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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen Rambøll Management Sächsisches Staatsministerium für Soziales Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen Abschlussbericht Dezember 2008

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Rambøll Management

Sächsisches Staatsministerium für Soziales Integration von Zuwanderern im

Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und

Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Abschlussbericht

Dezember 2008

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Sächsisches Staatsministerium für Soziales

Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Abschlussbericht Dezember 2008 Autoren: Tobias Stern Melke Reinecke Lennart Raetzell Rambøll Management GmbH Saarbrücker Straße 20/21 D-10405 Berlin Tel: (030) 27 49 90-0 www.ramboll-management.de

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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 1.1 Ausgangslage und Zielsetzung der Studie 4 1.2 Methodisches Vorgehen 9 1.2.1 Qualitative Analysen 9 1.2.2 Quantitative Analysen 11 2. Zuwanderung in den Freistaat Sachsen — geschicht licher Hintergrund und aktuelle Entwicklungen 13 2.1 - Geschichte der Zuwanderung in die DDR vor 1990 13 2.2 Geschichte der Zuwanderung seit der Wiedervereinigung 15 2.2.1 Generelle Entwicklungen in den neuen Bundesländern 15 2.2.2 Entwicklung der Zuwanderung nach Sachsen 16 2.2.3 Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen - Status quo 16 2.3 Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse 22 3. Die wichtigsten Zuwanderergruppen im Freistaat S achsen 24 3.1 Überblick über das Migrationsgeschehen im Freistaat Sachsen 24 3.1.1 Zuwanderung und Fortzüge 24 3.1.2 Einbürgerungsverhalten 26 3.2 Die wichtigsten Zuwanderergruppen im Überblick 27 3.2.1 Spätaussiedler 28 3.2.2 Jüdische Kontingentflüchtlinge 31 3.2.3 Arbeitsmigranten 32 3.2.4 Unionsbürger 33 3.2.5 Aufhältige zum Zweck der Ausbildung 34 3.2.6 Flüchtlinge und Asylbewerber 35 3.2.7 Nachziehende Ehegatten und Familienangehörige 37 4. Betrachtung der sozioökonomischen Situation und Lebenslage der Personen mit Migrationshintergrund im Freistaa t Sachsen 39 4.1 Einordnung in den thematischen Kontext 39 4.1.1 Chancen und Risiken von Zuwanderung 40 4.1.2 Zuwanderung als Herausforderung für die Aufnahmegesellschaft 41 4.2 Bildung und Ausbildung 42 4.2.1 Situation der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund 42 4.2.2 Ausbildungsstand und Qualifikationsniveau der zugewanderten Erwachsenen 53 4.3 Arbeitsmarktintegration von Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen 54 4.3.1 Erwerbsbeteiligung 54 4.3.2 Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ausländer nach ausgewählten Merkmalen 56 4.3.3 Branchenschwerpunkte der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer in Sachsen 57

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4.3.4 Formen der beruflichen Integration der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer in Sachsen 58 4.3.5 Probleme der Arbeitsmarktintegration von Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen 59 4.3.6 Ethnische Ökonomien 64 4.4 Ökonomische Situation 65 4.5 Gesellschaftliche und kulturelle Integration 66 4.5.1 Kenntnisse der deutschen Sprache, Zwei- und Mehrsprachigkeit 68 4.5.2 Frauen mit Migrationshintergrund 69 4.5.3 Themenfeld Gesundheit 72 4.5.4 Alter und Migration 73 4.5.5 Wohnen und Stadtentwicklung 75 4.5.6 Kriminalität 76 4.6 Übergreifende Betrachtung 77 5. Bestandsaufnahme der Integrationsaktivitäten im Freistaat Sachsen 83 5.1 Integrationsförderung durch Aktivitäten des Bundes 84 5.1.1 Gesetzliche Regelangebote 84 5.1.2 Weitere Maßnahmen 89 5.2 Integrationsförderung durch Aktivitäten der Ressorts der Staatsregierung 92 5.2.1 Förderung in Kindertageseinrichtungen 92 5.2.2 Schulische Integration 94 5.2.3 Berufliche Integration 96 5.2.4 Soziale Integration 98 5.2.5 Beauftragte und Gremien 100 5.3 Weitere Aktivitäten und Akteure im Feld der Integrationsförderung 101 5.3.1 Aktivitäten von Kommunen 101 5.3.2 Aktivitäten der Bundesagentur für Arbeit, ARGEn oder optierender Kommunen 103 5.3.3 Nicht staatliche Akteure und Einrichtungen 104 5.4 Netzwerke und Kooperationsbeziehungen 105 5.5 Übergreifende Betrachtung 108 6. Bewertung der Integrationsaktivitäten im Freista at Sachsen 111 6.1 Generelle Einschätzung zu Bedarf und Angebot im Freistaat Sachsen 111 6.2 Stärken und Schwächen der aktuellen Integrationsaktivitäten 112 6.3 Bewertung der Erkenntnisse vor dem Hintergrund der integrationspolitischen Entwicklung in Deutschland und im Freistaat Sachsen 118 7. Darstellung der Handlungsempfehlungen 120 7.1 Integration als Querschnittsaufgabe 120 7.1.1 Zusammenarbeit zwischen den Ressorts (Horizontale Ebene) 120 7.1.2 Abstimmung der verschiedenen Ebenen (Bund, Land und Kommune) über Kernaufgaben der Integration (Vertikale Ebene) 123 7.2 Integration in Bildung und Ausbildung 126 7.2.1 Frühkindliche Bildung 126 7.2.2 Schulische Erstausbildung 129 7.2.3 Berufliche Bildung 132

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7.3 Arbeitsmarktintegration 135 7.3.1 Integration in Arbeit 135 7.4 Gesellschaftliche und kulturelle Integration 139 7.4.1 Sprachliche Integration 139 7.4.2 Gesundheitliche Integration 140 7.4.3 Integration von Frauen und Mädchen 141 7.4.4 Ältere Personen mit Migrationshintergrund 143 7.4.5 Einbindung in das Leben vor Ort 144 7.4.6 Unterstützung von lokalen Netzwerken 146 7.4.7 Bürgerschaftliches Engagement 147 7.5 Integration als Herausforderung für die Aufnahmegesellschaft 148 7.5.1 Interkulturelle Öffnung der Verwaltung 148 7.5.2 Stärkung der Zivilgesellschaft 150 7.6 Synopse der Handlungsempfehlungen 152 8. Literaturverzeichnis 160 8.1 Literatur 160 8.2 Statistiken 167 8.3 Sonstige Akteure und Programme 168 8.4 Betrachtete Gesetzes- und Verordnungstexte 169 9. Anhang 171 Vorbemerkung zum Sprachgebrauch in dieser Studie: In der Studie werden maskuline Substantive im Sinne eines geschlechtsneutralen Gebrauchs zur verallgemeinernden Bezeichnung von Frauen und Männern verwendet. Dies erfolgt im Hinblick auf leichtere Lesbarkeit und Verständlichkeit und soll nicht im Widerspruch zum Grundsatz der politischen und gesellschaftlichen Gleichstellung von Frauen und Männern stehen. Frauen und Männer sind von den Inhalten der Studie in gleicher Weise angesprochen und betroffen.

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Anzahl der Ausländer bzw. Personen mit ....................................................... Migrationshintergrund in Sachsen nach unterschiedlichen …………………… Erhebungsmethoden.................................................................................... 18 Abbildung 2: Ausländische Bevölkerung des Freistaates Sachsen am ................................ 31. Dezember 2007 nach Altersgruppen .................................................... 21 Abbildung 3: Deutsche Bevölkerung des Freistaates Sachsen am 31.................................. Dezember2007 nach Altersgruppen ........................................................... 22 Abbildung 4: Verteilung der Spätaussiedler nach §§ 4, 7 Abs. 2, 8 ...................................... Abs. 2 BVFG (1. Januar 2005 bis 30. September 2007) ............................ 28 Abbildung 5: Entwicklung der Spätaussiedlerzahlen im Freistaat ........................................ Sachsen....................................................................................................... 29 Abbildung 6: Zugewanderte Spätaussiedler nach Altersgruppen .................................... 31 Abbildung 7: Altersverteilung der jüdischen Kontingentflüchtlinge im ................................... FreistaatSachsen ........................................................................................ 32 Abbildung 8: Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der ............................... Erwerbstätigkeit........................................................................................... 33 Abbildung 9: Aufhältige zum Zweck der Ausbildung nach gesetzlicher ................................ Grundlage................................................................................................... 35 Abbildung 10: Ausländer mit einem aufenthaltsrechtlichen Status zum ................................. Zwecke des Asylverfahrens und für den Aufenthalt aus .................................. völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen ............................ im Freistaat Sachsen .................................................................................. 36 Abbildung 11: Ehegatten und Familienangehörige nach Art der............................................. Aufenthaltserlaubnis.................................................................................... 38 Abbildung 12: Herkunftsregionen der ausländischen -Schüler in Sachsen …………………... (Schuljahr 2007/08) .................................................................................. 46 Abbildung 13: Schulbesuch: Deutsche und ausländische Schüler im .................................... Vergleich(Schuljahr 2007/08) ..................................................................... 47 Abbildung 14: Schulabschlüsse 2007: Deutsche und ausländische ....................................... Schüler im Vergleich .................................................................................. 48 Abbildung 15: Ausländische Auszubildende im Freistaat Sachsen nach ............................... Berufsbereichen(2006) ............................................................................... 50 Abbildung 16: Ausländische Studierende nach Fächergruppen (WS ..................................... 2006/07) ..................................................................................................... 52 Abbildung 17: Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten .................................... Ausländer in Sachsen zum jeweiligen Stichtag 31.12................................. 55 Abbildung 18: Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigte ........................................ Ausländer nach Branchen in Sachsen zum jeweiligen .................................... Stichtag31.12 ............................................................................................. 57 Abbildung 19: Ausschließlich geringfügig beschäftigte Ausländer im ............................ Zeitverlauf im Freistaat Sachsen ................................................................ 58

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Abbildung 20: Gesehene Zugangshemmnisse für Personen mit ............................................. Migrationshintergrund im Gesundheitsbereich ............................................ 72 Abbildung 21: Gesehene Zugangshemmnisse für Personen mit ............................................. Migrationshintergrund in der Altenhilfe ........................................................ 74 Abbildung 22: Einschätzung der Lebenslage durch die Akteure in .......................................... Sachsen (Vergleich von Personen mit und ohne .............................................. Migrationshintergrund) ................................................................................ 79 Abbildung 23: Gesehene Zugangsbarrieren durch die Akteure im ........................................... Freistaat Sachsen ....................................................................................... 81 Abbildung 24: Zentrale Handlungsbedarfe aus Sicht der Akteure in ........................................ Sachsen....................................................................................................... 82 Abbildung 25: Bestehende Netzwerke im Kreis ................................................................. 106 Abbildung 26: Beteiligte Akteure an den Netzwerken ........................................................ 107 Abbildung 27: Von den Akteuren benannte Integrationsaktivitäten im ...................................... Freistaat Sachsen, die sich gezielt an Personen mit ......................................... Migrationshintergrundrichten ....................................................................... 108 Abbildung 28: Bewertung der Strukturen im Freistaat Sachsen durch ...................................... die Akteure .................................................................................................. 110

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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Migrationsstatus der Bevölkerung in Sachsen 2005 ......................................... 17 Tabelle 2: Anzahl der fünf größten Gruppen von Ausländern in ............................................. Sachsen nach Herkunftsland ............................................................................ 18 Tabelle 3: Deutsche und ausländische Bevölkerung des Freistaates ..................................... Sachsen am 31. Dezember 2007 nach Kreisfreien …………………………………. Städten.................................................................................................................... und Landkreisen .................................................................................................19 Tabelle 4: Zu- und Fortzüge von Ausländern über die Landesgrenze ……………………....... des Freistaates Sachsen 2007 nach Herkunfts- bzw . ........................................... Zielgebiet............................................................................................................ 24 Tabelle 5: Zu- und Fortzüge von Ausländern über die Landesgrenze .................................... des Freistaates Sachsen 2007 nach Altersgruppen und ........................................ Geschlecht.......................................................................................................... 25 Tabelle 6: Zu- und Fortzüge von Ausländern des Freistaates ................................................. Sachsen................................................................................................................... 2007 ins Ausland nach Altersgruppen ............................................................... 25 Tabelle 7: Einbürgerungen im Freistaat Sachsen 2007 nach .......................................... bisheriger Staatsangehörigkeit und Altersgruppen ............................................ 26 Tabelle 8: Unionsbürger im Freistaat Sachsen am 31. Dezember .......................................... 2007 nach ausgewählten Herkunftsländern ....................................................... 34 Tabelle 9: Kinder in Kindertageseinrichtungen im Freistaat Sachsen ……………………..…... nach Regierungsbezirken (2007) ........................................................................ 43 Tabelle 10: Schüler mit Migrationshintergrund an den ................................................................ allgemeinbildenden Schulen, den Schulen des zweiten .......................................... Bildungswegs und berufsbildenden Schulen in Sachsen .................................... 45 Tabelle 11: Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten ............................................. Ausländeram 31.12.2006 .................................................................................... 55 Tabelle 12: Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten ............................................. Ausländer nach Qualifikation in Sachsen zum jeweiligen ......................................... Stichtag31.12 ...................................................................................................... 56 Tabelle 13: Anzahl der Arbeitslosen nach Nationalitäten (fünf größte …………………………… Gruppen) jeweils im Februar ............................................................................... 60 Tabelle 14: Bestand an Arbeitslosen nach ausgewählten Merkmalen ....................................... in Sachsen .......................................................................................................... 60 Tabelle 15: Migrationserstberatungsstellen in Sachsen 2008 — ................................................ Zuordnung der Personalkapazität ....................................................................... 86 Tabelle 16: Jugendmigrationsdienste in Sachsen 2008 — ...................................................... Zuordnung der Personalkapazität........................................................................ 87

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1. Einleitung 1.1 Ausgangslage und Zielsetzung der Studie

Mit der hier vorgelegten Studie soll eine wissenschaftliche Grundlage zur Erarbeitung eines Sächsischen Förder- und Integrationskonzeptes für Per-sonen mit Migrationshintergrund1 gelegt werden. Im Freistaat Sachsen finden sich die Eckpunkte der Integrationspolitik bzw. des integrationspolitischen Verständnisses in der aktuellen Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD über die Bildung der Staatsregierung für die 4. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages wieder. Hier heißt es: „Deutschland ist ein Einwanderungsland. Die Koalitionspartner setzen sich gemeinsam das Ziel, in Sachsen lebende Spätaussiedler und Ausländer besser in die Gesellschaft zu integrieren. Das ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern liegt im wohlverstandenen Interesse des Landes. Darum werden die Koalitionspartner vor allem junge Menschen in Schule, Ausbildung und Beruf gezielt fördern. Besonders wichtig ist die Sprachför-derung. Nur wer Deutsch lesen, sprechen und schreiben kann, kann sich mit Erfolg integrieren. Migrationspolitik ist eine Querschnittsaufgabe, die von allen Ressorts wahrgenommen werden muss. Migrationspolitik wird ge-meinsam mit den Kommunen, Kirchen, religiösen Gemeinschaften, Ver-bänden und Initiativen gestaltet."2

Entsprechend dieses Verständnisses von Integration als Querschnittsauf-gabe, die alle Ressorts und verschiedene gesellschaftliche und politische Akteure betrifft, wurde im Sächsischen Landtag ein Antrag der CDU- und ___________________________ 1 Nach der Definition des Statistischen Bundesamtes fallen darunter die folgenden Personen: Personen, die nicht auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland geboren wurden und 1950 oder später zugewandert sind, und / oder Personen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder eingebürgert wurden, sowie Personen, bei denen ein El-ternteil der Person mindestens eine der vorgenannten Bedingungen erfüllt. In dieser Studie wird der Begriff „Personen mit Migrationshintergrund" dann verwendet, wenn sich die Aus-führungen auf die eben genannten Personengruppen beziehen. Der Begriff „Ausländer" wird dann verwendet, wenn es sich ausschließlich um Personen handelt, die keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. 2 „Vereinbarung zwischen der Christlich Demokratischen Union Deutschlands, Landesver-band Sachsen und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Landesverband Sachsen über die Bildung der Staatsregierung für die 4. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages". Laut Auftrag zur Erstellung dieser Studie sind all jene Personen in den Integrationsprozess einzubeziehen und für diese entsprechende Angebote zu machen, die in Deutschland eine langfristige Aufenthaltsperspektive haben, also insbesondere Spätaussiedler sowie dauer-aufenthaltsberechtigte Ausländer inkl. sog. Drittstaatsangehörige, die die Voraussetzungen der gesetzlichen Altfallregelung erfüllen (also eine Aufenthaltserlaubnis nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) gern. § 104a Abs. 1 und § 104b AufenthaltsG in Verbindung mit § 23 Abs. 1 AufenthG besitzen). Dabei ist Integration als ein beidseitiger Prozess zu ver-stehen, der sowohl Anstrengungen der Personen mit Migrationshintergrund selber als auch der Aufnahmegesellschaft erfordert. Dies gilt insbesondere dahingehend, dass die zur Ver-fügung stehenden Angebote zur Integration auch tatsächlich von den Anstrengungen der Personen mit Migrationshintergrund genutzt werden.

4 SPD-Fraktionen beschlossen, wonach „gemeinsam mit den zentralen Trä-

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gern der Migrations- und Integrationsarbeit in Sachsen weitere Maßnahmen zur Förderung der Integration von Migranten in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben zu entwickeln und diese zur Ergänzung und Konkretisierung des Bundesprogramms in einem Sächsischen Förder- und Integrationskonzept zusammenzufassen" sind.3

Der im Juli 2007 von der Bundesregierung vorgestellte Nationale Integrati-onsplan4 bildet die neue Grundlage für die Integrationspolitik in Deutschland: Alle staatlichen Ebenen und Verwaltungsebenen - Bund, Länder und Kommunen - sowie Vertreter der Bürgergesellschaft und Personen mit Migrationshintergrund haben sich in diesem Rahmen auf die Leitlinien und Anforderungen einer nachhaltigen Integrationspolitik verständigt. Konkret enthält der Nationale Integrationsplan klare Ziele sowie über 400 konkrete Maßnahmen und Selbstverpflichtungen der staatlichen und nicht staatlichen Akteure. Im Rahmen des Nationalen Integrationsplanes haben sich die Länder auf einen gemeinsamen Beitrag verständigt und Eckpunkte einer gemeinsamen Integrationspolitik festgelegt. Eines der Ziele ist es dabei, die bestehenden vielfältigen Einzelmaßnahmen zur Integrationsförderung besser aufeinander abzustimmen, in schlüssige Gesamtkonzepte einzubetten sowie Verant-wortlichkeiten klar festzulegen. Gemäß dem Prinzip „Einheit im Ziel - Vielfalt der Wege" gilt es hierbei, die unterschiedlichen politischen, sozialen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Bezug auf Zuwanderung und die damit verbundenen Anforderungen an Integration in den einzelnen Ländern zu berücksichtigen. Die Entwicklungen auf Bundesebene im Rahmen des Nationalen Integrati-onsplans bieten somit die Chance, ein zu entwickelndes Sächsisches För-der- und Integrationskonzept an bundespolitische Vorschläge anzulehnen, diese gezielt zu ergänzen und somit den spezifischen Gegebenheiten vor Ort Rechnung zu tragen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den aktuellen Diskus-sionen um Zuwanderung5 und Integration sowie in den in diesem Zusam-menhang erstellten Studien und Dokumenten häufig ein Fokus auf die Er-fahrungen und Gegebenheiten in den westdeutschen Ländern gelegt wird. ____________________ 3 Drs. 4/4142. Dieser Antrag aus dem Jahr 2006 bezog sich auf das bundesweite Integrationsprogramm (IP) gem. § 45 Satz 2 AufenthG. 4 Bundesregierung 2007. 5 In Abstimmung mit dem Auftraggeber wird Zuwanderung in dieser Studie als der rechtmäßige Zuzug von Menschen aus dem Ausland auf Dauer oder zumindest für längere Zeit (Ländergrenzen überschreitender Zuzug; vgl. § 1 AufenthG, §§ 4, 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bun-desvertriebenengesetz - BVFG)) verstanden.

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Die Perspektive der ostdeutschen Länder kommt darin meistens gar nicht oder nur am Rande vor. In Reaktion auf diese Sichtweise haben die Verantwortlichen in den neuen Bundesländern die „Rahmenbedingungen für die Integration von Zuwan-derern in den neuen Bundesländern" bestimmt.' Ausgangspunkt dieser Ü-berlegungen war ein Treffen zur Diskussion über die Förderung der Migra-tionserstberatung, das zwischen BAMF und Vertretern der neuen Bundes-länder stattgefunden hat. Ziel war es, das Bewusstsein für die unterschied-lichen Integrationsbedingungen im Interesse einer erfolgreichen Integration von Personen mit Migrationshintergrund in ganz Deutschland zu stärken. In diesem Zusammenhang wurden noch einmal explizit die Besonderheiten der Zuwanderungssituation in den neuen Bundesländern thematisiert, sowie der daraus abzuleitende Hilfe- und Unterstützungsbedarf für Personen mit Migrationshintergrund in Ostdeutschland dargestellt. Dabei wurden ver-schiedene Aspekte und Besonderheiten hervorgehoben. So blicken die neuen Bundesländer aufgrund ihrer Geschichte auf eine andere Zuwanderungsgeschichte zurück als die alten Bundesländer, die sich u. a. in einer anderen Zusammensetzung (nach Herkunftsländern) der Personen mit Migrationshintergrund als auch in der Anzahl und dem Anteil der Personen mit Migrationshintergrund manifestiert. Hinzu kommt eine sehr viel kürzere Erfahrung mit Zuwanderung, aus der sich wiederum andere Chancen und Herausforderungen ergeben. Vor dem Hintergrund des zu-nehmenden Fachkräftemangels und des demografischen Wandels, sowie der teilweise hohen Abwanderung von gut qualifizierten jüngeren Menschen aus Sachsen, bestehen Chancen insbesondere durch das teilweise hohe Qualifikationsniveau sowie die vergleichsweise junge Altersstruktur der Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen. Risiken von Zuwanderung zeigen sich zum einen in gesellschaftlicher und räumlicher Segregation der Personen mit Migrationshintergrund sowie in Ressentiments in Teilen der Aufnahmegesellschaft. Dabei gibt es im Freistaat Sachsen bereits eine Reihe von Programmen, Aktivitäten und Strukturen, um die Integration der Personen mit Migrations-hintergrund in Sachsen zu begleiten bzw. die entsprechenden Schritte dafür zu fördern. Zentrale Akteure, die gleichzeitig als Koordinations- und Anlaufstellen fun-gieren, sind neben der Ausländerbeauftragten des Freistaates Sachsen ______________________ 6 „Rahmenbedingungen für die Integration von Zuwanderern in den ostdeutschen Bundesländern". Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. 21. September 2007. Hierbei handelt es sich um ein gemeinsames Papier der Fachreferate der zustän-digen Ministerien der neuen Bundesländer.

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auch die aktuell 25 kommunalen Ausländerbeauftragten der Kreise und kreisfreien Städte.7 Verschiedene Kooperationen und Netzwerke versuchen zu einer Bündelung und besseren Vernetzung der unterschiedlichen, durch Bund, Land, Kom-munen und anderen Akteuren finanzierten Angebote beizutragen. Um gezielt Programme und Aktivitäten zu implementieren, ist es zunächst wichtig, die Bedarfe der Zielgruppe sowie deren Umfang zu kennen. Dabei bringt der Versuch einer umfassenderen Beschreibung der Gruppe Perso-nen mit Migrationshintergrund verschiedene Herausforderungen aufgrund der bestehenden Datenlage mit sich. Für den Freistaat Sachsen und die vorliegende Studie sind dabei insbesondere die folgenden Aspekte relevant:

• Ein Teil der Daten zur Beschreibung der Lebenslage, wie z. B. Ver-mögenssituation, Krankenstand oder beruflicher Status, werden entweder gar nicht oder nicht getrennt nach „Deutschen" und „Aus-ländern" erfasst.

• Daten, die eine Differenzierung möglich machen, nehmen das Krite-

rium „Staatsbürgerschaft" zum Ausgangspunkt, sodass Aussagen zu Deutschen und Ausländern möglich sind, die Gruppe „Deutsche mit Migrationshintergrund" (z. B. Spätaussiedler oder eingebürgerte Personen) aber nicht erfasst wird.

• Nicht immer erfolgt in den Statistiken eine Differenzierung nach dem

Merkmal „Geschlecht". • Das Ausländerzentralregister (AZR) und die Bevölkerungsfort-

schreibung verwenden unterschiedliche Methoden zur Datenerhe-bung, was zu deutlichen Differenzen in den ermittelten Ausländer-zahlen führt: Lebten laut AZR 86.587 Ausländer im Freistaat Sach-sen (Stand: 31.12.2007), waren es nach der Bevölkerungsfort-schreibung 117.449 (Stand: 31.12.2007).8

• Der Mikrozensus 2005 hat erstmalig auch den Migrationshintergrund

der Befragten erhoben und macht es somit möglich, Aussagen auch für die Gruppe „Deutsche mit Migrationshintergrund" zu treffen. Auf-grund der geringen Anzahl von Personen mit Migrationshintergrund

_______________________ 7 Seit Inkrafttreten des Sächsischen Gesetzes zur Neugliederung des Gebiets der Landkreise des Freistaates Sachsen (SächsKrGebNG) vom 29.01.2008 (SächsGVBI. S. 102) am 01.08.2008 bestehen im Freistaat Sachsen statt sieben nur noch drei Kreisfreie Städte (Chemnitz, Dresden und Leipzig), sowie statt 22 nur noch zehn Landkreise (Bautzen, Erzgebirgskreis, Göriitz, Leipzig, Meißen, Mittelsachsen, Nordsachsen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Vogtlandkreis und Zwickau). Zum Zeitpunkt der Entstehung der vorliegenden Studie bestanden im Freistaat Sachsen noch 29 Kreise und kreisfreie Städte. Entsprechend beziehen sich alle hier dargestellten (statistischen) Angaben und Aussagen auf die Zeit vor der Gebiets-reform. 8 Unter Kapitel 1.2.1. werden die Unterschiede in den Methoden noch einmal näher erläutert. 7

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in Sachsen, sowie den ostdeutschen Ländern insgesamt, wurden die hier erhobenen Daten für Sachsen allerdings als nicht repräsentativ zurückgezogen. Stattdessen wurde hier die Anzahl der Personen mit Migrationshintergrund aus dem Summenwert aller neuen Bundes-länder zugrunde gelegt.

• Die Gruppe der Spätaussiedler, von der ein Großteil die deutsche

Staatsbürgerschaft besitzt, wird durch die aktuellen Datenerhe-bungsmethoden nicht erfasst. Entsprechend schwierig ist es, Aus-sagen für diese Gruppe zu treffen, die auf quantitativen Analysen beruhen. So ist zwar bekannt, wie viele dieser Personen nach Sachsen gekommen sind, unklar ist jedoch, wie viele sich noch dort aufhalten, und wie genau sich deren sozioökonomische Situation gestaltet.

Entsprechend diesen Herausforderungen wurden für die vorliegende Studie verschiedene Datenquellen sowie eigene Erhebungen genutzt, um den Untersuchungsgegenstand beschreiben zu können. Die Zielsetzung der Studie ist es vor allem, eine wissenschaftliche Grund-lage zur Erarbeitung eines Sächsischen Förder- und Integrationskonzepts für Personen mit Migrationshintergrund zu legen. Auf Basis von qualitativen und quantitativen Analysen sollen Handlungsempfehlungen für eine Wei-terentwicklung der Integrationsmaßnahmen im Freistaat Sachsen entwickelt werden, die sich an den Empfehlungen des Nationalen Integrationsplans sowie am Integrationsprogramm orientieren. In diesem Zusammenhang sollten auch die Stärken und Schwächen der Integrationsarbeit in Sachsen identifiziert und die Integrationsförderung optimiert werden. Dabei galt es, verschiedenen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Dazu gehörte zunächst die Beachtung der dünnen Besiedelung in vielen Regionen Sachsens. Vor dem Hintergrund der eingeschränkten finanziellen Möglich-keiten lag der Fokus bei den Handlungsempfehlungen auf Überlegungen zur (besseren) Nutzung vorhandener Potenziale und Ressourcen, z. B. durch die Erzeugung von Synergieeffekten, oder die bessere Nutzung der Potenziale der Personen mit Migrationshintergrund selbst. Hier wurden auch die Möglichkeiten zur Umsetzbarkeit stetig im Blick behalten. Mit der vorliegenden Studie hat das Auftrag gebende Sächsische Staats-ministerium für Soziales (SMS) somit die Grundlage geschaffen, den Nati-onalen Integrationsplan und das Integrationsprogramm, zielgerichtet und auf die regionalen Anforderungen angepasst, auch im Freistaat Sachsen um-zusetzen. 8

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Die vorliegende Studie ist wie folgt aufgebaut:

• In Kapitel 2 werden der geschichtliche Hintergrund sowie die aktu-ellen Entwicklungen der Zuwanderung im Freistaat Sachsen be-schrieben.

• Kapitel 3 gibt einen Überblick über die wichtigsten Zuwanderer-

gruppen im Freistaat Sachsen. • In Kapitel 4 wird eine Betrachtung der sozioökonomischen Situation

sowie der Lebenslage der Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen erfolgen.

• Kapitel 5 gibt einen Einblick in die Integrationsaktivitäten im Freistaat

Sachsen. • In Kapitel 6 wird eine Bewertung der Integrationsaktivitäten im Frei-

staat Sachsen stattfinden. • Kapitel 7 enthält die Handlungsempfehlungen.

1.2 Methodisches Vorgehen Rambøll Management hat zur Erstellung dieser Studie eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Untersuchungsmethoden angewendet. Durch die qualitativen Untersuchungen sollte dabei zum einen ein tieferer Einblick in die Thematik und die für Sachsen relevanten spezifischen Chancen und Herausforderungen gewonnen werden, zum anderen wurden im Rahmen dieser Analysen bereits die relevanten Akteure im Bereich Integration im Freistaat Sachsen eingebunden. Ergänzend zu diesen qualitativen Analysen wurden quantitative Untersuchungen durchgeführt, die insbesondere dazu dienten, in der Breite einen Überblick über die Bedarfe auf Seiten der Per-sonen mit Migrationshintergrund sowie die Integrationsaktivitäten im Frei-staat Sachsen zu erhalten. Die Synthese der Ergebnisse der qualitativen und quantitativen Analysen bildet die Grundlage für die am Ende dieser Studie vorgestellten Handlungsempfehlungen.

1.2.1 Qualitative Analysen Im Rahmen der explorativen Phase wurden leitfadengestützte Experten-interviews mit den Vertretern der sächsischen Ausländerbeauftragten, zwei kommunalen Ausländerbeauftragten (Kreisfreie Stadt und Landkreis), den zuständigen Regionalkoordinatorinnen des BAMF, einer Expertin aus der Wissenschaft, dem Sächsischen Bildungsinstitut, der Otto Benecke Stiftung sowie einem Verein für Spätaussiedler geführt.

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Parallel dazu hat Rambøll Management eine umfangreiche Daten- und Dokumentenrecherche und -analyse durchgeführt. Die zentralen Quellen waren:

• das Ausländerzentralregister (AZR), • das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), • das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen (StaLa), • das Regierungspräsidium Chemnitz (Landesaufnahmestelle für

Spätaussiedler), • die Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie • das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Es ist notwendig, verschiedene Datenquellen zu nutzen, um den Untersu-chungsgegenstand adäquat zu erfassen, was zum Teil in der geringen An-zahl der Ausländer und der Personen mit Migrationshintergrund, zum an-deren in den statistischen Erhebungsgrundlagen begründet liegt. Im AZR werden alle Ausländer tagesaktuell erfasst. Der Personenbezug ermöglicht u. a. eine Unterscheidung nach verschiedenen Aufenthaltstiteln sowie nach Geburtsland. Die Bevölkerungsfortschreibung erfasst dagegen die gesam-ten Einwohner eines Gebiets, sowohl Ausländer als auch Deutsche.9 In dieser Studie werden die Daten des AZR entsprechend für Aussagen he-rangezogen, die sich ausschließlich auf die Gruppe der Ausländer unter-einander (ohne Vergleich zur deutschen Bevölkerung) beziehen. Für alle übrigen Aussagen und Beschreibungen nutzen wir insbesondere die Daten des StaLa, die wiederum überwiegend auf die Angaben der Bevölkerungs-fortschreibung zurückgreifen. Zur vertieften Analyse der politischen Rahmenbedingungen wurden darüber hinaus leitfadengestützte Interviews in den Ressorts der Staatsregierung durchgeführt. Gesprochen wurde in diesem Zusammenhang mit Vertretern der Sächsischen Staatskanzlei, des Staatsministeriums der Justiz (SMJus), des Staatsministeriums der Finanzen (SMF), des Staatsministeriums für Kultus (SMK), des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (SMWK), des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit (SMWA) sowie des Staatsministeriums des Innern (SMI). _________________________ 9 Haug 2005a, S. 4. Allerdings wird die Bevölkerungsfortschreibung nicht tages-aktuell geführt, u. a. weil Daten über Fort- und Zuzüge nur mit zeitlicher Verzögerung übermittelt werden. Darüber hinaus wurde hier in der Vergangenheit teilweise die Veränderung der Staatsbürgerschaft, z. B. von Spätaussiedlern, nicht erfasst. Aus diesen Gründen liegt die Anzahl der Ausländer in der Bevölkerungsfortschreibung weit über der des AZR. 10

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Zur Ermittlung des Bedarfs sowie des Angebots an Integrationsaktivitäten im Freistaat Sachsen hat Rambøll Management zudem zwei Fokusgruppen durchgeführt.10 Bei der Fokusgruppe zum Bedarf waren neben Vertretern aus Wohlfahrtsverbänden, Bildungsträgern und Beratungsstellen auch drei Vertreter von Migrantenselbstorganisationen (Spätaussiedler, Vietnamesen, Muslime) sowie die Leiterin eines Kindergartens anwesend. In der Fokus-gruppe zum Angebot waren kommunale Ausländerbeauftragte (Kreisfreie Stadt und Landkreis), eine Regionalkoordinatorin des BAMF, Vertreter der Wohlfahrtsverbände, Akteure aus Integrationsnetzwerken sowie Bera-tungsstellen für Personen mit Migrationshintergrund vertreten. Zur Entwicklung der Handlungsempfehlungen und zur Gewährleistung der Anschlussfähigkeit der Überlegungen im Freistaat Sachsen an bundesweite Trends und hier insbesondere an die Entwicklungen und Maßnahmen in den ostdeutschen Bundesländern hat Rambøll Management vier Interviews mit den Fachverantwortlichen für den Bereich Integration in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen geführt.

1.2.2 Quantitative Analysen Um eine Beschreibung und Bewertung der Situation im Freistaat Sachsen auch in der Breite vornehmen zu können, hat Rambøll Management eine Befragung der Akteure, die im Themenfeld Integration in Sachsen tätig sind, durchgeführt.11 Der von uns konzipierte Fragebogen hat die folgenden Be-reiche abdeckt: _________________________ 10 Bei einem Fokusgruppengespräch wird ein nach einem bestimmten Homoge-nitätskriterium zusammengesetzter Ausschnitt von Personen zu einem moderierten Treffen zusammengebracht, um über eine bestimmte „fokussierte" Fragestellung zu sprechen. Durch das Fokusgruppengespräch besteht die Möglichkeit, ein vielseiti-geres und tiefer gehendes Wissen über den Untersuchungsgegenstand zu erlangen. Durch den Dialog in der Gruppe kommen neue und interessante Perspektiven zu einem Thema zum Vorschein, da den Teilnehmern die Möglichkeit gegeben wird, Ihre Erfahrungen und Ansichten mit den anderen auszutauschen. 11 Dabei wurden vornehmlich geschlossene Fragen gestellt, die sich quantitativ auswerten ließen. Bei einer Vielzahl dieser geschlossenen Fragen gab es die Mög-lichkeit, unter der Kategorie „Sonstige" eigene Antwortoptionen hinzuzufügen. Diese Antworten wurden in der Auswertung berücksichtigt. Der Fragebogen enthielt Fil-terfragen, sodass jeder Antwortende nur die für ihn relevanten Fragen zu beant-worten hatte. Neben den geschlossenen Fragen wurde offen nach Anmerkungen und Anregungen im Bereich Integration von Zuwanderern in Sachsen gefragt. Der Fragebogen wurde im Vorfeld der Befragung einem Praxistest unterzogen. Im Rahmen dieses sog. Pretests wurde der Fragebogen mit 4 Einrichtungen bezüglich der Vollständigkeit der Antwortkategorien, der Verständlichkeit der Fragen und der benötigten Zeit zum Ausfüllen getestet und anschließend von Rambøll Management überarbeitet. Um der Vielfalt der in der Befragung angeschriebenen Akteure gerecht zu werden, wurde der Fragebogen mit einer Ausländerbeauftragten, einer Migrati-onserstberatungsstelle, einem Bildungsträger sowie einer Migrantenselbstorgani-sation getestet. Die Durchführung der Befragung erfolgte über das Internet mit dem von Rambøll Management entwickelten Befragungsinstrument SurveyXact©. Dabei erhält jeder Befragungsteilnehmer einen persönlichen Zugangscode, der garantiert, dass der Fragebogen nur einmal und ausschließlich von den gewünschten Perso-nen ausgefüllt wird. 11

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• Allgemeine Informationen zur Institution bzw. Einrichtung wie An-gebote für Personen mit Migrationshintergrund, Art der Einrichtung oder Anzahl der Mitarbeiter,

• Lebenslage und Bedarf der Personen mit Migrationshintergrund in

der Region, • Angebote für Personen mit Migrationshintergrund in der Region, • Regionale Netzwerke und Strukturen, • Beurteilung der bestehenden Integrationsaktivitäten und Strukturen

im Kreis und im Freistaat Sachsen. Insgesamt wurden 605 Akteure zur Befragungsteilnahme eingeladen."12 Die Befragung wurde über einen Zeitraum von zwei Wochen vom 18. Februar bis zum 3. März 2008 durchgeführt. Insgesamt beteiligten sich 227 der angeschriebenen Akteure an der Befra-gung. 217 der Fragebögen waren vollständig bzw. weitgehend vollständig ausgefüllt worden und uneingeschränkt auswertbar. Somit konnten 36 % der angeschriebenen Akteure in die Auswertung aufgenommen werden. Im Rahmen der Befragung konnten alle 29 Stadt- und Landkreise in Sach-sen abgedeckt werden. Dabei kamen die meisten Antwortenden aus Leipzig (22 %), Dresden (20 %) und Chemnitz (7 %). 78 % der Befragten führen selber Angebote für Personen mit Migrationshintergrund durch. Neben Bildungsträgern waren es vor allem Vereine (Kulturvereine, Sportvereine etc.) und Beratungsstellen (Migrationsberatungsstellen, Jugendmigrationsdienste, sonstige Beratungsstellen etc.), die sich an der Befragung beteiligt haben. _______________________ 12 Zur Identifikation der relevanten Akteure hat Rambøll Management dabei ein mehrstufiges Verfahren gewählt: Neben der eigenen (Internet-)Recherche von In-stitutionen und Einrichtungen wurden gezielt Multiplikatoren wie die kommunalen Ausländerbeauftragten oder die Landesverbände der Freien Wohlfahrtspflege an-geschrieben und gebeten, uns Adressen von ihnen bekannten Akteuren oder Netzwerken zukommen zu lassen. Auf diese Art war es uns möglich, auch solche Akteure in die Befragung einzubeziehen, die nur lokal tätig sind. 12

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2. Zuwanderung in den Freistaat Sachsen — geschicht li-cher Hintergrund und aktuelle Entwicklungen

Die neuen Bundesländer besitzen aufgrund ihrer historischen Vorausset-zungen spezifische Grundlagen hinsichtlich der Zuwanderung. Dabei ist es hier seit der Wiedervereinigung zu deutlichen Veränderungen und Umbrü-chen gekommen. Im Folgenden wird zunächst ein erster Überblick über Geschichte und Merkmale der Zuwanderung nach Ostdeutschland und nach Sachsen ge-geben, auch im Vergleich zu den Entwicklungen in Westdeutschland. Dar-über hinaus wird der Status quo der Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen beschrieben.

2.1 Geschichte der Zuwanderung in die DDR vor 1990 In der DDR gab es keine mit der BRD vergleichbare Anwerbung von Ar-beitskräften aus dem Ausland. Die Ausländer13, die als sog. „Vertragsar-beiter" in die ehemalige DDR einreisten, kamen dabei vornehmlich aus Ländern wie Vietnam, Mosambik, Kuba oder Angola. Die ersten Vertrags-arbeiter kamen bereits in den 60er Jahren, spielten jedoch in absoluten Zahlen keine bedeutsame Rolle. Ihre Zahl erhöhte sich erst im Laufe der 80er Jahre.14 Ähnlich wie in der BRD, die bereits seit den 50er Jahren eine große Zahl sog. Gastarbeiter ins Land holte,15 diente die Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften auch in der DDR der Linderung des Arbeits-kräftemangels und der Produktionsunterauslastung. Diese Maßnahme der DDR-Regierung bedeutete eine erste quantitativ bedeutsame Zuwanderung und wirkt teilweise noch bis heute nach: Unter den Ausländern in den neuen Bundesländern bilden Vietnamesen immer noch die zahlenmäßig größte Gruppe. Die Vertragsarbeiter waren formell ihren deutschen Kollegen gleichgestellt, wurden dabei jedoch häufig von der Betriebsleitung gesondert behandelt. Dies äußerte sich darin, dass sie in von der einheimischen Bevölkerung ab- getrennten Wohnheimen untergebracht wurden oder auch eigene Schichten zugeteilt bekamen, sodass ein regelmäßiger Kontakt mit den Bürgern der ___________________________ 13 Im Folgenden wird der Begriff „Ausländer" bewusst dann gewählt, wenn es sich um Personen mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft handelt. 14 Weiss 2007b, S. 36f. 15 Da in der Nachkriegszeit der wirtschaftliche Boom nicht durch inländische Ar-beitskräfte gedeckt werden konnte, wurde in der BRD seit Mitte der 50er Jahre damit begonnen, Arbeitskräfte aus anderen Staaten anzuwerben. Hierzu wurden sog. Anwerbeverträge zunächst mit Italien und dann mit Spanien, Griechenland, der Türkei, Portugal und dem ehem. Jugoslawien abgeschlossen. Bis zum Anwerbe-stopp im Jahr 1973 sind mehrere Millionen Arbeitskräfte (Männer und Frauen) auf diese Weise in die BRD eingewandert. 13

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DDR nicht zustande kam. Zudem war die Zuwanderung nicht mit einer längerfristigen Bleibeperspektive für die Ausländer verbunden.16 Darüber hinaus war Zuwanderung häufig durch politische Erwägungen ge-steuert, zum einen durch die Aufnahme von politischen Flüchtlingen und zum anderen durch die Aufnahme von Studenten und Lehrlingen. Dabei hatte die DDR keinen Rechtsanspruch auf Asyl, vielmehr erfolgte auch die Anerkennung als politischer Flüchtling aus politischen Entscheidungen bzw. der Unterstützung von bestimmten Strömungen und war so auf einige Länder wie Chile, Nicaragua oder Griechenland zu Zeiten der Militärdiktatur beschränkt. Blieb die Anzahl der politischen Flüchtlinge insgesamt gering, so war dies doch die einzige Zuwanderergruppe, die mit einer dauerhaften Bleibeperspektive in die DDR kam.17 Die Auswahl bestimmter Länder galt auch für die Zuwanderung in die DDR zu Lehr- und Ausbildungszwecken. Hier kamen die Studenten und Auszu-bildenden überwiegend aus befreundeten Staaten, in die sie nach Abschluss des Studiums bzw. der Ausbildung auch wieder zurückkehrten. Somit war auch diese Form der Zuwanderung nur temporär und ähnlich wie bei den Vertragsarbeitern waren Kontakte mit der einheimischen Bevölkerung nicht angedacht, und die Schüler und Studenten wurden separat untergebracht.18 Zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung lebten mehr als 190.000 Ausländer in der DDR.19 __________________________ 16 Weiss 2007b, S. 35f. 17 Weiss 2007b, S. 34. 18 Weiss 2007a, S. 2. 19 Weiss 2007b, S. 33; davon waren 90.000 Vertragsarbeiter, 60.000 davon aus

Vietnam (Weiss 2007c, S. 73). 14

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2.2 Geschichte der Zuwanderung seit der Wiederverei nigung 2.2.1 Generelle Entwicklungen in den neuen Bundesländern

Die gesellschaftspolitischen Umbrüche im Zuge der Vereinigung brachten auch hinsichtlich der Zuwanderung wesentliche Veränderungen mit sich, die in allen neuen Bundesländern spürbar waren. So wurde das Ausländerrecht auf die neuen Bundesländer übertragen. In der Folge kamen nun neue Zuwanderergruppen in die neuen Länder, zudem wurde eine neue Quantität der Zuwanderung erreicht. Relevant waren hier vor allem Spätaussiedler, jüdische Kontingentflüchtlinge, Bürgerkriegsflüchtlinge sowie Asylbewerber. Diese Gruppen kamen per Zuweisung in die neuen Bundesländer, die bis heute auf Basis des Königsteiner Schlüssels erfolgt.20 Gleichzeitig bindet das Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (Wohnortzuweisungsgesetz - WoluG) alle neu zugewanderten Spätaussiedler für einen festgelegten Zeitraum von maximal drei Jahren an einen ihnen zugewiesenen Wohnort. Ausnahmen von dieser Regelung werden nur dann gewährt, wenn die Betroffenen am Wohnort ihrer Wahl einen Arbeitsplatz und eine eigene Wohnung nachweisen können (§ 3 Abs. 4 WoluG).21 Dabei wird angenommen, dass insbesondere junge, mo-bile und gut ausgebildete Spätaussiedler nach dieser Zeit nach West- und Süddeutschland weiterwandern, weil sie dort bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt sehen. Dies bedeutet für die neuen Bundesländer, dass hier häufig jene Spätaussiedler bleiben, die tendenziell langfristig abhängig von staatlichen Transferleistungen bleiben, da, bedingt durch die schwierige Situation auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt, eine Chance auf den Eintritt in die Erwerbstätigkeit gering ist.22 Die Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingun-gen hatte auch starke Auswirkungen auf die Personen mit Migrationshin-tergrund, die zum Zeitpunkt der Wende in der ehemaligen DDR lebten, also insbesondere Vertragsarbeiter. Vor allem aufgrund der Schließung von zahlreichen Betrieben sind diese mehrheitlich in die Herkunftsländer zu-rückgekehrt. Ihre Zahl nahm innerhalb eines Jahres rapide ab: Von _______________________ 20 Der Königsteiner Schlüssel wird für das vorangegangene Kalenderjahr ent-sprechend den Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der Länder errechnet (§ 8 Abs. 3 BVFG). 21 Spätaussiedler, die während dieser Zuweisungsfrist ihren Wohnort verlassen, ohne die genannten Voraussetzungen zu erfüllen, erhalten nach § 3 WoluG nur die nach den Umständen gebotene Hilfe nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (d. h. keine Sozialhilfe bzw. ALG II; § 3a Abs. 2 Satz 1 WoluG). Durch eine Härtefallre-gelung (§ 3b Abs. 2 WoluG), die greift, wenn z. B. Ehegatten oder Lebenspartner untereinander oder Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder aufgrund der Verteilungs- oder Zuweisungsentscheidung an verschiedenen Wohnorten leben müssten, ist auf Antrag eine Abänderung der Zuweisung möglich (§ 3b Abs. 3 Wo-luG). 22 Weiss 2007a, S. 4. 15

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90.600 (31.12.1989) auf 28.000 (31.12.1990).23 Von diesen 28.000 waren 21.000 Vietnamesen. Nach dem 1990 in Kraft getretenen Ausländergesetz erhielten die Ver-tragsarbeiter einen befristeten Aufenthaltstitel (Aufenthaltsbewilligung), dessen Gültigkeit sich an der ursprünglichen Vertragsdauer orientierte. Auch wurde die selbstständige Erwerbstätigkeit genehmigt. Eine Verlängerung des Aufenthaltstitels war ursprünglich nicht vorgesehen. Gleichwohl bildete sich eine Lobby, die sich für den Verbleib der Vertragsarbeiter einsetzte. Insbesondere mit Unterstützung der Ausländerbeauftragten der Länder beschloss die Innenministerkonferenz im Juni 1993 in Oybin (Sachsen) eine Bleiberechtsregelung, nach der solche Personen eine auf zwei Jahre be-fristete Aufenthaltsbefugnis erhalten konnten, die nach einer bestimmten Frist selbstständig ihren Lebensunterhalt sichern konnten und nicht wegen einer erheblichen Straftat verurteilt worden waren.24

2.2.2 Entwicklung der Zuwanderung nach Sachsen Die Entwicklungen, die eben für die neuen Bundesländer beschrieben wurden, gelten auch für den Freistaat Sachsen. Waren aus den oben ge-nannten Gründen die ersten Jahre nach der Wende durch Abwanderung gekennzeichnet, stiegen ab 1993 die Zuzüge von Personen mit Migrations-hintergrund deutlich an. Wie auch in den übrigen neuen Bundesländern kamen diese überwiegend durch Zuweisung nach Sachsen und setzten sich vor allem aus Spätaussiedlern, jüdischen Kontingentflüchtlingen, Bürger-kriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie Asylbewerbern zusammen. Insbesondere wegen wieder ansteigenden Fortzügen in die al-ten Bundesländer, sowie dem Rückgang der Zuwandererzahlen, kehrte sich Ende der 90er Jahre das Wanderungssaldo insgesamt wieder um, ein Trend, der sich bis heute fortsetzt.

2.2.3 Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen - Status quo Die Zahl der Ausländer, die aktuell im Freistaat Sachsen leben, wird vom Statistischen Landesamt (StaLa), das die Bevölkerungsfortschreibung als Grundlage nimmt, sowie im AZR unterschiedlich angegeben.25 Leben laut StaLa etwa 117.500 Ausländer in Sachsen, waren es nach Angaben des AZR rund 86.500, die sich Ende 2007 in Sachsen aufhielten. Einhergehend mit den unterschiedlichen Angaben der Anzahl an Ausländern schwankt ______________________ 23 Weiss 2007c, S. 73. 24 Informationen durch Mitarbeiter der Sächsischen Ausländerbeauftragten. 25 Gründe hierfür sind die unterschiedlichen Erhebungsmethoden, vgl. Kapitel 1.2.1. Im Folgenden werden beide Datenquellen zur Beschreibung der Zuwanderer im Freistaat Sachsen herangezogen und entsprechend gekennzeichnet. 16

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auch der Ausländeranteil zwischen 2,8 % (StaLa) und 2,0-% (AZR).26 Diese Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Personen ohne deutsche Staats-bürgerschaft. Dagegen wurde im Rahmen des Mikrozensus 2005 auch das Merkmal „Mi-grationshintergrund" erhoben 27 Hier waren für Sachsen ursprünglich rund 219.000 Personen mit Migrationshintergrund ermittelt worden. Dies würde bei rund 4,3 Mio. Einwohnern einen relativen Anteil von rund 5,1 % und damit 0,4 Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt der neuen Bundesländer ohne Berlin (4,7 %) ergeben.28 Allerdings wurden diese Aussagen als nicht repräsentativ zurückgezogen. Um dennoch Angaben über die in Sachsen lebenden Personen mit Migrationshintergrund machen zu können, wird in Tabelle 1- mangels amtlicher Daten - für Sachsen die Anzahl der Personen mit Migrationshintergrund aus dem Summenwert aller neuen Bundesländer zugrunde gelegt.29 Tabelle 1: Migrationsstatus der Bevölkerung in Sachsen 2005

Freistaat Sachsen Bevölkerung insgesamt 4,3 Mio Personen mit Migrationshin- tergrund

absolut: 202.000 relativ: 4,7 %

davon mit eigener Migrations- erfahrung

absolut: 159.000 relativ: 3,7 %

Als gesicherte Aussage des Mikrozensus kann nach einer Mitteilung des Statistischen Landesamts an das SMS zudem gelten, dass in Sachsen derzeit rund 93.000 Deutsche mit Migrationshintergrund leben, darunter rund 65.500 (70 %) mit eigener Migrationserfahrung. Die folgende Abbildung zeigt noch einmal die deutlichen Unterschiede, die es in den Angaben zu Ausländern bzw. Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen gibt. ________________________ 26 Nach Berechnungen des StaLa hat der Freistaat Sachsen von den neuen Bundesländern (ohne Berlin) die höchste Ausländerquote. Diese liegt in den übrigen neuen Bundesländern zwischen 1,9 % in Sachsen-Anhalt und 2,6 % in Branden-burg. 27 Hier wurde ermittelt, dass von den 15,3 Mio. Personen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland leben, weniger als die Hälfte (7,3 Mio.) Ausländer sind, 8 Mio. besitzen dagegen bereits die deutsche Staatsbürgerschaft. 28 Alle Daten und Beschreibungen nach Informationen des SMS, Referat 47 29 Mit dem SMS, Referat 47, wurde sich darauf verständigt, diese Zahlen trotzdem anzugeben. Gleichwohl sei an dieser Stelle sei noch einmal betont, dass die Zahlen nur als Nährungswerte gelten können. 17

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Abbildung 1: Anzahl der Ausländer bzw. Personen mit Migrationshin-tergrund in Sachsen nach unterschiedlichen Erhebung smethoden

Eigene Darstellung Die insgesamt 86.587 Ausländer, die laut AZR (Stand: 31.12.2007) im Frei-staat Sachsen leben, kommen aus über 160 Ländern. Folgende Tabelle zeigt die Herkunftsländer sowie die geschlechtliche Verteilung der fünf größten Gruppen von Ausländern im Freistaat Sachsen.30

Tabelle 2: Anzahl der fünf größten Gruppen von Ausl ändern in Sach-sen nach Herkunftsland

Herkunftsland Gesamt: Männlich Weiblich Vietnam 9.302 4.686 4.616 Russ. Föderation31 7.355 3.108 4.247 Polen 6.196 3.222 2.974 Ukraine 6.162 2.532 3.630 Türkei 3.958 2.840 1.118

Quelle: AZR, Stand 31.12.2007 Bei der geschlechtlichen Verteilung sind große Unterschiede zwischen den einzelnen Ausländergruppen zu erkennen. So sind bei den Personen aus der Russischen Föderation sowie der Ukraine die Mehrzahl Frauen. Bei den Türken ist es umgekehrt; hier ist das Geschlechterverhältnis deutlich männ-lich geprägt. _________________________

30 Eine detaillierte Darstellung der relevanten Zuwanderergruppen wird in Kapitel 3.2 stattfinden. 31 Dabei ist anzunehmen, dass es sich bei den Ausländern aus der ehemaligen UdSSR überwiegend um auch in der Spätaussiedlerstatistik mitgezählte ausländi-sche Familienangehörige von Spätaussiedlerfamilien handelt, die gem. § 8 Abs. 2 BVFG in das Verteilungsverfahren einbezogen wurden (insbesondere die Schwie-gertöchter und -söhne). 18

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Mit Blick auf die Verteilung der Ausländer im Freistaat Sachsen sind hier deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Stadt- und Landkreisen zu erkennen, wobei sich die Ausländer auf die Städte Leipzig, Dresden und Chemnitz konzentrieren: Etwa 60 % der in Sachsen lebenden Ausländer sind hier zuhause. In diesen Ballungsräumen lassen sich auch größere Gemeinschaften von Personen mit Migrationshintergrund finden. In ländli-chen Regionen sind die absoluten Zahlen an Ausländern hingegen gering. Tabelle 3: Deutsche und ausländische Bevölkerung de s Freistaates Sachsen am 31. Dezember 2007 nach Kreisfreien Städt en und Land-kreisen Kreisfreie Stadt/

Landkreis Insgesamt Deutsche Ausländer Ausländeranteil

(in %) Leipzig,Stadt 510 512 477 724 32 788 6,4 Dresden, Stadt 507 513 483 175 24 338 4,8 Chemnitz, Stadt 244 951 233 376 11 575 4,7 Görlitz, Stadt 56 724 54 783 1 941 3,4 Riesa-Großenhain 111 075 107 729 3 346 3,0 Delitzsch 120 775 117 487 3 288 2,7 Zwickau, Stadt 95 841 93 776 2 065 2,2 Meißen 148 268 145 264 3 004 2,0 Plauen, Stadt 67 613 66 302 1 311 1,9 Freiberg 141 622 -138 939 2 683 1,9 Kamenz 146 979 144 307 2 672 1,8 Hoyerswerda, Stadt 40 294 39 627 667 1,7 Sächsische Schweiz 137 010 134 773 2 237 1,6 Löbau-Zittau 138 772 136 519 2 253 1,6 Weißeritzkreis 120 645 118 689 1 956 1,6 Leipziger Land 145 366 143 017 2 349 1,6 Niederschlesischer Oberlau-sitzkreis 93 239 91 822 1 417 1,5

Chemnitzer Land 131 431 129 565 1 866 1,4 Döbeln 70 533 69 542 991 1,4 Mittweida 127 960 126 184 1 776 1,4 Zwickauer Land 125 675 123 963 1 712 1,4 Vo tlandkreis 186 059 183 544 2 515 1,4 Bautzen 146 197 144 229 1 968 1,3 Muldentalkreis 129 166 127 574 1 592 1,2 Mittlerer Erzebirskreis 86 667 85 612 1 055 1,2 Annaberg 81 438 80 564 874 1,1 Aue-Schwarzenberg 127 229 125 869 1 360 1,1 Stollberg 87 237 86 343 894 1,0 Torgau-Oschatz 93 409 92 453 956 1,0

Quelle: Bevölkerungsfortschreibung, Gebietsstand: 01.01.2008. Nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch im prozentualen Anteil zeigt sich eine relativ hohe Konzentration in den Städten und teilweise kaum eine Relevanz der Zuwanderung in einigen ländlichen Regionen. Während in der 19

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Innenstadt Leipzigs ein Ausländeranteil von ca. 12 % besteht32, bewegt sich dieser in einigen Landkreisen auf dem Niveau von ca. 1 %.33 Die Konzentration der Personen mit Migrationshintergrund in den Städten ist neben der Migrationsgeschichte vieler Personen mit Migrationshintergrund, die vielfach in der produzierenden Industrie eingesetzt wurden (v. a. ehe-malige Vertragsarbeiter und deren Familienangehörige), auch auf die aktu-elle Wirtschaftsstruktur und das Angebot an Arbeit im Freistaat zurückzu-führen.34 Allerdings gibt es auch in den ländlichen Regionen Ansiedlungs-schwerpunkte von Personen mit Migrationshintergrund, was insbesondere durch die Zuweisungspraxis, z. B. in bestimmte Wohngebiete, bedingt ist.35 Letzteres gilt insbesondere für die Spätaussiedler, die über Zuweisung nach Sachsen kommen.36 Dabei machen Spätaussiedler einen großen Anteil der in Sachsen lebenden Personen mit Migrationshintergrund aus. Gleichzeitig ist es nicht möglich, diese Gruppe zahlenmäßig zu erfassen, da ein großer Teil nach der Einreise die deutsche Staatsbürgerschaft erhält und damit aus der Ausländerstatistik herausfällt. Insgesamt sind seit der Wiedervereini-gung über 115.000 Spätaussiedler nach Sachsen zugewiesen worden, rund 17 % davon nach Leipzig, Dresden und Chemnitz37, es wird davon ausge-gangen, dass sich weniger als die Hälfte dieser Personen im Freistaat auf-hält.38 Die relativ kurze Geschichte der Zuwanderung in die neuen Bundesländer und somit auch in den Freistaat Sachsen spiegelt sich auch in der Alters-verteilung der Ausländer wider. Die geringsten Anteile weisen hier auslän-dische Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (12 %) sowie Ausländer über 55 Jahre auf (14 %). Fast die Hälfte der Ausländer befindet sich in der Al- ____________________________ 32 Weiss 2007a, S. 4. 33 Dabei hat sich in einzelnen Gebieten eine große Dynamik entwickelt. Bei-spielsweise nahm die Zahl der Ausländer in Hoyerswerda gegenüber 1990 um 42 % ab, während sie sich in anderen Kreisen beinahe verdreifacht hat. Siehe dazu auch Statistisches Landesamt Sachsen 2005/2006: Ausländische Mitbürger in Sachsen; http://www.statistlk.sachsen .de/1 1/Au slaender05. pdf. 34 Gleichwohl gibt es auch in den Städten keine ähnlich deutlich ausgeprägten ethnischen Ballungszentren, wie dies in einigen Städten bzw. Stadtteilen in West-deutschland der Fall ist. 35 Dabei kann es durch diese Zuweisungspraxis vorkommen, dass in ländlichen Regionen nur Flüchtlinge und Asylbewerber zentral untergebracht werden und so das Bild von Zuwanderung in die Sozialsysteme prägen (Berger 2007, S. 168). 36 Da beispielsweise Spätaussiedler bei der Zuweisung ihren gewünschten Auf-enthaltsort nennen können und sich bereits einige Familien in den alten Bundes-ländern angesiedelt hatten, war es wahrscheinlich, dass viele der nach Sachsen zugewiesenen Spätaussiedler über keine sozialen Netzwerke verfügten. 37 Darüber hinaus haben diese drei Städte seit 1991 ca. 10.000 jüdische Zuwan-derer aufgenommen. 38 Zu einer näheren Beschreibung dieser Gruppe vgl. Kapitel 3.2. 20

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tersgruppe der 25- bis unter 45-Jährigen.39 Es ist somit überwiegend die erste Generation von Ausländern im mittleren Alter, die in Sachsen lebt, die zweite Generation wächst gerade erst heran. Abbildung 2: Ausländische Bevölkerung des Freistaat es Sachsen am 31. Dezember 2007 nach Altersgruppen

Quelle: Bevölkerungsfortschreibung; N= 117.449 Mit 37,2 Jahren lag das Durchschnittsalter der Ausländer 8,4 Jahre unter dem der sächsischen deutschen Bevölkerung, das 45,6 Jahre beträgt.40 Dieser Unterschied hat sich in den letzten Jahren allerdings zunehmend abgeschwächt, d. h. dass auch die im Freistaat Sachsen lebenden Aus-länder älter werden und dies nur teilweise durch neue Zuwanderung oder Geburten ausgeglichen wird. Gleichwohl zeigen sich weiterhin deutlich Un-terschiede im Vergleich der Altersstruktur der ausländischen und der deut-schen Bevölkerung: So ist die Gruppe der über 55-Jährigen bei der deut-schen Bevölkerung mit 38 % etwa doppelt so groß, wie bei der ausländi-schen Bevölkerung, während die Gruppe der 25- bis unter 45-Jährigen (25 %) bei den Deutschen nur etwa halb so groß ist, wie bei den Ausländern. _____________________ 39 Hier zeigen sich deutliche Unterschiede zu Westdeutschland, wo Personen mit Migrationshintergrund inzwischen bereits in der vierten Generation leben, und wie der Mikrozensus gezeigt hat, häufig bereits die deutsche Staatsbürgerschaft be-sitzen. 40 Bevölkerungsfortschreibung, Stichtag 30.11.2007. 21

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Abbildung 3: Deutsche Bevölkerung des Freistaates S achsen am 31. Dezember 2007 nach Altersgruppen

Quelle: Bevölkerungsfortschreibung; N= 4.102.751

2.3 Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse Die Wiedervereinigung hat zu deutlichen Veränderungen der Zuwanderung in Sachsen geführt. War diese zu Zeiten der DDR nur von geringem Umfang und überwiegend temporär geprägt, stieg diese in den Jahren nach der Wende deutlich an (seitdem fällt sie wieder kontinuierlich ab), die Zuwan-derergruppen veränderten sich und die Menschen entwickelten eine feste Bleibeperspektive in Deutschland. Insgesamt hat sich die Anzahl der Aus-länder im Freistaat Sachsen seit 1990 mehr als verdoppelt.41 Dies verdeut-licht einen Bedarf an Integrationsanstrengungen - sowohl auf Seiten der Personen mit Migrationshintergrund als auch auf Seiten der Aufnahmege-sellschaft. Neben diesen Veränderungen seit der Wiedervereinigung sind bis heute deutliche Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland zu erkennen. Mit Blick auf die bisherigen Ausführungen für die Zuwanderung in den Frei-staat Sachsen lassen sich verschiedene Punkte festhalten:

• Die Geschichte einer umfangreicheren Zuwanderung ist relativ jung, viele Personen mit Migrationshintergrund leben dort erst in der ersten Generation.

