School Improvement: WiekannSchule verbessert~erden?€¦ · (l996) sprechen von ..lack of teacher...

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schul-management (30. Jg.) H. 3/]999 7 School Improvement: Wie kann Schule verbessert~ erden? Internationale Schulentwicklungs- forschung (11) Stephan G. Huber W ährend der letzten dreißig Jahre hat sich durch die internationa- le Schulentwicklungsforschung ein reichhaltiges Wissen angesammelt. Die zugrundeliegende Doppelfrage "Was ist eine gute Schule und wie kann Schule verbessert werden?" lässt sich dabei zwei verschiedenen Paradigmen zuordnen (vgI. Huber, 1996): Zum einen ist das "School Effectiveness", die Schul wirksamkeits- forschung, die versucht, die Wirksamkeit einer Schule zu erfassen und zu beschrei- ben. Sie beschäftigt sich also mit den Fragen, was eine "gute" Schule ist bzw. welche Faktoren die Wirksamkeit einer Schule konstituieren. Zum anderen ist es "School Improvement", die Schulverbes- serungsansätze und deren Erforschung, welche die Maßnahmen und deren Pro- zesse analysiert und zu modifizieren ver- sucht. Hier werden die Fragen aufgegrif- fen. wie Schule verbessert werden kann und welche Prozesse zu einer Verbesse- rung führen. In drei Beitragsfolgen wurde im ersten Teil. "Schoo1 Effectiveness: Was macht Schule wirksam?" (sm 2/99), ein Über- blick über internationale Schul wirksam- keitsforschung gegeben. Dieser zweite Teil ste]]t internationale Schulverbesse- rungsansätze vor. Der dritte Beitrag (in sm 5/99) wird sich einer verknüpfenden Zusammenschau der bei den Paradigmen widmen, Vorschläge einer Synthese re- flektieren und ein vorläufiges integrieren- des theoretisches ModelJ entwerfen. Dieser Beitrag über "School Improve- ment" versucht zunächst. die historische Entwicklung zu skizzieren, die Frage der Schul autonomie zu diskutieren. interna- tionale Schulverbesserungsprogamme und Strategien vorzustellen und die Phasen von Verbesserungsprozessen aufzuzeigen. Es wird eine Differenzierung von "Schul- verbesserungsstrmegien" \orgeschlagen. die RaUe von "Change Agents" angedeu- tet und es werden 2 1 Thesen zu Schul- verbesserung vorgeste]]t. Zum Abschluss folgen kritische Anmerkungen. Historische Entwicklung In der Geschichte der Schuherbesserung wurden unterschiedliche Ansätze verfolgt. In den seehziger und siebziger Jahren er- folgten Veränderungen top-down, wurden über Kultusbehörden und Schulaufsicht von "oben nach unten" durchdelegiert. Innovationen wurden von außen in die Schule hineingetragen, in vielen Ländern vor alJem durch Veränderungen der Lehrpläne. Teilweise wurden sogar erst- mals landesweit einheitliche Curricula eingeführt. Diese gaben. neben dem In- halt, das erwünschte Ergebnis von Unter- richt vor. Im .Mittelpunkt der schulischen Verbesserungsmaßnahmen standen also weniger die einzelnen Lehrkräfte und ihre Arbeitsbedingungen noch die Lehr- und Lernprozesse selbst als vielmehr die Aus- wahl der Lerninhalte für den Unterricht und die zu erreichenden Ziele. Zwar wurde die fachliche Qualität der Lehrpläne von vielen Seiten gelobt, je- doch stellte sich bald die Erfolglosigkeit dieses eher technokratisch orientierten Ansatzes von Schulentwicklung heraus, wie weltweit zu beobachten war. Dies wurde zumindest teilweise damit erklärt, dass die Lehrer ,.außen vor blieben", dass sie an der Entwicklung der Lehrpläne nicht (ausreichend) beteiligt wurden, sich nur als Ausführende erlebten und sich mit den Maßnahmen nicht identifizieren konnten. Sie empfanden die Curricula als aufoktroyiert. die Reformen als ,.verord- net"'. Argumentiert wurde auch, dass die Verbindung zum schuJischen AUtag und den "echten" Bedürfnissen von Schulen. Lehrern und Schülern fehlte (vgl. West & Hopkins, 1996). ReYl10fds und Stoff (l996) sprechen von ..lack of teacher ownership". Eine zusätzliche Erklärung war. dass Lehrer nicht ausreichend infor- miert und vor allem geschult wurden. um die angeordneten Lehrplanveränderungen auch implementieren zu kÖnnen. Über- deutlich wurde, wie notwendig - neben der Beteiligung und Motivation der Leh- rerschaft - deren entsprechende Fort- bildung ist, damit das notwendige Wissen vermittelt wird, um Initiativen~ zur Ver- änderung und Verbesserung auch wirklich umsetzen zu können. Zu kritisieren waren die fehlende Prozessorientierung und die zu starke Versteifung auf Inhalte. Als Er- kenntnis lässt sich ableiten, dass die Im- plementierung von Reformen ein äußerst komplexer und zeitlich nicht immer klar überschaubarer Vorgang ist. Es bedarf einer Kombination von strategischer Pla- nung, Fortbildung (schulintern oder -ex- tern) und vor allem von Zustimmung und Engagement aller "Beteiligten", besonders der Lehrer. In den 80er Jahren überwog internatio- nal ein anderer Schulverbesserungsansatz, der immer noch einen Großteil der Lite- ratur über Schulentwicklung prägt. Dieser verlässt sich im Gegensatz zum oben skizzierten vor aIJem in dezentralisierteren Schulsystemen auf bottom-up Initiativen, also auf Veränderungsbemühungen von unten. und versucht, diese Einzelbe- mühungen zu unterstützen. Erfolgreiche Maßnahmen saUen dann über Dache Hierarchien und "Netzwerke" Verbreitung finden. Dabei steht die Perspekti ve der Lehrer im MitteJpunkt. Der Ansatz ver- sucht. sich das Wissen aus der Praxis zu- nutze zu machen. ist hÖchst prozessorien- tiert und auf die ,.Implementierung des MÖglichen" hin ausgerichtet. Von vielen Seiten wird betont. dass der Verände- rungsprozess vermutlich mehr Durchset- zungskraft besitzt, wenn er von den ei- gentlich Betroffenen selbst ausgeht, denn diese verfügen über mehr Einblick in die konkreten Gegebenheiten. kennen die je- weiligen Wirkungen von entsprechenden

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schul-management (30. Jg.) H. 3/]999 7

School Improvement:

Wie kann Schuleverbessert~erden?

InternationaleSchulentwicklungs-forschung (11)

Stephan G. Huber

Während der letzten dreißig Jahrehat sich durch die internationa-le Schulentwicklungsforschung

ein reichhaltiges Wissen angesammelt.Die zugrundeliegende Doppelfrage "Wasist eine gute Schule und wie kann Schuleverbessert werden?" lässt sich dabei zweiverschiedenen Paradigmen zuordnen (vgI.Huber, 1996): Zum einen ist das "SchoolEffectiveness", die Schul wirksamkeits-forschung, die versucht, die Wirksamkeiteiner Schule zu erfassen und zu beschrei-ben. Sie beschäftigt sich also mit denFragen, was eine "gute" Schule ist bzw.welche Faktoren die Wirksamkeit einerSchule konstituieren. Zum anderen ist es"School Improvement", die Schulverbes-serungsansätze und deren Erforschung,welche die Maßnahmen und deren Pro-zesse analysiert und zu modifizieren ver-sucht. Hier werden die Fragen aufgegrif-fen. wie Schule verbessert werden kannund welche Prozesse zu einer Verbesse-rung führen.

In drei Beitragsfolgen wurde im erstenTeil. "Schoo1 Effectiveness: Was machtSchule wirksam?" (sm 2/99), ein Über-blick über internationale Schul wirksam-keitsforschung gegeben. Dieser zweiteTeil ste]]t internationale Schulverbesse-rungsansätze vor. Der dritte Beitrag (insm 5/99) wird sich einer verknüpfendenZusammenschau der bei den Paradigmenwidmen, Vorschläge einer Synthese re-flektieren und ein vorläufiges integrieren-des theoretisches ModelJ entwerfen.

Dieser Beitrag über "School Improve-ment" versucht zunächst. die historischeEntwicklung zu skizzieren, die Frage derSchul autonomie zu diskutieren. interna-tionale Schulverbesserungsprogamme undStrategien vorzustellen und die Phasenvon Verbesserungsprozessen aufzuzeigen.Es wird eine Differenzierung von "Schul-verbesserungsstrmegien" \orgeschlagen.die RaUe von "Change Agents" angedeu-tet und es werden 2 1 Thesen zu Schul-verbesserung vorgeste]]t. Zum Abschlussfolgen kritische Anmerkungen.

Historische EntwicklungIn der Geschichte der Schuherbesserungwurden unterschiedliche Ansätze verfolgt.

In den seehziger und siebziger Jahren er-folgten Veränderungen top-down, wurdenüber Kultusbehörden und Schulaufsichtvon "oben nach unten" durchdelegiert.Innovationen wurden von außen in dieSchule hineingetragen, in vielen Ländernvor alJem durch Veränderungen derLehrpläne. Teilweise wurden sogar erst-mals landesweit einheitliche Curricula

eingeführt. Diese gaben. neben dem In-halt, das erwünschte Ergebnis von Unter-richt vor. Im .Mittelpunkt der schulischenVerbesserungsmaßnahmen standen alsoweniger die einzelnen Lehrkräfte und ihreArbeitsbedingungen noch die Lehr- undLernprozesse selbst als vielmehr die Aus-wahl der Lerninhalte für den Unterrichtund die zu erreichenden Ziele.

