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Schauplatz Musik: Paris Was haben die Paris-Reisenden, -Bürger und -Verehrer Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart, Cole Porter und Ella Fitzgerald, Josephine Baker und Sergej Prokofjew, George Gershwin und Igor Strawinsky bei ihren vielfältigen Hommagen an die zwanzig Arron- dissements zwischen Montmartre und Montparnasse, zwischen dem Louvre und den Jazzclubs von Saint-Germain gemeinsam? Vor allem anderen wohl die unstillbare Sehnsucht nach der so faszinierenden wie facettenreichen Seine-Metropole und Lichterstadt, der sie und zahlreiche andere Musiker des letzten Jahrtausends erlegen waren – und der sie in Songs, Sonaten, Orchesterwerken, Balletten und Instru- mental-Porträts ein unvergeßliches Denkmal setzten. Einige erkoren sich die mythische Hauptstadt der höfischen Oper und des ballet de cour, des Chansons und des Can-can, der bour- geoisen Salons und der Valse-musette zur Wahlheimat; Gustave Charpentier oder Jacques Offenbach widmeten ihr furiose Musikdra- men. Andere verfielen ihrem unwiderstehlichen Charme für immer. Und die Lieder und Ohrwürmer, mit denen sich der Wallfahrtsort der Surrealisten und Existentialisten auf alle Ewigkeit feiern läßt, sind Legion. Doch das frühere wie das heutige Paris, Sinnbild des Sündenbabels, kultischer Schauplatz von Notre-Dame-Musicals und Folies-Bergères- Tingeltangel, Hochburg der musique concrète und des von Pierre Boulez verwalteten Ircam, Triumphstätte für Édith Piaf und Sterbeort für Jim Morrison, repräsentiert viel mehr als eine Anhäufung welt- berühmter Boulevards, Quartier-Latin-Gassen, Métro-Stationen und Friedhöfe: Es ist, als »Insel von Frankreich«, auch das unangefochtene Mekka der World music und des frankophonen Rap, Geburtsort des französischen Accordéon, der Revolutionsoper und der Farbpalette des musikalischen Impressionismus. Allerdings nur dann, wenn man bereit ist, sich einzulassen auf die Erkundung der hintergründigen Pariser Topographie: abseits ausgetretener Besucherpfade. Lassen Sie sich deshalb mitnehmen auf eine rasante Fahrt durch den Pariser Untergrund oder spielen Sie mit Julio Cortázar Himmel und Hölle. Flanieren Sie mit der lost generation zum Odéon und bli- cken Sie mit Colette aus den Fenstern des Palais-Royal. Gehen Sie mit Alain Souchon und seinem Bateau-mouche-Chanson auf urbane Bootsfahrt, lauschen Sie Janequins markanten Marktschreiern, dem Soundtrack früherer Jahrhunderte, und nehmen Sie Platz in der ehr- würdigen Salle Pleyel, um dem famosen Sextett von Haydns Pariser Symphonien Gehör zu schenken. Promenieren Sie mit zu den Gedenk- stätten von Chopin und Berlioz. Steigen Sie mit der von Jean Cocteau angeführten »Groupe des Six« für eine dadaistische Hochzeit auf den Eiffelturm. Blicken Sie hinter die Fassaden des legendären Nightclubs Le Boeuf sur le toit und des glamourösen Olympia, klettern Sie durch die verwinkelten Zimmer von Érik Saties Maison-placard und pilgern Sie zur Madeleine und zur Trinité. Nur hier, so werden Sie uns dann beipflichten, konnten Henri Mur- gers topographische Szenenbilder einem Puccini zum Vorbild für La Bohème gereichen. Nur hier konnten die verrückten Années Folles zur vollen Blüte, nur hier die Avantgarde-Truppen der Ballets russes und der Ballet suédois zu Weltruhm gelangen. Nur in Paris, diesem einzig- artigen Schmelztiegel der Weltkulturen, konnte ein Cabaret wie das unsterbliche Moulin-Rouge gleich zwei erfolgreichen Musical-Filmen als ideale Kulisse dienen.

