzaubert er das Publikum mit einer gelungenen Synthese aus den Formen der toskanischen Tradition, mediterranen Klängen, Jazzimprovisationen und Eigenkom-positionen.

Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00

Mit dreigängigem Menü im Restaurant Blauenstein: EUR 34,00 _

aufhOHRchen / GLANZLICHTER——————————————————————Fr, 31. 10. 2014, 19.30 UhrKlingender PongauAubichimusikanten, Höllbergmusi, Pongauer Geigenmusi, St. Johanner Viergesang, Toni Aichhorn.Die Sänger und Musikanten rund um Peter Windhofer präsentieren die Volksmusik ihrer Heimatregion in verschiedenen Besetzungen. Ergänzt wird der musikalische Genuss durch literarische Schmankerl von Toni Aichhorn.

Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00

Mit dreigängigem Menü im Restaurant Blauenstein: EUR 34,00_

Sa, 8. 11. 2014, 19.30 UhrBlech ist Blech – BuchgrablerDas Repertoire der Buchgrabler setzt sich vor-wiegend aus Polka Franzé, Walzer, Marsch und Tanzlied zusammen – stilistisch ange-lehnt an die kleinen Blechpartien, wie es sie in den 1950er Jahren noch in jedem burgenländi-schen Dorf gegeben hat. Mit Flügelhorn, Klari-nette, Saxophon, Posaune, Helikon, Akkorde-on und Schlagzeug wagen die Buchgrabler in ihrem Programm auch einen Blick zu unseren östlichen Nachbarn.

Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00

Mit dreigängigem Menü im Restaurant Blauenstein: EUR 34,00 _

Kombi-Karte für beide Konzerte der Reihe aufhOHRchen / Glanzlichter:Kat. I: VVK: EUR 29,00 Kat. II: VVK: EUR 25,00

KREMSER KAMINGESPRÄCHE——————————————————————Mi, 1. 10. 2014, 18.00 UhrVortrag am Kamin – „Im Reich der Gefühle“Referent: Univ.-Prof. Dr. Timo HeimerdingerModeration: Univ.-Prof. Dr. Konrad Köstlin

Mi, 8. 10. 2014, 18.00 UhrHeimat und FremdeDr. Ruth BeckermannUniv.-Prof. Dr. Heinrich Neisser

Mi, 12. 11. 2014, 18.00 UhrWonne und SchmerzBeate SchrottUniv.-Prof. Dr. Martin Nuhr

Mi, 10. 12. 2014, 18.00 UhrLeid und MitleidBarbara StöcklMilitärkommandant Brigadier Mag. Rudolf Striedinger

Mi, 14. 1. 2015, 18.00 UhrLiebe und HassRenate BurtscherAndreas Radovan

Patronanz: Prof. Konrad KöstlinIdee & Konzept: Dr. Edgar NiemeczekDurchführung: Dr. Jürgen Nemec

Eintritt frei, Anmeldung erbeten

Herbst/Winter 2014/15

PROGRAMM

Seit zehn Jahren steht das Haus der Regionen für erstklassige Volksmusik aus Europa und die Kremser Kamingespräche für Dialog auf hohem Niveau.

Haus der Regionen / 14

HAUS DER REGIONEN———————————————————3500 Krems-Stein, Donaulände 56 Tel. 02732 85015 [email protected]

www.volkskultureuropa.org

Mostviertel / 15

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

Page 15: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

Haus der Regionen / 14 Mostviertel / 15

Um im Rahmen der kirchlichen Erneuerung in der Gegenreformation auch eine neue Wallfahrtsepoche einzuleiten, bedurfte es eines neuen Kultgegenstandes. Der Abt des Stiftes Seitenstetten, Kaspar Plautz, ent-schied sich, das alte Dreifaltigkeitsbild mit der Krönung Mariens durch die neue, sti-listisch zeitgemäße Gnadenstuhldarstellung zu ersetzen. Denn noch immer stand der Vorwurf der Protestanten aus dem Ybbstal im Raum, auf dem Sonntagberg sei für die katholischen Pilger der Zeichenstein Ziel und Stätte ihrer Gebete. Beim Zeichenstein betete eine Hirte der seine Herde verloren hatte, so die Gründungslegende.

Gnadenstuhl …

Diesen Vorwurf wollte Abt Kaspar nun ent-kräften. Er ließ 1614 auf einer Kupfertafel ein Dreifaltigkeitsbild malen und außerhalb der Ursprungskapelle beim Zeichenstein anbringen. Auf diesem Bild erscheint Gott Vater in einem roten, weit ausgebreiteten Vespermantel. Vor der Brust hält er mit bei-den Händen den Querbalken des Kreuzes, an dem die halbfigurige Erlösergestalt hängt. Darunter schwebt in Taubengestalt der Hei-lige Geist. Das Bild zeigt also die Dreifaltig-keit in der vertikalen Anordnung des deut-schen Kreuzes. In der neuen Dreifaltigkeits-darstellung fehlt Maria, wohl ein Entgegen-kommen gegenüber den Protestanten, die ja die betonte Marienverehrung ablehnend gegenüberstanden. Ohne den Maler des Gnadenbildes wirklich zu kennen, könnte doch eine Spur nach Garsten oder in die steirische Heimat des Abtes Kaspar führen.

… auf Fassaden und Bauernkästen

Schon lange vor der Weihe der neuen baro-cken Kirche war der Sonntagberger Gna-denstuhl das charakteristische Symbol für den Wallfahrtsort. Das Motiv des Gnaden-stuhls fand weite Verbreitung. Auf unzähli-gen Andachtsbildern und Wallfahrtsanden-ken wurde die eigentümlich Trinitätsdarstel-lung in die Herkunftsorte der Wallfahrer getragen. Zahllose Kapellen und Marterln, Wegkreuze und Säulen, wie etwa die Dreifal-tigkeitskapelle in der Marktgemeinde Wolfs-bach, die Dreifaltigkeitssäulen in Etsdorf bei Grafenegg oder in Rosenau auf dem Weg zu Sonntagberg, zeigen den Gnadenstuhl. Aber

auch auf Bauernmöbeln, Betthäuptern oder auf Fassaden der Mostviertler Bauernhöfe ist der Sonntagberger Gnadenstuhl zu sehen. Nach der Fertigstellung der barocken Wall-fahrtskirche wurde neben dem Gnadenstuhl auch das vertraute Bild der zweitürmigen Anlage auf dem weithin sichtbaren Berg zu einem beliebten Bildmotiv. /

Text: Franz Überlacker

Sonntagberg

JEDEN TAG SONNTAGBERG

„Sonntagberg – Vom Hirtentraum zum Wallfahrtsort“ heißt das neue Buch der Kultur.Region Niederösterreich. Wir bringen einen Auszug.

Gnadenstuhl. Foto: RANDLOS media & kultur werkstatt

INFORMATION———————————————————Franz Überlacker: Vom Hirtentraum zum Wallfahrtsort

ISBN 978-3-901829-94-6

EUR 32, 90

Erhältlich in der Galerie der Regionen in Krems, im Buchhandel und über die Volkskultur Niederösterreich [email protected]

MUSIKANTENWALLFAHRT———————————————————Fr, 26.–So, 28. 9. 2014 10. Grenzüberschreitende Sänger- & Musikantenwallfahrt, Mariazell

Fr, 26. 9. 2014, 21.00 Uhr Musikantenstammtische

Sa, 27. 9. 2014, 20.30 Uhr Tanzfest u. a. mit niederösterreichischen Gästen: Stifta Geigenmusi, Wilhelmsbur-ger Tanzlmusi, Die Tanzgeiger, Federspiel

musikantenwallfahrt.mariazell.at

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

Page 16: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

Atzenbrugg / 16

Frühschoppen, Konzerte und Ehrungen anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Marktgemeinde

Atzenbrugg.

Ein besonders Konzert bietet einen Querschnitt durch Barock, Klassik und frühe Romantik –

verschränkt mit Volksmusik.

Die Marktgemeinde Atzen-brugg feiert ihr 60-jähriges Jubiläum. Atzenbrugg ist der Firmensitz der Kultur.Region Niederösterreich: Was 1997 gemeinsam mit der Marktge-meinde Atzenbrugg als Volks-kulturzentrum entstand, ist heute der Sitz der Holding Kultur.Region.Niederöster-reich GmbH und ihren Toch-tergesellschaften. Damals über-siedelten die beiden Gesell-

schaftervereine der Volkskultur Niederösterreich (vormals: NÖ Heimatpflege und NÖ Volksliedwerk) von Wien und Mödling nach Atzenbrugg und gründeten die Volkskultur Niederösterreich BetriebsGmbH, seitdem gilt der revitalisierte Seitentrakt des Schu-bertschlosses Atzenbrugg als Ausgangspunkt für vielfältige Impulse regionaler Kulturarbeit in ganz Niederösterreich. Zahlreiche Feste und Veranstaltungen finden im heurigen Jubiläumsjahr statt, den krönenden Höhepunkt bildet ein zweitägiges Festprogramm am 13. und 14. September 2014, dem landesweiten NÖ Dirndlgwand-sonntag. /

Orgel trifft Volksmusik im schönen Ambiente der Schlosskapelle Atzenbrugg: Elisabeth Deutsch an der Orgel, der Familiendreigesang Knöpfl sowie das Ensemble Salterina mit Werken, die für das Salterio (das barocke Hackbrett) komponiert wurden. Die Orgelmusik aus der Biedermeierzeit ist reich an Stücken, die auf die kleine Orgel in Atzenbrugg passen. Orgelmusik, und besonders barocke Musik, hat insofern eine Volksmusiknähe, als in Orgelmusik generell viele Klangbrechungen (Dreiklangszerlegungen) vorkommen. Die Orga-nistin Elisabeth Deutsch: „Orgel und Volksmusik vertragen sich gut, wenn die Orgel auf ihre Rolle als Königin der Instrumente ver- zichtet.“ /

60 JAHRE MARKTGEMEINDE ATZENBRUGG———————————————————————————————Sa, 13. 9. 2014 15.00 Uhr: ORF NÖ Radio 4/4 mit Jazz Gitti und Andy Lee Lang, Gastauftritt der Kapelle Pustertal (Freunde der Blasmusik Heili-geneich), 20.00 Uhr: „Weltpartie“ Heinz und Franz

So, 14. 9. 2014 9.00 Uhr: Platzkonzert der Blasmusik Heiligeneich 9.30 Uhr: Jubiläumsfestmesse 10.30 Uhr: Festakt mit Verleihung der Ehrenbürgerschaft an LH Dr. Erwin Pröll, anschließend Frühschoppen mit Franz Posch und seinen Innbrügglern, Volkstanz, Schuhplattlergruppen u.v.m.

ORGEL TRIFFT VOLKSMUSIK———————————————————————————————So, 5. 10. 2013, 16.00 Uhr Konzert und CD-Präsentation Schlosskapelle Atzenbrugg, 3452 Atzenbrugg

Im Rahmen der Schubertiade präsentiert die Volkskultur Nieder-österreich gemeinsam mit der Marktgemeinde Atzenbrugg ein einzigartiges Konzerterlebnis. Mit Elisabeth Deutsch (Orgel), Ensemble Salterina, Familiendreigesang Knöpfl.

Karten und Information

Tel. 02275 5234 (Marktgemeinde Atzenbrugg) [email protected]

Jubiläum

STAMM- HAUS

Orgel trifft Volksmusik

RENDEZ VOUS

Schubertschloss Atzenbrugg. Foto: Erich Marschik

Elisabeth Deutsch (links), Dr. Edgar Niemeczek, Initiator der CD „Orgel trifft Volksmusik“, und Ensemble Salterina. Foto: Erich Marschik

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Weinviertel / 17

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Weinviertel / 17

Die Kellergasse Galgenberg lädt am 4. Oktober zum Kellergassenfest. Sie zählt zu den schönsten Kellergassen des Weinviertels.

Um die Kirchturmspitze ordnen sich ordent-lich gekämmte Rebzeilen. Und runduma-dum, auf halber Höhe eines gemütlichen Hügels, stehen weiße Würfel in der herbstlich getönten Landschaft. Das ist die Kellergasse Galgenberg von Wildendürnbach, die im vergangenen Jahr mit der erstmals vom Land Niederösterreich ausgelobten Auszeichnung „Kellergasse des Jahres“ gekürt wurde. Aus-schlaggebend für die Auswahl der „Kellergas-se des Jahres“ waren laut Juryvorsitzenden und Autor Alfred Komarek der „vielschich-tige Dialog mit vorhandenen Gegebenheiten“ sowie „die Gemeinschaftsleistung der Men-schen von Wildendürnbach über Genera-tionen hinweg“. Der Preis dafür ist ein Fest, das am 4. Oktober gefeiert wird.

Die Kirchturmspitze ist das Wahrzeichen des Galgenbergs. Als die baufällige Kirche von Wildendürnbach 1972 gesprengt wurde, blieb die Turmspitze wie ein kleines Wunder so gut erhalten, dass man sich entschloss, diese am Galgenberg wieder aufzustellen. Der Name Galgenberg aber blieb, hier stand bis im Jahre 1828 ein Galgen, eher zur Abschreckung, wie die Dirnbäcker (so werden die Wildendürn-bacher genannt) gerne betonen, denn es ist nicht bewiesen, dass es jemals eine Hinrich-tung gab.

Tausendeinhundert Kellergassen

„Das vorgezogene Dach“, so der Kellergassen-führer Manfred Monetti, „ist für unsere Press-häuser typisch. Darunter fanden die Zugoch-sen bei Sonne oder Regen Schutz. Und das Türl, das im Giebel zu sehen ist – dahinter war das Heu für die Ochsen gelagert.“ Der Keller-gassenführer hat seine „Arbeitskleidung“ an, die blaue Schürze – Fiata genannt – und einen Strohhut. An die 1.100 Kellergassen gibt es im Weinviertel. Und die vom Galgenberg läuft rund um diesen sanften Hügel mit 183 Kel-lern. Die Presshäuser sind weiß gekalkt und die Giebel mit einfachen, grün gestrichenen Holzverblendungen geschmückt. „Wenn ein Presshaus instand gesetzt wird“, so Monetti, „muss man dem Maurer das Reibbrettl weg-nehmen.“ So haben es die Weinhauer immer gemacht, den die wussten damit nicht umzu-gehen und haben den Verputz mit der Bürste aufgetragen.

Nur noch vier Winzer pressen ihre Trauben in der Kellergasse, die fürs heutige „Weinma-chen“ längst unwirtschaftlich geworden ist.

KELLERGASSENFEST———————————————————Sa, 4. 10. 2014, ab 13.00 UhrKellergasse Galgenberg2164 Wildendürnbach

www.galgenberg.at www.wildendürnbach.at

Kellergasse

RUNDUMADUM

Außerdem, und das ist auch eine Besonder-heit, gibt es am Galgenberg kein Wasser. Das wurde – und wird – in Tanks herbeigeschafft. Da die Presshäuser in zwei und drei Reihen übereinander liegen, schlupfen die dazugehö-renden Keller untereinander. „Da wollte nie-mand das Risiko eingehen, eine Wasserlei-tung einzulegen, denn bei einem Rohrbruch würde des Wasser in den unterhalb liegenden Keller des Nachbarn fließen“, so der Keller-gassenführer.

Die Kellerbesitzer wechseln einander mit den Tagen der offenen Kellertüre ab. Und wenn man oft genug die Keller am Gagenberg besucht, genießt man glasweise eine 360-Grad-Panorama: mit Ausblicken auf die Pollauer Berge, auf Nikolsburg/Mikulov und Schloss Jaroslavice/Joslowitz in Mähren, in die Weite des Weinviertels – und vor den Füßen laufen die hier heimischen Ziesel umher, die sich an Nüssen, Kriecherln und Weingartenpfirsichen bedienen. Der Kren, den die Winzer vor ihren Weinstöcken gepflanzt haben, bleibt uns für die Brettljause. /

Text: Mella Waldstein

Foto: Manfred Horvath

Gemeinschaftsleistung über Generation: Kellergasse Galgenberg bei Wildendürnbach.

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Industrieviertel / 18

städter Steinkohlegewerkschaft“ die damals als „Mineralkohle“ bezeichnete abgebaut – leider mit wenig wirtschaftlichem Erfolg.

Im Jahr 1794 fassten Graf von Appony, sei-ner apostolischen Majestät wirklicher Käm-merer, der Regierungsrat Joseph Reitter und der Großhändler Bernhard von Tschoffen den Beschluss, „den Steinkohlenbau im Großen zu treiben (…) und den Transport der Steinkohlen und anderer Handelsgegen-stände durch die Herstellung eines schiff-baren Kanals zu erleichtern, dessen Fortset-zung eine ununterbrochene Wasserstraße bis in die Nähe des Adriatischen Meeres bilden würde.“ Kaiser Franz II./I., ein Förde-rer von Industrialisierung und Handel, war begeistert von diesem Projekt und beteilig- te sich wie die anderen Gesellschafter zu 25 Prozent am Grundkapital.

Wiener Neustädter Kanal

AM SCHMALSPURKANAL

Spurensuche am Wiener Neustädter Kanal – Geschichte und Gegenwart.

