Schock - intensiv-med.de · berücksichtigen: die Hämodynamik einserseits und die Oxygenierung...

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Schock Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie Dr. H. Bachmann Quelle: Das ICU-Buch, Urban & Fischer Die Fortbildung will sich mit Schock -jedweder Genese - auseinandersetzen, um einige allen Schockformen gemeinsame Zusammenhänge zu vermitteln. Die Fortbildung bezieht sich auf das ICU-Buch von Paul Marino, das in deutscher Übersetzung vom Verlag Urban&Fischer heruasgegeben wird. Marino ist ein echter Fan des Pulmonaliskatheters - wohl wissend, dass in vielen Studien keine Verbesserung der Prognose durch den Einsatz des Pulmonaliskatheters zu Stande kam. Diese Studien beschäftigten sich mit dem Einsatz des Pulmonaliskatheters bei kardiogenen Schock.

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Schock

Pathophysiologie, Diagnostik,Therapie

Dr. H. Bachmann

Quelle: Das ICU-Buch, Urban & Fischer

Die Fortbildung will sich mit Schock -jedweder Genese - auseinandersetzen, umeinige allen Schockformen gemeinsame Zusammenhänge zu vermitteln.Die Fortbildung bezieht sich auf das ICU-Buch von Paul Marino, das indeutscher Übersetzung vom Verlag Urban&Fischer heruasgegeben wird.Marino ist ein echter Fan des Pulmonaliskatheters - wohl wissend, dass in vielenStudien keine Verbesserung der Prognose durch den Einsatz desPulmonaliskatheters zu Stande kam. Diese Studien beschäftigten sich mit demEinsatz des Pulmonaliskatheters bei kardiogenen Schock.

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Verschiedene Perspektiven:

• Beobachtungskonzept: Schock = Hypotonie undTachykardie

• Hämodynamikkonzept: Schock = inadäquat niedrigesHerzzeitvolumen

• Oxygenierungskonzept: Schock = mangelndeSauerstoffversorgung des Gewebes

Schock-Definition

An die Diagnose eines Schocks kann man auf verschiedenen Wegenherankommen.Die mit Sicherheit unsicherste Diagnose eines Schocks belingt durchBeobachtung von Standard-Vitalparametern wie Blutdruck und Frequenz. Wersich auf derartige Leitsymptome beschränkt, kann sein blaues Wunder erleben.Wir wissen, dass beispielsweise in der Initialphase des septischen Schocks dieseParameter normal sind, jeden Falls zu einem Zeitpunkt, zu dem man durchbeherztes Eingreifen Schlimmeres verhindern könnte!Das Hämodynamikkonzept geht hier schon wesentlich weiter. Nicht unbedingtbedarf es zur Diagnose eines inadequat niedrigen HZV einesPulmonaliskatheters: Der klinische Blick (Zentralisation, periphere Zyanose,verlängerte Rekapillierungszeit des Nagelfalzes) und die Echokardiographiekönnen uns hier bereits wichtige Informationen geben.Das Oxygenierungskonzept geht auf die Pathophysiologie des Schocks am bestenein. Wer per Oxygenierungskonzept einen Schock diagnostiziert, wird wesentlichmehr Schockpatienten identifizieren und behandeln können, noch bevor es zu dentypischen Schockfolgen kommt.

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Schock-DefinitionFür eine ausreichende Organfunktion bedarf eseiner ausreichenden Oxygenierung!

Da CO2 gut gewebegängig ist, existiert auch imSchock kein Problem des CO2-Austausches.

Schock ist keine primäre Störung des großen Ganzen. Er vollzieht sich genaugenommen an jeder einzelnen Zelle (blaue Kästchen). Körperfunktion bedeutetZellfunktion, bedeutet Stoffwechsel unter aeroben Bedingungen.Für einen erhaltenen Stoffwechsel bedarf es• eines Gasaustausches zwischen Zelle und Blutbahn und• einer ausreichenden Blutkonvektion an der Zelle vorbei (Blutstrom)Dabei kann der Stoffwechsel mikt Kohlendioxid weitgehend vernachlässigtwerden: Auch eine minimale Blutkonvektion reicht in der Regel aus, um CO2abzutransportieren, denn CO2 ist ausgezeichnet gewebegängig.Im Gegensatz hierzu der Sauerstoff, der von ausgeklügeltenTransportmechanismen abhängig ist.

