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Schlüsselwerke der Systemtheorie

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Schlüsselwerke der Systemtheorie2., erweiterte und neu gestaltete Auflage

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HerausgeberDirk BaeckerUniversität Witten/HerdeckeWitten, Deutschland

ISBN 978-3-531-20003-3 ISBN 978-3-531-20004-0 (eBook)DOI 10.1007/978-3-531-20004-0

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Lektorat: Cori A. Mackrodt, Stefanie Loyal

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Inhalt

Dirk BaeckerVorwort zur zweiten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Dirk BaeckerEinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Teil I Kybernetik

Rudolf StichwehAutomaten . Über Norbert Wiener, Cybernetics or Control and Communication in the Animal and the Machine (1948) . . . . . . . . . 19

Dirk BaeckerDie Umwelt als Element des Systems . Über W . Ross Ashby, A Design for a Brain: The Origin of Adaptive Behavior (1952) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Ranulph GlanvilleLernen ist Interaktion . Über Gordon Pask, An Approach to Cybernetics (1961) . . . . . . . . . . . 35

Dirk RustemeyerGehirnmaschinen . Über Warren S . McCulloch, Embodiments of Mind (1965) . . . . . . . . . . 51

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VI Inhalt

Gerard de ZeeuwAuf der Suche nach Wissen . Über Ludwig von Bertalanffy, General System Theory (1968) . . . . . . . . 61

Wolfram LuttererEine kybernetische Systemtheorie . Über Gregory Batesons, Steps to an Ecology of Mind (1972) . . . . . . . . . 83

Günter RopohlGanzheit und Teile – Paradoxie oder Dialektik ? Über I . V . Blauberg, V . N . Sadovsky und E . G . Yudin, Systems Theory, Philosophical and Methodological Problems (1977) . . . . . 93

Elena EspositoDie Beobachtung der Kybernetik . Über Heinz von Foerster, Observing Systems (1981) . . . . . . . . . . . . 101

Bernard ScottSelbstbeobachtung . Über Ranulph Glanville, Objekte (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Teil II Kommunikation

Fritz B. SimonIm Netzwerk der Kommunikation . Über Juergen Ruesch und Gregory Bateson, Communication. The Social Matrix of Psychiatry (1951) . . . . . . . . . . . 131

Dirk BaeckerKommunikation als Selektion . Über Donald M . MacKay, Information, Mechanism and Meaning (1969) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Urs StäheliAuf der Spur der Double Binds . Über Anthony Wilden, System and Structure: Essays in Communication and Exchange (1972) . . . . . . . . . . . . . . . 159

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Inhalt VII

Werner VogdDas Selbst als Phantasma . Über Peter Fuchs, Das System SELBST: Eine Studie zu der Frage: Wer liebt wen, wenn jemand sagt: „Ich liebe Dich !“ ? (2010) . . . . . . . . . . 171

Teil III Selbstorganisation und Autopoiesis

Christina WeissDie In-formation der Autopoiesis . Über Francisco Varela, Principles of Biological Autonomy (1979) . . . . . . . 183

Jacques MiermontKomplexität durch Rauschen . Über Henri Atlan, Entre le cristal et la fumée: Essai sur l’organisation du vivant (1979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

Wolfgang Krohn und Holk CruseDas Prinzip der Autopoiesis . Über Humberto R . Maturana und Francisco J . Varela, Autopoiesis and Cognition (1980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Maren LehmannKognition, heterodox . Über Francisco J . Varela, Kognitionswissenschaft – Kognitionstechnik: Eine Skizze aktueller Perspektiven (1990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

Athanasios KarafillidisUnmittelbares Handeln und die Sensomotorik der Situation . Über Francisco J . Varela, Ethical Know-How (1992) . . . . . . . . . . . . . 223

Teil IV Mathematik und Logik

Loet LeydesdorffDie Mathematik und andere Kurzsprachen . Über John von Neumann, The Computer and the Brain (1958) . . . . . . . 253