Leitha-Aquädukt über den Wiener Neustädter Kanal, historische Aufnahme um 1910. Foto: Industrieviertel Museum Wr. Neustadt

Die Geschichte des Wiener Neustädter Kanals aus der Zeit der industriellen Revolu-tion ist nur wenigen Niederösterreichern bekannt. Der Kanal beginnt bei Pöttsching und endete in Wien. Bis heute wird der „Schmalspurkanal“ allgemein als Fehlpla-nung betrachtet. Neueste historische For-schungen kommen zu einem gegenteiligen Schluss. 40 Jahre lang herrschte reger Fracht-verkehr zwischen Wiener Neustadt und Wien. Kohle und Holz gelangten zu den Ziegeleien, Ziegel kamen in großen Mengen nach Wien, das ohne diesen Lieferkapazi-täten nie so schnell gewachsen wäre.

Run auf Rohstoffe

Mitte des 18. Jahrhunderts führte die wirt-schaftliche und industrielle Entwicklung und ein drastisches Bevölkerungswachstum

– vor allem in den Städten – zum Run auf Rohstoffe. Und Holz war neben der Wasser-kraft Energieträger Nr. 1.

1803 schrieb der Reiseschriftsteller Joseph August Schultes in einem seiner Wanderbe-richte aus dem Voralpenbereich: „Abgeholzt sind sie vom Gipfel bis zum Fuß (…) Welch’ ein Forstskandal, Berge ganz abzutreiben!“ Holz musste aus immer entfernteren Wäl-dern herangeschafft werden und war dem-entsprechend teuer. Besonders die Eisen- und Stahlgewerke der Hammerherren stöhnten unter Holzkohlenknappheit und hohen Preisen. Steinkohle hatte sich als Alternative im Erzherzogtum Österreich noch nicht recht durchgesetzt. In der Gegend von Pöttsching und am Brennberg bei Ödenburg wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts von der „Wienerisch Neu-

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Industrieviertel / 19

„Hydraulisches Unternehmen“

Oberstleutnant Ing. Sebastian von Maillard des Genie-Corps – so hieß die Pioniertrup-pe der Armee – wurde zum „Direktor der hydraulischen Unternehmung“, Planer und Bauleiter bestellt. Maillard trat eine Studien-reise nach England an, um sich Know-how für den Kanalbau zu holen. Besonders inte-ressiert war man an der schmalen Bauweise der englischen Wasserstraßen, wodurch eine einfachere und kostengünstigere Errichtung erreicht wurde. Von Pöttsching bis Wien sollte der Wiener Neustädter Kanal eine Länge von 56 Kilometer und ein Gesamtge-fälle von 93 Meter haben. Die Weiterfüh-rung an die Adria wurde abgeblasen – unvorstellbare technische Probleme und Unfinanzierbarkeit waren die wirklichen Gründe, die man durch verschiedene Ge-rüchte zu verschleiern suchte.

In Guntramsdorf erfolgte 1797 der Start zum Bau des Wiener Neustädter Kanals, der von unzähligen Problemen begleitet war. Die Geologie des Wiener Beckens ließ die erste Probefüllung versickern, man konnte mit der Trasse auch keinem Talverlauf fol-gen, sondern stand vor der Aufgabe, Was-serläufe zu queren. Die je nach Jahreszeit stark schwankende Wassermenge der Ober-flächenwässer im Wiener Becken machte die ausreichende Befüllung des Kanals zu einem der Hauptprobleme des Projektes.

Allen Widerständen zum Trotz konnte der Kanal 1803 von Wiener Neustadt bis zum Wiener Hafen, auf dessen Areal sich heute die U- und S-Bahn-Station Wien-Mitte im 3. Bezirk befindet, befahren werden. Die Kanal-Bauwerke und die für die Infra- struktur erforderlichen Bauten wie Hafen-anlagen, Wärterhäuschen, Verladekais, Ka-nalhäuser als Stützpunkte für Besatzung und Pferde sowie Lagerhäuser wurden von Se-bastian Maillard geplant. Ein Kanalkahn war 22,8 Meter lang und 2,05 (später 2,30) Meter breit – ein Nachbau der englischen Narrow-boats – und konnte bis zu 30 Tonnen beför-dern. Ein Fuhrwerk mit zwei Pferden konn-te demgegenüber maximal zwei Tonnen bewegen. Es gab zunächst 50 Schleusen, mit denen 103 Höhenmeter überwunden wurden. Im heute noch wasserführenden Teil gibt es noch 40 Schleusenbauwerke in unterschiedlichem Erhaltungszustand. Die

Schleuse Nr. 34 in Kottingbrunn zeigte bis Jahresbeginn ein restauriertes unteres Schleusentor.

Die Mannschaft eines Schleppzuges bestand aus drei Mann, die sich in ihren Funktionen abwechselten. Der Pferdeführer – „Treidler“ genannt – führte das Pferd, welches das vom Steuermann gelenkte Boot zog, am Treidel- oder Treppelweg. Der lief entlang des Ost-ufers und unterhalb der Brücken durch. Die Fuhren mussten in beiden Richtungen gezo-gen werden, da die Strömung sehr gering war. Für die Strecke von Wien bis Wiener Neustadt benötigte man im Schnitt einein-halb Tage. Bei Nacht ruhte der Kanalbetrieb. Schiffern und Pferden standen in den „Canalhäusern“ Schlafstellen zur Verfügung. Der Schifffahrtsbetrieb lief von Anfang April bis Ende Oktober, die verbleibende frostfreie Zeit wurde für Wartungs- und Reparaturarbeiten genützt. Zu dieser „Ka-nalabkehr'“ wurde der Kanal weitgehend trockengelegt.

Hafen

Der erste Hafen beim Bahnhof Wien-Mitte wurde 1849 knappe zwei Kilometer nach Süden verlegt und an dessen Stelle 1881 der Aspangbahn-Bahnhof errichtet. Der Wiener Neustädter Hafen lag an der Ungargasse, gegenüber der Neuklosterkirche, umgeben von zahlreichen Lagerhäusern und Verlade-

Durch das Wiener Becken – der Wiener Neustädter Kanal bei Großmittel, Ebenfurth. Standbild aus der Video-Dokumentation

stellen. Von hier führte der Stichkanal zum Triangel, wo sich der Kanal nach Norden, nach Wien und nach Osten Richtung Pött-sching teilte. Ab 1822 war der Kanal in der Folge an mehrere Industrielle, Banker und Konsortien verpachtet. Durch die Wirren des Ersten Weltkriegs ging der letzte Betrei-ber de facto Pleite. Das Kanalbett war weit-gehend verlandet. 1933 entfernte die Gemeinde Wien die Kanalbauten im Stadt-gebiet. Ebenso übernahm das Land Nieder-österreich den Kanal.

In Wien erinnern Verkehrsflächen mit Namen wie „Hafengasse“, „Lagergasse“ und „Am Kanal“ an die Schifffahrtszeiten. In Niederösterreich führt ein Radweg am Kanal entlang. /

Text: Helmut Herlitschka & Josef Kovats

SPURENSUCHE AM KANAL ———————————————————210 Jahre Wiener Neustädter Kanal

Video-Dokumentation von Josef Kovats

Unkostenbeitrag (inkl. Versandkosten): DVD-R (Format 16:9): EUR 23,00 BD-R (Format 16:9): EUR 26,00

Bestellung per E-Mail: [email protected]

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

Page 20: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

Waldviertel / 20

Hopfen

DIE SEELE DES BIERS

Seit über 20 Jahren wird im Waldviertel wieder Hopfen angebaut. Beim Hopfenherbst erfahren die Besucher mehr über die „Seele des Biers“.

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

Hoch hinaus: Die Hopfenstaude kann pro Nacht bis zu 20 Zentimeter wachsen. Foto: Privatbrauerei Zwettl

Page 21: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

Waldviertel / 21

Der Hopfen wird die Seele des Bieres genannt. Im Fall der Zwettler Biere stammt diese Seele aus nächster Nähe der Braustätte. Denn das Waldviertel liefert dem Brauer nicht nur vorzügliches, nämlich weiches Wasser, sondern auch die Zutaten, die den Bieren Kraft und Aroma verleihen: Brauger-ste für das Malz und eben Hopfen. Der Hopfenanbau im Zwettler Land hat Tradi-tion, das zeigen alte Wegbezeichnungen wie Hopfenleitn und Hopfendank. Doch erst auf eine Initiative der Privatbrauerei Zwettl wurde der zwischenzeitlich zum Erliegen gekommene Hopfenanbau wieder aufge-nommen und zu neuer Blüte geführt.

Hopfen ist nicht nur die Seele, sondern für den Geschmack des Biers verantwortlich. Er verleiht dem Bier das typisch herbwürzige Aroma, sorgt für die Standfestigkeit des Schaums und verbessert die Haltbarkeit des Getränks. Deshalb ist die Qualität des Hop-fens nicht nur für den Wohlgeschmack des Bieres von besonderer Bedeutung. Die Kul-tivierung der Hopfenpflanze stellt allerdings eine herausfordernde Aufgabe dar, gedeiht doch der Hopfen nur unter speziellen Boden- und Klimabedingungen. Hopfen braucht einerseits kraftvolle Sonnenein-strahlung, andererseits aber markante Tem-peraturunterschiede zwischen Tag und Nacht, denn in kühlen Nächten veratmet die Pflanze weniger Inhaltsstoffe. Genau dieses Wechselspiel zwischen heißen Hochsom-mertagen und frischen Nächten ist im Wald-viertel gegeben. Auch die für den Hopfen unentbehrliche Grundfeuchte im Boden bietet das hügelige Waldviertel, weil sich in den kleinen Tälern der Morgennebel und

damit die Feuchtigkeit länger hält. Der Hop-fenanbau stellt „hohe“ Anforderungen. Das Gerüst für den sich rankenden Hopfen ist sieben Meter hoch, die Pfosten sind meist alte Telegraphenmaste.

Das Waldviertel ist für den Hopfenanbau also hervorragend geeignet, weshalb die Pri-vatbrauerei Zwettl den Hopfenanbau in der „Zwettler Biernatur“ nach Kräften fördert. Sieben Landwirte kultivieren für die Zwett-ler Brauer 16 Hektar Hopfengärten und versorgen damit die Brauerei fast vollständig mit dieser unverzichtbaren Zutat. Die Pri-vatbrauerei ist damit die einzige Brauerei Österreichs, die ihren Hopfen aus der unmittelbaren Umgebung der Braustätte beziehen kann.

Nicht nur das ist eine Besonderheit, auch die Hopfensorten für die Zwettler Biere sind speziell. Angebaut werden „Zwettler Perle“ und „Hallertauer Tradition“. Beide sind sehr aromatische Mittelgebirgshopfen, die in der kurzen Vegetationsperiode des Waldviertler Klimas vorzüglich gedeihen und so zum markanten Geschmack der Zwettler Biere beitragen. Hopfen ist aber nicht nur bezüg-lich des Klimas und der Böden recht heikel, er braucht auch viel Pflege. Verständlich wird das, wenn man sich vor Augen hält, dass die Hopfenpflanzen pro Nacht bis zu 20 Zentimeter wachsen und ihre Trieb- spitzen bis in Höhen von mehr als acht Metern recken können.

Besucher der Ende August beginnenden Waldviertler Hopfenernte können dieses Ereignis übrigens hautnah erleben. /

Privatbrauer Karl Schwarz (links) und Braumeister Heinz Wasner prüfen Zwettler Hopfen.

Foto: Manfred Horvath/Privatbrauerei ZwettlDie goldenen Kügelchen in den Hopfendolden bringen den markanten, bitterherben Geschmack ins Bier.

Foto: Privatbrauerei Zwettl

HOPFENHERBST———————————————————Wo geerntet wird und welche Landwirte geöffnet haben, erfahren Sie unterwww.zwettler.at

DAS WALDVIERTEL TANZT———————————————————Sa, 4. 10. 2014, 20.00 UhrGasthaus Klang 3903 Echsenbach, Marktplatz 6

Unter dem Motto „Wir tragen Nieder-österreich“ geht am Samstag, dem 4. Oktober in Echsenbach ein Ball der besonderen Art über die Bühne. Das Tanzforum der Volkskultur Nieder-österreich lädt mit den Volkstanzgruppen Großglobnitz, Großhaselbach und Süßen-bach sowie der Landjugendgruppe Bezirk Allentsteig zum Tanzen in Dirndl und Trachtenanzug ein. Mit der Damenspen-de bekommt jede Dame zu Beginn eine Tanzkarte mit einer Liste von Tänzen. Diese kann die Dame jeweils für einen speziellen Tanzpartner reservieren. Jung und Alt kann sich an der mitrei-ßenden Tanzmusik der Stammtischmusi Wieselburg erfreuen. Es wird auch die Möglichkeit geben, einfache Volkstänze unter fachkundiger Anleitung zu erlernen.

waldviertel.tanzt EUR 8,00 Tischreservierung: Tel. 02849 8208

Information Tel. 0664 8223963 (Andreas Teufl)[email protected]

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

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Brandlhof / 22

Wer wollte nicht behütet sein? Doch selten gehen wir behütet durchs Leben. Hüte wer-den allenfalls bei einer Hochzeit – da kann es ein extravagantes Modell sein – getragen, bei Hitze eignet sich ein Sonnenhut, bei Schnürlregen wird im Salzkammergut ein Filzhut aufgesetzt. Die Kremser Modistin Helga Hintermeier zeigt am Handwerks-markt Arbeitsschritte aus dem schier uner-schöpflichen Variationsreichtum der Hut-macherei. Zur Anwendung kommen die

unterschiedlichsten Materialien wie Filz, Stroh, Seide, Stoffe oder Pelz.

Vom Stumpen zum Hut

Der klassische Hut besteht in der Hauptsa-che aus Filz. Und in der Werkstatt reihen sich in Regalen die gedrechselten Holzmo-deln in verschiedenen Formen und Kopf-größen. Der noch unbearbeitete Filz – Stum-pen genannt – wird in einem Dampfkessel

erhitzt und über die Holzmodel gezogen. Dann kommt er in eine Trockenkammer und wird danach wiederum befeuchtet, gedehnt und zugeschnitten. Anschließend wird die Oberfläche behandelt und der Rand je nach Modell bearbeitet. Bügeleisen und nasser Lappen sind ständige Begleiter in einer Hutwerkstatt. Das Detail macht den Hut zum Kunstwerk: gekräuselt, gefaltet, gewellt und mit allerlei Zierrat besteckt.

Handwerk

KOPFSTÜCKE & CO

„Von Kopf bis Fuß“ lautet des Thema beim Handwerksmarkt am Sonntag, den 5. Oktober am Brandlhof.

Modistin Helga Hintermeier in ihrer Kremser Werkstatt.

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Auch Elfriede Kristament aus Mautern in der Wachau arbeitet an einem Kopfstück. Sie wird an einer Wachauer Haube arbeiten. „Die Wachauer Haube ist nicht so reich bestickt wie die Linzer Goldhaube“, so Elfriede Kristament. „Ihr Merkmal ist das gezogene Brettl.“ Das ist die brettartige Ver-größerung des oberen Bodenrandes. „Brett“ und Kopfteil sind zumeist aus gelbem, bro-katähnlichen Stoff oder schwarzem Samt gearbeitet und mit Klöppelspitze verziert. Außerdem wird sie alte Hauben aus ihrem Goldhauben und Trachtenmuseum mitneh-men. Dort sind 63 Hauben ausgestellt – „und zu den allermeisten gibt es auch eine Geschichte dazu“, so Elfriede Kristament, die seit zehn Jahren historische Hauben sammelt.

Mäusezähne

„Lebendes Handwerk“ zeigt die Trachten-schneiderin Maria Schwarz. Sie näht Mäuse-zähnchen und Ajourstickerei. Dieser gezackte Abschluss bei Ärmeln und Aus-schnitt ist nicht nur Verzierung, sondern festigt auch den strapazierten Rand eines Wäschestücks. Eine weitere Technik, mit der Dirndlblusen verziert werden können, ist die Ajourstickerei. Unter Ajourstickerei ver-steht man eine Stickerei, bei der mit einem Faden locker gewebte Stofffäden zusam-mengezogen werden, wodurch Durchbrü-che entstehen. Mit unterschiedlichen Stich-variationen erreicht man unterschiedliche Arten von Durchbrüchen, die von Maria Schwarz vorgeführt werden. Außerdem wird sie einen Dirndlleib ausstellen an, dem man die unterschiedlichen Arbeitsschritte

verfolgen kann, sowie Dirndln aus dem Weinviertel.

Filzen und Walken

Aus der Obermühle kommt Gewalktes und Gefilztes. Die Obermühle in Tiefenbach ist eine der letzten Handwebereien in Öster-reich, die noch gewerblich genutzt wird. Aus der Textilregion des Waldviertels sind nur mehr wenige Textilbetriebe übrig geblieben. Eine der wenigen Walkmühlen, die noch in Betrieb sind, ist die Obermühle. Im Hoch-mittelalter entstanden Walkmühlen, wo unter fließendem Wasser mit Hämmern auf das Gewebe eingeschlagen wurde. Davor wurde der gewebte Wollstoff durch Treten mit den Füßen, Drücken und Ziehen so lange bearbeitet, bis sich die Wollfasern ver-filzten und die Weblöcher schlossen. Diese Art von Stoff wurde Tuch genannt. Das Wort „walken“ leitet sich aus dem althoch-deutschen Wort „walchan“ für „kneten“ ab. Das englische Wort „to walk“ für „gehen“ bzw. „spazieren“ ist auf diese Art der Stoff-bearbeitung – walken – zurückzuführen.