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O2-Angebot

Das O2-Angebot kann zum Beispiel mit demPICCO bestimmt werden:– D (O2) = CI * Sauerstoffgehalt (art. BGA)

D.h.: Das O2-Angebot wird bestimmt durch– den Sauerstoffgehalt des Blutes– UND durch das Herzminutenvolumen– BEIDE Parameter müssen passen, nicht nur die

Sauerstoffsättigung!

Das Sauerstoffangebot für den Körper setzt sich aus zwei Faktoren zusammen:• der Sauerstoffgehalt des Blutes, der wie wir sehen werden, v.a. von einemausreichenden Erythrozytenangebot mit ausreichender Sättigung abhängig ist.• Das Herzzeitvolumen, denn das sauerstoffreichste Blut nützt der Zelle nichts,wenn es dort nicht ankommt.

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Therapeutische StrategieZwei-Stufen-Konzept:

1. Optimiere die kardiale Funktion und dieHämodynamik– ungenaue Messparameter: Frequenz,

Blutdruck, ZVD– genaue Messparameter: Cardiac Index,

Schlagvolumenindex, Syst. Vask.Widerstand, intrathorakales Blutvolumen

Wir müssen für die Therapie eines Schocks also grundsätzlich zwei Faktorenberücksichtigen: die Hämodynamik einserseits und die Oxygenierungandererseits.Es gibt leider nur wenige und unzuverlässige Parameter, mit denen man diehämodynamische Situation eines Pat. Abschätzen kann:• Herzfrequenz und Blutdruck können v.a. bei septischen Schock lange in einem‘tolerablen’ Bereich sein, obwohl sich der Pat. Bereits in den größtenSchwierigkeiten befindet.• Der ZVD ist äußerst problematisch, da er von derart vielen Variablen abhängt,dass Aussagen sich nie allein auf den ZVD stützen können.Zur genauen Bestimmung der Hämodynamik kann man daher nicht auf einenThermodilutionskatheter verzichten. Warum sollte man auch? Das Legen einesPulmonaliskatheters ist weder besonders gefährlich noch eine große Kunst. Ausden erhobenen Werten Schlüsse zu ziehen und sehr genau zu wissen, in welcheFallen man tappen kann, stellt sich als die weit größere Hürde heraus.

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Strategie

2. Optimiere die Oxygenierungsparameter– ungenaue Messwerte: PaO2, O2-Sättigung,

Hb– genaue Messwerte:

O2-Angebot (D(O2))O2-Aufnahme (V(O2))O2-Extraktionsrate (ER(O2))Lactatspiegel im Serum!! Ziel: Lactat < 4

In einem zweiten Schritt bestimmt man den Sauerstoffstatus. Der viel beachteteSauerstoffpartialdruck spielt dabei eine viel zu große Rolle, dabei hat er auf dieOxygenierung einen weit untergeordneten Einfluss.•Die Sauerstoffsättigung dagegen hat einen großen Wert für die Beurteilung.Warum das so ist, wird noch erläutert.•Auch das Hb spielt eine herausragende Rolle. Die Gabe vonErythrozytenkonzentraten ist der Zeit in der Diskussion. Neben denInfektionsrisiken werden auch proinflammatorische Effekte (ebenso wie beimHumanalbumin) diskutiert. Für Pat. außerhalb eines Schocks ist daherZurückhaltung bei der EK-Gabe sicherlich angezeigt. Für einen Pat. Im Schocksicher nicht!•Mit dem Pulmonaliskatheter kann man sehr genaue Werte bestimmen:

• Das Sauerstoffangebot bezieht HZV, Hb, Sättigung undSauerstoffpartialdruck in einem Wert zusammen und zeigt an, wie viel O2dem Gewebe zur Verfügung gestellt wird.• Die Sauerstoffaufnahme zeigt uns, wie viel Sauerstoff aus der Blutbahnins Gewebe aufgenommen wird. Hat beispielsweise ein HD-Pat. einengroßen Oberarmshunt, hat er sicherlich ein gutes O2-Angebot. Da abereine Menge des Blutes gar nicht zum Gewebe kommt, bleibt seineSauerstoffaufnahme niedrig.