Zwar wurde die fachliche Qualität derLehrpläne von vielen Seiten gelobt, je-doch stellte sich bald die Erfolglosigkeitdieses eher technokratisch orientiertenAnsatzes von Schulentwicklung heraus,wie weltweit zu beobachten war. Dieswurde zumindest teilweise damit erklärt,dass die Lehrer ,.außen vor blieben", dasssie an der Entwicklung der Lehrplänenicht (ausreichend) beteiligt wurden, sichnur als Ausführende erlebten und sichmit den Maßnahmen nicht identifizierenkonnten. Sie empfanden die Curricula alsaufoktroyiert. die Reformen als ,.verord-net"'. Argumentiert wurde auch, dass dieVerbindung zum schuJischen AUtag undden "echten" Bedürfnissen von Schulen.Lehrern und Schülern fehlte (vgl. West &Hopkins, 1996). ReYl10fds und Stoff(l996) sprechen von ..lack of teacherownership". Eine zusätzliche Erklärungwar. dass Lehrer nicht ausreichend infor-miert und vor allem geschult wurden. umdie angeordneten Lehrplanveränderungenauch implementieren zu kÖnnen. Über-

deutlich wurde, wie notwendig - nebender Beteiligung und Motivation der Leh-rerschaft - deren entsprechende Fort-bildung ist, damit das notwendige Wissenvermittelt wird, um Initiativen~ zur Ver-änderung und Verbesserung auch wirklichumsetzen zu können. Zu kritisieren warendie fehlende Prozessorientierung und diezu starke Versteifung auf Inhalte. Als Er-

kenntnis lässt sich ableiten, dass die Im-plementierung von Reformen ein äußerstkomplexer und zeitlich nicht immer klarüberschaubarer Vorgang ist. Es bedarfeiner Kombination von strategischer Pla-nung, Fortbildung (schulintern oder -ex-tern) und vor allem von Zustimmung undEngagement aller "Beteiligten", besondersder Lehrer.

In den 80er Jahren überwog internatio-nal ein anderer Schulverbesserungsansatz,der immer noch einen Großteil der Lite-ratur über Schulentwicklung prägt. Dieserverlässt sich im Gegensatz zum obenskizzierten vor aIJem in dezentralisierterenSchulsystemen auf bottom-up Initiativen,also auf Veränderungsbemühungen vonunten. und versucht, diese Einzelbe-mühungen zu unterstützen. ErfolgreicheMaßnahmen saUen dann über DacheHierarchien und "Netzwerke" Verbreitungfinden. Dabei steht die Perspekti ve derLehrer im MitteJpunkt. Der Ansatz ver-sucht. sich das Wissen aus der Praxis zu-nutze zu machen. ist hÖchst prozessorien-tiert und auf die ,.Implementierung desMÖglichen" hin ausgerichtet. Von vielenSeiten wird betont. dass der Verände-rungsprozess vermutlich mehr Durchset-zungskraft besitzt, wenn er von den ei-gentlich Betroffenen selbst ausgeht, denndiese verfügen über mehr Einblick in diekonkreten Gegebenheiten. kennen die je-weiligen Wirkungen von entsprechenden

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Maßnahmen und besitzen dadurch einenpotentiell größeren Einfluss (vgI. Fullaner al., 1986).

Zen tralisierung- Dezen tralisierung:Führt Schulautonomie zu Schul-verbesserung?Beide Ansätze scheinen allerdings in ihrerAusschließlichkeit nicht besonders erfolg-versprechend zu sein. Man stellt seit Endeder 80er und nun im Laufe der 90er Jahrezunehmend fest, dass erst das Zusammen-spiel von top-down und bottom-up zu"wirklichen" Erfolgen führt, vor allemdann, wenn eine systematische Abstim-mung aufeinander erfolgt und sich da-durch die einzelnen Bemühungen stimmigergänzen. Dabei handeh es sich in derRegel um Schulsysteme mit klarer Zen-tralisierung bei gleichzeitiger Dezentrali-sierung; Zentralisierung, was Rahmen-richtlinien und Rechenschaftsverpflich-tung betrifft, und Dezentralisierung, wasderen Auslegung und Umsetzung und dieeinzelnen Entscheidungsfindungsprozesseangeht sowie den Umgang mit Ressour-cen (Finanzen, Personal). Die Herausfor-derung besteht im wesentlichen darin, ei-ne Balance zu finden zwischen den staat-lichen Vorgaben sowie der staatlichenQualitätskontrolle einerseits und der För-derung von in Einzelschulen initiiertenSchulverbesserungsmaßnahmen und Be-mühungen um Qualitätssicherung ande-rerseits (Hopkins & Lagerwe(j, 1996).

Die Erweiterung der Eigenverantwort-lichkeit der Einzelschule. die Einführungvon "Schulautonomie" beziehungsweiseder Rückzug des Staates aus der Verant-wortung (ganz gleich, welche politischenund vieIJeicht sogar pädagogischen Mo-tive die Ursache dafür sind) werden in denverschiedenen Ländern unterschiedlichbezeichnet:

Im England und Wales der späten acht-ziger Jahre hieß das Dezentralisierungs-konzept "Local Management of Schools"(LMS) und machte die Schulen autono-mer in der Verwaltung ihrer Haushalts-mittel. Der Nachweis direkter positiverAuswirkungen auf die Qualität der Schu-Jen steht allerdings dort noch aus.

Der Begriff "Self Managing School"entstand in Australien und wurde späterauch in den USA übernommen. SeinenUrsprung hatte das Konzept darin. dassman die Verwendung von Hausha]ts-mitteln direkt in die Eigenverantwortungvon SchuJcn übertrug. Relativ schnell war

klar, dass Schule erst dann verbessertwird, wenn die Aufteilung der Mittel demSchulprofil der jeweiligen Schule ent-spricht und die jeweiligen pädagogischenPrioritäten ermöglicht.

"Restrucruring" in den USA meint übereinen finanziell und verwaltungstechnischautonomeren Status für die Schulen hin-aus, dass sie die Verantwortung für ihreeigene Entwicklung und ihren Erfolgübernehmen müssen. Dies setzt natürlichbei Lehrern, SchuJJeitung, Schulaufsichtund Schul verwaltung eine Veränderungnicht nur in ihrem Selbstverständnis vor-aus, sondern auch in ihren Beziehungenuntereinander.

Deutlich wird in den Arbeiten überDezentralisierung und Schulautonomiebzw. über die erweiterte Eigenverantwor-tung von Schulen, dass die alleinige Ver-schiebung von finanziellen Zuständig-keiten, weg von Schulaufsichtsbehör-den wie ,.Local Education Authorities"(LEAs) in Großbritannien oder "SchoolBoards" in Nordamerika und hin zu denEinzelschulen, noch kein Garant für dieVerbesserung von Schule ist. Vielmehrhängt die Verbesserung von der Bereit-schaft der jeweiligen Schule ab, den bis-her gewohnten Alltag zu durchbrechenund Veränderungen zu initiieren und zuimpJementieren. Das gilt natürlich auchfür zentral gesteuerte Veränderungsmaß-nahmen. Verbesserung hängt also von derjeweiligen Implementierung ab, und zwardavon, in welchem Umfang und wie raschdiese geschieht. McLaughlin (1990) ziehtdie Schlußfolgerung:1. Wirklich Wichtiges kann nicht poli-

tisch angeordnet werden.2. Erst die tatsächliche Implementierung

bestimmt das Ergebnis bzw. den Erfolgvon Innovationen.

3. Unterschiede im Grad der Implemen-tierung sind die Regel; eine einheitli-che Umsetzung ist eher die Ausnahme.

Erfolgreich im Sinne einer Verbesserungder Schülerleistungen und des Erreichensder Ziele der jeweiligen Schule ist dasKonzeptnUf in den Fällen, in denen fol-gende Veränderungen zusammenkommen(vg1. Elmore. 1990: Sashkin & Egermeier.1992):- Veränderungen der Lehr- und Lern-prozesse im Unterricht selbst. das heißtweg von lehrerzentrierten und hin zuschüJerzcntrierten Methoden.- neue PrÜfungs verfahren. die zu ent-

sprechend modifizierten Lehrplänen undzu den veränderten Unterrichtsmethodenpassen,- Veränderungen in der schulinternenOrganisation und den Arbeitsbedingun-gen,- breites Delegieren von Verantwortungund Einbeziehung aller an der SchuleBeteiligten.

Der OECD-Bericht "Decentralisation andSchooJ Improvement" (1989) zieht dreiSchlußfolgerungen:1. Die Dezentralisierung von Entschei-dungsprozessen als Teil von Schu]ver-besserung etabliert neue Rollen und neueVerantwortlichkeiten für die Bildungs-administration auf der zentralen Ebeneund für Schulleiter, Lehrer und Eltern aufder Ebene der Einzelschule. Dabei entste-hen zwangsläufig Spannungen, denenman wiederum sinnvoll begegnen muss.2. Die Umschichtung von Verantwort-lichkeit auf die Ebene der Einzelschulelässt die Gefahr entstehen, dass einige derFunktionen, die vorher zentraJ gelöst wur-den, nicht mehr effektiv ausgeführt wer-den. Es muss daher sichergestellt werden,dass mit der Übernahme neuer Rollen undAufgaben auch die entsprechenden Kom-petenzen dafür einhergehen. Das kann et-wa durch vorbereitende und begleitendeFortbildungsmaßnahmen und schulinterneProgramme geschehen. Externe Beratungund Unterstützung ist dabei von zentralerBedeutung, muss jedoch genau auf dieBedürfnisse der Einzelschule zugeschnit-ten sein.3. Das "Reformmanagement", gleichgül-tig ob zentral oder in den Einzelschulenangesiedelt, erfordert eine Strategie, wel-che Veränderung und Reform als dynami-schen und evoJutionären Prozess begreift.Ausgehend von einer klaren Zielvorstel-Jung, einer Vision, und den erwarteten Er-gebnissen des Verbesserungsprozessessa]]te die Strategie mögliche Spannungenund Schwierigkeiten antizipieren. aberauch Raum für Modifikationen lassen. diesich während des Prozesses anbieten.