__________________ 41 Statistisches Landesamt Sachsen 2005/2006: Ausländische Mitbürger in Sach-sen; http://www.statistik.sachsen.de/11/Auslaender05.pdf. 22

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• Die Altersstruktur der ausländischen Bevölkerung ist deutlich jünger als die der deutschen Bevölkerung.

• Die Anzahl und der Anteil der Ausländer sind in vielen Fällen sehr ge-

ring. • Die Personen mit Migrationshintergrund konzentrieren sich in den

Städten, gleichzeitig gibt es auch im ländlichen Raum Ballungs-zentren.

• Im Vergleich zu den alten Bundesländern gibt es deutliche Unter-

schiede in den Herkunftsländern der Personen mit Migrationshin-tergrund sowie in der Altersstruktur.

• Zuwanderung in die neuen Länder geschieht überwiegend per Zu-

weisung, Arbeitsmigration oder Familienzusammenführung spielen hier nur eine untergeordnete Rolle.

• Viele Personen mit Migrationshintergrund ziehen in die alten Bun-

desländer, wenn die rechtliche Lage ihnen dies möglich macht. 23

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3. Die wichtigsten Zuwanderergruppen im Freistaat Sachsen

3.1 Überblick über das Migrationsgeschehen im Freis taat Sachsen 3.1.1 Zuwanderung und Fortzüge

Insgesamt ist ein positives Wanderungssaldo von Ausländern im Freistaat Sachsen zu verzeichnen, d. h., es kommen mehr Ausländer nach Sachsen, als von dort fortziehen. Im Jahr 2007 standen 16.904 Zuwanderungen 16.430 Abwanderungen von Ausländern gegenüber. Das Wanderungssaldo lag somit bei plus 474 Personen. Gleichzeitig liegt dieses Wanderungssaldo deutlich unter den Werten der vorangegangenen Jahre: So gab es im Jahr 2006 noch ein Plus von 1.350 Personen und im Jahr 2005 sogar ein Plus von 1.884 Personen.42 Somit ist hier eine fallende Tendenz zu erkennen. Die Zu- und Fortzüge geschehen dabei überwiegend über die Bundesgrenze hinweg. Bei einer Wanderung innerhalb Deutschlands ist hier insbesondere eine Abwanderung in die alten Bundesländer zu erkennen. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen lässt sich im Berichtsjahr 2007 erkennen, dass ein negatives Wanderungssaldo für die alten und neuen Bundesländer besteht. Demgegenüber steht ein positiver Wanderungssaldo hinsichtlich des Auslands, d. h., es ziehen mehr Ausländer aus dem Ausland nach Sachsen, als umgekehrt. Tabelle 4: Zu- und Fortzüge von Ausländern über die Landesgrenze des Freistaates Sachsen 2007 nach Herkunfts- bzw. Z ielgebiet

Zuzüge Fortzüge Überschuss der Zu- bzw. Fortzüge (-)

Herkunfts- bzw. Zielge-

biet insgesamt männlich insgesamt männlich. Insgesamt männlich Bundesgebiet (Gesamt) Darunter:

3 066

1 753

5 375

3 171

-2 309

-1 418

Alte Bundes- länder

1 982 1 129 3 894 2 286 -1 912 -1 157

Berlin 347 183 695 398 -348 -215 Neue Bun- desländer

737 441 786 487 -49 -46

Ausland 13 838 8 428 11 055 7 338 2 783 1 090 Insgesamt 16 904 10 181 16 430 10 509 474 -328

Quelle: Wanderungsstatistik, Zahlen aufbereitet zum Gebietsstand 01.01.2008 _______________________ 42 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Wanderungsstatistik. 24

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Dabei zeigt sich, dass vor allem Männer sowohl zu- als auch abwandern, und zwar insbesondere im Alter zwischen 25 und 35 Jahren. Insgesamt haben Männer ein negatives Wanderungssaldo. Bei Frauen fällt das Wan-derungssaldo insgesamt positiv aus, was insbesondere auf das positive Saldo der Frauen von 15 bis 25 Jahren zurückzuführen ist. Gründe für diese Unterschiede könnten darin liegen, dass Männer vermehrt in andere Bun-desländer bzw. ins Ausland abwandern, um dort zu arbeiten. Darauf deutet auch das für die Wirtschaft besonders relevante Alter (zwischen 25 und 35 Jahren) hin. Bei Frauen könnte es dagegen verstärkt die Familienzusam-menführung sein, warum diese insbesondere im Alter von unter 25 Jahren ein positives Wanderungssaldo aufweisen. Tabelle 5: Zu- und Fortzüge von Ausländern über die Landesgrenze des Freistaates Sachsen 2007 nach Altersgruppen und Geschlecht

Zuzüge Fortzüge Überschuss der Zu- bzw. Fortzüge (-)

Alter von ... bis/unter .

... Jahren insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblicl unter 15 1 113 597 516 1 059 562 497 54 35 1915-25 5 297 2 689 2 608 3 965 2 167 1 798 1 332 522 81025-35 6 145 3 906 2 239 6 586 4 272 2 314 -441 -366 -7535-45 2 631 1 861 770 2 993 2 202 791 -362 -341 -2145-60 1 373 962 411 1 517 1 116 401 -144 -154 1060 Jahre und älter

345 166 179 310 190 120 35 -24 59

Insgesamt 16 904 10 181 6 723 16 430 10 509 5 921 474 -328 802Quelle: Wanderungsstatistik, Zahlen aufbereitet zum Gebietsstand 01.01.2008 Hinsichtlich der Wanderungsbewegungen von Ausländern über die Bun-desgrenze hinweg ist insgesamt ein positives Wanderungssaldo festzu-stellen. Dieses besonders hoch für Ausländer im Alter von 15 bis unter 25 Jahren, besonders niedrig für Ausländer im Alter von 45 bis unter 60 Jahren sowie für über 60-Jährige. Tabelle 6: Zu- und Fortzüge von Ausländern des Frei staates Sachsen 2007 ins Ausland nach Altersgruppen

Alter von ... bis/ unter ... Jahren.

Zuzüge Fortzüge Überschuss der Zu- bzw. Fortzüge(-)

unter 15 888 582 306 15-25 4 609 2 888 1 721 25-35 4 938 4 349 589 35-45 2 056 1 926 130 45-60 1 056 1 055 1 60 Jahre und älter 291 255 36 Insgesamt 13 838 11 055 2 783

Quelle: Wanderungsstatistik, Zahlen aufbereitet zum Gebietsstand 01.01.2008 25

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3.1.2 Einbürgerungsverhalten Sachsen weist, relativ zum Ausländeranteil, die niedrigste Einbürgerungs-quote aller Bundesländer auf: Mit einem Anteil von 1,92 % an der auslän-dischen Bevölkerung werden im bundesdeutschen Vergleich durchschnitt-lich viermal mehr Einbürgerungen vollzogen als in Sachsen (0,41 %).43 Dabei sind in den letzten Jahren deutliche Veränderungen im Einbürge-rungsverhalten zu erkennen. Erreichten die Einbürgerungszahlen im Jahr 1998 mit fast 8.500 im Freistaat Sachsen ihren Höhepunkt, sanken diese nach Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechts in den folgenden zwei Jahren rapide ab: über 4.372 im Jahr 1999 auf nur noch 472 im Jahr 2000. Seitdem steigen die Zahlen wieder leicht an und erreichten 529 Ein-bürgerungen im Jahr 2005, 612 Einbürgerungen im Jahr 2006 sowie 744 Einbürgerungen im Jahr 2007.44 Den größten Anteil unter den Eingebürgerten im Freistaat Sachsen machen dabei Personen aus Osteuropa aus. Vietnamesen lassen sich gemessen am Gesamtbestand in relativ geringem Umfang einbürgern.45 Tabelle 7: Einbürgerungen im Freistaat Sachsen 2007 nach bisheriger Staatsangehörigkeit und Altersgruppen 46

Im Alter von ... bis unter ... Jahren Land der, bisherigen Staatsangehörigkeit

Insgesamt Unter 18 18 - 23 23 - 35 35 - 45 45 - 60 60 und

mehr Insgesamt

744

116

60

167

219

133

49

darunter: Ukraine 120 17 14 23 25 27 14 Russische Föderation 105 12 11 15 29 25 13 Polen 64 8 1 17 16 16 6 Irak 55 19 7 6 21 1 1 Vietnam 34 11 4 6 7 6 - Türkei 32 3 5 13 9 1 1 Rumänien 25 2 2 13 6 2 - Sonsti e 309 44 16 74 106 55 14

Quelle: Einbürgerungsstatistik __________________________

43 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2004, S. 24. Die Zahlen gelten für das Jahr 2003. 44 Statistisches Landesamt Sachsen 2005/2006: Ausländische Mitbürger in Sach-sen http://www.statistik.sachsen.de/11/Auslaender05.pdf. 45 Nach Aussage einer Expertin könnte ein Grund hierfür darin liegen, dass Viet-namesen durch eine Einbürgerung Eigentumsrechte in Vietnam verlieren. 46 Ab 25 Einbürgerungen und mehr. 26

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Hinsichtlich des Alters zeigt sich, dass der vergleichsweise größte Anteil von Personen, die die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt, zwischen 35 und 45 Jahre alt ist. Dies macht 29 % der eingebürgerten Personen aus. Darüber hinaus sind aber auch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen zu erkennen: So ist etwa ein Drittel der eingebürgerten Vietna-mesen unter 18 Jahre. Bei den Einbürgerungen der letzten Jahre handelt es sich in zwei Drittel der Fälle um Anspruchseinbürgerungen, Ermessenseinbürgerungen machten ein Drittel aus. Dabei variieren die Einbürgerungen mit oder ohne Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit beträchtlich, was sich durch verschiedene rechtliche Regelungen zwischen den einzelnen Staaten erklären lässt. So bestand im Jahr 2007 bei allen 17 eingebürgerten kubanischen Staatsan-gehörigen die bisherige Staatsangehörigkeit weiter, während die 34 einge-bürgerten Vietnamesen ohne Ausnahme ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgaben.47

3.2 Die wichtigsten Zuwanderergruppen im Überblick Die im Freistaat Sachsen lebenden Personen mit Migrationshintergrund können in verschiedene Zuwanderungsgruppen zugeordnet werden. Kennzeichnend sind hier vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Einfluss auf die unterschiedlichen Bedingungen zur Einreise nach Deutschland, den aufenthaltsrechtlichen Status oder die Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme haben. Wichtige Gruppen und Formen der Zuwanderung in diesem Zusammenhang sind: Spätaussiedler, jüdische Kontingentflücht-linge, Arbeitsmigranten, Unionsbürger, Aufhältige zum Zweck der Ausbil-dung, Asylbewerber und Flüchtlinge sowie nachziehende Ehegatten und Familienangehörige. __________________ 47 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen. 27

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3.2.1 Spätaussiedler Spätaussiedler, also deutschstämmige Zuwanderer, sind eine der relevan-testen Zuwanderergruppen im Freistaat Sachsen.48 Sie kommen fast aus-schließlich aus den Staaten der GUS. Unter der Erfüllung bestimmter Vor-aussetzungen, wie der Nachweis deutscher Sprachkenntnisse, erhalten Spätaussiedler die deutsche Staatsangehörigkeit. Insgesamt sind es etwa 80 % der Personen dieser Gruppe, die einen deutschen Pass erhalten. Und dass, obwohl inzwischen nur noch etwas mehr als 1/5 der eingereisten Personen über einen eigenen Spätaussiedlerstatus verfügen (§ 4 BVFG) und vier Fünftel nicht-deutsche Familienangehörige sind (§ 7 Abs. 2 BVFG; § 8 Abs. 2 BVFG).49 Abbildung 4: Verteilung der Spätaussiedler nach §§ 4, 7 Abs. 2, 8 Abs. 2 BVFG (1. Januar 2005 bis 30. September 2007) 50

Quelle: Regierungspräsidium Chemnitz, Landesaufnahmestelle für Spätaussiedler; eigene Berechnung; N=2.548 ________________________ 48 Die relevanten Paragrafen in diesem Zusammenhang sind § 4, § 7 und § 8 des BVFG. Voraussetzung für die Anerkennung als Spätaussiedler ist die deutsche Volkszugehörigkeit, die vom Bundesverwaltungsamt nach den Kriterien Abstammung, Sprachkompetenz und Kenntnis des deutschen Brauchtums festgestellt wird. Als Spätaussiedler kann nicht mehr anerkannt werden, wer nach dem 31.12.1992 geboren wurde (Holzmann & Kliemann 2007, S. 97). Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG werden Ehegatten, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder Abkömmlinge in den Aufnahmebescheid einbezogen, wenn die Be-zugsperson dies ausdrücklich beantragt, sie Grundkenntnisse der deutschen Sprache be-sitzen und in ihrer Person keine Ausschlussgründe im Sinne des § 5 BVFG vorliegen. Das Erfordernis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache wurde durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 16.05.2007 mit Wirkung zum 24.05.2007 eingeführt. 49 Grundlage hierfür ist § 7 StAG, wonach neben Spätaussiedlern auch nicht deutsche Ehegatten und nicht deutsche Abkömmlinge der Spätaussiedler (Kinder, Enkel, Urenkel) die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können. Für Schwiegertöchter oder -söhne gilt diese Regelung nicht. 50 In § 4 BVFG wird geregelt, wer als Spätaussiedler gilt. § 7 Abs. 2 BVFG legt die Zu-zugsregeln für den Ehegatten und die Abkömmlinge des Spätaussiedlers fest. § 8 Abs. 2 BVFG besagt, dass Familienangehörige des Spätaussiedlers, die, ohne die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 zu erfüllen, gemeinsam mit dem Spätaussiedler eintreffen, in das Vertei-lungsverfahren einbezogen werden können. 28

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Insgesamt sind seit der Wiedervereinigung über 115.000 Spätaussiedler nach Sachsen zugewiesen geworden.51 Nach einem deutlichen Anstieg zu Beginn der 90er Jahre gehen die Zahlen seit Mitte der 90er Jahre stetig zurück. Abbildung 5: Entwicklung der Spätaussiedlerzahlen i m Freistaat Sachsen 52

Quelle: Regierungspräsidium Chemnitz, Landesaufnahmestelle für Spätaussiedler Der Rückgang der Zahlen hat verschiedene Gründe. Das Bundesministe-rium des Innern geht davon aus, dass zum Beispiel die Unterstützung der Bundesregierung in den Aussiedlungsgebieten und die Förderungen auf kulturellem, sprachlichem, sozialem, medizinischem oder wirtschaftlichem Gebiet sowie die verstärkte Förderung der Bildung zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage geführt und den Menschen eine Zu-kunftsperspektive in den Herkunftsgebieten eröffnet hat. Auch ein verbes-serter Minderheitenschutz durch Demokratisierungsprozesse und entspre-chende Übereinkommen haben hier zu einer Verbesserung der Lage bei-getragen.53 Zentral sind aber auch die verschärften Bedingungen hinsichtlich der _________________________ 51 Zahlen nach Regierungspräsidium Chemnitz, Landesaufnahmestelle für Spät-aussiedler. Der Königsteiner Schlüssel, nachdem die Zuweisung erfolgte, betrug für den Freistaat Sachsen im Jahr 2007 5,30 %, im Jahr 2006 5,24 % und im Jahr 2005 5,28 %. Dabei können Spätaussiedler bei der Zuweisung ihren gewünschten Auf-enthaltsort nennen. Hier wird angenommen, dass insbesondere solche Spätaus-siedler nach Sachsen kommen, die über keine weiteren familiären oder sozialen Netzwerke in den alten Bundesländern verfügen. 52 Zahlen bis Mai 2008. 53www.bmi .bund .de/cln_012/nn_898266/Internet/Contentfrhemeri/Aussiedlerbeauftragter/Pressemitteilungen_n ur_BA_Seite/2005^Spaetaussiedlerzuzug. html 29

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Sprachtests, die nun auch für nicht deutsche Familienangehörige obligato-risch sind.54 Über das Wissen hinaus, wie viele Spätaussiedler nach Sachsen zugewie-sen wurden und in welche Stadt- und Landkreise sie gekommen sind, gibt es kaum Informationen darüber, wie viele Personen dieser Gruppe sich aktuell noch in Sachsen befinden und wie sie sich im Freistaat verteilen.55 Dabei sind die Spätaussiedler dazu verpflichtet, drei Jahre in dem ihnen zuge-wiesenen Wohnort zu leben.56 Nach diesem Zeitraum genießen sie voll-ständige Freizügigkeit im Bundesgebiet. Schätzungen gehen davon aus, dass von den zugewiesenen Spätaussiedlern mehr als 60 % weiterwan-dern,57 insbesondere nach West- oder Süddeutschland, weil sie dort bessere Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme sehen. Mit Blick auf die Altersstruktur der Spätaussiedler zeigt sich, dass diese sehr jung geprägt ist: 43 % dieser Gruppe sind unter 25 Jahre alt, ein weiteres Drittel ist zwischen 25 bis unter 45 Jahren. Nur 11 % sind 60 Jahre und äl-ter.58 ________________________ 54 So wurden im Jahr 2005 insgesamt 1.468 Personen zu einem Sprachstandstest eingeladen. Hiervon sind 871 Personen zum Test erschienen, von denen 216, d. h. knapp 25 %, den Test bestanden haben. (www.bmi.bund .de/cln_012/nn_898266/Internet/Content/Themen/Aussiedlerbeauftragter/Pressemitteilungen_n ur_BA_Seite/2005_Spaetaussiedlerzuzug. html ). 55 Der Grund hierfür liegt in dem oben thematisierten Umstand, dass sie mit dem Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft nicht mehr gesondert erfasst werden. 56 Zur näheren Erläuterung vgl. die Ausführungen unter Kapitel 2.2.1. 57 Holzmann & Kliemann 2007, S. 99. 58 Aufgrund der der unterschiedlichen Gruppierung der Altersklassen ist ein direkter Vergleich mit den Daten der Bevölkerungsfortschreibung leider nicht möglich. 30

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Abbildung 6: Zugewanderte Spätaussiedler nach Alter sgruppen 59

Quelle: Regierungspräsidium Chemnitz, Landesaufnahmestelle für Spätaussiedler, eigene Berechnung, N=101.793.

3.2.2 Jüdische Kontingentflüchtlinge Seit 1991 sind mehr als 200.000 jüdische Zuwanderer, sogenannte jüdische Kontingentflüchtlinge, aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen. Der Freistaat Sachsen hat zwischen 1991 und Ende 2005 rund 10.000 jüdische Zuwanderer aufgenommen.60 Jüdische Kontingentflücht-linge erhalten im Normalfall unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis und Arbeits-genehmigung. Voraussetzung für die Aufnahme sind der Nachweis deut-scher Sprachkenntnisse, ausreichende Mittel zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts und der Nachweis der Möglichkeit der Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde. Aktuell leben im Freistaat Sachsen 1.479 Personen aus den Nachfolge-staaten der Sowjetunion, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG, der aktuellen Gesetzesgrundlage für die Aufnahme von jüdischen Kontingentflüchtlingen, sind. Fast alle Personen dieser Gruppe ________________________ 59 Statistiken über das Alter liegen erst seit 1993 vor. Entsprechend bezieht sich die Grafik auf den Zeitraum zwischen 01.01.1993 und 31.05.2008. Zudem ist noch einmal zu betonen, dass sich diese Zahlen auf die zugewiesenen Spätaussiedler beziehen und nicht die aktuelle Altersstruktur abbilden (können). 60 Zum 1. Januar 2005 wurde das HumHAG (Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge), das auf diesen Personenkreis entsprechende Anwendung fand, außer Kraft gesetzt. Stattdessen wird die Aufnahme jüdischer Zuwanderer nun unter § 23 AufenthG (Aufenthalts-gewährung durch die obersten Landesbehörden; Aufnahme bei besonders gela-gerten politischen Interessen) gesetzlich geregelt. 31

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halten sich in Leipzig, Dresden und Chemnitz auf (1432 bzw. 97 %).61 In diesen drei Städten bestehen auch jüdische Gemeinden.62 Auffällig bei dieser Gruppe ist, dass der Altersdurchschnitt deutlich über dem der übrigen Ausländer liegt.63 Dies führt trotz dem oft hohen Qualifikations-niveau dieser Gruppe auch zu Problemen hinsichtlich einer erfolgreichen Integration in den Arbeitsmarkt.64 Abbildung 7: Altersverteilung der jüdischen Konting entflüchtlinge im Freistaat Sachsen

3.2.3 Arbeitsmigranten Arbeitsmigration richtet sich generell nach den Erfordernissen des deut-schen Arbeitsmarktes. Trotz einer hohen Zahl deutscher Arbeitsloser gibt es ein regionales oder branchenspezifisches Unterangebot an Arbeitskräften. Insbesondere bei Arbeiten, bei denen ein niedriges Qualifikationsniveau vorausgesetzt wird, wie beispielsweise in der Landwirtschaft oder im Sektor extremer Spezialisierung, sowie dem IT-Sektor, sind Sonderregelungen geschaffen worden, um der Nachfrage nach Arbeitskräften ein entsprechen- ________________________ 61 AZR: Aufhältige aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG sind, nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter. Stichtag 30. September 2007. 62 Dabei bestehen die jüdischen Gemeinden in den neuen Bundesländern fast ausschließlich aus Neugründungen, deren Mitglieder fast alle Zuwanderer aus Osteuropa sind. (Weiss 2007b, S. 48). 63 Vgl. Kapitel 2.2.3. Der geringe Anteil, den diese. Gruppe an allen Ausländern im Freistaat Sachsen ausmacht, führt dazu, dass sie keinen großen Einfluss auf die Altersstruktur der Ausländer in Sachsen insgesamt haben. 64 Vgl. Kapitel 4.3. 32

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des Angebot entgegenzusetzen. Für letztgenannte Gruppe wurde von der Bundesregierung im Jahr 2000 das sogenannte „Green Card"- Programm ins Leben gerufen, ein Programm, welches ausländischen IT- Spezialisten im Rahmen bestimmter Voraussetzungen eine Aufenthalts- und Arbeitser-laubnis in Deutschland erteilt. Wenngleich das Thema Fachkräftemangel in Deutschland politisch hoch aktuell ist, sind die absoluten Fallzahlen hinge-gen sehr klein. Quantitativ relevanter sind jedoch die Einwanderung von Saisonarbeitern und weiteren, zeitlich begrenzten Arbeitnehmern. Im Freistaat Sachsen leben derzeit 1.940 Personen, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit sind, 70 % davon sind Männer und 30 % Frauen. Der überwiegende Teil dieser Ausländer hält sich nach § 18 AufenthG (Beschäftigung) im Freistaat auf, weit weniger besitzen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 21 AufenthG (selbstständige Tätigkeit).65 Abbildung 8: Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubn is zum Zweck der Erwerbstätigkeit

Quelle: AZR, Stichtag 30.09.2007, N=1.940

3.2.4 Unionsbürger Eine der größten Zuwanderergruppen bilden die Bürger der europäischen Union. Ausländer, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Landes der Europäischen Union besitzen, fallen unter die Freizügigkeitsregel, sie kön-nen ohne weiteren Antragsprozess nach Deutschland einwandern. Die Ar-beitnehmerfreizügigkeit und zum Teil die Dienstleistungsfreiheit (Bereiche: Bau, Reinigungs- und Innendekorateursgewerbe) sind zwischen einigen der ________________________ 65 AZR: Aufhältige im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbs-tätigkeit nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter. 30.09.2007. 33

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seit 2004 beigetretenen neuen Staaten und den alten Mitgliedern der EU noch eingeschränkt und werden im Laufe der kommenden Jahre entfallen.66 Ende 2007 kamen 25.674 der in Sachsen lebenden Ausländer aus der Eu-ropäischen Union, womit diese Gruppe etwa 30 % der insgesamt in Sachsen lebenden Ausländer ausmacht.67 Den höchsten Anteil bei den Unionsbür-gern haben die Polen, gefolgt von Personen aus Ungarn und der Tsche-chischen Republik. Die unten stehende Tabelle zeigt, dass es insgesamt vor allem Ausländer aus osteuropäischen EU-Staaten sind, die sich in Sachsen aufhalten, Personen aus der EU 15 sind hier weniger zu finden. Tabelle 8: Unionsbürger im Freistaat Sachsen am 31. Dezember 2007 nach ausgewählten Herkunftsländern

Herkunftsland Ausländer Polen 6 196Ungarn 2 745Tschechische Re ublik68 2 593Italien 1 877Griechenland 1 551Bulgarien 1 408Österreich 1 178Portugal 1 173Frankreich 1 170Rumänien 1 082Sonstige 4 904Insgesamt 25 674

Quelle: AZR, Stichtag 31.12.2007

3.2.5 Aufhältige zum Zweck der Ausbildung 6,5 % der im Freistaat Sachsen lebenden Ausländer besitzen eine Aufent-haltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung. Von diesen insgesamt 5.481 Personen sind 54 % männlich und 46 % weiblich. Über 90 % dieser Gruppe befinden sich für ein Studium in Deutschland.69 ___________________ 66 Das Recht der Europäischen Union wurde in deutsches Recht durch das Frei-zügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) umgesetzt. 67 AZR: Aufhältige EU-Bürger nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter. 31.12.2007. 68 Die Anzahl mit Herkunftsland „Tschechische Republik" beinhaltet auch ehemals Tschechoslowakei. 69 Nach § 16 Abs. 1 AufenthG können Ausländer zum Zweck des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbil-dungseinrichtung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Für eine nähere Be-schreibung der Gruppe der ausländischen Studierenden in Deutschland vgl. Kapitel 4.2.1.4. 34

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Abbildung 9: Aufhältige zum Zweck der Ausbildung na ch gesetzlicher Grundlage

Quelle: AZR, Stichtag 30.09.2007, N=5.481

3.2.6 Flüchtlinge und Asylbewerber Ende 2007 gab es im Freistaat Sachsen 8.273 Ausländer mit einem auf-enthaltsrechtlichen Status zum Zwecke des Asylverfahrens und für den Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen.70

Dabei hält sich etwa die Hälfte dieser Personen als geduldete Ausländer im Freistaat auf. Von den 36 %, die über eine Aufenthaltserlaubnis aus völ-kerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen verfügen, hält sich der überwiegende Teil auf Basis von § 25 Abs. 2 bis 5 AufenthG in Sachsen auf.71 14 % verfügen über eine Aufenthaltsgestattung und 3 % haben be-sondere Aufenthaltsrechte.72 _________________________ 70 AZR, Stichtag 31.12.2007. 71 § 25 Abs. 2 (Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat), § 25 Abs. 3 (Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn ein Abschiebeverbot vorliegt), § 25 Abs. 4 (Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für einen vorübergehenden Auf-enthalt aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen oder öffentlichem Interesse), § 25 Abs. 5 (Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn eine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist). 72 Besondere Aufenthaltsrechte werden nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, § 23 Abs. 1 i. V. m. § 104a AufenthG sowie § 23 Abs. 1 Satz 2 i. v. m. § 104a Abs. 2 Satz 2 erteilt (In § 104 werden die Übergangsregelungen bestimmt). 35

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Abbildung 10: Ausländer mit einem aufenthaltsrechtl ichen Status zum Zwecke des Asylverfahrens und für den Aufenthalt au s völkerrechtli-chen, humanitären oder politischen Gründen im Freis taat Sachsen

Quelle: AZR, Stichtag 31.12.2007, N=8.273 Seit Ende 2006 gilt in Deutschland eine neue Bleiberechtsregelung, die langjährig Geduldeten die Möglichkeit eröffnet, einen dauerhaften Aufent-haltstitel zu erhalten. Voraussetzungen für das Bleiberecht sind der Nach-weis von Wohnraum-, Deutschkenntnissen und ausreichendem Einkommen sowie einem Aufenthalt in Deutschland von acht Jahren (Alleinstehende und Ehepaare) bzw. sechs Jahren (Familien).73 Laut Bericht der Ausländerbeauftragten lebten Ende 2006 4.828 Ausländer mit Duldung im Freistaat Sachsen, wovon 1.869 bereits länger als sechs und 1.046 länger als acht Jahre dort lebten. Auf Basis der neuen Bleiberechts- _____________________ 73 In der Praxis werden die „Bleiberechte" nach den gesetzlichen Regelungen des § 104 a und 104 b AufenthG erteilt, die mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (EURLAsyIUmsG) vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) in das AufenthG eingefügt wurden. 36

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regelung wurde bis zum 31.12.2007 363 Geduldeten im Freistaat Sachsen ein Aufenthaltstitel gewährt, sodass diese Personen nun über eine dauer-hafte Bleibeperspektive im Freistaat verfügen.74 Geduldete Ausländer sowie Asylbewerber haben unterschiedliche Mög-lichkeiten, einer Beschäftigung nachzugehen, die in verschiedenen Vor-schriften geregelt sind. Für Geduldete kommen hier die §§ 39 bis 41 Auf-enthG (Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausländerbeschäfti-gung (Arbeitsmarktprüfung)) sowie § 1 Abs. 3 der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Aus-übung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverfahrensverordnung - BeschVerfV) (Grundsatz), die §§ 2 bis 7 BeschVerfV (Ausnahmen der Ar-beitsmarktprüfung), § 10 BeschVerfV (Zulassung von geduldeten Auslän-dern zur Ausübung einer Beschäftigung) und § 11 BeschVerfV (Versagung der Erlaubnis) zum Tragen. Geregelt wird hier insbesondere, dass die Auf-nahme einer Beschäftigung grundsätzlich der Zustimmung der Bundes-agentur für Arbeit bedarf. Die gesetzlichen Regelungen für Asylbewerber finden sich in § 61 Asylver-fahrensgesetz (AsylVerfG) (Zulassung zur Erwerbstätigkeit) sowie ebenfalls in den §§ 39 bis 42 AufenthG (Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausländerbeschäftigung), § 1 Nr. 2 BeschVerfV (Grundsatz) und den §§ 2 bis 7 BeschVerfV (Ausnahmen der Arbeitsmarktprüfung). Grundsätzlich gilt, dass Asylbewerber für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, keine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen. Asylbewerber, die sich seit einem Jahr gestattet im Bundesgebiet aufhalten, dürfen nach Zustim-mung der Bundesagentur für Arbeit eine Beschäftigung ausüben.

3.2.7 Nachziehende Ehegatten und Familienangehörige Aufgrund des besonderen Schutzes der Familien, der in Deutschland Ver-fassungsrang genießt und überdies noch durch die europäische Men-schenrechtskonvention sichergestellt ist, sind Kernfamilien, also Kinder und Ehegatten, von legal in Deutschland lebenden Ausländern und Deutschen nachzugsberechtigt. Der zugewiesene Status, wie z. B. die Arbeitsgeneh-migung, hängt weitestgehend vom Status des schon hier Lebenden ab. Wenngleich die Anzahl der erteilten Visa zum Zweck des Ehegatten- und Familiennachzugs in den letzten Jahren deutlich rückläufig war, ist diese Art der Einwanderung jedoch eine quantitativ sehr relevante Größe.75 ______________________ 74 Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen 2008, S. 17f. Entsprechend dieser Aufenthaltsperspektive gilt es, diese Gruppe nun ebenfalls in die Integrationsbemühungen einzubeziehen. 75 Der Rückgang ist zu weiten Teilen auch mit der EU-Ostweiterung 2004 zu er-klären. Seitdem werden Zugewanderte aus den neuen EU-Mitgliedsländern statis-tisch innerhalb der EU- Binnenwanderung gefasst. 37

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Im Freistaat Sachsen leben 13.318 Ausländer, die im Besitz einer Aufent-haltserlaubnis aus familiären Gründen sind, davon sind 47 % Männer und 53 % Frauen.76 Über die Hälfte dieser Personen befindet sich hier auf der Basis von § 28 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen). Abbildung 11: Ehegatten und Familienangehörige nach Art der Auf-enthaltserlaubnis

Quelle: AZR, Stichtag 30.09.2007, N=13.318 __________________________ 76 AZR: Aufhältige im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter. 30.09.2007. 38

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4. Betrachtung der sozioökonomischen Situation und Lebenslage der Personen mit Migrationshintergrund i m Freistaat Sachsen Hinsichtlich der sozioökonomischen Situation und der Lebenslage von Zu-wanderern im Freistaat Sachsen zeigen sich vielfach ähnliche Problemlagen wie in der übrigen Bundesrepublik. Diese lassen sich entlang der ver-schiedenen Phasen im Lebenszyklus sowie unterschiedlichen Handlungs-feldern, wie Bildung und Ausbildung, Arbeitsmarktintegration, ökonomische Situation oder gesellschaftliche und kulturelle Integration, beschreiben.77 Neben diesen individuellen Faktoren, die sich auf die Personen mit Migra-tionshintergrund selber beziehen, stellt auch der gesellschaftliche Rahmen einen wichtigen Einflussfaktor dafür dar, dass eine erfolgreiche Integration gelingen kann. Dazu gehört zum einen die Betrachtung der Chancen und Risiken von Zuwanderung. Integration als Prozess der beiderseitigen Öff-nung und des beiderseitigen Willens beinhaltet zum anderen aber auch Herausforderungen, die sich an die Aufnahmegesellschaft stellen.78 (Kapitel 4.1.1. und 4.2.2.).

4.1 Einordnung in den thematischen Kontext Hinsichtlich der sozioökonomischen Situation und der Lebenslage von Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen zeigen sich ähnliche Prob-lemlagen wie in der übrigen Bundesrepublik. So sind überall in Deutschland Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit überproportional häufig und überdurchschnittlich lange von Arbeitslosigkeit betroffen. Dies trifft auch auf die in Sachsen lebenden Personen mit Migrationshintergrund, allerdings bedingt durch die spezifischen externen sächsischen Rahmenbedingungen, in verschärfter Form zu. So ist die Arbeitslosenquote in Sachsen unter Ausländern mit 39 % im Vergleich zu der bundesweiten Arbeitslosenquote für Ausländer von 19 % deutlich höher.79 Die hohe Arbeitslosenquote unter Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen als auch in Deutschland ist u. a. auf die z. T. schlechten Deutsch- kenntnisse der Personen mit Migrationshintergrund zurückzuführen. Im speziellen Falle der Spätaussiedler stellt auch die Nichtanerkennung von Berufsabschlüssen, die auch in Sachsen nach Meinung zahlreicher Exper-ten ein Problem ist, einen Grund für die erhöhte Arbeitslosenquote dar. _______________________ 77 Dieses wird ab Kapitel 4.2 geschehen. 78 Kapitel 4.1.1 und Kapitel 4.1.2. 79 Bundesagentur für Arbeit. Zahlen für Februar 2008. 39

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Dabei wirken sich die eben genannten teilweise unzureichenden Deutsch-kenntnisse nicht nur erschwerend auf die berufliche Integration, sondern auch auf die soziale und kulturelle Integration von Personen mit Migrati-onshintergrund aus. Allerdings trifft dies in Sachsen nur auf spezielle Mi-grantengruppen zu. Aufgrund dieser Nachteile sind Personen mit Migrationshintergrund von einem erhöhten Armutsrisiko und somit einer schlechteren sozioökonomi-schen Situation in Sachsen betroffen. Dabei ist diese Situation nicht allein durch die erhöhte Arbeitslosigkeit bedingt, sondern ist eher ein Ausdruck kombinierter Faktoren (z. B. schlechte Deutschkenntnisse, Nichtanerken-nung des Berufsabschlusses etc.), die in die Arbeitslosigkeit und im schlimmsten Fall in die Armut führen. So trifft nach Meinung der interviewten Experten die bundesweite Tendenz für ein erhöhtes Armutsrisiko für Per-sonen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Personen ohne Migrati-onshintergrund auch auf Sachsen zu.80 Dies wird auch von den Ergebnissen der Akteursbefragung gestützt, in der ca. zwei Drittel der Befragten die Le-benssituation von Personen mit Migrationshintergrund als schlechter oder viel schlechter im Vergleich zu der Lebenssituation von Personen ohne Mi-grationshintergrund beurteilen.

4.1.1 Chancen und Risiken von Zuwanderung Im Rahmen der sächsischen Koalitionsvereinbarung wird Deutschland als Einwanderungsland bezeichnet. Obwohl die Präsenz von Personen mit Mi-grationshintergrund in Sachsen nicht so zutage tritt wie in den alten Bun- desländern, ist auch Sachsen von den Risiken sowie Chancen von Zu-wanderung vor allem in den kommenden Jahren betroffen. Vor dem Hin-tergrund des zunehmenden Fachkräftemangels und des einhergehenden demografischen Wandels stellt u. a. Zuwanderung für Sachsen und insbe-sondere für die sächsische Wirtschaft eine Chance dar, sich im internatio-nalen Wettbewerb zu behaupten, da gerade unter den Spätaussiedlern und Vietnamesen sowie Studenten, die durch einen relativ hohen ausländischen Anteil gekennzeichnet sind, qualifizierte Arbeitskräfte vorhanden sind, mit denen man teilweise dem zukünftigen Fachkräftemangel und demografi-schen Wandel begegnen kann.81 Darüber hinaus könnten die interkulturelle Vielfalt und Kompetenz der Personen mit Migrationshintergrund mögli-cherweise dazu genutzt werden, um den Standort Sachsen noch attraktiver für ausländische Investoren zu machen, um so die ausländischen Investiti-onen von derzeit 40 % sowie die Zahl der momentan in Sachsen tätigen ausländischen Firmen (derzeit über 500) noch zu steigern.82 _____________________________ 80 Bundesregierung 2007, S. 17. 81 Vgl. auch Kapitel 4.2. 82 Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen 2008, S. 53f. 40

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Demgegenüber stehen die Risiken von Zuwanderung, die sich in gesell-schaftlicher und räumlicher Segregation sowie einem Überfremdungsgefühl auf Seiten der Aufnahmegesellschaft manifestieren. Aufgrund der weitge-hend marginalisierten gesellschaftlichen Situation von vielen Personen mit Migrationshintergrund, die eine Folge des teilweise schlechten Qualifikati-ons- und Bildungsniveau ist, entsteht eine räumliche und gesellschaftliche „Ghettoisierung" vor allem in Städten, die ihren Niederschlag in der Kon-zentration von Personen mit Migrationshintergrund in bestimmten Vierteln findet. Diese Viertel können sich sodann zu Parallelgesellschaften und weiterhin, aufgrund der vorherrschenden Armut unter den Personen mit Migrationshintergrund, zu sozialen und gesellschaftlichen Problemvierteln entwickeln, die dann wiederum Ressentiments auf Seiten der Aufnahme-gesellschaft schüren.

4.1.2 Zuwanderung als Herausforderung für die Aufnahmegesellschaft In der Fachliteratur wird Integration immer als beidseitiger Prozess ver-standen, in dem nicht nur Anforderungen an Personen mit Migrationshin-tergrund gestellt werden, sondern auch an die Aufnahmegesellschaft. Eine der Herausforderungen, die immer an die Aufnahmegesellschaft gestellt werden muss, ist, dass eine aktive Auseinandersetzung im öffentlichen Diskurs über die Chancen und Risiken von Zuwanderung geführt wird. Ge-rade in Sachsen muss diese Diskussion mit Vehemenz geführt werden, um der ansteigenden Fremdenfeindlichkeit vor allem unter Jugendlichen zu begegnen. So neigen nach einer Expertise der Universität Bielefeld gut 40 % der Sachsen zu Fremdenfeindlichkeit und nach einer weiteren Umfrage unter Jugendlichen positionieren sich 20 % der sächsischen Jugendlichen politisch rechts von der Mitte.83 Einhergehend mit diesem Diskurs ist auch der sächsische Freistaat gefor-dert, durch Landesprogramme, die Ausländerbeauftragten sowie integrati-onspolitische Leitbilder die Stärkung der Zivilgesellschaft und den Aufbau von interkultureller Kompetenz aktiv zu fördern. Innerhalb dieser überge-ordneten Themen spielt nach Meinung aller Experten die interkulturelle ________________________ 83 Universität Bielefeld 2006, S. 20; Sächsisches Staatsministerium für Soziales & Institut für Marktforschung Leipzig 2006, S. 116. 41

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Öffnung der Regeldienste84 auf allen Ebenen eine entscheidende Rolle, um die Aufnahmegesellschaft zur Aufnahme von Personen mit Migrationshin-tergrund zu befähigen. Dieser Sachverhalt erklärt sich nach Meinung der Experten daraus, dass die Potenziale der Zuwanderer nur dann genutzt werden können, wenn diese erfolgreich mit Hilfe der Aufnahmegesellschaft, u. a. durch die interkulturelle Öffnung der Regeldienste, integriert worden sind.

4.2 Bildung und Ausbildung

4.2.1 Situation der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrati-onshintergrund

4.2.1.1 Krippen und Kindertagesstätten Bereits im frühen Kindesalter werden die Grundlagen für den zukünftigen Bildungserfolg gelegt, unabhängig davon, ob ein Kind einen Migrationshin-tergrund hat oder nicht. Gleichzeitig werden die Versäumnisse im Bereich frühkindlicher Bildung bei Kindern mit Migrationshintergrund insbesondere auf Bundesebene zunehmend offensichtlich. Die fehlende Beherrschung der deutschen Sprache ist an dieser Stelle das zentrale Problem. Daher kommt der Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund eine wesentli-che Rolle zu, einhergehend mit Anforderungen an das pädagogische Per-sonal in den Kindertageseinrichtungen bezüglich entsprechender Fach-kenntnisse und interkulturelle Kompetenz.85 Der Freistaat Sachsen hat sich durch den „Sächsischen Bildungsplan" als Grundlage für das gesamte Land diesen Herausforderungen gestellt.86 Insgesamt haben im Jahr 2007 224.825 Kinder die Kindertageseinrichtun-gen im Freistaat Sachsen besucht, im Jahr 2006 waren es 214.361.87 Dar-über hinaus werden im Rahmen der Statistik auch die Merkmale „ausländi-sches Herkunftsland mindestens eines Elternteils" sowie „überwiegend ge- _____________________________ 84 Die Interkulturelle Öffnung der Regeldienste ist ein Konzept, mit dem die Re-geldienste die vieldimensionalen Herausforderungen der Migration bewältigen können. Es stellt Strategien zur Verfügung, mit denen die Regeldienste der durch Einwanderung veränderten sozialen Umwelt begegnen können, und dabei lernen, integrationsorientiert zu handeln. Regeldienste sind in diesem Bericht als Verwal-tung und sonstige Dienste definiert. Zu den Regeldiensten zählen z. B. Adoptions-vermittlung, Ambulanter Pflegedienst, Amt für soziale Dienste, Altenhilfeeinrichtung, ARGE/Optionskommune/Bundesagentur für Arbeit, Ausländerbehörde, Berufsbe-ratung, Erziehungsberatung, Familienberatung, Familienhilfe, Gesundheitsamt, Jugendamt, Jugendgerichtshilfe, Kindergarten, Krankenhaus, Polizei, Schuldner-beratung, Schule, Sozialamt, Spezifische Rückkehr- und Weiterwanderungsbera-tung, Suchtberatung, Wohnungsamt, Zulassungsstelle für Kfz. 85 Stadt Leipzig 2006, S. 24. 86 Vgl. auch Kapitel 5.2.1. Darüber hinaus gibt es auch Konzepte in einzelnen Kommunen, die auf die häufig neuen Herausforderungen durch Kinder mit Migra-tionshintergrund Bezug nehmen, sowie spezielle Projekte, die sich diesem Thema widmen. Vgl. Kapitel 5.3.1. 87 StaLa: Kindertagesbetreuung im Freistaat Sachsen, 2007. 42

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sprochene Sprache Nicht-Deutsch88 erfasst.88 2007 hatten 5,5 % der Kinder in den Kindertageseinrichtungen mindestens einen Elternteil, der aus dem Ausland kam, bei 2,8 % wurde überwiegend nicht deutsch gesprochen. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Kreisen. Liegt der Anteil der Kinder mit mind. einem aus dem Ausland kommenden Elternteil in An-naberg nur bei 2,2 %, in Mittweida bei 2,6 % und in Stollberg bei 2,7 %, steigt er in den Städten von 8,8 % (Dresden) über 9,5 % (Chemnitz) bis auf 10,6 % (Leipzig) an.89 Tabelle 9: Kinder in Kindertageseinrichtungen im Fr eistaat Sachsen nach Regierungsbezirken (2007)

und zwar mit: männlich

weiblich ausländischem

Herkunftsland min- destens eines EI-

ternteils

überwiegen gesprochen

Sprache Nich- Deutsch

Insgesamt

Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Regierungsbe- zirk Chemnitz

74 324 38 192 51,4% 36 132 48,6% 3 536 4,8% 1 578 2,1%

darunter: Chemnitz, Stadt

13 228 6 782 51,3% 6 446 48,7% 1 253 9,5% 556 4,2%

Regierungsbe- zirk Dresden

91 184 47 129 51,7% 44 055 48,3% 4 939 5,4% 2 742 3,0%

darunter: Dresden, Stadt

29 655 15 356 51,8% 14 299 48,2% 2 623 8,8% 1 258 4,2%

Regierungsbe- zirk Leipzig

59 317 30 284 51,1% 29 033 48,9% 3 986 6,7% 1 881 3,2%

darunter: Leipzig, Stadt

27 919 14 110 50,5% 13 809 49,5% 2 959 10,6% 1 424 5,1%

Insgesamt 224 825 115 605 51,4% 109 220 48,6% 12 46 1 5,5% 6 201 2,8% Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, eigene Berechnung Auch in den Expertengesprächen und den Fokusgruppen wurde deutlich, dass insbesondere Kindertageseinrichtungen in Ballungsgebieten, und hier in bestimmten Stadtteilen, zunehmend mit den Herausforderungen durch eine multikulturelle Zusammensetzung der Kinder und der Elternschaft konfrontiert sind und nach entsprechenden Lösungsstrategien suchen. Hier wurde insbesondere der Bedarf an Unterstützung zur Zusammenarbeit mit den Eltern thematisiert, die erschwert sei, da Eltern häufig nicht oder nur ________________________ 88 Seit dem Jahr 2006 enthält der Daten-Erhebungsbogen, der vom Statistischen Landesamt an die Kindergärten im Freistaat Sachsen übersendet wird, die Aspekte „ausländisches Herkunftsland mindestens eines Elternteils" sowie „überwiegend gesprochene Sprache Nicht-Deutsch". Somit ist es an dieser Stelle möglich, von „Migrationshintergrund" statt von „Ausländern" zu sprechen. 89 Diese Zahlen machen gleichzeitig deutlich, dass der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund über dem Anteil der „ausländischen Kinder" in den jeweiligen Kreisen liegt. 43

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teilweise die deutsche Sprache beherrschen würden. Dadurch sei es schwierig, Eltern in die Arbeit der Kindertageseinrichtung einzubeziehen.90 Die Akteursbefragung hat zudem aufgezeigt, in welchen Bereichen es einen erschwerten Zugang gibt, und wo die Probleme dafür gesehen werden. Diese Einschätzung wurde sowohl für Krippen als auch für Kindertagesein-richtungen erfasst. Sprachliche Barrieren bei den Eltern wurden auch hier als zentrale Problemlage benannt, wogegen sprachliche Hindernisse auf Seiten der Kinder weniger eine Rolle spielen. Weitere Herausforderungen bestehen in einer aktuell teilweise fehlenden kulturellen Sensibilität in Bezug auf reli-giöse oder kulturelle Besonderheiten, z. B. beim Essen (kein Schweine-fleisch für Moslems) oder Freizeitaktivitäten (gemeinsames Schwimmen gehen von Jungen und Mädchen), sowie der Überforderung der Mitarbeiter in der Krippe bzw. der Kindertageseinrichtung, mit kulturell heterogenen Gruppen bzw. den Eltern umzugehen. Besonders die Probleme bei der Einbeziehung der Eltern und die Schwierigkeiten, diese zu erreichen, wur-den in den Gesprächen immer wieder angesprochen. Eine äußere Rahmenbedingung, die einen Einfluss auf den Zugang zu Krippen und Kindertageseinrichtungen hat, ist der zu entrichtende Kosten-beitrag der Eltern. Allerdings stellt dieser externe Faktor eine Einflussgröße dar, die nicht explizit Personen mit Migrationshintergrund trifft, sondern für alle Menschen gleichermaßen gilt. Aufgrund ihrer ökonomischen Lage kommt dieser Aspekt hier aber häufiger negativ zum Tragen.91

4.2.1.2 Schulische Erstausbildung Die schulische Erstausbildung und die hier erworbenen Abschlüsse stellen wichtige Weichen für die Lebensperspektiven. Dabei schreibt das Schul-gesetz für den Freistaat Sachsen eine chancengleiche Bildung und Erzie-hung für alle Schüler fest. Mit dem Anspruch „Jeder zählt" soll hier jeder einzelne Schüler optimal gefördert und gefordert werden. Im Schuljahr 2007/08 gab es in Sachsen an den allgemeinbildenden Schu-len und den Schulen des zweiten Bildungswegs 11.609 Schüler mit Migra-tionshintergrund, also auch solche mit einer deutschen Staatsbürgerschaft.92 _________________________ 90 Vgl. auch die entsprechenden Ausführungen in Kapitel 5.2.1. 91 Vgl. auch die entsprechenden Ausführungen in Kapitel 4.3.5. 92 Auswertungen der Amtlichen Schulstatistik 2007/08 des Statistischen Lan-desamts Sachsen. Daten übermittelt durch das zuständige Referat im SMK. Nach Angaben des SMK werden in der Schulstatistik Schüler mit Migrationshintergrund in Vorbereitungsklassen und in Regelklassen erfasst. Dabei sei die Datenerfassung aber noch nicht durchgängig abgesichert, da die Statistischen Landesämter Ab-fragen vom Statistischen Bundesamt bekommen, die z. B. nach Spätaussiedlern und Ausländern unterscheiden. Inwiefern hier auch deutsche Schüler mit Migrati-onshintergrund, die keine Spätaussiedler sind, erfasst werden, ist ebenfalls nicht eindeutig zuzuordnen. An einer einheitlichen Erfassung der Daten würde im Rah-men der Kultusministerkonferenz mit dem Statistischen Bundesamt gearbeitet. 44

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Hinzu kommen noch einmal 2.457 Schüler mit Migrationshintergrund, die an berufsbildenden Schulen lernen. Etwa 60 % dieser insgesamt 14.066 Schü- ler mit Migrationshintergrund waren Ausländer, 40 % Spätaussiedler. Tabelle 10: Schüler mit Migrationshintergrund an de n allgemeinbil-denden Schulen; den Schulen des zweiten Bildungsweg s und berufs-bildenden Schulen in Sachsen

Schüler mit Migrationshintergrund Schulart Ausländer Aussiedler Insgesamt

Grundschule 2 543 1 499 4 042 Mittelschule 1 905 1 977 3 882 Gymnasium 2 409 6 14 3 023 Allgemeinbildende Förderschule 323 1 60 483 Freie Waldorfschule 19 5 24 Schulen des 2. Bildungswegs 80 75 1 55 Berufsbildende Schulen 1 005 1 452 2 457 Insgesamt 8 284 5 782 14 066

