Schreiben und kritisches Denken im Übergang zur Hochschule

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Zürcher Fachhochschule Zürcher Fachhochschule Schreiben und kritisches Denken im Übergang zur Hochschule Prof. Dr. Otto Kruse Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW Kontakt: [email protected] Fachtagung Deutsch, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg, 24.09.2010

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Schreiben und kritisches Denken im Übergang zur Hochschule. Prof. Dr. Otto Kruse Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW. Kontakt: [email protected] Fachtagung Deutsch, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg, 24.09.2010. Gliederung. - PowerPoint PPT Presentation

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Schreiben und kritisches Denken im Übergang zur Hochschule

Prof. Dr. Otto Kruse

Zürcher Hochschule für Angewandte

Wissenschaften ZHAW

Kontakt: [email protected]

Fachtagung Deutsch, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg, 24.09.2010

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Gliederung

1. Was ist kritisches Denken?

2. Wie entwickelt sich kritisches Denken im Studium?

3. Wie hängen Schreiben und kritisches Denken zusammen?

4. Was können die Schulen tun?

5. Einige Schlüsselkonzepte für eine Schreibdidaktik, die an der Entwicklung kritischen Denkens orientiert ist

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Welche Bedeutung hat der Begriff „kritisches Denken“?

• Traditioneller Begriff, der die Besonderheit wissenschaftlichen Denkens kennzeichnet

• Überstrapaziert in den sechziger Jahren, Reduktion auf gesellschaftskritisches Denken

• Heute: Weitgehendes Fehlen von Diskursen im deutsch-sprachigen Raum, Schlüsselbegriff im angelsächsischen Raum

• Offene Diskussion, ob kritisches Denken relevante Zielperspektive für die Schule ist oder nicht

• Kritisches Denken ist für die Wissenschaft, was Kreativität für die Kunst ist

• Kompetenzfeld und Ideal zugleich• In jeder wissenschaftlichen Disziplin anders ausgeprägt

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Kritisches Denken im Europäischen Bildungsrahmen für Lebenslanges Lernen EQR (Europäischer Rat und Parlament 2008)

Bachelor-Stufe

Master-Stufe

Postgraduierten-Stufe

• … kritisches Verständnis von Theorien und Grundsätzen

• … kritisches Bewusstsein für Wissensfragen …• … hoch spezialisiertes Wissen … als Grundlage für

innovative Denkansätze …• … Lösung komplexer und nicht vorhersehbarer

Probleme …• … Problemlösefähigkeiten ... um neue Kenntnisse zu

gewinnen und neue Verfahren zu entwickeln ..• … Übernahme von Entscheidungsverantwortung in

nicht vorhersehbaren Arbeits- oder Lernkontexten …• … Innovationsfähigkeit, Selbständigkeit, wissen-

schaftliche und berufliche Integrität…• Entwicklung neuer Ideen oder Verfahren ..

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Kritisches Denken: Theoretische Ansätze

• Kritisches Denken als methodisch bewusstes Denken: Genaue Informationsgewinnung und -bewertung, Argumentation, Entscheidung und Bewertung von Wissen (Kurfiss 1988).

• Kritisches Denken als selbstreflexives Denken: Selbstgesteuertes, selbstdiszipliniertes, selbstüberwachtes und selbstkorrigierendes Denken (Paul/ Elder 2003, 2005).

• Skeptizismus als Denkhaltung: Selbstkritik und ständige Prüfung der eigenen Wissensvoraussetzungen und methodischen Prämissen

• Kritisches Denken als Habitus: Haltungen, Werte und Einstellungen, die sorgfältigem Umgang mit Wissen höchste Priorität verleihen, (Brookfield 1987, Facione 1990).

• Kritisches Denken als sozialer Prozess: Kollaboratives Lernen und Learning Community (Bruffee 1989)

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Was ist kritisches Denken, wenn wir es auf Lehrkontexte herunter brechen?

• Selbständigkeit im Denken und Urteilen• Sorgfältiges Denken und Urteilen• Selbstkritisches Denken, dass sich der Fehlerhaftigkeit des eigenen

Denkens bewusst ist • Selbstgesteuertes und selbst optimierendes Denken• Offenes Denken, das bereit ist sich mit Alternativen zu beschäftigen• Analytisches Denken, das sich systematisch mit Themen

auseinandersetzt• Soziales Denken, das die Positionen anderer einbezieht• Wissenschaftliches Denken, das nach rationalen Lösungen für

unklare Problemlagen sucht• Skeptisches Denken, das das Wissen einer Gemeinschaft begleitet

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Entwicklung kritischen Denkens an der Hochschule

Wissen um Qualitäts-merkmale des Denkens

Übernahme von Ver-antwortung für eige-nes Denken

Aufbau von Heuristiken für fachliches Denken

Verständnis von Metho-den der Erkenntnisgew.

Verständnis kollaborativer Wissenskonstruktion

Methodenkritik

Konventionelles D

enken

Relativierung eige-ner Standpunkte

Skepsis gegenüber fachlichem wissen

Verantwortung als Bewah-rung und Veränderung kollektiven Wissens

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Zwei Arten der Schreibdidaktik

• Learning to Write: Schreiben unterrichten

• Writing to Learn: Schreiben als Mittel des Lernens einsetzen

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Wie kann Writing to Learn kritisches Denken fördern?