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VIII Inhalt

Louis H. KauffmanDas Prinzip der Unterscheidung . Über George Spencer-Brown, Laws of Form (1969) . . . . . . . . . . . . . 263

Louis H. KauffmanDynamics in Terms of Differential Equations and Recursions .On M . D . Mesarovic and Yasukiko Takahara, General Systems Theory: Mathematical Foundations (1975) . . . . . . . . . 281

David KöpfMit dem Weltgeist rechnen . Über Gotthard Günther, Beiträge zu einer operationsfähigen Dialektik (1976 – 1980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Klaus MainzerComplex Systems, Nonlinear Dynamics, and Local Activity Principle . On Jay W . Forrester, Industrial Dynamics (1961), and beyond . . . . . . . . 297

Teil V Management und Design

Norbert BolzBausteine zu einer Designwissenschaft . Über Herbert A . Simon, The Sciences of the Artificial (1969) . . . . . . . . . 313

Werner UlrichForschende Systeme . Über C . West Churchman, The Design of Inquiring Systems (1971) . . . . . . 327

Sebastian HetzlerBauplan für komplexe Organisationen . Über Stafford Beer, Brain of the Firm (1972) . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

Markus SchwaningerDas größere Ganze . Über Hans Ulrich, Gesammelte Schriften (2001) . . . . . . . . . . . . . . . 351

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Inhalt IX

Rudi WimmerKomplexität verlangt Übung . Über Fredmund Malik, Strategie des Managements komplexer Systeme: Ein Beitrag zur Management-Kybernetik evolutionärer Systeme (1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

Frank StowellSoft, Not Vague . On Peter B . Checkland, Systems Thinking, Systems Practice – A 30 year Retrospective (1981/1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

Teil VI Soziologie und Politikwissenschaft

Stephan FuchsHandlung ist System . Über Talcott Parsons, The Social System (1951) . . . . . . . . . . . . . . . 403

Mathias Albert und Jochen WalterDie Intelligenzfunktion der Politik . Über Karl W . Deutsch, The Nerves of Government: Models of Political Communication and Control (1963) . . . . . . . . . . . 407

Giancarlo CorsiDie Einheit als Unterschied .Über Edgar Morin, La Méthode (1977 – 2001) . . . . . . . . . . . . . . . . 417

Jean ClamDie Zentralität des Paradoxen . Über Yves Barel, Le paradoxe et le système: Essai sur le fantastique social (1979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

Helmut WillkeKomplexität als Formprinzip . Über Niklas Luhmann, Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie (1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . 437

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X Inhalt

Lars QvortrupThe meaning of society . On Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft (1997) . . . . . . . . 455

Über die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473

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Vorwort zur zweiten Auflage

Dirk Baecker

Zehn Jahre sind seit der ersten Auflage der vorliegenden Kommentare zu Schlüs-selwerken der Systemtheorie vergangen. Für den langen Atem der Systemtheorie ist dies keine nennenswerte Zeit. Und doch stellt sich die Systemtheorie in den Va-rianten, in denen sie hier verhandelt wird, zum gegenwärtigen Zeitpunkt in mei-nen Augen anders dar als vor zehn Jahren. Nach wie vor sind es vor allem die Anwendungsfelder der Soziologie, der Managementlehre und der Therapie und Beratung, in denen die meisten Aktivitäten zu verzeichnen sind. Bahnbrechende neue Systemmodelle sind nicht zu verzeichnen.