Quelle: Auswertungen der Amtlichen Schulstatistik 2007/08 des Statistischen Landesamts Sachsen Nach Erhebungen des Statistischen Landesamts lag die Zahl der auslän-dischen Schüler an den allgemeinbildenden Schulen und den Schulen des zweiten Bildungswegs im Schuljahr 2007/2008 bei 7.279.93 Diese machten die somit 2,3 % der insgesamt 310.611 Schüler aus. Dabei ist der Anteil von ausländischen Schülern in Sachsen in den letzten Jahren kontinuierlich ge-stiegen, und zwar von 0,3 % im Schuljahr 1995/96 über 1 % im Schuljahr 2003/04 bis hin zu dem heutigen Anteil von über 2 %.94 Fast alle ausländischen Schüler kommen entweder aus Europa oder aus Asien, andere Herkunftsregionen spielen kaum eine Rolle. Innerhalb der Gruppe der Schüler aus Asien sind Vietnamesen besonders stark vertreten. Diese machen mit 23 % auch insgesamt den größten Anteil an allen aus-ländischen Schülern aus. _________________________ 93 StaLa: Allgemeinbildende Schulen im Freistaat Sachsen, 2007. In der über das StaLa zu beziehenden Publikation „Allgemeinbildende Schulen im Freistaat Sach-sen, 2007" wird eine differenzierte Auswertung nach Herkunftsregionen, Schulbe-such, Schulabschlüssen etc. nur nach dem Merkmal „Ausländer", aber nicht mehr nach dem Merkmal „Migrationshintergrund" vorgenommen. Entsprechend beziehen sich die folgenden Darstellungen nur noch auf „ausländische Schüler". Überdies beziehen sich die Zahlen auf die allgemeinbildenden Schulen und die Schulen des zweiten Bildungsweges. Berufbildende Schulen werden in dieser Statistik nicht dargestellt. 94 StaLa: Allgemeinbildende Schulen im Freistaat Sachsen, 2007. 45

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Abbildung 12: Herkunftsregionen der ausländischen S chüler in Sachsen (Schuljahr 2007/08)

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, eigene Berechnung, N=7.279 Eine besondere Herausforderung für den Freistaat Sachsen - im Vergleich zu den alten Bundesländern - stellt die Tatsache dar, dass der überwiegende Teil der ausländischen Schüler Quereinsteiger sind, d. h. dass sie bereits in einem anderen Land ihre Schullaufbahn bzw. eine Ausbildung begonnen haben. Deren Anteil wird auf etwa 80 % geschätzt, womit nur ein kleinerer Teil der ausländischen Kinder und Jugendlichen, die eine sächsische Schule besuchen, der zweiten Generation von Personen mit Migrationshintergrund angehören, also in Deutschland geboren und aufgewachsen sind.95 Der Anteil der ausländischen Schüler, die ein Gymnasium besucht, liegt über dem Anteil der deutschen Schüler: Gingen im Schuljahr 2007/2008 33 % aller ausländischen Schüler auf das Gymnasium, waren es nur 27 % der deutschen Schüler.96 Besonders hoch ist der Anteil von vietnamesischen Schülern, die am Gymnasium lernen: 42 % der vietnamesischen Schüler besuchen diese Schulform.97 Die Verteilung der ausländischen Schüler auf die verschiedenen Schulformen sowie deren Schulabschlüsse kann auch als _________________________ 95 Den daraus resultierenden Herausforderungen stellt sich der Freistaat durch die „Sächsische Konzeption zur Integration von Migranten", die in Kapitel 5.2.2 näher erläutert wird. 96 StaLa: Allgemeinbildende Schulen im Freistaat Sachsen, 2007. 97 Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen 2008, S. 50. 46

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ein Indiz für das Maß ihrer Integration sowie insbesondere ihrer Zukunfts-chancen genommen werden. Abbildung 13: Schulbesuch: Deutsche und ausländisch e Schüler im Vergleich (Schuljahr 2007/08)

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, eigene Berechnung, N=310.611, davon: N (deutsche Schüler) = 303.332, N (ausländische Schüler) = 7.279. Mit Blick auf die Schulabschlüsse wird allerdings auch deutlich, dass sich der hohe Anteil an ausländischen Schülern am Gymnasium nicht in entspre-chenden Absolventenzahlen widerspiegelt. So erwarben zum Abschluss des Schuljahrs 2006/2007 18 % der ausländischen Schulabgänger die allge-meine Hochschulreife und 44 % einen Realschulabschluss, womit diese Zahlen unter dem Anteil für die deutschen Schüler liegen (32 % bzw. 50 %).98 Umgekehrt verhält es sich bei den „niedrigeren" Abschlüssen, also Hauptschulabschluss und dem allgemeinen Abgangszeugnis. Während 17 % der ausländischen Schüler einen Hauptschulabschluss erwarben und 21 % ein Abgangszeugnis erhielten, waren es bei den deutschen Schülern 10 % bzw. 8 %. _________________________ 98 Positiv ist an dieser Stelle allerdings auch festzuhalten, dass die Quote der ausländischen Schüler in Sachsen, die die allgemeine Hochschulreife erreichen, seit einigen Jahren stetig zunimmt: Erwarben im Schuljahr 1999/2000 nur 3,8 % der ausländischen Schüler die allgemeine Hochschulreife, waren es in den Schuljahren 2000/2001 bis 2002/2003 bereits um die 9 %. Seit dem Schuljahr 2003/2004 liegt der Anteil nun stetig bei etwa 20 % (Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen 2008, S. 50). 47

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Abbildung 14: Schulabschlüsse 2007: Deutsche und au sländische Schüler im Vergleich

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Eigene Berechnung, N=44.000, davon: N (deutsche Schüler)= 43.281, N (ausländische Schüler) = 719. Hinsichtlich eines Vergleichs mit Zahlen auf Bundesebene ist allerdings po-sitiv hervorzuheben, dass die Zahlen für die ausländischen Abiturienten in Sachsen fast doppelt so hoch liegen, wie im bundesweiten Schnitt, wo die Abiturquote unter ausländischen Schülern im Schuljahr 2006 nur bei 10,2 % lag. Auch beim Realschulabschluss liegen die Schüler in Sachsen über der bundesdeutschen Vergleichsquote, die bei 29,1 % liegt.99 Mit Blick darauf, dass fast ein Fünftel der ausländischen Schüler die Schule ohne einen or-dentlichen Abschluss verlässt, ist hier zunächst festzustellen, dass Sachsen im Demografiemonitor der Bertelsmann Stiftung als eines von drei Ländern benannt wird, in denen hinsichtlich der ausländischen Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss kein besonderer Handlungsbedarf erkannt wird.100 Gleichwohl deutet diese Zahl auch darauf hin, dass es zu Schwierigkeiten bei der zukünftigen beruflichen Integration dieser Jugendlichen kommen wird und dieses eine Gruppe ist, bei der, verglichen mit anderen Bereichen, ein erhöhter Handlungsbedarf besteht. Die Akteursbefragung hat deutlich gemacht, dass auch im Bereich Schule von 32 % der Befragten ein erschwerter Zugang bzw. erschwerte Möglich-keiten zur gleichwertigen Partizipation gesehen werden. Die Gründe hierfür stellen sich ähnlich dar wie im Bereich der Krippen und Kindertagesein-richtungen, wobei neben der Hervorhebung von sprachlichen Barrieren bei Eltern (90 %) auch sprachliche Hindernisse im Kontext von Schule für die ________________________ 99 Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen 2008, S. 50. 100 Bertelsmann Stiftung 2007, 5. 4. 48

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Kinder eine Rolle spielen (82 %). Im Rahmen der Expertengespräche und Fokusgruppen wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass diese sprachlichen Probleme fast ausschließlich für die Quereinsteiger gel-ten, Schüler der zweiten Generation dagegen keine Sprachdefizite mehr aufweisen würden.101 Auch die Herausforderungen durch die zunehmend multikulturelle Zusammensetzung der Schülerschaft in einigen Regionen bzw. Stadtteilen wurden als Handlungsfeld benannt. Gleichzeitig wurde die „Sächsische Konzeption zur Integration von Migran-ten" immer wieder positiv hervorgehoben und als Erfolgsfaktor für die schu-lische Integration von neu zugewanderten Schülern benannt.102 Insbeson-dere die Vorbereitungsklassen wurden hier gelobt und es wurde betont, dass auch in den ländlichen Gebieten, in denen es teilweise nur sehr wenige Kinder gibt, die eines solch speziellen Unterrichts bedürfen, entsprechende Lösungen gefunden werden, um auch diesen Schülern eine gleichberech-tigte Teilhabe an der schulischen Bildung zu ermöglichen. Durch die im Rahmen der Konzeption vorgesehenen Betreuungslehrer bestünde zudem bereits seit einigen Jahren ein etabliertes und gut funktionierendes System, um Konflikten zu begegnen und Schülern, Eltern und anderen Lehrern feste Ansprechpersonen zu bieten. Schlussendlich bleibt für den Bereich der schulischen Erstausbildung in Bezug auf Schüler mit Migrationshintergrund festzuhalten, dass hier der Freistaat Sachsen im bundesdeutschen Vergleich, insbesondere mit den alten Bundesländern, sehr gut dasteht, was den Besuch der verschiedenen Schulformen und die erworbenen Abschlüsse betrifft. Gleichzeitig wird aber auch ein Missverhältnis zwischen Schulbesuch und Art des Schulab-schlusses deutlich, insbesondere, was den erhöhten Anteil der ausländi-schen Schüler betrifft, die diese nur mit einem Abgangszeugnis verlassen.

4.2.1.3 Berufliche Bildung Eine qualifizierte Berufsausbildung bildet die Grundlage für eine berufliche Eingliederung und somit auch für die ökonomische und gesellschaftliche Integration. Allerdings zeigt sich im bundesweiten Vergleich, dass Jugendli- che und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund seltener über formale Bildungsabschlüsse verfügen als Personen ohne Migrationshintergrund. Zu- dem ist die Ausbildungsbeteiligung von ausländischen Jugendlichen seit den 90er Jahren rückläufig.'°' Als Gründe werden neben mangelnden Sprach- _______________________________ 101 In diesem Punkt zeigt sich ein deutlicher Unterschied zu den Erfahrungen in Westdeutschland, wo die mangelnden Sprachkenntnisse der teilweise bereits in der vierten Generation in Deutschland lebenden Jugendlichen mit Migrationshintergrund immer wieder als zentrales Problem benannt werden. 102 Die sächsische Konzeption zur Integration von Migranten" vom 01.08.2000 (MBI. SMK, S. 149). Zur näheren Erläuterung vgl. auch Kapitel 5.2.2. 103 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2007a, S. 65. 49

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kenntnissen und inadäquaten Bildungsvoraussetzung auch die generell angespannte Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt sowie gesellschaftliche und institutionelle Diskriminierungen genannt.104 So haben auch junge Menschen, die alle für eine Ausbildung nötigen Voraussetzungen mitbringen, Schwierigkeiten, in den regionalen Ausbildungs- und Beschäftigungsmarkt einzutreten.105 Seit Jahren übersteigt hier die Nachfrage nach Ausbildungs-plätzen das entsprechende Angebot. Dabei gab es im Jahr 2006 im Freistaat Sachsen 86.742 Auszubildende, wovon nur ein sehr geringer Teil, nämlich 0,3 % (287 Personen), ausländi-scher Herkunft war.106 Innerhalb der Gruppe der ausländischen Auszubil-denden wurden Berufe im Dienstleistungsbereich sowie Fertigungsberufe am häufigsten für eine Ausbildung gewählt. Abbildung 15: Ausländische Auszubildende im Freista at Sachsen nach Berufsbereichen (2006)

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, eigene Berechnung, N=287 Auf Basis der „Evaluation des Gesamtsystems zur Unterstützung benachtei- ligter Ausbildungsbewerber in Sachsen" wird dabei deutlich, dass der Anteil der nicht vermittelten ausländischen Bewerber leicht über ihrem Anteil an ___________________________ 104 Im Rahmen der Fokusgruppen wurde zudem von Beispielen berichtet, in denen potenzielle Arbeitgeber sofort das Telefonat beendet haben, als sie nach einem Praktikumsplatz für einen Ausländer gefragt wurden. 105 Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik & Economix Research und Consulting 2005, S. 5. 106 StaLa: Auszubildende im Freistaat Sachsen (Ergebnisse der Berufsbildungssta-tistik), 2006. 50

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den Bewerbern liegt. So haben sich im Ausbildungsjahr 2004/05 56.543 Jugendliche als Bewerber für Berufsausbildungsstellen registrieren lassen, darunter 0,7 % Nicht-Deutsche. Zum 30.09.2004 gab es 2.614 nicht ver-mittelte Bewerber (4,6 %), wovon 0,9 % ausländischer Herkunft waren.107 Mit Blick auf diesen geringen Anteil, den Ausländer bei den Auszubildenden ausmachen, scheint dieser Weg der beruflichen Qualifizierung keinen hohen Stellenwert zu genießen. Und auch in den Expertengesprächen und Fo-kusgruppen hat der Aspekt der Ausbildung eine untergeordnete Rolle ge-spielt. Vielfach wurde hier auf die generell schlechte Lage auf dem Ar-beitsmarkt, die Herausforderungen für die Arbeitsverwaltung sowie das fehlende Wissen der Jugendlichen selbst um mögliche Ausbildungswege verwiesen. Dabei wurde aber auch deutlich, dass das duale Ausbildungs-system vielen ausländischen Jugendlichen nicht vertraut ist und dieser Weg des beruflichen Einstiegs daher nur selten gewählt wird.108

4.2.1.4 Studium Die neuen Bundesländer haben eine lange Tradition, was die Ausbildung von ausländischen Studierenden an ihren Universitäten betrifft: Von 1951 bis 1989 erwarben zwischen 64.000 und 78.400 ausländische Studierende aus über 125 verschiedenen Staaten einen Abschluss an den verschiedenen Universitäten der DDR. Sie machten damit einen Anteil von 3 % aller Hochschulabsolventen aus. Zudem bildeten die Studierenden auch eine wichtige Gruppe innerhalb der Ausländer in der DDR insgesamt. Seit den 70er Jahren haben ausländische Studierende bis zu 7 % innerhalb aller Ausländer ausgemacht. Vor der Anwerbung der Vertragsarbeiter in den 60er Jahren haben sie sogar die größte Gruppe gebildet.109 Die lange Tradition und die große Bedeutung, die ausländische Studierende in der ehemaligen DDR hatten, spiegeln sich dabei bis heute in der Zu-sammensetzung der Studierenden wider. So waren von den insgesamt ___________________________ 106 776 Studierenden, die im Wintersemester 2006/07 an den Hochschulen 107 Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik & Economix Research und Consulting 2005, S. 6. 108 Damit bewegt sich Sachsen im bundesweiten Trend. Auch insgesamt ist das deutsche Ausbildungssystem vielen Personen mit Migrationshintergrund nicht ver-traut und die entsprechenden Regelungen sind unbekannt. Dieses gilt sowohl für die Seite der potenziellen Auszubildenden mit Migrationshintergrund, als auch für Un-ternehmer, die einen Migrationshintergrund haben und potenziell ausbilden könnten. Daher gibt es inzwischen auf Bundesebene verschiedene Programme und Projekte, die sich an diese Zielgruppe richten, um die Ausbildungsbeteiligung zu erhöhen. 109 Poutrus 2005, S. 6f. 51

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im Freistaat Sachsen studierten, 10.024 — also 9,4 % — ausländischer Herkunft.110 etwa 90 % der ausländischen Studierenden haben ihre Hoch-schulzugangsberechtigung im Ausland erworben, und 10 % in Deutsch-land.111 Somit ist der überwiegende Teil der ausländischen Studierenden Bildungsausländer, d. h. Personen, die sich zu Studienzwecken in Deutschland aufhalten. Neben den unterschiedlichen Anteilen der ausländischen Studierenden an den verschiedenen Fächergruppen zeigen sich auch innerhalb dieser Gruppe große Differenzen hinsichtlich der gewählten Fächer. Am belieb-testen sind hier die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Ingenieurwissenschaften, am seltensten werden Sport, Agrar-, Forst und Ernährungswissenschaften sowie Humanmedizin/ Gesundheitswissen-schaften gewählt. Abbildung 16: Ausländische Studierende nach Fächerg ruppen (WS 2006/07)

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Eigene Berechnung, N=10.024 ___________________________ 110 Dabei schwankt deren Anteil bei den verschiedenen Fächergruppen deutlich und geht von 3,4 % (Veterinärmedizin) bzw. 4,3 % (Sport) bis hin zu 10,1 % (Ma-thematik / Naturwissenschaften), 10,2 % (Rechts-, Wirtschafts-, und Sozialwissen-schaften) sowie einem Spitzenwert von 14,4 % bei Kunst / Kunstwissenschaften. 111 StaLa: Studenten im Wintersemester 2006/07 nach Hochschulen und dem Land des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung. 52

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Im Rahmen der Expertengespräche und Fokusgruppen wurde der Aspekt der ausländischen Studierenden nur am Rande behandelt. Grund hierfür war die Tatsache, dass der überwiegende Teil der Studierenden nach ihrem Abschluss wieder in ihre Heimatländer zurückkehren würde und eine nachhaltige Integration in die Gesellschaft somit nicht relevant sei. Zudem seien diese Studierenden gut organisiert (in eigenen Gruppen und Organi-sationen) und würden von verschiedenen Stellen mit den nötigen (rechtli-chen) Informationen für ihren Aufenthalt versorgt werden. Bei den auslän-dischen Studierenden, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, sei zudem von einer bereits erfolgreichen Integration auszugehen. Relevant werden entsprechende Aktivitäten dann vor allem wieder beim Übergang in den Beruf, wobei hier dann auf Seiten der Arbeitsverwaltung eher eine ge-zielte Beratung für Akademiker als für Personen mit Migrationshintergrund gebraucht würde.

4.2.2 Ausbildungsstand und Qualifikationsniveau der zugewanderten Erwachse-nen Zuwanderung in die neuen Bundesländer stellt sich auch als qualifizierte Zuwanderung dar. So haben etwa 70 % der russischen Juden einen Uni-versitäts- bzw. Hochschulabschluss.112 Von den aufgenommenen Spätaus-siedlern und ihren Familienangehörigen besitzen mehr als zwei Drittel einen Fachschul- oder Technikum-Abschluss.113 Mit Blick auf die Zahlen des IAB, die auf der Integrierten Erwerbsbiographie beruhen, stellt sich hier das Qualifikationsniveau der Spätaussiedler allerdings deutlich schlechter dar: Über einen (Fach-)Hochschulabschluss verfügen demnach 9,3 % der Spätaussiedler, 52,1 % haben eine Berufsausbildung und 36,2 % sind ohne Berufsausbildung.114 Und auch auf Basis der Aussage, dass etwa jeder dritte Ausländer, der im Freistaat arbeitet, über einen Hochschul- oder Universi-tätsabschluss verfügt,115 lässt sich nicht automatisch auf ein hohes Qualifi-kationsniveau schließen, da sozialversicherungspflichtig beschäftigte Aus-länder keine repräsentative, sondern eine verzerrte Teilmenge der Grund-gesamtheit der Ausländer darstellt.116 Dabei wurde im Rahmen der Expertengespräche und Fokusgruppen, aber auch in den Interviews in den Ressorts der Staatsregierung immer wieder betont, dass die guten Qualifikationen, die die Personen mit Migrationshin-tergrund (zumindest in Teilen) mitbringen, auch für den sächsischen _________________________ 112 Glöckner 2007, S. 121 f. 113 Weiss 2007b, S. 44. Das Technikum ist eine berufsorientierte Mittelschule, die in der Regel mit Abitur endet. 114 IAB-Kurzbericht 8/2007, S. 3. Diese Zahlen beziehen sich auf das gesamte Bundesgebiet. 115 Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen 2008, S. 33. 116 Vgl. Kapitel 4.3.2. 53

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Arbeitsmarkt in Wert gesetzt werden müssten, um hier die positiven Effekte dieser Zuwanderung zu nutzen. Insbesondere vor dem Hintergrund des immer wieder diskutierten und auch in Sachsen festzustellenden Fachkräf-temangels gibt es hier vorhandene Potenziale. Eine zentrale Herausforde-rung stellt in diesem Zusammenhang die immer wieder angesprochene Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse dar.117

4.3 Arbeitsmarktintegration von Personen mit Migrat ionshin-tergrund in Sachsen

4.3.1 Erwerbsbeteiligung Die Erwerbsquote118 stellt einen zentralen Indikator für die berufliche Integration von Personen mit und ohne Migrationshintergrund dar. Für ganz Deutschland zeigt sich eine über den Zeitverlauf relativ stabile Erwerbsbe-teiligung unter Ausländern von ungefähr 66 %. Ausländische Männer betei-ligen sich dabei mit 80 % deutlich häufiger am Erwerbsleben als ausländi-sche Frauen, deren Erwerbsquote bei 53 % liegt. Die Erwerbsquote bei Deutschen liegt mit 76 % deutlich über der von Ausländern. Hier sind auch die Unterschiede zwischen Männern und Frauen geringer: Deutsche Männer haben aktuell eine Erwerbsquote von 81 %, deutsche Frauen eine Er-werbsquote von 70 %.119, Für Spätaussiedler wird die Erwerbsquote für ganz Deutschland auf gut 50 % geschätzt.120 Im Freistaat Sachsen waren im 2. Quartal 2007 13.517 Ausländer als be-schäftigt gemeldet, was einem Anteil von 1,0 % an allen Beschäftigten entspricht und einen Anstieg von fast 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.121 Gleichwohl liegt der Beschäftigtenanteil von einem Prozent deutlich unter dem Anteil an der ausländischen Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren, der von der Bundesagentur für Arbeit mit 3,6 % angegeben wird.122 Insgesamt zeigt sich im Zeitverlauf ein schwankendes Bild hinsichtlich der Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer im Freistaat Sachsen. ______________________________ 117 Vgl. Kapitel 4.3.5.1. 118 Die Erwerbsquote berechnet sich als Quotient aus den Erwerbspersonen (d. h. sowohl den Erwerbstätigen als auch den Arbeitslosen) durch die Gesamtbevölke-rung x 100 %. 119 Bundesagentur für Arbeit, Analyse des Arbeitsmarkts für Ausländer Januar 2008 mit den Erwerbsquoten von 1991 bis 2006. 120 IAB-Kurzbericht 8/2007, S. 2. Allerdings beziehen sich diese Angaben auf das Jahr 2004. 121 Bundesagentur für Arbeit, Analyse des Arbeitsmarkts für Ausländer Januar 2008. 122 Die Gesamtzahl der ausländischen Bevölkerung in Sachsen zwischen 15 und 65 Jahren wird von der Bundesagentur für Arbeit mit 102.000 beziffert, wobei sie sich auf die Zahlen der Bevölkerungsfortschreibung beruft. 54

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Abbildung 17: Anzahl der sozialversicherungspflicht ig beschäftigten Ausländer in Sachsen zum jeweiligen Stichtag 31.12.

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Herkunfts-land korreliert dabei nur zum Teil mit der Anzahl der Personen, die im Frei-staat Sachsen leben. Kommen die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus Vietnam und Polen, was auch deren hoher Anzahl unter den Ausländern entspricht, fallen die Beschäftigten aus der Russischen Föderation, gemessen an der Anzahl der in Sachsen lebenden Personen, etwas ab. Demgegenüber sind Türken, gemessen an ihrem Anteil in der Bevölkerung, überdurchschnittlich häufig sozialversicherungspflichtig tätig. Tabelle 11: Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer am 31.12.2006

Land Anzahl Vietnam 1 365 Polen 1 013 Türkei 858 Russische Föderation 807 Ungarn 668 Ukraine 506

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen Spätaussiedler werden in dieser Statistik aus den genannten Gründen nicht erfasst.123 ____________________________ 123 Für Deutschland vorliegende Studien in Bezug auf die Erwerbstätigkeit von Spätaussiedlern weisen u. a. darauf hin, dass vor allem der Ort und die dort exis-tierende Verbreitung der Arbeitslosigkeit entscheidend für die Aufnahme der Er-werbstätigkeit von Spätaussiedler seien. Daneben sind persönliche Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Qualifikation entscheidend für den Erhalt einer Arbeit (Haug & Sauer 2007, Folie 23). 55

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4.3.2 Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ausländer nach ausgewählten Merkmalen In Anlehnung an die Erwerbsbeteiligung in ganz Deutschland sind auch im Freistaat Sachsen wesentlich mehr ausländische Männer sozialversiche-rungspflichtig beschäftigt. Diese stellen ca. zwei Drittel der ausländischen Beschäftigten dar. Die Altersverteilung zeigt im Vergleich zur deutschen Wohnbevölkerung keine wesentlichen Unterschiede. So sind vor allem Ausländer zwischen 30 und 40 Jahren sozialversicherungspflichtig beschäftigt.124 Anhand der vorliegenden Daten können Trends hinsichtlich der Verteilung von Qualifikationen unter den Ausländern dargestellt werden.125 So zeigt sich im Zeitverlauf eine deutliche Steigerung der hochqualifizierten Be-schäftigung von Ausländern, die in Sachsen tätig sind. Diese hat sich seit 1997 mehr als verdoppelt. Demgegenüber sinkt die Anzahl der sozialversi-cherungspflichtig Beschäftigten ohne abgeschlossene Berufsausbildung leicht. Der größte Rückgang ist bei Ausländern mit abgeschlossener Be-rufsausbildung zu erkennen. Tabelle 12: Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer nach Qualifikation in Sachsen zum jeweili gen Stichtag 31.12.

Jahr

Ohne abgeschlos- sene Berufsaus-

Bildung

Mit abgeschlos- sener Berufsaus-

Bildung

Fachhochschule, wissenschaftliche Hochschule, Uni-

versität 1997 1 683 6 282 1 543 1998 1 717 6 315 1 610 1999 1 421 4 450 1 576 2000 1 412 5 033 1 843 2001 1 360 3 920 1 943 2002 1 382 3 535 2 176 2003 1 447 3 556 2 472 2004 1 519 3 356 2 753 2005 1 464 3 131 2 952 2006 1 580 3 509 3 346 Veränderung von 1997 bis 2006

- 6,1%

- 44,1%

+ 116,9% Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen _________________________________________ 124 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Stichtag 31.12.2006. 125 Es liegen nicht für alle sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer Daten zur Qualifikation vor. Ein Grund hierfür dürfte darin liegen, dass viele Aus-länder geringfügig beschäftigt sind. Bei solchen Beschäftigungsverhältnissen fehlen häufig Angaben zum Qualifikationsniveau des Arbeitnehmers. 56

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Die zunehmende Wichtigkeit angemessener beruflicher Qualifikationen spiegelt sich auch in den Anteilen der Qualifikationsniveaus wider: Während 1997 hochqualifizierte Ausländer unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten rund 13 % ausmachten, stieg dieser Anteil bis 2006 auf rund 26 %.

4.3.3 Branchenschwerpunkte der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer in Sachsen Der Wandel der industriellen Arbeitswelt findet ihren Niederschlag auch in den Branchen, in denen Ausländer in Sachsen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. So verschiebt sich der Anteil der beschäftigten Ausländer im Zeitverlauf deutlich weg vom produzierenden Gewerbe hin zur Erbringung von Dienstleistungen. So sank im Zeitraum von 1997 bis 2006 der Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer im produzierenden Gewerbe von 39 % auf 23 %, während sich im gleichen Zeitraum bei den sonstigen Dienstleistungen der Anteil von 34 % auf 45 % stieg.126 Abbildung 18: Anteil der sozialversicherungspflicht ig beschäftigte Ausländer nach Branchen in Sachsen zum jeweiligen S tichtag 31.12.

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen __________________________ 126 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 57

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4.3.4 Formen der beruflichen Integration der sozialversicherungspflichtig be-schäftigten Ausländer in Sachsen Beschäftigte Ausländer in Sachsen sind verglichen mit der deutschen Wohnbevölkerung in Sachsen überproportional häufig in Teilzeit beschäftigt. Dies gilt mit Ausnahme des verarbeitenden Gewerbes über alle Branchen hinweg.127 Neben dieser vermehrten Beschäftigung in Teilzeit zeigt sich auch ein er-höhter Anteil an geringfügig Beschäftigten unter den Ausländern. So steigt die Anzahl der ausschließlich geringfügig beschäftigten Ausländer (mit ei-nigen Schwankungen) in den letzen Jahren an.128 Abbildung 19: Ausschließlich geringfügig beschäftig te Ausländer im Zeitverlauf im Freistaat Sachsen

Quelle: Bundesagentur für Arbeit Ebenso steigt die Anzahl der im Nebenjob geringfügig beschäftigten Aus-länder im betrachteten Zeitverlauf. Im Vergleich mit der deutschen Wohn-bevölkerung hinsichtlich der geringfügigen Beschäftigung zeigt sich, dass ein prozentual höherer Anteil an Ausländern ausschließlich geringfügig be-schäftigt ist. Daneben weist das IAB darauf hin, dass in Deutschland sowohl Ausländer als auch Spätaussiedler mit 70 % bzw. 55 % überdurchschnittlich häufig als Nichtfacharbeiter tätig seien. Demgegenüber sind die Anteile an Angestell-ten, verglichen mit der einheimischen deutschen Bevölkerung (über 50 %), _______________________ 127 Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen 2006, S. 79. 128 Dieser Trend ist bundesweit zu erkennen und gilt sowohl für Deutsche als auch für Ausländer. Gleichwohl ist im Vergleich zu den Deutschen die Anzahl der ge-ringfügig beschäftigten Ausländer stärker angestiegen. 58

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unter Ausländern und Spätaussiedlern (26 % bzw. 13 %) gering. Diese beiden Gruppen sind somit häufig nicht in prestigeträchtigen Berufen ver-treten.129 Auch im Rahmen der Fokusgruppen wurde darauf hingewiesen, dass viele Personen mit Migrationshintergrund sich eher in niedrigeren und schlechter bezahlten Beschäftigungsverhältnissen befinden würden. Zudem haben im Rahmen der Akteursbefragung 86 % der Befragten die berufliche Stellung von Personen mit Migrationshintergrund (im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund) als „schlechter" oder „viel schlechter" bewertet.

4.3.5 Probleme der Arbeitsmarktintegration von Personen mit Migrationshin-tergrund in Sachsen Überall in Deutschland sind Ausländer überdurchschnittlich häufig von Ar-beitslosigkeit betroffen.130 Diese Tendenz zeigt sich auch im Freistaat Sachsen. Wenngleich sich die positive wirtschaftliche Entwicklung auch unter Ausländern bemerkbar macht, liegt die Arbeitslosenquote unter Aus-ländern mit 39,1 % im Februar 2008 immer noch mehr als doppelt so hoch als die Arbeitslosenquote insgesamt, die sich bei 16,2 % befand. Gleichwohl konnte die Arbeitslosenquote unter Ausländern im Vergleich zum Vorjah-reszeitpunkt um 4,9 % gesenkt werden, insgesamt fiel dieser Rückgang mit 2,4 % geringer aus. Mit Blick auf die Arbeitslosenquoten in den einzelnen Geschäftsstellen der BA im Freistaat Sachsen unterscheiden diese sich zum Teil deutlich von-einander. Während in Dresden die Quote für Ausländer mit 29,4 % ver-gleichsweise gering ist, liegt sie in Leipzig mit knapp 45 ob deutlich über dem Durchschnitt. Die Arbeitslosenquote insgesamt liegt in Dresden bei 13,1%, in Leipzig dagegen bei 17,6%. Betrachtet man die Anzahl der Arbeitslosen nach Nationalitäten, zeigt sich bei Personen aus Osteuropa ein Absinken der Zahlen. Im Gegensatz dazu steigt bei Personen mit vietnamesischer Staatsbürgerschaft die Zahl der Arbeitslosen leicht an. _____________________________ 129 IAB-Kurzbericht 8/2007, S. 4. 130 Lag im Februar 2008 die Arbeitslosenquote insgesamt bei 9,7 %, war die Ar-beitslosenquote unter Ausländern mit 19,3 % mehr als doppelt so hoch (Bundes-agentur für Arbeit). 59

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Tabelle 13: Anzahl der Arbeitslosen nach Nationalit äten (fünf größte Gruppen) jeweils im Februar

Land 2005 2006 2007 2008 Russische Föderation 1.858 1.628 1.505 1.443 Ukraine 1.265 1.270 1.190 1.135 Vietnam 847 823 918 927 Türkei 656 713 651 685 Polen 645 568 581 553 Quelle: Bundesagentur für Arbeit Dabei beziehen 84 % der Ausländer Leistungen nach dem Rechtskreis des SGB II. Insgesamt (also Deutsche und Ausländer zusammen) beziehen ungefähr 65 % der arbeitslosen sächsischen Wohnbevölkerung Leistungen nach dem SGB II. Dementsprechend sind auch die Eingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt geringer, da vor allem Leistungsbezieher aus dem Rechtskreis des SGB III schneller Arbeit finden. Spätaussiedler werden in den offiziellen Arbeitsmarktstatistiken als Deut-sche gezählt, deren Arbeitslosenquote wird daher nicht separat erfasst. Daten über die Anzahl der arbeitslosen Spätaussiedler im Freistaat Sachsen werden in einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Statistik-Service Südost „Bestand Arbeitslose nach ausgewählten Merkmalen", ausgewiesen. Nach diesen Daten waren im Oktober 2007 1.727 Spätaussiedler im Frei-staat Sachsen arbeitslos gemeldet, gut die Hälfte davon waren weiblich.131 Im Zeitverlauf ist darüber hinaus ein Sinken der Zahlen festzustellen.132 Tabelle 14: Bestand an Arbeitslosen nach ausgewählt en Merkmalen in Sachsen

Anzahl Arbeitslose Zeitpunkt Ausländer

Deutsche gesamt

darunter: Spätaussiedler

Okt 03 8.620 361.543 4.215 Okt 04 9.083 365.105 3.988 Okt 05 10.256 313.115 3.443 Okt 06 10.376 283.986 2.689 Okt 07 9.861 247.097 1.727

Quelle: Bundesagentur für Arbeit In Bezug auf diese Zahlen muss an dieser Stelle allerdings angemerkt werden, dass diese sehr niedrig erscheinen: Ausgehend von etwa 115.000 aufgenommenen Spätaussiedlern, von denen sich nach Schätzungen etwa ____________________________ 131 Bundesagentur für Arbeit, Statistik-Service Südost: Bestand Arbeitslose nach ausge-wählten Merkmalen. Daten ohne zugelassene kommunale Träger (relevant ab 01.01.2005/ Einführung ALG II). 132 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Auswertung seit 2005 ohne zugelassene kom-munale Träger stattfindet und daher zwischen 2004 und 2005 ein entsprechender Abfall der Zahlen auch auf diesen Umstand zurückzuführen ist. 60

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40 % noch im Freistaat aufhalten,133 was rund 46.000 Personen entspräche, würde eine Anzahl von 1.727 arbeitslosen Spätaussiedlern eine Arbeitslo-senquote unter Spätaussiedlern von 3,75 % ergeben. Verstärkt kommt an dieser Stelle hinzu, dass das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung für das Jahr 2004 festgestellt hat, dass Spätaussiedler sogar häufiger ar-beitslos waren als Ausländer: So wird für den 30.06.2004 die Arbeitslo-senquote bei Spätaussiedlern in Sachsen insgesamt mit 60,7 % angegeben, bei Ausländern lag diese dagegen bei 39,1 % 134 Anders als bei Deutschen (ohne Spätaussiedler) und Ausländern steigen die Beschäftigungschancen von Spätaussiedlern mit steigendem Qualifikati-onsniveau nicht an. So sind Spätaussiedler mit Fachhochschul- oder Uni-versitätsabschluss häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als solche ohne Berufsausbildung. Gründe hierfür sind neben mangelnden Deutschkennt-nissen (die in solchen qualifizierten Berufen in der Regel eine größere Rolle spielen) auch die fehlende Anerkennung von Abschlüssen, die eine Ar-beitsmarktintegration von Spätaussiedlern erschwert.135 Als Gründe für die Arbeitslosigkeit unter Ausländern wird immer wieder auf Sprachdefizite sowie ein häufig nicht adäquates Qualifikationsniveau hin-gewiesen. Von den Experten und in den Fokusgruppen wurde zudem auf die generell schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt in Sachsen, insbesondere in den ländlichen Räumen, sowie auf strukturelle Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt verwiesen. Zudem wurde auch noch einmal die spezielle Rolle der Arbeitsverwaltung vermerkt, gleichzeitig aber auch festgestellt, dass hier Personen mit Migrationshintergrund in der Regel nicht als besondere Ziel-gruppe wahrgenommen würden, obwohl sie häufig besondere Bedarfe hätten. Im Rahmen der Akteursbefragung haben 54 % der Befragten angegeben, dass sie bei den ARGEn136 /Optionskommunen137/ Bundesagentur für Arbeit einen erschwerten Zugang bzw. eine erschwerte Teilnahme für Personen mit Migrationshintergrund sehen.138 Als Gründe wurden von über 90 % Probleme in der Kommunikation durch sprachliche Defizite und von 85 % die fehlende Ausrichtung der Prozesse und Maßnahmen (z. B. Anerkennung von „informellen" Qualifikationen oder migrantenspezifische Kompetenz-feststellung) auf Personen mit Migrationshintergrund benannt. Darüber hin- __________________________ 133 Vgl. Kapitel 3.2.1. 134 IAB-Kurzbericht 8/2007, S.3. Dabei wird auf Daten der Integrierten Erwerbs-biographie zurückgegriffen, die eine Unterscheidung zwischen Ausländern, Deut-schen und Spätaussiedlern als Untergruppe der Deutschen anhand verschiedener Merkmale ermöglicht. 135 IAB-Kurzbericht 8/2007, S. 4. 136 Arbeitsgemeinschaften zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II. 137 Zugelassener kommunaler Träger zur Umsetzung des SGB II. 138 Dieser Wert war der höchste für alle der aufgeführten Institutionen. Vgl. auch Kapitel 4.6. 61

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aus wurde auch auf fehlende interkulturelle Kompetenz einiger Mitarbeiter hingewiesen.

4.3.5.1 Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen verfügen teilweise über gute schulische und berufliche Qualifikationen.139 Viele haben ihre Abschlüsse im Ausland erworben und können keine den deutschen Graden entsprechende Zeugnisse vorweisen. Um diese Qualifikationen jedoch auf dem deutschen Arbeitsmarkt in Wert setzen zu können, spielt die Aner-kennungspraxis von ausländischen Zeugnissen eine große Rolle. Dies be-trifft sowohl die schulische als auch die berufliche Ebene. Grundlegend gilt, dass die im Ausland erworbenen Zeugnisse anerkannt werden müssen, wenn sie den deutschen Zeugnissen und Befähigungs-nachweisen gleichwertig sind. Rechtsgrundlage hierfür sind bei Spätaus-siedlern § 10 Abs. 2. BVFG, bei Unionsbürgern kommen die Anerken-nungsrichtlinien140 zur Anwendung. Dabei gibt es je nach im Heimatland erworbenem Abschluss verschiedene für die Anerkennung zuständige Stellen. Neben unterschiedlichen Ressorts der Staatsregierung (u. a. SMWK, SMJus oder SMK) sind hier auch die drei Regierungspräsidien in Chemnitz, Dresden und Leipzig, das Regional-schulamt sowie die Kammern verantwortlich.141 Die Verfahren zur Anerkennung sowie deren Quantität variieren zwischen den einzelnen Anerkennungsstellen. In den meisten Fällen wird eine Ein-zelfallprüfung vorgenommen. Häufig werden diese Daten nicht statistisch erhoben, sodass die Zahlen von den entsprechenden Stellen nur geschätzt werden können, wobei deutlich geworden ist, dass die Anzahl der Anträge auf Anerkennung zwischen einzelnen Abschlüssen und Berufen erheblich schwankt. __________________________ 139 Vgl. Kapitel 4.2.2. 140 Am 20. Oktober 2005 trat die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rats über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in Kraft, die bis zum 20. Oktober 2007 von den Mitgliedsländern in nationales Recht umzusetzen war. Die bis zum 20. Oktober 2005 die Anerkennung von Berufsqualifikationen regelnden 15 Richtlinien sind in den Mit-gliedstaaten zum 20. Oktober 2007 außer Kraft getreten. Sie sind im Einzelnen in Art. 62 RL 2005/36 aufgeführt. Die Richtlinie gilt gemäß Art. 2 RL 2005/36 für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union, die als Selbstständige, Freiberufler oder ab-hängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen als dem, in dem sie ihre Berufsqualifikation erworben haben. Von dem Anwen-dungsbereich nicht erfasst wird die Anerkennung von außerhalb der Europäischen Union erworbenen Berufsabschlüssen, die sich weiterhin nach nationalem Recht richtet: (www.juraforum.de/lexikon/Anerkennung%20von%20Berufsqualifikationen). 141 Die zuständigen Stellen sind von Rambøll Management zu der Anzahl der bei ihnen eingehenden Anträge, den Zustimmungen und Ablehnungen sowie den relevanten Verfahren in diesem Zusammenhang telefonisch bzw. schriftlich befragt worden. 62

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Gehen im ärztlichen, zahnärztlichen und pharmazeutischen Bereich jährlich Anträge in geringer dreistelliger Zahl ein, liegt die Zahl der Anträge auf An-erkennung von Schulabschlüssen im oberen dreistelligen Bereich, die meisten davon betreffen Hochschulzugangsberechtigungen. Die Anzahl der Anträge auf Anerkennung berufsqualifizierender Abschlüsse liegt zwischen einem mittleren zweistelligen Bereich und einem unteren dreistelligen Be-reich pro Jahr. Im Lehramtsbereich spielt die Anerkennung ausländischer Abschlüsse kaum eine Rolle, wobei hier auch die insgesamt nur vereinzelte Einstellung von Lehrern ein Grund ist. Dabei verzeichnen alle Stellen eine tendenziell rückläufige Anzahl von An-trägen von Spätaussiedlern, was auch mit dem regelrechten Einbruch des Zuzugs dieser Gruppe nach Sachsen begründet werden kann. Diese ma-chen dennoch weiterhin den größten Anteil unter den Antragstellern aus. Darüber hinaus wird auch von einem zunehmend erhöhten Informations-bedarf vor allem von Personen aus Staaten der EU-15 sowie der Schweiz berichtet, wobei es vielfach nicht zu einer Antragstellung komme. Ebenso wie die Anzahl der Anträge schwankt auch die Anerkennungsquote zwischen den einzelnen Bereichen, auch wenn in allen Stellen die Anträge tendenziell wohlwollend geprüft werden. Zu einer grundsätzlichen Ableh-nung von jedweder Qualifikation kommt es dabei sehr selten, vielmehr werden einzelne Qualifizierungsmodule aus dem Ausland nicht anerkannt. Dabei sind teilweise Nachprüfungen möglich. Bei den Kammern wird insgesamt ca. ein Viertel bis ein Drittel der einge-henden Anträge abgelehnt. Dabei begründet sich die Ablehnung zum gro-ßen Teil darauf, dass sie für den Antrag bzw. den Beruf nicht zuständig war und daher den Antrag nicht bearbeiten konnte. Im ärztlichen, zahnärztlichen und pharmazeutischen Bereich gibt es als In-tegrationsmaßnahme die Möglichkeit, während einer bestimmten Anpas-sungszeit ein Praktikum unter Aufsicht eines approbierten Arztes oder bei einem privaten Ausbildungsträger zu absolvieren. Darüber hinaus ist bei nicht vergleichbaren Abschlüssen eine Gleichwertigkeitsprüfung vorge-schrieben, die sich auf den Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung der je-weiligen deutschen Approbationsordnung erstreckt. Bei den Tierärzten wurde der Anteil der Bestehenden von der zuständigen Stelle auf ca. zwei Drittel geschätzt. Bei Ingenieuren, Ökonomen sowie Wissenschaftlern besteht die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen den original akademischen Grad bei-zubehalten. Spätaussiedler können beantragen, dass ihr im Ausland erwor- bener akademischer Grad in einen deutschen Grad umgewandelt wird, was 63

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durch das SMWK in Einzelfallprüfungen entschieden wird. Zahlen über die Anzahl der Anträge liegen nicht vor, die Umwandlungsquote der ausländi-schen Grade wird auf etwa 50 % geschätzt. Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse wurde in allen Gesprächen (Ressorts, Experten, Fokusgruppen) als zentrales Problemfeld für den Freistaat Sachsen benannt. Hier wurden insbesondere zwei Gründe genannt: Zum einen vergäbe der Freistaat ein Potenzial an gut qualifizierten Arbeitskräften, was insbesondere vor dem zunehmenden Fachkräftemangel als Verschwendung von Ressourcen bewertet wurde. Zum anderen befin-den sich viele Personen mit Migrationshintergrund trotz guter Qualifikationen in der Arbeitslosigkeit bzw. müssen einer Beschäftigung nachgehen, die weit unter ihrem eigentlichen Qualifikationsniveau lägen. Denn bei Nichtaner-kennung ausländischer Abschlüsse gelten Ausländer als ungelernte Kräfte und sind auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar.

4.3.6 Ethnische Ökonomien Personen mit Migrationshintergrund machen sich in Deutschland zuneh-mend selbstständig. Die Selbstständigenquote von Personen mit Migrati-onshintergrund ist in Deutschland sogar höher als die von Personen ohne Migrationshintergrund.l42 Gleichzeitig sind Gründungen von Ausländern stärker auf den Haupterwerb ausgerichtet, viele Personen gründen aus der Arbeitslosigkeit heraus. Kaufmännische und rechtliche Kenntnisse fehlen hier häufiger, sodass der Anteil der Insolvenzen höher ist.143 Trotz diesen Herausforderungen gewinnen „ethnische Ökonomien" auch volkswirtschaft-lich zunehmend an Bedeutung und ihr Beitrag zur Beschäftigung wächst stetig an. Auch im Freistaat Sachsen spielen ausländische Unternehmen eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben. So liegen 16 % aller im Jahr 2006 in Deutschland durch ausländische Unternehmen geschaffenen Arbeitsplätze in Sachsen. Insgesamt gibt es im Freistaat über 500 Firmen mit ausländischer Beteili-gung, die mehr als 60.000 Personen beschäftigen.144 Häufig sind dies große, international tätige Unternehmen. Darüber hinaus gibt es aber auch eine Vielzahl von in Sachsen lebenden Ausländern, die sich selbstständig machen und häufig zu Klein- und Klein-stunternehmen gehören. _____________________________ 142 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2007a, S. 89. 143 Institut für Mittelstandsforschung 2005, S. 22. 144 Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen 2008, S. 53. 64

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So machten sich beispielsweise in der Wendezeit viele Vietnamesen, nicht zuletzt aufgrund ungeklärter Aufenthaltsrechte, selbstständig, da sie ihre langfristige Perspektive in Deutschland sahen. Durch den geringen Eigen-anteil an Kapital versuchten viele Vietnamesen in den Bereichen des Gastgewerbes sowie des Handels Fuß zu fassen.145 Von den 43.736 Gewerbeanmeldungen, die es im Jahr 2006 gab, wurde ein Viertel (25,5 %) von Ausländern getätigt. Von den 11.130 Gewerbeanmeldungen durch Ausländer entfiel der (verhältnismäßig) größte Anteil auf Polen (11 %), die zweitgrößte Gruppe waren Vietnamesen (5 %).146 Insgesamt stammen 26 % aller sächsischen Unternehmer aus dem Ausland, was die wirtschaftliche Wichtigkeit dieser Gruppe verdeutlicht. Die große Bedeutung, die Selbstständigkeit für einzelne Zuwanderergrup-pen im Freistaat Sachsen hat, wurde auch noch einmal in den Fokusgruppen betont. Insbesondere die Vietnamesen wurden hier herausgestellt. Gleich-zeitig wurde aber auch auf verschiedene Probleme hingewiesen, die mit der Selbstständigkeit einhergehen (können). Zunächst wurde hier die wirt-schaftliche Lage angesprochen. Viele ausländische Selbstständige würden sich am Rande des Existenzminimums bewegen und hätten häufig weder die Möglichkeit noch das Wissen, für die eigene Alterssicherung zu sorgen. Armut im Alter könnte hier eine Folge sein. Darüber hinaus würden viele Selbstständige von früh bis sehr spät, teilweise auch am Wochenende, ar-beiten, was zu weiteren Problemen führt. Zum einen müssten häufig selbst organisierte Formen der Kinderbetreuung (anschließend an die offiziellen Betreuungsangebote) gefunden werden, zum anderen bliebe aber für diese häufig erste Generation der Personen mit Migrationshintergrund keine Zeit, um die deutsche Sprache zu lernen. Schlussendlich wurde auch noch ein-mal auf die Wichtigkeit von Beratungsangeboten zu Existenzgründungen für Personen mit Migrationshintergrund verwiesen. Die Angebote, die es in Sachsen bereits gibt, würden sehr gut in Anspruch genommen werden.

4.4 Ökonomische Situation Bedingt durch den hohen Anteil an Arbeitslosen sowie die teilweise schlechten Beschäftigungsverhältnisse (Teilzeitarbeit, niedriges Lohnniveau etc.) kann der Gruppe von Personen mit Migrationshintergrund in weiten Teilen eine eher schwierige ökonomische Situation unterstellt werden. ____________________________ 145 Weiss 2007c, S. 81f. 146 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 2006. 65

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Dies gilt für ganz Deutschland, wie auch für den Freistaat Sachsen.147 Bereits in Kapitel 4.3.5 wurde auf den hohen Anteil von Ausländern im SGB II-Bezug eingegangen, was auf eine schwierige ökonomische Lage dieser Gruppe schließen lässt. Darüber hinaus lässt sich auf Basis der Zahlen des Statistischen Landesamts über Empfänger von laufender Hilfe zum Le-bensunterhalt (3. Kapitel SGB XII) für Sachsen feststellen, dass zum Stich-tag 31.12.2005 von den 13.350 Leistungsempfängern insgesamt 1,5 % Ausländer waren (202 Personen). Hinsichtlich des Anteils für die jeweilige Bevölkerungsgruppe sind es bei den Deutschen 3,2 Personen je 1000 Einwohner, die Leistungen nach SGB XII empfangen, bei Ausländern be-trägt diese Zahl 1,7.148 Die teilweise prekäre wirtschaftliche Lage wurde auch im Rahmen der Ex-pertengespräche und Fokusgruppen thematisiert und auch hier auf die mul-tiplen Probleme verwiesen, mit denen sich Personen mit Migrationshin-tergrund häufig konfrontiert sehen. Neben der hohen Arbeitslosigkeit wurde an dieser Stelle zudem auch der Aspekt der Selbstständigkeit als mögliche Ursache für eine ökonomisch schwierige Lage benannt, da das hier erwor-bene Einkommen häufig nur knapp ausreicht bzw. teilweise aus aufent-haltsrechtlichen Gründen keine staatlichen Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen werden können. Bei dem Vergleich der Lebenssitua-tion von Personen mit und ohne Migrationshintergrund haben 64 % der be-fragten Akteure die Situation von Personen mit Migrationshintergrund als „schlechter" bzw. „viel schlechter" bewertet.

4.5 Gesellschaftliche und kulturelle Integration Die gesellschaftliche und kulturelle Integration von Personen mit Migrati-onshintergrund entscheidet sich vor Ort in den Kommunen, die jahrelange Erfahrung in der Integration von Menschen haben. Hier entscheidet sich, ob Zusammenleben und Integration gelingt. Im Gegensatz zum verbreiteten öffentlichen Bild engagieren sich dabei Personen mit Migrationshintergrund vor Ort in vielfältiger Weise am gesellschaftlichen Leben und tragen durch ihr bürgerschaftliches Engagement zu ihrer gesellschaftlichen und kulturel-len Integration bei. So zeigen sich Personen mit Migrationshintergrund in hohem Maße bürgerschaftlich aktiv und verfügen darüber hinaus über er-hebliche Potenziale für weiteres Engagement, wie das 2. Freiwilligensur- ____________________________ 147 So liegt in Deutschland die Armutsrisikoquote bei Personen mit Migrations-hintergrund mit 31,8 % mehr als doppelt so hoch wie bei Personen ohne Migrati-onshintergrund, bei denen diese Quote 12,5 % beträgt (Beauftragte der Bundesre-gierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: 2007a, S. 155). 148 StaLa: Sozialhilfe im Freistaat Sachsen, 2005. Die für Ausländer geltenden Bestimmungen für den Leistungsempfang sind unter § 23 des SGB XII festge-schrieben. 66

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vey149 aufzeigt. Demnach sind weit über die Hälfte der befragten Personen mit Migrationshintergrund (61 % gegenüber 71 % der Personen ohne Mi-grationshintergrund) außerhalb von Familie und Beruf bürgerschaftlich aktiv, d. h. dass sie in einer Gruppe oder einem Verein mitwirken, ohne dort be-sondere Aufgaben zu übernehmen. Des Weiteren sind 23 % (gegenüber 37 %) der befragten Personen mit Migrationshintergrund freiwillig „engagiert" und übernehmen Aufgaben und Tätigkeiten in Vereinen oder Gruppen. Darüber hinaus sind 17 % der noch nicht aktiven Personen mit Migrations-hintergrund bestimmt und 25 % eventuell zum freiwilligen Engagement be-reit.150 Dieses Bild wurde auch in den geführten Experteninterviews für Sachsen bestätigt, wo vor allem die Gruppe der Vietnamesen und Spätaussiedler ein hohes bürgerschaftliches Engagement zeigen. Dabei zeigt sich diese Form der kulturellen und gesellschaftlichen Integration hauptsächlich in der Arbeit und Existenz der Migrantenselbstorganisationen, die sich auf kommunaler Ebene in Sachsen organisieren. Hierbei handelt es sich um Vereinigungen von Menschen aus einem bestimmten Land, z. T. auch Grenzen über-schreitend aus einer Region oder gar einem Erdteil. Im Mittelpunkt der Ver-einigungen stehen zumeist die Pflege der Herkunftskultur und -sprache, aber auch politische Ausrichtungen als Reaktion auf politische Missstände im jeweiligen Herkunftsland. Neben diesen Ausrichtungen kommt bei eini-gen Vereinigungen in unterschiedlicher Ausprägung das Bemühen hinzu, Wissen über bestimmte Länder und Kulturen sowie andere gemeinnützige Angebote der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Darüber hinaus bieten alle Migrantenselbstorganisationen auch alltägliche Hilfen beim Zu- rechtfinden in der deutschen Gesellschaft und Beratungen in verschiedenen Problemsituationen an und leisten somit einen wertvollen Beitrag zur In-tegrationsarbeit. Das Potenzial dieser Migrantenselbstorganisationen, bei der gesellschaftli-chen und kulturellen Integration von Personen mit Migrationshintergrund mitzuwirken, ist in Sachsen nach Aussage zahlreicher Experten in den ge-führten Interviews und Fokusgruppen keinesfalls ausgeschöpft, da viele Migrantenselbstorganisationen trotz gelegentlicher Kontakte zu Kommu-nalverwaltungen und zu anderen Organisationen kaum als Teil der Bür-gergesellschaft wahrgenommen und aktiv als Partner in Beteiligungspro-zesse herangezogen werden. __________________________ 149 Der Freiwilligensurvey wird seit 1999 im Auftrag der Bundesregierung durchgeführt. Es ist die umfassendste und detaillierteste quantitative Untersuchung zum bürgerschaftlichen Engagement in Deutschland. Der Freiwilligensurvey ist beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt und wurde bisher zweimal durchgeführt. 150 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2005, S. 379. 67

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Weiterhin fehlt es an Plattformen für direkte Kommunikation mit Personen mit Migrationshintergrund und Migrantenselbstorganisationen, um die ge-sellschaftliche und kulturelle Integration voranzutreiben. Dies wird nach Meinung der Experten dadurch erschwert, dass die sächsische Gemeinde-ordnung die direkte Wahl eines Ausländerbeirats durch die Betroffenen selbst nicht zulässt, sodass die gesellschaftliche und kulturelle Integration der Personen mit Migrationshintergrund über die Förderung eines demo-kratischen Grundverständnisses nicht möglich ist.151 Neben der Einbeziehung von Migrantenselbstorganisationen in öffentliche Entscheidungsprozesse muss bürgerschaftliches Engagement und sein weiteres vorhandenes Potenzial gerade in Sachsen darüber hinaus durch die interkulturelle Öffnung der Vereinsstrukturen, der gleichberechtigten Teilhabe an staatlichen (Förder-)Programmen, Entscheidungs- und Bera-tungsgremien sowie durch die Qualifizierung von Personen mit Migrations-hintergrund und ihren Selbstorganisationen (in Form von Fortbildungen, Finanzierung von Räumlichkeiten etc.) gefördert und aktiviert werden, da Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen aufgrund ihrer jungen Zuwanderungsgeschichte über wenig Erfahrung in diesem Bereich verfügen. Die gleichberechtigte Teilhabe von Personen mit Migrationshintergrund an (Förder-)Programmen kann jedoch durch mangelnde Sprachkenntnisse der Personen mit Migrationshintergrund erschwert werden, z. B. weil sie die ent- sprechenden Anträge nicht adäquat in deutscher Sprache verfassen können. In Bezug auf die Entscheidungs- und Beratungsgremien könnten Personen mit Migrationshintergrund bereits bei der Bildung berücksichtigt werden, damit sie sich als ordentliche Mitglieder beteiligen können. Denn nur durch die interkulturelle Öffnung der traditionellen Verbands- und Vereinsstrukturen sowie der Ermöglichung einer gleichberechtigten Teilhabe lässt sich die gesellschaftliche und kulturelle Integration der Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen verwirklichen.