• Verpflichtung zu selbständigem Denken: Schreiben verlangt immer ein Produkt und das Finden eines eigenständigen Wegs

• Langsame Verfertigung der Gedanken: Überarbeiten von Texten• Feedback: „Fenster“ in den Denkprozess• Kollaboratives Schreiben: Soziale Anregungen• Nutzbarmachen von externen Wissensspeichern: Verbindung

Schreiben und Lesen – Anschluss an vorhandene Konversationen• Argumentieren: Umgang mit einer Vielfalt von Meinungen• Entwicklung von Expertise: Vertieftes Wissen erwerben• Selbstsozialisation: Mitglied in einer fachliche Gemeinschaft werden• Wissenschaftliche Methoden anwenden: Wissen systematisch

produzieren oder prüfen

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Didaktische Textgenres und ihre Zwecke

• Seminararbeit: Trainiert die Bezugnahme auf fremde Texte, die sprachliche Synthese von Wissen in einem eigenen Text, die Strukturierung von Material, etc.

• Kritischer Essay (USA; UK): Trainiert genaues und wirkungsvolles Argumentieren

• Praktikumsbericht: Trainiert reflexive Fähigkeiten und zwingt zu systematischer Auswertung von eigenen Erfahrungen

• Facharbeit: Eigenes Erkenntnisprojekt, projektorientiertes Schreiben, erste Schritte zur Wissenskonstruktion

• Aufsatz: ??

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Einschränkung

Nicht jedes Schreiben macht selbständig und nicht jedes Schreiben ist mit kritischem Denken verbunden. Was muss gegeben sein?

• Motivation und Interesse am Thema• Mit fachlichen Inhalten verbunden• Genügend Zeit• Tools des Denkens und Erkennens

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Übergang Schule - Hochschule

• Schule: Learning to write• Hochschule: Writing to learn • Schule: Kein wissenschaftliches, wohl aber

wissenschaftspropädeutisches Schreiben• Hochschule: Keine Vermittlung von allgemeiner

Schreibkompetenz (wie in den USA)• Kein Übergangsfeld, keine gemeinsamen Genres• Hochschule: Fachliche Spezialisierung ohne integratives Wissen• Hochschule: Schreiben aus fachlicher Autorität, nicht persönlicher

(wie in der Schule)• Hochschule: Neue Textpraktiken zentriert um das Schreiben von

Seminar- und Hausarbeiten

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Angebote der Schreibdidaktik, um das kritische Denken zu fördern I

1. Argumentieren: Position beziehen und eigene Thesen argumentativ stützen

2. Reflektieren: Denkräume öffnen

3. Feedback: Das Denken auf Kurs bringen

4. Zusammenfassen: Das Denken anderer nachvollziehen

5. Diskursives Schreiben : Das Denken einer Gemeinschaft nachvollziehen

6. Textgenres: Logik der Genres als Erkenntnismittel nutzen

7. Themenfindung: Probleme definieren und zugänglich machen

8. Wissensgewinnung: Forschungsmethoden einsetzen und begründen

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Angebote der Schreibdidaktik, um das kritische Denken zu fördern II

• Portfolio-Arbeit als Lernumfeld, das neue Schreibroutinen auszubilden erlaubt

• Wechsel von Trainingsgruppe (20 Tln.) zu selbst gesteuerten Kleingruppen (5 Tln)

• Elektronisches Portfolio zur Selbstkontrolle und Kommunikation

• Abgabeportfolio als Leistung

• Offenes Arbeiten mit Texten

• Peer Feedback

• Neue Überarbeitungsroutinen

• Genretraining

• http://elearning.zhaw.ch/moodle/course/view.php?id=3146

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Aufgaben

• Literalitätsbiographie

• Szenische Darstellung

• Zusammenfassung

• Reflexion

• Wissenschaftlicher Kommentar

• Plädoyer (These plus Argumentation)

• Bericht/Nachricht

• Zeitungskommentar

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Gruppenportfolios auf Moodle

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Literaturverzeichnis

• Kurfiss, Joanne G. (1988). Critical Thinking. Theory, Research, Practice, and Possibilities. ASHE-ERIC Higher Education Report No. 2, 1988/ Washington, DC: Clearinghouse.

• Kruse, Otto (2010). Kritisches Denken im Zeichen Bolognas: Rhetorik und Realität. In: Ulrike Eberhardt (Hrsg.), Neue Impulse in der Hochschuldidaktik: Sprach- und Literaturwissenschaften. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

• Kruse, Otto (2007). Keine Angst vor dem leeren Blatt. Ohne Schreibblockaden durchs Studium. Frankfurt am Main: Beltz

• Kruse, Otto (2010). Lesen und Schreiben. Der richtige Umgang mit Texten im Studium. Konstanz: UTB/ UVK.

• Booth, Wayne C., Colomb, Gregory G. & Williams, Joseph M. (1995): The craft of research. Chicago: The University of Chicago Press.

• Bean, John (1996): Engaging ideas. The professor’s guide to integrating writing, critical thinking, and active learning in the classroom. San Francisco: Jossey-Bass.

• Toulmin, Steven (1996). Der Gebrauch von Argumenten. Weinheim Beltz Athenäum (2. Aufl.).

• Brun, Georg und Hirsch-Hadorn, Gertrude (2009). Textanalyse in den Wissenschaften. Vdf Hochschulverlag AB/ UTB

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