Die Wolle ist die einzige Faser, die verfilzen kann. Das macht das Material strapazierfä-hig, windundurchlässig und durch das Aus-richten der Faser (in den Strich legen) außerdem noch wasserabweisend, wobei auch der Lanolingehalt der Wolle ausschlag-gebend ist. In der Obermühle können die Produktionsschritte vom Reißwolf über die Karde (kardieren) bis hin zur Nadelfilzma-schine und Walke verfolgt werden. Am Brandlhof wird das Filzen gezeigt. Gefilzt wird mit bunten Wollfliesen, wobei durch

Trachtenschneiderin Maria Schwarz. Foto: z. V. g. Das Formen der Hüte in der Werkstatt Hintermeier. Filzen in der Waldviertler Obermühle.

Brandlhof / 23

HANDWERKSMARKT ———————————————————So, 5. 10. 2014, 10.00–18.00 UhrBrandlhof, 3710 Radlbrunn

Altes Handwerk, Volksmusik und

Herbstspezialitäten

InformationTel. 02956 81222, 0664 8208595 (Eva Zeindl)

www.volkskulturnoe.at

BUCHTIPP———————————————————Handwerkskunst von Kopf bis FußMargarete Jarmer, Regine Willenig-Pfeifer

Verlag Bibliothek der Provinz

ISBN 978-3-99028-266-3

EUR 38,00

die Bearbeitung mit heißem Wasser und mithilfe von Seife Hauspatschen oder Han-dyhüllen entstehen.

„Handwerkskunst von Kopf bis Fuß“ heißt der Bildband der Fotografin Magarete Jarmer mit Texten von Regine Willenig-Pfeifer. Sie haben Textilhandwerk aus Wien und Niederösterreich porträtiert. Beim Handwerksmarkt am Brandlhof werden sie von ihrer Arbeit berichten. /

Text: Mella Waldstein

Fotos: Margarete Jarmer

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Brandlhof / 24

Obwohl ich als Jahrgang 1963 noch nicht zu den Methusalems gehöre, kann ich mich noch gut erinnern, wie sich bei uns früher besonders in den Maien- und Frühsommer-tagen vom „Sommerhüttl“ abends der Klang von zwei Flügelhörnern friedlich über das Dorf breitete. Das gehört zu den Jugenderin-nerungen, der Feierabend wird nun schon lange nicht mehr mit Liedern und Weisen eingeleitet. Und doch hat das „Weisenblasen“ in den letzten Jahren im Alpenraum durch Seminare, Kurse, Veranstaltungen und sogar

Wettbewerbe einen Aufschwung genommen und erfreut sich großer Beliebtheit.

Unter „Weisenblasen“ versteht man das Musizieren von Liedern, Jodlern und alpen-ländischen Weisen vorwiegend mit Blech-blasinstrumenten, vom Duo bis zum Sextett. Bevorzugte Instrumente sind ob ihres wei-chen Klanges vor allem die weit mensu-rierten Instrumente wie Flügelhörner, Te-norhörner, Hörner und Tuben, aber auch Trompeten und Posaunen finden häufig

Verwendung, wenn bei Gipfelmessen, Wei-senbläsertreffen, Volksmusikveranstaltun-gen jeglicher Art oder einfach im privaten Kreis eine „Weis“ angestimmt wird.

Gemeinsames Spüren

Weisenblasen ist innerhalb der alpenlän-dischen Volksmusik ohne Zweifel etwas vom Schwierigsten – auch wenn es so einfach klingt. So eminent viele Faktoren müssen zusammenstimmen, damit es zum Klanger-lebnis und zur Emotion wird. Voraussetzung ist sicher – wie bei allem Musizieren – das Können der Musizierenden auf ihren (hof-fentlich guten) Instrumenten. Aber gerade bei diesen getragenen Melodien kommt der Tongestaltung und dem Klang eine ganz besondere Bedeutung zu. Die Intonation ist ein ständiges Thema beim Musizieren, viel-leicht nirgends so heikel und auffällig wie beim Weisenblasen.

Auch wenn gute Bläser zusammenkommen, kann es bald ganz „passabel“ und „anstän-dig“ klingen – wirklich berühren kann das Musizieren nur, wenn sich die Musiker auch mit den Liedweisen oder Jodlern auseinan-dersetzen. Zu sehr sind diese einfachen Wei-sen von einem gemeinsamen Spüren abhän-gig, von einer einheitlichen Klangkultur, von Anfangs- und Schlussgestaltung, von gemein-samer Agogik, im Optimalfall von einem einheitlichen Vibrato. Die Orientierung bei geblasenen Liedern sollte am Gesang erfol-gen, in der Tongebung, im Tempo und in der Gestaltung. Insofern ist natürlich auch der Text der Lieder sehr wesentlich, um ein Lied entsprechend zu gestalten und nicht nur ver-

Weisenblasen

DAS WICHTIGSTE STEHT NICHT IN DEN NOTEN

Gedanken zum Weisenblasen vom Volksmusikanten und Koordinator für Volksmusik und Blasmusik im ORF Tirol, Peter Kostner.

Weisenblasen am Brandlhof: Bei getragenen Melodien kommt der Tongestaltung und dem Klang eine ganz besondere Bedeutung zu. Foto: Helmut Lackinger

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Brandlhof / 25

meintlichen Schönklang zu produzieren. Die Noten allein sind sicher zu wenig!

Diese Musik ist nicht spektakulär und ver-langt den heute gut ausgebildeten jungen Musikern technisch wenig ab. Aber gerade das Unspektakuläre wird zur Herausforde-

rung, das Einlassen auf Ruhe, Klang, Gestal-tung und gemeinsames Empfinden. Die menschliche Komponente – das gemein-same Verstehen, sich Mögen und Kennen – ist beim Weisenblasen ein nicht zu überse-hender Faktor. /

Die Orientierung bei geblasenen Liedern sollte am Gesang erfolgen, in der Tongebung, im Tempo und in der Gestaltung. Foto: Helmut Lackinger

LIEDER- & WEISENBLASEN IM BRANDLHOF———————————————————So, 21. 9. 2014, 14.00 Uhr

Brandlhof 3710 Radlbrunn 24

Die Bezirksarbeitsgemeinschaft Holla-brunn des Niederösterreichischen Blas-musikverbands lädt gemeinsam mit dem Musikverein Radlbrunn im idyllischen Ambiente des Brandlhofs zur Präsenta-tion von Liedern und Weisen, intoniert von Blechbläserensembles des Bezirks Hollabrunn.

Bei Schlechtwetter findet die Veranstal-tung im Dorfzentrum Radlbrunn statt.Eintritt frei.

www.noebv.at

www.facebook.com/pages/Musik- verein-Radlbrunn/240621749335278

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Musikschulen / 26

Vermittlung

MUSIKALISCHE BRÜCKEN SCHLAGEN

Musikvermittlung soll Neugier auf Musik erwecken, neue Hörerfahrungen ermöglichen und Bewusstsein für Musik als Kulturgut schaffen.

Auf der Bühne mimt eine geschmückte Lei-ter den Mast eines riesigen Segelschiffes, die Piraten – allesamt verkleidete Musiker – bereiten sich mit ihrem Kapitän auf das Ablegen des Segelschiffes vor. Der Anker wird mit Hilfe des Piratennachwuchses gelichtet. Bei jedem Zug ertönt ein Ton der Tonleiter, welche in eine Melodie übergeht, die auch später noch zu hören sein wird. Geschafft – die musikalische Reise geht los. Bei diesem Abenteuer ist der Kapitän eine Musikvermittlerin, der Piratennachwuchs

das Publikum: Kinder zwischen sechs und zehn Jahren. Musikvermittlungskonzerte wie diese sind nur ein kleiner Teil der gro-ßen Palette an Angeboten im Bereich Musik-vermittlung. Ein Begriff, der zwar mittler-weile inflationär verwendet wird, dennoch aber nicht in einem einzigen Satz beschrie-ben und definiert werden kann. Längst gilt Musikvermittlung jedoch als fester Bestand-teil unseres Konzertlebens – sei es der Ein-führungsvortrag vor dem Konzert, das begleitende Programmheft oder die Mode-

ration zwischendurch, all das kann genauso Musikvermittlung genannt werden wie auch speziell für Kinder zugeschnittene Konzert-formate oder ein Hörbuch. Ebenso vielfältig ist auch die Umsetzung einzelner Projekte; wie die Definition des Begriffes, gibt es auch die Methode nicht. Das Angebot reicht von Projekten für ganz junges Publikum bis hin zu Erwachsenen oder Gruppen und schließt dabei eine bunte Palette an aufbereiteten Zugängen und Konzepten ein.

Das Konzert als musikalisches Erlebnis.

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Musikschulen / 27

Vorreiter Leonard Bernstein

Ursprünglich ging die Musikvermittlung vom angelsächsischen Raum aus und von der Überlegung, wie Musiker ihre Musik idealerweise positionieren können – ganz nach dem Motto: Veränderung im Musikbe-trieb beginnt beim Künstler selbst. Berühmt geworden ist die von Leonard Bernstein initiierte Konzertreihe „Young People’s Con-cert“, wo Bernstein selbst als Moderator und somit auch als Musikvermittler in seinen Kinderkonzerten agierte.

Im deutschsprachigen Raum nahm die Hochschule für Musik Detmold mit der Gründung eines Studiengangs „Musikver-mittlung“ eine Vorreiterrolle ein. Der Hin-tergrund dafür war, im Gegensatz zu den angelsächsischen Modellen, junges Publi-kum zu begeistern und somit auf einen Publikumsschwund in den Konzerthäusern zu reagieren. Seit dem Wintersemester 2009 bietet auch die Anton Bruckner Privatuni-versität einen Masterlehrgang im Bereich Musikvermittlung an, zu dessen Absol-venten bereits einige niederösterreichische Musikschullehrer zählen.

Mit dem Einbeziehen von Methoden des Marketings und der kulturellen Bildung treffen in der Musikvermittlung Gegensätze aufeinander: Einerseits sollen die Interessen des Anbieters und andererseits jene des Publikums gewahrt werden. Diese Gegen-sätze ergänzen und wirken im Feld der Musikvermittlung, welche dennoch pädago-gische Ziele voranstellt. Neben diesen Zielen hat Musikvermittlung stets auch soziokultu-relle Anliegen. Die Vernetzung von Städten, Regionen oder Bevölkerungsgruppen ist genauso Teil von Musikvermittlungspro-jekten. So definieren Musikvermittler neben ihren pädagogischen Anliegen auch das Umsetzen von gesellschaftlichen Impulsen in einer Stadt und die regionale Kulturarbeit als Ziel ihrer Arbeit.

Das Gemeinsame zwischen Musik und Publikum

Musikvermittler – das sind heute nicht nur Musiker auf der Bühne, sondern auch solche im Klassenzimmer, Moderatoren und Päda-gogen, Lehrende an Schulen und Hochschu-len und viele mehr. Musikvermittlung sucht und unterstützt stets das Gemeinsame zwi-schen Musik und Publikum. Sie setzt an der Schnittstelle zwischen Kunst und Bildung an und schafft mit Impulsen aus der kulturellen Bildung, dem Kulturmanagement und der Kulturpolitik Räume und persönliche Begegnungen zwischen Künstlern und Publikum.

Musik muss entdeckt werden

Familienkonzerte gelten als Treffpunkt für Generationen; Kinderkonzerte greifen The-men und Methoden auf, die voll und ganz auf ihre Zielgruppen abgestimmt sind. Konzerte an Orten wie Kindergärten, Jugendzentren, Krankenhäusern, Altenheimen oder Gefäng-nissen sollen das Publikum dort abholen, wo es sich befindet, und von dort aus einen Zugang zur Musik schaffen. Dabei geht es nicht immer nur um Rezeption, sondern soll auch zum Mitmachen animieren – der Klang und die Musik können entdeckt und müssen nicht gelehrt werden. Workshops und Grup-penangebote sollen dazu motivieren und ermuntern. Neben moderierten und insze-nierten Konzerten sowie Workshops ergän-zen auch konzertpädagogische Einführungen die musikvermittlerische Arbeit.

Zentrales Thema von Kinder- und Jugendkonzerten stellen oft Instrumentenvorstellungen dar.

KONTAKT & INFORMATION———————————————————Musikschulmanagement Niederösterreich

Mag. Marie-Luise Haschke MAS, MA Bereichsleitung Musikvermittlung Tel. 0664 88988312 [email protected]

www.musikschulmanagement.at

Musikvermittlung im Musikschulmanagement

Musikvermittlung gekoppelt an eine Ser-viceeinrichtung für Musikschulen stellt ein neues Feld dar. Das Musikschulmanagement Niederösterreich hat also mit dem Bereich „Musikvermittlung“ ab dem Schuljahr 2014/15 nicht nur einen neuen Bereich geschaffen, sondern möchte damit vielmehr auch eine neue Richtung einschlagen. Dabei gilt es jedoch, Musikvermittlung von Musik-pädagogik, wie sie an Schulen oder Musik-schulen angewandt wird, abzugrenzen. Musikvermittlung konzentriert sich eher auf die Annäherung an ein Rezeptionsverhalten und weniger auf das aktive Musizieren, auch wenn dieses natürlich immer einen Bestand-teil jeglicher Angebote darstellt.

War Musikvermittlung bisher eher bei Orchestern oder an Konzerthäusern zu fin-den, so will man nun durch die Unterstüt-zung regionaler Musikschulprojekte ver-stärkt an der Basis agieren. Andererseits werden speziell abgestimmte Projekte für Kinder und Jugendliche entwickelt und somit eine Brücke zu den Kulturträgern von morgen geschlagen. Neugier wecken, neue Hörerfahrungen ermöglichen, die Musik in den eigenen Händen entstehen lassen und sie somit zu einem Teil von sich selbst werden zu lassen – das alles schafft Bewusstsein für Musik als Kulturgut. Ein Kulturgut, das von versierten Musikern mit Leben erfüllt wird und sich sicherlich auch in Zukunft eines breiten und bunten Publi-kums erfreuen wird können. /

Text: Katharina Heger & Marie-Luise Haschke

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

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Niederösterreichische Begabtenakademie / 28

Ausgegrenzte Streber, unterforderte Klas-senclowns oder eigenartige Freaks. Auch Begabte kämpfen mit Vorurteilen und sozia-len Problemen im Schulalltag. „Wenn Bega-bung nicht erkannt und gefördert wird, dann kann sie für Kinder und Jugendliche auch zur Belastung werden“, erklärt Chris-

tina Gansberger, Projektmitarbeiterin der Niederösterreichischen Begabtenakademie. „In der Niederösterreichischen Begabten-akademie helfen wir jungen Menschen dabei, eine Begeisterung für ihre besonderen Fähigkeiten zu entwickeln.“

Martin Peter, Projektleiter der Niederöster-reichischen Begabtenakademie, ist ebenfalls davon überzeugt, dass sich die Begabung junger Menschen nicht von selbst entfaltet: „Kinder und Jugendliche brauchen für die Entwicklung ihrer Potenziale und Talente eine gezielte Förderung. Und genau diese

Förderung

BEGEISTERT DIE BEGABTEN!

Die Niederösterreichische Begabtenakademie sucht, findet und belebt die Begabungen junger Menschen.

Die Angebotspalette der Niederösterreichischen Begabtenakademie umfasst Literatur, Philosophie, Kunst, Fremdsprachen, Geschichte, Gesellschaft, Natur, Technik, Logik und Mathematik. Foto: iStock

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Page 29: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

Niederösterreichische Begabtenakademie / 29

gezielte Förderung wollen wir in der Nie-derösterreichischen Begabtenakademie an-bieten.“

Begabtenfreundliches Klima

Die Niederösterreichische Begabtenakade-mie wurde 2008 gegründet – ihre beeindru-ckende Bilanz kann sich sehen lassen. Insge-samt sind für 2.400 angebotene Kurse rund 15.000 Anmeldungen in allen fünf Bildungs-regionen des Bundeslandes eingelangt. Mehr als 7.000 Kinder haben die Niederösterrei-chische Begabtenakademie bisher absolviert. „Es ist uns gelungen, ein begabtenfreund-liches Klima in Niederösterreich zu erzeu-gen“, freut sich Peter.

Die Referierenden der Niederösterreichischen Begabtenakademie kommen sowohl aus dem pädagogischen als auch aus dem wissen-schaftlichen Bereich. Viele der Referierenden haben mit dem renommierten ECHA- Diplom eine Zusatzqualifikation zur Begab-tenförderung erworben.

Mit einem konstanten Ausbau des Angebots will die Begabtenakademie ihre Erfolgsge-schichte fortschreiben. „Unser Ziel ist es, eine möglichst flächendeckende Begabten- und Begabungsförderung in Niederöster-reich zur Verfügung zu stellen“, so Peter.

„Ein Schlüssel zur Erreichung dieses Ziels ist die Kommunikationsoffensive der Nieder-österreichischen Begabtenakademie“, meint Gansberger. Sie ist stets und ständig mit Eltern sowie Pädagogen in Kontakt, um dafür zu sorgen, dass die Kurse der Begab-tenakademie bekannt und die Begabungen von Kindern und Jugendlichen entdeckt werden.

Begabung heißt Kreativität

Die Begabtenakademie ist Teil der Nieder-österreichischen Kreativakademie. „Bega-bungs- und Kreativitätsförderung kann man nur gemeinsam betrachten. Schließlich geht es bei beiden Ansätzen darum, die speziellen Fähigkeiten junger Menschen zu entfalten. Begabung entsteht, wenn kognitive Fähig-keiten auf Motivation und Kreativität stoßen“, schildert Giuseppe Rizzo, Projekt-leiter der Niederösterreichischen Kreativ-akademie.