Und doch schälen sich einige Schwerpunkte der Arbeit an und mit der System-theorie deutlicher und, wenn ich das so sagen darf, unaufgeregter heraus als noch vor zehn Jahren. Das gilt zum einen für die bereits von Niklas Luhmann formu-lierte Vermutung, dass die Systemtheorie dank ihrer Rezeption der Laws of Form von George Spencer-Brown eine noch allgemeinere Analyseebene erreicht, auf der die System/Umwelt-Unterscheidung nur ein Fall jener „nur einseitig verwendba-ren Zweiseitenformen“ ist, für die es auch andere Fälle gibt, etwa die Unterschei-dungen von Zeichen und Bezeichnetem oder von Ding und Medium (Luhmann 2002, S. 76). Luhmanns Buch Die Gesellschaft der Gesellschaft, dem Lars Qvortrup in der vorliegenden Auflage einen Kommentar widmet, ist dafür das nach wie vor wegweisende Beispiel. Die Systemtheorie kann nur gewinnen, wenn sie „Komple-xität als Formprinzip“ (Helmut Willke, in diesem Band) ernst nimmt und mit an-deren Strängen der Komplexitätsforschung sowie anderen Formen von Differenz-theorien in Verbindung setzt.

Zum anderen hat nicht zuletzt die nach wie vor intensive Auseinandersetzung der Managementlehre und Organisationswissenschaft mit der Systemtheo rie (sie-he nur Wimmer/Meissner/Wolf 2009) dazu geführt, dass zumindest die hier ver-tretenen Versionen der Systemtheorie eher noch vorsichtiger in ihrem Anspruch

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2 Dirk Baecker

geworden sind, Systeme modellieren und simulieren zu können. Die System theo-rie ist immer noch genug Kybernetik, um nach wie vor davon fasziniert zu sein, Systeme auch bauen und auch zum Laufen bringen zu können. Und sie ist genug Kybernetik zweiter Ordnung, um sich immer wieder auf die Position zurückzu-nehmen, dass den untersuchten Systemen ihre Selbstorganisation und Autopoie-sis wesentlich besser gelingt, als es je ein Beobachter wird nachzeichnen können. Man will die Systeme rechnen sehen, wenn man ein Systemtheoretiker ist. Und doch ist die gegenwärtige Stimmung der Systemtheorie eher dadurch gekenn-zeichnet, dass man den eigenen Rechnungen (und vielleicht treffender: Reflexio-nen), nicht zuletzt jenen im Medium des Texts, auf die Spur kommen möchte, um sie als Paradigma formulieren zu können, das es erlaubt, Systeme nicht zu modellieren und zu simulieren, sondern zu ihnen und in ihnen hinreichend komplexe Beobachterpositionen aufbauen zu können.

Nach wie vor ist es die konstituierende Paradoxie der Systemtheorie in den hier vorliegenden Fassungen, die Selbstreferenz des Gegenstands zu postulie-ren. Aber auch hier ist man vorsichtiger geworden. Das Axiom Luhmanns, dessen „Überlegungen“ in Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie davon aus-gingen, „dass es Systeme gibt“ (1984, S. 30) und dass zu diesen nicht nur soziale, sondern auch selbstreferentiell soziale Systeme gehören, wird in der empirischen Arbeit der soziologischen Systemtheorie nach wie vor verfolgt, doch treten dane-ben andere Versionen der Selbstreferenz, die nicht darauf warten, irgendwann im Gegenstand auf den Beobachter zu stoßen, der diesen Gegenstand untersucht (so die Empfehlung Luhmanns ebd., S. 30 f.), sondern den Beobachter von Anfang an nicht aus dem Blick lassen. „The self is the whole space including the mark and the observer. But the mark points, in the first place, to its own location, and in this process becomes a locus of reference. The mark refers to itself. The whole refers to itself through the mark,“ schreibt Louis H. Kauffman (1987, S. 53). Es sind daher auch hier, wie in der Managementlehre, die Markierungen, die der Beobachter sel-ber setzt, an denen alle weiteren Beobachtungen ansetzen.