•Die Lactatmessung hat einen besonders hohen Stellenwert, auf sie wird daherspäter noch genauer eingegangen.

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Stufe 0: Kausale Therapie

Wo immer möglich, sollte die zum Schockführende Störung behoben werden:– Mykardinfarkt: Revaskularisation– Hämorrhagie: Blutstillung und -ersatz– Anaphylaxie: Volumen, Supra und Kortikoide– etc.

Dies soll aber hier nicht weiter Thema sein.

Die kausale Therapie eines Schocks steht natürlich an erster Stelle überhaupt.Doch viele Pat. haben eine kausale Therapie - und landen dennoch im Schock.An dieser Stelle soll, um sich nicht zu tief zu verfransen, nur von dersymptomatischen Therapie eines Schocks die Rede sein.

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Stufe 1: Hämodynamik

Optimiere die kardiale Funktion:– Optimiere die Vorlast (Füllungsdrücke):

Messung durch den Wedge-Druck. Der ZVDist ein höchst ungenaues Maß!

Volumenentzug, z.B. durch Lasix oderVolumengabe

– Optimiere die systolische Funktion:Messung durch den Schlagvolumenindex(ml/Schlag/qm)

Katecholamine (Dopamin, Dobutrex)

Bei der symptomatischen Therapie steht wie gesagt die Hämodynamik an ersterStelle.• Ein gut schlagender Ventrikel braucht eine gute diastolische Füllung. Leiderkönnen wir die Füllung (das Volumen) des Herzens nur schwer messen. EineMöglichkeit bietet die Echokardiographie. Der Wedge-Druck ist das Korrelat fürdie diastolische Füllung des Herzens. Er entspricht aber nur dann der Füllung desHerzens, wenn das Herz eine normale Compliance (Dehnbarkeit) und einenormale Klappenfunktion zeigt. Unter Berücksichtigung der Fehlerquellen kannman jedoch gut entscheiden, ob der Pat. Mehr Volumen oder einenVolumenentzug braucht.• Der Schlagvolumenindex setzt das HZV und die Herzfrequenz in Beziehung.Wie ist die systolische Kraft des Herzens? Wieviel ml schafft der Ventrikel, proSchlag auszuwerfen? Bedarf es einer positiv inotropen Unterstützung?

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Hämodynamik

– Optimiere die Nachlast des Herzens: DerBlutdruck ist kein Maß für die Nachlast.Einziger Parameter: Sytemischer vaskulärerWiderstand

Erniedrige den Widerstand bei Bedarf durchNitrate oder ACE-Hemmer (Cave:Nierenfunktion)Erhöhe den Widerstand bei Bedarf durchNoradrenalin (Arterenol)

Der Blutdruck hat mit der Nachlast des Herzens kaum etwas zu tun. Gegenwelchen Widerstand muss das Herz anpumpen? Versagt die kardiale Funktionwegen eines exzessiven vaskulären Widerstandes oder aber läuft die kardialeFunktion ins Leere, weil das Blut wegen mikroskopisch kleiner Shunts amGewebe vorbei gepumpt wird, wie es im septischen Schock ist?Dem entsprechend muss ich reagieren und medikamentös den Widerstand auf einnormales Maß bringen.Nicht umsonst habe ich das Volumen zuerst angesprochen. Der Widerstand darferst reguliert werden, wenn das Blutvolumen stimmt. Denn bei nierigemBlutvolumen muss der Körper durch Hochregulieren des Widerstandes dasBlutvolumen zentralisieren, um innere Organe zu schützen.