Wenn die Begabung junger Menschen geför-dert wird, dann können vorhandene Pro-bleme mit kreativeren Denkansätzen gelöst werden. „Eine Investition in die Kreativitäts- und Begabungsförderung ist also eine direkte Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft“, meint Rafael Ecker, Geschäfts-führer der NÖ Kreativ GmbH, unter deren Dach sich die Niederösterreichische Begab-tenakademie befindet.

Ausgetretene Pfade verlassen

Literatur, Philosophie, Kunst, Fremdspra-chen, Geschichte, Gesellschaft, Natur, Tech-nik, Logik und Mathematik – die Angebots-palette der Niederösterreichischen Begab-tenakademie ist genauso breit gefächert wie die Begabungen junger Menschen. Die Kurse richten sich an Kinder zwischen sechs und 19 Jahren.

„In der Niederösterreichischen Begabten-akademie legt man Wert darauf, verschie-dene Disziplinen zu kombinieren und über den Tellerrand hinauszublicken. Kreative Ansätze in allen Disziplinen sollen den jun-gen Menschen einen neuen Zugang zu intel-lektuellen Herausforderungen bieten und ihnen Anstöße geben, ausgetretene Pfade auch zu verlassen“, so Peter. „Daher lautet unser Schwerpunkt ‚Kunst trifft Wissen-schaft und Technik‘. Auf dieser interdiszipli-nären Spielwiese können die Kinder und Jugendlichen ihre Begabung in kreativer Weise mit Leben erfüllen.“ /

Text: Markus Kiesenhofer

NIEDERÖSTERREICHISCHE BEGABTENAKADEMIE———————————————————Eignet sich ein Kind bzw. ein Jugend-licher für die Niederösterreichische Begabtenakademie?

Folgender Fragebogen dient zur Unter-stützung bei der Entscheidungsfindung. Es müssen natürlich nicht alle Kriterien zutreffen!

Das Kind …

[ ] lernt sehr schnell und es bedarf kaum einer Wiederholung von Anleitungen.

[ ] liest sehr viel von sich aus und bevor-zugt Bücher, die über seine Alters-stufe deutlich hinausgehen.

[ ] ist sehr neugierig und wissbegierig.

[ ] zeigt in der Festigungsphase von Lernstoff rasch Langeweile.

[ ] ist flexibel im Denken und besitzt daher die Fähigkeit, ein Problem aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

[ ] kann sich beim Verfolgen von Inter-essen lange konzentrieren.

[ ] kann auch mehreren Dingen gleich-zeitig Aufmerksamkeit schenken.

[ ] blüht bei selbständig auszuführenden und herausfordernden Aufgaben auf.

[ ] kann rechnerische bzw. mathemati-sche Aufgaben deutlich schneller oder besser lösen als Gleichaltrige.

[ ] zeigt einen für sein Alter ungewöhn-lich großen Wortschatz.

[ ] verfügt über ein hohes Spezialwissen, das außerhalb des altersentsprechen-den Wissens liegt, etwa in Bereichen wie Pflanzen, Tiere, Computer, Astronomie etc.

[ ] kann sich Flächen und Figuren sehr gut geistig vorstellen und mit diesen umgehen; es zeichnet etwa geome-trische Figuren oder Gebäude aus verschiedenen Perspektiven.

INFORMATION———————————————————NÖ Begabtenakademie Mag. (FH) Christina Gansberger Alice Marcharth

3109 St. Pölten, Hypogasse 1 Tel. 02742 9005-16842

noe-begabtenakademie.at

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

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Bücher, CDs & feine Ware / 30

AUSLAGE

CATCH-POP STRING-STRONG——————————————————————

Jelena Popržan und Rina Kaçinari EUR 16,00Erhältlich über: www.col-legno.com

Mit ihrer einzigartigen Bühnenpräsenz, über-raschenden Vokalvolten, komödiantischen Einlagen und ihrem – für zwei Streichinstru-mente (steht für „String-Strong“) – unge-wöhnlichen Groove stellen die serbische Brat-schistin/Sängerin Jelena Popržan (steht für „Pop“) und die albanische Cellistin Rina Kaçi-nari (steht für „Catch“) aus dem Kosovo eine erfrischende Ausnahme in der österreichischen Musiklandschaft dar. Ihr Repertoire reicht von balkanischem Folk über eigenwillig arrangier-te Klassik und Improvisation bis zu Kurt Weill und Bert Brecht. Das Herz ihrer Darbietungen aber stellen ihre Eigenkompositionen dar. Beide Musikerinnen können neben Engage-ments im Klassikbereich auf genreübergrei-fende Spielerfahrung zurückgreifen (Mala Junta, Uli Drechsler Cello Quartet, Nataša Mirković De Ro & Matthias Loibner, Vienna Art Orchestras, Sormeh).

Die Wahlwienerinnen Jelena Popržan und Rina Kaçinari steuern einige pikante Gewürze zum österreichischen Musikschaffen, aber auch zum „Wiener Schmäh“ bei. Mit Eleganz und Selbstbewusstsein haben sie sich ihren künstlerischen Raum geschaffen, der aus Wien nicht mehr wegzudenken ist. Mit viel Respekt überbrücken Jelena Popržan und Rina Kaçina-ri Kulturen, Jahrhunderte und musikalische Traditionen mit einer Leichtigkeit und Selbst-verständlichkeit, die ihresgleichen sucht. /

FRANUI: DIE BOX——————————————————————

EUR 30,00 Erhältlich über: www.col-legno.com

Die Trilogie über die Liedkunst des 19. Jahrhun-derts legendär interpretiert von der Osttiroler Musikbanda und nun in eine Box gepackt: Schu-bertlieder / Brahms Volkslieder / Mahlerlieder. Ergänzt mit einem Text von Christian Seiler: „Manchmal klingen Franui auch wie eine Blas-kapelle. Dann macht die Tuba von unten Druck, und oben gerät etwas in Bewegung. Die Trompe-ten, stampfend. Rollend, das Saxophon, quiet-schend, die Klarinette, und gleich bricht der Schweiß aus. Das können Franui auch. Aber dann Stille. Nur noch das Schweben eines Harfen-akkords, vielleicht das gepflegte Plong-Plong des gezupften Kontrabasses. Dann wird gesungen. Aus voller Kehle, und was zuerst einen Moment lang ans Wirtshaus erinnert, nach der dritten Runde Bier, verdichtet sich plötzlich zu seraphini-schem Schweben, zu Wohlklang aus feinstem, transparentem Stoff. Doch gerade, als man die Kapelle als schlussendlich sensibel zu durchschau-en meint, bricht wieder der Lärm los, wummta, wummta, und die Blaskapelle fährt den Sensibel-chen mit vollem Trara über die Krawatte.“ /

KLINGENDES ÖSTERREICH: DAS BESTE VOM BESTEN——————————————————————

EUR 14,90 (zzgl. Versandkosten)Erhältlich über: [email protected]

Klingendes Österreich, moderiert von Sepp Forcher, wird seit 1986 vom ORF ausgestrahlt.

Das Beste vom Besten vereint u. a. die Jubi-läumsfanfare mit den Parforcehornensemble Windhag, das Ybbsitzer Männerquartett, die Werksmusikkapelle Tenneck, den Perstl Vier-gesang oder die Buchbergmusi. /

ANSTRUDELN BIS ZACHERLIN——————————————————————

Elsbeth Wallnöfer: Märzveigerl und Suppenbrunzer Verlag Anton PustetISBN 978-3-7025-0749-7, EUR 24,00www.pustet.at

Hinter Austriazismen steckt immer eine Geschichte. Die Autorin hat eine Sammlung angelegt, die erkenntnisgewinnend durch Öster-reich führt. Anstrudeln hat nichts mit abstrudeln zu tun; Ersteres kommt aus dem weiten Feld der Heurigenkultur, wenn Musiker gegen Bezahlung am Tisch des zahlenden Besuchers spielen, Letzte-res ist uns aus dem Alltag bekannt. Johann Zacherl (1914–1888) brachte aus dem Kaukasus die Blätter des Pyrethrums mit, die als wirksamer Schutz gegen Ungeziefer verwendet werden. Er schloss mit den Vorstehern der Dörfer Verträge ab, ließ die Blüten sammeln, nach Tiflis bringen und dort zu Pulver vermahlen – das Zacherlin. Die Zacherlfabrik in Wien-Döbling zeugt bis heute vom Erfolg des auch als „Persischen Pul-vers“ bekannten Insektenvertilgungsmittel.

Der titelgebende Suppenbrunzer ist übrigens eine Taube: Nämlich die Darstellung des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube, die sich vor allem in Tiroler Stuben über dem Esstisch fand. Die aufsteigenden Dämpfe der heißen Suppe konden-sierte am Korpus der Taube und tropfte von dort wieder in den Suppentopf – deshalb wird der Heilige Geist „despektierlich, aber lebensnah als Suppenbrunzer“ bezeichnet. /

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Bücher, CDs & feine Ware / 31

DOM DER WACHAU——————————————————————

Herbert Karner und Erich Neumeister: Dom der Wachau – Eine Einordung ISBN 978-3-200-03635-2, EUR 24,90 Erhältlich im Buchhandel, auch in der Galerie der Regionen in Krems

„Dom der Wachau – eine Einordnung“ lautet der Titel des Prachtbands, den die Pfarre St. Veit anlässlich ihres 1.000-jährigen Bestehens heraus-gebracht hat. Auf 100 Seiten werden in dem neuen Buch unter anderem die Geschichte von Bau und Ausstattung der Barockkirche sowie die Herkunft und Bedeutung der Bau- und Dekor-gesteine näher beleuchtet. Hauptverantwortlich für den Text zeichnet der Kremser Kunsthistori-ker Herbert Karner, die zahlreichen Bilder stam-men vom Wachau-Fotografen Gregor Semrad. /

900 JAHRE STIFT KLOSTERNEUBURG——————————————————————

Wolfgang Christian Huber (Hg.): Das Stift Klosterneuburg – wo sich Himmel und Erde begegnen Verlag Janos Stekovics ISBN 3-89923-336-0, EUR 38,90 Erhältlich im Stiftshop und auf www.stift-klosterneuburg.at

Die diesjährigen Feiern zum 900. Jahrestag gaben den Anlass zur Herausgabe eines Buches, das erst-mals seit vielen Jahrzehnten versucht, das Stift in allen seinen Facetten darzustellen. So wird die Stiftskirche mit ihrer 900-jährigen Bau- und Ausstattungsgeschichte als sakraler Ort, aber auch als Kunstdenkmal in ihrer Gesamtheit wahrnehmbar. Ein Beitrag beleuchtet die wichti-gen Aspekte des Totengedenkens und der Heili-

genverehrung an der Grabstätte des Landespa-trons Leopold. Die Räume der unvollendeten kai-serlichen Residenz Karls VI. mit ihrer reichen Ausstattung geben beeindruckendes Zeugnis vom Stift als Ort der staatlichen Repräsentation; die Kunstsammlungen und die Bibliothek, in denen sich Werke verschiedener Provenienzen befinden, bezeugen die weit gespannten Interessen der Augustiner-Chorherren für die unterschiedlichs-ten Aspekte menschlichen Geistes und Schaffens. Das Stiftsweingut als traditionelles wirtschaft-liches Standbein des Stiftes wird darin ebenfalls gewürdigt. Die Einheit von Spiritualität, Wissen-schaft und Kunst, für die das Stift Klosterneuburg seit 900 Jahren steht, wird ergänzend zu den aus-führlichen Textbeiträgen in einer großen Fülle an hervorragenden Fotografien von Janos Stekovics in Szene gesetzt. /

MIT DEM OPEL KAPITÄN AUF DEN GROSSGLOCKNER——————————————————————

Daniela Horvath, Michael Martinek: Vintage Alpen. Die Bilder unserer Kindheit / When we where youngMetroverlagISBN 978-3-99300-170-4, EUR 19,90 www.metroverlag.at

„Vintage Alpen“ bietet atemberaubende Einblicke in die alpine Freizeit vergangener Tage: Die pri-vaten Zeitdokumente von Hobbyfotografen wer-den in dieser Form erstmals einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach dem großen Erfolg von „Vintage Vienna“ ist dies ein weiteres Projekt von Daniela Horvath und Michael Martinek, das aus einer ganz persönli-chen Leidenschaft heraus entstanden ist: Auf der Suche nach den nostalgischen Alpen- und Natur-aufnahmen sind sie erneut mithilfe sozialer Netz-werke auf wahre fotografische Schätze einer gan-zen Generation gestoßen. Ein Leser schreibt: „Hier werden automatisch Erinnerungen wach an all die schönen Wochenendausflüge mit den Eltern oder anderen Verwandten und Freunden.“ Band und Blog sind ein entzückendes Zeugnis der Wander- und Ausflugskultur in den Alpen im Wandel der Zeiten. /

AUSSEER HANDDRUCK———————————————————Der Ausseer Handdruck wurde von Anna Mautner, der Frau des Heimatforschers Konrad Mautner, 1930 begründet. Toch-ter Anna Wolsey-Mautner: „Durch die geschmacklosen, maschinengedruckten Muster war es nicht mehr möglich, ein anständiges Niveau in der Tracht zu bewahren.“ Das änderte sich mit dem Engagement von Anna Mautner und den alten Holzmodeln, die sie aus der Südstei-ermark holte. Nach der Arisierung ihres Betriebs, Vertreibung und Emigration in die USA kam Anna Mautner 1946 wieder zurück ins Salzkammergut. Neben der Handdruckerei Mautner, heute geführt von Martina Reischauer, gibt es drei wei-tere Handdruckereien im Ausseer Land, deren Geschichten mit der Werkstatt Mautner verwoben sind.

Handbedruckte Tücher in verschiedenen Größen: EUR 42,00–92,00

Erhältlich in der Galerie der Regionen.

GALERIE DER REGIONEN———————————————————3504 Krems-Stein, Donaulände 56

Di–Fr, 10.00–12.00 u. 15.00–18.00 Uhr, jeden 1. Sa im Monat 10.00–12.00 und 14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr

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Stadtmuseum St. Pölten / 32

Jährlich finden in Niederösterreich mehr als 350 archäologische Maßnahmen statt, das ist rund die Hälfte aller Grabungen und Prospektionen in Österreich. Die hohe Anzahl in Niederösterreich ist durch das äußerst rege Baugeschehen, die gute Kennt-nis der Denkmallandschaft, die besondere topografische sowie geopolitische Situation und durch den verbesserten amtsinternen

Kommunikationsfluss zu erklären. Hinzu kommt insbesondere für Niederösterreich die deutliche Zunahme an Verfahren zur Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP-Verfahren).

Diese Grabungen finden völlig unbemerkt vom Großteil der Bevölkerung statt, die tol-len Funde und Befunde verschwinden im

Normalfall in verschiedenen Depots. Diese Situation war nun Anlass für die Idee, einen Ausstellungszyklus zu konzipieren, in dem aktuelle Funde und Ergebnisse aus den Gra-bungen der letzten Jahre präsentiert werden sollten. Als Location bot sich das Stadtmuse-um St. Pölten an, das seit seiner Gründung in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts immer einen archäologischen Schwerpunkt

Archäologie

ZEITREISE

Die derzeit aktuelle Sonderausstellung im Stadtmuseum St. Pölten mit dem Titel „NEWS FROM THE PAST Niederösterreich · Archäologie · Aktuell“ präsentiert die spektakulärsten

und aktuellsten Funde der Archäologie in Niederösterreich.

Stadtmuseum St. Pölten: Funde, die nicht im Depot verschwinden, sondern als „News from the Past“ anschaulich präsentiert werden. Foto: P. Rauchecker

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besessen hat. Die Ausstellung entstand in Kooperation zwischen dem Land Nieder-österreich, vertreten durch Mag. Franz Humer (Landesarchäologe und wissen-schaftlicher Leiter des Archäologischen Parks Carnuntum), dem Bundesdenkmal-amt, Abteilung für Archäologie, vertreten durch Mag. Dr. Martin Krenn (zuständig für Niederösterreich), und der Stadt St. Pölten, vertreten durch Mag. Dr. Ronald Risy (Stadtarchäologe). Zielsetzung der Ausstel-lung ist die Präsentation der Vielfältigkeit der historischen bzw. archäologischen Land-schaft in Niederösterreich sowie deren Bedeutung in Europa. Gleichzeitig stellt sie eine „Leistungsschau“ der Archäologie in Niederösterreich dar.

Menschheitsgeschichte aus Niederösterreich

Viele Exponate sind erstmals öffentlich zu bewundern. Selten bot eine Ausstellung so viele spannende Geschichten aus der Ver-gangenheit. In der ausstellungstechnischen und künstlerischen Gestaltung wurden neue, höchst faszinierende Wege beschrit-ten, wodurch der Besuch zu einem einma-ligen Erlebnis wird.

Die Ausstellung „NEWS FROM THE PAST Niederösterreich · Archäologie · Aktuell“ deckt – beginnend mit Werkzeugen des Neandertalers und einzigartigen Fundgegen-ständen aus der Urgeschichte über sensatio-nelle römische Grabfunde aus Schwechat und Carnuntum bis zu außergewöhnlichen mit-telalterlichen und neuzeitlichen Funden aus St. Pölten, Zwettl, Tulln und Mautern – die

gesamte Menschheitsgeschichte ab. Bemer-kenswerte Funde, wie millimeterkleine Arte-fakte aus Elfenbein, hergestellt von den ersten altsteinzeitlichen Menschen, rätselhafte Idole, tonnenschwere römische Steinplattengräber, fein gearbeitete Schmuckstücke, merkwür-dige Alltagsgegenstände und vieles mehr, entführen Sie zu einer unvergesslichen Zeitreise. Erfahren Sie mehr über die längste Grabung Niederösterreichs, die rätselhafte Dame in Schwarz, den Insektenbefall in einem awarenzeitlichen Grab oder einen Topf am Bauch. Unter den vielen herausragenden Ausstellungsstücken noch hervorzuheben ist die einzig bekannte Druidenkrone Mitteleu-ropas, gefunden in Roseldorf.

