schon gesegelt MOODY’s neue Charakterdarsteller 142 SEGLER-ZEITUNG 6/2009 schon gesegelt bei einer...

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140 SEGLER-ZEITUNG 6/2009 schon gesegelt Der Name Moody galt lange als Inbegriff für fast „langweilige“ Fahrtenschiffe. Die deutsche HanseYachts AG hat den Namen wiederbelebt – im letzten Jahr mit der 45DS als Neudefinition einer Reiseyacht und jetzt mit dem Retro-Klassiker 45 Classic. Segler-Zeitung berichtete unter der Überschrift „Neue Horizon- te“ detailliert über die Moody 45DS, Claus Reissig konzentriert sich in seinem Bericht auf die Unterschiede der beiden Moody Produktlinien. Text/Fotos: Claus Reissig M oody ist auf dem Weg in ein neues Leben, das ist deutlich zu sehen. Von den biederen englischen Fahrtenyachten, die sich von ihrem 80er-Jahre-Image zum Schluss nicht mehr lösen konnten ist nichts übrig geblieben. Moodys Yachten polarisie- ren jetzt derart, dass britisches Understate- ment vollständig auf der Strecke geblieben scheint. Dass liegt an den Besitzern von Moody; Die Traditionswerft wurde vor rund zwei Jahren von der HanseYachts AG aus Greifswald übernommen. Schon die Hanses dominieren seit einigen Jahren die Hafenszenerien mit ihren extrem hohen und breiten Rümpfen, die es von mintfar- ben bis dunkelgrau in jeder Schattierung gibt. Die Moody 45 DS setzt mit ihrem Auf- bau noch einen drauf, sie ist Hanses kanti- ge Neuerfindung einer Fahrtenyacht. Nicht das lange Segeln, sondern das komfortable Wohnen steht an erster Stelle und das ge- schieht nicht heimlich. Das andere Ende der Moody Range beklei- det die neue 45 Classic, eine hier grün la- ckierte Reinkarnation von Hiscocks „Wan- derer IV“ könnte man meinen, und mit allem verziert, was man unter britischem Stil versteht: Chrom, bequeme Bänke mit Lederbezug und weißem Keder, dazu Hoch- glanz lackiertes Holz – viel Hochglanz la- ckiertes Holz! Man kommt nicht umhin an den Rover 75 unter BMW-Ägide zu denken, ein Auto von deutschen Ingenieuren auf englisch getrimmt, mit fast übertriebenen klassischen Elementen und einem hochmo- dernen Fahrwerk und Motor; zu Lebzeiten der Kooperation ein Flop und heute schon fast eine Art Klassiker. Ein wenig ist es bei der 45 Classic ähnlich, das Hanse-Mutter- unternehmen schimmert in der Aufteilung und im Segelplan genauso durch, wie im Kunststoff-Ka- jütboden und dem Großserien-Mö- belbau. Das rot ge- beizte und in x Schichten lackierte Holz hält wacker dagegen, ohne dass man hölzerne Spanten und Plan- ken in der Bilge er- wartet. Dadurch ist die Classic ein Schiff mit hohem Nutzwert und mit einer Qualitätsan- mutung, die Gäste zumindest zur Vor- sicht mahnt, die edlen Oberflächen nicht zu zerkratzen und das aufwendig gestylte Kunstwerk nicht zu zerstören. 45DS: immer Blickkontakt K onstruktiv macht Moodys Designteam bei der Moody 45 DS, was Dufour be- reits einmal versucht hat und was bei Kata- maranen und Motoryachten schon lange normal ist. Der Cockpitboden wird bis kurz hinter den Mast nach vorne fortgesetzt, dann kommt ein Kabinendach drauf, das so hoch ausfallen muss, dass man darunter auch vernünftig stehen kann und fertig ist ein Decksalon, der diesen Namen auch ver- dient. Einziger Unterschied zum Mehr- rümpfer: dort gibt es keine andere Mög- lichkeit das Brückendeck zu überdachen. Die Vor- und Nachteile jedenfalls sind fast die gleichen. B ei einem Meter Seegang stampft die knapp 14 Meter lange Decksalonyacht munter gegen die Wellen an. Selbstwende- fock und eine als Hahnepot geschorene Großschot auf dem Salondach minimieren wie bei der Classic auch die Arbeit an den Segeln. Schoten und Strecker erscheinen wie aus dem Nichts seitlich aus den Aufbau- ten und werden auf elektrische Winschen geleitet. Der Aufbau bietet hervorragenden Schutz im Cockpit, einen prächtigen Blick nach draußen – und steht ein bisschen im Weg. Aus dem Cockpit sieht man von den Segeln wenig, das entspannt und lässt selbst Segler, die gerne an den Leinen zupfen im Windschatten der Kajüte zusammen sin- ken. Wem kalt ist, der schiebt die riesige MOODY’s neue Charakterdarsteller MOODY 45DS und MOODY 45 Classic