'Vas heißt "Schulverbesserung"?Ganz aJlgemein könnte SchuJverbesse-rung als jegJiche Bemühung gesehen wer-den, Schulen so zu vcrändern. dass SchÜ-Jer dort günstige Lernbedingungen vorfin-den, damit Lehr- und Lernziele effektiverund effizienter eneicht werden. Oder - mitanderer Akzentuienmg - als das Bemühen,

eine gute schulische Arbeitsatmosphäre zuschaffen, in der sich Schüler wohl fühlenund Erziehungs- und Bi]dungsziele sinn-v01l vermittelt werden können. Eine dritteDefinition könnte Schulverbesserung be-schreiben a]seine weitgehende Optimie-rung der Strukturen und des Einsatzes vonRessourcen (sowohl finanziell als auchpersonell). Hier ist leicht erkennbar, dassunterschiedliche Aspekte betont werdenund dass unterschiedliche Wertsetzungenvorgenommen wurden, ob also die inte]-]ektuelle Leistung der Schüler im Vorder-grund steht oder eine eher ganzheitlicheEntwick]ung oder die Schule in ihrer Or-ganisation.

Das "Internationa] Schoo] Improve-ment Project" (ISIP) definiert Schu]ver-besserung als systematische, von allenBeteiligten unterstützte Bemühung. dieLernbedingungen und andere damit ver-bundenen internen Bedingungen in eineroder mehreren SchuJen zu verändern. mitder übergeordneten Absicht. ihre Zielewirksamer zu erreichen (vg1. van \lehenef 01.. 1985).

Ful10n (] 99]) definiert SchuJverbes-serung als Hilfe für Schulen. ihre Zielewirksamer zu erreichen. indem Struktu-ren. Inhalte, Verhaltensrepertoires oderGev.ohnheiten durch bessere ersetzt wer-den.

Auch Hopkins cf 01. (1994) betoncn,dass Schu]verbcsserung keineswegs eineVeränderung um der Veränderung willenist. sondern Zielen unterliegt. Dies sind

für sie zweierlei: zum einen die Schüler-leistungen zu steigern (was nicht jedeSchu]verbesserungsmaßnahme verfolgt)und zum anderen das längerfristige Zielder Entwicklung hin zu einer "sich-selbst-erneuernden Schu]e" anzustreben. deren"Change Capacity" (Cuttonce, ]994). alsoErneuerungs- und Veränderungsfähigkeit,ein großes Ausmaß erreicht hat. Demzu-folge kann Schulverbesserung definiertwerden als pädagogischer Veränderungs-ansatz mit einer DoppeJabsichL nämlichder Verbesserung des Schulerfo]gs derSchüler und des Vermögens' der Schule,sich zu verändern.

Hopkins und Logenreij (1996) steIJenin einer differenzierteren Begriffsbestim-mung Schu]entwick]ung bzw. -verbesse-rung dar als- ein Mittel. geplante Bi]dungsreformenin die Praxis umzusetzen.- eine Notwendigkeit gerade bei einerFü]]e neuer zentraler Vorgaben und Inno-vationen. um Prioritäten zur Umsetzungfür die Einzelschule zu gewinnen.- einen Prozess. der externe UnterstÜt-zung und Beratung erforderL- eine Stärkung der ProblemlÖse- undVeränderungskompetenz der Schule.

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- eine Maßnahme, um den Lehr-Lern-Prozess zu verbessern.- ein Mittel zur Verbesserung der Schü-ler]eistungen (im weitesten Sinne).

Bei Schu]verbesserung geht es aJsodarum, die Schü]erleistungen zu verbes-sern durch Konzentration auf den Lehr-Lern-Prozess und all jene Bedingungen,die diesem innerhalb der Schule und desSchulsystems zugrunde]iegen, ihn prägenund fördern. Fo]g]ich sollte ein besonde-res Ziel von Schu]verbesserungsstrategiensein, auf jeder Ebene (a]so der Ebene deseinzelnen Lehrers, der der gesamten Schu-]e als Hand]ungseinheit und der der Ge-samtstruktur des Bildungssystems) dafürgünstige Bedingungen zu entwerfen undzu etablieren. Das heißt, Veränderungs-maßnahmen müssen sich an der Zieltätjg-keit ausrichten und diese (zumindest i~-direkt) unterstützen. Dafür muss externeUnterstützung und Hilfe zur Verfügungstehen.

"School Improvement" ist also ange-wandte Wissenschaft (vgl. Creemers &Reezigt, 1997; Stol!, 1996). A]s erzie-hungswissenschaftliche Teildiszip]in ver-sucht sie, im schulischen Kontext Verän-derungsprozesse zu beobachten, zu be-schreiben, zu verstehen, zu erklären undsie zu beeinflussen. Dafür ist die Ent-wicklung von Theorien wie auch vonhand]ungsorientierten Strategien notwen-dig (vgI. Huber, ]998a).

InternationaleSchulverbesserungsprogramm eBildungspolitische Maßnahmen (die von"außen" bzw. von _,oben" kommen) sind-wie bereits diskutiert - keine hinreichendeStrategie für Schu]entwicklung bzw.SchuJverbesserung. Wenn also Reformeneinen deutlichen Unterschied für Schülermachen und einen Einfluss auf derenSchuJerfolg und schulische Leistungennehmen soJlen, dann müssen weitere Stra-tegien hinzukommen. Solche müssen dieebenfa1ls bereits genannten innerschuli-sehen Bedingungen und Voraussetzungenschaffen. aJso eine Art "Infrastruktur". diedann die notwendigen Entwicklungen fUreine Verbesserung des Unterrichtens be-günstigen. Dies wiederum nimmt einenpositiven Einfluss auf die zentrajen (Lehr-und) Lernprozesse. Eine sich positiv aus-wirkende Infrastruktur zu generieren wardas Ziel einer Reihe von Innovationen inverschiedenen Ländern. Diese Schul ver-besserungsprograrnme legten den Schulen

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Literatur

ein bestimmtes Vorgehen nahe, gabenausgearbeitete Abläufe und Strukturenvor, ohne konkrete inhaltliche Vorgabenzu machen. Sie waren also "inhaltsfrei".Vier internationale Beispiele sind erstens,.School Self Evaluation", auch unter derBezeichnung "School-Based Review" be-kannt geworden, zweitens ,.DevelopmentPlanning" bzw. "School DevelopmentPlan" (SDP) oder "School Growth Plan",drittens "Staff Development" und viertens"Teacher Appraisal".

Zum ersten Beispiel, zur Schulselbsteva-luation: Zu Beginn der 80er Jahre wurdeinternational aus unterschiedlichen Grün-den für die Selbstevaluation von Schulengeworben, in einigen Ländern wurde sieverpflichtend eingeführt. So sollte dieEvaluation rückblickend die Schule undLehrer bewerten und den zunehmendwichtiger gewordenen Nachweis fürWirksamkeit. im Sinne einer Rechen-schaftsablegung und Qualitätskomrolle,erbringen. Andererseits sollten sich vonder Bewertung der Schule und der Lehrervorausblickend Hinweise und Anregun-gen für die Entwicklung und Verbesse-rung der Einzelschule ergeben. Beides zu-gleich ist aber schwer zu leisten, wie em-pirische Untersuchungen zeigen (Clifr eral., 1987). Nachweise über Wirkung sinddaher sehr ambivalent. Es entsteht einSpannungsverhältnis zwischen ,Jmprove-ment" einerseits und "AccountabiJity" an-dererseits. Kontraproduktiv wirken zudemein von außen kommender Druck, die"Angst der Profession", sich (selbst) indie Karten schauen zu lassen. ein eventu-ell ungünstiges Schulklima und ein eher"überwachender" Führungsstil sowie feh-lende methodische Kompetenzen und diezunächst mangelnde Vertrautheit der Leh-rer mit dem Programm. Zu Verbesserun-gen kommt es dann nicht. wenn Ver-schJeierung über OffenJegung dominiert.Fullans dritte Lektion "Problems are ourfriends", also eine Kultur. in der mitProb Jemen offen und konstruktiv umge-gangen wird, bJeibt - so scheint es - einechtes Desiderat. Zur Erfüllung derRechenschaftspnicht ist dje Methode derSeJbsteva]uation zu ..weich" und für eineVerbesserung kann sie nur der ersteSchritt sein. Externe Evaluation erfüJJt mitSicherheit den Aspekt einer "härteren"Überprüfung und Bewertung. Gibt sie je-doch nicht die nötigen Hinweise, was ge-nau zu verbessern ist und vor alJem WIE

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dies geschehen kann, ist ihre Brauch-barkeit für eine Qualitätsverbesserung erstrecht nicht gegeben. Das heißt also.Evaluation an sich fördert nicht unbedingtpädagogi sch erwünschte Veränderungenund kann daher nicht ohne weiterführendeMaßnahmen als ein in sich geschlossenesSchuJverbesserungsprogramm eingesetztwerden.

Zum zweiten BeispieL dem SchuJpro-gramm: In den späten 80er Jahren wurdezunehmend die Erstellung von Schulpro-grammen favorisiert und als Metastrategiefür Schu]verbesserung eingesetzt. Har-grean's und Hopkins (199]) ste]]en dasKonzept als einen QuaJitätskreisJauf dar.der mit einem ..Audit" beginnt. in demStärken und Schwächen eruiert werdensoJJen. Dies ist Grundjage für den zweitenSchritt. die ..ErqeJJung eines SchuJpro-gramms". Das Audit so]] als Auskunftdarüber verstanden werden. wo man als

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SchuJe steht, aJso als Aussage darüber,von wo aus man sich entwickeln wiJJ; dasSchulprogramm als Vereinbarung, wohinman sich mit der Schule entwickeln wiJI.Im Schulprogramm werden demzufoJgePrioritäten bestimmt sowie Vereinbarun-gen über konkrete Maßnahmen festgelegt(wer ist wann für was verantwortlich).GefoJgt wird diese Phase von der ,.ImpJe-mentierung"", also der Umsetzung. Dannfolgt die ,.Institutionalisierung" undschließJich eine ..Selbstevaluation", diedann wiederum ..Audit"" ist für den Beginneines neuen Zyklus (die Phasen werden\on Hargre01'es & Hopkins ähnlich be-schrieben wie unter ..Die drei Phasen ei-nes Verbesserungsprozesses").