4.5.1 Kenntnisse der deutschen Sprache, Zwei- und Mehrsprachigkeit Als Schlüssel zur Integration für Personen mit Migrationshintergrund wird immer wieder die Kenntnis der deutschen Sprache hervorgehoben. Neben der Richtigkeit dieser Aussage wird aber oft das Potenzial von Zwei- oder Mehrsprachigkeit von Personen mit Migrationshintergrund in den Hinter-grund der Diskussion gedrängt. In Sachsen ist die Kenntnis der deutschen Sprache sowie die Zwei- oder Mehrsprachigkeit in den verschiedenen Mi-grantengruppen und deren verschiedenen Generationen unterschiedlich ausgeprägt. So konstatieren Experten aus der Wissenschaft den Vietname- ________________________ 151 Gleichwohl sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass die ca. 25.600 EU-Bürger in Sachsen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO in Gemeindeangele-genheiten wahlund stimmberechtigt sind. 68

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sen der zweiten Generation eine so gute Beherrschung der deutschen Sprache, dass sie Gefahr laufen, die Beherrschung ihrer Herkunftsland-sprache und somit ihre Zweisprachigkeit zu verlernen. Demgegenüber stehen die vielfach schlechten deutschen Sprachkenntnisse der ersten Generation 152 Dies führt nach Meinung von Experten voraussichtlich zu einem Generati-onenkonflikt zwischen der ersten und zweiten Generation der Vietnamesen, da die erste Generation nur über unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge. Somit würde die erste Generation der Vietnamesen nach Auskunft der Experten für eine nachholende Integration in Frage kommen. Die gute Beherrschung der deutschen Sprache der zweiten Generation lässt sich nach Meinung einer Expertin aus der Wissenschaft im Wesentlichen durch den. Durchlauf von deutschen Institutionen von Kindesbeinen an er-klären. Aus diesem Grunde entstehen vermehrt vietnamesische Initiativen zur Sprachförderung von Vietnamesisch in Sachsen. In der Gruppe der Spätaussiedler beherrschen 60 % aller neu ankommen-den Spätaussiedler die deutsche Sprache gar nicht oder sehr schlecht.153 Insbesondere Kindern und Jugendlichen fällt so die Integration sehr schwer. Aus diesem Grund ist es für viele Menschen schwierig, eine Arbeitsstelle zu finden, da vor allem für ältere Personen mit russischem Migrationshin-tergrund die angebotene Stundenzahl der Integrationskurse nicht ausrei-chend ist.154 Nichtsdestotrotz besteht auch in dieser Migrantengruppe die Problematik,. dass in Deutschland geborene Spätaussiedler ihre Her-kunftssprache verlernen, sodass z. B. deutsch-russische Institute vermehrt russische Sprachkurse anbieten. In den restlichen kleineren Migrantengruppen hängt die Kenntnis der deut-schen Sprache weitgehend vom Bildungshintergrund der Eltern ab, sodass die in der Akteursbefragung angegebene Gefahr der sozialen Isolation und der Verschlechterung der sozioökonomischen Situation aufgrund von Sprachproblemen maßgeblich vom Bildungsgrad der Eltern mit Migrations-hintergrund in den anderen kleineren Migrantengruppen abhängig ist.

4.5.2 Frauen mit Migrationshintergrund Frauen kommt im Integrationsprozess eine besondere Rolle zu. Da sie in der Regel für die Erziehung der Kinder zuständig sind, sind es häufig die Mütter, die in Kontakt mit den pädagogischen Fachkräften in den Kinderta- geseinrichtungen oder den Lehrern in den Schulen stehen und somit die direkten Ansprechpersonen für die zukünftigen (Integrations-)Karrieren ihrer Kinder sind. Entsprechend gibt es inzwischen verschiedene Integrati- ______________________________ 152 Vgl. auch Kapitel 4.3.6. 153 Holzmann & Kliemann 2007, 5. 102. 154 Holzmann & Kliemann, 2007, S. 102f. 69

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onsaktivitäten, sowohl auf Bundesebene als auch kommunal verortet, die sich speziell an Frauen als ,,Motor der Integration" wenden, bzw. Anstren-gungen, Frauen als spezielle Zielgruppe in den Fokus solcher Aktivitäten zu stellen. Dabei befinden sich Frauen mit Migrationshintergrund in Deutschland häufig in einer besonderen Situation und sind geschlechtsspezifischen Heraus-forderungen und Problemen ausgesetzt. Durch eine Verflechtung der Be-nachteiligungen aufgrund des Geschlechts, der Herkunft und eventuell der Religion wird eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zusätzlich erschwert.155 Dies gilt insbesondere für die Bereiche Bildung, Sprache oder berufliche Integration. Öffentliche Diskussionen drehen sich neben der Be-deutung des Kopftuchs zudem immer wieder um die Themenfelder häusli-che Gewalt, Zwangsheirat und Ehrenmorde. In Bezug auf das Themenfeld der häuslichen Gewalt hat die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration in ihrem aktuellen Bericht zur Lage der Ausländer in Deutschland wiederholt darauf hinge-wiesen, dass Frauen mit Migrationshintergrund vielfach in besonderer Weise von häuslicher Gewalt betroffen und besonders massiven Formen von in-nerfamiliärer Gewalt ausgesetzt sind.156 Negativ verstärkt wird dieses Problem durch die Tatsache, dass es Frauen mit Migrationshintergrund aufgrund ihrer rechtlichen und sozialen Situation häufig schwerer haben, sich vor Gewalt im privaten Kontext zu schützen bzw. hieraus einen Weg zu finden. Gründe hierfür sind zum einen Informationsdefizite über ihre Rechte und Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten sowie sprachliche Bar-rieren, auf der anderen Seite befinden sich viele Frauen durch ihren Auf-enthaltsstatus aber auch in Abhängigkeit von ihrem Ehemann.157 Insbesondere hinsichtlich der Thematisierung von häuslicher Gewalt und den diesbezüglichen Rechten von Frauen sowie der Bereitstellung und In-anspruchnahme von spezifischen Beratungsangeboten sind in den letzten Jahren positive Tendenzen festzustellen. So hat die größte türkische Ta-geszeitung in Deutschland „Hürriyet" bereits im Jahr 2005 eine Informationskampagne zu häuslicher Gewalt durchgeführt. Für die Stadt Leipzig wurde festgestellt, dass die dortigen Frauenhäuser und Beratungsstellen zunehmend auch von Frauen mit Migrationshintergrund angenommen und genutzt werden .158 _______________________________ 155 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2007a, S. 126. 156 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2007a, S. 127. 157 Stadt Leipzig 2006, S. 43. 158 Stadt Leipzig 2006, S. 43. 70

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Der Freistaat Sachsen hat seit dem Jahr 2006 einen eigenen „Landesakti-onsplan zur Bekämpfung häuslicher Gewalt", in dem auch der Bereich „Mi-granten als Betroffene häuslicher Gewalt" thematisiert wird.159 Dabei wurden in Sachsen im Jahr 2006 insgesamt 1588 Fälle von häuslicher Gewalt erfasst, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 10,6 % bedeutet.160 5,7 % der Opfer waren ausländischer Herkunft, insbesondere aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion.161 Auch im Bereich der „Zwangsheirat" sind in Sachsen in den letzten Jahren steigende Fallzahlen zu verzeichnen. Insbesondere seit 2007 gibt es einen Anstieg von Hilfe suchenden Bedrohten und Betroffenen von Zwangsheirat. Von 2006 bis Juni 2008 wurden 59 Fälle von Zwangsheirat in Sachsen gemeldet, die meisten Fälle davon (35 Fälle) in Leipzig und Umgebung. Die Betroffenen sind zum überwiegenden Teil junge Frauen mit Migrationshin-tergrund.162 Neben dem Aspekt der häuslichen Gewalt wurden in der Akteursbefragung auch Isolation und fehlender Kontakt nach außen als Probleme für Frauen mit Migrationshintergrund benannt. Im Vergleich der Lebenssituation von Personen mit und ohne Migrationshintergrund wurde die Situation von Frauen mit Migrationshintergrund von mehr als zwei Drittel der Befragten als schlechter oder sehr viel schlechter bewertet. Im Rahmen der Fokusgruppen wurde darüber hinaus noch einmal auf die zentrale Rolle hingewiesen, die Frauen im Integrationsprozess haben (können), wenn sie gezielt ange-sprochen und einbezogen werden. Auch die Wichtigkeit von spezifischen Beratungsangeboten wurde an dieser Stelle noch einmal betont. ____________________________ 159 Freistaat Sachsen 2006b, S. 17f. Auch hier werden die Aspekte einer besseren Aufklärung von Frauen mit Migrationshintergrund über die Rechtslage, die Publika-tion von entsprechenden Informationen in verschiedenen Sprachen sowie eine Verbesserung des Zugangs von Frauen mit Migrationshintergrund zu Beratungs-unterstützungsangeboten als wichtige Handlungsfelder genannt. 160 Freistaat Sachsen 2007, S. 3. 161 Freistaat Sachsen 2007, S. 5. An dieser Stelle ist noch einmal darauf hinzu-weisen, dass sich der Bereich „häusliche Gewalt" durch eine hohe Dunkelziffer an Straftaten auszeichnet. Somit können diese Zahlen nur Hinweise auf den tatsäch-lichen Umfang sein. Entsprechend kann auch der erhöhte Anteil der Straftaten zwischen 2005 und 2006 auf ein zunehmendes Anzeigeverhalten zurückzuführen sein und muss nicht unbedingt in einem Anstieg der häuslichen Gewalt liegen. 162 KOBRAnet - Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel. Fallzah-len Zwangsheirat in Sachsen 2006-2008. 71

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4.5.3 Themenfeld Gesundheit Herausforderungen für die gleichberechtigte Partizipation von Personen mit Migrationshintergrund zeigen sich auch im Gesundheitsbereich. Oft haben diese ihre Ursache in kulturellen, kommunikativen und administrativen Ge-bieten. Diese auftretenden Probleme erschweren es Personen mit Migrati- onshintergrund, einen gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversor-gung in Deutschland und auch in Sachsen zu erlangen. Die Ergebnisse der Akteursbefragung zeigen diese Probleme deutlich auf und benennen Prob-leme in der Kommunikation als Hauptproblem für Personen mit Migrations-hintergrund, um Zugang zum deutschen Gesundheitssystem zu erlangen. Hierzu gehören die rein sprachlichen Verständigungsprobleme, aber auch kulturelle Auffassungen bzw. Konzepte des Patienten und der Vertreter der Gesundheitseinrichtungen zu Gesundheit, Krankheit, Schmerzen, Hei-lungsprozesse, sowie damit einhergehende unterschiedliche Erwartungen bzw. Rollenzuschreibungen an den Patienten und den. Behandelnden. Darüber hinaus stellen die finanziellen Gebühren (z. B. Praxisgebühr) und die Unkenntnis der Personen mit Migrationshintergrund über Ansprüche und Möglichkeiten zur Befreiung entscheidende Zugangshemmnisse für Per-sonen mit Migrationshintergrund dar. Schließlich fehlen Personen mit Migrationshintergrund auch oftmals grundlegende Kenntnisse über die Struktur des deutschen Gesundheitssystems. Abbildung 20: Gesehene Zugangshemmnisse für Persone n mit Migrationshintergrund im Gesundheitsbereich

Quelle: Akteursbefragung Rambøll Management Diese Unkenntnis des deutschen Gesundheitssystems schlägt sich auch in der Suchthilfe nieder. Trotz des bestehenden Bedarfs wird das Suchthilfe-system von Personen mit Migrationshintergrund seltener und oftmals später genutzt. Neben den oben genannten Gründen für die geringere Inan- 72

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spruchnahme gibt es Hinweise auf ein anderes Suchtverständnis bzw. einen anderen Umgang mit Sucht und Drogen. Gerade in diesem Bereich sind Hemmschwellen und Ängste besonders hoch, die noch durch die nicht im ausreichenden Maße existierenden bedarfsgerechten Angebote zur Sucht-prävention und Suchthilfe verstärkt werden. Auch im Bereich der psychologischen Versorgung sind Personen mit Migrationshintergrund unterrepräsentiert. Als ein Grund für die geringe In-anspruchnahme wird in der Fachliteratur gemutmaßt, dass traditionell in ei-nigen Ländern psychologische Probleme innerhalb der Familie gelöst wer-den, weil sie nicht an die Öffentlichkeit dringen sollen.163 Die Nichtnutzung des deutschen Gesundheitssystems von Personen mit Migrationshintergrund ist insbesondere deshalb bedrohlich, da über die Hälfte der Kinder mit Migrationshintergrund aus Familien mit niedrigem so-zialen Status stammen und erste Ergebnisse wissenschaftlicher Studien darauf hindeuten, dass Kinder mit Migrationshintergrund gerade aufgrund ihrer Herkunft aus sozial schwachen Familien häufiger Gesundheitsrisiken wie Unfällen, Krankheiten, Übergewicht, psychische Auffälligkeiten und Lücken bei der Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen ausgesetzt sind als andere Kinder ihrer Altersgruppe. 164

4.5.4 Alter und Migration Inzwischen ist deutlich geworden, dass ein großer Teil der in Deutschland lebenden Personen mit Migrationshintergrund nicht wieder in ihr Her-kunftsland zurückkehren und in Deutschland ihren Lebensabend verbringen wird. Die Herausforderungen, die für die betroffenen Personen mit Migrati-onshintergrund, die Gesellschaft und die Einrichtungen der Altenhilfe165

zukünftig entstehen werden, sind seit den 80er Jahren in der Fachliteratur bekannt und es herrscht weitgehend Konsens über den entsprechenden Handlungsbedarf. Nichtsdestotrotz besteht ein erschwerter Zugang für Personen mit Migrationshintergrund im Bereich der Altenhilfe in Sachsen. ___________________________________ 163 Stadt Leipzig 2006a, S. 39. 164 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2007a, 5, 95. 165 Altenhilfe ist in diesem Bericht als Angebote und soziale Dienste für ältere Menschen definiert. Unter die Altenhilfe fallen die offene Altenhilfe, die ambulante Altenhilfe und die stationäre Altenhilfe. Zur offenen Altenhilfe gehören Freizeitan-gebote (z. B. Altenbegegnungsstätten, Altenklubs), zur ambulanten Altenhilfe ge-hören Sozialstationen und mobile Dienste (z. B. Kranken- und Hauspflege, „Essen auf Rädern"). Die stationäre Altenhilfe umfasst Wohn- und Pflegeheime für Ältere. 73

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Dies wird auch in den Ergebnissen der Akteursbefragung widergespiegelt, in der 76,4 % angaben, dass die finanziellen Kosten die Haupterschwernis für Personen mit Migrationshintergrund für die Nutzung von Seniorenheimen 166 sind. Die mangelnde Beherrschung der Sprache auf Seiten der Personen mit Migrationshintergrund sowie die fehlende kulturelle Sensibilität auf Seiten der Seniorenheime erschweren mit 67,3 % und 54,5 % auch entscheidend die Nutzung von Altenhilfe für Personen mit Migrationshintergrund. Bedingt durch diese Erschwernisse oder bedingt durch kulturelle Präferenzen in-nerhalb der Migrantengruppen geben 70,9 % der befragten Akteure an, dass Personen mit Migrationshintergrund Senioren lieber selbst im Kreise ihrer Familie pflegen. Abbildung 21: Gesehene Zugangshemmnisse für Persone n mit Migra-tionshintergrund in der Altenhilfe

Quelle: Akteursbefragung Rambøll Management Dieser Themenkomplex wird in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen, da die deutsche Altersversorgung in ihrer Gesamtheit nicht auf den Umgang mit Personen mit Migrationshintergrund vorbereitet ist, worauf die inter-viewten Experten und die Ergebnisse der Fokusgruppen hinweisen. So verweisen auch Experten darauf, dass es innerhalb der Migrantengruppen zu Problemen kommen wird, da beispielsweise die zweite Generation der Vietnamesen so gut integriert ist, dass sie im Allgemeinen nicht mehr die familiäre Altersversorgung der ersten Generation leisten will, obwohl diese ____________________________ 166 Altenheim oder auch Seniorenheim (ältere Bezeichnung) sind Einrichtungen, in der alte Menschen wohnen und betreut werden. Für Pflegebedürftige sind spezielle Pflegeabteilungen in diesen Heimen angegliedert. Leben in einem Altenheim nur pflegebedürftige alte Menschen, heißt die Einrichtung Altenpflegeheim. In Alten-wohnheimen stehen abgeschlossene Wohnungen zur Verfügung. Träger der Al-tenheime sind Kommunen, Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege und Private. Altenheime stehen unter staatlicher Heimaufsicht. 74

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es von ihnen erwartet und nicht für das Alter nach deutschen Maßstäben vorgesorgt hat. Allerdings befassen sich nach Aussagen in den Fokusgruppen nach und nach mehr Organisationen in Sachsen mit dieser Thematik und öffnen ihre Dienstleistungen interkulturell, um dieser Problematik gezielt begegnen zu können. Des Weiteren wurden auch schon vereinzelt Schulungen zur inter-kulturellen Kompetenz in Altenpflegediensten von Initiativen durchgeführt. Aus diesen Gründen wird der Handlungsdruck im Bereich der Altenhilfe von den befragten Akteuren im Vergleich zu anderen Bereichen, wie z. B. Beruf, auch als geringer eingeschätzt. Nichtsdestotrotz wird der Bereich der Alten-hilfe in Zukunft vor dem Hintergrund der demografischen Veränderung zu-nehmend an Bedeutung gewinnen und somit auch der Handlungsdruck nach Aussage der Akteure in diesem Bereich zunehmen.

4.5.5 Wohnen und Stadtentwicklung Da Integration von Personen mit Migrationshintergrund am wirksamsten vor Ort geschehen kann, spielt die Stadtentwicklung eine entscheidende Rolle in der räumlichen sowie gesellschaftlichen Integration von Personen mit Mi-grationshintergrund. Unter den interviewten Experten in Sachsen herrscht somit auch Einigkeit darüber, dass die stadträumliche Integration angesichts des abnehmenden Integrationspotenzials anderer Lebensbereiche an Be-deutung gewinnt. In allen größeren Städten in Sachsen trifft in bestimmten Wohngebieten eine sozial benachteiligte deutsche Einwohnerschaft mit ei-nem überdurchschnittlich hohen Anteil von Personen mit Migrationshin-tergrund zusammen, sodass nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine kulturelle Segregation entsteht. Diese Segregation wird darüber hinaus durch das Wohnungszuweisungsgesetz in Bezug auf Spätaussiedler ver-stärkt. Um der sozialen Benachteiligung und der Verdichtung von Problemlagen in solchen Stadtteilen entgegenzuwirken bzw. diese sozial zu stabilisieren, wird in Sachsen mithilfe von kommunalen Förderprogrammen und enga-giertem Quartiersmanagement seit einigen Jahren die dortige Stadtteilent-wicklung unterstützt. Schwerpunkte dieser Unterstützung bilden bürger-schaftliches Engagement, Selbsthilfe, Nachbarschaftsbeziehungen und die Förderung von politischer Partizipation, die im stadträumlichen Bereich so-ziale Vielfalt und Zusammenhalt sichern sollen. Trotz dieser bestehenden Angebote sehen die befragten Akteure einen hohen Handlungsbedarf in diesem Feld (sehr großer Handlungsbedarf: 34,4 % /großer Handlungsbedarf: 52,5 %), da nach Meinung der befragten Ak-teure viele bestehende Angebote nicht von den Personen mit Migrations-hintergrund angenommen werden. Die Nichtannahme der Angebote ist 75

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nach Aussage der befragten Akteure hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass viele Angebote keinen expliziten Stadtteilbezug haben und somit nicht auf die lokalen Bedarfslagen der Personen mit Migrationshintergrund abge-stimmt sind. Darüber hinaus sollten lokale Angebote nicht nur Personen mit Migrationshintergrund einbeziehen, sondern auch die lokale einheimische Bevölkerung, sodass auch die sprachliche Integration der Personen mit Migrationshintergrund, die eine wesentliche Voraussetzung für die berufliche Integration ist, durch die Maßnahmen automatisch gefördert wird.

4.5.6 Kriminalität Im öffentlichen Diskurs wurde der Kriminalität unter Ausländern in letzter Zeit durch die Vorkommnisse im Freistaat Bayern sowie durch die Wahlkam-pagne in Hessen erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. In Sachsen ist die Kriminalität unter Ausländern rückläufig.167 So sank der Anteil nicht deut-scher Tatverdächtiger von 12,9 % in 2005 auf 12,8 % in 2006. Dieser Rückgang fügt sich in den allgemeinen Trend in Sachsen ein, da ein konti-nuierlicher Rückgang der Ausländerkriminalität in Sachen zu verzeichnen ist. Im Jahre 2001 wies die Polizeiliche Kriminalstatistik noch 27.249 nicht deutsche Tatverdächtige auf, 2006 sank diese Zahl auf 15.036.168 Gegen 42,1 % der 15.036 Tatverdächtigen in Sachsen wurde dabei aus-schließlich . wegen Verstößen gegen spezifische ausländerrechtliche Vor-schriften des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) oder Asylverfahrengesetzes (AsylVfG) ermittelt.169 Diese beinhalten z. B. das wiederholte unerlaubte Verlassen des Stadt- bzw. Landkreises, dem ein Asylbewerber zugewiesen ist (§ 85 AsyIVfG), oder die unerlaubte Einreise in das Bundesgebiet (§ 95 AufenthG). Bleiben diese spezifischen Verstöße gegen das AufenthG und das AsylVfG in der Statistik unberücksichtigt, dann verringert sich der __________________________ 167 Der Vortrag von Herrn Dr. Preusker, der im Rahmen des Kuratoriums für ein weltoffenes Sachsen gehalten wurde, kommt zu ähnlichen Beurteilungen in Bezug auf das gesamte Bundesgebiet. Herr Dr. Preusker erläutert in seinem Vortrag, dass die Kriminalität von Zuwanderern seit Jahrzehnten von den Medien quantitativ und qualitativ übertrieben wurde und im Vergleich zu ähnlichen defizitären deutschen Bevölkerungsgruppen eher geringer ist. Weiterhin merkt Herr Dr. Preuker an, dass Kriminalität nach Meinung des akademischen Diskurses hauptsächlich dadurch bedingt wird, dass bestimmte Gruppen (wie auch Zuwanderer) nicht die Möglich-keiten haben, die gesellschaftlich propagierte soziale Konformität mit legalen Mitteln zu erreichen. Darüber hinaus weist er daraufhin, dass Zuwanderer in Deutschland härter sanktioniert werden (z. B. im Strafmaß) als Deutsche. Er kommt zu dem Schluss, dass das Thema Migration in Deutschland stärker vorangetrieben werden muss, um die Integration von Zuwanderern zu forcieren, um ihnen somit Möglich-keiten zu geben, ihre defizitäre Situation zu verbessern (Dr. Harald Preusker, Sächsisches Staatsministerium der Justiz: Vortrag zum Thema Straftäter mit Migrationshintergrund. Gehalten auf der Sitzung des Kuratoriums für ein weltoffenes Sachsen, am 4. August 2007). 168 Freistaat Sachsen 2006a, S. 9. 169 Diese Zahlen wurden auf Basis der veröffentlichten Zahlen in der Polizeilichen Kriminalstatistik 2006 berechnet. 76

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Anteil der nicht deutschen Tatverdächtigen an der Gesamtzahl der Tatver-dächtigen auf 8,4 %.170 Auch in Bezug auf rechtskräftige Verurteilungen erlebt Sachsen einen rückläufigen Trend. So sank der Anteil der rechtskräftig verurteilten Aus-länder von 25,9 % in 1997 auf 12,9 % in 2006. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu betonen, dass die seit Langem in Deutschland beruflich in-tegrierten und lebenden Personen mit Migrationshintergrund ohne deutsche Staatsbürgerschaft sich meist strafrechtlich unauffällig verhalten. Gleiches gilt auch für Bürger der Europäischen Union, die laut der Polizeilichen Kri-minalstatistik mit 5,4 % an allen Tatverdächtigen eine eher geringe Rolle spielen.171

4.6 Übergreifende Betrachtung Mit Blick auf die Einordnung der Situation in Sachsen in den bundesweiten Kontext sind hier zunächst einige Spezifika offensichtlich geworden: Be-sonders positiv ist zunächst hervorzuheben, dass die schulischen Probleme, wie sie in Westdeutschland offensichtlich sind und in der Breite diskutiert werden, in Sachsen eine geringere Rolle spielen. Vielmehr liegt der Anteil von ausländischen Kindern am Gymnasium über dem der deutschen Kinder. Dies ist umso bemerkenswerter, da 80 % der Schüler in Sachsen Querein-steiger sind und bereits in einem anderen Land eine Schullaufbahn oder Ausbildung begonnen haben. Mit Blick auf die erworbenen Schulabschlüsse wird dagegen deutlich, dass auch hier der Anteil der ausländischen Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen, deutlich höher als bei Deutschen liegt, was auf Probleme der schulischen Integration eines Teils der auslän-dischen Schüler hinweist. Zudem verfügt die zweite Generation der Personen mit Migrationshin-tergrund, die gerade heranwächst, über vergleichsweise gute Sprach-kenntnisse. Auch hier stehen die alten Bundesländer vor sehr viel größeren Herausforderungen. In Sachsen sind es insbesondere Jugendliche und Erwachsene der ersten Generation, die Probleme in der sprachlichen Ver-ständigung im Deutschen haben und entsprechende Unterstützung brau-chen. Die zentrale Herausforderung im Freistaat Sachsen ist die hohe Arbeitslo-senquote der Ausländer, und entsprechend die Integration in den Arbeits-markt. Auch im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt liegt im Freistaat die Arbeitslosenquote unter Ausländern noch einmal deutlich über der Ar-beitslosenquote insgesamt. Dabei wird insbesondere die fehlende Anerken- nung von im Ausland erworbenen Abschlüssen als Problem für die Aufnah- _____________________________ 170 Freistaat Sachsen 2006a, S. B. 171 Bundesministerium des Innern 2007, S. 9. 77

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me einer (adäquaten) Beschäftigung von Personen mit Migrationshin-tergrund benannt. Schlussendlich sind auch noch einmal strukturelle und gesellschaftliche Rahmenbedingungen deutlich geworden, die sich in Sachsen von den westdeutschen Erfahrungen unterscheiden. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die (interkulturelle) Öffnung der Aufnahmegesell-schaft. Zentrale Aspekte sind hier die Stärkung der „Willkommenskultur" sowie der Abbau von Fremdenfeindlichkeit. Durch die erst kurze Zuwande-rungsgeschichte und die teilweise sehr geringe Anzahl von Personen mit Migrationshintergrund in einigen Regionen ist es zudem auf Seiten der Personen mit Migrationshintergrund selbst schwieriger, sich zu organisieren bzw. Netzwerke zu bilden, da entsprechende Strukturen fehlen, auf denen sie aufbauen könnten. Bereits innerhalb der verschiedenen Abschnitte wurde auf die Ergebnisse der Akteursbefragung eingegangen. In der übergreifenden Betrachtung der Einschätzung der Lebenslage durch die Akteure in Sachsen kann an dieser Stelle zunächst festgehalten werden, dass 63 % der Befragten die Ge-samtsituation von Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund als „schlechter" oder „viel schlechter" einstufen. Dabei sind allerdings auch Unterschiede zwi-schen den verschiedenen Aspekten klar deutlich. Als besonders schlecht wird die Situation in den Bereichen Arbeitslosigkeit, berufliche Stellung so-wie Einbindung in das Leben vor Ort gesehen. Positiver ist die Einschätzung für die Bereiche (Früh-)Kindliche Bildung, Schulische Erstausbildung sowie gesundheitliche Situation. 78

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Abbildung 22: Einschätzung der Lebenslage durch die Akteure in Sachsen (Vergleich von Personen mit und ohne Migrat ionshin-tergrund)

79

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Quelle: Akteursbefragung Rambøll Management Für die Ermöglichung der gleichberechtigten sozialen, beruflichen und ge-sellschaftlichen Teilhabe ist es darüber hinaus von entscheidender Bedeu-tung, dass die vorhandenen Angebote für Personen mit und ohne Migrati-onshintergrund genutzt werden können. Auch hier wurde bereits auf ver-schiedene Bereiche hingewiesen, wo dieses nicht der Fall ist. Die größten Barrieren für einen Zugang bzw. die gleichberechtigte Teilnahme werden von den Akteuren in Sachsen dabei bei den ARGEn/ Optionskommunen/ Bundesagentur für Arbeit, den Beratungsstellen und dem Gesundheitssys-tem gesehen. 80

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Abbildung 23: Gesehene Zugangsbarrieren durch die A kteure im Frei-staat Sachsen

Quelle: Akteursbefragung Ramboll Management Kommunikationsprobleme aufgrund von sprachlichen Verständigungs-schwierigkeiten, z. B. für pädagogische Fachkräfte und Lehrer mit den Eltern, für Behördenmitarbeiter mit ihren Kunden oder für Berater mit ihren Klienten, sind hier die zentralen Gründe, warum Erschwernisse für Personen mit Mi-grationshintergrund gesehen werden. Darüber hinaus werden aber auch verschiedene Aspekte genannt, die auf eine fehlende interkulturelle Öffnung der Aufnahmegesellschaft und der Institutionen hindeuten. Hierzu zählen z. B. die fehlende kulturelle Sensibilität in Bezug auf religiöse oder kulturelle Besonderheiten in Kindertageseinrichtungen, Schulen oder Seniorenheimen, sowie die mangelnde Ausrichtung von Prozessen auf Personen mit Migra-tionshintergrund in der Arbeitsverwaltung. Darüber hinaus spielen aber auch kulturelle Unterschiede eine Rolle oder schlichtweg ein Informationsdefizit, dass es eine bestimmte Leistung oder Einrichtung, wie z. B. Beratungs-stellen, gibt. 81

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Aufbauend auf diesen Einschätzungen wurden die Akteure auch nach den Handlungsfeldern gefragt, in denen sie Handlungsbedarfe sehen. Bewerten 79 % der Befragten den Handlungsbedarf im Bereich „Integration insgesamt" als „groß" bzw. „sehr groß", sind hier auch deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Handlungsfeldern zu erkennen. Abbildung 24: Zentrale Handlungsbedarfe aus Sicht d er Akteure in Sachsen

Quelle: Akteursbefragung Ramboll Management"172 Besonders hervorgehoben werden an dieser Stelle die Bereiche Sprach-förderung, Arbeit und Ausbildung sowie interkulturelle Öffnung der Verwal-tung. Stellen die ersten beiden Aspekte die zentralen Problemlagen vieler Personen mit Migrationshintergrund dar, richtet sich der letztgenannte As-pekt an die Aufnahmegesellschaft. Wie bereits beschrieben wurde, wird eine fehlende interkulturelle Öffnung hier häufig als eine wichtige Zugangsbar-riere für die Inanspruchnahme von (staatlichen) Regelangeboten gesehen. __________________________ 172 Das N ist für die verschiedenen Aspekte unterschiedlich und liegt zwischen N=174 und N=187. 82

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5. Bestandsaufnahme der Integrationsaktivitäten im Frei-staat Sachsen Im Freistaat Sachsen gibt es eine Reihe von Integrationsaktivitäten, die sich speziell an Personen mit Migrationshintergrund richten und auf deren sprachliche, soziale, berufliche und gesellschaftliche Integration abzielen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Programme, Projekte und Maßnahmen, die sich an spezielle Zielgruppen, wie benachteiligte Jugendliche oder Langzeitarbeitslose, richten und in denen Personen mit Migrationshin-tergrund ebenfalls teilnehmen können. Neben der Integrationsförderung durch Aktivitäten des Bundes und den Aktivitäten der Ressorts der Staats-regierung gibt es weitere Angebote, die durch Kommunen, die Bundes-agentur für Arbeit, die ARGEn oder nicht staatliche Akteure und Einrich-tungen getragen werden. Dabei richten sich die Angebote an unterschied-liche Zielgruppen auch innerhalb der Gruppe der Personen mit Migrations-hintergrund und sind innerhalb des Freistaates Sachsen sehr unterschied-lich verteilt.173 Neben dem Vorhandensein entsprechender Angebote ist es von entschei-dender Bedeutung, dass die Angebote auch von der Zielgruppe in Anspruch genommen werden können. Insbesondere bei Angeboten, in den Personen mit Migrationshintergrund keine spezielle Zielgruppe darstellen, kann die Teilnahme erschwert sein, weil gewisse Voraussetzungen zur gleichbe-rechtigten Teilnahme, wie z. B. ausreichende Sprachkenntnisse oder das Wissen um die Möglichkeit zur Teilnahme, nicht gegeben sind. Das vielfältige Angebot an Integrationsaktivitäten in einigen Regionen im Freistaat Sachsen erfordert zudem eine erhöhte Transparenz bezüglich der vorhandenen Programme und Projekte. Dies gilt zum einen, um sowohl Doppelungen als auch Lücken in der Angebotslandschaft zu vermeiden und somit einen effektiven Einsatz der Mittel zu gewährleisten. Zum anderen bedarf es einer solchen Übersichtlichkeit, damit die relevanten Akteure so-wie auch die Personen mit Migrationshintergrund selber einen Überblick darüber haben, welches die geeigneten Angebote für ihre Bedürfnisse sind. Eine wichtige Rolle, um eine solche Transparenz herzustellen, Doppelungen in der Förderung zu vermeiden, sowie Bedarfe hinsichtlich neuer Angebote zu identifizieren, stellen kommunale bzw. regionale Netzwerke dar, in denen sich die relevanten Akteure im Themenfeld Integration zusammenfinden. ____________________________ 173 In den folgenden Abschnitten werden die vorhandenen Aktivitäten und deren politischer Rahmen sowie die damit verbundenen Ziele und Zielgruppen nur kurz dargestellt. Ein Fokus liegt hier auf der Situation in Sachsen, insbesondere in der Bewertung der entsprechenden Aktivitäten durch die Akteure. Eine vertiefende Beschreibung der hier aufgeführten Programme und Projekte findet sich im Anhang dieses Berichts. 83

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5.1 Integrationsförderung durch Aktivitäten des Bun des

5.1.1 Gesetzliche Regelangebote Zentraler Baustein der Integrationsförderung des Bundes sind die Integra-tionskurse nach dem Zuwanderungsgesetz.174 Ziel der Integrationskurse ist die Förderung der Integration von Personen mit Migrationshintergrund im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe und Chancengleichheit. Grundlagen hier-für bilden der Erwerb ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache und die Vermittlung von Alltagswissen, sowie von Kenntnissen der Rechtsord-nung, der Kultur und der Geschichte Deutschlands.175 Im Freistaat Sachsen gab es zum 31. Dezember 2007 113 zugelassene Kursträger, die sich hauptsächlich in den Städten befinden, aber auch in allen Regionen verteilt sind.176 Vom 01. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2007 haben in Sachsen 5.815 Personen eine Bestätigung, Verpflichtung oder Zulassung zu einem Integrationskurs erhalten: Rund die Hälfte davon waren Neuzuwanderer, etwa 40 % Altzuwanderer. Während von den Neu-zuwanderern fast 2/3 zu einem Kurs verpflichtet wurden, waren es bei den Altzuwanderern nur 20 %. Im Jahr 2007 hatten zudem auch Deutsche mit Migrationshintergrund die Möglichkeit, eine Berechtigung für einen Integra-tionskurs zu erhalten: Eine entsprechende Zulassung wurde an 333 Deut-sche ausgestellt.177 Im Jahr 2007 (1. Januar bis 31. Dezember) gab es insgesamt 4.857 Teil-nehmer in den Integrationskursen (inkl. Absolventen) im Freistaat Sachsen, womit der Anteil an allen Teilnehmern im Bundesgebiet bei 1,9 % lag (bundesweit betrug die Zahl 256.229). Dabei waren von den Integrations-kursteilnehmern in Sachsen 40 % Männer und 60 % Frauen.178 2.639 Per-sonen waren neue Kursteilnehmer, was 2,3 % der bundesweit 114.365 Personen ausmachte, die im Jahr 2007 einen Integrationskurs begonnen haben. Im gleichen Zeitraum haben in Sachsen 1.832 Integrationskurs- _________________________ 175 Zur näheren Erläuterung des Kurssystems, der finanziellen Rahmenbedingungen, der Zuständigkeiten vgl.: www. ba mf.de/cln_006/nn_442232/DE/Integration/Integrationskurse/integrationskurse-node.htmI?_nnn=true. 176 Im November 2007 wurden verschiedene Änderungen bei der Integrationskursverordnung beschlossen. Zentrale Elemente in diesem Zusammenhang sind die Aufstockung des Stun-denkontingents der Sprachkurse von 600 auf bis zu 900 Stunden für die Zielgruppen Ju-gendliche, Frauen und Analphabeten, sowie die Erhöhung der Stundenzahl für den Orien-tierungskurs von 30 Stunden auf 45 Stunden. www. bmi.bund.de/cln_028/nn_122688/Internet/Content/Themen/Integration/DatenUndFakten/IntegrationskursVO.html. Unter bestimmten Umständen kann die Stundenzahl sogar auf bis zu 1200 Stunden aufgestockt werden. 177 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2008, S. 9f. 178 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2007b und 2007c. Eigene Berechnung. 178 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2007c. An dieser Stelle ist es nur möglich, die Zahlen für das Jahr 2007 auszuweisen, da sich Teilnehmer aus dieser Statistik auch schon im Jahr 2006 im Kurs hätten befinden können und es somit zu Doppelzählungen kommen würde. 84

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teilnehmer einen Kurs beendet. Hier lag der sächsische Anteil an allen Kursabsolventen bei 2,7 %.179 Dabei wurden im Jahr 2007 insgesamt 176 Kurse durchgeführt, etwa 90 % davon waren allgemeine Integrationskurse. Zudem gab es 11 Integrations-kurse mit Alphabetisierung, 8 Eltern- bzw. Frauenintegrationskurse sowie 2 sonstige spezielle Integrationskurse. Jugendintegrationskurse wurden nicht durchgeführt.180 Die Integrationskurse sind eng gekoppelt an die Migrationserstberatung (MEB), die den Integrationsprozess von neu ankommenden Personen mit Migrationshintergrund initiieren, steuern und begleiten soll.181 Ziele der MEB sind dabei, die Personen mit Migrationshintergrund zeitnah zu selbststän-digem Handeln in allen Bereichen des täglichen Lebens zu befähigen und sie an das Beratungsangebot der sogenannten Regeldienste heranzufüh-ren.182 Im Freistaat Sachsen gibt es aktuell 40 Migrationsberatungsstellen183, für die 22,54 Vollzeitäquivalente (VzÄ) zur Verfügung stehen.184 Die Finanzierung der MEB im Freistaat Sachsen, d. h., die Festlegung der zur Verfügung stehenden VzÄ erfolgt nach einem festgelegten Schlüssel. Die Wohl-fahrtsverbände, die die Beratung anbieten, sind dann für die Verteilung der Stellen innerhalb des Freistaates zuständig. Das SMS koordiniert die sachgerechte Verteilung auf der Landesebene. Dabei ist die Verteilung in den verschiedenen Regionen im Freistaat Sachsen sehr unterschiedlich. In den größeren Städten Leipzig, Dresden und Chemnitz, aber auch in einigen ländlicheren Regionen wie dem Vogtlandkreis oder Löbau-Zittau gibt es verschiedene Stellen, die Migrationserstberatung anbieten. Gleichzeitig gibt es andere Regionen wie den niederschlesischen Oberlausitzkreis oder Torgau- Oschatz mit jeweils einer Einrichtung. In der kreisfreien Stadt ___________________ 179 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2008, S. 6. 180 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2007c. 181 Ziele, Zielgruppen, Aufgaben und Finanzierung der MEB werden dabei in der durch BMI und BAMF im Jahr 2004 entwickelte „Neukonzeption der Migrationsbe-ratung" festgelegt, gesetzliche Grundlage ist das Aufenthaltsgesetz (§ 45 Satz 1). http://www.integration-in-deutscland .de/cln_01 1/nn_283418/Sha redDocs/Anlagen/DE/Integration/ Downloads/Migrationserstberatung/meb-konzeptdi p,templateId =raw,property=publicationFile. pdf/ meb-konzept-d-ip. pdf 182 Diese Begleitung soll zeitlich befristet maximal die ersten drei Jahre nach der Einreise der Zuwanderer stattfinden. Ein wichtiges Aufgabenfeld der MEB stellt zudem die Ergänzung des Integrationskurses dar, wo dies notwendig und sinnvoll ist. Erwachsene Zuwanderer können ihr Beratungsangebot vor, während und nach dem Kurs nutzen. 183 Freie Wohlfahrtspflege in Sachsen 2007. 184 Folgende Verbände sind mit der Durchführung von Migrationserstberatung be-auftragt: Arbeiterwohlfahrt, Bund der Vertriebenen Landesverband Sachsen/ Schlesische Lausitz e. V., Caritasverband für das Bistum Dresden-Meissen e. V., Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk Sachsen e. V., Paritätischer Wohl-fahrtsverband Sachsen e. V., Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland e. V. 85

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Hoyerswerda gibt es gar keine MEB, sondern wird bei Bedarf durch die MEB in Kamenz mit bedient. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Verteilung der VzÄ in Sachsen. Tabelle 15: Migrationserstberatungsstellen in Sachs en 2008 — Zu-ordnung der Personalkapazität

Landkreis/ kreisfreie Stadt

VzÄ bezogen auf Landkreis

/kreisfreie Stadt Annaberg-Buchholz 0,40 Aue-Schwarzenberg 0,50 Bautzen 0,76 Chemnitz 1,55 Chemnitzer Land 0,95 Delitzsch 1,00 Döbeln 0,40 Dresden 3,00 Freiberg 0,20 Görlitz 0,33 Hoyerswerda 0,10 Kamenz 0,60 Leipzig 1,88 Leipziger Land 0,38 Löbau-Zittau 1,00 Meißen 0,20 Mittlerer Erzgebirgskreis 0,40 Mittweida 0,50 Muldentalkreis 0,80 Niederschlesischer Oberlausitzkreis 0,85 Plauen 0,60 Riesa-Großenhain 0,30 Sächsische Schweiz 2,00 Stollberg 0,30 Torgau-Oschatz 0,75 Vogtlandkreis 1,30 Weißeritzkreis 0,50 Zwickau Land 0,50 Zwickau-Stadt 0,50 VzÄ insgesamt 22,54

Quelle: Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen Neben der Migrationserstberatung gibt es für Jugendliche und junge Er-wachsene unter 27 Jahren spezielle Jugendmigrationsdienste (JMD), die 86

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ähnliche Ziele verfolgen, wie die MEB.185 Ein Fokus ihrer Arbeit liegt dabei auf der individuellen Begleitung der nicht mehr vollzeitschulpflichtigen jun-gen Personen mit Migrationshintergrund, einschließlich der nicht mehr voll-zeitschulpflichtigen Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer im Wege des Case Managements vor, während und nach den Integrationskursen. Aktuell gibt es im Freistaat Sachsen 20 Jugendmigrationsdienste.186 Ins-gesamt stehen hier 28,7 VzÄ zur Verfügung,187 wobei sich die Verteilung, ähnlich wie bei den MEB, sehr unterschiedlich gestaltet. In Anna-berg-Buchholz, im Chemnitzer Land sowie in Döbeln stehen keine VzÄ für JMD zur Verfügung. Die kreisfreien Städte Hoyerswerda und Görlitz werden bei Bedarf durch die JMD in Kamenz bzw. den niederschlesischen Ober-lausitzkreis mit bedient. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Verteilung der VzÄ in Sachsen. Tabelle 16: Jugendmigrationsdienste in Sachsen 2008 - Zuordnung der Personalkapazität Landkreis/ kreisfreie Stadt

VzÄ bezogen auf Landkreis

bzw. kreisfreie Stadt Annaberg-Buchholz 0,0 Aue-Schwarzenberg 2,0 Bautzen 1,0 Chemnitz 3,6 Chemnitzer Land 0,0 Delitzsch 1,0 Döbeln 0,0 Dresden 2,0 Freiberg 0,4 Görlitz zu NOL Hoyerswerda zu Kamenz Kamenz 1,0 Leipzig 3,0 Leipziger Land 0,5 Löbau-Zittau 1,5 Meißen 0,8 Mittlerer Erzgebirgskreis 1,4 Mittweida 1,0

___________________________ 185 http://www.jugendmigrationsdienste.de 186 http://www.jmd-portal.de/_template.php?browser=ie&action=map& search=traeger 187 Folgende Verbände betreiben einen Jugendmigrationsdienst: Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband, Diakonisches Werk Sachsen e. V., Internationaler Bund. 87

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Muldentalkreis 1,0 Niederschlesischer Oberlausitzkreis 1,0 Plauen 0,6 Riesa-Großenhain 1,0 Sächsische Schweiz 2,0 Stollberg 0,5 Torgau-Oschatz 1,0 Vogtlandkreis 0,4 Weißeritzkreis 1,0 Zwickau Land 0,5 Zwickau-Stadt 0,5 Insgesamt 28,7

Quelle: Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen Bei der Umsetzung dieser Angebote (Integrationskurse, MEB und JMD) wiesen Experten und Teilnehmer der Fokusgruppen darauf hin, dass nicht alle der zugelassenen Träger tatsächlich Kurse durchführen würden und dass es insbesondere in ländlichen Regionen teilweise zu langen Warte-zeiten kommt, bis ein neuer Kurs beginnt. Grund hierfür seien vor allem die zu geringen Teilnehmerzahlen. In diesem Zusammenhang wurde auch noch einmal das Problem der Konkurrenz zwischen den Trägern angesprochen, was das Zustandekommen eines Kurses zusätzlich behindere, z. B. weil zwei Träger jeweils nicht die notwendige Mindestteilnehmerzahl erreichen, aber auch nicht kooperieren wollen, damit ein Kurs starten kann.188 Gleich-zeitig wurde aber auch auf gute Beispiele für Netzwerke und Absprachen zwischen Kursträgern verwiesen. Mit Blick auf die Arbeit der MEB und JMD wurde bemerkt, dass die Größe einzelner Landkreise bedingt, dass die Berater der Dienste mobil sind und auch in anderen Gemeinden als dem zentralen Standort eine Beratung an-bieten. Hinsichtlich des Angebots an MEB und JMD wurde auch auf die spezifischen Herausforderungen im Freistaat Sachsen hingewiesen, die insbesondere durch den geringen Anteil an Personen mit Migrationshin-tergrund sowie den Bedingungen in den ländlichen Gebieten und die damit verbundenen Fahrtzeiten und Probleme der Erreichbarkeit gekennzeichnet sind. Diese Rahmenbedingungen und die sich daraus ergebenden Erfordernisse finden sich auch in den „Rahmenbedingungen für die Zuwandererintegrati- _______________________ 188 In diesen Aussagen spiegeln sich auch die Erfahrungen der bundesweiten E-valuation von Ramboll Management wider. Vgl. Ramboll Management 2006. 88

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an in den ostdeutschen Ländern" wieder.189 Zudem spiegelt sich dieses Bild in der Akteursbefragung wider: Hier haben 30 % angegeben, dass es ge-messen am Bedarf kein ausreichendes Angebot an JMD gäbe, 16 % sehen ein Defizit bei den MEB.

5.1.2 Weitere Maßnahmen Neben den gesetzlichen Regelangeboten gibt es eine Reihe von weiteren Maßnahmen auf Bundesebene, die sich entsprechend auch in Sachsen finden lassen. Dazu gehören zunächst die Integrations- sowie die Ver-bundprojekte des BAMF , die zur sozialen und gesellschaftlichen Integra-tion von Personen mit Migrationshintergrund beitragen sollen, u. a. indem sie den durch die Regelangebote (insb. die Integrationskurse) angestoßenen Integrationsprozess durch entsprechende bedarfsgerechte und zielgrup-penorientierte Maßnahmen fortführen.190 Im Freistaat Sachsen gab es im Jahr 2007 16 durch das BAMF geförderte Projekte, die teilweise an verschiedenen Standorten durchgeführt wurden.191 Eine Konzentration dieser Projekte findet sich in Leipzig und dem Leipziger Umland. Die Projekte bewegen sich vielfach in den Bereichen Stärkung des Ehrenamts sowie der Selbstorganisation der Personen mit Migrationshin-tergrund und richten sich an unterschiedliche Zielgruppen wie Spätaus-siedler oder Jugendliche. Die vom Bund getragene Otto Benecke Stiftung e. V. führt Beratung zu Fragen der schulischen und beruflichen Integration durch und bietet ge-meinsam mit Kooperationspartnern verschiedene Maßnahmen zur Schaf-fung der Voraussetzungen zur Aufnahme eines Hochschulstudiums bzw. zum Einstieg in den akademischen Beruf an. Zwei zentrale Angebote in diesem Zusammenhang sind zum einen das För- derprogramm „Garantiefonds-Hochschulbereich" und zum anderen das A- _______________________ 189 Hier wurde thematisiert, dass die geringere Anzahl der Alt- und Neuzuwanderer nicht alleinige Bemessungsgrundlage für die zu fördernden Strukturen sein kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass hier ein Annährungsprozess zwischen Zuwanderern und Aufnahmegesellschaft gezielt initiiert und begleitet werden muss, sollten in Ostdeutschland nicht nur die Begleitung der Zuwanderer bei den Integra-tionskursen im Vordergrund stehen, sondern auch die Erforderlichkeit von ge-meinwesenorientierter Arbeit und damit auch eine entsprechende Bemessung der Personalkapazität. Zudem stellen die Flächenkreise eine besondere Herausforde-rung hinsichtlich Erreichbarkeit und Fahrtzeiten dar, sodass hier eine bundesfinan-zierte Mindestausstattung an Stellen gefordert wird, die die Länder dann nach be-stehenden besonderen regionalen Bedarfslagen ergänzen sollten. 190 www.bamf.de 191 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2007a. 89

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kademikerprogramm (AKP).192 Für den Freistaat Sachsen finden die Bera-tungen sowohl in der „Leitstelle Ost" in Berlin als auch in der Beratungsstelle in Leipzig statt. Darüber hinaus werden auswärtige Beratungen in Bautzen, Chemnitz, und Dresden angeboten. Der in Dresden, Zwickau und Leipzig tätige EXIS Europa e. V. richtet sich sowohl an gründungsinteressierte Personen und Existenzgründer als auch an Unternehmer und bietet diesen verschiedene Beratungs- und Betreu-ungsangebote rund um die Themenfelder Existenzgründung, Unterneh-mensplanung, Unternehmensentwicklung sowie Existenzsicherung an.193 Eine spezielle Zielgruppe stellen in diesem Zusammenhang Personen mit Migrationshintergrund dar, die unter anderem im Rahmen der Equal- Ent-wicklungspartnerschaft „InBeZ Rhein-Saar-Elbe194 angesprochen werden sollten. Das zentrale Ziel des Bundesprogramms „Integration durch Sport" ist die gesellschaftliche Eingliederung der Spätaussiedler und ihrer Familienan-gehörigen sowie der ausländischen Zuwanderer.195 Im Rahmen der lokal durchgeführten Angebote soll das Näherkommen der unterschiedlichen Zuwanderergruppen sowie der Aufnahmegesellschaft gefördert, Vorurteile abgebaut und Sprachbarrieren überwunden werden. Zentrale Akteure zur Umsetzung der Ziele sind Stützpunktvereine sowie sog. Starthelfer.196 Im Freistaat Sachsen wird das Programm „Integration durch Sport" durch den Landessportbund Sachsen betreut, die Umsetzung erfolgt durch die lan-desweit 38 tätigen Stützpunktvereine. Im Jahr 2007 konnten 425 Personen mit Migrationshintergrund als Mitglieder in den sächsischen Sportvereinen gewonnen werden. 20 Personen mit Migrationshintergrund nehmen dabei die Funktion von Übungsleitern ein, in den Vorständen der Stützpunktver-eine engagieren sich 5 Personen mit Migrationshintergrund. Darüber hinaus hatten 11 der 39 in Sachsen tätigen Starthelfer einen Migrationshin-tergrund.197 Um der zunehmenden sozialen und räumlichen Segregation in den Städten entgegenzuwirken, wurde im Jahr 1999 das Programm „Stadtteile mit ___________________ 192 www.obs-ev.de. Der Garantiefonds-Hochschulbereich richtet sich an junge Zuwanderer, die in Deutschland die Hochschulreife erwerben wollen, sich auf ein Hochschulstudium vorbereiten und eine akademische Laufbahn anstreben. Im Rahmen des AKP werden Zuwanderer mit einem akademischen Abschluss, die älter als 30 und jünger als 50 Jahre sind, gefördert. 193 www.exis.de 194 www.inbez.de 195 www.integration-durch-sport.de. Es ist ein Programm des Deutschen Olym-pischen Sportbundes (DOSB), die Umsetzung erfolgt eigenverantwortlich durch die Landessportbünde in den verschiedenen Bundesländern. 196 Stützpunktvereine sollen die Zielgruppe mit dem Sport in Deutschland und den entsprechenden Strukturen und Angeboten bekannt machen und in ihren eigenen aktiven Trainings- und Wettkampfbetrieb sowie das Vereinsleben einbeziehen. Die Starthelfer arbeiten ehrenamtlich und sollen eine Mittlerfunktion zwischen Verein, Programmleitung und der Zielgruppe einnehmen. 197 Landessportbund Sachsen e. V. 2008. 90

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besonderem Entwicklungsbedarf — Die Soziale Stadt" als Städtebau-förderprogramm des Bundes und der Länder aufgelegt, das inzwischen 474 Projekte und Initiativen in 285 deutschen Städten und Gemeinden fördert.198 Im Freistaat Sachsen sind bislang insgesamt 20 Gemeinden mit 23 För-dergebieten (Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf) in das Pro-gramm aufgenommen worden. Zusätzlich werden seit dem Programmjahr 2006 mit dem Bund-Länder-Programm in den bestehenden Fördergebieten 33 Modellvorhaben gefördert. Die Finanzhilfen werden im Freistaat Sachsen auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift des SMI über die Vorbereitung, Durchführung und Förderung von Maßnahmen der Städtebaulichen Erneu-erung im Freistaat Sachsen gewährt.199 Seit dem Programmstart 1999 wurden insgesamt 84,3 Mio. Euro von Bund und Land als Finanzhilfen be-willigt. In der Praxisdatenbank des Programms „Soziale Stadt" finden sich für den Freistaat Sachsen aktuell 35 Projekte, wovon sich über die Hälfte in Leipzig und hier vor allem im Leipziger Osten befindet. Insbesondere die Projekte im Leipziger Osten, der mit über 11 % den höchsten Ausländeranteil der ge-samten Stadt hat, richten sich vielfach sowohl an Personen mit als auch ohne Migrationshintergrund und wollen hier das Miteinander fördern.200 Neben den bisher aufgeführten Aktivitäten, die sich insbesondere an die Personen mit Migrationshintergrund selbst richten, gibt es auch verschie-dene Programme, die sich an die Aufnahmegesellschaft wenden, und hier die Stärkung der Zivilgesellschaft und eines demokratischen Bewusstseins sowie den Abbau von Vorurteilen sowie rechtsextremistischen oder rassis-tischen Einstellungen zum Ziel haben. In diesem Zusammenhang sind ne-ben dem Programm „XENOS — Integration und Vielfalt"201 auch Bundes-programme „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demo-kratie"202 sowie „Kompetent für Demokratie — Beratungsnetzwerke gegen __________________________ 198 http://www.sozialestadt.de/programm. Bei den geförderten Maßnahmen handelt es sich um Maßnahmen zur Stabilisierung und Aufwertung von Gebieten, die auf-grund der Zusammensetzung und wirtschaftlichen Situation der darin lebenden und arbeitenden Menschen erheblich benachteiligt sind. Im Programm werden prioritär Gebiete gefördert, die aufgrund sozialer Segregation vom sozialen Abstieg bedroht sind. Dabei handelt es sich zumeist um (noch) einwohnerstarke Stadtteile, die im Hinblick auf die Sozialstruktur, den baulichen Bestand, Arbeitsplatzangebot, Aus-bildungsniveau, Ausstattung mit sozialer und stadtteilkultureller Infrastruktur sowie die Qualität von Wohnungen, des Wohnumfelds und der natürlichen Umwelt erheb-liche Defizite aufweisen. Die Handlungsfelder des Programms umfassen dabei u. a. die Bereiche Quartiersmanagement, Aktivierung und Beteiligung sowie integrierte Entwicklungs- bzw. Handlungskonzepte. 199 VwV-StBauE vom 29. November 2002 (SächsABI.SDr., Jg. 2003, BI.-Nr. 1, S. 2.). Diese Verwaltungsvorschrift wurde novelliert und wird im Laufe dieses Jahres in Kraft treten. 200 http://www.sozialestadt.de/praxisdatenbank/suche/index.php 201 http://www.xenos-de.de. Es wurde Nachfolger des ausgelaufenen Programms „XENOS - Leben und Arbeiten in Vielfalt", seit Anfang dieses Jahres implementiert. 202 http://www.vielfalt-tut-gut.de 91

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Rechtsextremismus"203, zu nennen. Auch im Freistaat Sachsen werden hier die unterschiedlichsten Projekte gefördert. Insbesondere die Integrations- und Verbundprojekte des BAMF sowie die Angebote von „Integration durch Sport" und der „Sozialen Stadt" wurden auch im Rahmen der Akteursbefragung vor allem im sozialen Bereich als relevante Angebote benannt, XENOS wurde hier auch im Zusammenhang mit der beruflichen Integration angeführt. Dabei zeigt schon die Verteilung der Angebote, dass es eine deutliche Konzentration auf die Städte gibt. Entsprechend wurde bei den Expertengesprächen und Fokusgruppen dar-auf hingewiesen, dass die Angebote zwar sehr gut seien und die Zielgruppe erreichen würden, es gleichzeitig aber ähnliche Angebote in den ländlichen Gebieten geben müsste.