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140 SEGLER-ZEITUNG 6/2009

schon gesegelt

Der Name Moody galt lange als Inbegriff für fast „langweilige“Fahrtenschiffe. Die deutsche HanseYachts AG hat den Namenwiederbelebt – im letzten Jahr mit der 45DS als Neudefinitioneiner Reiseyacht und jetzt mit dem Retro-Klassiker 45 Classic.Segler-Zeitung berichtete unter der Überschrift „Neue Horizon-te“ detailliert über die Moody 45DS, Claus Reissig konzentriertsich in seinem Bericht auf die Unterschiede der beiden MoodyProduktlinien.Text/Fotos: Claus Reissig

Moody ist auf dem Weg in ein neuesLeben, das ist deutlich zu sehen. Von

den biederen englischen Fahrtenyachten,die sich von ihrem 80er-Jahre-Image zumSchluss nicht mehr lösen konnten ist nichtsübrig geblieben. Moodys Yachten polarisie-ren jetzt derart, dass britisches Understate-ment vollständig auf der Strecke gebliebenscheint. Dass liegt an den Besitzern vonMoody; Die Traditionswerft wurde vorrund zwei Jahren von der HanseYachts AGaus Greifswald übernommen. Schon dieHanses dominieren seit einigen Jahren dieHafenszenerien mit ihren extrem hohenund breiten Rümpfen, die es von mintfar-ben bis dunkelgrau in jeder Schattierunggibt. Die Moody 45 DS setzt mit ihrem Auf-bau noch einen drauf, sie ist Hanses kanti-ge Neuerfindung einer Fahrtenyacht. Nichtdas lange Segeln, sondern das komfortableWohnen steht an erster Stelle und das ge-schieht nicht heimlich.Das andere Ende der Moody Range beklei-det die neue 45 Classic, eine hier grün la-ckierte Reinkarnation von Hiscocks „Wan-derer IV“ könnte man meinen, und mitallem verziert, was man unter britischemStil versteht: Chrom, bequeme Bänke mitLederbezug und weißem Keder, dazu Hoch-glanz lackiertes Holz – viel Hochglanz la-ckiertes Holz! Man kommt nicht umhin anden Rover 75 unter BMW-Ägide zu denken,ein Auto von deutschen Ingenieuren aufenglisch getrimmt, mit fast übertriebenenklassischen Elementen und einem hochmo-dernen Fahrwerk und Motor; zu Lebzeitender Kooperation ein Flop und heute schonfast eine Art Klassiker. Ein wenig ist es beider 45 Classic ähnlich, das Hanse-Mutter-unternehmen schimmert in der Aufteilung

und im Segelplangenauso durch, wieim Kunststoff-Ka-jütboden und demGroßserien-Mö-belbau. Das rot ge-beizte und in xSchichten lackierteHolz hält wackerdagegen, ohne dassman hölzerneSpanten und Plan-ken in der Bilge er-wartet. Dadurch istdie Classic einSchiff mit hohemNutzwert und miteiner Qualitätsan-mutung, die Gästezumindest zur Vor-sicht mahnt, dieedlen Oberflächen nicht zu zerkratzen unddas aufwendig gestylte Kunstwerk nicht zuzerstören.

45DS: immer Blickkontakt

Konstruktiv macht Moodys Designteambei der Moody 45 DS, was Dufour be-

reits einmal versucht hat und was bei Kata-maranen und Motoryachten schon langenormal ist. Der Cockpitboden wird bis kurzhinter den Mast nach vorne fortgesetzt,dann kommt ein Kabinendach drauf, dasso hoch ausfallen muss, dass man darunterauch vernünftig stehen kann und fertig istein Decksalon, der diesen Namen auch ver-dient. Einziger Unterschied zum Mehr-rümpfer: dort gibt es keine andere Mög-lichkeit das Brückendeck zu überdachen.

Die Vor- und Nachteile jedenfalls sind fastdie gleichen.