Die bei den bisher beschriebenen Schul-\erbesserungsprogramme bieten, wieleicht zu erkennen. noch keinen Ansatzzur Verbesserung der eigentlichen Ziel-tätigkeit von Schule, nämlich des Erzie-

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hens und Unterrichtens bzw. der wesentli-chen Lehr- und Lernprozesse. Auf jedenFall besteht kein direkter Bezug. Sie ver-suchen lediglich, die schulinternen Rah-menbedingungen zu ändern bzw. die Pro-blemlöse- und allgemeine Veränderungs-kompetenz der jeweiligen Schulen zuverbessern. Dies ist eine nötige, aber nochkeine hinreichende Voraussetzung, um ei-ne Verbesserung zu erzielen, die sich aufden Schulerfolg der Schüler auswirkt. Dasdritte Beispiel - schulinterne Lehrerfort-bildung - versucht verstärkt, gerade dieszu gewährleisten. Allerdings ist auch hierdie Wirksamkeit der einzelnen Angebotenicht besonders ermutigend (Fullan,1991). Joyce und Sho.wers (1988, 1995)weisen aufgrund ihrer Arbeit zu "StaffDevelopment" auf eine Reihe von Kom-ponenten hin, die zu wirksamen Fortbil-dungsprogrammen gehören:- Vermittlung von Theorie bzw. theoreti-schem und empirischem Hintergrund,- genaue Beschreibung der benötigtenFähigkeiten und Fertigkeiten,- Veranschaulichen von Lehr- und Lern-methoden,- Demonstration und Einüben im Rol-lenspiel, dann im konkreten Unterricht,- strukturierte und offene Rückmeldun-gen über die Ausführung,- gemeinsame Planung und Durchfüh-rung von Unterricht mit dem Moderator,- Coaching, also individueIJe Betreuung,im Unterricht.

Joyce und Weil (1996) unterscheidenbei der schul internen Lehrerfortbildungden "Workshop" und den "Workplace".Für sie ist der Workshop lediglich einAusgangspunkt: Man lernt neue Lehr-methoden kennen und kann sie in (als we-niger bedrohlich empfundenen) Rollen-spielen ausprobieren. Das reicht aber nochnicht aus für den Transfer in die Alltags-situationUnterricht. Gerade für die Inte-gration der neu gelernten Methoden in deneigenständig geplanten Unterricht ist spe-zielle Unterstützung bei Vorbereitung undDurchführung vonnöten. Dies erfolgtdurch Coaching, und zwar entweder durchexterne Moderatoren oder durch KoIJe-gen, was vie]]eicht die intensivste undeffektivste Form ist. Dieses ..PeerCoaching" wird von }m'ce und Weil be-sonders propagiert. Natürlich setzt dieswiederum bestimmte Veränderungen inder Struktur der Schulorganisation voraus,sprich in Stundenplangestaltung und Klas-scnvcrtei]ung,

Das vierte Beispiel, "Teacher Apprai-sal" (sinngemäß übersetzt etwa Lehrer-einschätzung, Lehreranerkennung), wirdzunehmend seit Beginn der 90er Jahre alsein weiteres ..inhaltsfreies" Schulent-wicklungsprogramm gesehen. Es setzt andem oben beschriebenen .,Peer Coaching"an: Lehrer schätzen sich gegenseitig inihrem Lehrverhalten ein. Die Durchfüh-rung liegt also nicht bei der Schulleitungoder bei der Schulaufsicht. sondern findetin einem professionellen, kolJegialen Rah-men statt.

Im Gegensatz zur Lehrerbeurtei]ungbeziehungsweise Lehrer-Evaluation oderzum Lehrer-Assessment stehen wederstandardisierte Kritierien der Bewertungim Vordergrund noch gibt es irgendweI-che festgeschriebenen Beobachtungsbö-gen. Es geht nicht um eine Beurteilung,um Rechenschaft abzulegen, weder auf in-dividueller Ebene für die einzelne Lehr-kraft noch auf einer Organisationsebenefür die einzelne Schule.

"Appraisal" ist personen- und bedürf-nis-orientiert und geht von individuellvereinbarten Beobachtungsaspekten aus.Ziel ist es, in einem zeitlich festgelegtenVerfahren Fortbildungsbedürfnisse zueruieren und dann im Anschluss daran dieUmsetzung und den Einfluss auf die eige-ne Praxis rückgemeldet zu bekommen.Vergleichbar mit Qualitätszirkeln sollenKollegenteams bzw. "Tandempartner"nach einer genauen Absprache über Vor-gehen und Methode Unterrichtsbeobach-tungen durchführen. Nach einer zusätzli~chen Selbsteinschätzung gibt es ein aus-führliches Feedback-Gespräch über dasBeobachtete. Bedürfnisorientierte Fortbil-dungswünsche werden bestimmt. Dar-überhinaus wird über die vergangene undgeplante berufliche Entwicklung gespro-chen. An dieses Gespräch schließen sichdie Fortbildungen an, dann kann ein neuerZykJus beginnen. Wie bereits bei Se]bst-evaluation muss auch bei .,Teacher Ap-praisaJ" auf einige Schwierigkeiten in derUmsetzung verwiesen v.erden (vgI.ßollingron er al .. J99]),

InternationaleSch ul ver besserungss tra te gienÜber die beschriebenen Programme hin-weg krista]]isierte sich eine Anzahl er-folgversprechender Strategien für Unter-richts- und Schu]verbesserung heraus.Solche sind zum Beispiel (vgl. auchMcLaughlin, 1990):

- gründliche Aus- und Fortbildung derLehrkräfte, und zwar praxis- und bedarfs-orientiert,- gegenseitige Unterrichtsbesuche vonKollegen, auch Hospitationen in anderenSchulen.- gegenseitige Unterstützung im Unter-richt innerhalb des KoJlegiums, beispiels-weise Team-Teaching,- Schaffen von Rahmenbedingungen fürregelmäßige, institutionalisierte, also inden Alltag integrierte, professioneJleFachgespräche im Kollegium über schu]-und unterrichtsbezogene Themenbereiche,- Entwick]ung von individuellen Unter-richtsprojekten und eigenen Unterrichts-materialien an der jeweiligen Schuleselbst.- Verteilen von Verantwortlichkeitenund aktive Beteiligung des Kollegiums anEntschei dungsprozessen,- Qualifizierungsmaßnahmen von päd-agogischen Führungspersonen (Schul-leitung, Schulaufsicht, aber auch Fach-betreuer etc.).

Joyce (1991) wählt in seiner Zusam-menfassung über mögliche strategischeAnsätze die Metapher von "fünf Türen",die zu SchuJverbesserung führen. Jede sei-ner Türen kann den Weg eröffnen, indemsie einen positiven Einfluss auf die Schul-kultur ausübt. Diese "Türen" sind:- Kollegialität/Zusammenarbeit: Ent-wicklung von kooperativen Beziehungeninnerhalb des Kollegiums sowie zu demschulischen Umfeld,- Studieren: Lehrer werden zu Lernen-den, die sich mit Forschungsergebnissenüber Schulwirksamkeit und Schulverbes-serung sowie mit Unterrichtsmethoden be-schäftigen.- Aktionsforschung: die reflektierendeAnalyse der eigenen Unterrichtspraxis,- Lehrplaninitiativen: Modifizierung undAusgestaltung von Lehrplänen innerhalbder jeweiligen Fächer und fächerübergrei-fend.- Lehrmethoden: Entwickeln eines pro-fessionellen Dialogs, Unterrichtshospita-tionen und die tatsächliche Aneignungeines breiten Methodenrepertoires.

Die drei Phasen einesVer besserungsprozessesGemeinsam ist a1l diesen Ansätzen dieEinsicht, dass Schulverbesserung Zeitbraucht. dass es um einen Prozess undnicht um ein Ereignis geht (BollclJ. ] 996),dass - um Ful/alJ (] 993) zu zitieren - es

12 schul-management (30. Jg.) H. 3/1999

Literatur

sich um einen nicht-linearen "Weg" han-delt: ,,It's a journey, not a blueprint"(wörtlich: Es ist eine Reise, nicht eineBlaupause). Das heißt, dass Verände-rungsprozesse eher "dynamisch" sind undnicht "statisch" vorherbestimmbar.

Dieser Verbesserungsprozess kann inverschiedene Sub-Prozesse oder PhasenunterteiJt werden, die wiederum unter-schiedliche Überlegungen und Hand-lungsschritte erfordern. Im ersten Banddes ,,International School ImprovementProject" teilen van Velzen et al. (1985)den Schulverbesserungsprozess in folgen-de drei nicht unbedingt streng hinterein-ander verlaufende, sondern einander über-lappende Phasen ein:- Initiierung, das heißt Vorstellen undEinbringen neuer Ideen und Methoden so-wie Werben um Akzeptanz und Engage-ment dafür,- Implementierung, also ihre Umsetzung,- Institutionalisierung, das heißt, dieNeuerungen werden integrierter Bestand-teil der Normen, Strukturen und Arbeits-routinen der Schule.

In der ersten Phase, der Initiierung, gehtes darum. sich für eine Innovation zu ent-scheiden und Engagement dafür zu ent-wickeln. Oft wird hier eine Bestands-aufnahme des gegenwärtigen Zustandsvorgenommen, um eine Ausgangsbasis zuhaben. Miles (1986) betont hierbei, dassdie einzelne Innovation dem jeweiligenSchulkontext entsprechen muss, klar undüberschaubar sein sollte und dass Schlüs-selpersonen sie aktiv unterstützen müssen.Fullan (199 1) hält in dieser Phase folgen-de Faktoren, besonders in ihrer Kombi-nation, für qualitätsentscheidend:- das im jeweiligen Land oder Bezirkvorhandene Angebot an Innovationsan-stößen und Innovationsprojekten und de-ren QuaJität (was auch in dezentral ausge-richteten Ländern stark vom Markt derAnbieter abhängt. der eigenen Gesetzenfolgt etwa dem Bestreben, sich affirmativgegenüber herrschenden Normen undErwartungen von Staat. Kommunen.Schul trägern zu verhalten),- die Zugangsmöglichkeitcn der einzel-nen Schule zu Informationen über solcheInnovationsangebote (auch hier gibt esgroße Unterschiede, es hängt wie so oftvon den persönlichen Kommunikations-und KomaktmögJichkeiten ab - ländlicheund kleinere Schulen/SchuJbezirke sindbenachteiJigt ).