5.2 Integrationsförderung durch Aktivitäten der Res sorts der Staatsregierung

5.2.1 Förderung in Kindertageseinrichtungen Grundlage für die Gestaltung der pädagogischen Arbeit in den Kinderta-geseinrichtungen und in der Kindertagespflege bildet der Sächsische Bil-dungsplan. In verschiedenen Bildungsbereichen, insbesondere bei der „Sozialen Bildung" und der „Kommunikativen Bildung", wird hier auch auf die interkulturelle Erziehung eingegangen.204 Auf der anderen Seite werden hier auch die Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte in den Kinder-tageseinrichtungen beschrieben, z. B. durch die Aneignung entsprechenden Wissens sowie die Einbeziehung der Eltern der Kinder in die Arbeit.205 Als Reaktion auf die Zunahme von Störungen der Sprachentwicklung bei Kindern im Vorschulalter und der hier gesehenen Notwendigkeit einer bes-seren Unterstützung führt das SMS verschiedene Maßnahmen zur sprach-lichen Förderung in Kindertageseinrichtungen durch, die sich auch an Kinder mit Migrationshintergrund richten. Dazu gehören das Programm „Leselust im Freistaat Sachsen" ,206 die Initiative „Lesestart — mit Büchern wach-sen" ,207 ein Handlungsfeld des Landesprogramms _________________________ 203 http://www.kompetent-fuer-demokratie.de 204 Sächsisches Staatsministerium für Soziales 2006. 205 Zu den entsprechenden Herausforderungen in dieser Arbeit vgl. Kapitel 4.2.1.1. 206 Im Jahr 2003 wurden alle 885 Grundschulen sowie 180 (Modell-)Kindergärten Sachsens u. a. mit Buchpaketen ausgestattet. http://www.lesen-in-deutschland.de/html/content.php?object=materialien&Iid=23508 207 Hier werden sog. „Lesestart-Pakete" an Eltern von einjährigen Kindern im Frei-staat Sachsen ausgegeben. http://www.lesen-in-deutschland.de/html/content.php?object=journal&lid=732 92

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„Gesund aufwachsen" ,208 sowie das Modellprojekt „SPRACHE FöR-DERN" .209 Ebenso führt das Sächsische Landesjugendamt Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen zur Bedeutung der Sprachentwicklung von Kindern bis zum sechsten Lebensjahr durch. Insbesondere im Rahmen der Fokusgruppen wurde auf die besonderen und häufig neuen Herausforderungen verwiesen, mit denen sich die pädagogi-schen Fachkräfte durch die zunehmend heterogene Zusammensetzung nach Herkunftsländern bei Kindern und Elternschaft konfrontiert sehen. Allerdings stand hier das Thema Sprachförderung der Kinder nicht im Vor-dergrund, da diese vielfach bereits gutes Deutsch sprechen würden.210 Vielmehr ging es um den Bedarf an Unterstützung zur Zusammenarbeit mit den Eltern, die erschwert sei, da Eltern häufig nicht oder nur teilweise die deutsche Sprache beherrschen würden. Es sei dadurch schwierig, Eltern in die Arbeit der Kindertageseinrichtung einzubeziehen. In diesem Zusam-menhang wurde auch der Bedarf an der Vermittlung von interkulturellen Kompetenzen für das pädagogische Personal durch entsprechende Fort-bildungen angesprochen. Auch wurde ein Informationsdefizit über vorhan-denen Beratungs- und Unterstützungsangebote auf Seiten der Kinderta-geseinrichtungen deutlich. Diese sind bis dato kaum Adressat solcher An-gebote gewesen und müssen daher gezielt angesprochen und unterstützt werden. Insbesondere ist dabei die Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte gefordert. Angeregt wurde bspw., den Kindertageseinrichtungen Informationsbroschüren zu Beratungsstellen zukommen zu lassen, damit diese Eltern mit Migrationshintergrund besser unterstützen bzw. sich selbst Informationen einholen können. Darüber hinaus hat die Akteursbefragung aber auch deutlich gemacht, dass sich die Kindertageseinrichtungen zunehmend diesen neuen Herausforde-rungen stellen und sich aktiv im Themenfeld Integration von Personen mit Migrationshintergrund engagieren. So haben 24 % der Akteure, die in ei- _______________________ 208 Ziel ist die Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten von Kindern im Vor-schulalter sowie die Sensibilisierung von Eltern und pädagogischen Fachkräften für eine altersgerechte Sprachentwicklung. http://www.gesunde.sachsen.de/118.html. 209 Ziel ist es, schriftliche Handlungsanleitungen sowohl für die tägliche Arbeit mit den Kindern in den Tageseinrichtungen als auch unterschiedliche Methoden der Elternarbeit für Eltern von Kindern mit Sprachauffälligkeiten und von Kindern mit Migrationshintergrund zu erarbeiten und ein Fortbildungskonzept für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen zu entwerfen. http://www.sprache-foerdern-sachsen.de. Als Modellstandorte wurden sechs Kin-dertageseinrichtungen von unterschiedlichen Trägern unter Berücksichtigung der Kita-Kapazitäten und der Stadt/ Landverteilung u. a. nach dem Kriterium „Beson-derer Förderbedarf bei Kindern mit Sprachauffälligkeiten und bei Kindern mit Migrationshintergrund" ausgewählt. 210 Gleichwohl darf hier nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass der Be-reich der frühkindlichen Sprachförderung zu vernachlässigen sei. Vielmehr machen die oben genannten Projekte deutlich, dass die Sprachförderung einen wichtigen Faktor dafür darstellt, um bei Kindern mit Migrationshintergrund den Grundstein für eine erfolgreiche Bildungskarriere zu legen. 93

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nem Netzwerk aktiv sind, angegeben, dass hier auch Kindergärten beteiligt seien.

5.2.2 Schulische Integration Das Schulgesetz des Freistaates Sachsen (SchulG) schreibt eine chan-cengleiche Bildung und Erziehung für alle Schüler fest, wie vom Grundge-setz und der Verfassung des Freistaates Sachsen bestimmt. Um diese gleichen Bildungschancen in allen Schularten zu gewährleisten, gibt es seit dem Jahr 2000 „Die Sächsische Konzeption zur Integration von Migranten" - ein spezielles Integrationskonzept für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund.211 Gemeinsam mit dem Lehr-plan des SMK für das Fach Deutsch als Zweitsprache werden somit die Grundlagen für Einstiegsmöglichkeiten in das sächsische Schulsystem so-wie für eine systematische und Schullaufbahn begleitende sprachliche Förderung unter Nutzung der Ressourcen der zwei- und mehrsprachigen Kinder gelegt. Zentrale Elemente der Konzeption sind:

• Die besondere Schullaufbahnberatung durch die Schulaufsicht, die u. a. eine allgemeine und individuelle Beratung über Bildungsmöglichkeiten im Freistaat Sachsen beinhaltet und somit als Einstieg in eine begleitende professionelle Bildungsberatung dienen soll.

• Die sog. Vorbereitungsklasse bzw. Vorbereitungsgruppe , in de-nen die Schüler von speziell ausgebildeten Betreuungslehrern im Fach Deutsch als Zweitsprache unterrichtet werden.

• Eine Integration in die Regelklasse in drei Etappen : Während in der

ersten und zweiten Etappe der Unterricht im Fach Deutsch als Zweitsprache Priorität hat, wird der Schüler mit Beginn der dritten Etappe in seiner Regelklasse nach dem jeweiligen Stundenplan un-terrichtet und auch benotet.

• Die sog. „Betreuungslehrer ", zu deren Aufgaben neben dem Un-

terricht Deutsch als Zweitsprache in den Vorbereitungsklassen auch die Begleitung und Betreuung des gesamten Integrationsprozess der Schüler, sowie in diesem Zusammenhang eine enge Zusammenar-beit mit allen an der Integration beteiligten Personen und Institutionen auch außerhalb der Schule gehören.

• Die Unterrichtung von Deutsch als Zweitsprache auf der Grundlage

des im Jahr 2000 etablierten Lehrplans für Deutsch als Zweitsprache des SMK.

_____________________ 211 ,Die sächsische Konzeption zur Integration von Migranten" vom 01.08.2000 (MBI. SMK, S. 149). 94

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• Der herkunftssprachliche Unterricht für Schüler mit Migrations-hintergrund in verschiedenen Sprachen.

Im Rahmen der Lehrplanreform wurde das Eckwertepapier „Sprachliche Bildung für Migranten" erarbeitet und somit die Grundlage dafür geschaffen, dass in den neuen Lehrplänen aller Fächer und Schularten die sprachliche Bildung für Schüler mit Migrationshintergrund als Aufgabe aller Fachlehrer definiert und festgeschrieben wurde. Die im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen und den damit verbundenen Aufgaben etablierten schulaufsichtlichen Strukturen zur Unterstützung um-fassen u. a. die in jedem Regionalschulamt tätigen Koordinatoren für Migrationsfragen , die schulartübergreifend arbeiten. Ein weiterer Baustein im Bereich der schulischen Integration ist das Pro-gramm „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migratio nshin-tergrund " (FörMig) der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK).212 Der Freistaat Sachsen beteiligt sich hier seit dem Jahr 2005 zu dem Themenschwerpunkt „Durchgängige Sprachförde-rung" und hat hier zum Ziel, mithilfe von Sprachfördernetzwerken schulische, sprachliche und soziale Integrationsprozesse zu optimieren, sowie Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund bei erfolgreichen individuellen Bildungsbiografien zu unterstützen. Die Stiftung Mercator führt ein Programm zur „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund " durch, in dessen Rahmen der Freistaat Sachsen mit zwei Projekten beteiligt ist.213 Die gemeinnützige Hertie-Stiftung vergibt im Freistaat Sachsen Start-Schülerstipendien, die die schulische Laufbahn begabter und engagierter Kinder und Jugendlicher mit Migrationshintergrund unterstützen sollen.214 Derzeit gibt es im Freistaat Sachsen 32 Start-Stipendiaten. Insbesondere die eingangs beschriebene Konzeption zur Integration von Migranten wurde auch im Rahmen der Expertengespräche und Fokusgrup- pen immer wieder als zentraler Erfolgsfaktor für den im bundesweiten Ver-gleich hohen Schulerfolg von Zuwandererkindern im Freistaat Sachsen dar- __________________________ 212 http://www.blk-foermig.uni-hamburg.de 213 http://www.stiftung-mercator.de/cros/front_content.php. In den Regional-schulamtsbereichen Dresden und Leipzig wird hier eine individuelle außerschuli-sche Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund an Mittelschulen und Gymnasien angeboten, die der Unterstützung schulischer Integrationsprozesse und dem Abbau von Bildungsbenachteiligungen dienen soll. 214 http://www.start.ghst.de Gefördert werden hier besonders begabte und enga-gierte Zuwandererkinder der Klassen 8-12 im Rahmen, die im Rahmen dieses Sti-pendiums sowohl eine ideelle Förderung wie z. B. Bildungsseminare, Exkursionen oder Sommerakademien als auch eine materielle Förderung in Form einer PC-Grundausstattung mit Internetanschluss und monatlichem Bildungsgeld von 100 Euro erhalten. 95

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gestellt.215 Nicht nur von Seiten des SMK, sondern auch von den Akteuren wurde die Umsetzung sowohl in den Städten als auch auf dem Land als (sehr) gut bezeichnet, immer wieder auf die gesetzliche Verankerung sowie die Etablierung des Unterrichts Deutsch als Zweitsprache verwiesen. Gleichzeitig könne Sachsen hierdurch auch Vorbildfunktion für andere Bundesländer, insbesondere in Westdeutschland, haben. Neben diesem Regelangebot wurden die weiteren Aktivitäten nur am Rande angesprochen bzw. durch einige Experten sowie innerhalb der zuständigen Ressorts erwähnt. Diese Angebote wurden vielfach ergänzend zur Konzep-tion zur Integration von Migranten wahrgenommen. Im Rahmen der Ak-teursbefragung wurde FörMig allerdings auch mehrfach bei den Integrati-onsaktivitäten im Bereich Bildung genannt, sodass dieses Angebot auch von den Akteuren in der Breite so wahrgenommen wird.

5.2.3 Berufliche Integration Das für den Bereich der beruflichen Integration zuständige Sächsische SMWA hat verschiedene Förderprogramme aufgelegt, um die Beschäfti-gungsquote von Personen mit und ohne Migrationshintergrund zu verbes-sern. Ähnlich wie im Bereich der frühkindlichen Förderung sind die meisten Programmen dabei nicht speziell auf Personen mit Migrationshintergrund ausgerichtet, sondern diese können an den Angeboten teilnehmen, wenn sie die Fördervoraussetzungen erfüllen. Im Bereich der beruflichen Integration gibt es zunächst die „ESF- Richtlinie Beschäftigungsförderung ", durch die im Freistaat Sachsen die formulierte Zielstellung „Mehr Menschen an Beschäftigung heranführen" unterstützt werden soll. Darüber hinaus gibt es verschiedene Förderprogramme, die über die „ESF-Richtlinie Berufliche Bildung " abgedeckt werden, sowie eine Förderung für Innovationsassistenten und Existenzgründungen. Alle Programme sollen dabei im Rahmen des jeweils förderfähigen Personen-kreises auch Personen mit Migrationshintergrund offen stehen, insbeson-dere vor dem Hintergrund, dass Personen mit Migrationshintergrund häufig zu auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten Personen gehören. Ebenfalls (auch) an Personen mit Migrationshintergrund richtet sich das Programm „Qualifi-zierung von Arbeitslosen ohne Berufsabschluss zu ei nem anerkannten Berufsabschluss " (QAB).216 _____________________ 215 Vgl. Kapitel 4.2.1.2. 216 http://www.smwa.sachsen.de/de/Foerderung/Beschaeftigung_und_berufliche_ Bildung/Qualifizierung_ fuer Arbeitslose_ohne_Berufsabschluss_zu_einem_anerkannten_ Berufsabschluss/99458.html 96

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Neben diesen durch das SMWA getragenen Programmen und Maßnahmen fördert auch das SMS verschiedene Qualifizierungsprojekte, die zum Ziel haben, die Qualifizierung von Personen mit Migrationshintergrund, die er-werbsfähig und arbeitsuchend sind, gezielt zu verbessern und somit die Voraussetzungen für die Eingliederung dieser Personengruppe in den ers-ten Arbeitsmarkt zu schaffen. Die Fördermittel hierfür kommen aus der ESF-Förderperiode 2007-2013 und komplementären Landesmitteln. Gefördert werden in diesem Zusammen-hang berufliche Qualifizierungsprojekte für arbeitslose Spätaussiedler sowie daueraufenthaltsberechtigte Ausländer (QSA)217, sowie der e-benfalls aus ESF-Mitteln finanzierte „Erweiterte Sprachkurs für Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte aus Dri ttländern ".218 Auch die Qualifizierungsprojekte zur Verbesserung der Chance n-gleichheit für Frauen und Männer am Arbeitsmarkt können von arbeits-losen Personen mit Migrationshintergrund genutzt werden 219 Da Personen mit Migrationshintergrund zunehmend selbstständige Unter-nehmer und Gewerbetreibende sind bzw. betriebliche Existenzen gründen, bietet die novellierte Richtlinie zur Förderung der Chancengleichheit auch Frauen mit Migrationshintergrund, sofern sie ihren Hauptwohnsitz dauerhaft im ländlichen Raum des Freistaates Sachsen haben, die Mög-lichkeit, einen Zuschuss zur Existenzgründung oder Unternehmenssiche-rung zu erhalten. Wie bereits eingangs bemerkt, richtet sich der überwiegende Teil der in diesem Abschnitt aufgeführten Programme und Angebote nicht gezielt an Personen mit Migrationshintergrund, sondern diese sind ein Teil der Ziel-gruppe. Insbesondere im Rahmen der Interviews in den zuständigen Res-sorts wurde an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass es auf-grund der geringen Anzahl, die die Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen ausmachen, sowie aufgrund deren Heterogenität hinsichtlich der Qualifikationen und Bedarfe nicht möglich sei, eigene Programme für diese _______________________ 217 Den Kursteilnehmern sollen neben den fachbezogenen Qualifizierungsmaß-nahmen auch berufsbezogene Deutschkenntnisse vermittelt werden. Nach der Bewilligung von insgesamt 45 Projekten noch aus Mitteln des alten Förderzeitraums 2000-2006 im Jahr 2007 wurden im Jahr 2008 bereits erste Maßnahmen des För-derzeitraums 2007-2013 bewilligt. 218 Dieser wurde vor dem Hintergrund konzipiert, dass die in Sachsen tätigen aus-ländischen Ärzte nicht immer in der Lage sind, sich fließend in deutscher Sprache mit ihren Kollegen sowie ihren Patienten zu unterhalten. Bisher wurde allerdings noch kein Kurs bewilligt. 219 Möglichkeiten zur Teilnahme bestehen z. B. bei Maßnahmen zur Qualifizierung von Frauen in zukunftsträchtigen Berufen bzw. an der Qualifizierung von Berufs-rückkehrerinnen und Berufsrückkehrern. Auch für die in einem Beschäftigungs-verhältnis stehenden Personen mit Migrationshintergrund sind berufsbegleitende Qualifizierungen möglich. 97

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aufzulegen, da in der Regel die Mindestteilnehmerzahl für eine Maßnahme nicht zustande kommen würde. Gleichzeitig wiesen Experten und Teilnehmer der Fokusgruppen noch ein-mal darauf hin, dass es teilweise besonderer Unterstützungsangebote, wie Sprachkursen bzw. einer gezielten Ansprache durch die Initiatoren solcher Programme, bedürfe, damit die Zielgruppe tatsächlich erreicht wird. Darüber hinaus wurde auch angemerkt, dass die Vielzahl der Projekte und der hier tätigen Akteure auch dazu führen würden, dass Maßnahmen teilweise nicht aufeinander abgestimmt werden bzw. nicht aneinander anschließen, sodass z. B. eine Person mit Migrationshintergrund eine Maßnahme erfolgreich abschließt, dann aber einige Monate auf eine Anschlussmaßnahme warten muss und somit das Gelernte wieder verliert. Diese Vielfalt der Programme zur beruflichen Integration spiegelt sich auch im Antwortverhalten der Akteure im Freistaat Sachsen wider. Hier haben 40 % angegeben, dass es in ihrem Kreis entsprechende Programme gibt, die sich an bestimmte Zielgruppen, wie benachteiligte Jugendliche oder Lang-zeitarbeitslose, richten und auch für Personen mit Migrationshintergrund offen sind. Gleichzeitig haben 15 % der Befragten angegeben, dass ihrer Ansicht nach der gleichberechtigte Zugang und die gleichberechtigte Teil-nahme von Personen mit Migrationshintergrund hier nicht gewährleistet sind, insbesondere weil die Möglichkeit zur Teilnahme den Personen mit Migra-tionshintergrund nicht bekannt ist oder weil die Initiatoren bzw. Träger der Programme und Projekte die Zielgruppe nicht erreichen. Ein weiterer Aspekt, der eine Teilnahme erschwert bzw. behindert, sind sprachliche Hindernisse.

5.2.4 Soziale Integration Neben der vorschulischen, schulischen und beruflichen Integration stellt auch die Förderung der sozialen Integration ein wichtiges Handlungsfeld der aktuellen Integrationsaktivitäten im Freistaat Sachsen dar. So fördert das SMS sachsenweit gemeinwesenorientierte Projekte , die wohnumfeldbe-zogen sind, d. h. der Eingliederung der Personen mit Migrationshintergrund in die örtliche Gemeinschaft dienen. Diese Projekte sind dabei gruppenbe-zogen und sollen die übrige Wohnbevölkerung mit einbeziehen.220 Das e-benfalls aus ESF-Mitteln finanzierte Programm „Lokales Kapital für soziale Zwecke im Freistaat Sachsen " (LOS) unterstützt Projekte, die die Förde-rung der lokalen Beschäftigungsentwicklung zum Ziel haben.121, Im Freistaat ____________________________ 220 Grundlage ist die 2005 vom SMS ergänzte und auf daueraufenthaltsberechtigte Ausländer erweiterte „Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Förderung der Eingliederung von Spätaussiedlern" vom 25. Januar 2002 (SächsABI. S. 297). 221 http://www.Ios-online.de/content/index_ger.html 98

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Sachsen gibt es 105 solcher Projekte, 20 Projekte richten sich gezielt an Spätaussiedler und Ausländer. Vor dem Hintergrund der Bedeutung für die gesellschaftliche Integration gibt es im Freistaat Sachsen zudem Programme, die die Förderung des eh-renamtlichen Engagements von und für Personen mit Migrationshintergrund zum Ziel haben. Dazu gehört zunächst die Förderung von ehrenamtlicher Arbeit im Rahmen der Kampagne „Wir für Sachsen"222. Bereiche der För-derung umfassen dabei das bürgerschaftliche Engagement zur Integration von Personen mit Migrationshintergrund, insbesondere Betreuung, Beratung und Begleitung von Personen mit Migrationshintergrund. Von den 22.131 Personen, deren Engagement für das Jahr 2008 mit einer Aufwandsent-schädigung gefördert wird, sind 376 Personen im Bereich der Integration von Personen mit Migrationshintergrund tätig. Auch Personen mit Migrations-hintergrund selber können eine Förderung nach diesem Förderprogramm erhalten, wenn sie sich selbst in gemeinnützigen Projekten freiwillig enga-gieren. Ähnliche Tätigkeiten wie bei „Wir für Sachsen" können auch als Kleinvor-haben zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und des sozialen Zusam-menhalts mit ESF-Mitteln gefördert werden.223 Das Programm „Tätigkeiten und Aufgaben: Regionale Initiativen in Sachsen (TAURIS)" richtet sich ausschließlich an arbeitsuchende Bezieher von Leistungen der Grundsi-cherung, mit dem Ziel, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und zu ver-bessern, die Eigenmotivation, Eigeninitiative und die soziale Kompetenz zu stärken und die Leistungsempfänger durch Tätigkeiten und Aufgaben außerhalb der traditionellen Erwerbsarbeit zu integrieren. Auch nach diesem Programm können Projekte bürgerschaftlichen Engagements zugunsten von Personen mit Migrationshintergrund gefördert werden; Personen mit Migrationshintergrund können ebenfalls als Teilnehmende gefördert werden. Neben den bereits oben beschriebenen bundesweiten Programmen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hat der Freistaat Sachsen darüber hin- aus ein eigenes Programm für Demokratie, Toleranz und Welto ffenheit im Freistaat Sachsen initiiert, mit dem Ziel, die demokratische Kultur in Sachsen zu fördern und zu stärken.224 Gefördert werden können in die-sem Zusammenhang Projekte und Maßnahmen in unterschiedlichen Handlungsfeldern und mit unterschiedlichen Zielgruppen. Finanziert wird das Programm aus Landesmitteln, für die Umsetzung des Programms ist ein ___________________________ 222 http://www.wir-fuer-sachsen.de 223 SächsABl. 2007 S. 1095. 224 Grundlage hierfür ist der Koalitionsvertrag zwischen den Landesverbänden von CDU und SPD für die 4. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages. http://www.sachsen.de/de/bf/hochwasser/programme/download/Koalitionsvereinbarung.pdf 99

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Beirat aus Vertretern gesellschaftlicher Gruppierungen berufen worden. Dabei ist die Anzahl der Anträge auf Projektförderung in den letzten Jahren von 195 (2005) über 211 (2006) bis hin zu 278 (2007) stetig gestiegen. Und auch die Fördersumme wurde im Jahr 2007 von bislang 1,2 auf 1,7 Mio. Euro erhöht. Insbesondere das Programm „Lokales Kapital für Soziale Zwecke" (LOS) wurde im Rahmen der Fokusgruppen positiv hervorgehoben und auch die Programme zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements als sehr wichtig bezeichnet. Die geförderten LOS-Projekte wurden auch von den befragten Akteuren als zentrale Maßnahmen zur sozialen Integration (auch) von Personen mit Mi-grationshintergrund wahrgenommen und besonders häufig als bekannte Projekte im Kreis benannt.

5.2.5 Beauftragte und Gremien Die Sächsische Ausländerbeauftragte soll grundsätzlich die Belange der im Freistaat Sachsen lebenden Ausländer wahren und die gesellschaftliche Eingliederung der hier auf Dauer oder langfristig lebenden Ausländer för-dern.225 Ergänzend zu der Stelle der Ausländerbeauftragten gibt es im Frei-staat Sachsen sog. „kommunale Ausländerbeauftragte", die die Integration vor Ort fördern sollen, u. a. indem sie als Ansprechpartner für Beratung zur Verfügung stehen oder die Vernetzung der wesentlichen Akteure vor Ort fördern. Insgesamt gibt es im Freistaat Sachsen 25 kommunale Auslän-derbeauftragte, nicht besetzt sind die Stellen im Chemnitzer Land, in Hoy-erswerda, im Mittleren Erzgebirgskreis sowie in Torgau-Oschatz.226 Neben diesen Beauftragten gibt es im Freistaat Sachsen zudem die Säch-sische Härtefallkommission227, bei der die Sächsische Ausländerbeauftragte den Vorsitz hat, sowie das „Kuratorium für ein weltoffenes Sach- _______________________________ 225 http://www.fremdenfreundlichkeit-sachsen.de. Das Amt gibt es seit 1992 und findet sich seit 1994 auch im Gesetz über den Sächsischen Ausländerbeauftragten rechtlich geregelt. Mit der gesetzlichen Festlegung ihrer Zuständigkeiten ist ver-bunden, dass die Ausländerbeauftragte ausschließlich für Ausländer als Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft zuständig ist, nicht aber für „Personen mit Migrationshintergrund" insgesamt, wie z. B. Spätaussiedler mit deutscher Staats-bürgerschaft. Eine Verschiebung der Aufgaben, z. B. zu einer „Integrationsbeauf-tragten", die für alle Personen mit Migrationshintergrund, unabhängig von der Staatsbürgerschaft zuständig ist, wäre nur auf Beschluss des Sächsischen Land-tags und eine entsprechende Gesetzesänderung möglich. 226 http://www.fremdenfreundlichkeit-sachsen.de/links/links-texte/links-a/links-a-1-mi.html. Gesetzliche Grundlage hierfür sind § 64 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen sowie § 60 Abs. 3 der Sächsischen Landkreisordnung. 227 http://www.fremdenfreundlichkeit-sachsen.de/haertefall/haertefall-m.html. Dieses Gre-mium ist seitens der Staatsregierung auf der Grundlage des Zuwanderungsgesetzes eingerichtet worden, um vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen Aufenthaltstitel erteilen zu können. 100

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sen", das zum Ziel hat, die Fremdenfreundlichkeit in Sachsen sowie die In-tegration von in Sachsen lebenden Ausländern zu fördern und auf eine Anregung des Sächsischen Ausländerbeauftragten aus dem Jahr 2002 zu-rückgeht.228 Die Stelle und die Aufgaben der kommunalen Ausländerbeauftragten sind auch im Rahmen der Expertengespräche und Fokusgruppen als richtig und wichtig für die Integration vor Ort beschrieben worden. Gleichzeitig ist hier aber auch deutlich geworden, dass die kommunalen Ausländerbeauftragten über sehr unterschiedliche finanzielle und personelle Ressourcen verfügen. Gibt es in der Stadt Leipzig ein ganzes „Referat Ausländerbeauftragter" mit verschiedenen Mitarbeitern, sind es insbesondere in den ländlichen Kreisen Personen aus der ARGE bzw. Optionskommune, dem Sozialamt oder der Ausländerbehörde, die diese Aufgabe häufig im Umfang einer halben Stelle wahrnehmen. Teilweise wird die Stelle auch als ehrenamtliche Tätigkeit bekleidet. Darüber hinaus wurde in den Gesprächen auch angemerkt, dass Einsparungen in den letzten Jahren zu einer Beschneidung der Stellen ge-führt hätten. Entsprechend diesen Ressourcen unterscheiden sich auch die durchgeführten Angebote und der Umfang der Beratung. Die Bedeutung, die die kommunalen Ausländerbeauftragten auch für die regionale Vernetzungsarbeit haben, ist darüber hinaus auch im Rahmen der Akteursbefragung offensichtlich geworden. In den Netzwerken, in denen es eine zentrale Leitung gibt, wird diese am vergleichsweise häufigsten von den regionalen Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragten wahrgenommen: 22 % der Befragten haben angegeben, dass ihr Netzwerk von einem Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragten geleitet wird.

5.3 Weitere Aktivitäten und Akteure im Feld der Int egrationsförde-rung

5.3.1 Aktivitäten von Kommunen Neben den beschriebenen Programmen und Projekten, die auf Bundes-ebene laufen bzw. von den Ressorts der Staatsregierung getragen werden, gibt es auch durch die Kommunen selber geförderte Aktivitäten. Diese zei-gen sich zum einen auf operationaler Ebene, z. B. das Vorhandensein von kommunalen Integrationskonzepten, zum anderen aber auch durch besondere, entlang der kommunalen Bedarfslagen konzipierten Projekte. ___________________________ 228 http://www.fremdenfreundlichkeit-sachsen.de/weltoffen/start.html. Zu den Auf-gaben gehören die Beratung der Sächsischen Staatsregierung zur Thematik „welt-offenes Sachsen" sowie die Förderung des gesamtgesellschaftlichen Dialogs in unterschiedlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wie der der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Religionen, der Kultur, der Medien oder des Sports. 101

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Mit Blick auf die operationale Ebene wurde deutlich, dass die Städte, in denen ein Großteil der Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen lebt, nämlich Leipzig, Dresden und Chemnitz, bereits über eigene kommunale Integrationskonzepte verfügen bzw. aktuell dabei sind, ein sol-ches zu entwickeln. Darüber hinaus haben die Fokusgruppen und die Ak-teursbefragung deutlich gemacht, dass auch in kleineren Stadt- und Land-kreisen aktuell Bestrebungen bestehen, sich den lokalen Herausforderun-gen durch Zuwanderung zu stellen, indem hier eigene Aktionspläne ent-worfen werden, die insbesondere auf die Förderung des zivilgesellschaftli-chen Engagements und den Abbau von Vorurteilen zielen. Neben solchen kommunalen Integrationskonzepten oder Aktionsplänen gibt es auch kommunale Maßnahmen und Projekte, die sich speziell an Perso-nen mit Migrationshintergrund richten. Zum einen sind an dieser Stelle spe-zielle Broschüren und Wegweiser zu nennen, die sich an Personen mit Migrationshintergrund richten und die teilweise in verschiedenen Sprachen vorliegen. Diese Veröffentlichungen geben einen Überblick über Bera-tungsstellen vor Ort, Ansprechpersonen in den Behörden oder bestehende Organisationen und Vereine und sollen den Personen somit helfen, sich in der jeweiligen Stadt bzw. dem jeweiligen Kreis zurechtzufinden. Die kommunalen Integrationsprojekte zielen auf unterschiedliche gesell-schaftliche Bereiche ab und setzen hier konkret an den vor Ort gesehenen Bedarfslagen an. Ähnlich wie auch auf Landesebene sind die zentralen Handlungsfelder hier die Bereiche Bildung, Gesundheit, Sprachförderung sowie die Integration vor Ort. Beispielhaft seien an dieser Stelle zwei An-gebote in den Bereichen Bildung sowie Gesundheit aufgeführt, die auch im Rahmen der Fokusgruppengespräche sowie in der Akteursbefragung mehrfach genannt wurden. Im Leipziger Osten wurde das Projekt „Kitas im Blick" etabliert, in dessen Rahmen Kindertageseinrichtungen bei der Ent-wicklung zu Kompetenzzentren im Gemeinwesen sowie zu integrativen und interkulturellen Begegnungsstätten unterstützt und somit die Integration von Migrantenfamilien in das Leben vor Ort gefördert werden soll.229 In der Stadt Dresden gibt es seit dem Jahr 2007 den durch die Stadt unterstützten „Gemeindedolmetscherdienst". Im Rahmen dieses Projekts werden Mut-tersprachler zu sog. „Gemeindedolmetschern" ausgebildet, die helfen sollen, kulturelle und sprachliche Barrieren zwischen Personen mit Migrationshin-tergrund auf der einen und Einrichtungen des Sozial-, Gesundheits-, und Bildungswesens sowie Behörden auf der anderen Seite abzubauen.230 ______________________________ 229 http://www.leipziger-osten.de/page.htm?node_id=2004204095615998108. Dieses Projekt findet sich auch im Fachplan „Förderung von Kindern in Kinderta-geseinrichtungen und Kindertagespflege in Leipzig", den es in der Stadt Leipzig seit 2005 gibt und in dem „interkulturelles Lernen" einen eigenen Bildungsbereich dar-stellt (Stadt Leipzig 2006b). 230 http://www.convectus.de/gdd.html. 102

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Neben verschiedenen Angeboten und Projekten, die im Rahmen der Ak-teursbefragung genannt worden sind, ist hier allerdings auch deutlich ge-worden, dass die Vielzahl der Angebote auch zu einer gewissen Intransparenz führen kann, was sich dann auch wieder negativ auf den Zugang von Personen mit Migrationshintergrund auswirken kann. Dies gilt insbesondere für die kreisfreien Städte: Haben insgesamt nur 23 % der be-fragten Akteure angegeben, dass die bestehenden Strukturen im Themen-feld Integration im Kreis für Personen mit Migrationshintergrund transparent sind, liegt dieser Wert in den kreisfreien Städten bei nur 14 %, in den Kreisen dagegen bei 34 %. Insbesondere in den Fokusgruppengesprächen wurde betont, dass es zur erfolgreichen Integration vor Ort entsprechende Räumlichkeiten geben müsste, wo sich Personen mit und ohne Migrationshintergrund treffen können, da das gegenseitige Kennenlernen der beste Weg sei, um Vorur-teile abzubauen und Ressentiments entgegenzuwirken. Allerdings haben 66 % der befragten Akteure angegeben, dass es bei ihnen im Kreis, gemessen am Bedarf, kein ausreichendes Angebot an Orten für (inter-)kulturelle Akti-vitäten und Begegnungen gibt.131

5.3.2 Aktivitäten der Bundesagentur für Arbeit, ARGEn oder optierender Kom-munen Die Institutionen der Arbeitsverwaltung ergänzen ihrerseits die bestehenden Angebote im Bereich der beruflichen Integration. Ähnlich wie bei den durch das SMWA geförderten Programmen stellen hier Personen mit Migrations-hintergrund häufig keine spezielle Zielgruppe dar, was auch in der geringen Anzahl der Ausländer begründet liegt. Ausnahmen sind über den Integrati-onskurs hinausgehende Angebote zur spezifischen Sprachförderung. Somit sind es eher Regelangebote, die auch für Personen mit Migrationshin-tergrund offen sind. Allerdings haben in der Akteursbefragung 54 % der Befragten angegeben, dass sie bei den ARGEn/Optionskommunen/Bundesagentur für Arbeit einen erschwerten Zugang bzw. eine erschwerte Teilnahme für Personen mit Mig- rationshintergrund sehen, insbesondere durch sprachliche Barrieren sowie fehlende Prozesse und Maßnahmen, die auf Personen mit Migrationshin-tergrund ausgerichtet sind.232 In diesem Zusammenhang wurde sowohl von den befragten Akteuren als auch von den Experten und in den Fokusgrup-pen auf eine häufig mangelnde interkulturelle Öffnung hingewiesen. Gleichzeitig wurden aber auch positive Beispiele benannt, z. B. wenn Mitar- ____________________________ 231 Dies war der höchste Wert bei der Frage nach fehlenden Institutionen und Stellen im Kreis, die Integrations- und Beratungsaktivitäten wahrnehmen. 232 Vgl. auch Kapitel 4.3.5. 103

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beiter der Arbeitsverwaltung in integrationspolitischen Netzwerken eine ak-tive Rolle einnehmen.

5.3.3 Nicht staatliche Akteure und Einrichtungen Im Freistaat Sachsen gibt es eine Reihe von nicht staatlichen Akteuren und Einrichtungen, die Projekte und Aktivitäten im Bereich der Integration von Personen mit Migrationshintergrund durchführen. Diese Angebote sind häufig lokal etabliert und auf die spezifischen Bedarfe bestimmter Ziel-gruppen ausgerichtet. Wichtige Akteure sind hier die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, Migrantenvereine, -organisationen und -verbände, Religionsgemeinschaften und kirchliche Einrichtungen sowie Gewerk-schaften und Bildungswerke. Insbesondere Migrantenselbstorganisationen richten sich in der Regel an Personen aus dem gleichen Herkunftsland bzw. derselben Religion und machen hier Angebote, die zum einen eine Integration und das Zurechtfin-den in Deutschland erleichtern, zum anderen aber auch die Sprache und Kultur des Herkunftslands bewahren sollen. Beispiele sind Vereine der Vietnamesen sowie der Spätaussiedler. Hier werden zum einen Beratung und Unterstützung für die erste Generation der Personen mit Migrations-hintergrund angeboten. Zum anderen gibt es aber auch Sprachkurse in der Sprache des Herkunftslands für Kinder der zweiten Generation sowie In-formationen zu Kultur und Geschichte des Herkunftslands. Die Aktivitäten von anderen Akteuren sind in der Regel an spezifischen Bedarfen ausgerichtet (z. B. Arbeitslosigkeit, Sucht oder Schulden) und richten sich an Personen mit Migrationshintergrund, auch wenn diese hier häufig keine spezielle Zielgruppe darstellen. Andere Angebote sollen das Zusammenkommen von Personen mit Migrationshintergrund und Aufnah-megesellschaft fördern. Im Rahmen der Akteursbefragung wurden hier verschiedene Aktivitäten und Projekte genannt.2' Dieses waren unter an-derem gewerkschaftliche Bildungsprojekte, die kirchliche Erwerbslosenhilfe, Angebote im Bereich Sport (z. B. Street-Soccer) oder interkulturelle Cafes und Begegnungsstätten. Gleichzeitig hat die Akteursbefragung auch die Vielfalt der Angebote deutlich gemacht, die von den befragten Akteuren selber durchgeführt werden. Als Beispiele können hier Kommunikationstraining und Konversationskurse als Ergänzung zum Sprachunterricht, ein Frauenfrühstück für Asylbewerberin-nen oder interkulturelle Gartenarbeit mit Personen mit und ohne Migrati-onshintergrund genannt werden. Weitere Angebote sind Antidiskriminie- _______________________________ 233 Im Rahmen der Akteursbefragung wurde dabei nur erhoben, welche Aktivitäten und Projekte durchgeführt werden und an welche Zielgruppen sich diese richten. Nicht erhoben wurde die Art der Finanzierung. 104

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rungsarbeit und Opferhilfe sowie Beratung für binationale (Ehe-)Paare, Beratung bei rechtlichen Fragen und Problemen oder Erziehungs- und Fa-milienberatung. Neben Angeboten für Jugendliche, Frauen oder Senioren wurde auch deutlich, dass es vereinzelt auch Angebote für sehr spezifische Zielgruppen, wie Migranten mit Behinderungen, gibt.

5.4 Netzwerke und Kooperationsbeziehungen Ein weiterer Aspekt innerhalb der Integrationsaktivitäten ist das Vorhan-densein von Netzwerken bzw. etablierten Kooperation zwischen verschie-denen Akteuren im Freistaat Sachsen.234 Dabei liegt dieser Punkt quer zu den bisher beschriebenen Integrationsaktivitäten und den hier tätigen Ak-teuren. Im Rahmen der Expertengespräche und der Fokusgruppen wurden (gut) funktionierende Netzwerke und etablierte Kooperationen zwischen einzelnen Akteuren als Gelingensfaktor für eine effektive Umsetzung der Aktivitäten benannt, weil somit Angebote besser aufeinander abgestimmt und Synergien zwischen den Aktivitäten erzeugt werden können. Zudem wird die Transparenz über bestehende Angebote erhöht, Doppelungen können vermieden und die vorhandenen Gelder effektiver eingesetzt werden. Auch funktionieren Netzwerke als Plattform, um sich über aktuelle (integra-tionspolitische) Entwicklungen im Freistaat Sachsen und bundesweit aus-zutauschen, sowie für die Akteure oder die Region relevante Fragestellun-gen zu diskutieren (z. B. Anerkennung von im Ausland erworbenen Ab-schlüssen oder nicht gedeckte Bedarfe an Integrationsaktivitäten in der Region). Schlussendlich bieten Netzwerke auch die Möglichkeit, Konkurrenz zwischen einzelnen Akteuren, z. B. um die Durchführung von Integrations-kursen, abzubauen bzw. hier zu vermitteln. Im Rahmen der Akteursbefragung haben 63 % der Befragten angegeben, dass es bei ihnen im Kreis mindestens ein Netzwerk gibt. In den Kreisen, in denen es verschiedene Netzwerke gibt, sind es in der Regel zwei bis drei Netzwerke. Weitere 13 % haben gesagt, dass es zwar kein etabliertes Netzwerk, aber dafür (sporadische) Treffen zwischen einzelnen Akteuren gibt, die im Bereich Integration aktiv sind. 5 % der Befragten kennen bzw. haben kein Netzwerk in ihrem Kreis. ___________________________ 234 Unter einem „Netzwerk" wird dabei ein Zusammenschluss von unterschiedlichen Akteuren, die sich in bestimmten Abständen zusammenfinden, verstanden. 105

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Abbildung 25: Bestehende Netzwerke im Kreis

Quelle: Akteursbefragung Rambøll Management Hinsichtlich des Vorkommens von Netzwerken in den einzelnen Kreisen hat die Befragung ergeben, dass es in 27 Stadt- und Landkreisen Netzwerke gibt. Für Hoyerswerda wurde angegeben, dass es regelmäßige Treffen gäbe, im Chemnitzer Land ist keine Form einer etablierten Zusammenarbeit be-kannt. Gleichzeitig wird auch deutlich, dass nicht alle Akteure die Netzwerke bei ihnen vor Ort kennen. Obwohl es in Dresden sogar verschiedene Netzwerke gibt, haben hier 11 % der Akteure aus Dresden geantwortet, dass es kein Netzwerk gäbe. Auch in den ländlichen Kreisen wird eine solche Divergenz deutlich. Insofern scheint es auch auf Seiten der Träger ein Wissensdefizit bezüglich der etablierten Strukturen bei ihnen im Kreis zu geben. Dabei zeichnen sich die befragten Akteure durch eine hohe Beteiligung an den bestehenden Netzwerken aus: 90 % der befragten Akteure, die ange-geben haben, dass es bei Ihnen ein Netzwerk gibt, sind auch in mindestens einem Netzwerk aktiv. Sowohl die Frequenz der Netzwerktreffen als auch die Struktur unter-scheiden sich erheblich, wobei der überwiegende Teil der Befragten ange-geben hat, dass man sich quartalsweise oder halbjährlich trifft. Darüber hinaus haben größere Netzwerke auch noch Unterarbeitsgruppen zu be-stimmten Themen wie Sprache oder Arbeit, die sich zu weiteren Terminen zusammenfinden. 70 % der Befragten haben angegeben, dass es einen zentralen 106

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Akteur gibt, der die Leitung des Netzwerks wahrnimmt. Am häufigsten wurden hier die kommunalen Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragte, weitere kommunale Stelle oder bestimmte Vereine genannt. Auch die Größe der Netzwerke differiert zwischen 5 und 30 Akteuren. Mit Blick auf die Art der Akteure, die in den Netzwerken aktiv sind, werden hier insbesondere Migrationserstberatungsstellen und Jugendmigrationsdienste, sowie Beratungsstellen, Migrantenorganisationen, -vereine und -initiativen sowie die regionalen Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragten genannt. Am seltensten sind dagegen Wirtschafts- und Unternehmensverbände bzw. die Kammern sowie Kindertagesstätten vertreten. Abbildung 26: Beteiligte Akteure an den Netzwerken

Quelle: Akteursbefragung Rambøll Management235

Trotz dieser Vielfalt der Akteure sind 42 % der Befragten der Meinung, dass hier bestimmte Akteure fehlen. Am häufigsten werden hier die Ausländerbe- hörden, die Wirtschafts- und Unternehmensverbände bzw. die Kammern (je 48 %) sowie die ARGEn/Optionskommunen/Bundesagentur für Arbeit (41 %) genannt. ____________________________ 235 Das N ist für die verschiedenen Aspekte unterschiedlich und liegt zwischen N=45 und N=94. 107

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Schlussendlich bleibt positiv hervorzuheben, dass 79 % der Befragten „sehr zufrieden" oder „zufrieden" mit der Arbeit des Netzwerks sind, 15 % sind hier „unzufrieden" oder „sehr unzufrieden". Als Gründe für eine Unzufriedenheit wurden dabei insbesondere die zu seltene Frequenz der Treffen bzw. die Unverbindlichkeit der Absprachen sowie eine fehlende Netzwerkleitung benannt.

5.5 Übergreifende Betrachtung Die vorangegangenen Darstellungen der Integrationsaktivitäten im Freistaat Sachsen haben deutlich gemacht, dass bereits verschiedene Förderpro-gramme und Projekte auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene vor-handen sind, die unterschiedliche Handlungsfelder wie Bildung, Sprache, Gesundheit oder Arbeitsmarkt abdecken. Bei den Angeboten, die sich ex-plizit an Personen mit Migrationshintergrund richten, sind es dabei vor allem Migrationserstberatungsstellen, Integrationskurse und Jugendmigrations-dienste, die als Angebote im Stadt- und Landkreis bekannt sind. Abbildung 27: Von den Akteuren benannte Integration saktivitäten im Freistaat Sachsen, die sich gezielt an Personen mit Migrationshin-tergrund richten

Quelle: Akteursbefragung Rambøll Management Dabei haben 42 % der Befragten angegeben, dass es in ihrem Kreis, ge-messen am Bedarf, ein ausreichendes Angebot an Institutionen und Stellen gibt, die Integrations- und Beratungsaktivitäten wahrnehmen, 30 % sehen den Bedarf hier nicht gedeckt. Als fehlende Institutionen und Stellen wur-

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108 den hier insbesondere Orte für (inter-)kulturelle Aktivitäten und Begegnun-gen sowie Migrantenorganisationen, -vereine und -initiativen benannt. Hinsichtlich der in diesem Kapitel beschriebenen Integrationsaktivitäten sind drei zentrale Feststellungen zu formulieren, die auch im Rahmen der Ex-pertengespräche und Fokusgruppen angesprochen wurden.

• Es gibt ein deutliches Stadt-Land-Gefälle bezüglich eines ausdiffe-renzierten Angebots an Integrationsaktivitäten für unterschiedliche Zielgruppen, was auch auf die geringe Anzahl an Personen mit Migrationshintergrund im ländlichen Raum zurückzuführen ist. Gleichzeitig ist im ländlichen Raum an manchen Stellen noch nicht einmal eine Grundversorgung z. B. mit Jugendmigrationsdiensten oder Integrationskursen gesichert.

• Es wurde immer wieder auf Doppelungen und teilweise „weiße Fle-

cken" bei den Integrationsaktivitäten hingewiesen. Hinzu kommt die Unwissenheit, wer was fördert, sowie eine fehlende Verknüpfung zwischen den Programmen.

• Bei der näheren Betrachtung der verschiedenen Programme und

Maßnahmen ist auch deutlich geworden, dass die Angebote (ins-besondere in den Bereichen Arbeitsmarkt und Soziales) zwar für Personen mit Migrationshintergrund offen sind, diese aber häufig keine explizite Zielgruppe darstellen. Gleichzeitig wurden aber auch Barrieren für einen gleichberechtigten Zugang und eine gleichbe-rechtigte Teilnahme genannt, die bei der Inanspruchnahme der An-gebote durch Personen mit Migrationshintergrund eine Rolle spielen.

Zentraler Einflussfaktor dafür, ob Angebote für Personen mit Migrations-hintergrund genutzt und ob Programme und Projekte sinnvoll aufeinander abgestimmt werden, ist die Transparenz der vorhandenen Strukturen und Angebote. Bei der Bewertung der Transparenz sind deutliche Unterschiede zwischen der Ebene des Kreises und dem Freistaat Sachsen als Ganzes zu erkennen: Sind für 56 % der befragten Akteure die bestehenden Strukturen im Themenfeld Integration in ihrem Kreis transparent, gilt dies für den Frei-staat Sachsen nur in 31 % der Fälle. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Transparenz auch für Personen mit Migrationshintergrund selbst nur von 23 % der Befragten mit „trifft voll und ganz zu" sowie „trifft eher zu" bewertet wurde. Und ist 79 % der Befragten die Ansprechperson im Themenfeld In-tegration im Kreis bekannt, kennen nach Einschätzung der Befragten nur 40 % der relevanten staatlichen Akteure im Kreis das Angebot für Personen mit Migrationshintergrund. Schlussendlich sehen nur 23 % der Akteure mögliche Synergieeffekte in ihrem Kreis gut genutzt, für den Freistaat Sachsen beträgt dieser Wert sogar nur 8 %.

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109 Abbildung 28: Bewertung der Strukturen im Freistaat Sachsen durch die Akteure

Quelle: Akteursbefragung Rambøll Management 110

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6. Bewertung der Integrationsaktivitäten im Freista at Sachsen

6.1 Generelle Einschätzung zu Bedarf und Angebot im Freistaat Sachsen Die Beschreibung der Situation der Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen hat zwei zentrale Aspekte offensichtlich gemacht: Zum einen sind Personen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen keine homogene Gruppe, sondern zeichnen sich durch vielfältige Bedarfe aus. Diese hängen stark von den (soziodemografischen) Merkmalen und Vor-aussetzungen der einzelnen Personen ab. Trotz der Heterogenität der Gruppe sind die Bedarfe in den verschiedenen Lebensbereichen und Handlungsfeldern unterschiedlich stark ausgeprägt und betreffen sowohl die individuelle Ebene als auch die strukturellen Rahmenbedingungen und richten sich an Personen mit Migrationshintergrund sowie die Aufnahme-gesellschaft. Zum Zweiten ist deutlich geworden, dass es zwar viele Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede in den Bedarfen und den damit verbun-denen integrationspolitischen Herausforderungen im Freistaat Sachsen im Vergleich zu den alten Bundesländern gibt. Zudem stellen sich diese Be-darfe und Herausforderungen in unterschiedlichen Ausprägungen dar. So gelingt zum Beispiel die schulische Integration der Kinder mit Migrations-hintergrund sehr gut, und diese beherrschen in der zweiten Generation in der Regel auch die deutsche Sprache. Auf der anderen Seite besteht eine sehr hohe Arbeitslosigkeit unter Ausländern (und Spätaussiedlern), und die erste Generation der Personen mit Migrationshintergrund beherrscht die deutsche Sprache häufig schlecht. Gleichzeitig zeigt sich im Freistaat Sachsen auch ein größerer Handlungsbedarf hinsichtlich der interkulturellen Öffnung der Aufnahmegesellschaft. Grundsätzlich ist das Ergebnis der durchgeführten Analysen, dass Sachsen verglichen mit vielen anderen Bundesländern zwar weniger Personen mit Migrationshintergrund hat, dass dies aber nicht bedeutet, dass Integration in Sachsen einfacher ist. Vielmehr ist das in vielen Regionen des Freistaates durch die geringe Zahl an Personen mit Migrationshintergrund schwieriger, die notwendigen Angebote für Personen mit Migrationshintergrund bereit-zustellen, die diese in ähnlicher Form benötigen, wie Personen mit Migra-tionshintergrund in anderen Bundesländern. Unter diesen Rahmenbedingungen findet sich im Freistaat dennoch eine Vielzahl an Integrationsaktivitäten, die der Heterogenität und den vielfältigen Bedarfen der Zielgruppe Rechnung tragen. Dabei ist aber auch deutlich geworden, dass es insbesondere Angebote des Bundes sowie der Kom-munen sind, die sich gezielt an Personen mit Migrationshintergrund richten. Hier finanziert der Bund landesweit Angebote im Rahmen der Regelförde- 111

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rung, die lokal und auf die regionalen Bedarfe ausgerichtet durch die Kommunen ergänzt werden. Der Freistaat selbst ist insbesondere im Be-reich der Bildung mit spezifischen Angeboten für Personen mit Migrations-hintergrund tätig und stellt hier Landesmittel zur Verfügung. In anderen Landesprogrammen können Personen mit Migrationshintergrund teilneh-men, wenn sie die Zugangsvoraussetzungen erfüllen, stellen aber keine spezifische Zielgruppe dar. Insgesamt auffällig sind große Unterschiede in der Angebotslandschaft in den Städten und auf dem Land. Hinsichtlich der deutlichen Unterschiede in der Anzahl der Personen mit Migrationshintergrund ist dieses zwar auf der einen Seite verständlich, auf der anderen Seite mangelt es in einigen Krei-sen allerdings an einer generellen Grundversorgung mit Stellen bzw. Insti-tutionen für Personen mit Migrationshintergrund bzw. an Angeboten für diese Zielgruppen.