Bei einem Meter Seegang stampft dieknapp 14 Meter lange Decksalonyacht

munter gegen die Wellen an. Selbstwende-fock und eine als Hahnepot geschoreneGroßschot auf dem Salondach minimierenwie bei der Classic auch die Arbeit an denSegeln. Schoten und Strecker erscheinenwie aus dem Nichts seitlich aus den Aufbau-ten und werden auf elektrische Winschengeleitet. Der Aufbau bietet hervorragendenSchutz im Cockpit, einen prächtigen Blicknach draußen – und steht ein bisschen imWeg. Aus dem Cockpit sieht man von denSegeln wenig, das entspannt und lässt selbstSegler, die gerne an den Leinen zupfen imWindschatten der Kajüte zusammen sin-ken. Wem kalt ist, der schiebt die riesige

MOODY’s neue CharakterdarstellerMOODY 45DS und MOODY 45 Classic

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Glastür zur Seite und verzieht sich ohneschlechtes Gewissen in den Salon. Man istja nicht weg, sondern bleibt in Blickkontaktzum Rudergänger.Dem Segler am Ruder bleibt bei der Suchenach einem Platz keine so große Auswahl.An der Kreuz rutscht er in die durchaus be-quemen Positionen weit draußen in demausgestellten Heckkorb um von hier an derKajüte vorbei peilen zu können. Der Blickauf die andere Seite bleibt jeweils verbor-gen und man muss sich kurz hinstellen umdas Umfeld zu kontrollieren. So muss vorallem in engen Fahrwassern häufig voneinem Rad ans andere gewechselt werden,um die Übersicht zu behalten. Die Segelei-genschaften an sich sind hansetypisch gut,vor allem bei kräftigem Wind. Die Moodywendet mit ihren zwei Metern Tiefgang mit

85 Grad von einem Bug auf den nächsten,hoch am Wind läuft sie rund sieben Kno-ten. Unangenehm ist der Wasserschwall,den jede überkommende Welle das ge-schlossene Gangbord entlang dem Ruder-

gänger über die Füße schickt. Der Aufbausammelt die Gischt in Luv förmlich ein.Das Schiff verfügt über ein extrem breitesHeck, um die Rudergängerpositionen weitnach außen zu bringen. Daher wurde wie

Sowohl die MOODY 45DS, wie auch die 45er als Classic Ausführung verfügen über eineunverwechselbare Identität, was die Yachten weg vom Mainstream positioniert.

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bei einer Rennyacht eine Doppelruderanla-ge installiert. An der Kreuz bleibt die Yachtdadurch angenehm neutral und kontrol-lierbar, vor dem Wind verlangt es einige Ein-gewöhnung, das Schiff auf einer geradenLinie zu fahren. Unter Maschine haben diekleinen Doppelruder Nachteile. Die Moodyreagiert Vorwärts und Rückwärts nur wi-derwillig auf Befehle zum Drehen, derDrehkreis ist ohne Unterstützung des Bug-strahlruders riesig. Eine gute Investitionscheint daher das von der Werft optional an-gebotene, ausfahrbare Heckstrahlruder.

Cockpit und Salon verschmelzen aufeiner Ebene zu einem gewaltigen Le-

bensraum. In den das Cockpit überragen-den Bügeln schiebt sich ein Faltdach gegenSonne oder Regen über die Sitzecke. Wer ineiner Bucht schon einmal Eigner von Mo-toryachten oder Katamaranen um ihre üp-pigen Platzverhältnisse beneidet hat, kanndas jetzt auch mit der Moody 45 DS haben.Zudem lässt sich das Heck zu einer beein-druckenden Badeplattform aufklappen,was das Cockpit noch einmal um einenMeter verlängert. Sich dieses Schiff vorAnker in der Karibik oder im Mittelmeervorzustellen, fällt wahrlich nicht schwer.

Dort möchte die 45 Classic auch amliebsten hin, vor allem, was ihr Cock-

pitlayout angeht. Der Rudergänger lüm-melt sich in tiefen Sitzecken in respektab-lem Abstand zu den Steuerrädern, mächti-ge Gläserhalterungen aus Teak lassen keinenZweifel daran, dass sie auch für den Rum-Cocktail benutzt werden wollen. Hierschreit das Schiff förmlich nach langen Stre-cken unter Passatbesegelung – wären danicht ihre ausgewogenen Segeleigenschaf-ten, die sie von ihrem Konstrukteuren mitauf den Weg bekommen hat und die die 45Classic zu einem Wolf im Schafspelz ma-chen. Denn die sind auf der Barfußroute so

wenig gefordert wie der Allradantrieb einesRange Rover auf einer geraden Landstraße.