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Cave: Volumen!

Nur bei einem optimierten Volumenstatus könnenKatecholamine wirken.Auch ein kardiogener Schock kann etwas Volumengemeinsam mit Katecholaminen vertragenDaher:– bestimme bei sehr kritisch Kranken das intrathorakale

Blutvolumen (PICCO) und bringe es in den normalenBereich, höre lieber nicht auf Dein Gefühl!

– Messe nicht nur einmal am Tag, sondern mindestens einmalpro Schicht.

Eine der prägenden Unterschiede zwischen Internisten und Anästhesisten in derIntensivmedizin ist der Umgang mit Volumen: Internisten entziehen gerne,Anästhesisten geben gerne.Leider liegen die Internisten oft daneben: Zu oft werden schlechteThoraxaufnahmen und eigentlich nicht verwertbare ZVD-Werte zur Grundlageder Therapie genommen - oder aber es erfolgt der pragmatischeKreatininversuch: Lasix bis das Krea steigt.Intensivpatienten verzeihen uns derartige Fehler nicht. Wir müssen dieVolumensituation im Schock immer optimal halten und können (sollten) unsdabei auf keinen Fall auf unser Gefühl verlassen.Mit Hilfe von PICCO können wir das intrathorakale Blutvolumen und dasextravaskuläre Lungenwasser bestimmen. Das ITBV ist valider alsThoraxaufnahme, ZVD, Jugularvenenstatus oder gar das eigene Gefühl.

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Katecholaminrezeptoren

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Dopamin• Dopamin ist eine sehr komplex wirkende Substanz, dessen Effektsich dazu noch dosisabhängig auf die Organsysteme auswirkt.

• In einer Konzentration von 1–3 (5) µg/kg/min, als „Nierendosis“bezeichnet, steigert Dopamin durch Stimulierung vondopaminergen Rezeptoren den renalen und splanchnischenBlutfluß bei gleichzeitig nur geringem Einfluß auf das myokardialeSchlagvolumen.• Dosen zwischen 5–15 µg/kg/min stimulieren bevorzugt ß1-Rezeptoren, woraus eine Erhöhung von Herzfrequenz,Schlagvolumen und somit des Herzminutenvolumens resultiert.Der optimale Effekt, das Schlagvolumen und das HZV betreffend,liegt bei ungefähr 4 µg/kg, da höhere Dosen durchNachlasterhöhung diesen Effekt wieder wettmachen können.• Über 15µg/kg/min verursacht Dopamin durch Stimulierung deralpha1-Rezeptoren eine periphere Vasokonstriktion.

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Dopamin in Nierendosis?

Am Gesunden steigert Dopamin in Nierendosis dierenale Perfusion,– beim Herzinsuffizienten war dieser Effekt jedoch nicht

nachweisbar.– Beim Niereninsuffizenten (GFR < 50ml/min) war dieser

Effekt nicht mehr nachweisbar

Dopamin blockiert die tubuläre Rückresorption vonNatrium und wirkt so diuretisch (natriuretisch)– dieser Effekt hält nur ca. 24 Stunden an– unter Dopamin kann es zu Elektrolytstörungen ähnlich der

der Furosemidgabe kommen– Dopamin hat keinen Effekt auf das hepatorenale Syndrom

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Dopamin in Herzdosis?Dopamin erhöht den myokardialen Sauerstoffverbrauch (wieauch alle anderen Katecholamine)Dopamin erhöht in ‘Herzdosis’ die Nachlast und damit dieHerzarbeitDopamin senkt die Mucosaperfusion im Darm (im Gegensatz zuNordadrenalin)

Die komplexe und individuell schwer einzuschätzende Wirkungsowie der fehlende Nachweis einer Organprotektion machen eszu einem schwer einsetzbaren Instrument in derSchocktherapie.