Joyce, B. & Showers, B. (1988, 1995).Student achievement through staff deveJop-ment. New York: Longman.Jovce, B. & Weil. M. (1996). Models of tea-ching. Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.Jovce. B. (1991). The doors to schoo] im-provement. Educational Leadership, May,59-62.Joyce, B., Showers, B. & Weil, M. (1992).Models of teaching. Englewood Cliffs, NJ:Prentice-HaIJ.McLauglzlin, M. (1990). The Rand ChangeAgent Study revisited: Macro perspectivesmicro reaJities. Educational Researcher,19(9),11-16.Miles, M. (1986). Research findings on thestages of schoo] improvement. New York:Center for Policy Research.Myers, K. & StolI, L. (1993). Mapping themovement. Education. 182(3).OECD. (1989). Decentralisation and schoolimprovement. Paris: OECD-CERI.Reynolds, D. & Stoll, L. (1996). Mergingschool effectiveness and school improve-ment: The know]edge base. In D. Reynolds,R. Bollen, B. Creemers, D. Hopkins, L. Stoll& N. Lagerweij (Hrsg.), Making goodschools: Linking school effectiveness andschool improvement (5. 94-112). London:Routledge.Rasenbusclz, H.S. (1997). Organisations-pädagogische Perspektiven einer Reformder Schulorganisation. SchulVerwaltung, 10,329-334Saslzkin, M.& Egermeier, J. (1992). Schoolchange models and processes. A reviewand synthesis of research and practice.Washington: US Department of EducationJ992

- das Engagement und die Bereitschaftvon Seiten der zuständigen Schulaufsicht,der übergeordneten Schulverwaltungsbe-hörde, des Sachträgers, der jeweiligenKommune etc., Innovationsbestrebungenmitzutragen und zu fördern,- die Bereitschaft und das Engagementder Lehrkräfte (von denen manche langevor formal initiierten Innovationen fürsich selbst informell Neuerungen in klei-nerem Stil ausprobieren und auf schonlängst überfällige Reformen warten),- die Anregung und Begleitung durchexterne Berater und Moderatoren.- die Haltung der politischen Gemeinde,zu der die Schule gehört (die Druck ausü-ben, aktive Unterstützung, aber auch Ab-lehnung oder Gleichgültigkeit zeigenkann),- neue bildungspoJitische Vorgaben desStaates. des Landes und des Bezirks.- das Ausmaß an innovationsfreundli-cher ProbJemlöse- und Veränderungskom-petel1Z der einzclnen Schule.

Die zweite Phase. die Implementierung,stand bisher am stärksten im Mittelpunktder internationalen Schulentwicklungs-literatur. Hier sollen die angestrebtenReformen und Innovationen umgesetzt.die initiierten Programme durchgeführt.auftretende ProbJeme überwunden und die

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engagierte Beteiligung der Betroffenendauerhaft sichergesteJlt werden. Fullan(199 1, 1992) führt sechs Schlüsselaspektefür einen wirksamen Implementierungs-prozess an:- Bilden von gemeinsam getragenenZielvorstellungen,- sich ständig modifizierende Planung,- Übertragen von Verantwortlichkeitenund Zulassen von Initiativen.- Lehrerfortbildung und kooperations-fördernde Maßnahmen.- Beobachtung des Entwicklungspro-zesses und Outcome-Messung,- Neustrukturierung des .,ArbeitsplatzesSchule" und der Arbeitszeit (bzw. desArbeitstags).

Von weichen stellender Bedeutung fürdie Implementierung ist, wie stark dasBedürfnis nach Veränderung bzw. derWunsch nach Verbesserung und die brei-te Bereitschaft im KoJJegium. sich eilEu-bringen und mitzuwirken, in der lnitiie-rungsphase waren.

Die dritte Phase, die lnstitutionalisierung.ist die, in der die implementierte Refor~lnicht mehr als etwas Neues empfundenwird. nicht mehr das ..Pilotprojekt" einerGruppe ist, nicht mehr von erstem Enthu-siasmus und finanzieller Sonclerzuwen-dung getragen wird. sondern weit dar-

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überhinaus zum festen, nicht mehr wegzu-denkenden Bestandteil des Schula]]tagswird, wahrnehmbar in der täglichen Praxisder Schule und unabhängig von der Prä-senz ihrer eigentJichen Initiatoren. DieBedeutung dieses Prozesses ist lange un-terschätzt worden, doch er entscheidetdarüber, ob eine Neuerung Bestand hatoder nicht. Die Geschichte der vielen In-novationsversuche zeigt, dass sich derenInstitutionalisierung nicht automatisch er-gibt, so überzeugend und zwingend dieeinzelnen Initiativen auch waren. BereitsMiles (1986) nennt folgende entscheiden-de Bedingungen für den Erfolg der Insti-tutionalisierung und damit des Überdau-erns von Neuerungen:- Die Innovation muß in die organisato-rische Struktur der Schule eingebettetwerden.- Auftauchende Widersprüche mit gel-tenden schulischen Regelungen müssenüberwunden werden.- Die einzelne Innovation muss in Ein-klang mit anderen Innovationen gebrachtwerden.- Sie muß mit dem Lehrplan verbundenwerden.- Sie sollte mögJichst von der ganzenSchule mitgetragen werden.- Es muß sichergesteIJt werden, dass diefür die Umsetzung nötigen neuen Kom-petenzen den Lehrkräften zuverlässig ver-mittelt werden.

Eine Differenzierung vonSch ul verbesserungsstrategienSchulen sind in sich unterschiedliche Edu-katape, komplexe Lebensräume, verschie-den strukturierte Organisationsindividuen.Ihr Entwicklungsbedarf und ihre Kapa-zitäten lassen sich nicht über einen Kammscheren. Die für alle gleich geeigneteSchulverbesserungsmaßnahme bzw. die.,AlIheilmittel-Strategie". die allen "hilft",gibt es nicht. Eine Differenzierung bietetdas ModeU von Hopkins (1996), das einenZusamJllenhang herstellt zwischen einerKlassifikation von Schulen nach ihrem in-dividuellen Entwicklungsstand und ver-schiedenen Strategien für Schul verbes-serung. Die Strategien werden eingeteiltnach Kriterien wie der Bandbreite und derAnzahl der angesetzten Prioritäten, demjeweiligen Schwerpunkt (z.B. Lehrplan.Lehrmethoden, Schul organisation). demEinbeziehen von eher an der jeweiligenSchule gewonnenen Daten oder eher alI-gemeinen Forschungsergebnissen. dem

Ausmaß externer Unterstützung, demNiveau der erforderlichen schon vorhan-denen Problemlöse- und Veränderungs-kompetenz der Schule etc. Hopkins gehtdavon aus. dass jede Schule ein auf ihrenjeweiligen Entwicklungsstand zugeschnit-tenes "Paket" von Strategien benötigt.

So brauchen etwa nicht-wirksame,..schlechte" Schulen ein hohes Ausmaß anUnterstützung von außen mit deutlichen,ja direktiven Vorgaben für eine klar be-grenzte Auswahl von Verbesserungen anCurriculum und Unterrichtsmethoden(wie in dem Programm IBIS in Englandvon David Hargreaves. 1990; oder dem"Schenley High School Programme" inPittsburgh, vgI. Wallace et al., 1990).

Demgegenüber werden durchschnitt-lich erfolgreiche Schulen mit weniger ex-terner Hilfe auskommen, ihre eigenenVeränderungskompetenzen mobilisierenkönnen und ganz spezifische Aspekte desUnterrichts modifizieren müssen, umdazuzugewinnen (wie etwa bei dem"Models of Teaching" Ansatz von Joyceet al., 1992; oder - mit noch mehr Eigen-initiative der Schule - in den britischenProjekten "Improving the Quality ofEducation for AIJ'" (IQEA) von Ainscow,Hopkins und West; oder dem "Improve-ment through Planning"-Ansatz in Eng-land von OFSTED. 1994).

Bereits wirksame, "gute" Schulen wie-derum benötigen. um ihre Qualität haltenzu können, kaum mehr direkte Unterstüt-zung von außen, sondern kreieren ihreeigenen internen Lern- und Entwicklungs-arrangements etwa über den Aufbau vonNetzwerken mit anderen Schulen undUniversitäten (vgI. Projekte wie die..League of Professional Schools",Glickman. 1990: oder die "Coalition ofEssential Schools". Si:cer, 1992; vgI. auchMyers & Stall, 1993).

Die Rolle von"Change Agents"Ein weiterer möglicher Zugang zu demkomplexen Prozess von Schulverbesse-rung besteht darin. die Rolle und Funktionder verschiedenen (mehr oder weniger ak-tiv) an diesem Prozess Beteiligtcn, der..Change Agents". zu beleuchten. Fullanverwendet diesen Begriff in sehr breitge-fasstel' Bedcutung und betont in einer sei·ner "Acht Lcktionen für Schulverbes-serung". jeder Einzelne sei solch ein..Change Agent". denn Verbesserungenund Entwicklungen seien viel zu wichtig.

um sie den Experten alleine zu überlassen(vgl. Fullan, 1995). Für Fullan gibt es siefolglich auf allen Ebenen innerhalb undaußerha]b der Schule: in den K]assen-zimmern der Schulen sind es die Lehrer,aber auch die Schüler, für die ganzeSchule ist es die Schulleitung, auf Ge-meindeebene sind es die Eltern und dieRepräsentanten von politischer Gemeinde,Wirtschaft etc. (organisiert etwa in"School Councils" oder "GoverningBodies"). Auf Bezirkssebene ist es dasSchulaufsichtspersonal der Schulbehörden(der LEAs bzw. der "Boards"), auf Lan-desebene sind es die entsprechenden Ver-waltungsbeamten der Behörden und dieBildungspolitiker. Aus der Verantwortungwird niemand entlassen. Innerhalb ihrerFokussier~ng auf die Schule selbst, alsMittelpunkt des Veränderungsprozesses,messen allerdings die Schulverbesse-rungsansätze der pädagogischen Führung,vor allem dem Schulleiter, besondere Be-deutung zu. Der Schulleiter wird immerwieder als Schlüsselfigur innerhalb derEinzelschule bezeichnet, mit dem Vermö-gen, Veränderungen zu blockieren odervoranzutreiben, als schulinterner Motorfür Verbesserungen, in dessen Verantwor-tung der "Change Process" liegt (vgI.Huber, ]997, 1998b, 1999a).