Der Abstand zu den Rädern macht esmöglich, sich beim Steuern auch ein-

mal hinzustellen, auch wenn die massivenFußstützen auf dem Cockpitboden nochnicht an ihrer idealen Position sind, ist diesein guter Platz. Genua- und Großschot sindvom Ende der Leinentunnel auf dem Kajüt-dach noch einmal zu den optionalen Elek-trowinschen direkt vor dem Rudergängerumgelenkt, so dass eine reine Einmann-Be-dienung problemlos möglich ist. 2,20 MeterTiefgang bedeuten bei 12 Knoten Windeinen Wendewinkel von 80 Grad, mit gut

Moody 45 Classic

Technische DatenLüA: 14,03 m LWL: 12,20 m Breite: 4,20 mTiefgang: 2,20 m Verdrängung: 11,5 t Ballast: 3,35 tMaschine: Yanmar Diesel 55 PS,SaildriveWasser: 320 l

Diesel: 220 l CE-Kategorie: A Segelfläche: 102 qmKonstruktion: Bill Dixon Innendesign: Design UnlimitedPreis: ab 279.650 Euro

KojenVorschiff: 2,0 x 1,60 m

Achtern: je 1,96 x 1,20 mSalon: 2,30 x 0,62 m

StehhöheVorschiff: 1,98 mBad vorn: 1,92 mBad achtern: 1,83 mSalon: 1,96 mAchterkabine: 1,85 m

Segelleistungen (4 Bft.):Wendewinkel: 80 GradAm Wind: 7,1 kn90 Grad: 6,8 kn120 Grad: 6,1 kn180 Grad: 4,5 kn

www.moodyboats.com

Das Heck der 45er Classic lässt sich zu einer großflächigen Badeplattform ausklappen und dasCockpit lädt regelrecht zu langen Raumschotttörns und gemütlichen Sitzrunden ein.

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sieben Knoten ist die 41 Classic klarer Anwärterauf einen der vorderen Plätze bei der Vereinsre-gatta.

Bei Manövern leistet ein 55 PS-Yanmar Dieselmit Saildrive ausreichend Vortrieb, alle Ma-

növer geschehen kinderleicht und lassen das Bug-strahlruder in der Aufpreisliste zu einem überflüs-sigen Extra schmelzen. Lediglich die Position desSchalthebels, der sich (aus Gründen der Serien-produktion) weit unten in der Cockpitwanne be-findet, sollte sich vielleicht bei einer Yacht mit Pre-miumanspruch noch optimieren lassen. Auch dieDämmung des Motorraums hat durchaus Poten-tial für Verbesserungen.

Der Salon der Decksalon-Variante fällt kon-zeptbedingt etwas schmaler aus, als auf der

Classic, es lebt sich darin aber durchaus ange-nehm. Schränke auf Kopfhöhe oder Platz für Bü-cher sucht man ob der Fenster vergebens. Die Sitz-gruppe bietet mit den beiden Hockern genügend

Platz für die Maximalbelegung von sechs Perso-nen. Sind alle Vorhänge zugezogen und die Jalou-sien geschlossen, könnte man sich genauso gut aufeiner komfortablen Motoryacht wähnen.

Dieses Gefühl gilt auch für die Kabinen, die sichein halbes Deck tiefer befinden, geschwun-

gene Holzflächen, abgesetzt mit Kunstleder ver-mitteln nicht mehr die Loftatmosphäre desHauptdecks, hier ist eine moderne Wohnland-schaft entstanden, die nach Lichteinfall sucht. Be-sonders beeindruckend ist das lange Lichtbandüber der Eignerkabine, das fast etwas Voyeuristi-sches hat. Die Classic bleibt traditionelle Segely-acht mit einer ebensolchen Aufteilung. Der Wegunter Deck ist bequem mit einer langen Treppe,für die die optionale Windschutzscheibe etwasnach vorne wanderte. Hier unten greift man un-willkürlich einmal zu einem guten Buch, währendman im Decksalon der 45 DS vielleicht den aus-fahrbaren Fernseher bevorzugt.

Technische DatenLüA: 13,72 m LWL: 12,93 m Breite: 4,57 mTiefgang: 1,99 m Verdrängung: 13,6 t Ballast: 4,3 tMaschine: Yanmar Diesel 75 PS,starre WelleWasser: 800 l Diesel: 600 l CE-Kategorie: A Segelfläche: 106 qmKonstruktion: Bill Dixon Innendesign: Design UnlimitedPreis: ab 398.650,- €

KojenVorschiff: 2,0 x 1,20 mBbd. Achtern: 2,0 x 1,15 mStbd. Achtern: 2,0 x 1,35 mSalon: 2,0 x 0,70 m

StehhöheVorschiff: 1,96 mBad vorn: 1,98 mSalon: 1,93 mAchterkabine: 1,87 m

Segelleistungen (5-6 Bft.):Wendewinkel: 90 GradAm Wind: 6,9 kn60 Grad: 7,4 kn90 Grad: 8,8 kn120 Grad: 7,8 kn180 Grad: 6,6 kn

KontaktHanseYachts AG17489 GreifswaldTel.: 03834/5792-0, Fax 5792-81www.moodyboats.com

Moody 45 DS