Visuelle Ausrichtung

Mit Newstickern im Bereich der ausstellungs-technischen Gestaltung wurden in bewährter Zusammenarbeit mit den No-Mad-Designern Doris Zichtl und Marcello Hrasko ebenfalls neue Wege beschritten. Der gewählte Titel ist Programm. Bewusst wurde auf das heutige Medienzeitalter mit kurzlebigen Schlagzeilen und der Dominanz von TV und Computer Bezug genommen: Als Infoblatt entstand eine Zeitung, in jedem Ausstellungsraum findet man einen Bildschirm, auf dem die Grund-daten zu den einzelnen Fundorten in einem Newsticker ablaufen. Auf die herkömmliche Objektbeschriftung wurde weitgehend ver-zichtet, stattdessen findet man eigens gestal-tete Zeitungsartikel. Die starke visuelle Aus-richtung der Ausstellung mit Einblicken, Durchblicken etc. wird noch durch ein-drucksvolle Darstellungen in Mischtechnik und Kreidezeichnungen von Marcello Hras-

St. Pölten, Domplatz: römische Karikatur aus Bein. Stadtmuseum St. Pölten, Foto: N. Gail

St. Pölten, Domplatz: Taschensonnenuhr, datiert 1598. Stadtmuseum St. Pölten, Foto: N. Gail

Auf Bildschirmen laufen Newsticker zu den einzelnen Fundorten. Foto: P. Rauchecker

Stadtmuseum St. Pölten / 33

NEWS FROM THE PAST———————————————————Bis 5. 4. 2015 Stadtmuseum St. Pölten3100 St. Pölten, Prandtauerstraße 2

Öffnungszeiten: Mi–So 10.00–17.00 UhrTel. 02742 333-2643www.stadtmuseum-stpoelten.at

ko ergänzt. Neben einen kleinen Kinosaal, wo zwei Filme über den niederösterreichischen Limes bzw. die Entdeckung der sogenannten Gladiatorenschule in Carnuntum gezeigt werden, wurden auch für Groß und Klein interaktive Stationen in die Ausstellung ein-gebaut. Unter anderem können die Besucher ihre archäologischen Fähigkeiten an einer virtuellen Grabungsstation erproben, die von Privatsponsoren finanziert wurde. /

Text: Ronald Risy

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Erster Weltkrieg / 34

Volkskundemuseum & Gmünd-Neustadt

KREUZSTICH FÜR DIE PROPAGANDA

Zwei Ausstellungen beschäftigen sich mit den ruthenischen Flüchtlingen im Ersten Weltkrieg. Das Volkskundemuseum zeigt Stickarbeiten der Frauen aus dem Lager Gmünd. In Gmünd wird das

Flüchtlingslager – der „Grundstein“ der Gmünder Neustadt – dokumentiert.

Irgendwo leben die Nachfahren und ahnen nicht, dass die Arbeiten ihrer Urgroßmütter im Österreichischen Museum für Volkskun-de ausgestellt sind. Vielleicht leben sie in Polen oder in Kanada, in der Ukraine oder in Kasachstan, wohin 75.000 Menschen aus der Westukraine unter Stalin deportiert wurden. Vielleicht haben die Frauen, die Stickereien im Flüchtlingslager in Gmünd anfertigten, keine Nachkommen. 30.000 Menschen sind am Lagerfriedhof begraben. Es sind Stickmuster in der Technik des

Flach- und Kreuzstiches, farbenfroh und akkurat gefertigt, mit floralen Motiven oder Ornamenten. Auch aufwändige Glasperlen-arbeiten stammen aus der Hand der Flücht-lingsfrauen. Die Ausstellung mit den „Arbei-ten ruthenischer Flüchtlinge im Ersten Weltkrieg“ zeigt 100 Jahre nach ihrer Entste-hung die Stickmuster und verknüpft damit die Umstände, unter denen sie hergestellt wurden, sowie auch das Schicksal der Flüchtlinge während des Ersten Weltkrieges und hinterfragt den Begriff der Ruthenen. In

das Flüchtlingslager von Gmünd kamen vor allem Menschen aus dem Osten der Monar-chie, aus der Bukowina, Galizien und Lodo-merien. Die „Ruthenen“, wie die Ostslawen in der Monarchie genannt wurden (heute Ukraine), wurden in Güterwaggons ver-frachtet, die oft tagelang an den Grenzen stehengelassen wurden. Viele von ihnen starben schon beim Transport. In den Lagern fertigten sie Strohschuhe (für die Front), Puppen, Holzarbeiten und Sticke-reien an.

Stickerinnen im Barackenlager Gmünd. Foto: Stadtarchiv Gmünd

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Erster Weltkrieg / 35

Die Stickarbeiten sind nicht zum ersten Mal ausgestellt. Die Arbeiten der Flüchtlinge, die schon im ersten Kriegsjahr von der Front flüchteten bzw. ausgesiedelt wurden, waren in der Propagandaausstellung „Kriegshilfe. Kunst, Gewerbe und Industrie im Dienst der Kriegshilfe“ in Wien im Jahre 1915 zu sehen. Damit wollte das k. k. Innenministerium den reibungslosen Ablauf der Flüchtlings-ströme, die nach Österreich kamen, und die Kriegsmaschinerie im Allgemeinen sugge-rieren. Denn die Behörden waren keines-wegs auf die große Zahl der Flüchtlinge eingestellt, die anfangs nur dann ihren Sta-tus als Flüchtlinge erhielten, wenn sie auf-grund behördlicher Anweisen ausgewiesen wurden. Die anderen, die auf eigene Faust aus den Frontgebieten flüchteten, wurden als „Landstreicher“ aufgegriffen.

Eine Scheinwelt

Die Stickereien wurden in Rahmen von Schulungsprogrammen angefertigt. Von der damaligen Presse wurden die Arbeiten der Kriegshilfe-Ausstellung als ein Beitrag zum Erhalt des kulturellen Erbes dargestellt. Die Nationalität der Hersteller wurde hervorge-hoben, wie auch schon in anderen Ausstel-lungen von Hausindustrie und Handwerks-kunst, um damit auch die Integration der Volksgruppen im Vielvölkerreich zu zeigen. „Die Reduktion der Lebensrealität der Flüchtlinge auf die entzückenden Dinge, die sie produzierten, entwarf eine Scheinwelt, die harmlos und niedlich wirkte“, so die Ausstellungskuratorin Kathrin Pallestrang.

1921 wurde die Sammlung „ruthenischer Frauenarbeiten“ von der Liquidationsstelle für Flüchtlingslager vom Museum für Volks-kunde angekauft. Der damalige Museumsdi-rektor Michael Haberlandt hatte die Arbei-ten bereits in der „Kriegshilfe“-Ausstellung von 1915 gesehen und als „Musterkatalog der Stickerei Ostgaliziens“ bewertet.

Wer ist Ruthene?

Als Ruthenen – wie eingangs erwähnt – wurden in der habsburgischen Verwaltung alle Untertanen bezeichnet, die eine ostsla-wische Sprache oder Dialekt sprachen. Das latinisierte „Rutheni“ leitet sich von „Rusyn“ oder „Rus“ ab. Mit der aufkeimenden Natio-nalitätenfrage im 19. Jahrhundert wurde unter den Intellektuellen Galiziens eine Gleichstellung gegenüber den Polen, die den Adel in Galizien stellten, diskutiert und gefordert. Sahen sich die „Jungruthenen“ als Ukrainer, sahen sich andere als Russen.

Ein Konflikt mit brandaktuellem Kontext. Die „Le Monde diplomatique“ schreibt in der Ausgabe vom 12. März 2013: „In der Ukraine weigert sich insbesondere die na-tionalistische Partei Swoboda, die Ruthenen als solche anzuerkennen. ,Die Ruthenen sind Ukrainer‘, sagt der Swoboda-Funktio-när Oleg Kuzin. ,Wer etwas anderes behauptet, wird von den Russen bezahlt, die ja keine Gelegenheit auslassen, die ukrai-nische Nation zu schwächen.‘“ Ruthenen sind heute in vielen Staaten – unter anderem in Kanada und in der Slowakei – als eigene Minderheit anerkannt.

Kartonkarte mit aufgeklebten Stickereimustern ruthenischer Flüchtlinge, bezeichnet „Bezirk

Towmatsch“ (heutige Ukraine), aus der Ausstellung „Die Kriegshilfe“ des k. k. Innenministeriums, 1915.

Foto: Christa Knott / ÖMVBarackenlager Gmünd: Blick auf Kirche und Schule.

Foto: Österreichische Nationalbibliothek

INFORMATION———————————————————Arbeiten ruthenischer Flüchtlinge im Ersten WeltkriegBis So, 2. 11. 2014 Österreichisches Museum für Volkskunde 1080 Wien, Laudongasse 15–19 Tel. 01 4068905

www.volkskundemuseum.at _

Am Anfang war das LagerBis Sa, 18. 10. 2014 Arbeiterheim Gmünd-Neustadt 3950 Gmünd, Arbeiterheimgasse 1 Tel. 02852 52506-214

Lager-Führungen: Sa, 15.00 Uhr (20. 9., 4. 10. und 18. 10. 2014)

www.neustadt.gmuend.at

Am Anfang war das Lager

Die offiziellen statistischen Angaben der k. u. k. Behörden beziffern die Flüchtlinge im Jahre 1915 mit 600.000 zuzüglich 400.000 inoffizielle Heimatlose. Sie wurden in Lagern, getrennt nach Nationalität, in den Kernländern der Monarchie untergebracht. Eines der größten war in Gmünd mit 200.000 Insassen. Die Gmünder Neustadt entstand aus dem Lagerkomplex. Die Ausstellung „Am Anfang war das Lager“ sowie Themenwege durch die Neustadt und Vorträge beschäfti-gen sich mit der Vergangenheit.

In Gmünd fand man ideale Standortbedin-gung für ein Flüchtlingslager dieses Aus-maßes: Gesicherte Trinkwasserversorgung, ausreichendes Holzvorkommen, erschwing-liche Gründe und die Anbindung an das Bahnnetz gaben den Ausschlag für die Errichtung des 550.000 Quadratmeter gro-ßen Areals. „Wer durch das Tor trat, trat in eine ukrainische Stadt mitten im Waldvier-tel“, so der Autor Harald Winkler. Aus der Zeit des Flüchtlingslagers existieren noch einige Gebäude: das Wasserreservoir, das Wachgebäude gegenüber, die Lagerverwal-tung (heute Geschäftslokale) sowie die Schwesternheime und das Portierhäuschen des Lagerspitals. Auch das Tor ins Flücht-lingslager ist bis heute erhalten. /

Text: Mella Waldstein

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Tag des Denkmals / 36

Maria Langegg

ILLUSION ALS KONZEPT

Am Tag des Denkmals bieten öffentliche und private Häuser ein spezielles Programm. In diesem Jahr unter dem Motto „Illusion“. Das Schaufenster Kultur.Region stellt Maria Langegg im Dunkelsteinerwald vor.

In idyllischer Lage im Dunkelsteinerwald befinden sich einer Oase gleich die Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Langegg sowie das anschließende ehemalige Serviten- kloster. Das abgeschiedene, spät besiedelte Waldgebiet um Langegg gehörte zum Herrschaftsbereich der Salzburger Fürst-erzbischöfe, die in dem um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Renaissanceformen er-bauten und heute noch bestehenden Lan-gegger Hof ihren Verwaltungssitz hatten. Einer der herrschaftlichen Verwalter, Mat-

thäus Häring, hat den Hof 1599 erworben. Es war dies die Zeit der Gegenreformation, der konfessionellen Auseinandersetzungen, als die Habsburgerkaiser Rudolf II., Fer-dinand II. und Ferdinand III. trachteten, ihre Herrschaft gegenüber dem vielfach pro-testantischem Adel und den Ständen durch-zusetzen. Dabei wurde der Katholizismus vorerst durch gezielte politische und kathe-chetische Maßnahmen gestärkt, in der Folge – etwa ab der Mitte des 17. Jahrhunderts – wurde auch die Volksfrömmigkeit durch

Förderung von Gnadenorten und des Wall-fahrtswesens forciert. In diesem Prozess spielten die neuen Orden eine wichtige Rolle. Die auf Empfehlung Kaiser Ferdi-nands III. seit 1647 auch in Maria Langegg angesiedelten Serviten förderten besonders die Marienverehrung.

Doch der Reihe nach: Als die Tochter des schon genannten Hofmeisters Matthäus Häring schwer erkrankte, gelobte er im Falle der Genesung, seinem Marienbild – dem

Maria Langegg – verborgener Schatz im Dunkelsteinerwald. Foto: Diözesanmuseum St. Pölten

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Tag des Denkmals / 37

heutigen Gnadenbild – eine Kapelle zu erbau-en. Nach der Gesundung des Kindes im Jahr 1600 löste er das Versprechen ein und stellte das den Kopien des sogenannten Lukasbildes von Santa Maria del Popolo in Rom entspre-chende Marienbild zur öffentlichen Vereh-rung auf. Die Verbreitung der Nachricht von der wundersamen Heilung löste bald einen Zustrom von Wallfahrern aus und die Kapelle musste mehrmals vergrößert werden. 1623 wurde ein Beneficium besetzt, 1631 eine klei-ne Kirche geweiht. Deren ehemaliges, heute als Ursprungskapelle bezeichnetes Presbyte-rium ist – östlich der Kirche etwas erhöht gelegen – erhalten. 1654 begannen die Ser-viten mit dem Klosterbau, der 1733 mit dem Südtrakt abgeschlossen wurde.

Pestwallfahrten

In den Pestjahren des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts wurde das Pilgern zu „Maria, Heil der Kranken“ eine der bedeu-tendsten Pestwallfahrten des Landes; wie die Mirakelbücher berichten, erreichte sie um die Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Dies war 1764 Anlass zur Errichtung einer neuen Kirche, die vom Steiner Baumeister Michael Ehmann errichtet und 1773 mit der Übertragung des Gnadenbildes abgeschlos-sen wurde. Im Zuge der josephinischen Reformen, die mit einem Wallfahrtsverbot verbunden waren, wurde Langegg zur Pfarre mit der Kirche Mariae Geburt erhoben, die Betreuung den Serviten überlassen.

Baumeister Ehmann schuf einen weithin weithin sichtbaren, nach Süden ausgerichte-ten spätbarocken Kirchenbau mit stattlicher

Turmfassade, der an das vierseitig um den stimmungsvollen Innenhof angeordnete ältere Klostergebäude anschließt. Über dem mittleren Kirchenportal sind die bekrönten Ordensinitialen an einer monstranzförmiger Kartusche angebracht.

Spätbarocker Illusionismus

Der einheitliche, von der reichen male-rischen Ausstattung bestimmte Innenraum wird von der Abfolge aus größeren, den Raum zentralisierenden, überkuppelten und schmäleren platzgewölbten, seitlich kapel-lenartig ausgerundeten Jochen gebildet. An die Chorapsis schließt nach Süden die Sakristei an, darüber ist die Bibliothek ange-ordnet. Sie wird vom Oratorium und der Schatzkammer flankiert. Prägend für die Wirkung des gesamten Innenraumes ist die im Sinne des spätbarocken Illusionismus konzipierte Ausmalung mit Scheinarchitek-turen, figuralen Gewölbeszenen und eben-falls illusionistisch gemalten, sehr plastisch wirkenden Altaraufbauten. Thematisch handelt es sich um ein marianisches Pro-gramm, das durch das Patrozinium Mariae Geburt und durch die Wallfahrt zu „Maria, Heil der Kranken“ vorgegeben war. Diese beiden Inhalte sind auch in den beiden zen-tralen Scheinkuppeln dargestellt. Sie werden durch Verkündigung (im Chor), Heimsu-chung und Himmelfahrt (im Langhaus) erweitert. In die Gewölbezwickeln sind die vier Evangelisten bzw. die alttestamenta-rischen Vorgängerinnen Marias – Judith, Esther, Abigail und Jael – gemalt. Über das marianische Programm hinaus wird der spezielle Ordensbezug durch Darstellungen

In Schatzkammer und Bibliothek wird die Geschichte des Wallfahrtswesens dokumentiert. Foto: Diözesanmuseum St. Pölten

TAG DES DENKMALS———————————————————So, 28. 9. 2014Der Tag des Denkmals steht 2014 unter dem Motto „Illusion“.

www.tagdesdenkmals.atDem Schaufenster Kultur.Region ist der Folder „Tag des Denkmals“ beigelegt.

Maria Langegg

3642 Aggsbach-Dorf, Maria Langegg 1 Tel. 02753 20741

Führungen durch Kirche und Museum am Tag des Denkmals um 12.00 Uhr und 14.00 Uhr mit Mag. Barbara Taubinger.

maria-langegg.kirche.at

von Serviten-Heiligen auf den Seitenaltären hergestellt. Der ebenfalls scheinarchitekto-nische Hochaltar wurde später, 1789, von Andreas Rudroff geschaffen, ihm ist das von einem Strahlenkranz umgebene Gnadenbild integriert.