Was also ist der Gegenstand einer Systemtheorie, die die Selbstreferenz als Re-ferenz des Ganzen anhand einer Markierung auf sich selbst zu denken und dann auch zu beobachten sucht ? Vielleicht lohnt es sich hier, nicht paradox, sondern dia lektisch weiterzudenken. Wesentliche Anregungen dazu verdanken sich inter-essanterweise nicht der russischen (oder soll man sagen: sowjetischen ?) Rezep tion der Systemtheorie (siehe den Kommentar von Günter Ropohl in diesem Band zur Systems Theory von Igor V. Blauberg, Vadim N. Sadovsky und Erik G. Yudin), son-dern den Arbeiten zu einer mehrwertigen Logik von Gotthard Günther, die von einer unter dem kollektiven Pseudonym „Kurt Klagenfurt“ publizierenden Grup-pe von Wissenschaftlern aufgenommen worden sind. Selbstreferenz, so schlägt Günther unter dem Titel „Subjektivität“ vor, ist formal-logisch nichts anderes als

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Vorwort zur zweiten Auflage 3

die Rejektion beliebiger Wertalternativen (Günther 1976, S. 230), die in dem Mo-ment, in dem sie sich reproduzieren will, nichts anderes als ein neues System, eine neue Kontextur, werden kann. Das aber heißt, dass Selbstreferenz zum Grundbe-griff einer Differenz und damit Verteiltheit von Systemen wird, die in sich logisch zweiwertig, jedoch unter sich nur logisch mehrwertig formuliert werden können. Das führt zur Logik einer Polykontexturalität und zur Modellierung heterarchi-scher Bezüge in und zwischen Systemen. Ein System ist dann in der Tat nicht mehr als positives Subjekt, sondern nur noch als „negative Objektivität“ zu verstehen, wie es Theodor W. Adorno (1973, S. 31) vorgeschlagen hat. Das Selbst der Selbst-referenz ist die Voraussetzung und das Resultat einer Bezugnahme auf etwas im Kontext der Ablehnung von etwas anderem. Nicht mehr und nicht weniger; Hus-serls Intention, Günthers Subjektivität.

In diesem Sinne bemüht sich die vorliegende 2. Auflage der Schlüsselwerke der Systemtheorie um eine weitere Schließung auf höherem Niveau, nämlich um eine Öffnung gegenüber der Mathematik (siehe den Beitrag von Louis H. Kauff man zur mengentheoretischen Formalisierung der Systemtheorie durch Mihajlo  D. Mesarovic und Yasuhiko Takahara und den Beitrag von Klaus Mainzer zu Ent-wicklungen von Ideen zur Dynamik komplexer Systeme im Anschluss an Jay W. Forrester), den Kognitionswissenschaften (siehe Maren Lehmann und Athanasios Karafillidis zu zwei Büchern von Francisco J. Varela) und der Managementlehre (siehe die Beiträge von Werner Ulrich, Stefan Hetzler, Markus Schwaninger, Rudi Wimmer und Frank Stowell zu Schlüsselwerken von C. West Churchman, Staf-ford Beer, Hans Ulrich, Fredmund Malik und Peter Checkland). Letztere, um dies zu wiederholen, ist weit davon entfernt, eine bloße „Anwendung“ systemtheoreti-scher Einsichten zu sein. Vielmehr führt sie diese Einsichten laufend an die Gren-ze ihrer eigenen Möglichkeiten und ist damit ein unverzichtbares Moment der Er-probung und Bestätigung des Systembegriffs als eines Reflexionsbegriffs im Sinne Kants. Der Gegenstand der Systemtheorie ist eine Heterarchie verteilter und ver-mittelter Operationen in und zwischen Systemen. Jeder Begriff der Systemtheorie ist eine Reflexion im Medium der Sprache, des Denkens und der Beobachtung auf eine prälogische und mathematisch anspruchsvolle Ebene der Vernetzung selbst-referentieller Operationen.

Der Fokus auf den Problembegriff der Selbstreferenz, dem auch diese zweite Auflage der Schlüsselwerke der Systemtheorie treu bleibt, bedeutet damit erneut, dass zahlreiche Varianten einer eher ingenieurwissenschaftlichen und elektro-technischen Systemtheorie ebenso ausgeblendet bleiben wie Ansätze zu system-theoretischen Modellierungen und Simulationen. Diese Ausblendung ist zum ei-nen ein Eingeständnis des Umstands der Sprachlosigkeit zwischen Varianten der Systemtheorie, die in einem unterschiedlichen Ausmaß auf die Selbstreferenz der Beobachtung reflektieren, und zum anderen Absicht: die Absicht einer Rejektion,

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4 Dirk Baecker

die eine künftige Transjunktion zwischen diesen Varianten nicht etwa ausschließt, sondern einschließt.