6.2 Stärken und Schwächen der aktuellen Integration saktivitäten Stärken und Schwächen der aktuellen Integrationsaktivitäten im Freistaat Sachsen werden entlang der großen sozialpolitischen Handlungsfelder dargestellt, die sich so auch im nationalen Integrationsplan finden lassen. Im Handlungsfeld der (Früh-)kindlichen Bildung verfügt der Freistaat Sach-sen über den Sächsischen Bildungsplan, der in verschiedenen Bereichen auch auf Aspekte der interkulturellen Erziehung eingeht. Dieser bildet somit eine gute Grundlage zur Orientierung für die pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen. Unterstützt wird der Bildungsplan durch verschiedene Angebote zur Sprachförderung, die sich auch an Kinder mit Migrationshintergrund richten. Während der Bereich der (früh-)kindlichen Sprachförderung im Freistaat Sachsen gut abgedeckt ist, erwächst gleich-zeitig die Ansprache und Einbeziehung der Eltern als neue Herausforderung für die pädagogischen Fachkräfte in den sächsischen Kindertageseinrich-tungen. Dabei werden diese Herausforderungen insbesondere in den Städten bzw. einzelnen Stadtteilen offensichtlich, die örtlich bereits multi-kulturell geprägt sind. Die Konzeption zur Integration von Migranten bildet die Grundlage zur In-tegration von neu zuwandernden Schülern in den Regelbetrieb und stellt somit das Kernstück der Aktivitäten im Bereich der schulischen Erstausbil-dung dar. Durch die gesetzliche Verankerung besteht dabei ein Anspruch auf eine entsprechende Förderung. Im Rahmen der Konzeption wurden zu-dem verschiedene Strukturen und Funktionen etabliert, die sich nicht nur direkt an die Schüler wenden (z. B. Deutsch als Zweitsprache), sondern auch auf deren Umfeld wie Eltern, Beratungsstellen etc. gerichtet sind. 112

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ser Ansatz ist mit Blick auf die verschiedenen Dimensionen von Integration und den hier möglicherweise auftretenden Problemen als sehr gut zu be-werten. Unterschiede in der Umsetzung lassen sich sachsenweit dabei vor allem in der Quantität (verschiedene Vorbereitungsklassen in den Städten, nur vereinzelte Schüler in den ländlichen Regionen), weniger qualitativ festmachen. Ergänzt wird dieses Regelangebot durch einzelne Modellpro-jekte. Problematisch im Bereich der schulischen Erstausbildung ist der hohe Anteil von ausländischen Schülern, die ohne Zeugnis die Schule verlassen, was sich auch auf die spätere berufliche Integration auswirken wird. Der trotz allem vergleichsweise hohe Erfolg von ausländischen Schülern im Freistaat Sachsen ist dabei insbesondere auf die Konzeption zurückzuführen, die auch im bundesweiten Vergleich Vorbildcharakter hat. Im Handlungsfeld Arbeit und Ausbildung stellen insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit unter Personen mit Migrationshintergrund und die damit verbundenen Probleme der Arbeitslosen zentrale Herausforderungen der Integrationspolitik dar. Insgesamt verfügt der Freistaat Sachsen — auch durch die ESF-Förderung — über eine Reihe von Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik. Diese richten sich an verschiedene Zielgruppen (z. B. benachteiligte Jugendliche oder Langzeitarbeitslose). Diese Angebote sind auch für Personen mit Migrationshintergrund zugänglich, richten sich aber in der Regel nicht gezielt an diese Personengruppe. Dies sind zugleich die Stärke und die Schwäche der sächsischen Arbeitsmarktförderung. Pro-gramme zur beruflichen Integration von Personen mit Migrationshintergrund und Personen der Aufnahmegesellschaft können zum Abbau von Vorurtei-len beitragen, Stigmatisierungen entgegenwirken, zu einem beschleunigten Spracherwerb beitragen und so die Integration fördern. Auf der anderen Seite bedeutet ein gleichberechtigter Zugang für Personen mit Migrations-hintergrund nicht unbedingt, dass damit auch eine gleichberechtigte Teil-habe an den Angeboten möglich wird. Spezifische Bedarfe der Zielgruppe „Personen mit Migrationshintergrund", die in allgemeinen Angeboten nicht bedient werden, können diese Angebote für Personen mit Migrationshin-tergrund de facto unzugänglich machen (z. B. sprachliche Barrieren, not-wendige Abschlüsse etc.). Insgesamt fehlen daher weniger ganze Pro-gramme für Personen mit Migrationshintergrund, als vielmehr spezifische Module (z. B. Sprachkurs) bzw. gesonderte Prozesse (z. B. migrantenspe-zifische Kompetenzfeststellung), um den gleichberechtigten Zugang und die gleichberechtigte Teilnahme an den etablierten Programmen zu ermögli-chen. Im Handlungsfeld Sprachförderung bilden die Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz ein sachsenweit etabliertes Regelangebot, dass teil-weise gezielt durch weiterführende Sprachkurse oder Maßnahmen zur be-ruflichen Integration ergänzt wird, u. a. durch Projekte des BAMF oder ein-zelnen ARGEn und Optionskommunen. Sprachförderung ist insbesondere 113

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für Personen mit Migrationshintergrund der ersten Generation notwendig, die zweite Generation verfügt bereits über weitgehend sehr gute Sprach-kenntnisse und bedarf dieser Angebote weniger. Dabei ist insbesondere in den Städten ein vielfältiges Angebot an Trägern und Sprachkursen vor-handen, Probleme entstehen hier eher durch mangelnde Transparenz der Angebote. In den ländlichen Gebieten kommt es aufgrund der geringeren Teilnehmerzahlen dagegen häufiger zu längeren Wartezeiten bis zu einem Kursbeginn. Erschwerend für das Zustandekommen und den zeitnahen Start von neuen Kursen wirkt sich dabei in einzelnen Regionen auch die Konkurrenz zwischen den Trägern aus. Gleichzeitig gibt es hier auch gute Beispiele, wie im Rahmen einer erfolgreichen Netzwerkarbeit die Zusam-menarbeit der Träger zum Gewinn für alle Beteiligten gestärkt werden kann. Eine Differenzierung der Kurse in unterschiedliche Lernniveaus oder für bestimmte Zielgruppen (Frauen oder Jugendliche) ist in der Regel nicht möglich, wobei dies häufig auch für die Städte gilt. Spezifische Herausfor-derungen zeigen sich zudem für bestimmte Gruppen der Personen mit Mi-grationshintergrund, z. B. Selbstständige, die kaum Zeit für das Erlernen der Sprache haben. Eine weitere Herausforderung zeigt sich darin, dass die Integrationskurse nur bis zum Niveau B1 führen. Für viele Personen mit Migrationshintergrund in Sachsen, die über gute berufliche Qualifikationen verfügen, reicht das Sprachniveau B1 für die Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung nicht aus. Zwar gibt es bereits vereinzelt ergänzende Sprachkursangebote, die auf Cl bzw. C2 führen, ein entsprechendes An-gebot in der Breite ist aktuell allerdings nicht vorhanden. Angebote und Aktivitäten im Bereich Gesundheit gibt es vor allem auf kommunaler Ebene, sachsenweit etablierte Programme sind aktuell nicht vorhanden. Damit einhergehend gibt es auch Unterschiede, was eine Ver-sorgung bzw. die Gewährleistung des Zugangs zum Gesundheitssystem betrifft. Gute Beispiele sind hier insbesondere in den großen Städten Leipzig und Dresden zu finden, in denen es teilweise spezielle Gesundheitsweg-weiser in verschiedenen Sprachen gibt, die Personen mit Migrationshin-tergrund mit dem deutschen Gesundheitssystem vertraut machen, sowie auf Fachärzte hinweisen, die unterschiedliche Sprachen sprechen. Zudem gibt es einzelne Projekte, die gezielt am Themenfeld „Gesundheit von Personen mit Migrationshintergrund" ansetzen und hier gezielt Angebote zu Beratung und Unterstützung machen. In ländlichen Gebieten sind solche Angebote dagegen in der Regel nicht vorhanden, was zu einer schlechteren Versor-gung dieser Gruppe sowie zu sprachlichen und kulturellen Barrieren führen kann. Verschiedene Aktivitäten und Programme im Freistaat Sachsen zielen auf die Einbindung in das Leben vor Ort. Eine wichtige Rolle spielen hier die Projekte, die über den ESF gefördert und teilweise gezielt durch Bundes-programme (z. B. Integration durch Sport) sowie kommunale Angebote er-gänzt werden. Eine Stärke dieser Angebote liegt darin, dass sie sehr un- 114

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terschiedliche Bereiche abdecken, z. B. Sport oder Gemeinwesen, und so-mit verschiedene Gruppen von Personen mit Migrationshintergrund mit un-terschiedlichen Interessen und Bedarfen ansprechen. Neben dieser Vielfalt der offiziellen Angebote ist allerdings auch deutlich geworden, dass teilweise Angebote fehlen, um „niedrigschwellige" Möglichkeiten zum Kontakt zwi-schen Personen mit Migrationshintergrund und Aufnahmegesellschaft zu fördern, wie z. B. interkulturelle Zentren oder Orte der Begegnung. Insbe-sondere im ländlichen Bereich, wo häufig nur eine niedrige Anzahl von Per-sonen mit Migrationshintergrund lebt, ist es so teilweise schwierig, gegen-seitiges „Kennenlernen" zu ermöglichen und Vorurteile abzubauen. Eine weitere Herausforderung für die Einbindung in das Leben vor Ort stellt die Segregation und Ansiedlung der Personen mit Migrationshintergrund in be-stimmten Bereichen dar. Gleichzeitig gibt es auch hier bereits gute Beispiele, wie durch Quartiersmanagement eine erfolgreiche Integration der Personen mit Migrationshintergrund im Stadtteil gelingen kann. Zur Stärkung des Bürgerschaftlichen Engagements gibt es zwei Programme, die sachsenweit etabliert sind. In der Umsetzung wird hier häufig jedoch nicht das Engagement von Personen mit Migrationshintergrund, sondern vielmehr das Engagement für Personen mit Migrationshintergrund unter-stützt. Darüber hinaus haben auch die Aktivitäten des Bereichs „Einbindung in das Leben vor Ort" teilweise eine Stärkung des Ehrenamts zum Ziel. Ein gutes Beispiel ist hier das Programm „Integration durch Sport", in dessen Rahmen Personen mit Migrationshintergrund sich nicht nur auf „unterer" Ebene engagieren, sondern auch wichtige Funktionen innerhalb des Ver-einslebens bekleiden. Neben diesen geförderten Aktivitäten zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements organisieren sich Personen mit Migrati-onshintergrund vielfach in eigenen Vereinen und Organisationen, die häufig fast ausschließlich auf Ehrenamt basieren. Gleichzeitig fehlen in der Regel Aktivitäten, die Personen mit Migrationshintergrund gezielt in „deutschem Vereinswesen" schulen. Im Bereich der Unterstützung lokaler Netzwerken gibt es diesbezüglich keine landesweiten Aktivitäten. Auch wenn die kommunalen Ausländerbeauf-tragten hier häufig eine wichtige Rolle einnehmen, beruht dieser Bereich jedoch vielfach auf dem Engagement einzelner Vereine, Initiativen und Mi-granten- organisationen. Diese erfahren teilweise sehr wenig Unterstützung von offizieller Seite. Insbesondere in den ländlichen Regionen macht sich dies auch dadurch bemerkbar, dass es hier teilweise eher lose Zu-sammenschlüsse als etablierte Netzwerke gibt. In einigen Stadt- und Land-kreisen beteiligen sich Kommune bzw. kommunale Vertreter sowie auch die ARGE oder Optionskommune dagegen intensiv an der Netzwerkarbeit und erarbeiten hier gemeinsam Strategien zur besseren Integration der Perso-nen mit Migrationshintergrund vor Ort. Darüber hinaus ist auch ein Unter-schied im Engagement von unterschiedlichen Akteuren zu erkennen. 115

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Im Bereich Frauen und Mädchen existieren kaum Angebote, die sich gezielt an diese Zielgruppen mit Migrationshintergrund richten. Landesweite Pro-gramme gibt es hier gar nicht, vielmehr haben einzelne Kommunen oder weitere Akteure besondere Angebote etabliert, die auf die teilweise spe-ziellen Bedarfe dieser Zielgruppe eingehen. Insbesondere in den Städten gibt es spezifische Beratungsangebote, spezielle Sprachkurse für Frauen sowie Einrichtungen, in denen Frauen (und ihre Kinder) Schutz vor häusli-cher Gewalt finden. Insbesondere im ländlichen Bereich sind solche Ange-bote in der Regel allerdings gar nicht oder nur vereinzelt vorhanden. Vor dem Hintergrund der Isolation, die als spezielles Problem von Frauen mit Migra-tionshintergrund benannt wurde, fehlen darüber hinaus häufig Orte, an de-nen ein „niedrigschwelliger" Kontakt zwischen Frauen (mit und ohne Migrationshintergrund) möglich ist. Aktuell gibt es im Freistaat Sachsen kaum Angebote oder Strukturen, die auf ältere Personen mit Migrationshintergrund ausgerichtet sind. Aufgrund der demografischen Struktur der Personen mit Migrationshintergrund spielt dieser Aspekt aktuell in der Praxis auch kaum eine Rolle, wenngleich sich schon heute vereinzelt Bedarfe zeigen, insbesondere in den Städten. Da ein Großteil der in Sachsen lebenden Personen mit Migrationshintergrund auch dort alt werden wird, ist an dieser Stelle vor allem die Frage relevant, wie schnell die Anbieter von Pflegeleistungen oder Seniorenheimen auf die entsprechenden Anforderungen reagieren können. Dabei gibt es aktuell bereits gute Beispiele von einzelnen Trägern bzw. kommunalen Stellen, die interkulturelle Schulungen für ihre Mitarbeiter anbieten. Weitere Erforder-nisse sind, analog zum Bereich Gesundheit, Informationen über das deut-sche Rentensystem sowie die hier etablierten Strukturen und Angebote bereitzustellen. 116

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Zur gezielten Förderung der Interkulturellen Öffnung der Verwaltung sowie der praktischen Umsetzung gibt es aktuell keine landesweiten Aktivitäten. Gleichwohl findet sich das Thema in verschiedenen kommunalen Integra-tionskonzepten, wurde auch vom Kuratorium für ein weltoffenes Sachsen der Sächsischen Staatsregierung empfohlen und soll nach der Verwaltungsreform ab August 2008 umgesetzt werden.236 Aktuell stellt sich somit noch die Frage, wie gezielt die Anregungen tatsäch-lich umgesetzt werden. Dabei ist deutlich geworden, dass eine interkulturelle Öffnung der Verwaltung eine notwendige Voraussetzung dafür ist, um Per-sonen mit Migrationshintergrund den gleichberechtigten Zugang und die gleichberechtigte Teilnahme an Angeboten und Aktivitäten zu ermöglichen und somit tatsächliche Chancengleichheit in allen gesellschaftlichen Berei-chen herzustellen. Die aufgezeigten Problemlagen deuten jedoch auf eine in vielen Fällen mangelnde Sensibilisierung für die Spezifika der Zielgruppe hin. Aktuell wird das Thema mit Verweis auf die vergleichsweise geringe Anzahl von Personen mit Migrationshintergrund häufig verschoben. Gleichzeitig zeigt sich aber insbesondere in den größeren Städten, dass hier Anteile zumindest in einzelnen Stadtteilen schon annähernd westdeutsches Niveau erreichen. In der übergreifenden Betrachtung und Bewertung der Integrationsaktivitä-ten im Freistaat Sachsen lässt sich zunächst festhalten, dass es hier vielfäl-tige Angebote in unterschiedlichen Handlungsfeldern und für unterschiedli-che Zielgruppen gibt. Neben sachsenweit etablierten Programmen gibt es eine Vielzahl von Projekten, die insbesondere auf kommunaler Ebene ge-fördert werden. Gleichzeitig ist auch deutlich geworden, dass es regional deutliche Unterschiede in der Quantität sowie der Ausdifferenziertheit der Aktivitäten gibt. ________________________ 236 In seiner am 04.09.2006 beschlossenen „Empfehlung an die Sächsische Staatsregierung zum Thema einer interkulturell kompetenten Verwaltung im Frei-staat Sachsen" empfiehlt das Kuratorium für ein weltoffenes Sachsen, zur interkul-turellen Kompetenz in den staatlichen und den kommunalen Verwaltungen eine Bedarfsanalyse zu erstellen, um die interkulturelle Kompetenz des Personals be-darfsgerecht durch Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, insbesondere durch Verankerung dieses Themenbereichs als verbindlicher Baustein in der Ausbildung für den öffentlichen Dienst, zu fördern. Zudem sollte durch Personalplanung- bei entsprechender Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung - eine vielfältig zu-sammengesetzte Mitarbeiterschaft gewährleistet und Migrationserfahrung als ein zusätzliches Qualitätsmerkmal anerkannt werden. Schließlich sollten alle entspre-chenden Maßnahmen evaluierend begleitet werden. Mit Beschluss vom 05.06.2007 hat das Kabinett den Bericht des SMS über die Empfehlung des Kuratoriums für ein weltoffenes Sachsen zu einer interkulturell kompetenten Verwaltung im Freistaat Sachsen zur Kenntnis genommen und das SMS beauftragt, nach der Umsetzung der Verwaltungsreform auf der staatlichen Ebene eine Bedarfsanalyse im Bereich der Fort- und Weiterbildung sowie der Ausbildung zentral zu koordinieren und die sich hieraus ergebenden Anforderungen an Fort- und Weiterbildung zentral aus-zuwerten. 117

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Neben der Größe der Stadt bzw. des Kreises, die hier einen wichtigen Ein-fluss haben, ist es aber auch das Engagement der Kommune bzw. weiterer Akteure vor Ort, wie den kommunalen Ausländerbeauftragten oder Migran-tenorganisationen, die zu einem bedarfsgerechten Angebot beitragen (können). Etablierte Strukturen im Bereich der Integration von Personen mit Migrationshintergrund sind ebenfalls insbesondere in den Städten sowie in einzelnen Kreisen zu finden. Dagegen gibt es einzelne Kreise sowie kreis-freie Städte, in denen solche Strukturen und aktive Akteure fast komplett fehlen, und auch landesweit etablierte Stellen wie kommunale Ausländer-beauftragte, MEB oder JMD und somit auch entsprechende Angebote für Personen mit Migrationshintergrund nicht vorhanden sind. Gegenüber die-sen „weißen Flecken" in der Angebotslandschaft ist auch deutlich geworden, dass die Vielfalt der Programme und Projekte mithin zu Doppelungen in der Angebotslandschaft führen kann. Ein weiterer Aspekt in diesem Zusam-menhang ist die teilweise fehlende Transparenz über bestehende Angebote und Projekte. Insbesondere Personen mit Migrationshintergrund kann es hier schwer fallen, ein für sie passendes Angebot zu finden, aber auch die relevanten Akteure wissen nicht immer über migrantenspezifische Angebote Bescheid. Dieses Problem ist in den Städten allerdings stärker ausgeprägt als auf dem Land. Zudem ist deutlich geworden, dass Integration als Quer-schnittsaufgabe, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens betrifft und Anstrengungen von Akteuren auf verschiedenen Ebenen erfordert, zum Teil noch nicht als solche wahrgenommen wird bzw. die entsprechenden Schritte zur Umsetzung hier noch nicht gegangen worden sind. Insbesondere auf Seiten von staatlichen Akteuren wird hier mit Verweis auf die geringen Zahlen kein Handlungsbedarf gesehen bzw. nicht erkannt.

6.3 Bewertung der Erkenntnisse vor dem Hintergrund der integrati-onspolitischen Entwicklung in Deutschland und im Fr eistaat Sachsen Der Nationale Integrationsplan und die hier aufgeführten Handlungsfelder bilden den Rahmen für ein zu entwickelndes Sächsisches Förder- und In-tegrationskonzept. Dabei haben sich alle Länder auf einen gemeinsamen Beitrag sowie Eckpunkte einer gemeinsamen Integrationspolitik verständigt, die, gemäß dem Prinzip „Einheit im Ziel - Vielfalt der Wege", den unter-schiedlichen politischen, sozialen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Bezug auf Zuwanderung und die damit verbundenen Anforderungen an In-tegration in den einzelnen Ländern Rechnung tragen soll. Mit Blick auf den nationalen Integrationsplan lässt sich feststellen, dass die Handlungsfelder auch für den Freistaat Sachsen grundsätzlich übernommen werden sollten, in der konkreten Ausgestaltung jedoch die Gegebenheiten in Sachsen berücksichtigt werden müssen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als dass der Nationale Integrationsplan überwiegend die Er- 118

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fahrungen und Herausforderungen in Westdeutschland abbildet. Das säch-sische Förder- und Integrationskonzept beinhaltet somit auch die Chance, die bundespolitischen Vorschläge gezielt zu ergänzen und somit den spezi-fischen Gegebenheiten vor Ort Rechnung zu tragen. In der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD heißt es: „Migrationspolitik ist eine Querschnittsaufgabe, die von allen Ressorts wahrgenommen wer-den muss. Migrationspolitik wird gemeinsam mit den Kommunen, Kirchen, religiösen Gemeinschaften, Verbänden und Initiativen gestaltet.237 Im Laufe der Bearbeitung der Studie ist deutlich geworden, dass insbesondere die in Sachsen tätigen Akteure der Integrationsarbeit, wie MEB, JMD, Beratungs-stellen oder Migrantenorganisationen, bereits aktuell nach diesem Ver-ständnis arbeiten und sich vielfach in unterschiedlichen Netzwerken enga-gieren bzw. enge Kooperationsbeziehungen untereinander pflegen. Die Umsetzung von Integration als Querschnittsaufgabe kann somit auch Vor-bildcharakter für die Zusammenarbeit der Ressorts haben, so wie sie durch die Etablierung der „Interministeriellen Arbeitsgruppe" begonnen wurde. In vielen Ressorts wird das SMS weiterhin als Hauptakteur der Integrati-onspolitik angesehen, eine Zusammenarbeit der Ressorts findet allerdings anlassbezogen statt. Zudem haben alle Ressorts im Rahmen dieser Studie gemeinsam an der Weiterentwicklung der Sächsischen Integrationspolitik mitgearbeitet. ____________________________ 237 „Vereinbarung zwischen der Christlich Demokratischen Union Deutschlands, Landesverband Sachsen und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Landesverband Sachsen über die Bildung der Staatsregierung für die 4. Legisla-turperiode des Sächsischen Landtages". 119

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7. Darstellung der Handlungsempfehlungen Auf Basis der bisherigen Befunde und Ergebnisse der Situationsbeschrei-bung hat Rambøll Management unter Mitwirkung aller Ressorts Empfeh-lungen für die Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen entwickelt, die in verschiedenen Handlungsfeldern angesiedelt sind. Diese Handlungsfel-der lehnen sich dabei an den Nationalen Integrationsplan an. Die hier for-mulierten Ziele orientieren sich an der Selbstverpflichtung der Länder zur Umsetzung des Nationalen Integrationsplans. Gemäß deren Motto „Vielfalt der Wege — Einheit im Ziel" wurde hier explizit darauf geachtet, den spezi-fischen Voraussetzungen und Herausforderungen im Freistaat Sachsen Rechnung zu tragen. In den Befunden aus der Studie werden anschließend die Erkenntnisse für den Freistaat Sachsen beschrieben, um darauf auf-bauend die Handlungsempfehlungen darzustellen. Zur Herleitung und Be-gründung der Handlungsempfehlungen werden an dieser Stelle zudem po-sitive Erfahrungen und gute Beispiele aus anderen Bundesländern heran-gezogen. Die Empfehlungen haben zum Ziel, die Integration der Personen mit Migra-tionshintergrund im Freistaat Sachsen besser zu befördern und ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe und Partizipation am gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Leben zu ermöglichen. Somit geht es an dieser Stelle nicht darum, Personen mit Migrationshintergrund bevorzugt zu behandeln oder Leistungen zukommen zu lassen, die Personen ohne Migrationshintergrund verwehrt bleiben. Vielmehr gilt es, den Grundsatz der Chancengleichheit konsequent umzusetzen und durch entsprechende Maßnahmen zu fördern. Gleichzeitig ist der Grundsatz des „Förderns und Forderns" der entscheidende Grundsatz für ein Gelingen der Integration. Denn Integration kann immer auch nur unter Mitwirkung und dem Willen der Personen mit Migrationshintergrund selbst erfolgreich sein.

7.1 Integration als Querschnittsaufgabe

7.1.1 Zusammenarbeit zwischen den Ressorts (Horizontale Ebene)

7.1.1.1 Ziele bei der Zusammenarbeit zwischen den Ressorts Die Integration von Personen mit Migrationshintergrund umfasst alle Be-reiche des öffentlichen Lebens und muss daher auch auf administrativer Ebene als Querschnittsaufgabe wahrgenommen werden. Denn Integrati-onspolitik ist mehr als die Summe fachpolitischer Maßnahmebündel. Im NIP tragen die Länder dieser Erkenntnis Rechnung und betonen, dass Integra-tionspolitik konsequent als Querschnittsaufgabe verstanden und entspre-chend organisiert und koordiniert werden muss. Da Integration alle Bereiche der Landespolitik betrifft, müsse diese auch von allen Ressorts wahrge-nommen werden. 120

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Im Freistaat Sachsen wurde die Integration als Querschnittsaufgabe bereits vor Verabschiedung des NIP in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen. Ziel ist es dabei, dass zum einen alle Ressorts ihrer Verantwortung im Be-reich der Integrationspolitik nachkommen und zum anderen Integration auch auf Ressortebene als gemeinsame Aufgabe verstanden und umgesetzt wird.

7.1.1.2 Befunde aus der Studie Aktuell wird die Hauptzuständigkeit für Integration von Personen mit Migra-tionshintergrund insbesondere bei dem für Integration zuständigen Referat im SMS gesehen, wo sie gemäß dem Beschluss der Sächsischen Staats-regierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Staatsministerien vom 18.02.2008 (SächsGVBI. S. 232) auch liegt. Nach Ansicht von Ramboll Management ist es wichtig und mit Blick auf die bundesweiten Entwicklun-gen auch richtig, eine hauptverantwortliche Stelle für die Integration von Personen mit Migrationshintergrund zu haben. Das zuständige Referat im SMS (Referat 47) nimmt viele Aufgaben im Integrationsbereich bereits wahr. Gleichzeitig hat die Studie auch deutlich gemacht, dass das Referat in die-sem Bereich nicht alleinverantwortlich sein kann und im Sinne eines um-fassenden Integrationsverständnisses auch nicht sein sollte. In diesem Zu-sammenhang ist es als positiv zu beurteilen, dass schon jetzt die Fachres-sorts die entscheidenden Programme, mit denen die Integration von Per-sonen mit Migrationshintergrund in unterschiedlichen Lebenssituationen vorangebracht werden kann, in ihrer Zuständigkeit haben. Gleichzeitig ist aber deutlich geworden, dass dieses Potenzial nicht immer genutzt, sondern auch bei eindeutigen fachlichen Zuständigkeiten auf die Verantwortung des Referats 47 verwiesen wird. Eine tatsächliche Wahrnehmung von Integration als Querschnittsaufgabe würde dagegen bedeuten, dass die jeweiligen Fachressorts im Rahmen ihrer thematischen Zuständigkeit auch für die Zielgruppe der Personen mit Migrationshintergrund zuständig wären. Die Zusammenarbeit der Ressorts und die praktische Wahrnehmung von Integration als Querschnittsaufgabe, wie sie auch in der Koalitionsverein-barung zwischen SPD und CDU festgeschrieben ist, haben im Rahmen der Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe begonnen. Darüber hinaus gab es auch schon vorher punktuellen Kontakt zwischen einzelnen Ressorts bezüglich der Integration von Personen mit Migrationshintergrund. 121

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7.1.1.3 Handlungsempfehlungen Vor dem Hintergrund der aktuellen Aufgabenwahrnehmung sowie der (bundesweiten) Anforderungen, die an eine umfassende Integrationspolitik gestellt werden, hält es Ramboll Management für zielführend, dass das für Integration zuständige Referat im SMS weiterhin verantwortlich für Pro-gramme und Projekte im Bereich der allgemeinen Integrationsförderung bleibt. Es ist dabei für eine Reihe wichtiger Aufgaben im Bereich der Integ-rationsförderung zuständig. Um den Zielen des Nationalen Integrationsplans gerecht zu werden, müsste die Arbeit des Referats in seiner Koordinie-rungsfunktion und als Impulsgeber für Projekte der Integrationsförderung intensiviert werden. Integration ist allerdings eine Querschnittsaufgabe, die — wie auch in an-deren Bundesländern — von allen Ressorts getragen werden muss. Aus diesem Grund sind die jeweiligen Fachressorts im Rahmen ihrer Arbeit und insbesondere bei der Programm- und Projektkonzeption gehalten, Personen mit Migrationshintergrund explizit mitzudenken. Hierzu gehören Überle-gungen dahingehend, wie ein Programm oder Projekt so ausgestaltet wer-den kann, dass Personen mit Migrationshintergrund hieran gleichberechtigt teilhaben können. Dies ist mehr als der formal gleichberechtigte Zugang, da die Zugangsbarriere für Menschen mit Migrationshintergrund z. B. aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten deutlich höher liegen kann. Dabei sollte über-prüft werden, ob in den jeweiligen Programmen zusätzliche Finanzmittel für Sonderaspekte für Personen mit Migrationshintergrund bereitgestellt werden müssen, z. B. für Sprachförderung, um diesen Personen tatsächlich eine gleichberechtigte Teilnahme zu ermöglichen. Nach außen sichtbar gemacht werden könnten solche Überlegungen dadurch, dass bereits in den Förder-richtlinien festgeschrieben wird, dass der Zugang für Personen mit Migrati-onshintergrund gesichert werden muss. Neben diesen Maßnahmen sollte die intensivierte Abstimmung zwischen den Ressorts fortgeführt werden. Die Arbeitsgruppe, die sich zur Begleitung der hier vorliegenden Studie konstituiert hat, stellt nach Ansicht von Rambøll Management hierfür einen sehr guten Ausgangspunkt dar. Um Kontinuität in der Zusammenarbeit zu gewährleisten, sollten entsprechende Treffen ein bis zwei Mal pro Jahr fortgeführt werden. Die Organisation und Einladung zu diesen Treffen obliegt dabei weiterhin dem für Integration zuständigen Referat im SMS. Auch in den anderen neuen Bundesländern gibt es solche interministeriellen Arbeitsgruppen, das jeweilige Referat für Integration ist für die Koordinierungsaufgaben zuständig. Um die Kommu-nikation zu verstetigen, sollte in jedem Ressort ein Ansprechpartner be-stimmt werden, der sowohl in Kontakt zum SMS als auch zu den anderen Ressorts steht. Ein namentlich benannter Ansprechpartner ermöglicht es zudem, integrationspolitische Fragen, die das jeweilige Ressort betreffen, 122

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auf dem „kurzen Dienstweg" zu klären, indem er eine Bündelungsfunktion für das Ressort bzw. die Abteilung wahrnimmt. Ein solches Vorgehen hat sich auch in den anderen neuen Bundesländern bewährt.

7.1.2 Abstimmung der verschiedenen Ebenen (Bund, Land und Kommune) über Kernaufgaben der Integration (Vertikale Ebene)

7.1.2.1 Ziele bei der Abstimmung der verschiedenen Ebenen (Bund, Land und Kommune) über Kernaufgaben der Integration (Vertikale Ebene) Im NIP wird Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe aller Ebenen - Bund, Länder und Kommunen — verstanden. Denn um ein optimales Ineinander-greifen von Bundes-, Landes- und kommunaler Förderung zu erreichen und somit eine zielführende und effektive Umsetzung von Integrationsaktivitäten zu ermöglichen, ist eine Abstimmung der verschiedenen Ebenen (Bund, Land und Kommune) erforderlich. Eine umfassende Bündelung der Integra-tionspolitik umfasst nach dem NIP somit auch die noch bessere Abstimmung von Einzelmaßnahmen sowie die Verbesserung der Zielgenauigkeit der vielen unterschiedlichen Aktivitäten. Darüber hinaus hat der NIP auch deutlich gemacht, dass sich erfolgreiche Integrationspolitik an Fakten orientieren und an klaren Indikatoren messen lassen muss. Hier besteht die Notwendigkeit, dass das Wissen um die Rahmenbedingungen gelingender Integration deutlich verbessert wird. Neben dem Kriterium „Staatsbürgerschaft" müsste auch der Migrationshin-tergrund als Kriterium für die Planung und Überprüfung von Integrationspo-litik herangezogen werden. Die Länder haben sich daher im NIP darauf verständigt, die Datenqualität des Mikrozensus in die Integrationssteuerung einfließen zu lassen, sowie die Indikatoren zur Messung einer erfolgreichen Integrationspolitik fortzuentwickeln und als Grundlage einer regelmäßigen Berichterstattung und Evaluation zu nutzen. Auch im Freistaat Sachsen soll eine Abstimmung aller Ebenen und damit einhergehend die Schaffung von Transparenz, insbesondere über beste-hende Programme des Bundes, zum Ziel haben, dass eine bestmögliche Nutzung der Bundesförderung durch alle Akteure in Sachsen, die im Bereich der Integration von Personen mit Migrationshintergrund aktiv sind, erfolgen kann. Hinsichtlich des im NIP angemahnten Integrationsmonitorings sowie der statistischen Erfassung des Merkmals „Migrationshintergrund" auf der einen und der fehlenden Auswertbarkeit des Mikrozensus auf der anderen Seite, sollte es das Ziel sein, Wege der Erfassung zu finden, um auch hier eine erfahrungsbasierte und kennzahlengestützte Grundlage für politische Entscheidungen und Mittelzuweisungen zu legen und die Integration von Personen mit Migrationshintergrund messen zu können. 123

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7.1.2.2 Befunde aus der Studie Die Studie hat deutlich gemacht, dass es aktuell Wissensdefizite über bereits vorhandene Programme und Projekte auf Seiten der Akteure im Freistaat Sachsen sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene gibt. Hier-durch werden potenzielle Ressourcen, die zur Integration von Personen mit Migrationshintergrund zur Verfügung stehen, verschenkt. Zum anderen führt die Unwissenheit über bereits bestehende Angebote auch zu Doppelungen und Lücken in der Förderlandschaft. In diesem Zusammenhang ist deutlich geworden, dass es große Unterschiede in den vorhandenen Strukturen vor Ort im Freistaat Sachsen gibt. In einigen Kreisen und Kreisfreien Städten gibt es bereits Netzwerke oder Akteure, die für eine Transparenz sorgen und somit einen effektiven Einsatz von Ressourcen ermöglichen. In anderen Regionen sind solche Stellen nicht vorhanden. Dabei können, wie diese Studie aufgezeigt hat, insbesondere die kommunalen Ausländerbeauftrag-ten, die es in den meisten Kreisen und kreisfreien Städten bereits gibt, eine wichtige Funktion einnehmen. In vielen Fällen tun sie dieses bereits. Ins-gesamt ist die Aufgabenwahrnehmung allerdings sehr unterschiedlich, da es kein einheitliches Stellenprofil und große Unterschiede in der Stellenaus-stattung (von eigenständigen Referaten bis hin zu ehrenamtlicher Arbeit) gibt. Aktuell findet im Freistaat Sachsen, wie auch bundesweit, in vielen Fällen kein Monitoring vom Migrationshintergrund statt. Hier besteht allerdings die zusätzliche Herausforderung, dass der Mikrozensus, der seit 2005 zum ersten Mal auch das Merkmal „Migrationshintergrund" erfasst hat und des-sen Ergebnisse in den alten Bundesländern inzwischen vielfach zum Moni-toring eingesetzt werden, für den Freistaat Sachsen nicht auswertbar ist. Beim Statistischen Landesamt stehen somit in der Regel nur Daten zu „Ausländern" und „Deutschen" zur Verfügung. Für einzelne Statistiken, wie z. B. Besuch von Kindertageseinrichtungen oder Schulen, werden individuell und durch das zuständige Ressort veranlasst, weitere Merkmale, u. a. auch „Migrationshintergrund" erhoben.

7.1.2.3 Handlungsempfehlungen Das für Integration zuständige Referat im SMS sollte eine verstärkte Koor-dinierungsfunktion auf Landesebene wahrnehmen und hier den kontinuier-lichen Kontakt nach „oben" (Bund) sowie nach „unten" (Kommunen) ge-währleisten, um aktuelle Entwicklungen im Bereich der Integrationspolitik aufzugreifen sowie Informationen über Fördermöglichkeiten gezielt zu streuen. Als wichtig erachtet Rambøll l Management in diesem Zusam-menhang insbesondere die Koordinierung mit dem BAMF, der sächsischen und den kommunalen Ausländerbeauftragten, der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, mit bestehenden Netzwerken sowie den mitt-leren und unteren Eingliederungsbehörden. Hierdurch würde das Wissen um be- 124

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stehende und neu aufgelegte Programme erweitert, die Abstimmung der verschiedenen Ebenen verstetigt sowie die effektive Nutzung der zur Ver-fügung stehenden Mittel erreicht werden. Durch die Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen und der damit verbun-denen Reduzierung der Stadt- und Landkreise könnte sich zudem eine günstigere Situation hinsichtlich der Abstimmung ergeben. Neben dem „kurzen Dienstweg" bzw. Anfragen „auf Zuruf" hält es Rambøll Management für sinnvoll, die Kontakte zu „institutionalisieren". So treffen z. B. die Mitarbeiter des Referates 450 „Zuwanderung; Integration" aus Mecklenburg-Vorpommern in regelmäßigen Abständen mit den kommuna-len Integrationsbeauftragten zusammen, um über Landesvorhaben zu in-formieren und sich in der gegenseitigen Arbeit zu bestärken. Ein ähnliches Vorgehen hat der zuständige Bereich in Brandenburg. Hier finden darüber hinaus auch Treffen mit Migrantenselbstorganisationen statt. In den fol-genden Handlungsempfehlungen wird eine Reihe von Aufgaben ange-sprochen, die das für Integration zuständige Referat idealtypisch erfüllten sollte. Es sollte geprüft werden, inwieweit das Referat diese Anforderungen im Bereich der Integration bewältigen kann. Mit Blick auf die statistische Erfassung von „Migrationshintergrund" sollte, analog zu Verantwortlichen in den Ressorts, auch im Statistischen Lan-desamt ein Fachverantwortlicher für Fragen der Integration bestimmt wer-den, der Auskunft über vorhandene Statistiken und deren Erhebungsme-thoden geben kann. In diesem Zusammenhang wäre es Aufgabe der ein-zelnen Ressorts zu entscheiden, welche die erforderlichen Statistiken für ihren Bereich sind und inwieweit hier das Merkmal „Migrationshintergrund" zu integrieren ist. Rambøll Management hält es für sinnvoll, auch im Freistaat Sachsen ein Monitoringsystem für Integration zu etablieren. Hier gibt es bereits Beispiele aus anderen Bundesländern, wie Berlin oder Nordrhein-Westfalen, die als Anregung genommen und auf sachsenspezifische Besonderheiten hin ü-berprüft und angepasst werden könnten. Somit wird eine strategische Maßnahmenplanung und wissensbasierte Ressourcenzuweisung ermög-licht. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass das Monitoring auf bestehende Monitoringsysteme abgestimmt ist und keine zusätzlichen und von den Ressorts nicht verwertbaren Datenwüsten entstehen. Begleitend zu diesen strukturellen Maßnahmen, die auf Landesebene um-zusetzen sind, schlägt Rambøll Management vor, bei den Kommunen die Schaffung einer klaren und einheitlichen Struktur von Ausländerbeauftrag-ten mit klar definierten Rollen und Mechanismen der Zusammenarbeit anzuregen. Die Verwaltungsreform würde hierzu eine Chance eröffnen. 125

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Darüber hinaus sollte aktiv darauf hingewirkt werden, dass eine bessere Verknüpfung von MEB/JMD mit den Regelstrukturen stattfindet. Die guten Kontakte, die zwischen dem für Integration zuständigen Referat im SMS und der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege bereits bestehen, sollten hier als gewinnbringender Ausgangspunkt genommen werden. Um die lokale Arbeit (noch) besser strukturieren zu können, sollten zudem, auch in Abstimmung mit dem BAMF, die entsprechenden Informationen und In-strumente zur Verfügung gestellt werden.

7.2 Integration in Bildung und Ausbildung 7.2.1 Frühkindliche Bildung 7.2.1.1 Ziele bei der frühkindlichen Bildung

Die Grundlagen für den zukünftigen Bildungserfolg werden bereits im frühen Kindesalter gelegt. Der Besuch von Kindertageseinrichtungen von Kindern mit Migrationshintergrund stellt hier einen wichtigen Baustein dar, um deren sprachliche Entwicklung zu fördern. Damit Kindertageseinrichtungen als Orte der Integration und der Sprachförderung so früh wie möglich genutzt werden können, wird im NIP ein bedarfsgerechtes und qualitätsorientiertes Angebot in ganz Deutschland gefordert. Darüber hinaus wird die sprachliche Bildung, in Form einer ganzheitlichen und an den individuellen Bedürfnissen des Kindes orientierten Sprachförderung, die möglichst früh beginnt und systematisch aufgebaut ist, als wesentlich zur Erfüllung des Bildungsauf-trages der Kindertageseinrichtungen benannt. Die Länder streben in diesem Zusammenhang an, sprachliche Bildung als Querschnittsaufgabe in die Konzepte der Kindertageseinrichtungen zu in-tegrieren, gemeinsame und eng aufeinander abgestimmte Bildungs- und Erziehungspläne für Kindertagesstätten und Grundschulen zu erarbeiten sowie Sprachstandfeststellung vor der Einschulung mit anschließender Förderung im Bedarfsfall durchzuführen. Auch streben die Länder zusätzli-che Fördermaßnahmen für Einrichtungen mit hohem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund an. Vor dem Hintergrund der Anforderungen an das pädagogische Personal, z. B. hinsichtlich der Kenntnisse zum Zweitspra-chenerwerb sowie interkulturellen Kompetenzen, werden Fördermaßnah-men zur Qualifizierung des pädagogischen Personals als unerlässlich ein-gestuft. Auch die systematische Einbindung der Eltern in die Arbeit der Kin-dertageseinrichtungen wird von den Ländern als wichtig betrachtet. 126

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7.2.1.2 Befunde aus der Studie Der sächsische Bildungsplan stellt eine gute Orientierungshilfe für die Arbeit in den Kindertageseinrichtungen dar. Dabei sind der Bildungsplan und der Lehrplan für Grundschulen aufeinander abgestimmt. Darüber hinaus exis-tiert eine Vereinbarung des SMS und des SMK zur Kooperation von Kin-dergarten, Grundschule und Eltern. Um in Zukunft die „Bildung aus einer Hand" zu befördern, wird das Referat 46 im SMS, das für die Kindertages-betreuung und soziale Berufe zuständig ist, ab dem 1. Januar 2009 beim SMK angesiedelt sein. Der Bereich der (früh-)kindlichen Sprachförderung wird durch die beste-henden Programme bereits angegangen. Im Rahmen des Programms „Sprache fördern" werden verschiedene Projekte mit Modellcharakter ge-fördert und begleitend evaluiert. Allerdings findet die Sprachförderung nicht flächendeckend statt. Zudem sind die aktuell im Freistaat Sachsen einge-setzten Methoden zur Sprachstandfeststellung nicht auf Kinder mit Migra-tionshintergrund ausgerichtet, sodass eine spezifische Analyse, insbeson-dere der Sprachentwicklung bei Kindern mit Migrationshintergrund, nicht stattfindet. Gleichwohl wird im zuständigen Referat aktuell an einer Kon-zeption zur Unterstützung von Kindern mit Migrationshintergrund gearbeitet und dieses Thema als eines der Abteilungsziele festgelegt. Generell ist das Angebot an Kindertageseinrichtungen, wie insgesamt in den neuen Bundesländern, gut ausgebaut. Gleichzeitig gibt es keine gesicherten Erkenntnisse darüber, warum Kinder (mit und ohne Migrationshintergrund) keine Kindertageseinrichtung besuchen, obwohl Plätze zur Verfügung ste-hen und ob es hier migrationsspezifische Unterschiede gibt. Generell wird ein Handlungsbedarf in diesem Themenfeld vor allem in Ge-bieten mit einem hohen Anteil von Personen mit Migrationshintergrund ge-sehen. Insbesondere die Ansprache und Einbeziehung der Eltern stellt sich als neue Herausforderung für die pädagogischen Fachkräfte in den Kin-dertageseinrichtungen dar. So gibt es hier Informationsdefizite über Bera-tungs- und Unterstützungsangebote, an die Eltern mit Migrationshintergrund ggf. weiter verwiesen werden können. Zudem ist die Vermittlung von inter-kultureller Kompetenz, die hier in hohem Maße von dem pädagogischen Personal erwartet wird, kein integraler Bestandteil der Erzieherausbildung oder von Fortbildungen. Um die Einbeziehung der Eltern zu erleichtern, wurde das Elternheft zum sächsischen Bildungsplan, das diese informieren und motivieren soll, bereits in verschiedene Sprachen übersetzt (Englisch, Französisch, Vietnamesisch, Arabisch und Russisch) und soll voraussicht-lich noch in diesem Jahr gedruckt und verbreitet werden. 127

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7.2.1.3 Handlungsempfehlungen Die Maßnahmen zur frühkindlichen Sprachförderung, die aktuell erprobt werden, sollten beibehalten werden. Die Ergebnisse der Evaluation aus „Sprache Fördern" sollten dabei zur Verbesserung der Angebote gezielt genutzt werden. Darüber hinaus ist zu überprüfen, inwieweit die Sprach-förderung aktuell tatsächlich bedarfsgerecht stattfindet, d. h. die Kinder mit Migrationshintergrund ergänzende Förderung erhalten, wenn sie Sprach-auffälligkeiten haben. Rambøll Management ist der Ansicht, dass es des Einsatzes einer Sprach-standfeststellung bedarf, die auch die Spezifika von Kindern mit Migrati-onshintergrund berücksichtigt. Auf diese Weise können Defizite frühzeitig erkannt werden und eine gezielte Sprachförderung stattfinden. So führt Nordrhein-Westfalen seit 2007 ein zweistufiges Sprachstandfeststellungs-verfahren durch. Dieses durch die Universität Dortmund entwickelte Ver-fahren wird verpflichtend zwei Jahre vor der Einschulung durchgeführt. Wird festgestellt, dass die Sprachentwicklung nicht altersgemäß ist bzw. die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht wird, um erfolgreich am Schulunterricht teilnehmen zu können, erhalten die Kinder eine verpflich-tende Sprachförderung. Den Kindertageseinrichtungen werden dafür 340 Euro pro Kind und Jahr erstattet. Auch in einem Teilprojekt von „FörMig", „HAVAS 5 im Kooperationsprojekt Kita und Schule", werden entsprechende Ansätze erprobt, die bei Erfolg auch für den Freistaat Sachsen nutzbar gemacht werden können. Derzeit gibt es in Sachsen laut Daten des Statis-tischen Landesamtes etwa 6.000 Kinder in Kindertageseinrichtungen, deren „überwiegend gesprochene Sprache nicht Deutsch" ist. Diese Anzahl an Kindern wäre eine erste Schätzgröße für den Bedarf einer solchen Maß-nahme, wobei davon auszugehen ist, dass nicht zwangsweise alle dieser Kinder tatsächlich einer zusätzlichen Sprachförderung bedürfen. Alternativ wäre eine andere Möglichkeit, wie auch im NIP gefordert, Kin-dertageseinrichtungen in Stadtteilen mit einem hohen Anteil von Personen mit Migrationshintergrund (besonders in Dresden und Leipzig) zusätzlich zu fördern, damit diese zusätzliche Aufgaben, z. B. in der Sprachförderung oder Elternarbeit, besser wahrnehmen können. Bereits aktuell gibt es in Sachsen die Möglichkeit, bei Kindern mit besonderem Förderbedarf einen anderen Personalschlüssel als Berechnungsgrundlage zu nehmen, was z. B. bei der Förderung der Integration von Kindern mit Behinderungen bereits umgesetzt wird. Der Freistaat Bayern hat beispielsweise in seinem im Juli 2008 verabschiedeten „Aktionsplan Integration" einen Gewichtungsfaktor zur Stellenbemessung in Kindertageseinrichtungen festgelegt: Für Kinder, deren beide Eltern nicht deutschsprachiger Herkunft sind, sieht dieser eine um 30 % erhöhte staatliche und kommunale Förderung (Gewichtungsfaktor 128

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1,3) vor. Falls beide Wege gewählt werden, muss darauf geachtet werden, Doppelförderungen zu vermeiden. Vor dem Hintergrund der Anforderungen, die aus der größer werdenden Anzahl von Kindern und Eltern mit Migrationshintergrund resultieren, sollte überlegt werden, die Vermittlung von interkultureller Kompetenz in die Er-zieherausbildung zu integrieren sowie hierzu spezifische Weiterbildungs-möglichkeiten anzubieten und zu fördern. Die Finanzierung der Weiterbil-dungen sowie ggf. die Änderung der Ausbildungsordnung würde in den dafür zuständigen Referaten im SMK liegen. Um die Einbeziehung und Ansprache der Eltern zu stärken, hält es Rambøll Management für sinnvoll, erfahrene „Dritte" an solchen Stellen einzubezie-hen, wo die Kompetenzen des pädagogischen Personals nicht ausreichen. Möglichkeiten bestünden hier in der Nutzung von bereits vorhandenen Mul-tiplikatorenstrukturen, z. B. einem Gemeindedolmetscherdienst. Auch „nie-drigschwellige" Angebote, wie das gemeinsame Begehen von religiösen Feierlichkeiten, können zum Aufbau des Kontaktes genutzt werde.

7.2.2 Schulische Erstausbildung

7.2.2.1 Ziele bei der schulischen Erstausbildung Die schulische Erstausbildung und die hier erworbenen Abschlüsse stellen wichtige Weichen für zukünftige Chancen auf berufliche und soziale Integ-ration dar. Die Beherrschung der deutschen Sprache als Unterrichts- und Verkehrssprache ist hierbei von herausragender Bedeutung. Im NIP wird daher die Wichtigkeit betont, allen Kindern, die Defizite in der deutschen Sprache aufweisen, also sowohl Schülern mit als auch ohne Migrations-hintergrund, eine Förderung zukommen zu lassen, die diesen eine gleich-berechtigte Teilnahme an Unterricht und Bildung ermöglichen. Die Länder streben daher an, für sprachunterstützende Maßnahmen in allen Schulfor-men und auf allen Schulstufen Sorge zu tragen. Da Sprachförderung als Aufgabe aller Lehrkräfte in allen Fächern angesehen wird, verpflichten sich die Länder, in den kommenden fünf Jahren die notwendigen Fortbildungs-maßnahmen anzubieten, damit alle Lehrkräfte ihren Sprachbildungsauftrag im Unterricht erfüllen können. Gleichzeitig wird auch die Bedeutung von Mehrsprachigkeit für alle Kinder und Jugendlichen anerkannt, sodass die Länder das Prinzip der Mehrsprachigkeit im Schulalltag verankern wollen. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Elternarbeit, die auch im NIP betont wird, soll die Arbeit mit Eltern aus Zuwandererfamilien verstärkt werden, u. a. durch die Prüfung der Möglichkeit des Einsatzes und der Qualifizierung ehrenamtlicher mehrsprachiger Elternbegleiter sowie der Einführung von systematischen und zielgerichteten Elterninformationen. 129

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In Bezug auf die hohen Abbrecherquoten von Schülern mit Migrationshin-tergrund wollen die Länder innerhalb der kommenden fünf Jahre die Schulabbrecherquote unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund deutlich senken und eine Angleichung an den Gesamtdurchschnitt der Schüler erreichen. Da Schulen mit einem hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund in der Regel einen höheren Aufwand betreiben müssen, um Integrations-arbeit im erforderlichen Umfang leisten zu können, wollen die Länder Schulen mit einem hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund spezifische Mittel bereitstellen (z. B. Senkung der Klassenfrequenzen, Ver-stärkung des Lehrpersonals, Unterstützung der Lehrkräfte durch sozialpä-dagogische Fachkräfte). Zudem soll dem Bedarf dieser Schulen an beson-ders qualifiziertem Personal durch erhöhte Einstellung von Lehrkräften, Er-ziehern, Sozialarbeitern mit Migrationshintergrund und durch konsequente Fortbildung sowie die Festschreibung von Modulen zum Erwerb interkultu-reller Kompetenz In den Ausbildungsstandards für Lehrer Rechnung ge-tragen werden.

7.2.2.2 Befunde aus der Studie Die sächsische Konzeption zur Integration von Migranten stellt eine sehr gute Grundlage für die schulische Integration von Schülern mit Migrations-hintergrund dar. Das Gesamtsystem wurde bereits evaluiert. Gleichzeitig wurde die konkrete Umsetzung der Konzeption vor Ort (z. B. Durchlauf aller drei Stufen) nicht flächendeckend überprüft und ist punktuell unterschiedlich. Die in der Konzeption vorgesehenen und sich in der Praxis bewährenden Betreuungslehrer sind an Gymnasien nicht vorhanden. Im Rahmen des Modellprojekts „FörMig" werden darüber hinaus weitere Ansätze erprobt. Dazu gehören die Arbeit an der Professionalisierung der sprachlichen Bildung in allen Fächern, die Qualifizierung von „Sprachbera-tern" sowie die Erprobung von Maßnahmen zur Verbesserung der Eltern-arbeit in Verbindung auch mit Initiativen und Migrantenorganisationen. Zur Förderung von Mehrsprachigkeit wurde im Schuljahr 2007/08 her-kunftssprachlicher Unterricht in zwölf Sprachen durchgeführt. Zudem kann die Herkunftssprache als Fremdsprache anerkannt werden. In Bezug auf die Elternarbeit wird diese aktuell vor allem über die Betreu-ungslehrer gewährleistet, die gleichzeitig auch den Kontakt zu Regeldiens-ten und Migrationsfachdiensten pflegen. Somit besteht an dieser Stelle be-reits ein System von Ansprechpartnern sowohl nach innen (Schüler, Eltern, Lehrer) als auch nach außen (Regeldienste, Beratungsstellen etc.). 130

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Schüler mit Migrationshintergrund in Sachsen haben, im Vergleich zu den alten Bundesländern, einen großen Bildungserfolg. Gleichzeitig verfügen sie aber immer noch über schlechtere Abschlüsse als Schüler ohne Migrati-onshintergrund. Es gibt einen hohen Anteil von Schülern mit Migrationshin-tergrund, die nur mit einem Abgangszeugnis die Schule beenden. Auch wenn die absoluten Zahlen aktuell gering sind, so wird dies jedoch eine Herausforderung für die Zukunft darstellen. Aktuell werden im Rahmen des bundesweiten Modellprogramms „Schulverweigerung — Die zweite Chance", das durch den ESF und das BMFSFJ finanziert wird, Ansätze erprobt, die schulverweigernde Schüler dabei unterstützen sollen, wieder regelmäßig die Schule zu besuchen und so ihre Chancen auf einen Schulabschluss und damit auch auf einen Ausbildungsplatz deutlich zu erhöhen. Im Freistaat Sachsen befinden sich hierzu vier Fördergebiete (Landkreis Annaberg, Landkreis Freiberg und Mittlerer Erzgebirgskreis, Stadt Leipzig und Land-kreis Bautzen). Punktuell gibt es auch im Freistaat Sachsen Schulen mit einem hohen Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund. Herausforderungen, die hieraus re-sultieren können, stellen sich hier für alle Lehrkräfte und nicht nur für die Betreuungslehrer.

7.2.2.3 Handlungsempfehlungen Aus Sicht von Ramboll Management könnten eine Überprüfung der Um-setzung der Konzeption zur Integration von Migranten vor Ort, und hier insbesondere die Zugänglichkeit der Vorbereitungsklassen sowie der Durchlauf aller drei Stufen der Konzeption, sinnvoll sein. Nach der Über-prüfung sollten Konzepte entwickelt werden, wie langfristig flächendeckend eine ähnliche Qualität bei der Umsetzung der Konzeption sichergestellt werden kann. Um die Abbruchquoten von Schülern mit Migrationshintergrund zu redu-zieren, sollte in einem ersten Schritt festgestellt werden, welches die zent-ralen Abbruchgründe sind und wie sich die Bildungslaufbahnen der Abbre-cher gestalten. Hierzu sollten Ergebnisse aus dem Modellprogramm „Schulverweigerung - Die zweite Chance" auf ihre Tragfähigkeit bezüglich Jugendlicher mit Migrationshintergrund überprüft und ggf. in die Breite ge-tragen werden. Auch der internationale Wettbewerb „Integration fördern — Schulabbrüche verhindern", der im Rahmen der multinationalen Initiative „INNO-school" durchgeführt wurde, hat vorbildliche Projekte und Konzepte ans Licht gebracht, die dazu beitragen, dass Jugendliche mit Migrations-hintergrund einen Schulabschluss erwerben. Bei einer Prüfung der Über-tragbarkeit müssen die spezifischen Gegebenheiten im Freistaat Sachsen berücksichtigt werden. Die Federführung müsste beim zuständigen Referat im SMK angesiedelt werden. 131

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Wie durch die Länder im NIP gefordert, sollten Schulen mit hohem Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund zusätzlich unterstützt werden, falls die-ses nötig ist. Hierzu gehören insbesondere Fortbildungen für alle Lehrkräfte (nicht nur die Betreuungslehrer). Eine entsprechende Bedarfsanalyse würde über das zuständige Referat im SMK erfolgen. Die Einbindung der Eltern von Schülern mit Migrationshintergrund ist ein wichtiger Aspekt der Integrationsförderung und ein guter Ansatz, um die Integration der folgenden Generationen zu beschleunigen. Aktuell werden in „FörMig" Ansätze der Elternarbeit erprobt. Diese Ansätze können — wenn sie sich als erfolgreich erweisen — Ausgangspunkt für die Konzeption einer sachsenweiten Initiative sein.

7.2.3 Berufliche Bildung

7.2.3.1 Ziele bei der beruflichen Bildung Eine qualifizierte Berufsausbildung bildet die Grundlage für berufliche Ein-gliederung und somit auch für die ökonomische und gesellschaftliche In-tegration. Dies gilt sowohl für die Ausbildung an einer Hochschule als auch für die duale Ausbildung. In Bezug auf die berufsbildenden Schulen wird im NIP die Anforderung formuliert, dass diese in besonderer Weise für die Ausbildung der Fach- und Berufssprache Sorge tragen sollen. Die Länder wollen in diesem Zusammenhang der berufsbezogenen Sprachförderung spezielle Aufmerksamkeit schenken und sich deshalb um spezifische Un-terstützung auch für berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil Ju-gendlicher mit Migrationshintergrund bemühen. Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund beim Übergang in das duale Ausbildungssystem haben sich die Länder im Rahmen des „Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs" verpflichtet, für ein besseres Übergangsmanagement von der Schule in den Beruf ein-zutreten, Ausbildungsreife und Berufsorientierung in der allgemeinbildenden Schule angemessen vorzubereiten und hierbei insbesondere die Jugendli-chen mit Migrationshintergrund bei ihrer Suche nach einem Ausbildungs-platz zu unterstützen. Darüber hinaus wollen die Länder Netzwerke und Kooperationen zwischen Verwaltung, Schulen, Jugendeinrichtungen, örtli-chen Gewerbetreibenden, Arbeitsagenturen, ARGEn / Optionskommunen und anderen Akteuren (z. B. Migrantenselbstorganisationen, Unterneh-mensverbände von Zugewanderten und Medien) initiieren und unterstützen, um Jugendliche zu qualifizieren und in Praktika, Ausbildung und Arbeits-markt zu vermitteln. Auch sollen die Potenziale von Unternehmen mit Migrationshintergrund besser genutzt und hier verstärkt Ausbildungsplätze gewonnen werden. Zur Sicherung und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Deutsch-land und vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fach- kräftemangels haben sich die Länder im NIP darauf verständigt, Bildungsin- 132

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länder noch stärker für den Erwerb der Hochschulreife und zur Aufnahme eines Studiums zu motivieren, sowie die Erfolgsquote ausländischer Stu-dierender durch Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache und durch Beratungs-, Betreuungs- und Coachingprogramme zu erhöhen.

7.2.3.2 Befunde aus der Studie Laut Zahlen des Statistischen Landesamtes befanden sich im Jahr 2006 287 ausländische Jugendliche in einer ungeförderten Ausbildung, was einem Anteil an allen Auszubildenden von etwa 0,3 % entspricht. Die „Evaluation des Gesamtsystems zur Unterstützung benachteiligter Ausbildungsbewer-ber in Sachsen"238 hat ergeben, dass ausländische Jugendliche signifikant häufiger eine nicht öffentlich geförderte (betriebliche oder vollzeitschulische) Ausbildung antreten und sich somit vergleichsweise seltener als deutsche Jugendliche in geförderte Ausbildung (also in Berufsausbildung in außerbe-trieblichen Einrichtungen nach § 241 SGB III (BaE) und der Gemein-schaftsinitiative Sachsen (GISA)) bzw. in Unterstützungsangeboten für be-nachteiligte Jugendliche (ohne BaE und GISA) befinden. Gleichzeitig verfügen ausländische Jugendliche unter 25 Jahren, die ar-beitslos gemeldet sind, deutlich seltener über einen Berufsabschluss als deutsche Arbeitslose unter 25 Jahren: Von den etwa 300 ausländischen Arbeitslosen unter 25 Jahren, die bei den ARGEn in Leipzig, Dresden und Chemnitz gemeldet sind, haben über 80 % keinen Berufsabschluss. Der Anteil bei den deutschen Arbeitslosen dieser Altersgruppe beträgt etwas über 50 %239 Zur Förderung der Ausbildung von ausländischen Jugendlichen gibt es die im Rahmen der Konzeption zur Integration von Migranten angebotenen Vorbereitungsklassen auch an beruflichen Schulzentren. Durch die gezielte Vermittlung von berufsbezogener Sprache soll hier auch neu zugewander-ten Jugendlichen der Abschluss einer Ausbildung ermöglicht werden. Dar-über hinaus wird im Rahmen des JOBSTARTER-Projekts AULA in Leipzig gezielt die Ansprache von Unternehmen mit Migrationshintergrund gefördert. Darüber hinaus gibt es kaum zielgruppenspezifische Förderung, jedoch können Jugendliche mit Migrationshintergrund an den allgemeinen Förde-rangeboten teilnehmen. Auch ESF-geförderte Bildungsprogramme bilden ausländische Personen aus. Zuweilen wurde allerdings ein erschwerter Zugang zu diesen Pro-grammen bei auffälligen Sprachschwierigkeiten festgestellt. __________________________ 238 Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik & Economix Research und Consulting 2005. 239 Diese Daten stammen aus einer Abfrage über VerBis, die für die drei ARGEn mit der größten Anzahl von ausländischen Jugendlichen exemplarisch durchgeführt worden ist. 133

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Mit Blick auf ausländische Studierende ist deutlich geworden, dass hier der überwiegende Teil sog. Bildungsausländer sind. Ein Prozent aller auslän-dischen Studierenden im Freistaat Sachsen haben ihre Hochschulzu-gangsberechtigung in Deutschland erworben. Dies entspricht zwar nicht dem Anteil von Ausländern, die eine Hochschul- oder Fachhochschulreife erlangt haben, gleichzeitig ist aus diesem Befund aber nicht unmittelbar ein zwingender Handlungsbedarf abzuleiten, da nicht eindeutig ist, wie viele dieser ausländischen Schulabsolventen ein Studium in einem anderen Bundesland aufgenommen hatten. 7.2.3.3 Handlungsempfehlungen Im Bereich der beruflichen Bildung sieht Rambf ll Management die gezielte Förderung von arbeitslosen Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die über keinen Berufsabschluss verfügen, als ein wichtiges Handlungsfeld an. Insbesondere in den größeren Städten Leipzig, Dresden und Chemnitz könnte überlegt werden, inwieweit spezifische Angebote für diese Ziel-gruppe sinnvoll wären. Hierfür sollte die Gruppe in einem ersten Schritt genauer betrachtet und die konkreten Vermittlungshemmnisse analysiert werden. Die Umsetzung läge hier insbesondere in den Händen der Ar-beitsverwaltung. Im Rahmen der neuen ESF-Förderperiode könnte aber auch das SMWA entsprechende Maßnahmen prüfen. Um die hier mögliche Förderung besonderer Zielgruppen tatsächlich zielführend einsetzen zu können, wäre es wichtig, auf der eben genannte Analyse der Vermitt-lungshemmnisse aufbauen zu können. Neben dem SMWA gibt es im Frei-staat Sachsen weitere Ressorts, die (auch) für Jugendliche zuständig sind (z. B. SMS, SMJus, SMUL) und hier im Rahmen ihrer Zuständigkeit, also ab-hängig von der Lebenslage der Jugendlichen, tätig werden könnten. Die gezielte Werbung von Ausbildungsplätzen bei Unternehmen mit Migra-tionshintergrund sollte beibehalten werden. Insbesondere für arbeitslose ausländische Jugendliche, die bisher noch keinen Berufsabschluss haben, könnte hier ein Ausbildungspotenzial liegen. In der Stadt Leipzig könnte somit das bestehende Jobstarter-Projekt auch als eine Art „Pilot" für das Matching mit arbeitslosen ausländischen Jugendlichen genutzt werden. Zeigen sich hier Vermittlungserfolge, wäre darüber nachzudenken, ob die erfolgreichen Ansätze in die Breite getragen werden sollen. Dies gilt insbe-sondere für die Städte Dresden und Chemnitz. Darüber hinaus sollte geprüft werden, inwieweit es sinnvoll wäre, in einer Neuauflage größerer z. B. ESF-finanzierter Förderprogramme einen ziel-gruppenspezifischen Stützunterricht für Menschen zu etablieren, denen aufgrund ihrer mangelnden Sprachfertigkeiten sonst eine Teilnahme am Programm verwehrt wäre. 134

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In Bezug auf das bestehende Angebot der Vorbereitungsklassen an den beruflichen Schulzentren wäre zu überlegen, inwieweit die dritte Stufe der Konzeption zur Integration von Migranten auch zu einem ergänzenden Un-terricht in Englisch genutzt werden könnte, wo dieses für die Ausbildung notwendig ist. Die Entscheidung hierfür obliegt dem für Sprachförderung und Migration zuständigen Referat im SMK.