Interessant wäre sicherlich, hier näherauf diese zentrale Rolle von Schulleitungeinzugehen, doch scheint es besser, dies ineinem eigenen kleinen Beitrag nachzuho-len. Das gleiche gilt für verschiedene inden letzten Jahr begonnene Schul ver-besserungsprojekte in einer Reihe vonLändern, beispielsweise in den USA,Kanada. den Niederlanden und Groß-britannien.

21 Thesen zur SchulverbesserungDie folgenden Thesen sollen das bisherBeschriebene bündeln und zusammenfas-sen. Sie stellen ein mögliches vorläufigesResümee aus den bisher gewonnen Er-kenntnissen dar:I. Schulverbesserung ist normativ. also

nicht wert- und interessensfrei.2. Veränderungen können nicht erzwun-

gen \\erden; das Engagement und dieBeteiligung der Betroffenen wird benö-tigt3. Top-down Maßnahmen und bottol1l~up

Initiativen mÜssen aufeinander abge-stimmt sein.4. Schu]verbesserung setzt den Zugang

zum Wissen (ibcr Innovationen voraus.

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5. Verbesserung ist ein Prozeß; dieser istnicht exakt planbar und so]]te kontinuier-Jich weitergeführt werden.6. Verbesserungerfolge benötigen Zeit

und Geduld sowie den vernünftigen Ein-satz von Ressourcen und eine institutio-neUe Absicherung.7. Im Vorfeld, aber auch in den verschie-

denen Teilphasen der Veränderungspro-zesse können Schwierigkeiten auftreten.8. Probleme sollten nicht kaschiert, son-

dern konstruktiv nutzbar gemacht werden.9. Bestimmte Regeln sind zu beachten;

dazu sind eine genaue Beobachtung undBegleitung erforderlich.10. Unterstützende externe Beratung istnötig, aber in unterschiedJichem Umfang.11. Verbesserungsideen, -initiativen und-maßnahmen werden von, für und durchIndividuen gemacht und müssen sich anechten Bedürfnissen ausrichten.12. Verbesserung bedarf gemeinsam ge-tragener Zielvorstellungen, einer situati-ons- und kontextspezifischen Strategie so-wie einer offenen Planung.13. Maßnahmen benötigen eine klare Auf-teilung der Verantwortung, Freiräume unddas Zulassen von Initiative.14. Veränderungen dürfen nicht zumSelbstzweck durchgeführt werden.15. Verbesserungen müssen die einzelnenSchüler erreichen; die pädagogische Ziel-tätigkeit muss im Zentrum jegJicher Be-mühung stehen.16. Veränderungsprozesse brauchen eineden Überblick behaltende sowie sich mo-tivierend auswirkende und kooperations-stiftende pädagogische Führung.17. Einzelne SchJüsselpersonen auf a]]enEbenen sind von zentraler Bedeutung.18. BeteiJigte müssen sich einen Vorteilversprechen; schnell spürbare Erfolge fürden einzelnen Lehrer sind wichtig.19. Der individue]]e Einsatz eines jedenkann der Anstoß für Verbesserung sein.20. Veränderungen müssen institutionali-siert und Bestandteil der Schulkultur wer-den.2 I. Schule muß ein Modell dafür sein.wozu sie erzieht', und zu einer mündigen,kreativ denkenden und lernenden Organi-sation werden.

Kritische AnmerkungenZweife]]os wirkt das Bild einer sich stän-dig verbessernden SchuJe. das in derSchulverbesserungsliteratur - etwa bei10)('(' (J 991) - evoziert wird, fasljnie-rend. Man stellt sich KolJegien vor. die

aktiv professionelle und kooperative Be-ziehungen innerhalb ihrer Schule undnach außen zu deren regionalem Umfeldentwickeln, Lehrerteams, die sich intensivmit Schulentwicklungsforschung, Lehr-und Lernmethodik und Veränderungspro-zessen ihrer Schule auseinandersetzen,Lehrkräfte, die Informationen und Datenüber ihren Unterricht, ihre gesamte Schuleund den Lernfortschritt ihrer Schüler sam-meln und auswerten und die neue The-mengebiete in ihren Fächern und auchfächerübergreifend einbringen.

Was hier skizziert wird, ist ganz offen-sichtlich ein Idealbild von Schule. DerWeg, der zu einer derartigen innovativenPraxis führt, ist eigentlicher Inhalt von"School Improvement", und die For-schung darüber sucht nach potentiellenMaßnahmen und will hilfreiche praktischeUnterstützung geben. Nichtsdestotrotzsind, ähnlich wie bei der Schul wirksam-keitsforschung (vgI. Huber, schul-mana-gement 2/99), auch hier Probleme, Gren-zen und Schwächen feststellbar .

1. Fehlende Verknüpfungmit der Alltagswirklichkeitbei Top-DownBei den top-down Ansätzen wurde über-sehen, dass eine echte Verknüpfung derangeordneten Maßnahmen mit dem Alltagder Schulen und der Lehrer oft fehlte(Hargreaves er aI., 1989). Die von Ex-perten außerhalb der Schulen konzipiertencurricularen Neuerungen etwa bliebenFremdkörper in der Unterrichtspraxis derLehrer und wurden nur selektiv umge-setzt. Verkannt wurde, dass die .,Verfü-gung" einer Änderung der Praxis (etwadurch die ,.Education Reform Acts" inEngland) nicht automatisch eine wirklicheÄnderung der Praxis bedeutet. Der "Ge-genstand" der Verbesserungsmaßnahme,hier der Lehrplan, ist nicht zu verwech-seln mit seiner .,Umsetzung" in konkretesHandeln. Politische Vorgaben könnenrichtungsweisend sein und Rahmenbedin-gungen schaffen, nicht mehr und nichtweniger. Nicht der ..Beschluss" von Sc]1U-lischen Veränderungen bewirkt etwas fürdie Schüler, sondern erst die Implemen-tierung, die wirkliche Umsetzung vor Ort.Eine impJementierungsfreundliche PoJitikwird Strukturen und Prozessabläufe be-rücksichtigen und die ..Inhalte" der Inno-vationen den Schulen selbst überlassen,wie dies etwa bei ..Development Plan-ning" der FaJ! ist. Die Versuche. Maß-

nahmen zu implementieren, die nicht ausden Bedürfnissen des A1Jtags von Lehrernund Schülern heraus entwickelt wordenwaren, blieben intemational gesehen rechtwirkungslos.

2. Einseitige Perspektivebei Bottom-UpGanz im Gegensatz zum top-down Para-digma läuft man bei bottom-up AnsätzenGefahr, die Schule zu stark durch dieBrilJe der Lehrer oder gar vorwiegend ausder Perspektive der Schulleitung zu sehen.Während das theoretische Postulat von"School Improvement" meist lautet, ander Schule als Ganzem, als Handlungs-einheit, anzusetzen, ist man in der Praxisoft zu sehr mit dem Lehrerkollegium be-schäftigt, um offen zu sein für anderePerspeJS:tiven und um die Auswirkungender Arbeit auf die anderen an der SchuleBeteiligten, eben vor allem die Schüler,ausreichend in Betracht zu ziehen.

3. Interessenskonflikte stattGesamtperspektiveSchulentwicklung setzt Entscheidungenvoraus. Die an Entscheidungsprozessenbeteiligten Vertreter entscheiden aber(selbstverständlich) im Sinne ihrer jewei-ligen Gruppierungsinteressen. Das kannzu kontligierenden Konste]]ationen füh-ren. vor allem aber dazu. dass eine das

1 '·pl. Rosenhusch (1997) il1 seinem Auf:\'alz i/1

der SchulVerwullllllg

schul-management (30. Jg.) H. 3/1999 15

ner Schule besucht werden, mögen durch-aus der Regeneration der Motivation unddem Wissenszuwachs der teilnehmendenKollegen dienen, geraten aber leicht zumSelbstzweck, wenn sie keine spürbarenAuswirkungen auf den Unterricht und da-mit für die Schüler haben. Auf die Umset-zung im Schulalltag kommt es an. AuchWest und Hopkins (J 995) kritisieren, essei schön und gut, bei der Lebenswirklich-keit der Lehrer anzusetzen, Schulentwick-lung gerate aber zur Travestie, wenn siedabei stehenbleibe.

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5. Zieltätigkeit zu wenigberücksichtigtDer größte Einfluß auf den Lernfortschrittder Schüler wird von jenen Innovationenund Veränderungen der Handlungspraxiserzielt, Me unmittelbar in den Lehr- undLernprozess eingreifen und ihn modifizie-ren (Hopkins und Lagerweij, 1996). Wiebereits gezeigt, fordern Kritiker eine nochausgeprägtere Orientierung auf die päd-agogische Zieltätigkeit, auf die Ebene deskonkreten Unterrichts. Dieser "ClassroomLevel" und dessen Verschiedenartigkeitinnerhalb der einzelnen Schule wurden inden internationalen Schul verbesserungs-ansätzen ursprünglich zu wenig berück-sichtigt.