Wallfahrtsmuseum Maria Langegg

1974 verließen die Serviten Maria Langegg und übergaben Pfarre und Kloster der Diö-zese St. Pölten. Das Klostergebäude wurde als Haushaltungsschule und diözesanes Bil-dungshaus genutzt. Seit 1993 bewohnt die Gemeinschaft der Seligpreisungen das Klos-ter. 2008 wurde das Wallfahrtsmuseum Maria Langegg eröffnet und organisatorisch dem Diözesanmuseum St. Pölten eingeglie-dert. In Bereichen des ehemaligen Kloster, in der beeindruckenden Schatzkammer und der reich ausgestalteten Bibliothek wird anhand von bemerkenswerten Objekten und zahlreichen Votivgaben umfassend und anschaulich über die Geschichte des Wall-fahrtswesens, über Maria Langegg und seine spezifische Wallfahrt informiert. Zwei The-menwege, wovon einer durch die reizvolle Landschaft führt, erweitern mittels Schauta-feln die Ausstellung. Um den Standort wei-terhin für den Wallfahrtstourismus attraktiv zu halten, wird zurzeit vom Diözesanmuse-um zusammen mit der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich an einem Konzept zur sanften Belebung gearbeitet. /

Text: Wolfgang Huber

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

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Langenzersdorf Museum / 38 Museum Stillfried / 39

Nach seiner umfassenden Generalsanierung wurde das Langenzersdorf Museum (ehe-mals Hanak- und Charoux-Museum) im Mai 2014 feierlich wiedereröffnet. Am Fuße des Bisambergs gelegen, bietet das Museum anhand der Werke von Anton Hanak, Sieg-fried Charoux und Alois Heidel einen Über-blick über die österreichische Bildhauerei der klassischen Moderne.

Anton Hanak (1875–1934), der bedeu-tendste österreichische Bildhauer im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, lebte über 20 Jahre in Langenzersdorf. Er war Wegbe-gleiter und Freund von Gustav Klimt und Josef Hoffmann. In der Dauerausstellung zu Hanaks Leben und Werk werden Groß- plastiken, Porträts, Entwürfe und Modelle zu Denkmälern und Arbeiten im öffentli-chen Raum gezeigt. Durch Hanaks zwanzig-jährige Lehrtätigkeit prägte er annähernd 150 Schüler und Schülerinnen, darunter Jakob Adlhart, Franz Blum, Margarete Hanusch, Irma Rothstein, Angela Stadtherr,

Egon Weiner oder Fritz Wotruba. Eine Aus-wahl ihrer Arbeiten wird in einem eigenen Ausstellungsbereich präsentiert.

Das Museum beherbergt weiters den künst-lerischen Nachlass von Siegfried Charoux (1896–1967). Charoux zählt zu den wich-tigsten österreichischen Bildhauern der Zwi-schenkriegszeit und feierte nach seiner Emi-gration in Großbritannien große Erfolge. Mit den Werken von Alois Heidel (1915 bis 1990), einem Vertreter der Wotruba-Schule, wird der Übergang von der Gegenständlich-keit zur absoluten Abstraktion in der Bild-hauerei deutlich.

Die Museumssanierung wurde durch das Land Niederösterreich (Museumsmanage-ment Niederösterreich) großzügig unter-stützt. Die komplette Neugestaltung und Neuaufstellung der Ausstellungsbereiche ermöglicht nun einen neuen Blick auf die Künstler und deren Werk. Für die Daueraus-stellung des Werks von Anton Hanak konnte Mag. Wolfgang Krug, Kustos der Landes-sammlungen Niederösterreich und Autor einer umfassenden Hanak-Monografie, gewonnen werden. Die Werke von Siegfried Charoux und Alois Heidel wurden von Museumsleiter Mag. Gregor-Anatol Bock-stefl in Zusammenarbeit mit dem Muse-umsverein Langenzersdorf unter der Lei-tung von Obmann Dr. Helmuth Schwarzjirg neu aufgestellt.

Sonderausstellungen

In Sonderausstellungen im neuerrichten Ausstellungsraum werden in den nächsten

Jahren Weggefährten und Kollegen der im Museum vertretenen Künstler gezeigt. Ergänzt wird das Ausstellungsprogramm durch die Präsentation zeitgenössischer Kunst.

Im Herbst werden zwei Ausstellungen in Kooperation mit NöART – Niederösterreich Gesellschaft für Kunst und Kultur präsen-tiert: „kleine monster.GROSSE TIERE“ wid-met sich dem Thema „Tier“ in der zeitge-nössischen österreichischen Kunst (18. Sep-tember bis 19. Oktober). In der Ausstellung „Ver-rückt“ gewähren Dagmar und Manfred Chobot einen Einblick in ihre Art-brut-Sammlung (6. November bis 14. Dezember).

Das Langenzersdorf Museum ist der ideale Ausgangspunkt für Wanderungen und Spa-ziergänge auf den Bisamberg sowie für einen Besuch der naheliegenden Heurigen- und Gastronomiebetriebe. /

Text: Gregor-Anatol Bockstefl

Bildhauer

KLASSISCHE MODERNE

Nach seiner Wiedereröffnung bietet das Langenzersdorf Museum einen Überblick über die österreichische Bildhauerei der klassischen Moderne.

Raumansicht Siegfried Charoux. Foto: Langenzersdorf Museum, schultz+schultz

LANGENZERSDORF MUSEUM———————————————————2103 Langenzersdorf Obere Kirchengasse 23

Öffnungszeiten: Sa, So, Fei 14.00–18.00 Uhr und nach Vereinbarung Tel. 02244 3718

Von 18. 12. 2014 bis 16. 01. 2015 ist das Museum nur nach rechtzeitiger Voranmeldung zu besichtigen.

www.lemu.at

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Page 39: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

Museum Stillfried / 39

Am 8. März 1914, wenige Monate vor Aus-bruch des Ersten Weltkriegs, fand im Gast-haus Neckam in Stillfried die konstituieren-de Sitzung des Museumsvereins statt. Der Obmann des neu gegründeten Vereines war Richard Böhmker, kaufmännische Direktor der chemischen Fabrik Rüttgers in Angern. Für das Museumsgebäude hatte die Gemein-de Stillfried einen Baugrund auf dem Kir-chenberg zur Verfügung gestellt. Die Spen-den für den Museumsbaufonds kamen neben lokalen Spenden auch aus Brünn, Prag und Wien. Für die Errichtung eines eigenen Museumsgebäudes reichte es aber nicht.

Das Museum in der Schule

Das erste Museum entstand schließlich in den Gängen der Stillfrieder Volksschule aus den Sammlungen Richard Böhmkers und des Schuldirektors Engelbert Neuner in Stillfried. Der Verein war in der damaligen Gesellschaft gut vernetzt. Zu den frühen Mitgliedern zählten Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Forschung: der Direktor der Universitätsbibliothek Czernowitz, der

Großindustrielle Burkhard aus Wiener Neu-stadt, der Chef des Bankhauses Schellham-mer und Schattera, Johann Wancura, Haupt-mann Alfons Freiherr von Stillfried und Rathenitz, Dr. Josef Zavadil, Sektionschef des geheimen obersten Rechnunghofes, Gejza von Bukowski-Stolzenburg, der Chef-geologe der geologischen Reichsanstalt Wien, u. v. m.

Die urzeitlichen und germanischen Funde gaben leider auch dem bereits ohnehin vor-handenen nationalen Gedankengut zusätz-liche Nahrung, bestärkt durch zum Teil eben-falls national eingestellte Prähistoriker. Es war daher auch nicht weiter verwunderlich, dass man nach dem Anschluss versuchte, mit nati-onalen Argumenten den Ausbau Stillfrieds als Museums- und Forschungsplatz voranzu-treiben. 1938 wurde das erste Objekt eines Freilichtmuseums errichtet, das später Gebäude aus allen Epochen der Urgeschichte umfassen sollte. Dem urzeitlichen Freilicht-museum sollte der gesamte Ort als volks-kundliches Freilichtmuseum zur Seite gestellt werden. Außerdem waren groß angelegte archäologische Forschungen in der Wallanla-ge geplant. Als mit Kriegsbeginn 1939 für derartige Vorhaben das Geld ausging, schlie-fen diese wieder ein.

Nach dem Krieg wurde 1954 von Kurt Hetzer in der Volksschule ein Schauraum als Museum eingerichtet, das nach Voran-meldung besichtigt werden konnte. Mit dem Beginn der Forschungen von Univ.-Prof. Dr. Fritz Felgenhauer (Ausgrabungen 1969 bis 1989) wurde auch das archäologische Inte-resse am Ort wiederbelebt.

Von der Schule zum Museum

1974 wurden im ehemaligen Volksschulge-bäude vorübergehend zwei Räume als Muse-um neu gestaltet. Anfang der 1990er Jahre konnte das Museum mithilfe eines vom Land Niederösterreich (Eco Plus) und der Gemeinde Angern finanzierten Projektes in der heutigen Größe ausgebaut werden. Die im Rhythmus von zwei Jahren wechselnden Sonderausstellungen, Vorträge, Veranstal-tungen und Publikationen sind heute ein fixer Anteil des Vereinslebens. Das Museum für Ur- und Frühgeschichte Stillfried zeigt archäologische Funde von der Altsteinzeit bis in die frühe Neuzeit. /

Text: Walpurga Antl

Jubiläum

MUSEUM MIT HONORIGEN VÄTERN

100 Jahre Museumsverein Stillfried. Das Museum für Ur- und Frühgeschichte Stillfried zeigt archäologische Funde von der Altsteinzeit bis in die frühe Neuzeit.

Im Gasthaus Neckam in Stillfried fand im März 1914 die konstituierende Sitzung des Museumsvereines

statt. Foto: Museumsverein Stillfried

ZENTRUM DER URZEIT———————————————————Museum für Ur- und Frühgeschichte 2262 Stillfried, Hauptstraße 23 Öffnungszeiten: bis Ende Oktober, Sa, So und Fei 13.30–17.30 UhrTel. 0676 6113979www.museumstillfried.at_

Sa, 13. 9. 2014, 10.00–22.00 Uhr6. Tag der Museen im March/Thaya-Raum

Information: Regionalverband March-Thaya-Auen, 2273 Hohenau an der March, Rathausplatz 1 Tel. 02535 31161

www.marchthayaauen.at

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Page 40: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

Museumsdorf Niedersulz / 40

Dorfschule

DORFSCHULMEISTER & INDUSTRIEFRÄULEIN

Vom „armen Dorfschulmeisterlein“ zur „Hautevolee“ des Dorfes – der Dorfschullehrer im 18. und 19. Jahrhundert.

Der Beginn eines geregelten Schulwesens in Österreich wird landläufig im Jahr 1774 angesetzt, als Kaiserin Maria Theresia das Schulwesen zur Staatsangelegenheit erklärte und die allgemeine Schulpflicht einführte. Bis dahin existierten in den Dörfern Pfarr-schulen, da die katholische Kirche mit der Gründung einer Pfarre meist auch eine Schule einrichtete. Der Unterricht fand oft

nicht in eigens gebauten Schulhäusern, son-dern in Ställen, Gasthäusern, aufgelassenen Bauernhäusern oder Werkstätten statt und beschränkte sich auf die Einprägung des Katechismus sowie Lesen und Schreiben.

Der Pfarrer bestellte den Lehrer und hatte die Aufsicht über ihn und die Schule. Die Ausbil-dung war mangels Ausbildungsmöglich-

keiten marginal, und so konnte praktisch jeder Lehrer werden, der halbwegs lesen und schreiben konnte. Man ging einige Wochen zu einem anderen Schulmeister hospitieren und war dann selbst berechtigt zu unterrich-ten. Auch die Bezahlung war dürftig und bestand aus etwas Geld und Naturalien sowie der Lehrerwohnung, die im selben Gebäude wie die Klassenräume untergebracht war.

Das Schlafzimmer eines Dorfschullehrers. Die Lehrerwohnung war in der Schule untergebracht.

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Vom „armen Dorfschul- meisterlein“…

Trotzdem hatte ein Dorflehrer früher neben dem Unterricht zahlreiche weitere Aufga-ben zu erfüllen. So musste er neue Schreib-federn zuspitzen bzw. alte ausbessern, Tinte ansetzen und Schreiberdienste für die Gemeinde erledigen. Außerdem war er Organist, Chorleiter und Mesner und muss-te die Kirchenglocken z. B. auch bei Gewit-tergefahr läuten. Fallweise führte er das Gemeindegasthaus und verrichtete einfache handwerkliche Tätigkeiten. Viele Lehrer versuchten, mit Geigenspiel z. B. auf Hoch-zeiten ihren bescheidenen Unterhalt aufzu-bessern.

Aus dieser Zeit stammen die Lieder, Geschichten und Witze vom „armen Dorf-schulmeisterlein“, bei dem immer Geldman-gel herrschte. So heißt es bei Samuel Fried-rich Sauter (1766–1845), Strophe 2 und 3: „Bei einem kargen Stückchen Brot, / Umringt von Sorgen, Müh und Not, / Soll es dem Staate nützlich sein, / Das arme Dorfschul-meisterlein. // Noch eh der Hahn den Tag begrüßt, / Und alles noch der Ruh genießt, / Hängt’s schon am Morgenglöckelein, / Das arme Dorfschulmeisterlein.“

Mit dem sogenannten Reichsvolksschulge-setz von Kaiser Franz Joseph aus dem Jahre 1869 änderte sich einiges für Lehrer und

Schüler: Die Schulpflicht wurde auf acht Jahre – vom 6. bis zum 14. Lebensjahr – ver-längert, auch die Ausbildungsdauer an Leh-rerbildungsanstalten, die erst 20 Jahre zuvor gegründet worden waren, wurde auf vier, später fünf Jahre verlängert. Der Lehrplan umfasste nicht mehr nur die Gegenstände Religion, Lesen und Schreiben, sondern auch Rechnen und geometrische Formen-lehre, Sprache, Naturgeschichte und Natur-lehre, Erdkunde und Geschichte, Gesang und Turnen.

… zur Oberschicht des Dorfes

Ein wichtiger Teil des Unterrichts fand im genau geplanten Schulgarten statt, wo eigene Beete für Burschen und Mädchen angelegt wurden. Die Burschen beschäftigten sich vor allem mit Feld- und Industriepflanzen (verschiedene Getreidesorten, Tabak und Hanf), die Mädchen lernten den Anbau von Kräutern und Gemüse. Die Erträge (v. a. Gemüse und Obst) des Schulgartens dienten der Versorgung der Lehrerfamilie. Auch die finanzielle und soziale Stellung des Lehrers besserte sich im 19. Jahrhundert, zählte er doch mit dem Pfarrer und dem Bürger-meister zur Oberschicht eines Dorfes. Schließlich half der Lehrer auch beim Aus-füllen amtlicher Formulare.

Mit dem „Reichsvolksschulgesetz“ wurde auch das obligatorische Lehrfach „Nadelar-

... und die einklassige Schulklasse.

Die Volksschule Gaiselberg im Museumsdorf …

Mustertuch aus der ergänzenden Ausstellung.

VOLKSSCHULE GAISELBERG———————————————————Bis So, 26. 10. 2014, 9.30–18.00 Uhr

Museumsdorf Niedersulz 2224 Niedersulz 250

Tel. 02534 333

www.museumsdorf.at

beiten“ oder „Industrialunterricht“ an Volksschulen eingerichtet. Damit sollten die Mädchen auf ihre späteren Aufgaben als Ehefrau und Mutter vorbereitet werden. Unterrichtet wurden folglich: Strümpfe stri-cken, Nähen von Hemden und Bettzeug, Socken stopfen sowie das Flicken schad-hafter Kleidung und Säcke. Typisch für den Handarbeitsunterricht um 1900 sind die Mustertücher mit den Buchstaben des ABC und verschiedenen Zierelementen in Kreuz-stich-Technik.

Zölibat für Lehrerinnen

Die Handarbeitslehrerinnen nannte man „Industriefräulein“, weil sich der Unterricht auf den weiblichen Fleiß (lat. „industria“) bezieht. Eine der wenigen Möglichkeiten für Frauen, überhaupt zu unterrichten, war der Eintritt in ein Kloster. Erst seit 1869 gab es auch eine Ausbildung für Lehrerinnen. Allerdings war das Gehalt niedriger als das der männlichen Kollegen – und in den meis-ten Kronländern der Monarchie war das Zölibat für Lehrerinnen vorgeschrieben.

Die Lebensumstände eines Dorfschullehrers und sein Arbeitsumfeld sind im Museums-dorf Niedersulz in der Volksschule aus Gai-selberg mit angeschlossener Lehrerwoh-nung und Schulgarten sowie einer kleinen ergänzenden Ausstellung eindrücklich zu sehen. Die Ausstellung widmet sich auch dem „Industriefräulein“ und ihrem umfang-reichen Lehrstoff sowie dem aus Obersulz stammenden Schulreformer und Fachbuch-autor Prof. Ludwig Boyer. Sowohl die Volks-schule als auch die Ausstellung wurden von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Museumsdorfs unter der Anleitung von OSR Fritz Wendy eingerich-tet. /

Text: Veronika Plöckinger-Walenta

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Museumsdorf Niedersulz / 42

Naturfarbstoffe

„BLAU, BLAU, BLAU SIND ALLE MEINE KLEIDER …“

Textile Färbepflanzen und ihre Verwendung.

Färberkamille.