7.3 Arbeitsmarktintegration

7.3.1 Integration in Arbeit

7.3.1.1 Ziele bei der Integration in Arbeit Die berufliche Integration stellt eine wichtige Voraussetzung zur gesell-schaftlichen Teilhabe und Integration dar. Eine entsprechende Qualifizie-rung der Personen mit Migrationshintergrund ist Voraussetzung für eine ef-fektive und passgenaue Vermittlung in den Arbeitsmarkt. Im NIP werden hier insbesondere die Möglichkeiten des ESF benannt, die von den Ländern durch landesspezifische Arbeitsmarktprogramme unterstützt werden sollen. Um die Potenziale von Personen mit Migrationshintergrund besser zu nut-zen, betonen die Länder im NIP die Notwendigkeit, dass im Ausland er-worbene Schul-, Bildungs-, und Berufsabschlüsse volkswirtschaftlich besser in Wert gesetzt werden müssen. Möglichkeiten hierzu sind Teilanerken-nungen oder gezielte Nachqualifizierungen. Im NIP wird überdies das große Potenzial von Personen von Migrations-hintergrund zur Selbstständigkeit und Existenzgründung betont. Entspre-chend wollen sie ihre Informations- und Beratungsangebote für Selbststän-dige und Existenzgründer stärker auf Personen mit Migrationshintergrund ausrichten. Erfolgreiche Existenzgründungen können dabei auch zu einer Stärkung des Wirtschaftsstandortes beitragen. Vor dem Hintergrund des hohen Anteils der arbeitslosen Ausländer und der damit einhergehenden Kosten für die öffentlichen Kassen ist im Freistaat Sachsen auch das zentrale Ziel der Reduzierung von Kosten für Transfer-leistungen durch die bessere Integration von Personen mit Migrationshin-tergrund in Arbeit zu betonen. Eine erfolgreiche Integration in Arbeit und die Verdeutlichung der Bedeutung der Personen mit Migrationshintergrund für den Standort Sachsen kann dabei auch die Akzeptanz für diese Personen-gruppe in der einheimischen Bevölkerung erhöhen. 135

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7.3.1.2 Befunde aus der Studie Der hohe Arbeitslosenanteil unter Ausländern wirkt sich auch negativ auf deren Chancen auf soziale und ökonomische Integration aus. Hinsichtlich der Arbeitsmarktprogramme gibt es das ESF-Programm „QSA°, das explizit für Spätaussiedler und daueraufenthaltsberechtigte Zuwanderer aufgelegt wurde. Die übrigen Maßnahmen und Programme zur beruflichen Integration richten sich auch, aber in der Regel nicht speziell, an Personen mit Migra-tionshintergrund. Vor dem Hintergrund, dass Personen mit Migrationshin-tergrund keine homogene Gruppe darstellen, sondern auch mit Blick auf die Integration in den Arbeitsmarkt individuelle Stärken und Schwächen mit-bringen, birgt dieses Vorgehen die Chance, die Personen ausgehend von ihren tatsächlichen Vermittlungshemmnissen in Maßnahmen zuzuweisen und somit die Vermittlung in Arbeit gezielt zu fördern. Zudem kann der Vorteil an solchen allgemeinen Maßnahmen auch im Abbau von Vorurteilen (ins-besondere bei Teilnehmern ohne Migrationshintergrund) sowie einen bes-seren Spracherwerb (bei Teilnehmern mit Migrationshintergrund) liegen. Ein Nachteil besteht dagegen darin, dass der gleichberechtigte Zugang und die gleichberechtigte Teilnahme von Personen mit Migrationshintergrund an den entsprechenden Maßnahmen nicht immer gewährleistet sind. Vor dem Hintergrund der in absoluten Zahlen geringen Bedeutung von ar-beitslosen Personen mit Migrationshintergrund, insbesondere in den Land-kreisen, steht der Freistaat Sachsen dabei vor der Herausforderung, dass ein flächendeckendes Angebot von migrantenspezifischen Maßnahmen nicht möglich ist, sondern alternative Lösungen, z. B. spezifische Module oder spezielle Kurse in größeren Städten, gefunden werden müssen, wo dieses notwendig ist, um die gleichberechtigte Teilnahme zu ermöglichen. Eine Herausforderung stellt die Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen dar. Hier gibt es unterschiedliche Stellen, die für die Aner-kennung zuständig sind. Somit ist die Transparenz der Strukturen, insbe-sondere für Personen, die neu nach Deutschland kommen, nicht unbedingt gegeben. Vorhandene Plattformen, die entsprechende Informationen bieten, z. B. „amt24.sachsen.de" oder „anabin.de", sind teilweise kaum bekannt. Zudem besitzt ein Teil der Zuwanderer keine schriftlichen Nachweise aus dem Heimatland über den erworbenen Abschluss, was eine mögliche An-erkennung zusätzlich erschwert bzw. unmöglich macht. Insbesondere bei höher qualifizierten Zuwanderern kommt auch das Problem der Sprache hinzu, da das Niveau B1, das in den Integrationskursen vermittelt wird, für eine qualifizierte Arbeitsaufnahme nicht ausreicht. Aktuell sind nur verein-zelt Angebote für einen Spracherwerb über B1 hinaus vorhanden. Spätes-tens Anfang 2009 werden allerdings die ESF-BAMF-Kurse zur berufsbe-zogenen Sprachförderung für Personen mit Migrationshintergrund beginnen, 136

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die diese Lücke schließen sollen. Ein entsprechendes Konzept liegt bereits vor, und das Antragsverfahren für die Träger läuft.240 Im Freistaat Sachsen gibt es eine hohe Anzahl an bereits selbstständigen Personen mit Migrationshintergrund, die mit unterschiedlichem ökonomi-schem Erfolg ihre Geschäfte betreiben. Hinsichtlich Neugründungen und dem Bestehen am Markt besteht das Problem, dass Wissensdefizite ins-besondere über die deutsche Gesetzgebung und den rechtlichen Rahmen bei Personen mit Migrationshintergrund häufig noch ausgeprägter sind als bei Personen ohne Migrationshintergrund. Allgemeine Beratungsangebote zur Existenzgründung sind in der Regel nicht auf deren besondere Belange ausgerichtet. Eine spezifische Existenzgründerberatung für Personen mit Migrationshintergrund wurde im Rahmen der EQUAL- Entwicklungspart-nerschaft „Informätions- und BeratungsZentren Rhein-Saar-Elbe (EP In-BeZ)" erprobt.

7.3.1.3 Handlungsempfehlungen Die verfügbaren Bundesmittel für eine Förderung der Arbeitsmarktintegra-tion von Migranten bieten gute Möglichkeiten, auf die verstärkt zugegriffen werden sollte. Zu nennen sind hier insbesondere das oben genannte ESFBAMF-Programm sowie Verbundprojekte. Relevant in diesem Zu-sammenhang ist insbesondere die Aufbereitung von Informationen über bestehende Programme und deren Förderkonditionen. Die Zuständigkeiten liegen auf kommunaler Ebene bei den ARGEn bzw. Optionskommunen. Bei Programmen auf Landesebene wären hiermit die jeweiligen für den ESF zuständigen Referate im SMS und im SMWA zu befassen. Bei neu konzipierten Programmen wäre zu überprüfen, ob für Personen mit Migrationshintergrund eine Sonderförderung integriert werden sollte, um diesen die gleichberechtigte Teilnahme zu ermöglichen. Beispiele wären hier vorangehender Sprachaufbau oder gezielter Stützunterricht während der Maßnahme. Zudem sollte bei landesweiten Programmen überlegt wer-den, inwieweit in größeren Städten nicht spezifische Kurse für Personen mit Migrationshintergrund eingerichtet werden können. In Mecklenburg- Vor-pommern fördert bspw. das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus ein Programm zur Existenzgründung. In den Städten Rostock und Schwerin wurden in diesem Zusammenhang Kurse etabliert, die speziell auf grün-dungswillige Personen mit Migrationshintergrund ausgerichtet sind. Im Land Brandenburg gibt es den „Lotsendienst für Migranten - Beratung und Be-gleitung von Existenzgründungen", der aus Mitteln des Landes und des ESF finanziert wird. Da auch im Freistaat Sachsen Existenzgründung innerhalb der Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund von Relevanz ist, be-fürwortet Rambøll Management einen solchen Ansatz in solchen Fällen, ______________________ 240 http://www.bamf.de/cln_092/nn_1138436/DE/Integration/ EU-Fonds/ESF/ eu-esf-node.html? nnn=true. 137

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wo es eine ausreichende Zahl an gründungsinteressierten Personen mit Migrationshintergrund gibt. Alternativ sollte überlegt werden, welche weite-ren Möglichkeiten es gibt, eine spezifische auf die speziellen Bedürfnisse von Personen mit Migrationshintergrund ausgerichtete Existenzgründungs-förderung zu ermöglichen, z. B. durch die Fortführung von „InBeZ" in Sachsen. Entsprechende Überlegungen sollten in enger Absprache zwi-schen dem für Existenzgründung zuständigen Referat im SMWA sowie dem für Integration zuständigen Referat im SMS laufen. Bei einer Weiterführung des speziell auf Personen mit Migrationshintergrund ausgerichteten QSA-Programms sollte eine Ausrichtung an den Ergebnis-sen der laufenden Evaluation stattfinden. Die Verantwortung hierfür liegt bei dem für den ESF zuständigen Referat im SMS. Hinsichtlich der Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen hält es Rambøll Management für sinnvoll, die Transparenz über Anerken-nungsmöglichkeiten und die hierfür zuständigen Stellen weiter zu verbes-sern. Bestehende Informationsangebote, auf die zurückgegriffen werden kann, wie „amt24.sachsen.de" oder „anabin.de", könnten dafür auf ihre „Barrierefreiheit' für Personen mit Migrationshintergrund überprüft und ggf. angepasst werden. Um die Seiten bekannter zu machen, empfiehlt Rambøll Management, die entsprechenden Informationen gezielt an MEB und JMD zu vermitteln, damit diese ihre Kunden beraten können. Diese Aufgabe sollte im Rahmen der allgemeinen Koordinationsaufgaben (siehe andere Hand-lungsfelder) durch das für Integration zuständige Referat im SMS wahrge-nommen werden. Darüber hinaus könnte eine Schulung von Fallmanagern, die Kontakt zu arbeitslosen Personen mit Migrationshintergrund haben, förderlich sein, um deren interkulturelle Kompetenz sowie die Wahrnehmung der Potenziale von Personen mit Migrationshintergrund zu stärken. In diesem Zusam-menhang wurden in anderen Bundesländern auch durch eine Überprüfung des Profilings in den ARGEn/Optionskommunen gute Ergebnisse erzielt. Die Zuständigkeit hierfür obliegt den Kommunen bzw. der Bundesagentur für Arbeit. Die entsprechenden Anregungen könnten über das für Integration zuständige Referat im SMS im Rahmen der verstärkten Netzwerkarbeit vorgebracht werden. 138

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7.4 Gesellschaftliche und kulturelle Integration

7.4.1 Sprachliche Integration

7.4.1.1 Ziele bei der sprachlichen Integration Kenntnisse der deutschen Sprache sind der Schlüssel zur Integration. Seit Januar 2005 gibt es durch den Bund geförderte Integrationskurse, die neben der Sprache auch Informationen über die Gesellschaft, die Politik und die Geschichte in Deutschland vermitteln. Auf Basis der Evaluation, die Rambøll Management im Jahr 2006 durchgeführt hat, wurden im NIP verschiedene Änderungen festgelegt. Hierzu gehören die bedarfsgerechte Ausweitung der Stundenkontingente, um möglichst allen Teilnehmenden den erfolgreichen Abschluss zu ermöglichen, die qualitative Verbesserung des Kursangebotes sowie ein flächendeckendes Angebot an Integrationskursen. Die Länder haben sich im NIP darauf verständigt, zu einer Steigerung des Erfolgs der Integrationskurse beizutragen, z. B. indem sie auf eine verbesserte Zu-sammenarbeit von Ausländerbehörden, ARGEn/Optionskommunen, Integ-rationskursträgern, den Regionalkoordinatoren sowie den migrationsspezi-fischen Beratungsdiensten hinwirken. Ziel ist es, dass neu zugewanderte Personen möglichst schnell einen Kurs beginnen und durch die Einbindung von Kindertagesstätten, Schulen, Einrichtungen der Jugendhilfe und Ein-richtungen im Sozialwohnraum (Wohnungsunternehmen) auch „Altzuwan-derern" ein besserer Zugang zu den Kursen ermöglicht wird. Zur Förderung der Nachhaltigkeit des Spracherwerbs und zur Erleichterung der Einbindung in den Arbeitsmarkt wollen die Länder überdies sog. Verbund- und Begleit-projekte fördern.

7.4.1.2 Befunde aus der Studie Die Integrationskurse des Bundes stellen ein Regelangebot zur Sprachför-derung dar, das allerdings in den Stadt- und Landkreisen in unterschiedli-chem Maße zur Verfügung steht. Grund hierfür ist insbesondere die geringe Anzahl von Personen mit Migrationshintergrund in vielen Landkreisen, so-dass hier längere Wartezeiten bis zum Beginn eines Kurses bestehen. Zu-dem gibt es auch Probleme im Zustandekommen von speziellen Zielgrup-penkursen, wobei deutlich geworden ist, dass gute Netzwerkarbeit und Kooperation der beteiligten Akteure insoweit Erfolgsfaktoren darstellen. Dabei ist es im Freistaat Sachsen insbesondere die erste Generation von Zuwanderern, die Sprachprobleme im Deutschen hat. Die zweite Generation verfügt dagegen in der Regel bereits über gute Sprachkenntnisse. Er-schwerend für einen Spracherwerb kommt bei Selbstständigen hinzu, dass diese häufig lange Arbeitszeiten und somit kaum Zeit für den Spracherwerb haben. 139

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7.4.1.3 Handlungsempfehlungen Ein flächendeckendes Angebot an Integrationskursen, die zeitnah nach Aus-stellung der Teilnahmeberechtigung beginnen, muss auch in ländlichen Re-gionen ermöglicht werden. Hierzu empfiehlt Rambøll Management, den kontinuierlichen Austausch mit den Regionalkoordinatoren des BAMF zu suchen und in Abstimmung mit diesen steuernd einzugreifen, wenn deutlich wird, dass z. B. wegen Konkurrenz zwischen Trägern Kurse nicht zustande kommen. Diese Aufgabe wäre idealerweise im Rahmen der allgemeinen Koordinationsaufgaben (siehe andere Handlungsfelder) durch das für In-tegration zuständige Referat im SMS wahrzunehmen. Um auch Selbstständigen die Teilnahme an Integrationskursen zu ermög-lichen, könnte ein flexibles Angebot an Kurszeiten etabliert werden (z. B. am Wochenende). Voraussichtlich müssten hier finanzielle Anreize für Träger geschaffen werden, da es evtl. kleinere Klassen geben würde. Rambøll Management schlägt vor, die Inanspruchnahme und den Erfolg solcher Kurse zunächst im Rahmen eines Pilotversuches zu erproben. Dieser müsste darüber Aufschluss geben, ob der geäußerte Bedarf tatsächlich in eine Inanspruchnahme mündet.

7.4.2 Gesundheitliche Integration

7.4.2.1 Ziele bei der gesundheitlichen Integration Der gleichberechtigte Zugang zum Gesundheitssystem stellt die Voraus-setzung dafür dar, dass die angebotenen Leistungen genutzt werden kön-nen. Im NIP wird noch einmal betont, dass das deutsche Gesundheitssys-tem allen Bevölkerungsgruppen, unabhängig von ihrer Herkunft, offen steht. Dennoch werden die Angebote der Gesundheitsvorsorge und -versorgung von Personen mit Migrationshintergrund häufig seltener genutzt als von Personen ohne Migrationshintergrund. Daher haben sich die Länder im NIP darauf verständigt, die Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund am Gesundheitssystem durch dessen interkulturelle Öffnung zu verbessern, sowie den Zugang zu gesundheitlichen Angeboten, das Gesundheitswissen und die Gesundheitskompetenz zu verbessern. Hierzu sollen zielgruppen-spezifische Angebote weiterentwickelt und umgesetzt werden.

7.4.2.2 Befunde aus der Studie Die Studie hat gezeigt, dass der gleichberechtigte Zugang zum Gesund-heitssystem nicht immer gewährleistet ist. Gründe hierfür sind vor allem In-formationsdefizite über dessen Funktion. Darüber hinaus hat ein Teil der Personen mit Migrationshintergrund ein kulturell bedingt anderes Verständ-nis von Krankheit, was den Gang zum Arzt zusätzlich erschwert bzw. ver-zögert. Aufgrund von Sprachschwierigkeiten werden zudem teilweise Fami- 140

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lienangehörige für eine Übersetzung beim Arzt herangezogen, was aus Scham das offene Erörtern gesundheitlicher Probleme erschweren kann. Gleichzeitig sind auf kommunaler Ebene bereits verschiedene Programme und Projekte etabliert, die Information und Orientierung bieten sollen, z. B. der Gesundheitswegweiser in Leipzig, der auch die Sprachkompetenzen von Ärzten enthält, oder der Gemeindedolmetscherdienst in Dresden. Al-lerdings sind diese Angebote insbesondere auf die größeren Städte be-schränkt. Dabei wurde der Gesundheitswegweiser aus Leipzig bereits eva-luiert und soll auf Basis dieser Evaluation zielgruppenspezifisch in die Fläche gebracht und in verschiedene Sprachen übersetzt werden.

7.4.2.3 Handlungsempfehlungen Rambøll Management hält die Uberlegungen, auf Basis der Evaluation den Gesundheitswegweiser aus Leipzig zielgruppenspezifisch in die Breite zu tragen sowie diesen in verschiedene Sprachen zu übersetzen, für richtig und wichtig. Die Federführung hierfür liegt im für Gesundheitsförderung zustän-digen Referat des SMS. Darüber hinaus sollten bewährte Ansätze, wie der Gemeindedolmetscher- dienst, ausgeweitet werden. Sinnvoll könnte dieses insbesondere in den Kreisfreien Städten sein, in denen eine größere Anzahl von Personen mit Migrationshintergrund lebt und entsprechende Angebote aktuell noch nicht vorhanden sind.

7.4.3 Integration von Frauen und Mädchen

7.4.3.1 Ziele bei der Integration von Frauen und Mädchen Frauen kommt im Integrationsprozess eine Schlüsselrolle zu, da sie in Beruf und Familie, aber auch mit ihrem sozialen, gesellschaftlichen und politischen Engagement die Integration der nächsten Generation entscheidend prägen. Im NIP wird die Stärkung der Potenziale von Frauen und Mädchen gefordert, wozu auch eine stärkere Prävention und ein verbesserter Schutz vor häus-licher Gewalt gehören. In diesem Zusammenhang sollen integrationspoliti-sche Maßnahmen gezielt auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund zugeschnitten werden. Die Länder ha-ben sich im NIP darauf verständigt, die Rechte und Chancen von Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund auf gleichberechtigte Partizipation nachhaltig stärken zu wollen. Dazu gehört insbesondere, dass die Länder geeignete Maßnahmen der Prävention, Krisenintervention und Unterstüt-zung ergreifen wollen, sofern Frauen und Mädchen an der Entfaltung ihrer Rechte, insbesondere auf freie Berufs- und Partnerwahl, gehindert werden. 141

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7.4.3.2 Befunde aus der Studie Aktuell gibt es im Freistaat Sachsen wenige Angebote, die sich gezielt an Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund richten. Spezifische Bera-tungsangebote, die bereits existieren, befinden sich insbesondere in den größeren Städten. Doch auch hier stellt sich teilweise das Problem, dass Informationsdefizite über bestehende Angebote auf Seiten von Frauen mit Migrationshintergrund die Inanspruchnahme von Angeboten negativ beein-flussen. Die spezifischen Herausforderungen, mit denen Frauen und Mäd-chen mit Migrationshintergrund sich konfrontiert sehen, z. B. durch häusliche Gewalt oder Zwangsheirat, erfordern jedoch entsprechende Angebote bzw. den Abbau von Zugangsbarrieren zu den Angeboten. Als weiteres Problem von Frauen mit Migrationshintergrund wurde der As-pekt der Isolation beschrieben und zum Teil auch darin begründet, dass Orte für einen niedrigschwelligen Kontakt und die Vernetzung von Frauen mit Migrationshintergrund fehlen. In Bezug auf das Thema Zwangsheirat wurde im Auftrag der „Leitstelle für Gleichstellung von Frau und Mann" im SMS durch „KOBRAnet", einer Be-ratungsstelle für Frauen aus Mittel- und Osteuropa, die Opfer von Men-schen-/Frauenhandel sind, bereits eine Studie zu Zwangsheirat erstellt und Handlungsempfehlungen entwickelt, die eine wissensbasierte Grundlage für weitere Schritte in diesem Bereich bieten. Eine Bündelung von entspre-chenden Aktivitäten bei einer Stelle befindet sich aktuell in der Umsetzung.

7.4.3.3 Handlungsempfehlungen Rambøll Management empfiehlt, die Maßnahmen, die bereits im Themen-feld der Zwangsheirat angestoßen wurden, weiter zu verfolgen und auch das Thema der häuslichen Gewalt im Blick zu behalten. Neben Angeboten, die explizit auf die Bedarfe von Frauen mit Migrationshintergrund ausgerichtet sind, hält es Rambøll Management für wichtig, auch die Mitarbeiter der Regeldienste, bei denen Frauen mit Migrationshintergrund vorstellig werden, entsprechend zu informieren und ggf. Schulungen zu frauenspezifischen Problemlagen anzubieten. MEB und JMD sollten hier aktiv einbezogen und diesen alle notwendigen Informationen über Frauenberatungsstellen zur Verfügung gestellt werden. Diese Aufgaben könnten von der „Leitstelle für Gleichstellung von Frau und Mann" übernommen werden. Darüber hinaus sollte eine verstärkte Ansprache und Einbeziehung von Müt- tern in Kindertageseinrichtungen und Schulen stattfinden (siehe auch an-dere Handlungsfelder). In Gebieten mit hohem Ausländeranteil wäre zudem zu überlegen, eine zielgruppenspezifische Sprachförderung zu etablieren, z. B. „Mama lernt Deutsch". Parallel hierzu sollte gemeinsam mit den Regi- 142

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onalkoordinatoren überlegt werden, inwieweit Möglichkeiten bestehen, die Frauenintegrationskurse auszuweiten.

7.4.4 Ältere Personen mit Migrationshintergrund

7.4.4.1 Ziele bei älteren Personen mit Migrationshintergrund Personen mit Migrationshintergrund werden vielfach nicht in ihre Her-kunftsländer zurückkehren, sondern ihren Lebensabend in Deutschland verbringen. Somit werden die Anzahl und der Anteil von älteren Personen mit Migrationshintergrund steigen. Trotzdem finden viele dieser älteren Personen keinen Zugang zu Angeboten für Senioren, zu Pflegediensten und - einrichtungen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Länder im NIP darauf verständigt, den Zugang von älteren Personen mit Migrationshin-tergrund zu diesen Angeboten zu verbessern, z. B. durch die Bereitstellung von entsprechenden Informationen sowie die Förderung der kultursensiblen Arbeitsweisen in Seniorenarbeit und Pflege.

7.4.4.2 Befunde aus der Studie Für den Freistaat Sachsen stellt sich in diesem Handlungsfeld die besondere Situation, dass es durch die vergleichsweise kurze Zuwanderungsge-schichte aktuell kaum ältere Personen mit Migrationshintergrund gibt, so-dass dieses Handlungsfeld eher als „Zukunftsthema" zu betrachten ist. Gegenwärtig gibt es im Freistaat Sachsen kaum Angebote oder Strukturen für ältere Personen mit Migrationshintergrund. Das Thema der „interkultu-rellen Pflege" steht eher im Hintergrund. Gleichwohl wurden bereits punk-tuell Schulungen zur interkulturellen Kompetenz für Mitarbeiter im Pflege-bereich und der entsprechenden Regeldienste durchgeführt. Auf administrativer Ebene wurde das Thema bereits angegangen. Im aktu-ellen Altenhilfe-Rahmenplan für den Freistaat Sachsen findet sich ein ei-genes Kapitel „Ältere Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt in den Blick nehmen", das die aktuellen Entwicklungen darstellt und die daraus resultierenden Herausforderungen benennt. Dazu gehört z. B. die Notwen-digkeit von Kompetenzen für eine kultursensible Pflege und in diesem Zu-sammenhang die verstärkte Gewinnung von Ausbildungssuchenden mit Migrationshintergrund für den Altenpflegeberuf sowie die Beschäftigung von bikulturellen und bilingualen Pflegefachkräften in Einrichtungen. Entspre-chendes sieht auch der Entwurf eines sächsischen Gesetzes zur Integration älterer, pflegebedürftiger und volljähriger Menschen mit Behinderungen sowie zur Stärkung ihres Schutzes (ESächsISG) vor. 143

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7.4.4.3 Handlungsempfehlungen Vor dem Hintergrund, dass auch im Freistaat Sachsen, insbesondere in den größeren Städten, eine zunehmende Anzahl an pflegebedürftigen Personen mit Migrationshintergrund leben wird, empfiehlt Rambøll Management, das Angebot an Schulungen zur interkulturellen Kompetenz in der Seniorenar-beit und Pflege auszuweiten. Dieses gilt insbesondere für die Mitarbeiter der entsprechenden Regeldienste. Erfahrungen aus Westdeutschland haben gezeigt, dass sich private Pflegedienste schon alleine aus marktwirtschaft-lichen Gesichtspunkten die entsprechenden Kompetenzen aneignen, um diese neue Kundengruppe bedienen zu können. Analog hierzu schlägt Rambøll Management vor, Informationsmaterialien sowohl für ältere Personen mit Migrationshintergrund als auch für Pflege- und Senioreneinrichtungen zu entwickeln. Diese sollten analog zum Ge-sundheitswegweiser über das deutsche Rentensystem und die Pflegever-sicherung informieren. Die Zuständigkeit hierfür liegt beim für Altenhilfe zu-ständigen Referat im SMS. Wie auch im Altenhilferahmenplan beschrieben, regt Rambøll Management an, verstärkt zu überprüfen, inwieweit Betreuung und Pflege von älteren Personen mit Migrationshintergrund auch ein Handlungsfeld für die Be-schäftigung von arbeitslosen Personen mit Migrationshintergrund sein kön-nte. Diese kennen die kulturellen Besonderheiten und verfügen über die entsprechenden Sprachkenntnisse. Hierbei sollten die Ergebnisse der E-valuation des ESF-Programms QSA berücksichtigt werden.

7.4.5 Einbindung in das Leben vor Ort

7.4.5.1 Ziele bei der Einbindung in das Leben vor Ort Das unmittelbare Wohnumfeld hat eine zentrale Funktion im Integrations-prozess. Hier begegnen sich Personen mit und ohne Migrationshintergrund und legen die Basis für ein friedliches Miteinander. Somit zeigt sich auch unmittelbar in den Kommunen, ob Integration gelingt. Positive wie negative Folgen sind hier am deutlichsten spürbar. Im NIP wird an dieser Stelle der Bedarf nach einer aktiven Gestaltung der Integration am Wohnort, in den örtlichen Verwaltungen, am Arbeitsplatz, in den Schulen oder in den Kin-dertagesstätten, und zwar unter Mitwirkung der Personen mit Migrations-hintergrund selbst, angemahnt. Zentrales Handlungsinstrument ist insoweit das Bund-Länder-Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbe-darf — Soziale Stadt". Dabei wollen die Länder darauf hinwirken, dass die Programme der Europäischen Union, des Bundes und die von ihnen selbst getragenen Programme zur integrierten Stadtentwicklung stärker für Maß-nahmen der Integration genutzt werden. Ein wichtiger Aspekt sind überdies die Integrationsleistungen der Kommunen, insbesondere durch die Entwick- 144

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lung und Umsetzung von kommunalen Handlungskonzepten sowie die Förderung von kommunalen Integrationsangeboten und -strukturen.

7.4.5.2 Befunde aus der Studie Trotz der vergleichsweise geringen Anzahl von Personen mit Migrations-hintergrund ist auch im Freistaat Sachsen eine räumliche Segregation von Personen mit Migrationshintergrund zu erkennen. Dies gilt sowohl für ein-zelne Stadtteile als auch für bestimmte Gebiete in den Landkreisen. Die Gründe hierfür liegen insbesondere in der Zuweisungspraxis sowie dem Vorhandensein von billigem Wohnraum in bestimmten Wohnvierteln. Die Herausbildung von sog. „Ghettos" oder „Parallelgesellschaften" ist aktuell jedoch nicht zu beobachten. Die Studie hat auch gezeigt, dass es bereits eine große Vielfalt an ver-schiedenen Angeboten gibt, die insbesondere über die „Soziale Stadt" ge-fördert werden. Allerdings fehlen teilweise Angebote zum niedrigschwelligen Kontakt und Zusammenfinden von Personen mit und ohne Migrationshin-tergrund wie z. B. interkulturelle Zentren oder Begegnungsstätten.

7.4.5.3 Handlungsempfehlungen Analog zu den Zielen des NIP empfiehlt Rambøll Management, die Mög-lichkeit zur Schaffung eines Quartiersmanagements für sozial benachteiligte Gebiete zu überprüfen und die Zusammenarbeit der Akteure vor Ort (im Quartier) zu stärken, z. B. durch Einbeziehung von Polizei oder Jugendamt. Das Programm „Soziale Stadt" bietet hierfür entsprechende Möglichkeiten. Darüber hinaus ist Quartiersmanagement auch nach der neuen VwV StBauförderung förderfähig, wobei die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen der Entscheidung der Kommunen obliegen. Aber auch weitere Bundespro-jekte, z. B. die Initiative „Lokale Bündnisse für Familie" des BMFSFJ bietet Möglichkeiten, die Integration vor Ort zu stärken. Dabei sollte darauf ge-achtet werden, inwieweit Fördermöglichkeiten stärker für Personen mit Migrationshintergrund bzw. das Zusammenkommen von Personen mit und ohne Migrationshintergrund genutzt werden können. Um Letzteres zu fördern, regt Rambøll Management an, verstärkt auf be-stehende Strukturen zurückzugreifen und entsprechende Kooperationen einzugehen. Zu nennen ist hier z. B. das Aktionsprogramm „Mehrgenerati-onenhäuser" des BMFSFJ. Entsprechende Möglichkeiten müssen den Ak-teuren vor Ort transparent gemacht werden. Im Rahmen seiner allgemeinen Koordinationstätigkeit könnte das für Integration zuständige Referat im SMS relevante Informationen bündeln und an die kommunalen Ausländerbeauf-tragten oder andere zuständige Stellen in den Kommunen weitertragen, die dann als Multiplikatoren vor Ort wirken könnten. 145

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7.4.6 Unterstützung von lokalen Netzwerken

7.4.6.1 Ziele bei der Unterstützung von lokalen Netzwerken Gut funktionierende Netzwerke schaffen Transparenz über bestehende Angebote und können somit die Effizienz des Mitteleinsatzes steigern, in-dem Doppelungen und Lücken in der Förderung vermieden werden. Durch Kooperationen und Absprachen kann zudem eine effektivere Umsetzung bestehender Programme und Projekte erreicht werden, z. B. indem Teil-nehmer gezielt vermittelt werden. Wichtiger Teil von lokalen Netzwerken im Bereich der Integration, auch um den Zugang zur Zielgruppe zur erleichtern, sind Migrantenorganisationen. Im NIP wird deren Bedeutung noch einmal hervorgehoben und angeregt, ihnen fachliche Hilfe als Träger von Projekten anzubieten und hierfür die Bildung von einschlägigen Netzwerken zu unter-stützen.

7.4.6.2 Befunde aus der Studie Die Studie hat gezeigt, dass es aktuell bereits in verschiedenen Regionen in Sachsen Netzwerke und Zusammenschlüsse von verschiedenen Trägern (z. B. in Form von „Runden Tischen") gibt. In den größeren Städten gibt es sogar mehrere teilweise thematisch (z. B. Bildung, Sprache oder Arbeit) organisierte Zusammenschlüsse. Dabei beruht dieser Bereich vielfach auf ehrenamtlichem Engagement von Vereinen, Organisationen etc. Als zentrales Problem, vor allem, um sich überregional zusammenzufinden, wurde dabei das Fehlen von finanziellen Ressourcen offensichtlich. Insbesondere Migrantenorganisationen verfügen häufig nicht über die notwendigen Mittel, um einen sachsenweiten kontinu-ierlichen Austausch zu realisieren. Darüber hinaus wurde von Seiten der Akteure angemerkt, dass es teilweise wenig Anerkennung und Unterstüt-zung für ihre Arbeit von offizieller Seite gäbe.

7.4.6.3 Handlungsempfehlungen Nach Ansicht von Rambøll Management könnte eine Unterstützung von re-gionalen Koordinierungsstellen bzw. -funktionen sinnvoll sein, um einen kontinuierlichen Austausch zu gewährleisten und bestehende Angebote besser aufeinander abzustimmen. Sachsen-Anhalt wird noch in diesem Jahr in allen Kreisen regionale Koordinierungsstellen einrichten, die für eine bessere Koordination und Vernetzung sorgen sollen. Die entsprechende I-nitiative kommt aus dem zuständigen Referat 42 im Innenministerium. Darüber hinaus könnte darüber nachgedacht werden, die Vernetzung und Partizipation von Migrantenorganisationen zu fördern. Das zuständige Re-ferat 450 im Ministerium für Soziales und Gesundheit in Mecklenburg- 146

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Vorpommern stellt hier zum Beispiel die notwendigen Kofinanzierungsmittel für ein aus EIF-Mitteln gefördertes Projekt, das Partizipation und Vernetzung zum Ziel hat, zur Verfügung.

7.4.7 Bürgerschaftliches Engagement

7.4.7.1 Ziele beim Bürgerschaftlichen Engagement Bürgerschaftliches Engagement fördert den sozialen Zusammenhalt und die gegenseitige Akzeptanz von Personen mit und ohne Migrationshintergrund. Zudem stärkt es die individuelle Handlungskompetenz. Im NIP wird dabei herausgestellt, dass das Engagement von Personen mit Migrationshin-tergrund die vielfältiger werdende Gesellschaft bereichert. Gleichzeitig be-darf es Anerkennung und gezielter Förderung eines entsprechenden En-gagements, sowohl von Personen mit als auch von Personen ohne Migra-tionshintergrund. Die Länder haben sich in diesem Zusammenhang darauf verständigt, eine Kultur der Anerkennung durch die Würdigung des her-ausragenden Engagements Einzelner sowie die Auszeichnung gelungener Integrationsprojekte zu fördern. Zudem betonen die Länder die Notwen-digkeit einer Öffnung zum interkulturellen Dialog bei Vereinen, Verbänden, Kirchen, Religionsgemeinschaften und Migrantenselbstorganisationen.

7.4.7.2 Befunde aus der Studie In Sachsen gibt es verschieden Programme zur Förderung des ehrenamt-lichen Engagements, z. B. „Wir für Sachsen" oder „Tauris". Gefördert wird hier aktuell insbesondere das Engagement für Personen mit Migrationshin-tergrund. Deren aktive Einbeziehung geschieht z. B. im Rahmen des Pro-gramms „Integration durch Sport", indem Personen mit Migrationshin-tergrund verantwortungsvolle Posten übernehmen. Zur Stärkung der Anerkennungskultur befindet sich im Freistaat Sachsen ein Integrationspreis in Vorbereitung, der vom SMS im Jahr 2009 zum ersten Mal verliehen werden soll. Insgesamt gesehen organisieren sich Personen mit Migrationshintergrund weniger in vorgegebenen Strukturen, sondern eher in Vereinen oder Orga-nisationen, die vor allem innerethnisch organisiert sind. 147

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7.4.7.3 Handlungsempfehlungen Um die Zusammenarbeit von Personen mit und ohne Migrationshintergrund „auf gleicher Augenhöhe" weiter zu fördern, sollten Personen mit Migrati-onshintergrund durch die vorhandenen Programme gezielt angesprochen und einbezogen werden. Migrationsfachdienste können hier eine Mittler-funktion zwischen Programmleitung und Personen mit Migrationshin-tergrund einnehmen und über die Aktivitäten informieren. Diese sollten von den zuständigen Stellen gezielt angesprochen werden. Rambøll Management empfiehlt, die Arbeit von Migrantenselbstorganisati-onen stärker anzuerkennen und zu stärken, wie dieses durch den Integra-tionspreis bereits angedacht ist. Selbstverständlich gilt dies nur für solche Selbstorganisationen, die sich für das Miteinander der Kulturen engagieren und keine extremistischen Tendenzen aufweisen. Initiierung und Finanzie-rung würde im für Integration zuständigen Referat im SMS liegen. Darüber hinaus sollte der interkulturelle Dialog zwischen Vereinen (mit und ohne Migrationshintergrund) ausgebaut werden. Möglichkeiten sind hier gemeinsame Sport- oder Kulturfeste.

7.5 Integration als Herausforderung für die Aufnahm egesellschaft

7.5.1 Interkulturelle Öffnung der Verwaltung

7.5.1.1 Ziele bei der Interkulturellen Öffnung der Verwaltung Im NIP wird betont, dass Integration nur dann gelingen kann, wenn sich auch die staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen den Personen mit Migra-tionshintergrund öffnen und der Zuwanderungsrealität Rechnung tragen. Die Länder streben deshalb die interkulturelle Öffnung ihrer Verwaltung an. Als Arbeitgeber wollen die Länder darauf hinwirken, den Anteil des Personals mit Migrationshintergrund unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung und Leistung zu erhöhen und dabei sprachliche und interkulturelle Kompe-tenzen angemessen zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollen auch Quali-fizierungsmaßnahmen für öffentlich Bedienstete durchgeführt werden.

7.5.1.2 Befunde aus der Studie Die Studie hat deutlich gemacht, dass in unterschiedlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens (Arbeit, Gesundheit, Soziales etc.) der gleichbe-rechtigte Zugang und die gleichberechtigte Teilnahme von Personen mit Migrationshintergrund an bestehenden Angeboten und Maßnahmen nicht immer gegeben ist und die Mitarbeiter in den Regeldiensten mit den Her- 148

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ausforderungen, die im Umgang mit Personen mit Migrationshintergrund auftauchen können, teilweise überfordert sind. Aktuell ist die interkulturelle Öffnung der Verwaltung bereits in verschiede-nen kommunalen Integrationskonzepten verankert. Auf Landesebene sollen nach der Verwaltungsreform ab August 2008 die Vorschläge des Kurato-riums für ein weltoffenes Sachsen zur interkulturellen Öffnung umgesetzt werden. Das für Integration zuständige Referat im SMS hat hier von der Landesregierung bereits den Auftrag erhalten, eine Bestandsaufnahme zur Bedarfsermittlung für interkulturelle Schulungen bei den Landesbehörden durchzuführen.

7.5.1.3 Handlungsempfehlungen Die vom Kuratorium vorgeschlagene und durch die Landesregierung ver-abschiedete Strategie zur interkulturellen Öffnung der Verwaltung stellt nach Ansicht von Rambøll Management eine sehr gute Grundlage dar. Dabei regt Rambøll Management an, eine Definition der konkreten Schritte und eine entsprechende Zeitplanung zu erstellen sowie den Stand der Umsetzung kontinuierlich zu verfolgen. Diese Aufgaben sollten vom für Integration zu-ständigen Referat im SMS übernommen werden. In Bezug auf die Bedarfsermittlung sowie das Angebot an interkulturellen Schulungen sind hierfür zunächst das für Integration zuständige Referat im SMS sowie das für Aus- und Fortbildung zuständige Referat im SMI mit der Akademie für öffentliche Verwaltung des Freistaates Sachsen (AVS) zu-ständig. Die Umsetzung sollte in enger Kooperation erfolgen. Zudem muss jedes Ressort den eigenen Bedarf ermitteln, auch in den Landesdirektionen. Hierzu könnte bspw. das Wissen der jeweiligen Referats- oder Bereichsleiter herangezogen oder die Mitarbeiter selbst befragt werden. Gleichzeitig sollten auch die Kommunen, insbesondere die größeren Städte, in die Strategie zur interkulturellen Öffnung einbezogen werden, und hier vor allem solche kommunalen Beschäftigten, die während ihrer Arbeit mit Per-sonen mit Migrationshintergrund zu tun haben, z. B. in der Ausländerbe-hörde, bei der Polizei oder in den Schulen. Rambøll Management hält es für sinnvoll, dass auch diese Beschäftigten gezielt angesprochen und für eine Schulung geworben werden. Die Umsetzung könnte hier im Rahmen der im Sächsischen Beamtengesetz verankerten Pflicht zur ständigen berufsbe-gleitenden Fortbildung geschehen (§ 72 Abs. 2 Satz 1 SächsBG). Entspre-chendes gilt für Angestellte. Es sollte geprüft werden, ob zur Erhöhung des Anteils von Personen mit Migrationshintergrund in der Verwaltung diese gezielt aufgefordert werden sollten, sich zu bewerben. Vorbild könnte hier die Erhöhung des Anteils von 149

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Frauen oder Schwerbehinderten in der Verwaltung sein. Zudem sollte die Möglichkeit geprüft werden, ob Informationen über Arbeits- und Ausbil-dungsmöglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung gezielt über Migrations-fachdienste oder Migrantenorganisationen an die Zielgruppe vermittelt werden können.

7.5.2 Stärkung der Zivilgesellschaft

7.5.2.1 Ziele bei der Stärkung der Zivilgesellschaft Integration ist ein beiderseitiger Prozess, der sowohl Anstrengungen der Personen mit Migrationshintergrund, als auch. der Aufnahmegesellschaft erfordert. Im NIP wird als Anspruch an die einheimische (deutsche) Bevöl-kerung formuliert, dass diese Akzeptanz, Toleranz und zivilgesellschaftli-ches Engagement benötigen sowie die Bereitschaft, Menschen, die recht-mäßig in Deutschland leben, ehrlich willkommen zu heißen, damit Integra-tion erfolgreich sein kann. Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit müssen ab-gebaut werden. Wichtig hierfür ist die Beförderung eines sachlich geführten öffentlichen Diskurses über Chancen und Risiken von Zuwanderung. Ziel muss es dabei sein, die demokratische Kultur zu fördern, die Toleranz zu stärken sowie den Abbau von fremdenfeindlichen Tendenzen zu unterstüt-zen.

7.5.2.2 Befunde aus der Studie Eine Tendenz zu Fremdenfeindlichkeit in Teilen der Bevölkerung im Frei-staat Sachsen wird durch wissenschaftliche Studien belegt. Auch die aktu-ellen Entwicklungen (z. B. die Ergebnisse der letzten Kommunalwahl) ma-chen einen Handlungsbedarf deutlich. Zur Stärkung der Zivilgesellschaft und zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit werden daher im Freistaat Sachsen eine Reihe von Programmen und Projekten durchgeführt. Neben den durch den Bund geförderten Projekten „XENOS - Integration und Vielfalt (BMAS) oder „Vielfalt tut gut" (BMFSFJ) gibt es auch das Programm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz", das durch Landesmittel finanziert wird. Dieses Programm wird aktuell durch die Universität Bielefeld evaluiert und aufbauend auf den (Zwischen-)Ergebnissen der Evaluation stetig wei-terentwickelt. Darüber hinaus haben bereits acht Kommunen im Freistaat eine Aufnahme bei der Initiative „Orte der Vielfalt" der Bundesregierung beantragt. Die Studie hat deutlich gezeigt, dass durch die geringe Anzahl von Personen mit Migrationshintergrund, insbesondere in ländlichen Gebieten, der Kontakt zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund und somit auch die Möglichkeit zum Abbau von Vorurteilen erschwert wird. 150

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7.5.2.3 Handlungsempfehlungen Die bestehenden bundesweiten Förderprogramme zur Stärkung der Zivil-gesellschaft sollten weiterhin genutzt und entsprechende Informationen al-len potenziellen Projektträgern vermittelt werden. Die aktuell stattfindende Überprüfung der Wirkung der geförderten Projekte sowie die Anpassung der Handlungsansätze sollte stetig fortgeführt werden. Um ein deutliches Zeichen für die Anerkennung von Vielfalt zu setzen schlägt Rambøll l Management vor, dass alle sächsischen Kommunen sich als „Orte der Vielfalt" bewerben. Eine entsprechende Anregung sollte gezielt durch das zuständige Referat im SMS an die Kommunen herangetragen werden. Der interkulturelie Dialog auf niedrigschwelliger Ebene und die Begegnung von Personen mit und ohne Migrationshintergrund sollte aktiv gefördert werden, z. B. durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten (siehe auch „Einbindung in das Leben vor Ort"). Darüber hinaus können auch hier die Strukturen aus anderen Programmen, z. B. Mehrgenerationenhäuser, ge-zielt genutzt werden. 151

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7.6 Synopse der Handlungsempfehlungen Handlungsfeld Inhalte

Zusammenarbeit

zwischen den

Ressorts

(Horizontale Ebe-

ne)

• Das aktuell für Integration zuständige Referat im SMS sollte weiterhin für Programme und Projekte der allgemeinen Integ-

rationsförderung zuständig bleiben.

• Die jeweiligen Fachressorts sind gehalten, im Rahmen ihrer Arbeit und insbesondere bei der Programm- und Projektkonzepti

an Personen mit Migrationshintergrund explizit mitzudenken und diesen die gleichen Chancen auf Zugang und Teilnahme zu

ermöglichen.

• Fortführung der intensivierten Absprache zwischen den Ressorts, u. a. durch dauerhafte Einrichtung der Interministeriellen

Arbeitsgruppe für Integration.

• Bestimmung von Ansprechpartnern für Integrationsfragen in jedem Ressort (Bündelungsfunktion).

Abstimmung der

verschiedenen

Ebenen (Bund,

Land und Kom-

munen) über

Kernaufgaben der

Integration

(Vertikale Ebene)

• Wahrnehmung einer verstärkten Koordinierungsfunktion auf Landesebene und Gewährleistung eines kontinuierlichen Kon-

takt nach „oben" (Bund) sowie nach „unten" (Kommunen) durch das für Integration zuständige Referat im SMS, z. B. durch

Koordinierung mit dem BAMF, der Sächsischen Ausländerbeauftragten, den kommunalen Ausländerbeauftragten, der Liga

der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, bestehenden Netzwerken sowie den mittleren und unteren Eingliede-

rungsbehörden.

• Institutionalisierung der bestehenden Kontakte, um Kontinuität zu gewährleisten.

• Prüfung, inwieweit das für Integration zuständige Referat im SMS die Anforderungen im Bereich der Integration bewältigen

kann.

• Bestimmung eines Fachverantwortlichen für Fragen der Integration im Statistischen Landesamt, der Auskunft über vor-

handene Statistiken und deren Erhebungsmethoden geben kann.

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• Etablierung eines Monitoringsystems für Integration, wobei die Ressorts entscheiden, inwieweit das Merkmal „Migrations-

hintergrund" in die erforderlichen Statistiken zu integrieren ist.

• Anregung der Schaffung einer klaren und einheitlichen Struktur von Ausländerbeauftragten mit klar definierten Rollen und

Mechanismen der Zusammenarbeit bei den Kommunen.

• Nutzung der guten Kontakte zwischen SMS und der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, um auf eine

bessere Verknüpfung von Migrationserstberatung (MEB)/Jugendmigrationsdienst (JMD) mit den Regelstrukturen hinzuwirken.

Frühkindliche

Bildung

• Gezielte Nutzung der Ergebnisse der Evaluation aus „Sprache Fördern" zur Verbesserung der Angebote.

• Überprüfung, inwieweit die Sprachförderung aktuell tatsächlich bedarfsgerecht stattfindet, d. h. die Kinder mit Migrations-

hintergrund ergänzende Förderung erhalten, wenn sie Sprachauffälligkeiten haben.

• Bedarf des Einsatzes einer Sprachstandfeststellung, die auch die Spezifika von Kindern mit Migrationshintergrund berück-

sichtigt, um Defizite frühzeitig zu erkennen und eine gezielte Sprachförderung einzuleiten.

• Alternativ: Zusätzliche Förderung von Kindertageseinrichtungen in Stadtteilen mit einem hohen Anteil von Personen mit

Migrationshintergrund (besonders in Dresden und Leipzig), damit diese zusätzliche Aufgaben, u. a. in der Sprachförderung

oder Elternarbeit, besser wahrnehmen können, z. B. durch Einführung eines Gewichtungsfaktors.

• Überlegungen dahingehend anstellen, die Vermittlung von interkultureller Kompetenz in die Erzieherausbildung zu integ-

rieren sowie entsprechende spezifische Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten und zu fördern.

• Stärkung der Einbeziehung und Ansprache der Eltern ggf. unter Einbindung von erfahrenen „Dritten" an solchen Stellen, wo

die Kompetenzen des pädagogischen Personals nicht ausreichen.

Schulische

Erstausbildung

• Überlegungen, ob eine Überprüfung der Umsetzung der Konzeption zur Integration von Migranten vor Ort, und hier insbe-

sondere die Zugänglichkeit der Vorbereitungsklassen sowie der Durchlauf aller drei Stufen der Konzeption, sinnvoll sein

könnten. Darauf aufbauend Entwicklung von Konzepten, wie langfristig flächendeckend eine ähnliche Qualität bei der Um-

setzung der Konzeption sichergestellt werden kann.

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• Verringerung der Abbruchzahlen bei Schülern mit Migrationshintergrund u. a. durch Untersuchung der zentralen Abbruch-

gründe und der Bildungslaufbahnen der Abbrecher sowie Überprüfung von Ergebnissen bereits bestehender Modellpro-

gramme auf ihre Tragfähigkeit bezüglich Jugendlicher mit Migrationshintergrund und ggf. Übertragung von guten Ansätzen

in die Breite.

• Zusätzliche Unterstützung von Schulen mit hohem Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund, falls dies nötig ist, z. B.

durch Fortbildungen für alle Lehrkräfte.

• Verstärkte Einbindung der Eltern von Schülern mit Migrationshintergrund, z. B. durch Nutzung von in „FörMig" bewährten

Ansätzen.

Berufliche Bildung • Überlegungen, inwieweit spezifische Angebote für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die über keinen Berufsabschluss

verfügen, sinnvoll wären.

• Analyse der Vermittlungshemmnisse von arbeitslosen Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die über keinen Berufsab-

schluss verfügen, und Prüfung einer entsprechenden Förderung insbesondere in den Städten Chemnitz, Dresden und Leip-

zigggf. im Rahmen der neuen ESF-Förderperiode.

• Beibehaltung der gezielten Werbung von Ausbildungsplätzen bei Unternehmern mit Migrationshintergrund und Überlegun-

gen,erfolgreiche Ansätze aus bestehenden Modellprojekten in die Breite zu tragen.

• Überprüfung, inwieweit es sinnvoll wäre, in einer Neuauflage größerer z. B. ESF-finanzierter Förderprogramme einen ziel-

gruppenspezifischen Stützunterricht für Menschen zu etablieren, denen aufgrund ihrer mangelnden Sprachfertigkeiten sonst

eine Teilnahme am Programm verwehrt wäre.

• Überlegung, inwieweit die dritte Stufe der Konzeption zur Integration von Migranten auch zu einem ergänzenden Unterricht in

Englisch genutzt werden könnte, wo dieses für die Ausbildung notwendig ist.

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Integration in

Arbeit

• Verstärkter Rückgriff auf die verfügbaren Bundesmittel für eine Förderung der Arbeitsmarktintegration von Migranten, z. B.

das ESF-BAMF-Programm sowie Verbundprojekte, auch durch die Bereitstellung von Informationen über bestehende Pro-

gramme des Bundes und deren Förderkonditionen.

• Überprüfung bei neu konzipierten Programmen, ob für Personen mit Migrationshintergrund eine Sonderförderung integriert

werden sollte, um diesen die gleichberechtigte Teilnahme zu ermöglichen, z. B. durch vorangehenden Sprachaufbau oder

gezielten Stützunterricht.

• Überlegung bei landesweiten Programmen, inwieweit in größeren Städten nicht spezifische Kurse für Personen mit Migrati-

onshintergrund eingerichtet werden können, z. B. im Bereich der Existenzgründungsberatung für Personen mit Migrations-

hintergrund. Alternativ: Überlegung, welche weiteren Möglichkeiten es gibt, eine spezifische, auf die speziellen Bedürfnisse

von' Personen mit Migrationshintergrund ausgerichtete Existenzgründungsförderung zu ermöglichen.

• Bei einer Weiterführung des speziell auf Personen mit Migrationshintergrund ausgerichteten QSA-Programms sollte eine

Ausrichtung an den Ergebnissen der laufenden Evaluation stattfinden.

• Weitere Verbesserung der Transparenz über Anerkennungsmöglichkeiten und die hierfür zuständigen Stellen sowie ggf.

Überprüfung der bestehenden Informationsangebote, auf die zurückgegriffen werden kann, wie „amt24.sachsen.de" oder

„anabin.de", auf ihre „Barrierefreiheit" für Personen mit Migrationshintergrund.

• Gezielte Vermittlung der entsprechenden Informationen an MEB und ]MD, damit diese ihre Kunden besser beraten können.

• Überprüfung, inwieweit eine Schulung von Fallmanagern, die Kontakt zu arbeitslosen Personen mit Migrationshintergrund

haben, förderlich sein könnte, um deren interkulturelle Kompetenz sowie die Wahrnehmung der Potenziale von Personen mit

Migrationshintergrund zu stärken sowie ggf. Überprüfung des Profilings in den ARGEn / Optionskommunen auf ihre Tragfä-

higkeit für Personen mit Migrationshintergrund.

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Sprachliche

Integration

• Ermöglichung eines flächendeckenden Angebots an Integrationskursen, die zeitnah nach Ausstellung der Teilnahmebe-

rechtigung beginnen auch in ländlichen Regionen, z. B. durch kontinuierlichen Austausch mit den Regionalkoordinatoren des

BAMF und in Abstimmung mit diesen steuerndes Eingreifen, wenn deutlich wird, dass z. B. wegen Konkurrenz zwischen

Trägern Kurse nicht zustande kommen.

• Prüfung der Etablierung eines flexiblen Angebots an Kurszeiten (z. B. am Wochenende), um auch Selbstständigen die

Teilnahme zu ermöglichen, z. B. durch Erprobung der Inanspruchnahme und des Erfolgs solcher Kurse im Rahmen eines

Pilotversuches.

Gesundheitliche

Integration

• Unterstützung der Überlegungen, auf Basis der entsprechenden Evaluation, den Gesundheitswegweiser aus Leipzig ziel-

gruppenspezifisch in die Breite zu tragen, sowie in verschiedene Sprachen zu übersetzen.

• Prüfung der Ausweitung von bewährten Ansätzen, wie des Gemeindedolmetscherdiensts, insbesondere in den Kreisfreien

Städten.