Auch der einzelne Schüler spielt oft ei-ne zu geringe Rolle. Kriterium für jegli-che Fortbildungsaktivitäten des Kollegi-ums und andere Maßnahmen muss jedochsein, inwieweit sie sich für den Schul-erfolg der Schüler auszahlen. Huberman(1992) steHt fest, dass die Investitionen inPersonalentwicklung sich nicht zwingendauf einen deutlichen Zuwachs an Lern-fortschritten bei den Schülern auswirken.Er fordert, dass die Verbesserungspro-zesse bis auf die Schülerebene, ans "Endeder Kette" sozusagen, weiterverfolgt wer-den und dass sie Auswirkungen auf jedeneinzelnen Schüler haben müssen.

ganze System berücksichtigende Sicht-weise. also die Gesamtperspektive, verJo-rengeht.

Dies trifft sowohl bei einem bottom-upVerfahren als auch besonders bei top-dov.n zu. Die Favorisierung einer ver-stärkten Demokratisierung bei entspre-chenden bildungspolitisehen Entscheidun-gen kann dafür sorgen, dass man sich (inder Summe) einer entsprechenden Ge-samtpcrspektiwannähert.

4. Einseitige Konzentration aufLehrerfortbildungEine besonders provokative Kritik lautet,SchuJentwickJung a]]gemein fokussiere zustark die PersonaJentwickJung und sei nureine neue Fassade für die gute aJte Leh-rerfortbiJdung. Schulverbesserung mussjedoch mehr als bloße Lehrerfortbildungsein. Fortbildungsmaßnahmen, vor a]]emsolche, die außerhaJb der Schule stattfin-den und nur von einzelnen Lehrkräften ei-

6. Rezepthaftigkeit und zuwenig Beachtung des schulischenEntwicklungsstandes"SchooJ improvement" versucht, Leit-linien für Schulverbesserungsprozesse zuent\\ickeln. Zu oft wirken sie allerdingswie Rezepte, die ein standardisiertes Her-angehen nahelegen. Konkrete und indi-viduelle Hilfeste]]ung, die die Kontext-besonderheiten der einz,elnen Schuleberücksichtigen, bleiben aus. Allgemeine-re Hilfeste]]ungen hingegen bleiben oft zu

16 schul-management (30. Jg.) H. 3/1999

Unterricht

Schulprogramm

Selbstevaluation

\

Schulinterne Lehrerfortbildung

Umfassender Ansatzfür Schulverbesserung

(Konstrukt)

Organisati onsentwickl ung

Abb. 1: The School1mprovement" Whole School" Illusion (aus: West & Hopkins, 1996, S. 11, übersetzt)

abstrakt. Wissenschaftler und Praktikerhaben anscheinend Schwierigkeiten da-mit, die aus Fallsstudien generierten Stra-tegien in systematischer und doch prag-matischer Weise zusammenzubringen(Hopkins und Lagerweij, 1996).

Schulentwicklungsmaßnahmen habenauch bisher weitgehend übersehen, dassneben dem individuellen Kontext auch derjeweilige Entwicklungsstand der Schule,ihr bereits vorhandenes Ausmaß an"Wirksamkeit" sozusagen, in Betracht ge-zogen werden muss. Erst Hopkins (1996)oder Stoll und Fink (1998) unterscheidenverschiedene Strategien. Erfolglose,"schlechte" Schulen benötigen viel Un-terstützung von außen, "mäßig wirksame"Schulen kommen mit weniger Hilfe ausund entwickeln eigene Prioritäten undKompetenzen, "wirksame" Schulen be-dürfen wieder anderer Strategien, umihren Stand zu halten. Stoll und Fink ent-werfen eine Typologisierung entlang einesKoordinatensystems von "sich verbes-sernden" und ..sich verschlechternden"Schulen auf der einen Achse und "wirksa-men" bzw. "nicht wirksamen" Schulenauf der anderen Achse, Es ergeben sichdaraus fÜnf Klassifikationen, denen je-weils unterschiedJiche Schul kulturen zu-geordnet werden. die unterschiedliche

Schulentwicklungsstrategien nötig ma-chen (diese Typologie gilt nun nicht nurfür Einzelschulen, sondern z.B. auch fürFachschaften innerhalb einer Schule).Deutlich wird, wie fein differenziert An-sätze und Strategien sein müssten, um op-timal zu wirken. Solche Differenzierun-gen werden erst seit kurzem berücksich-tigt.

7. Mangelnde innerschulischeDifferenzierungDarüberhinaus scheinen Schulverbesse-rungsansätze zum Ted irrtümlich von ei-ner relativ homogenen Schülerschaft aus-zugehen. Jedoch haben die verschiedenenSchülergruppen - etwa die verschiedenenethnischen Gruppen, Schüler verschiede-ner Leistungsstärken, Mädchen und Jun-gen - durchaus unterschiedliche BedÜrf-nisse und profitieren nicht alle gleich vielvon einer ganz bestimmten Innovation.Hier wären statt eher einheitlicher Stra-tegien den einzelnen ZieJgruppen ange-paßte re Maßnahmen nÖtig.

8. Vernachlässigung derBedeutung der Schulkultur und derlnsti tu ti onalisi eru ngsp rozesseErst allmählich rÜckte die eigentliche Be-deutung von ,,$chulkultur" in das Interes-

se derer, die wissenschaftlich oder prak-tisch mit Schulentwicklung zu tun haben.,.Kultur" wird hier verstanden als dasWissen, das Glaubens- und Wertesystem,die Gewohnheiten, Rituale, Symbole unddie Sprache einer Gruppe, etwa eines Kol-legiums, kurz gesagt als Sammelbegriffdafür, "wie das hier bei uns so gemachtwird". Hopkins (J 996) verweist darauf,wie wenig man bislang darüber weiß, wiedie Wechselbeziehungen zwischen derKultur einer Schule bzw. des Kollegiumsund den bestehenden Strukturen ist.Cnklar ist, wie genau Veränderungen derStrukturen es vermögen, die bestehendeKultur zu beeinflussen bzw. eine verän-derte Kultur zu erzeugen, und umgekehrt,wie Kultur die Strukturen verändert, be-einflusst oder neue schafft.

Erfolgreiche Entwicklungsprozessemüssen aber eine Veränderung der Schu]-kultur bewirken. Wenn nämlich. wie es\'or al1ern in früheren Schulverbesserungs-ansätzen der Fall waL die lnstitutionali-sierung der implementierten Maßnahmen\ernachlässigt wird, wenn sie nicht Teilder SchulkuJtur bzw. des SchuJalltags\\erden, verpuffen sie, sobald sie nichtmehr immer neu von einzelnen Individuenforciert werden. Aber auch neuere inter~nationale Sch u]verbesserungsstrate gi en

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vermögen es immer noch nicht ausrei-chend, die Kultur der jeweiligen Schule sozu beeinflussen. Sie tendieren dazu, sichauf einzelne eingegrenzte Veränderungen,auf einzelne Lehrer und einzelne Unter-richtsfächer zu konzentrieren, an statt dar-auf, \-vie soJche Veränderungen in die ge-samte .,Organisationseinheit Schule" undvor allem in die "Kultur" der Schule zuintegrieren sind (vgl. Hargrea1'es. 1994).

9. Die Illusion des"umfassenden Ansatzes"Wes! und Hopkins (] 996) kritisieren (ähn-lich wie bei der Schulwirksamkeitsfor-schung. vgI. Huber. sm 2/99) auch bei ih-rer Analyse des internationalen ,.SchoolImprovement", dass der Anspruch, an der.•ganzen Schule" als HandJungsein-heit anzusetzen, sich in der Praxis derSchuherbesserungsprogramme und -maß-nahmen als 1J]usion herausste]]t. DerSchwerpunkt liegt nämlich immer nur aufeinze]Mn Aspekten, oft eben auf Fortbil-dungsbemühungen für die Lehrkräfte, Der

oben skizzierte "Solidarisierungseffekt"mit Kollegium und Schulleitung verhin-dert dann häufig einen breiteren Zugang,der auch widersprüchliche Aspekte zulas-sen würde. Es gibt auch hier eine Dis-krepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit.Wesl und Hopkins iJlustrieren das Pro-blem wie in Abbildung 1.

10. UnüberschaubarerMarktder Schul verbesserungSchulen in vielen Ländern mit dezentralenSystemen sehen sich mit einem schierunÜberblickbaren Markt an Schul verbes-serungsprojekten durch verschiedenste"School Consultancy"-Anbieter konfron-tiert. Dieser Markt ist zwar reichhaltig.bietet aber auch eine chaotische VieHaltvöllig unterschiedlicher Qualität. Quali-tätskomrolJen der - kommerzielJen ~ An-bieter gibt es nicht. Manche Schulen mÖ-gen da eventuell ihre Entscheidungen füreincn Anbieter wi]]kürlich treffen. sichnach vagen Empfeh]ungen und Mund-propaganda richten. eine gerade aktuelle

Mode mitmachen. Manche mögen aufäußeren Druck blind-aktionistisch oderschon in vorauseilendem Gehorsam han-deln. Aber selbst die an ihren eigenenBedÜrfnissen orientierten Schulen habenoft erhebliche Schwierigkeiten, sich zuorientieren.

11. Ungenügende Evaluierungder AnsätzeEin \\eiterer Kritikpunkt ist, dass dieMaßnahmen, der Implementierungsgradund die Auswirkungen der Strategien nurselten evaluiert werden, Man weiß daherÜber die Wirksamkeit von Verbesserungs-maßnahmen eigent1ich zu wenig. Die Ur-sache- Wirkungs-ZusammenlÜinge zwi-schen den Schul verbesserungs prozessenund dem Erfolg der Schule (a]so denSchüJerleistungen, egal wie sie definiertsind) \\erden nicht zufriedenste]]end er-mitte]t. Eine grüneHiche Diagnose bJeibtalso lÜiufig aus. AIJerdings scheinen dieGrenzen der Schulverbesserungsansät-ze teih\ eise auf die Natur des Unter-

18 schul-management (30. Jg.) H. 3/1999

suchungsgegenstandes zurückzuführenzu sein. der eben ein evolutionärer Pro-zess einer pädagogischen Handlungs-einheit mit vielen Ebenen ist. Huberman(1992) betont bei seinem Blick auf dieImplementierung von Verbesserungs maß-nahmen. dass man immer erst handelnmuss, um den Kontext für Reflexionendarüber herzusteHen. \vas der nächsteHandlungsschritt sein soJ]te. Diese Auf-fassung von "RoJJing Change", von Ver-änderung als Fluss, mag es besondersschwer machen, Methoden zu finden, umErgebnisse zu messen. Aber es wäre mög-lich!