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Museumsdorf Niedersulz / 43

Naturfarbstoffe und ihre Verwendung lassen sich bereits rund 15.000 Jahre, bis in die jüngere Altsteinzeit, zurückverfolgen. Aus-schließlich pflanzliche Farbstoffe wurden beim Färben von textilen Geweben aus Naturfasern verwendet und waren rares und wertvolles Handelsgut. Ab dem Mittelalter begann man in Europa ebenfalls Färber-pflanzen anzubauen, wobei die Gewinnung und Verarbeitung durch Handelszünfte streng lizensiert waren. Wichtigste Färber-pflanzen und Farblieferanten waren dabei der Färberwaid für Blau, der Färberkrapp für Rot und der Färberwau für Gelb. Ab dem 19. Jahrhundert wurden die pflanzlichen Farbstoffe zunehmend durch synthetische Farbstoffe, die auf Basis von Kohle und Erdöl hergestellt wurden, verdrängt, wodurch die Färberpflanzen ihre Bedeutung und Verwendungszweck verloren. Insge-samt sind an die 150 Färberpflanzenarten bekannt. Eine positive Entwicklung zeichnet sich zudem in den letzten Jahren ab: Färber-pflanzen sind wieder en vogue und werden aus ökologischen Gründen und im Sinne der Nachhaltigkeit zunehmend wiederent-deckt.

Bunte Stoffe als Statussymbol und Luxusgut

Bunte Stoffe in leuchtenden Farben galten über viele Jahrhunderte als Statussymbol für Adel und Klerus. Diese wurden mit teuren Farbstoffen aus fernen Ländern gefärbt, oft in Techniken, die streng geheim waren. Mineralien wie Lapislazuli und Malachit, Tiere wie Schildläuse und Purpurschnecke sowie Indigo und andere Färbedrogen waren das Rohmaterial dafür. Wer sich diese „Luxusgüter“ nicht leisten konnte, griff auf traditionelle Färbepflanzen zurück, die ent-weder in Kultur genommen oder in der Natur gesammelt wurden. Noch heute gebräuchliche Namen wie Färberdistel, Fär-berkamille, Färberwaid weisen auf ihren Nutzen hin.

Vom „Blaumachen“ und dem „blauen Montag“

Vor allem der Färberwaid (lat. „Isatis tincto-ria“), ein zweijähriger Kreuzblütler, wurde seit der Antike feldmäßig angebaut. Nach Europa kam der Waid vermutlich mit den Kelten entlang der Donau. Aus ihm wurde

Färbertagetes wurde auch als Zusatzstoff beim Hühnerfutter verwendet, damit die Dotter gelber werden.

Indigo gewonnen, ein blauer Küpenfarb-stoff. Küpenfarbstoffe sind nicht wasserlös-lich und wurden früher in Holzbottichen, den sogenannten Küpen, unter Zugabe von Kuhmist, Urin und Pottasche vergoren. Der intensive Gestank dieser Farben verdrängte die Färber allerdings oft an den Ortsrand.

Eine Reihe von komplizierten Arbeitsschrit-ten war nötig, um aus der Pflanze blau gefärbte Textilien zu erhalten. Mit einer speziellen Technik wurden die Blätter der Grundrosetten des zweijährigen Waids gestochen. Eine Pflanze konnte dabei meh-rere Male beerntet werden. Die Blätter wur-den gewaschen und zum Trocknen auf Wie-sen gelegt. In sogenannten Waidmühlen zerquetschte man sie zu Brei. Daraus formten Frauen kleine Ballen, die man trocknen ließ und in die Stadt brachte oder selber weiterverarbeitete. Es gab eigene Waidhändler und auch -märkte. Aus den Ballen wurde durch Zerschlagen mit dem Waidhammer auf den Böden der Waidhäu-ser ein Pulver gewonnen, das nach einer langwierigen Fermentation als Indigopulver in Fässern verkauft wurde.

Übrigens: man vermutet, dass die Redewen-dung vom „Blaumachen“ bzw. dem „blauen Montag“ beim Blaufärberhandwerk ihren Ursprung findet, denn während des „Blau machens“ hatten die Färber genügend Zeit zum Nichtstun, bis sich die Färbestücke an der Luft durch Oxidation dann tatsächlich blau verfärbten. Auch das Fiata, die traditio-nelle Schürze der Weinviertler Hauer und Weinbauern, wird wohl früher mit Waid

gefärbt worden sein. Fiata war früher eine gebräuchliche Bezeichnung für Vortücher, die „vor“ das eigentliche Gewand gebunden wurden und es dadurch schützten. Die Arbeitsfiata waren aus grobem Leinen- oder Hanfgewebe, Hochzeitsfiata dagegen oft auch aus Seide. Im Weinviertel wächst Wau auch heute noch an Straßenböschungen und an Wegrändern, ein Zeichen dafür, dass er hier angebaut wurde.

Rot durch Färberkrapp

Rot, eine besonders wertvolle Farbe, wurde vor allem aus dem Färberkrapp oder auch Färberröte (lat. „Rubia tinctorium“), gewon-nen und ist neben Indigo eine der ältesten Pflanzenfarbstoffe. Bereits in ägyptischen Pharaonengräbern lassen sich etwa Spuren des roten Farbstoffs Alizarin nachweisen. Der Farbstoff Alizarin befindet sich dabei in der inneren Wurzelrinde, das aus getrockne-ten, zermahlenen Wurzelstöcken gewonnen wurde. Nach einem Beizvorgang, z. B. mit Alaun, konnten Textilien in einer wässrigen Lösung damit gefärbt werden. Der mehrjäh-rige Krapp, auch Türkischrot genannt, ist etwas frostempfindlich und bevorzugt geschützte, nährstoffreiche Plätze mit Wein-bauklima. Als Zierpflanze ist sie eher unscheinbar, liegt meist darnieder und erin-nert an Labkraut. Krapp bzw. Alzarinkrapp-lack wird und wurde zudem auch als Pig-ment in Künstlerfarben verwendet. Aller-dings erfüllt selbst der hochwertige, dunkle Alizarinkrapplack im Hinblick auf die Licht-beständigkeit gerade nur die Mindestanfor-derungen.

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NATURGARTENFEST———————————————————mit Herbstfest für HILFE IM EIGENEN LANDSa, 13. 9. 2014, 10.00–18.00 Uhr

Gemeinsam mit Natur im Garten und Hilfe im eigenen Land lädt das Museums-dorf Niedersulz zum großen Naturgarten-fest mit Pflanzen- und Handwerksmarkt. Umfangreiches Rahmenprogramm mit heimischen Musikern, Chöretreffen und Volkstanz.

2224 Niedersulz 250Tel. 02534 333www.museumsdorf.at

MUSEUMSSHOP———————————————————Neu! Blaudrucke im Museumsdorfshop

Blaudruck hat in der Volkskultur eine jahrhundertelange Tradition und ist heute wieder en vogue. Deshalb gibt es ab sofort im Shop des Museumsdorfes zahlreiche Modelle, die aus den mit Indigo gefärbten Blaudruckstoffen in alter Technik gefertigt wurden. Die Blaudruckstoffe stammen aus „Koó“ im Burgenland, einer der wenigen noch existierenden Blaudruckereien. Gefer-tigt und hergestellt wurden die einzelnen Modelle von der Beschäftigungsinitiative „Koryphäen – Chancen für Frauen“, einem sozialökonomischem Betrieb für Frauen, der vom Arbeitsmarktservice (AMS) unter-stützt wird. /

Topflappen EUR 13,00 Topfhandschuh EUR 17,00

Safran färbt nicht nur den Kuchen „gel“

Der gelbe Farbstoff Luteolin befindet sich in den blühenden Stängel des sogenannten Färberwaus (lat. „Reseda luteola“). Dieser wurde durch Kochen extrahiert und färbte vor allem feine Stoffe wie Seide in seifen- und lichtechten Gelb- und Grüntönen. Fär-berwau ist zweijährig und gehört zur Fami-lie der Resedengewächse. Auch er wird seit der Jungsteinzeit in Mitteleuropa kultiviert. Im Garten bevorzugt Färberwau einen son-nigen, nährstoffarmen Platz und sät sich gerne selber aus. Safran (lat. „Crocus sati-vus“) färbt nicht nur den Kuchen „gel“, son-dern soll auch zum Färben von Stoffen ver-wendet worden sein. Beim bäuerlichen Fär-ben wird dieser wegen seiner hohen Preise wohl eher nicht üblich gewesen sein.

Safran kam mit den Kreuzfahrern aus dem Orient zu uns, vor allem in Wien und Nie-derösterreich baute man ihn feldmäßig an. Niederösterreichischer Safran zählte bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zu den besten Sorten, in Krems galt der Simoni-Markt am 28. Oktober als Hauptmarkt für den Safranhandel. Noch heute gibt es eine eigene österreichische Sorte (lat. „Crocus austriacus“), die bis vor wenigen Jahren nur mehr verwildert auf einigen Wiesen rund um Wien zu finden war. In den letzten Jah-ren erlebt der Safrananbau in Niederöster-reich und im Burgenland eine Renaissance, wie etwa durch den Wachauer Safran, dem „blühenden Gold an der Donau“. Die wert-vollen, gelben Griffel der eigentlich giftigen Krokusart werden während der Blüte im Herbst geerntet, wobei man für ein Gramm Safran zirka 200 handgepflückte Blüten benötigt.

Auch die Färberdistel (lat. „Carthamus tinc-torius“) ist ein Gelbtonlieferant. Der Anbau der Färberdistel hat besonders in Österreich eine lange Tradition. Vermutlich kamen erste Samen mit arabischen Händlern aus dem Orient zu uns. Als „Österreichischer Landsafran“ bezeichnet er im 16. Jahrhun-dert eine Safransorte, wobei man hier wohl eher von einer Safranersatzsorte sprechen muss. Echter Safran war früher uner-schwinglich teuer, die Färberdistel liefert gelbfärbende Blütenblätter in Mengen und konnte so als „Bauernsafran“ von vielen

Menschen genutzt werden. Damit färbte man verschiedene Speisen, aber auch Texti-lien. Je nach Färbemethode lässt sich damit ein Gelb- oder Rotton erzielen.

Die Färberdistel gehört zur Familie der Asteraceae, der Korbblütler, ist einjährig, anspruchslos und schnell wachsend. Sie eig-net sich ausgezeichnet als Schnitt- und Tro-ckenblume, außer zum Färben von Textilien wird sie als Heil- und Ölpflanze (Distelöl) verwendet. /

Text: Ulrike Nehiba & Freya Martin

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Farbstoffe aus getrockneten Blüten: schwarze Stockrose, Ringelblume, Rosen und Kornblume (im Uhrzeigersinn).

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200. Geburtstag / 45

Am 15. September jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag von Leopold Knebelsberger aus Klosterneuburg, Komponist des Andreas-Hofer-Liedes.

Wer war dieser niederösterreichische Volks-musiker, der dieses für Tirol so bedeutende Lied geschaffen hat? Der Vater von Leopold Knebelsberger war in der Pfarrkirche von Sankt Martin in Klosterneuburg fast 60 Jahre lang Lehrer und Mesner. Er hat seinen Sohn bereits als Kind im Geigen- und Orgelspiel sowie in Gesang ausgebildet und ihm auch ermöglicht, beim damals bekannten Kompo-nisten Konradin Kreutzer, einem Schüler Beethovens, Unterricht in Kompositionslehre und Kontrapunkt zu nehmen und beim Gei-genvirtuosen Joseph Mayseder sein Violin-spiel zu vervollständigen. Der junge Knebels-berger musizierte in Klosterneuburger Gast-stätten, gab Musikunterricht und verdiente sich so seinen Lebensunterhalt.

Erfolg am Zarenhof

Im Jahre 1832 schrieb der sächsische Advokat Julius Mosen (1803–1867) in Dresden das Gedicht „Andreas Hofer Tod“. Knebelsberger entdeckte dieses Gedicht möglicherweise in dem Buch „Auswahl deutscher Lieder“ (Leip-zig 1844) und hat diesen ausdrucksstarken Text vertont. Das Lied wurde von ihm als Bass-Solo mit Chor in Noten gesetzt und immer wieder mit seiner geschulten, mäch-tigen Bassstimme vorgetragen.

1849 heiratete Knebelsberger die Sängerin und Harfenistin Anna Hellmich aus Preßnitz in Böhmen. Von seiner nun zweiten Heimat-stadt Preßnitz aus machte er viele Konzertrei-sen. Er bereiste mit Damengruppen, der seine Gattin und drei Töchter angehörten, in schmucken Kombinationen von tirolerisch-steirischer Tracht die Nord- und Ostseekü-sten, konzertierte und begeisterte in den damals berühmten Seebädern und auch am russischen Zarenhof mit österreichischer Volksmusik.

Tiroler Landeshymne

Leopold Knebelsberger wurde nur 55 Jahre alt und starb am 30. Oktober 1869 während einer Konzertreise in Riga an Gehirnschlag, wurde am katholischen Friedhof in Riga begraben und auf einer Gedenktafel an der dortigen Franziskuskirche verewigt.

Da es kein Originalmanuskript des Andreas-Hofer-Liedes gab, war die Urheberschaft an dieser Komposition lange Zeit umstritten. Der Musikpädagoge Vinzenz Goller stellte

LEOPOLD KNEBELSBERGER GEDENKKONZERT———————————————————Do, 25. 9. 2014, 18.30 Uhr Stadtmuseum Klosterneuburg 3400 Klosterneuburg Kardinal-Piffl-Platz 8 Tel. 02243 444-299

Leopold Knebelsberger

HYMNE FÜR TIROL

Leopold Knebelsberger, um 1850.

nach umfangreichen Forschungen im Jahre 1910 fest, dass Knebelsberger der Komponist des weit verbreiteten Liedes ist. 1948 hat der Tiroler Landtag beschlossen, dass das Andre-as-Hofer-Lied „nach den Worten von Julius Mosen und der Weise von Leopold Knebels-berger als Tiroler Landeshymne gilt“. In Deutschland gab es nach dieser Melodie das Kampflied „Die junge Garde“ mit dem Text „Dem Morgenrot entgegen, ihr Kampfgenos-sen all …“, das in der ehemaligen DDR sehr beliebt war; auch in Russland wurde das Andreas-Hofer-Lied als Marsch bei Paraden häufig gespielt.

In Klosterneuburg wurde an Knebelsbergers Geburtshaus eine Gedenktafel enthüllt, eine „Knebelsbergergasse“ benannt und ein Denk-mal aufgestellt. Der Verfasser dieses Aufsatzes (ein Ururenkel Leopold Knebelsbergers) hat eine Dokumentation erstellt und auch per-sönliche Gegenstände Knebelsbergers, u. a. auch seine Geige, archiviert. /

Text: Günther Lechner

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Kultur.Region.Niederösterreich

INTERN

Ehrungen, Theater am Brandlhof, Kreativfest in Niedersulz – Nachrichten aus der Kultur.Region.

Kultur.Region / 46

WIR GRATULIEREN!

Ihren runden Geburtstag feiern unsere Ehrenmitglieder:LAbg. a. D. Bgm. a. D. KommR Prof. Mag. August Breininger (70), Baden, 14. September

Alfred Abele (70), Baden, 20. September

Ferdinand Fuchsbauer (65), Mitterarnsdorf, 29. September

Ing. Josef Schagerl (65), Wieselburg an der Erlauf, 8. Oktober

Peter Brenner (75), Puchberg am Schneeberg, 10. Oktober

Prof. Franz Niederer (85), Frankenfels, 29. Oktober

Josef Stadlmann (70), Kasten bei Böheimkirchen, 30. Oktober

Ihren runden Geburtstag feiern unsere Mitglieder:Ing. Erwin Krammer, MAS (60), Krems, 10. September

Josef Orth (70), Unterhautzental, 2. Oktober

HR i. R. Isamberth Karl (70), Neulengbach, 10. Oktober

Franz Mikolasch (85), Wien, 11. Oktober

Helfried Roll (70), Mauer-Öhling, 17. Oktober

Walter Wurpes (70), Purkersdorf, 23. Oktober

Alfred Goiser (65), St. Pölten, 30. Oktober

Ihren besonderen Geburtstag feiert unsere Ehrenmitglied:Gertrud Slavik, Pottenstein, 9. September

Ihren besonderen Geburtstag feiern unsere Miglieder:Elisabeth Strutzenberger, Perchtoldsdorf, 4. September

Elisabeth Koziol, Wien, 15. September

Maria Schrott, St. Veit an der Glan, 15. September

Gerlinde Bauer, Rotenturm an der Pinka, 2. Oktober

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NEUE MITGLIEDER

Unterstützendes MitgliedGertrude Täubler, Großriedenthal

GemeinschaftenTerzett Frauenton, Sylvia Brugger, Paudorf

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EHRUNGEN

Das Goldene Ehrenzeichen der Regionalkultur Nieder-österreich bekam Gisela Buder aus Lunz/See über-reicht, die sich um die Erhal-tung des textilen Handwerks verdient gemacht hat. V. l. n. r.: Bgm. Martin Plo-

derer, Gemeinderat Hans Mayr, Gisela Buder, Rosa Stängl (Lunzer Webermarkt), Mag. Ulrike Vitovec (Verband Regionalkultur Nieder-österreich), LAbg. Anton Erber. Foto: Marktgemeinde Lunz/See _

Verleihung des Silbernen Ehrenzeichens der Regio-nalkultur Niederösterreich am 13. Juli 2014 für Herta Gruber. V. l. n. r.: Bürger-meister von Schwarzenbach a. d. Pielach Ernst Kulovits, Vizebürgermeisterin Herta

Gruber, Enkelin Kerstin Gruber, die von der Gemeinde geehrt wurde, weil sie beim Volksmusikwettbewerb in Kirchberg a. d. Pielach im Frühjahr auf der diatonischen Harmonika einen 2. Platz erspielt hat, und Dr. Bernhard Gamsjäger._

Zur Disputation zum Doctor of Philosophy (PhD) in Kulturbe-triebslehre und Finanzwissenschaften gratulieren wir Mag. Alfred Kellner, St. Pölten. _

Zur Verleihung des Berufstitels Ökonomierat gratulieren wir VzPräs. der Landwirtschaftskammer NÖ Theresia Meier, Mank. _

Zur Verleihung des Berufstitels Professor gratulieren wir Maria Magdalena Nödl, Zogelsdorf. _

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Kultur.Region / 47

THEATER

„Jägerstätter“ von Felix Mitterer, gespielt von der Bühne Weinvier-tel am Brandlhof, wurde vom Publikum begeistert aufgenommen. Unter den prominenten Gästen waren u. a. Justizminister Dr. Wolf-gang Brandstetter und seine Frau Christina (links), Schauspielerin Elfriede Ott (Mitte), Sissi Pröll und LH Dr. Erwin Pröll (rechts).