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Schauplatz Musik: Paris

Was haben die Paris-Reisenden, -Bürger und -Verehrer Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart, Cole Porter und Ella Fitzgerald, Josephine Baker und Sergej Prokofjew, George Gershwin und Igor Strawinsky bei ihren vielfältigen Hommagen an die zwanzig Arron-dissements zwischen Montmartre und Montparnasse, zwischen dem Louvre und den Jazzclubs von Saint-Germain gemeinsam? Vor allem anderen wohl die unstillbare Sehnsucht nach der so faszinierenden wie facettenreichen Seine-Metropole und Lichterstadt, der sie und zahlreiche andere Musiker des letzten Jahrtausends erlegen waren – und der sie in Songs, Sonaten, Orchesterwerken, Balletten und Instru-mental-Porträts ein unvergeßliches Denkmal setzten.

Einige erkoren sich die mythische Hauptstadt der höfischen Oper und des ballet de cour, des Chansons und des Can-can, der bour-geoisen Salons und der Valse-musette zur Wahlheimat; Gustave Charpentier oder Jacques Offenbach widmeten ihr furiose Musikdra-men. Andere verfielen ihrem unwiderstehlichen Charme für immer. Und die Lieder und Ohrwürmer, mit denen sich der Wallfahrtsort der Surrealisten und Existentialisten auf alle Ewigkeit feiern läßt, sind Legion.

Doch das frühere wie das heutige Paris, Sinnbild des Sünden babels, kultischer Schauplatz von Notre-Dame-Musicals und Folies-Bergères-Tingeltangel, Hochburg der musique concrète und des von Pierre Boulez verwalteten Ircam, Triumphstätte für Édith Piaf und Sterbeort für Jim Morrison, repräsentiert viel mehr als eine Anhäufung welt-berühmter Boulevards, Quartier-Latin-Gassen, Métro-Stationen und Friedhöfe: Es ist, als »Insel von Frankreich«, auch das unangefochtene Mekka der World music und des frankophonen Rap, Geburtsort des

französischen Accordéon, der Revolutionsoper und der Farbpalette des musikalischen Impressionismus. Allerdings nur dann, wenn man bereit ist, sich einzulassen auf die Erkundung der hintergründigen Pariser Topographie: abseits ausgetretener Besucherpfade.

Lassen Sie sich deshalb mitnehmen auf eine rasante Fahrt durch den Pariser Untergrund oder spielen Sie mit Julio Cortázar Himmel und Hölle. Flanieren Sie mit der lost generation zum Odéon und bli-cken Sie mit Colette aus den Fenstern des Palais-Royal. Gehen Sie mit Alain Souchon und seinem Bateau-mouche-Chanson auf urbane Bootsfahrt, lauschen Sie Janequins markanten Marktschreiern, dem Soundtrack früherer Jahrhunderte, und nehmen Sie Platz in der ehr-würdigen Salle Pleyel, um dem famosen Sextett von Haydns Pariser Symphonien Gehör zu schenken. Promenieren Sie mit zu den Gedenk-stätten von Chopin und Berlioz. Steigen Sie mit der von Jean Cocteau angeführten »Groupe des Six« für eine dadaistische Hochzeit auf den Eiffelturm. Blicken Sie hinter die Fassaden des legendären Nightclubs Le Boeuf sur le toit und des glamourösen Olympia, klettern Sie durch die verwinkelten Zimmer von Érik Saties Maison-placard und pilgern Sie zur Madeleine und zur Trinité.

Nur hier, so werden Sie uns dann beipflichten, konnten Henri Mur-gers topographische Szenenbilder einem Puccini zum Vorbild für La Bohème gereichen. Nur hier konnten die verrückten Années Folles zur vollen Blüte, nur hier die Avantgarde-Truppen der Ballets russes und der Ballet suédois zu Weltruhm gelangen. Nur in Paris, diesem einzig-artigen Schmelztiegel der Weltkulturen, konnte ein Cabaret wie das unsterbliche Moulin-Rouge gleich zwei erfolgreichen Musical-Filmen als ideale Kulisse dienen.