12. Methodische Defizite undmangelnde TheoriebildungVor aHem Wissenschaftlern, die aus einerpositivistischen inferenz-statistischen Tra-dition kommen, scheint die Art, wie dieSchulverbesserer mit methodischen Fra-gesteJJungen umgehen, nicht besonders"präzise". Kritik wird an der Methodo-logie und dem methodischen Vorgehenbei der Untersuchungen von Schulver-besserungsansätzen geübt. So führenCreemers und Reezigt (1997) eine zu ge-ringe Präzisierung der unabhängigenVariablen an, die zum Beispiel mit ver-besserter Schülerleistung korrelieren. Einemögliche Erforschung von Kausalitäten,also von Ursache- Wirkungszusammen-hängen, bleibt daher auch weitgehend aus.

Ein weiterer Kritikpunkt in diesemZusammenhang ist die recht einseitigeBetonung von Praxisbezug und prakti-schem Wissen und die fehlende Ein-bettung in empirische Forschung, etwa derSch ulwirksamkei tsforsch ung.

Bei einer insgesamt qualitativen Aus-richtung werden Ergebnisse eher unsyste-matisch-anekdotisch in Fallstudien be-schrieben. Diese sind dann nur schwerverallgemeinerbar. Es fehlt. so die hartformulierte Kritik, an Reliabilität und anexterner Validität. Einzufordern ist dieEntwicklung experimente11er oder quasi-experimenteller Designs (Hopkins. 1996),um die Beziehung zwischen den unabhän-gigen Variablen, den Prozessvariablen,und den abhängigen Variablen. den "Out-come"-Variablen. zu eruieren. Verwen-dete theoretische Begriffe werden eben-falls oft nicht ausreichend empirisch-sy-stematisch abgesichert. Darüberhinauswerden Methoden. die den Veränderungs~prozess in einer Schule exakter beschrei-ben kÖnnten. selten eingesetzt.

Neben der Anwendung entsprechenderMethoden fehlen weitgehend empirischabgeleitete und überprüfte Theorien. Sostehen geeignete theoretische Bezugsrah-men dafür aus, wie Schulen sich verän-dern, welche Bedingungen notwendig undwelche Strategien hilfreich sind. Die ein-schlägige Schulverbesserungsliteratur be-schäftigt sich mehr mit der Beschreibungvon Projekten und der Formulierung vonauf Umsetzbarkeit ausgerichteten "Leit-fäden" für Schulverbesserer als mit demErste11en und Formulieren von Theorien.Ohne einen konzeptione11en Bezugsrah-men bleiben aber Strategien weiterhin einPatchwork vielfältiger nebeneinander herexistierender Einzelmethoden.

ResümeeZusammenfassend lässt sich aufzeigen,dass in der historischen Entwicklungweder reine top-down noch ausschließ-liche bottom-up Ansätze zu den er-wünschten Erfolgen führten, sondern erstein Zusammenspiel und eine systemati-sche Abstimmung beider. BiJdungspoli-tische Initiativen. die von außen an dieSchule herangetragen werden, sind kei-neswegs automatisch wirksame Schul-verbesserungsstrategien. Es müssen ausder Schule heraus Strategien entwickeltwerden, etwa auf der Basis von Selbst-evaluation, dem Erste11en von Schulpro-grammen, schulinterner Lehrerfortbildungoder "Teacher Appraisal", wenn Verände-rungen irgendeinen bedeutenden Einflussauf den Schulerfolg der Schüler habenso11en. Innovationen müssen in die einzel-ne Schule integriert werden. ,,Improve-ment" wird als ein kontinuierlicher Pro-zess gesehen mit verschiedenen Phasen.Dafür gibt es keine fertigen Lösungen,wichtig ist der Weg, das Handeln, dasSich-Entwickeln. Ziel ist eine Entwick-lung hin zu einer problemlösenden. krea-tiven, sich selbst erneuernden Schule imSinne einer mündigen und lernenden Or-ganisation. Der Schwerpunkt der Verbes-serung liegt auf den Prioritäten, die dieeinzelne Schule selber setzt. denn sie istdas Zentrum des Veränderungsprozesses.Im Mittelpunkt steht die pädagogischeZieJtätigkeit. also Erziehung und Unter~richt. Die Lehr- und Lernprozesse spielenfür den ErfoJg der Schüler die entschei-dende Rolle. Verbesserungen mÜssen in-stitutionalisiert werden. damit sie festerBestandteil der Schul kultur werden. alsoder Schulatmosphäre. AIJtagsroutine und

der schu1ischen Strukturen. Der einzelneLehrer und die pädagogische Führung ei-ner Schule sind von zentraler Bedeutung.Deren qualifizierte und bedarfsgerechteAus- und Fortbildung ist grundlegend.

Jedoch zeigen eine fehlende Verknüp-fung mit der Alltagswirklichkeit bei Top-Down, eine einseitige Perspektive beiBottom- Up. entstehende Interessenskon-flikte und das Fehlen einer Gesamtper-spektive sowie eine einseitige Kon-zentration auf Lehrerfortbildung, dass esauch Kritisches anzumerken gibt. Bisherscheint die eigentliche Zieltätigkeit oft zuwenig berücksichtigt. Es faHen eine Re-zepthaftigkeit, zu wenig Beachtung desschulischen Entwicklungsstandes, einemangelnde innerschulische Differenzie-rung und eine Vernachlässigung der Be-deutung der Schulkultur sowie der zen-tralen IBstitutionalisierungsprozesse auf.Obwohl international ein ..umfassenderAnsatz" für Schulverbesserung propagiertwird, ist dieser noch nicht entsprechendverwirklicht. Zudem entstand in vielenLändern ein unüberschaubarer Markt derSchul verbesserung, dessen einzelne Pro-gramme. Model1e. Projekte, Kurse etc.bislang nur ungenügend evaluiert wurden.Methodische Defizite und mangelndeTheoriebildung sind ebenfal1s Kritikpunk-te am "School Improvement"-Paradigma.

Stephan GerhardHuber. M.Phil ..(Jg. 1971) istMitarheiter an derForschungsstellefÜr Schulentwicklungund Schu lmana ge-ment der Unil"crsitätBamberg.

sch u I Die Zeitschrtft fÜr Schulleitung und SchulpraxiS

management3·99

Juni 1999 B 2847

Schul-entwicklungs-forschungWie kann Schuleverbessert werden?

SchulrechtThema: Verkehrs-sicherungs-pflicht

AufgabenMythos und Logos- zum Aufbau einerSchuliden tität

Zur Rolle derSchulaufsicht beider Motivation

Gesundheits-rörderungmit innovativerSchubkraft,

I

SIJim Oldenbourg

Schulleitungim AuslandSchulleiteraus-wahlverfahren inOberösterreich

Edition SL _

~[W 3·88 Die ZeitschriftfürSchuIJeitung undSchulpraxis

"Der Vorstand des Rektoren-Vereins des Regie-rungsbezirks Düsseldorf hat Anfang Mai (1912) andie noch femstehenden Rektoren und Hauptlehrer angrößeren Schulen folgendes Werbeschreiben ver-~ ~sandt:,Sehr geehrter Herr Kollege! Unter Beifügung derSatzungen des Rektoren-Vereins des Regierungs-bezirks ~Düsseldorf laden wir Sie hiermit fr;undlichstund dringend ein, unserm Verein als Mitglied beizu-treten. Zwar zählt der Verein schon mehr als 450 Mit-glieder, aber wir möchten alle Rektoren und Haupt-lehrer vielklassiger Volksschulen in unseren Reihensehen zu gemeinsamer Arbeit an der Verwirklichungunserer Ziele. Unser Verein wie auch der PreußischeRektoren- Verein, dem wir angeschlossen sind, er-strebt nichts anderes als die Hebung der Volksschuleund des gesamten Lehrerstandes, die Erzielung dernotwendigen Einheitlichkeit in Unterricht und Schul-leben und dadurch die Förderung der erziehlichenund praktischen Bildung der der Volksschule anver-trauten Jugend. Die Erkenntnis, daß die zahlreichenbesonderen Fragen der von der Unterrichtsbehördegeschaffenen Schulleitung nicht in allgemeinenLehrervereinen erfolgreich behandelt werden kön-nen, hat den Zusammenschluß der Schulleiter zu ei-genen Vereinen herbeigeführt, nicht aber Absonde-rungsgelüste; die Mitglieder unseres Vereins fühlensich nach wie vor als vollgültige Glieder des gesam-ten Volksschullehrerstandes '" '"(Aus: Die Schulpflege vom 22. Juni 1912, S. 273)

InhaltAnsätze zur Verbesserung von SchuleStephan G. HuberSchool Improvement:Wie kann Schule verbessert werden?Internationale Schulentwicklungs~forschung II '1

Schulleitung im AuslandOrtwin WingertSchulleiterauswahlverfahren inOberösterreichHistorische Reminiszen.zen undAusblicke in die Zukunft 19

SchulentwicklungWalter KorinekMythos und Logos in der Schule- Zum Aufbau einer schulischenIdentität 22

Dieter ReichDie Rolle der Schulaufsicht beider Motivation in Schulentwicklungs-prozessen 22

_Im__p_re_S_S_U_ffi 4_2

HerausforderungenHeinz RauscherSchulische Gesundheitsf'örderung- von der innovativen Schubkraftdes neuen Gesundheitsbegriffs

Schulrechtliche HinweiseDieler Margies I Gerald RiegerVerkehrssicherungspflicht

sm-MagazinJohannes VheseLehrer und Schule besser als ihrRuf? Zwei aktuelle Umfragen:"Familie & Co" ließen Eltern-meinungen erfragen - lUlensbachbefragte repräsentativ

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