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KREATIVAKADEMIE

Das Kreativfest im Museumsdorf Niedersulz war eine beeindrucken- de Leistungsschau der Niederösterreichischen Kreativakademie. Die Veranstaltung fand anlässlich des zehnten Geburtstages der Nieder-österreichischen Kreativakademie statt. V. l. n. r.: LH-Stellvertreter Mag. Wolfgang Sobotka, Initiator der Niederösterreichischen Kreativ-akademie, Valerie Anna Gruber, Absolventin der Niederösterreichi-schen Schauspielakademie und Co-Moderatorin des Kreativfestes Nie-dersulz, Katharina Stemberger, Schauspielerin und Moderatorin des Kreativfestes, Dorli Draxler, Geschäftsführerin Volkskultur Nieder-österreich, Dr. Leopold Kogler, Konsulent der Niederösterreichischen Kreativakademie und künstlerischer Leiter der Niederösterreichi-schen Malakademie, Mag. Rafael Ecker, Geschäftsführer NÖ KREA-TIV GmbH, und Giuseppe Rizzo, Projektleiter Niederösterreichische Kreativakademie. Foto: NLK J. Burchhart

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GEWINNER DES PREISRÄTSELSDer „Lamourhatscher“ ist ein langsamer, etwas fader Tanz, zu dem man eng umschlungen tanzt – zwecks Anbahnung. Auch Stehblues genannt. (Definitionen aus diversen Einsendungen.)

Unter den vielen richtigen Antworten haben wir folgende Gewinner gezogen: Andrea Gaida, Wilfersdorf; Sonja Bernard, St. Leonhard am Hornerwald; Ingeborg Wolf, St. Pölten; Anton Artner, Ober-Grafen-dorf; Hannes Weilguni, St. Georgen am Steinfelde.

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GOLDHAUBENWALLFAHRT IN MARIA TAFERL

Rund 2.000 Besucher wohnten der Wallfahrt der 1.000 Goldhauben-frauen, Hammerherrn, Kopftuch- und Perlhaubenträgerinnen am 15. August in Maria Taferl bei. Die diesjährige Wallfahrt war der karitativen Organisation „Hilfe im eigenen Land“ gewidmet. In unzähligen ehrenamtlichen Arbeitsstunden bereiteten die Frauen Pilgerandenken vor, die gegen Spenden an die Pilger verteilt wurden. Der kommt der „Hilfe im eigenen Land“ für in Not geratene Fami-lien im Mostviertel zugute. V. l. n. r.: Sissi Pröll, Präsidentin „Hilfe im eigenen Land“, LH Dr. Erwin Pröll, Grete Hammel, Obfrau der Mostviertler Goldhauben, Dr. Edgar Niemeczek, Kultur.Region Niederösterreich, und Dorli Draxler, Volkskultur Niederösterreich.

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„ERLEBNIS ÖSTERREICH“ MIT MUSEUMSDORF NIEDERSULZ

„Alte Höfe, neues Leben – das Weinviertler Museumsdorf Nieder-sulz“ – so der Titel der Sendung aus der Reihe „Erlebnis Österreich“, in der das Museumsdorf im Mittelpunkt steht. Am 23. Juni 2014 wurde im Museumsdorf die Erstpräsentation dieser ORF Landes-studio Niederösterreich-Produktion gezeigt.

Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Wolfgang Sobotka sowie ORF-Landesdirektor Prof. Norbert Gollinger, Dr. Edgar Niemeczek, Geschäftsführer der Kultur.Region.Niederösterreich, und Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Wissenschaftliche Leiterin des Museumsdorf Niedersulz, begrüßten die zahlreich erschienenen Premierengäste wie unter anderem Dr. Gerhard Schütt, Bezirkshauptmann Mistelbach, Herbert Nowohradsky, 2. Landtagspräsident a. D. und Obmann des Vereins Freunde des Museumsdorfs, und Dorothea Draxler, Geschäftsführerin der Volkskultur Niederösterreich.

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Page 48: Schaufenster Kultur.Region September/Oktober 2014

Zwischen Himmel und Erde ist es bei uns in diesen Tagen besonders schön. Und ich meine nicht nur die Sonnen-tage oder die Erinnerung an die Urlaubszeit. Ich denke vor allem an das intensive Grün des Grases, die duftende Farbe des Waldes, das wachsende Korn der Felder, auch an den Regen, die rei-fenden Früchte und – natürlich auch – an ihren Genuss. Das alles zu sehen und konkret wahrzunehmen, bedeutet Lebensgewinn.

Menschen versäumen heute viel, weil sie besetzt mit eigenen oder frem-den Gedanken, mit Fragen und Problemen, die sie gerade beschäftigen, durch ihr Leben gehen. Alles Andere, manchmal auch die Anderen, registrieren sie dabei nicht wirklich. Was gleichsam als Geschenk vor den Füßen und vor den Augen liegt, wird vielleicht gesehen, aber nicht bewusst wahrgenommen. Ich denke, die kleine Übung ist nicht schlecht: Zumindest einmal in der Woche eine Stunde lang an nichts anderes denken und wahrnehmen als das, was man gerade mit den eigenen Sinnesorganen sieht, riecht und hört. Die Wiese mit ihren tau-senden unterschiedlichen Blumen und Düften, wenn Sie gerade in der Natur sind. Den Asphalt mit seinen lästigen Löchern oder auch die verführerischen Auslagen, wenn sie in der Stadt unterwegs sind. Die Menschen, die an Ihnen vorbeigehen und erstaunt innehalten, wenn sie mit einem freundlichen „Grüß Gott“ gegrüßt werden. Die kleinen, wenige Zentimeter großen jungen Fichten neben den majestätischen, über 100 Jahre alten Bäumen, wenn Sie gerade im Wald spazieren und die natürliche Aufforstung beobachten.

Dabei wird wohl auch deutlich: Paradies ist unser Leben noch keines. Aber mir jedenfalls geht es so: Manchmal, da fühle ich mich dem Para-dies ganz nah. Und dann bin ich dankbar, dass ich das alles nicht über-sehe, das Gras, das Korn, den Wald, die Menschen, die Sonne, den Regen, die Früchte. Dass ich die kleinen Wunder unseres Lebens wahr-nehmen und mich darüber freuen kann. /

Superintendent Paul Weiland

Zwischen Himmel und Erde

DEM PARADIES GANZ NAH

Sendereihen & Sendetermine

KULTUR.REGION IM ORF

Was gleichsam als Geschenk vor den Füßen und vor den Augen liegt, wird vielleicht gesehen, aber nicht

bewusst wahrgenommen.

Kultur.Region / 48

RADIO NIEDERÖSTERREICH aufhOHRchen, Di, 20.00–21.00 Uhr

2. 9.: Volkskultur aus Niederösterreich mit Hans Schagerl

9. 9.: Volkskultur aus Niederösterreich mit Dorli Draxler

16. 9.: Im Reich der Gefühle mit Edgar Niemeczek

23. 9.: Volksmusikalische Kostbarkeiten“ mit Walter Deutsch

30. 9.: Neues aus der Volksmusik“mit Edgar Niemeczek

7. 10.: Jubel und Elend, Freud und Leid mit Nobert Hauer

14. 10.: Volkskultur aus Niederösterreich mit Dorli Draxler

21. 10.: Herbstausflüge mit Edgar Niemeczek

28. 10.: Volksmusikalische Kostbarkeiten mit Walter Deutsch

vielstimmig – die Chorszene Niederösterreich Do, 20.00–20.30 Uhr: 11. 9., 25. 9., 9. 10., 23. 10.

Kremser Kamingespräch Mi, 15. 10., 21.00 Uhr

G’sungen und g’spielt & Für Freunde der Blasmusik Mi, Do, 20.00–21.00 Uhr

Musikanten spielt’s auf Fr, 20.00–21.00 Uhr

Frühschoppen So, 11.00–12.00 Uhr_

ORF 2 Wetter-Panorama, täglich 7.15–9.00 Uhr

Mei liabste Weis, Sa, 13. 9., 20.15 Uhr aus Schloss Stauff in Frankenmarkt_

ORF 3 Unser Österreich, Sa, 16.55 Uhr_

Programmänderungen vorbehalten Detailprogramme: www.orf.at

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MUSEUMSARBEIT – EINE EINFÜHRUNG——————————————————————Fr, 19.–Sa, 20. 9. 2014Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24

Referentin: Mag. Evelyn Kaindl-Ranzinger

Historische Museologie und Definition, Samm-lung, Verwaltung, Konzepte und Leitbild, Pro-jektentwicklung, „Das Museum und ich“.

Anmeldung & InformationMuseumsmanagement Niederösterreich www.noemuseen.at/fortbildung_

INSTANDSETZEN VON BESCHÄDIGTEN BÜCHERN——————————————————————Fr, 26. 9. 2014Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24

Referentin: MMag. Ilse Mühlbacher

Weiterer Termin aufgrund des großen Erfolgs! Im Kurs werden einfache Buchrückenreparatu-ren nach konservatorischen Gesichtspunkten durchgeführt. Teilnehmer können drei kleine Bücher mit beschädigten Rücken als Arbeits-grundlage mitbringen und bearbeiten.

Anmeldung & InformationMuseumsmanagement Niederösterreich www.noemuseen.at/fortbildung_

OBERFLÄCHENBEHANDLUNGVON HOLZ UND METALL ——————————————————————Sa, 4. 10. 2014Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24

Referent: Peter Huber

Reparaturen bzw. Instandsetzungen von alten Holz- und Metallobjekten. Eigene Herstellung von Beizen, Wachsen und Wachsmischungen, Ölfarben, Kaseinfarben, Schellackpolituren. Entfernen von alten Farb- und Lackschichten.

Anmeldung & InformationMuseumsmanagement Niederösterreich www.noemuseen.at/fortbildung_

GRUNDLAGEN DER KULTUR- VERMITTLUNG——————————————————————Fr, 10.–Sa, 11. 10. 2014Haus der Regionen, 3504 Krems-Stein, Donaulände 56

Referentin: Helga Steinacher

Basiswissen und Methoden der Kulturvermitt-lung, um selbständig Führungen, Workshops, Vorträge und Präsentationen in Museen, Aus-stellungen und bei Veranstaltungen durchzu-führen.

Anmeldung & InformationMuseumsmanagement Niederösterreich [email protected] www.noemuseen.at/fortbildung_

INVENTARISIERUNG VON MUSEUMSBESTÄNDEN——————————————————————Fr, 17.–Sa, 18. 10. 2014Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24

Referenten: Dr. Andrea Euler, Mag. Rocco Leuzzi

Methoden der Inventarisierung und der fach-kundigen Aufnahme von Objekten, Ordnungs-systeme, EDV-Inventarisierung, Inventarfoto-grafie von Objekten.

Anmeldung & InformationMuseumsmanagement Niederösterreichwww.noemuseen.at/fortbildung_

KLEBER, KLEISTER, LEIME——————————————————————Sa, 25. 10. 2014Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24

Referent: Peter Huber

Reparaturen bzw. Instandsetzungen von alten Holzobjekten. Vergleich von alten und moder-nen Klebern, Kleistern und Leimen und deren Einsatz. Ansetzen von historischen Leimen und Kleistern sowie der Umgang mit ihnen.

Anmeldung & InformationMuseumsmanagement Niederösterreich www.noemuseen.at/fortbildung_

GANZ IN DER MUSIK. ELEMENTARE MUSIKKUNDE – GANZHEITLICH, NACHHALTIG, ERFAHREN, WISSEN——————————————————————Sa, 11. 10. 2014, 9.30–17.00 Uhr Musikschule Melk-Loosdorf, 3382 Loosdorf, Otto-Glöckel-Straße 4–6

Referentin: Verena Unterguggenberger

In der Fortbildung wird der Frage nachgegan-gen, wie sich ein Mensch dahingehend ent- wickeln kann, gehörte Rhythmen aufzuschrei-ben bzw. selbst kreativ damit umzugehen, d. h. zu komponieren. Außerdem wird ein Weg zum Verstehen unseres Tonsystems erarbeitet. Das Kennenlernen der Relativen Solmisation und die praktische Anwendung im Unterricht steht im Mittelpunkt. Auch widmet sich die Fortbil-dung einem ganzheitlichen Zugang zum Fünf-Linien-System.

Anmeldung & InformationMusikschulmanagement NiederösterreichMag. Elisabeth Kriechbaumerelisabeth.kriechbaumer@musikschulmanage-ment.atwww.musikschulmanagement.at

Kultur.Region / 49

NEUE BÜROSTANDORTE———————————————————Museumsmanagement Niederösterreich3100 St. Pölten Neue Herrengasse 10/3 Tel. 02742 90666 6116 Fax. 02742 90666 6119

[email protected]

www.noemuseen.at _

Musikschulmanagement Niederösterreich3100 St. Pölten Hypogasse 1

Tel. 02742 9006 16990

[email protected]

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FORTBILDUNG

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„Zerstreute Dinge“, beantwortet der Philo-soph Manfred Sommer die Frage, was denn die Definition von Sammeln sei. Zerstreut, so Sommer weiter, kann aber nur sein, „was einerseits vieles ist und was andererseits einen Raum zur Verfügung hat, in welchem es weit genug auseinander sein kann und durch den es sich derart zu bewegen vermag, dass es nachher nahe beieinander ist“ (aus: „Sam-meln: Ein philosophischer Versuch“, 1999).

Da liegen sie nun ganz nahe beieinander, die Ziegeln in den Ziegelmuseen, die Motorrä-der der Sammlung Ehn in Sigmundsher-

berg, die Wagerln und Schlitten im Museum für Arbeits- und Zughunde (Schönbach, Waldviertel), die Sammlung der besten ersten Sätze aus Büchern, zusammengetra-gen von meinem Freund Jan Tabor, die Kondomsammlung im Keller eines Erotik-fachgeschäftes (Adresse auf Anfrage), die Krücken der Geheilten in den Votivkam-mern, die Sammlung für Plansprachen (Esperanto ist nur die bekannteste) in Wien und die sprichwörtlichen Briefmarken. Es gibt nichts, was man nicht sammeln kann.

In der Renaissance, mit ihrem Wissenshun-ger nach Neuem und Unentdecktem, er-reicht die Sammelleidenschaft ihren ersten Höhepunkt. In dieser Epoche, so Philosoph Reinhard Brandt, „mündet die Material-sammlung in ein Meer, das keine Orientie-rung mehr bietet. Alle Welt sammelt und wird gesammelt, und von der Renaissance bis zur Gegenwart lässt diese überbordende Fülle des Sammelns nicht nach.“

Auch ich trage mein Scherflein dazu bei. Ich sammle Wörter. Zwei aktuelle Favoriten darf ich Ihnen präsentieren. Ersterer stammt aus Tschechien, aus meiner Nachbarortschaft Podhrady/Freistein. Dort ist, durch die noch aus kommunistischen Zeiten stammende gnadenlose lautschriftliche Übertragung von Anglizismen, der „Tenis Kurt“ zu Hause. So steht’s am Zaun des „tennis court“ von Podhrady. Aus England wurde mir der „Schmuckeremit“ („garden hermit“) zuge-tragen. Die Schmuckeremiten des 18. und 19. Jahrhunderts bewohnten als Angestellte der Schlossbesitzer die weitläufigen eng-lischen Landschaftsparks. Sie lebten male-risch verwildert in eigens errichteten Eremi-tagen, um Parkbesucher mit ihrem Anblick zu erfreuen. Und uns erfreut das schmucke Wort bis heute.

Mella Waldstein

Landeinwärts

SAMMELSURIUM

Die Europalette ist weltweit ein begehrtes Bauelement. Während der Architekturtage Niederösterreich wurde z. B. in Horn ein Möbelbaukurs mit Paletten angeboten. In der wunderschönen Stadt Almaty im Süden von Kasachstan sehen wir sie als Garten-zaun. Dabei wurden zwei Paletten zusam-mengeschraubt und weiß gestrichen. /

2nd LIFE

schaufenster / Kultur.Region / September/Oktober 2014

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Damit Visionen Wirklichkeit werden, ermöglicht Raiffeisen viele Kulturveranstaltungen durch seine regionalen und lokalen Förderungen. Denn Realisierung und Erfolg von Kulturinitiativen hängen nicht nur von Ideen, sondern auch von fi nanziellen Mitteln ab. Gemeinsam ist man einfach stärker. www.raiffeisen.at

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