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DobutaminDobutamin ist ein sehr potentes ß-Sympathomimetikum, das bevorzugtß1-Rezeptoren, weniger ß2-und alpha-Rezeptoren, stimuliert.Das charakteristische Wirkprofil ist eine Erhöhung des HZV, eineSteigerung der Herzfrequenz und Senkung der Vorlast, sowie desperiphervaskulären Widerstandes und – ganz entscheidend – deslinksventrikulären Füllungsdruckes.Hinsichtlich der schlagvolumssteigernden Wirkung (2,5–10 µg/kg)besteht im Gegensatz zu Dopamin eine klare Dosis-Wirkungsbeziehung.Damit bietet sich Dobutamin als Therapie der Wahl beiblutdruckstabilen Patienten mit akuter und/oder chronischer Links- undRechtsherzinsuffizienz an, bei denen neben der Inotropie eine Senkungder Füllungsdrücke und des pulmonalvaskulären Widerstandes das Zielist.

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Nur Dobutamin beimkardiogenen Schock?

Ist es sinnvoll, exzessive Dosen von Dobutamin beimkardiogenen Schock zu verwenden?– Bevor man sich diese Frage stellt:

Ist der Patient hypovolämisch? Auch ein Patient im kardiogenenSchock braucht oft Volumen. Hilfe bringt PICCO.Ist der Pat. septisch? In diesem Fall benötigt er auch einenVasokonstriktor. Auch hier hilft PICCO.

– In Einzelfällen muss man in den sauren Apfel derVasokonstriktion beißen!

Dann aber muss das Schwergewicht der Therapie dennoch aufder ß1-Stimulation liegen!

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NorepinephrinNorepinephrin ist eine sehr potente vasoaktive Substanz mitgewisser inotroper Potenz durch Stimulation von ß1- und alpha-1-Rezeptoren.In der Mehrzahl der Studien fand Norepinephrin dannAnwendung, wenn mit Dopamin/Dobutamin keine ausreichendehämodynamische Stabilität erreicht werden konnte. So ist auchbei Patienten mit kardiogenem Schock und begleitenderschwerer Hypotension (schlechteste Prognose!) unter subtilerhämodynamischer Überwachung der Einsatz von Norepinephrindurchaus gerechtfertigt.

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Norepinephrin und SepsisVor allem bei septischen Patienten, gekennzeichnet durch eineausgeprägte Vasodilatation, war erst mit der Applikation vonNorepinephrin ein zufriedenstellender mittlerer arteriellerBlutdruck erreichbar.Auffällig und für die Anwendung von Norepinephrin sprechend,war in einigen Studien der deutliche Abfall derSerumlaktatkonzentration und eine Zunahme derHarnausscheidung.Aus tierexperimentellen Untersuchungen mit akuterischämischer tubulärer Nekrose und Sepsis ist bekannt, daß dieAutoregulation in der Niere eingeschränkt oder aufgehoben ist.Dies weist darauf hin, daß beim kritisch Kranken der renaleBlutfluß direkt mit der Anhebung des systemischen Blutdruckszusammenhängt.

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EpinephrinIn niedrigen Dosen dominiert die ß-mimetische Komponente,während mit Erhöhung der Dosis die Stimulierung der alpha-Rezeptoren überwiegt.Der zu erwartende Effekt ist ein Anstieg von Cardiac Index,allerdings auch des myokardialen Sauerstoffverbrauchs sowieAnhebung des mittleren arteriellen Druckes und dessystemvaskulären Widerstandes.Gerade die peripher-systemische Wirkung ist es, die den Einsatzder Substanz bei Patienten empfiehlt, die sich durch die alleinigeGabe hoher Dopamindosen nicht stabilisieren lassen.Vorsicht ist allerdings geboten bei Patienten mit einer bekanntenkoronaren Herzerkrankung, bei denen hohe Dosen vonEpinephrin möglicherweise Myokardnekrosen provozierenkönnen.

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Epinephrin - Nachteile

Der Grad der Stimulation– der beta-1-Rezeptoren (kardiale Wirkung) sowie– der alpha-1-Rezeptoren (Gefäßwirkung)

ist wie beim Dopamin schwer einschätzbar.