Ebenso bleiben zahlreiche Schlüsselwerke ausgeblendet, die man in eher the-rapeutischen Arbeiten mit der Systemtheorie finden könnte. Auch das ist Absicht. Paul Watzlawicks, Janet H. Beavins und Don D. Jacksons (1969, S. 66 f.) Hinweis darauf, dass Analogiekommunikation (im Gegensatz zur Digitalkommunika tion) Kommunikation im Medium von Widersprüchen ist, hat zwar das Systemver-ständnis von Therapeuten nachhaltig prägen können, wartet jedoch in der allge-meinen und soziologischen Systemtheorie (von der ingenieurwissenschaftlichen zu schweigen) nach wie vor auf eine angemessene Konzeptionalisierung (siehe je-doch die Beiträge von Fritz B. Simon, Urs Stäheli und Jean Clam in diesem Band).

Die vorliegende zweite Auflage der Schlüsselwerke der Systemtheorie bemüht sich somit darum, einige, aber längst nicht alle Lücken zu schließen, die die erste Auflage aufwies. Vielleicht jedoch gelingt es dieser zweiten Auflage, die Lücken auffälliger und somit für weiterführende Anschlüsse attraktiv zu machen. Dem-selben Zweck dient der Versuch, die strikt chronologische Ordnung der Beiträge in der ersten Auflage um eine eher systematische Ordnung zu ergänzen. Die Wur-zeln der Systemtheorie in der Kybernetik, die Herausforderung durch den Begriff der Kommunikation, die wegweisenden Ideen der Selbstorganisation und Auto-poiesis, die Arbeit an den mathematischen und logischen Grundlagen der Sys-temtheorie und die beiden wichtigsten Anwendungsfelder im Management (und Design) und in der Soziologie (und Politikwissenschaft) sind nun deutlich von-einander unterschieden und können somit in ihrem Bezug aufeinander besser studiert werden.

Für die Anregung zu dieser zweiten Auflage der Schlüsselwerke der System-theorie danke ich Dr. Cori Antonia Mackrodt im Lektorat von Springer VS und für eine Liste zahlreicher Druckfehler in der ersten Auflage Rudi Sander. Gewid-met ist dieser Band all denen, die sich von den hier versammelten Kommentaren dazu anregen lassen, ihr eigenes Systemmodell zu formulieren.

Literatur

Adorno, Theodor W. (1976): Negative Dialektik. Gesammelte Schriften, Bd. 6, Frank-furt am Main: Suhrkamp.

Günther, Gotthard (1976): Das metaphysische Problem einer Formalisierung der tran-szendental-dialektischen Logik: Unter besonderer Berücksichtigung der Logik Hegels, in: ders., Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik, Bd. 1, Hamburg: Meiner, S. 189 – 247.

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Vorwort zur zweiten Auflage 5

Kauffman, Louis H. (1987): Self-Reference and Recursive Forms, in: Journal of Social and Biological Structures: Studies in Human Sociobiology 10, Heft 1, S. 53 – 72.

Luhmann, Niklas (1984): Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frank-furt am Main: Suhrkamp.

Luhmann, Niklas (2002): Einführung in die Systemtheorie, Heidelberg: Carl Auer.Watzlawick, Paul, Janet H. Beavin und Don D. Jackson (1969): Menschliche Kommu-

nikation: Formen, Störungen, Paradoxien, Bern: Huber.Wimmer, Rudolf, Jens O. Meissner, Patricia Wolf (Hrsg.) (2009): Praktische Organisa-

tionswissenschaft: Lehrbuch für Studium und Beruf, 2. überarb. und erw. Aufl., 2014.