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Zusammenfassung

Erst das Volumen optimieren, nur Mut!Alle Katecholamine sind erlaubt, wenn mansie kennt.Nicht der Druck alleine ist wichtig, sonderndie Perfusion und Oxygenierung– Lactat ist ein einfacher und sehr valider Parameter

dafür, ob die Perfusion und Oxygenierung stimmt!

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Die Gleichung für dasSauerstoffangebot D(O2) zeigt:– Das Herzzeitvolumen, der Hb-Wert und

die Sättigung sind die entscheidendenDeterminanten für die Oxygenierung!

Stufe 2: Oxygenierung

Die obige Formel für das Sauerstoffangebot zeigt noch einmal die wichtigstenVariablen für ein gutes Sauerstoffangebot. Hieraus ist das Zwei-Stufen-Konzepthervor gegangen:• Kümmere Dich um eine optimale Hämodynamik• und anchließend um einen ausreichenden Sauerstoffgehalt!

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PaO2 - Wertigkeit:

In der Blutgasanalyse spielt der Sauerstoffpartialdruck fürdie Gewebeoxygenierung gegenüber dem Hb und derSättigung eine ausgesprochen untergeordnete Rolle.

Im Gegensatz dazu fahren Ärzte sehr auf den PaO2 abund berücksichtigen weniger die Sättigung...

Der Sauerstoffpartialdruck interessiert dabei am wenigsten, denn er geht fastnicht in die obige Gleichung mit ein. Entscheidend ist, dass das vorhandene Hbmit Sauerstoff möglichst optimal abgesättigt ist.Wir wissen ja beispielsweise auch, das ein PaO2 von 400mmHg gegenübereinem PaO2 von 100mmHg für den Pat. Keine Vorteile bringt, denn mehr als100% Sättigung des Hämoglobin lässt sich nun mal nicht erreichen.

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OxygenierungAm genauesten wird die Sauerstoffbilanzdurch den Pulmonaliskatheter ermittelt.Einfacher und sehr aussagekräftig ist dieLactatmessung:– Lactat entsteht bei einem Zellstoffwechsel unter

anaeroben Bedingungen.– Ein Lactat > 4 mmol/l zeigt eine Sauerstoffschuld

an.

Gib vermehrt Katecholamine und halte dieSauerstoffsättigung über 95%, halte den Hb-Wert über 10.

Das Lactat führt bei uns in der Diagnostik eines Schock ein Aschenputteldasein.Das ist eigentlich schade, denn es ist ein so einfach zu bestimmender und sehraussagekräftiger Wert:Lactat entsteht, wenn Zucker in einer Zelle unter Sauerstoffmangel verbranntwird. Dies hat große Nachteile:• Die Energieausbeute ist minimal im Vergleich zur aeroben Glykolyse.• Lactat ist eine Säure, verändert den pH und damit direkt die Enzymfuntkion.Denn unsere Stoffwechselenzyme sind auf einen pH von 7,35 optimiert.Lactat entsteht also keines Falls nur bei einer Darmischämie. Viele werdenwissen, dass die Lactatmessung auch im Leistungssport zum Einsatz kommt.Sobald mehr Leistung erbracht wird, als Sauerstoff zur Verfügung steht, steigtdas Lactat.Wird also das Sauerstoffangebot D(O2) dem Bedarf nicht mehr gerecht, steigtdas Lactat.Wer also keinen Pulmonaliskatheter einsetzen kann oder will, der kann sich überden Lactatspiegel orientieren, ob er mit seiner symptomatischen Schocktherapieauf dem richtigen Niveau liegt.

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Optimiere die Hämodynamik!

Optimiere das Sauer-stoffangebot

D(O2)V(O2)

ER(O2)Hb, Lactat

CI, SVIPCWPSVRI

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Beispiel 1:Pat. mit Pankreatitis,Tachypnoe, RR 100/60,Frequenz 100, SaO2: 95% mit4l O2 über NSLabor: Lactat 5 mmolVolumengabe von ca. 4l/die,keine invasiven Maßnahmen.12 Stunden später: Pat. Grau-fahl, Sättigung fällt rasant, Pat.Unruhig -> Intubation -> RRanschl. nicht mehr messbar.Höchst dosiert Arterenol,Nierenversagen, ARDS,Tracheotomie.

Alternative: Klinik und Lactatmachen auf einenmanifesten Schockaufmerksam.Hochdosiert Volumen nachZVD/PCWPFrühzeitige IntubationGroßzügig KatecholamineErgebnis: MittlereArterenoldosis, keinMultiorganversagen,erhaltener Gasaustausch,verkürzte Beatmungszeit.

Zuletzt zwei aus dem Leben gegriffene Beispiele: Ein Pat. Liegt mit einerPankreatitis bei uns. Er schaut irgendwie nicht gut aus, atmet recht schnell, hataber noch akzeptabel Kreislaufwerte und eine Sättigung von 95%. Wegen einesZVD von +3 erhält er 4 Liter freie Flüssigkeit.‘Überraschenderweise’ verschlechtert sich der Pat. Nach 12 Stunden plötzlichsehr stark, plötzlich fällt Sättigung und Druck. Jetzt (erst) wird der Pat. Intubiert,plötzlich sieht alles viel schlechter aus: der Druck ist mies, es kommt zumNierenversagen, der Pat. muss langzeitbeatmet werden etc..Alternativ müssen einen eigentlich schon die klinischen Zeichen aufmerksammachen: Der Pat. Hält sich mit großer Mühe stabil. Die Tachypnoe ist ein großesWarnzeichen, der Schockindex ist erfüllt - und die Sättigung, das wollten diebisherigen Folien sagen ist nur eine Variable für die Oxygenierung. Das Lactatzeigt es.Hier dürfen keine 12 Stunden gewartet werden, bis der Pat. Unmissverständlichzeigt, es geht nicht mehr. Denn in dieser Zeit werden die Grundlagen für einemassive Organschädigung gelegt, der wir dann wochenlang hinterher laufen.Jetzt intubiert und aggressiv behanbdelt kann man das Ruder eventuell nochrumreißen.

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Beispiel 2:Pat. übernommen nach ACB-OP, schlechte EF, intubiert, 400Dopamin/24h, 250Dobutrex/12h, fiO2 0,3, Lungeradiologisch nicht sichergestaut, Diurese erhalten, Hb9, Sättigung 94%, RR 110/50,HF 90/min, ZVD +6, Lactat 4,5Einschätzung: Pat. stabil1 Tag später: Entwicklung einerOligurie, Dialysepflichtigkeit,Anstieg der Leberwerte,Druckeinbruch

Alternative: Das Lactat von4,5 macht auf eine Sauer-stoffschuld aufmerksam.Pulmonaliskatheter: Wedge19, CI 2,5 l/min/m^2, SVRIstark erhöht, D(O2) unternormal, ER(O2) stark erhöhtVolumenentzug durch Lasix,Erhöhung von Dobutrex undfiO2 0,4, 1 EKLactat fällt auf 1,5 mmol/lErgebnis: Pat. bleibt stabil.

Auch so einPat., wie wir ihn immer wieder haben. Es liegt ein manifesterkardiogener Schock vor. Alle Werte sind so lala. Das Lactat zeigt uns, das dieKombination mehrerer für sich vielleicht tolerabler Werte zusammen für eineausreichende Gewebeversorgung nicht mehr akzeptabel sind.Der Wedge zeigt uns, dass trotz eines guten ZVD ein Volumenentzugerforderlich ist, das HZV liegt zu tief, ebenso Hb und Sauerstoffsättigung. Indemman an all diesen Faktoren geringgradige Veränderungen durchführt, kann eseinem gelingen, den Pat. stabil zu halten.

Ob dies dazu führt einen derart kranken Patienten zu retten, steht auf einemganzen anderen Blatt geschrieben. Insofern wundert es auch nicht, wenn derPulmonaliskatheter beim kardiogenen Schock keine Prognoseverbesserungerbracht hat.

Dr. H. Bachmann