Integration von

Frauen und Mäd-

chen

• Weiterführung der Maßnahmen, die bereits im Themenfeld der Zwangsheirat angestoßen wurden, sowie weitere Verfolgung

des Themas der häuslichen Gewalt. Entsprechende Information von Mitarbeitern der Regeldienste, bei denen Frauen mit

Migrationshintergrund vorstellig werden und ggf. Angebot von Schulungen zu frauenspezifischen Problemlagen.

• Aktive Einbeziehung von MEB und JMD und zur Verfügungstellung aller notwendigen Informationen über Frauenbera-

tungsstelllen.

• Verstärkte Ansprache und Einbeziehung von Müttern mit Migrationshintergrund in Kindertageseinrichtungen und Schulen.

• Prüfung, ob in Gebieten mit hohem Migrantenanteil eine zielgruppenspezifische Sprachförderung wie z. B. „Mama lernt

Deutsch" etabliert werden soll. Parallel hierzu gemeinsame Prüfung mit dem BAMF, inwieweit Möglichkeiten bestehen, die

Frauenintegrationskurse auszuweiten.

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Ältere Personen

mit Migrationshin-

tergrund

• Ausweitung des Angebots an Schulungen zur interkulturellen Kompetenz in der Seniorenarbeit und Pflege, insbesondere für

die Mitarbeiter der entsprechenden Regeldienste (und in den größeren Städten).

• Entwicklung von Informationsmaterialien sowohl für ältere Personen mit Migrationshintergrund als auch für Pflege- und Se-

nioreneinrichtungen, die analog zum Gesundheitswegweiser über das deutsche Rentensystem und die Pflegeversicherung

informieren.

• Verstärkte Überprüfung, inwieweit Betreuung und Pflege von älteren Personen mit Migrationshintergrund auch ein Hand-

lungsfeld für die Beschäftigung von arbeitslosen Personen mit Migrationshintergrund sein könnte. Berücksichtigung der

Ergebnisse aus der QSA-Evaluation.

Einbindung in das

Leben vor Ort

• Überprüfung der Möglichkeit zur Schaffung eines Quartiersmanagements für sozial benachteiligte Gebiete und Stärkung der

Zusammenarbeit der Akteure vor Ort (im Quartier), z. B. durch Nutzung der Möglichkeiten des Programms „Soziale Stadt".

• Stärkere Nutzung von bestehenden Fördermöglichkeiten, z. B. VwV StBauförderung, „Lokale Bündnisse für Familie" oder

Aktionsprogramm „Mehrgenerationenhäuser", für Personen mit Migrationshintergrund bzw. das Zusammenkommen von

Personen mit und ohne Migrationshintergrund.

• Schaffung von Transparenz über entsprechende Möglichkeiten für die Akteure vor Ort, z. B. durch Bündelung der relevan-

tenInformationen durch das für Integration zuständige Referat im SMS und Weitergabe dieser Informationen an die kom-

munalen Ausländerbeauftragten oder andere zuständige Stellen in den Kommunen, die dann als Multiplikatoren vor Ort

wirken können.

Unterstützung

von lokalen

• Prüfung, inwieweit eine Unterstützung von regionalen Koordinierungsstellen bzw. -funktionen sinnvoll sein kann, um einen

kontinuierlichen Austausch zu gewährleisten und bestehende Angebote besser aufeinander abzustimmen.

Netzwerken • Nachdenken über die Förderung der Vernetzung und Partizipation von Migrantenorganisationen.

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Bürgerschaftliches

Engagement

• Gezielte Ansprache und Einbezug von Personen mit Migrationshintergrund durch die vorhandenen Programme und För-

derung einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Migrationsfachdienste können hier eine Mittlerfunktion zwischen Pro-

grammleitung und Personen mit Migrationshintergrund einnehmen und über die Aktivitäten informieren

• Stärkere Anerkennung der Arbeit von Migrantenselbstorganisationen, wie dieses durch den Integrationspreis bereits an-

gedacht ist.

• Ausbau des interkulturellen Dialogs zwischen Vereinen (mit und ohne Migrationshintergrund), z. B. durch gemeinsame

Sportt- oder Kulturfeste.

Interkulturelle

Öffnung der

Verwaltung

• Erstellung einer Definition der konkreten Schritte und eine entsprechende Zeitplanung zur interkulturellen Öffnung der

Verwaltung sowie kontinuierliche Verfolgung des Stands der Umsetzung.

• Ermittlung des eigenen Bedarfs in jedem Ressort, z. B. durch Heranziehen des Wissens der jeweiligen Referats- oder Be-

reichsleiter oder Befragung der Mitarbeiter selbst.

• Einbeziehung der Kommunen in die Strategie zur interkulturellen Öffnung, insbesondere in den größeren Städten, und hier

vor allem solche kommunalen Beschäftigten, die während ihrer Arbeit mit Personen mit Migrationshintergrund zu tun haben,

z. B. in der Ausländerbehörde, bei der Polizei oder in den Schulen. Gezielte Ansprache dieser Beschäftigten und Werbung für

eine Schulung.

• Überprüfung, ob zur Erhöhung des Anteils von Personen mit Migrationshintergrund in der Verwaltung diese gezielt aufge-

forrdert werden sollten, sich zu bewerben, sowie Prüfung, ob Informationen über Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten in

der öffentlichen Verwaltung gezielt über Migrationsfachdienste oder Migrantenorganisationen an die Zielgruppe vermittelt

werden können.

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Stärkung der

Zivilgesellschaft

• Weitere Nutzung der bestehenden bundesweiten Förderprogramme zur Stärkung der Zivilgesellschaft und Vermittlung von

entsprechenden Informationen an alle potenziellen Projektträger.

• Stetige Fortführung der aktuell stattfindenden Überprüfung der Wirkung der geförderten Projekte sowie der Anpassung der

Handlungsansätze.

• Bewerbung aller sächsischen Kommunen als „Orte der Vielfalt", um ein deutliches Zeichen für die Anerkennung von Vielfalt

zu setzen.

• Aktive Förderung des interkulturellen Dialogs auf niedrigschwelliger Ebene und der Begegnung von Personen mit und ohne

Migrationshintergrund, z. B. durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten oder gezielte Nutzung der Strukturen aus anderen

Programmen, z. B. Mehrgenerationenhäuser.

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

8. Literaturverzeichnis

8.1 Literatur Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen (2008): Jahrestätigkeitsbe-richt 2007; Dresden. Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen (2006): Jahrestätigkeitsbe-richt 2006; Dresden. Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen (2006): Starthilfe für Mi-grantinnen und Migranten - Hilfe in verschiedenen Lebenslagen; Dresden. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (2008): Aktion Integration. Zehn-Punkte-Programm - Integrations-richtlinien - Integrationskonzept der Bayerischen Staatsregierung zur In-tegration von Menschen mit Migrationshintergrund; München. Berger, A. (2007): Integration und Antidiskriminierungsarbeit in den neuen Bundesländern, in: Weiss, K. & Kindelberger, H. (Hrsg.): Zuwanderung und Integration in den neuen Bundesländern - Zwischen Transferexistenz und Bildungserfolg, S. 167-183; Freiburg: Lambertus. Berger, A. (2005): Nach der Wende: Die Bleiberechtsregelung und der Ü-bergang in das vereinte Deutschland, in: Weiss, K. & Dennis, M. (Hrsg.): Erfolg in der Nische? Die Vietnamesen in der DDR und in Ostdeutschland. Studien zu Migration und Minderheiten, Band 13, S. 69-74; Münster: LIT Verlag. Bertelsmann Stiftung (2007): Länderanalyse Sachsen. Ein Baustein aus dem Demographiemonitor. [URL: http://www.aktion2050.de/demographiemonitor] Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (2007a): 7. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland; Berlin. Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (2007b): Gesundheit und Integration: Ein Handbuch für Modelle guter Praxis; Berlin. Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (2004): Daten - Fakten - Trends. Einbürgerung.

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

Buchheit, K. P. (2005): Neue Heimat — Fremdes Land. Über Russland-deutsche und Integration; Fachvortrag. [URL: http://www.neue-heimat.org/de/dokumente/files/tagung_09_05.pdf] Bundesministerium des Innern (2007): Polizeiliche Kriminalstatistik 2006. Berlin. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2007): Projektjahrbuch 2007 - Potenziale nutzen, Integration fördern; Nürnberg. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2006): Projektatlas 2006; Nürn-berg. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2005): Migrationsbericht 2005; Nürnberg. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005): Frei-williges Engagement in Deutschland 1999-2004; München. Bundesregierung (2007): Der Nationale Integrationsplan. Neue Wege — Neue Chancen; Berlin. Christlich Demokratische Union Deutschland, Landesverband Sachsen & Sozialdemokratische Partei Deutschland, Landesverband Sachsen (o. J.): Vereinbarung zwischen der Christlich Demokratischen Union Deutschlands, Landesverband Sachsen und der Sozialdemokratischen Partei Deutsch-lands, Landesverband Sachsen über die Bildung der Staatsregierung für die 4. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages. [URL: www.sachsen.de/de/bf/hochwasser/programme/download/Koalitionsv ereinbarung.pdf] Dennis, M. (2005): Die vietnamesischen Vertragsarbeiter und Vertragsar-beiterinnen in der DDR, 1980-1989, in: Weiss, K. & Dennis, M. (Hrsg.): Erfolg in der Nische? Die Vietnamesen in der DDR und in Ostdeutschland; Studien zu Migration und Minderheiten, Band 13, S. 15-50; Münster: LIT Verlag. Drucksache (Drs.) 4/4142 (2006): Ergänzung und Konkretisierung des Bundesprogramms zur Förderung der Integration von Migranten. Dr. Harald Preusker, Sächsisches Staatsministerium der Justiz: Vortrag zum Thema Straftäter mit Migrationshintergrund. Gehalten auf der Sitzung des Kuratoriums für ein weltoffenes Sachsen, am 4. August 2007 Elsner, E.-M. & Elsner, L. (1992): Ausländer und Ausländerpolitik in der DDR, in: Hefte zur DDR-Geschichte, Nr. 2, S. 16-18. 161

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

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Sächsisches Staatsministerium für Soziales (2006): Der Sächsische Bil-dungsplan - Ein Leitfaden für pädagogische Fachkräfte in Kinderkrippen und Kindergärten; Dresden. Sächsisches Staatsministerium für Soziales & Institut für Marktforschung Leipzig (2006): Jugend 2005 in Sachsen; Dresden. Sächsisches Amtsblatt mit Amtlichem Anzeiger (SächsABl) (2008) S. 18: Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit über die Förderung von aus dem Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten Vorhaben für mehr Arbeit, mehr Selbstständigkeit und mehr Beschäfti-gungsfähigkeit (ESF-Richtlinie Beschäftigungsförderung). Sächsisches Amtsblatt mit Amtlichem Anzeiger (SächsABl) (2007) S. 1199: Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit und des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur` Förderung von aus dem Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten Projekten der beruflichen Bildung und Fachkräfteentwicklung (ESF-Richtlinie Berufli-che Bildung). Sächsisches Amtsblatt mit Amtlichem Anzeiger (SächsABl) (2007) S. 1095: Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und des Säch-sischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Förderung von aus dem Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten Vorhaben der För-derperiode 2007-2013. Sächsisches Amtsblatt Sonderdruck (SächsABI.SDr.) Nr. 1/2003, S. 2: Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Vorbereitung, Durchführung und Förderung von Maßnahmen der Städ-tebaulichen Erneuerung im Freistaat Sachsen (VwV-StBauE) vom 29. No-vember 2002. Sächsisches Amtsblatt mit Amtlichem Anzeiger (SächsAbl) (2002) S. 297: Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Förderung der Eingliederung von Spätaussiedlern vom 25. Januar 2002. Stadt Leipzig (2006a): Die Integration der Migranten in Leipzig als Quer-schnittsaufgabe. Bericht des Referats Ausländerbeauftragter. [URL: http://www.migration-boell.de/downloads/integration/Leipzig_Integrationskonzept. pdf] Stadt Leipzig (2006b): Fachplan „Förderung von Kindern in Kindertagesein-richtungen und Kindertagespflege in Leipzig". 165

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

8.2 Statistiken

Ausländerzentralregister [AZR]:

• Aufhältige aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG sind, nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter;

• Aufhältige Ausländer mit offenem Asylverfahren nach Ausländer-behörde, Geschlecht und Alter; Aufhältige Ausländer nach Auslän-derbehörde, Geschlecht und Alter;

• Aufhältige EU-Bürger nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter; • Aufhältige im Besitz einer Niederlassungserlaubnis zum Zweck der

Ausbildung, Erwerbstätigkeit oder aus familiären Gründen nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter;

• Aufhältige im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Er-werbstätigkeit nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter;

• Aufhältige im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Aus-bildung nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter;

• Aufhältige im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen nach Ausländerbehörde, Geschlecht und Alter;

• Ausländer mit einem aufenthaltsrechtlichen Status zum Zwecke des Asylverfahrens und für den Aufenthalt aus völkerrechtlichen, huma-nitären oder politischen Gründen im Freistaat Sachsen.

Bundesagentur für Arbeit [BA]: • Analyse des Arbeitsmarkts für Ausländer Januar 2008 mit den Er-

werbsquoten von 1991 bis 2006 • Bestand Arbeitslose nach ausgewählten Merkmalen

Regierungspräsidium Chemnitz: • Monatliche Zugänge von Spätaussiedlern • Unterbringung von Spätaussiedlern • Altersstruktur der Spätaussiedler in Sachsen, unterteilt nach Ge-

schlecht • Verteilung der Spätaussiedler nach §§ 4, 7 Abs 2 und 8 Abs 2 BVFG

auf die Landkreise

Statistisches Bundesamt: • Gebiet und Bevölkerung • Bevölkerung Sachsen

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

• Auswirkungen der Bereinigung des Ausländerzentralregisters auf die

amtliche Ausländerstatistik

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen:

• Allgemeinbildende Schulen im Freistaat Sachsen, 2007

• Asylbewerber-Regelleistungsempfänger am 31. Dezember 2006

nach Wohnkreis und ausgewählten Merkmalen

• Ausländische Mitbürger in Sachsen

• Auszubildende im Freistaat Sachsen (Ergebnisse der Berufsbil-

dungsstatistik), 2006

• Einbürgerungen im Freistaates Sachsen, 2006

• Kindertagesbetreuung im Freistaat Sachsen, 2007

• Räumliche Bevölkerungsbewegung im Freistaat Sachsen, 2. Quartal

2007

• Sozialhilfe im Freistaat Sachsen, 2005

• Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Freistaat Sachsen am

31. Dezember 1997 bis 2006

• Studierende an den Hochschulen im Freistaat Sachsen - Winterse-

mester, 2006

• Z uwanderung nach Sachsen 1990 bis 2002

8.3 Sonstige Akteure und Programme

http://www.auslaenderrat.de/index.html http://www. bamf.de

http://www.blk-foermig.uni-hamburg.de

http://www.bmi.bund.de/nn_759128/Internet/Content/Themen/Integration/

DatenUndFakten/Integration_foerdern.html

http://www. bmi.bund.de/cln_012/nn_898266/Internet/Content/Themen/Aussiedler

beauftragter/Pressemitteilungen_nur_BA_Seite/2005_Spaetaussiedlerzuzug.html

http://cros.drksachsen.de/1126,,, 2. html http://www.convectus.de/gdd.html

http://www.diakoniesachsen.de/arbeitsbereiche/migration/startseite_54.htm

http://www.dicvdresden-meissen.caritas.de/3541.html

http://www.foermig-hh.de/web/de/all/home/index.html

http://www.fremdenfreundlichkeit-sachsen.de http://www.gesunde.sachsen.de

http://www.exis.de

168

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

http://www. integ ration-durch-sport.de http://www.integration-in-deutschland.de

http://www.jugendmigrationsdienste.de

http://www.jugewww.gesunde.sachsen.de/Indmigrationsdienste.de

http://www.juraforum.de/lexikon/Anerkennung%20von%20Berufsqualifikationen

http://www.kindertagesbetreuung.de/K1550.html http://www. kompetent-fuer-

demokratie.de

http://www.leipziger-osten.de http://www.lesen-in-deutschland.de/html/index.php

http://www.los-online.de/content/index_ger.html

http: //www. los-online.de/content/e14/e42 1/i ndex_ger. htm http://www.

neue-heimat.org/de/integrationsnetzwerk.html http://www.obs-ev.de

http://www.sab.sachsen.de/servlet/PB/show/1038325_11/BK_Qualifizierung_

fuer_arbeitslose_Spaetaussiedler. pdf

http://www.slfs.sachsen.de/Ija/modellprojekte/pdf/Ija_ausschr_sprache_07. pdf

http://www.smwa.sachsen.de

http://www.sn.schule.de

http://www.sozialestadt.de

http://www.sport-fuer-sachsen.de

http://www.sprache-foerdern-sachsen.de

http://www.start.ghst.de

http://www.stiftunglesen.de http://www.stiftung-mercator.de/cros/front_content.php

http://www.tauris-stiftung.de

http://www.tolerantes-sachsen.de/index. php4

http ://www.vielfalt-tut-gut.de

http://www.sprache-foerdern-sachsen.de

http://www.wir-fuer-sachsen.de

http://www. xenos-de. de

http://www.zweite-

chance.eu/content/programm/esf_modellprogramm/index_ger.html

8.4 Betrachtete Gesetzes- und Verordnungstexte

Neben den oben aufgeführten Quellen und Dokumenten wurden die fol-

genden Gesetzes- und Verordnungstexte analysiert:

Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Staatsministerien vom 18.02.2008

(SächsGVBI. S. 232)

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Asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union i. d. F. d. Bek. vom 19.08.2007. Asylverfahrensgesetz i. d. F. d. Bek. vom 27. Juli 1993, zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. August 2007. Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen i. d. F. d. Bek. 11. Juni 2005. Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) i. d. F. d. Bek. vom 1. Januar 2005. Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bun-desvertriebenengesetz - BVFG)i. d. F. d. Bek. vom 14. März 2005. Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (Wohnortzuweisungsgesetz - WoluG) i. d. F. d. Bek. vom 10. August 2005. Gesetz über Kindertageseinrichtungen (SächsKitaG) i. d. F. d. Bek. vom 27. November 2001. Integrationskursverordnung i. d. F. d. Bek. vom 13. Dezember 2004. Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen i. d. F. d.-Bek. vom 07. No-vember 2007. Richtlinie 2005/36/EG des europäischen Parlaments und des Rats vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Schulgesetz für den Freistaat Sachsen i. d. F. d. Bek. vom 16. Juli 2004. Sozialgesetzbuch (SGB), Zweites Buch (II), Grundsicherung für Arbeitssu-chende i. d. F. d. Bek. vom 20. Juli 2006. Sozialgesetzbuch (SGB), Drittes Buch (III), Arbeitsförderung i. d. F. d. Bek. vom 14. August 2006. Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverfah-rensverordnung - BeschVerfV) i. d. F. d. Bek. vom 22. November 2004. 170

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9. Anhang Integrationsförderung durch Aktivitäten des Bundes Gesetzliche Regelangebote Integrationskurse Zentraler Baustein der Integrationsförderung des Bundes sind die Integra-tionskurse, die seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2005 bundesweit bestehen. Ziel der Integrationskurse ist die Förderung der Integration von Personen mit Migrationshintergrund im Sinne gesellschaft-licher Teilhabe und Chancengleichheit. Grundlagen hierfür bilden der Er-werb ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache und die Vermittlung von Alltagswissen, sowie von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte in Deutschland.241 Im Jahr 2006 wurden diese Kurse von Rambøll Management evaluiert und in einem Gutachten verschiedene Anregungen zur Weiterentwicklung der Kurse gegeben.242 Im November 2007 wurden verschiedene Änderungen bei der Integrationskursverordnung beschlossen. Zentrale Elemente in diesem Zusammenhang sind die Auf-stockung des Stundenkontingents der Sprachkurse von 600 auf bis zu 900 Stunden für die Zielgruppen Jugendliche, Frauen und Analphabeten, sowie die Erhöhung der Stundenzahl für den Alphabetisierungskurs von 30 Stun-den auf 45 Stunden.243 Migrationserstberatung Ein weiteres Angebot des Bundes stellt die Migrationserstberatung (MEB) dar, die den Integrationsprozess von neu ankommenden Personen mit Migrationshintergrund initiieren, steuern und begleiten soll. Ziele, Zielgrup-pen, Aufgaben und Finanzierung der MEB werden dabei in der durch BMI und BAMF im Jahr 2004 entwickelte „Neukonzeption der Migrationsbera-tung244 festgelegt, gesetzliche Grundlage ist das Aufenthaltsgesetz (§ 45 Abs. 1). Träger sind die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Ziele der MEB sind dabei, die Personen mit Migrationshintergrund zeitnah zu selbstständigem Handeln in allen Bereichen des täglichen Lebens zu befähi- ______________________________ 241 Zur näheren Erläuterung des Kurssystems, der finanziellen Rahmenbedin-gungen, der Zuständigkeiten vgl.: http: //www.bamf.de/cln_006/nn_442232/DE/Integration/Integrationskurse/ integrationskurse-node.html?_nnn=true 242 Ramboll Management 2006. 243 http://www.bmi.bund.de/cln_028/nn_122688/Internet/Content/Themen/Integration/ DatenUndFakten/IntegrationskursVO.html. Unter bestimmten Umständen kann die Stundenzahl sogar auf bis zu 1200 Stunden aufgestockt werden. 244 http://www.integration-in-deutsch-land.de/cln_011/nn_283418/SharedDocs/Anlagen/DE/ Integration/Downloads/Migrationserstberatung/meb-konzept-d-ip,templateId=raw,property =publicationFile.pdf/mebkonzept-d-ip.pdf 171

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gen und sie an das Beratungsangebot der sogenannten Regeldienste her-anzuführen. Diese Begleitung soll zeitlich befristet maximal die ersten drei Jahre nach der Einreise der Personen mit Migrationshintergrund stattfinden. Ein wichtiges Aufgabenfeld der MEB stellt zudem die Ergänzung des In-tegrationskurses dar, wo dieses notwendig und sinnvoll ist. Erwachsene Personen mit Migrationshintergrund können ihr Beratungsangebot vor, während und nach dem Kurs nutzen. Jugendmigrationsdienste Neben der Migrationserstberatung gibt es für Jugendliche und junge Er-wachsene unter 27 Jahren spezielle Jugendmigrationsdienste (JMD), die ähnliche Ziele verfolgen, wie die MEB.245 Ein Fokus ihrer Arbeit liegt dabei auf der individuellen Begleitung der nicht mehr vollzeitschulpflichtigen jun-gen Personen mit Migrationshintergrund, einschließlich der nicht mehr vollzeitschulpflichtigen Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer im Wege des Case Managements vor, während und nach den Integrationskursen. Weitere Maßnahmen Integrations- und Verbundprojekte des BAMF Neben den eben genannten gesetzlichen Regelangeboten gibt es eine Reihe von weiteren Maßnahmen auf Bundesebene, die sich entsprechend auch in Sachsen finden lassen. Dazu gehören zunächst die Integrations- sowie die Verbundprojekte des BAMF, die zur sozialen und gesellschaftli-chen Integration von Personen mit Migrationshintergrund beitragen sollen, u. a. indem sie den durch die Regelangebote (insb. die Integrationskurse) angestoßenen Integrationsprozess durch entsprechende bedarfsgerechte und zielgruppenorientierte Maßnahmen fortführen.246 Otto Benecke Stiftung e. V. Die vom Bund getragene Otto Benecke Stiftung e. V. verfügt über ein bun-desweites Netz von Beratungsstellen für Personen mit Migrationshinter- grund, führt dort entsprechende Beratung zu Fragen der schulischen und be- ruflichen Integration durch und bietet gemeinsam mit Kooperationspartnern verschiedene Maßnahmen zur Schaffung der Voraussetzungen zur Aufnah- me eines Hochschulstudiums bzw. zum Einstieg in den akademischen Beruf an.247 Zwei zentrale Angebote in diesem Zusammenhang sind zum einen das Förderprogramm „Garantiefonds-Hochschulbereich" und zum anderen das Akademikerprogramm (AKP). Der Garantiefonds-Hochschulbereich richtet sich an junge Personen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland die Hochschulreife erwerben wollen, sich auf ein Hochschulstu dium vor-bereiten und eine akademische Laufbahn anstreben. Im Rahmen des AKP werden Personen mit Migrationshintergrund mit einem akademischen _______________________ 245 http://www.jugendmigrationsdienste.de 246 http://www.bamf.de 247 http://www.obs-ev.de 172

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Abschluss, die älter als 30 und jünger als 50 Jahre sind, gefördert. EXIS Europa e. V. Der in Dresden, Zwickau und Leipzig tätige EXIS Europa e. V. richtet sich sowohl an gründungsinteressierte Personen und Existenzgründer als auch an Unternehmer und bietet diesen verschiedene Beratungs- und Betreu-ungsangebote rund um die Themenfelder Existenzgründung, Unterneh-mensplanung, Unternehmensentwicklung sowie Existenzsicherung.248 Eine spezielle Zielgruppe stellen in diesem Zusammenhang Personen mit Migra-tionshintergrund dar, die unter anderem im Rahmen der EqualEnt-wicklungspartnerschaft „InBeZ Rhein-Saar-Elbe"249 angesprochen werden sollten. Integration durch Sport Das Bundesprogramm „Integration durch Sport" ist ein Programm des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), die Umsetzung erfolgt ei-genverantwortlich durch die Landessportbünde in den verschiedenen Bun-desländern. Das zentrale Ziel des Programms ist die gesellschaftliche Ein-gliederung der Spätaussiedler und ihrer Familienangehörigen sowie der ausländischen Zuwanderer.250 Im Rahmen der lokal durchgeführten Ange-bote soll das Näherkommen der unterschiedlichen Zuwanderergruppen sowie der Aufnahmegesellschaft gefördert, Vorurteile abgebaut und Sprachbarrieren überwunden werden. Soziale Stadt Um der zunehmenden sozialen und räumlichen Segregation in den Städten entgegenzuwirken, wurde im Jahr 1999 das Programm „Stadtteile mit be-sonderem Entwicklungsbedarf — Die Soziale Stadt" als Städtebauförder-programm des Bundes und der Länder aufgelegt, das inzwischen 474 Pro-jekte und Initiativen in 285 deutschen Städten und Gemeinden fördert.251 Bei den geförderten Maßnahmen handelt es sich um Maßnahmen zur Stabili-sierung und Aufwertung von Gebieten, die aufgrund der Zusammensetzung und wirtschaftlichen Situation der darin lebenden und arbeitenden Men-schen erheblich benachteiligt sind. Im Programm werden prioritär Gebiete gefördert, die aufgrund sozialer Segregation vom sozialen Abstieg bedroht sind. Dabei handelt es sich zumeist um (noch) einwohnerstarke Stadtteile, die im Hinblick auf die Sozialstruktur, baulichen Bestand, Arbeitsplatzan-gebot, Ausbildungsniveau, Ausstattung mit sozialer und stadtteilkultureller Infrastruktur sowie die Qualität von Wohnungen, des Wohnumfeld und der natürlichen Umwelt erhebliche Defizite aufweisen. Die Handlungsfelder des Programms ____________________________ 248 http://www.exis.de 249 http://www.inbez.de 250 http://www.integration-durch-sport.de 251 http://www.sozialestadt.de/programm 173

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umfassen dabei u. a. die Bereiche Quartiersmanagement, Aktivierung und Beteiligung, sowie integrierte Entwicklungs- bzw. Handlungskonzepte. Zusätzlich werden seit dem Programmjahr 2006 in den bestehenden För-dergebieten Modellvorhaben gefördert. Der Programmteil Modellvorhaben soll dazu dienen, begleitend zum regulären Programm „Die soziale Stadt" die Integration der Bewohner im Stadtteil, insbesondere die Entwicklungs-chancen von Kindern und Jugendlichen, zu verbessern und damit zur sozi-alen Stabilisierung des Quartiers beitragen. Die Bewohner sollen zur aktiven Teilnahme am städtischen Leben und bürgerlichem Engagement vor Ort angeregt werden. Gefördert werden unter anderem Patenschaftprojekte, Vorhaben zur Verbesserung von Schul- und Bildungsabschlüssen und Freizeitbetreuung von Jugendlichen. Eine Verstetigung der Projekte über die Dauer der Förderung hinaus und die Entwicklung zu tragfähigen Partner-schaften zwischen verschiedenen Akteuren werden angestrebt. Insofern ist die Förderung der Modellvorhaben zur Anschubfinanzierung für sich lang-fristig selbsttragende Projekte gedacht. Programme zur Stärkung der Zivilgesellschaft Neben den bisher aufgeführten Programmen, die insbesondere auf die so-ziale, berufliche, gesellschaftliche und sprachliche Integration von Personen mit Migrationshintergrund zielen, gibt es auch verschiedene Programme, die sich an die Aufnahmegesellschaft wenden und hier die Stärkung der Zivil-gesellschaft und eines demokratischen Bewusstseins, sowie den Abbau von Vorurteilen sowie rechtsextremistischen oder rassistischen Einstellungen zum Ziel haben. In diesem Zusammenhang ist zunächst das Programm „XENOS - Integration und Vielfalt" zu nennen, dass als Nachfolger des ausgelaufenen Programms „XENOS — Leben und Arbeiten in Vielfalt" seit Anfang diesen Jahres implementiert wurde.252 Darüber hinaus gibt es bereits seit dem Jahr 2007 die Bundesprogramme „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie"253 sowie „Kompetent für Demokratie — Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus".254 ________________________ 252 http://www.xenos-de.de 253 http://www.vielfalt-tut-gut.de 254 http://www.kompetent-fuer-demokratie.de 174

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Integrationsförderung durch Aktivitäten der Ressort s der Staatsre-gierung Förderung in Kindertageseinrichtungen Interkulturelle Erziehung Die Ziele und Aufgaben der Kindertageseinrichtungen im Freistaat Sachsen werden in § 2 Abs. 2 des Sächsischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (SächsKitaG) festgehalten. Im Fokus stehen hier der Erwerb und der Förderung sozialer Kompetenzen wie Selbstständigkeit, Verantwortungsbereitschaft oder der Toleranz und Akzeptanz gegenüber anderen Menschen, Kulturen und Lebensweisen. Grundlage für die Gestaltung der pädagogischen Arbeit in den Kinderta-geseinrichtungen und in der Kindertagespflege bildet der Sächsische Bil-dungsplan.255 In verschiedenen Handlungsbereichen Bildungsbereichen, insbesondere bei der „Sozialen Bildung" und der „Kommunikativen Bildung", wird hier auch auf die interkulturelle Erziehung eingegangen. So wird im Bildungsbereich „Soziale Bildung" auf die frühzeitige Auseinandersetzung der Kinder mit Differenzerfahrungen, z. B. in Bezug auf Kultur, Geschlecht oder andere Hautfarbe, hingewirkt. Innerhalb des Bildungsbereichs „Kom-munikative Bildung" liegt ein Schwerpunkt auf dem Bereich der Sprache, als Voraussetzung für Bildung und Kernelement einer gelungenen Integration. Der Sprachförderung schon vor dem Eintritt in die Schule kommt somit ein besonderer Stellenwert zu. Auf der anderen Seite werden hier auch die Anforderungen an die pädago-gischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen beschrieben. Zur För-derung des interkulturellen Verständnisses ist es wichtig, dass sich die pä-dagogischen Fachkräfte entsprechendes Wissen um die persönliche Prä-gung der Zuwandererkinder, z. B. Kultur, Tradition, Religion, aneignen, um den Herausforderungen in der Bildungs- und Erziehungsarbeit besser be-gegnen zu können. Dieses gilt auch für die Einbeziehung der Eltern der Kinder in die Arbeit der Kinder. Sprachliche Förderung in Kindertageseinrichtungen Als Reaktion auf die Zunahme von Störungen der Sprachentwicklung bei Kindern im Vorschulalter und der hier gesehenen Notwendigkeit einer bes-seren Unterstützung der Sprachförderung von Kindern führt das SMS ver-schiedene Maßnahmen durch, die sich auch an Kinder mit Migrationshin-tergrund richten. ___________________________ 255 Sächsisches Staatsministerium für Soziales 2006. 175

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Das Programm „Leselust im Freistaat Sachsen " ist eine Leseförde-rungskampagne des SMK in Kooperation mit der Stiftung Lesen und dem Sozialministerium. Im Rahmen des Projekts wurden im Jahr 2003 alle 885 Grundschulen sowie 180 (Modell-) Kindergärten Sachsens mit Buchpaketen, Handreichungen für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte, aktuellen Leselisten und dem Elternratgeber „Die besten Medien für ihr Kind" aus-gestattet. Auch werden Informationsveranstaltungen und Seminare für Lehrer, pädagogische Fachkräfte und Vorlesepaten angeboten.256 Seit dem Jahr 2006 gibt es im Freistaat Sachsen darüber hinaus die Initiative „Lesestart — mit Büchern wachsen " der Stiftung Lesen, des SMS, des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie des Ravensburger Buchverlags.257 Im Rahmen dieser Initiative wer-den sogenannte „Lesestart-Pakete" an Eltern von einjährigen Kindern im Freistaat Sachsen ausgegeben. Jedes Lesestart-Paket enthält dabei neben Informationen über die Sprach- und Leseentwicklung und die Relevanz und die Möglichkeiten einer frühkindlichen Leseförderung von Kindern auch al-tersgerechte Bücher und Buchempfehlungen für Kleinkinder. Seit einigen Jahren führt das Sächsische Landesjugendamt Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen zur Bedeutung der Sprachentwicklung von Kindern bis zum sechsten Lebensjahr durch. In diesem Kontext wurde im Jahr 2005 u. a. eine Fachtagung „Kinder sprechen viele Sprachen — Der Weg zur Zweisprachigkeit in Kindertageseinrichtun-gen" veranstaltet. Ein Ziel des Landesprogramms „Gesund aufwachsen " ist die Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten von Kindern im Vorschulalter sowie die Sen-sibilisierung von Eltern und pädagogischen Fachkräften für eine altersge-rechte Sprachentwicklung.258 Das in diesem Zusammenhang 2004 durch das SMS veröffentlichte und allen Kindertageseinrichtungen zur Verfügung gestellte Handbuch „Sprechen wir gleich richtig ...!? — Sprachliche Ent-wicklung von Kindern bis zum Schuleintritt" soll dabei pädagogischen Fachkräften Hilfestellungen zur Sprachförderung im vorschulischen Bereich geben, die auch für Kinder mit Migrationshintergrund von Bedeutung sind. Darüber hinaus fand im März 2007 der „1. Sächsische Tag der Sprache" unter dem Motto „Sprache fördern — Kinder stärken" in Dresden statt. Der „2. Sächsische Tag der Sprache" soll im Oktober 2008 zum Thema „Sprach-förderung bei Kindern mit Migrationshintergrund" stattfinden. Seit dem Jahr 2007 läuft das Modellprojekt „SPRACHE FÖRDERN",259 in dessen Rahmen vorliegende Materialien zur Sprachförderung der Kinder in _____________________________ 256 http://www.Iesen-in-deutschland.de/html/content. php?object= materialien&Iid=23508 257 http://www.lesen-in-deutschland.de/html/content.php?object=journa1&lid=732 259 http://www.gesunde.sachsen.de/118.html 176

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Kindertageseinrichtungen angewendet, weiterentwickelt und modifiziert werden sollen. Ziel ist es dabei, schriftliche Handlungsanleitungen sowohl für die tägliche Arbeit mit den Kindern in den Tageseinrichtungen als auch unterschiedliche Methoden der Elternarbeit für Eltern von Kindern mit Sprachauffälligkeiten und von Kindern mit Migrationshintergrund zu erar-beiten und ein Fortbildungskonzept für pädagogische Fachkräfte in Kinder-tageseinrichtungen zu entwerfen. Als Modellstandorte wurden sechs Kin-dertageseinrichtungen von unterschiedlichen Trägern unter Berücksichti-gung der Kita-Kapazitäten und der Stadt/Landverteilung u. a. nach dem Kriterium „Besonderer Förderbedarf bei Kindern mit Sprachauffälligkeiten und bei Kindern mit Migrationshintergrund" ausgewählt. Schulische Integration Die Sächsische Konzeption zur Integration von Migranten Das Schulgesetz des Freistaates Sachsen (SchulG) schreibt eine chan-cengleiche Bildung und Erziehung für alle Schüler fest, wie vom Grundge-setz und der Verfassung des Freistaates Sachsen bestimmt. Um diese gleichen Bildungschancen in allen Schularten zu gewährleisten, gibt es seit dem Jahr 2000 „Die Sächsische Konzeption zur Integration von Migranten", eine spezielles Integrationskonzept für Kinder, Jugendliche und junge Er-wachsene mit Migrationshintergrund.260 Gemeinsam mit dem Lehrplan des SMK für das Fach Deutsch als Zweitsprache werden somit die Grundlagen für Einstiegsmöglichkeiten in das sächsische Schulsystem sowie für eine systematische und Schullaufbahn begleitende sprachliche Förderung unter Nutzung der Ressourcen der zwei- und mehrsprachigen Kinder gelegt. Im Rahmen der Umsetzung werden dabei verschiedene Angebote und Maßnahmen durchgeführt. Die besondere Schullaufbahnberatung durch die Schulaufsicht beinhaltet eine allgemeine und individuelle Beratung über Bildungsmöglichkeiten im Freistaat Sachsen und soll somit als Einstieg in eine begleitende professionelle Bildungsberatung dienen. Ausgehend von dem bisherigen Bildungsweg und Besonderheiten der erfolgten Schul- oder Berufsausbildung (z. B. die Fremdsprachenfolge) soll Beratung zur best-möglichen Schullaufbahnentscheidungen gegeben werden. Zur Unterstüt-zung der Schullaufbahnberatung wurden Informationsmaterialien in verschiedenen Herkunftssprachen erstellt. Auf dieser Basis werden die Schüler in eine sächsische Schule überstellt, wo sie zunächst eine sog. Vorbereitungsklasse bzw. Vorbereitungsgruppe be-suchen, die an Grundschulen, Mittelschulen und Beruflichen Schulzentren eingerichtet sind und sich möglichst in Wohnortnähe befinden sollten. Hier ________________________ 260 Die sächsische Konzeption zur Integration von Migranten" vom 01.08.2000 (MBI. SMK, S. 149). 177

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werden sie von speziell ausgebildeten Betreuungslehrern im Fach Deutsch als Zweitsprache unterrichtet. Die Integration in die Regelklasse erfolgt schrittweise in drei Etappen, die in Abhängigkeit von den individuellen Vor-kenntnissen, Lernfortschritten, Bildungswegen und Persönlichkeitsmerk-malen jedes Schülers zeitlich und inhaltlich variieren (können). Während in der ersten und zweiten Etappe der Unterricht im Fach Deutsch als Zweit-sprache Priorität hat, wird der Schüler mit Beginn der dritten Etappe in seiner Regelklasse nach dem jeweiligen Stundenplan unterrichtet und auch be-notet. Vorbereitungsklassen an beruflichen Schulzentren werden darüber hinaus mit berufspraktischen Aspekten versehen, die auf die Aufnahme ei-ner Berufsausbildung oder den Erwerb eines höheren Bildungsabschlusses (z. B. am Beruflichen Gymnasium oder der Fachoberschule) sprachlich vorbereiten sollen. Um die soziale Integration der Schüler in den Vorberei-tungsklassen zu fördern, nehmen sie frühzeitig an Klassenfahrten, Schul-wanderungen oder Projekttagen der künftigen Regelklasse teil. Verantwortlich für den Unterricht Deutsch als Zweitsprache in den Vorbe-reitungsklassen sind sogenannte „Betreuungslehrer “, zu deren Aufgaben auch die Begleitung und Betreuung des gesamten Integrationsprozess der Schüler gehört. Wichtig in diesem Zusammenhang ist neben Kompetenz und Engagement eine enge Zusammenarbeit mit allen an der Integration beteiligten Personen und Institutionen, auch außerhalb der Schule. Die In-formation, Beratung und Sensibilisierung von Schülern, Lehrern und Eltern fällt dabei ebenso in seinen Aufgabenbereich wie die Organisation und Ab-stimmung der gesamten außerschulischen Förderung. Um die Voraussetzung für eine systematische und Schullaufbahn beglei-tende sprachliche Förderung in allen Schularten zu gewährleisten, wird im Freistaat Sachsen Deutsch als Zweitsprache auf der Grundlage des im Jahr 2000 etablierten Lehrplans für Deutsch als Zweitsprache des SMK unterrichtet. Darüber hinaus kommt aber auch dem herkunftssprachlichen Unterricht im Prozess einer schulischen Integration eine wichtige Bedeu-tung zu. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass zweisprachiges Aufwachsen günstige Voraussetzungen für die geistige Entwicklung eines Kindes bietet und sprachübergreifende Kompetenzen und jeden weiteren Spracherwerb fördert. Daher gibt es für Schüler mit Migrationshintergrund herkunfts-sprachlichen Unterricht in verschiedenen Sprachen, der nachmittags an unterschiedlichen Schulstandorten im Umfang von zwei bis vier Wochen-stunden angeboten wird.261 Um sie in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen und weiter zu qualifizieren, steht für Betreuungslehrer an Grundschulen mit jedem Semesterbeginn als _______________________ 261 Angebotene Sprachen sind dabei Arabisch, Bulgarisch, Chinesisch, Italienisch, Koreanisch, Polnisch, Portugiesisch, Persisch, Russisch, Spanisch, Türkisch und Vietnamesisch. 178

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Qualifizierungsangebot der Zertifikatskurs Deutsch als Zweitsprache (zum Erwerb einer Unterrichtsgenehmigung) zur Verfügung, für die Betreuungs-lehrer der Mittelschulen und Beruflichen Schulzentren gibt es einen Weiter-bildungskurs.262 Im Rahmen der Lehrplanreform wurde das Eckwertepapier „Sprachliche Bildung für Migranten" erarbeitet und somit die Grundlage dafür geschaffen, dass in den neuen Lehrplänen aller Fächer und Schularten die sprachliche Bildung für Schüler mit Migrationshintergrund als Aufgabe aller Fachlehrer definiert und festgeschrieben wurde. Die im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen und den damit verbundenen Aufgaben etablierten schulaufsichtlichen Strukturen zur Unterstützung um-fassen u. a. die in jedem Regionalschulamt tätigen Koordinatoren für Migra-tionsfragen, die schulartübergreifend arbeiten. Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund (FörMig) Ein weiterer Baustein im Bereich der schulischen Integration ist das Pro-gramm „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshin-tergrund" (FörMig) der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK).263 Der Freistaat Sachsen beteiligt sich hier seit dem Jahr 2005 zu dem Themenschwerpunkt „Durchgängige Sprachförde-rung" und hat hier zum Ziel, mithilfe von Sprachfördernetzwerken schulische, sprachliche und soziale Integrationsprozesse zu optimieren, sowie Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund bei erfolgreichen individuellen Bildungsbiografien zu unterstützen. Ein Fokus liegt hier auf der Analyse von Schnittstellen beim Schuleintritt, innerhalb der schulischen Integrations-prozesse der Einzelschule und bei Schulartübergängen. Der landesweite Transfer der Ergebnisse auf alle Schulen mit Vorbereitungsklassen soll dabei durch Multiplikatoren gewährleistet werden. Ein weiterer Aspekt der Arbeit von FörMig in Sachsen ist zudem die Optimierung der oben be-schriebenen besonderen Schullaufbahnberatung. Stiftung Mercator Seit dem Jahr 2004 führt die Stiftung Mercator ein Programm zur „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund" durch, in dessen Rahmen der Freistaat Sachsen mit zwei Projekten beteiligt ist.264 In den Regionalschulamtsbereichen Dresden und Leipzig wird hier eine individuelle außerschulische Förderung von Personen mit Migrationshintergrund an Mit- ________________________ 262 Die Inhalte dieser Fort- und Weiterbildungskurse wurden in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden zwischen 1999 und 2001 im Rahmen einer Pi-lotphase durch kompetente Betreuungslehrer erprobt. 263 http://www.bik-foermig.uni-hamburg.de 264 http://www.stiftung-mercator.de/cms/front_content.php 179

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telschulen und Gymnasien angeboten, die der Unterstützung schulischer Integrationsprozesse und zum Abbau von Bildungsbenachteiligungen die-nen soll. Die (vorrangig Lehramts-)Studierenden der Universitäten Dresden und Leipzig, die diese Förderung durchführen, sollen in diesem Rahmen zudem Praxiserfahrungen für ihre spätere Berufstätigkeit sammeln. Stipendien-Programm Start der Hertie-Stiftung Die gemeinnützige Hertie-Stiftung vergibt im Freistaat Sachsen Start-Schü-ler-Stipendien für begabte Zuwandererkinder und -jugendliche, die die schulische Laufbahn begabter und engagierter Kinder und Jugendlicher mit Migrationshintergrund unterstützen sollen und mit dem Slogan „Wir geben der Integration ein Gesicht" zudem auch die Erfolge dieser Schüler nach außen sichtbar machen und somit Vorbilder schaffen wollen.265 Gefördert werden hier besonders begabte und engagierte Zuwandererkinder der Klassen 8 bis 12, die im Rahmen dieses Stipendiums sowohl eine ideelle Förderung, wie z. B. durch Bildungsseminare, Exkursionen oder Sommer-akademien, als auch eine materielle Förderung in Form einer PC-Grundausstattung mit Internetanschluss und monatlichem Bildungsgeld von 100 Euro erhalten. Derzeit gibt es im Freistaat Sachsen 32 Start-Stipendiaten. Berufliche Integration ESF-Richtlinie Beschäftigungsförderung Im Rahmen der „ESF-Richtlinie Beschäftigungsförderung" vom 18. De-zember 2007266 soll die im Freistaat Sachsen für die Förderperiode 2007-2013 formulierte Zielstellung „Mehr Menschen an Beschäftigung he-ranführen" unterstützt werden. Förderfähig in diesem Zusammenhang sind u. a. Zuschüsse für die Einstellung von arbeitslosen Personen in zusätzliche Arbeitsverhältnisse, Qualifizierungen für arbeitslose Existenzgründer oder Vorhaben zur Wiederherstellung, zum Erhalt und zur Steigerung der Be-schäftigungsfähigkeit von Langzeitarbeitslosen. Alle Programme sollen dabei im Rahmen des jeweils förderfähigen Personenkreises auch Personen mit Migrationshintergrund offen stehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Personen mit Migrationshintergrund häufig zu auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten Personen gehören. Zudem gibt es auch die Möglichkeit, dass Projektträger Qualifizierungen für arbeitslose Existenzgründer und Vorhaben zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von langzeitarbeits-losen Personen auch speziell auf diese Zielgruppe ausrichten. _______________________ 265 http://www.start.ghst.de 266 SächsAbl. 2008, S. 18. 180

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Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen - Situationsbeschreibung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integrationsmaßnahmen

ESF-Richtlinie Berufliche Bildung Darüber hinaus gibt es verschiedene Förderprogramme, die über die „ESF-Richtlinie Berufliche Bildung" vom 31. Juli 2007267 abgedeckt werden. Dazu gehören die Förderung der Verbundausbildung, die Förderung der überbetrieblichen Lehrunterweisung im Handwerk gemeinsam mit dem Bund (BMWi), die Förderung besonderer Zielgruppen sowie die Förderung des Erwerbs von Zusatzqualifikationen. Zudem finanziert das SMWA in verschiedenen Ausbildungsprogrammen (GISA, LEP, QAB) über 15.000 erfolglosen Lehrstellenbewerbern und Langzeitarbeitslosen eine Ausbildung in einem anerkannten Berufsabschluss, bei der GISA gemeinsam mit dem Bund. Diese Formen der Förderung stehen auch Personen mit Migrationshintergrund offen, sofern alle Fördervoraussetzungen erfüllt sind. Zudem gibt es im Zuständigkeitsbereich des SMWA eine Förderung für Innovationsassistenten (ESF-Richtlinie „Innovationsassistentenförderung" vom 24. Januar 2007 (SächsABl. S. 241)) und Existenzgründungen, die jeweils auch Personen mit Migrationshintergrund offen steht. Qualifizierung von Arbeitslosen ohne Berufsabschluss zu einem anerkann-ten Berufsabschluss (QAB) Das Programm „Qualifizierung von Arbeitslosen ohne Berufsabschluss zu einem anerkannten Berufsabschluss" (QAB)268 richtet sich ebenfalls (auch) an Personen mit Migrationshintergrund. Berufliche Qualifizierungsprojekte für arbeitslose Spätaussiedler sowie daueraufenthaltsberechtigte Ausländer (OSA) Den Kursteilnehmern sollen neben den fachbezogenen Qualifizierungs-maßnahmen auch berufsbezogene Deutschkenntnisse vermittelt werden. Die Maßnahmen sollen grundsätzlich mit einem anerkannten Abschluss, ausnahmsweise mit einem qualifizierten Zertifikat über die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten, enden. Nach der Bewilligung von insgesamt 45 Projekten noch aus Mitteln des alten Förderzeitraums 2000-2006 im Jahr 2007 wurden im Jahr 2008 bereits erste Maßnahmen des Förderzeitraums 2007-2013 bewilligt. Erweiterte Sprachkurs für Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte aus Drittländern Der ebenfalls aus ESF-Mitteln finanzierte „Erweiterte Sprachkurs für Ärz-tinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte aus Drittländern" wurde vor dem Hintergrund konzipiert, dass die in Sachsen tätigen auslän-dischen Ärzte nicht immer in der Lage sind, sich fließend in deutscher Sprache mit _______________________ 267 SächsABl 2007, S. 1199. 268 http://www.smwa.sachsen.de/de/Foerderung/Beschaeftigung_und_berufliche_Bildung/ Qualifizierung_fuer_Arbeitslose_ohne_Berufsabschluss_zu_einem_anerkannten_ Berufsabschluss/99458.html 181

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ihren Kollegen sowie ihren Patienten zu unterhalten. Dieser sechsmonatige spezielle Sprachkurs erfolgt berufsbegleitend, wird in Form des „E-learnings" mit kurzen Präsenzphasen durchgeführt und wird mit einer Sprachprüfung auf C1-Niveau abgeschlossen. Bisher wurde allerdings noch kein Kurs be-willigt. Qualifizierungsprojekte zur Verbesserung der Chancengleichheit für Frauen und Männer am Arbeitsmarkt Auch die Qualifizierungsprojekte zur Verbesserung der Chancengleichheit für Frauen und Männer am Arbeitsmarkt können von arbeitslosen Personen mit Migrationshintergrund genutzt werden. Möglichkeiten zur Teilnahme bestehen z. B. bei Maßnahmen zur Qualifizierung von Frauen in zukunfts-trächtigen Berufen bzw. an der Qualifizierung von Berufsrückkehrerinnen und Berufsrückkehrern. Auch für die in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Personen mit Migrationshintergrund sind berufsbegleitende Qualifizierungen möglich. Da Personen mit Migrationshintergrund zunehmend selbstständige Unter-nehmer und Gewerbetreibende sind bzw. betriebliche Existenzen gründen, bietet die novellierte Richtlinie zur Förderung der Chancengleichheit auch Frauen mit Migrationshintergrund, sofern sie ihren Hauptwohnsitz dauerhaft im ländlichen Raum des Freistaates Sachsen haben, die Möglichkeit, einen Zuschuss zu Existenzgründung oder Unternehmenssicherung zu erhalten. Soziale Integration Gemeinwesenorientierte Förderung Auf Basis der 2005 vom SMS ergänzte und auf daueraufenthaltsberechtigte Ausländer erweiterte „Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Förderung der Eingliederung von Spätaussiedlern" vom 25. Ja-nuar 2002 fördert das SMS sachsenweit gemeinwesenorientierte Projekte, die wohnumfeldbezogen sind, d. h. der Eingliederung der Personen mit Mi-grationshintergrund in die örtliche Gemeinschaft dienen. Diese Projekte sind dabei gruppenbezogen und sollen die übrige Wohnbevölkerung mit einbeziehen. Die Förderung verfolgt dabei verschiedene Ziele. Dazu gehö-ren der Aufbau von Kontakten zwischen der einheimischen Bevölkerung und Personen mit Migrationshintergrund, die Heranführung an die örtliche bzw. gesellschaftliche Infrastruktur wie Angebote von Sport- und anderen Ver-einen oder Jugendklubs, die Stabilisierung der Persönlichkeit zur Vermei-dung von Aggressionen und Suchtgefährdung sowie gegen Alkoholmiss-brauch, Drogenkonsum und Kriminalität, die Aktivierung und Verfestigung der Selbsthilfekräfte der Personen mit Migrationshintergrund, sowie die Stärkung ihrer Potenziale und Kompetenzen. 182

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Lokales Kapital für Soziale Zwecke im Freistaat Sachsen Das ebenfalls aus ESF-Mitteln finanzierte Programm „Lokales Kapital für soziale Zwecke im Freistaat Sachsen" unterstützt Projekte, die die Förde-rung der lokalen Beschäftigungsentwicklung zum Ziel haben.269 Zielgruppe der Projekte sind insbesondere Benachteiligte am Arbeitsmarkt sowie am Rande der Gesellschaft stehende Personen, deren Integration in den Ar-beitsmarkt ohne zusätzliche Unterstützung und Förderung nicht möglich wären. Zielgruppen sind hier grundsätzlich auch Personen mit Migrations-hintergrund mit Hauptwohnsitz im Freistaat Sachsen. Förderung des bürgerschaftlichen Engagements Vor dem Hintergrund der Bedeutung für die gesellschaftliche Integration gibt es im Freistaat Sachsen zudem Programme, die die Förderung des eh-renamtlichen Engagements von und für Personen mit Migrationshintergrund zum Ziel haben. Im Rahmen der Kampagne „Wir für Sachsen" kann seit 2006 eine Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit über die „Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zur Förderung des bürger-schaftlichen Engagements" (FRL „Wir für Sachsen") erfolgen.270 Hier wird den freiwillig Engagierten eine gewisse Aufwandsentschädigung gewährt, wobei die Förderung unabhängig von Alter und Erwerbsstatus erfolgt. Be-reiche der Förderung umfassen dabei das bürgerschaftliche Engagement zur Integration von Personen mit Migrationshintergrund, insbesondere Betreuung, Beratung und Begleitung von Personen mit Migrationshin-tergrund. Auch Personen mit Migrationshintergrund selber können eine Förderung nach diesem Förderprogramm erhalten, wenn sie sich selbst in gemeinnützigen Projekten freiwillig engagieren. Speziell an langzeitarbeitslose Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende richtet sich das mit ESF-Mitteln finanzierte Programm. Ähnliche Tätigkeiten wie bei „Wir für Sachsen" können auch als Kleinvor-haben zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und des sozialen Zusammenhalts mit ESF-Mitteln gefördert werden.271 Das Programm ,Tätigkeiten und Aufgaben: Regionale Initiativen in Sachsen (TALIRIS)" richtet sich ausschließlich an arbeitsuchende Bezieher von Leistungen der Grundsicherung, mit dem Ziel, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern, die Eigenmotivation, Eigeninitiative und die soziale Kompetenz zu stärken und die Leistungsempfänger durch Tätigkeiten und Aufgaben außerhalb der traditionellen Erwerbsarbeit zu integrieren. Auch nach diesem Programm können Projekte bürgerschaftlichen Engagements zugunsten von Personen mit Migrationshintergrund gefördert werden; Personen mit Migrationshin-tergrund können ebenfalls als Teilnehmende gefördert werden. ______________________ 269 http://www.los-online.de/content/index_ger.html. 270 http://www.wir-fuer-sachsen.de 271 SächsABI. 2007 S. 1095. 183

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Programm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie, Toleranz' Neben den bereits oben beschriebenen bundesweiten Programmen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hat der Freistaat Sachsen darüber hinaus ein eigenes Programm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit im Freistaat Sachsen initiiert, mit dem Ziel, die demokratische Kultur in Sachsen zu fördern und zu stärken.272 Gefördert werden können in diesem Zusam-menhang Projekte und Maßnahmen in unterschiedlichen Handlungsfeldern und mit unterschiedlichen Zielgruppen. Unter anderem gehören dazu neben Projekten, die Extremismus, Rassismus und Antisemitismus abbauen helfen, sowie demokratische Werte und Handlungskompetenzen stärken, und bürgerschaftliches Engagement motivieren wollen, auch Projekte, die zum interkulturellen und interreligiösen Austausch beitragen, Opfer von Gewalt beraten und unterstützen sowie Multiplikatoren und Fachkräfte ausbilden, fortbilden und deren Arbeit inhaltlich und methodisch betreuen. Finanziert wird das Programm durch den sächsischen Landtag, für die Umsetzung des Programms ist ein Beirat aus Vertretern gesellschaftlicher Gruppierungen berufen worden. Beauftragte und Gremien Sächsische Ausländerbeauftragte Das Amt der Sächsischen Ausländerbeauftragten existiert in Sachsen seit 1992. Seit 1994 sind das Amt der Ausländerbeauftragten und die Grundla-gen ihrer Arbeit gesetzlich geregelt.273 So soll die Sächsische Ausländer-beauftragte grundsätzlich die Belange der im Freistaat Sachsen lebenden Ausländer wahren und die gesellschaftliche Eingliederung der hier auf Dauer oder langfristig lebenden Ausländer fördern. In diesem Zusammenhang be-sitzt sie Stellungnahme- und Anhörungsrechte in Normsetzungsverfahren mit ausländerrechtlichem Bezug sowie Möglichkeiten für eigene Stellung-nahmen zu Petitionen im Petitionsverfahren. Zudem fungiert sie auch als Stelle zur Einreichung von Bitten und Beschwerden. Darüber hinaus veröf-fentlicht sie jedes Jahr einen Tätigkeitsbericht, der auch Auskunft über Le-benslagen und aktuelle integrationspolitische Entwicklungen im Freistaat Sachsen gibt.274 Sächsische Härtefallkommission Die Sächsische Ausländerbeauftragte hat zudem den Vorsitz bei der Sächsi- schen Härtefallkommission. Dieses Gremium ist seitens der Staatsregierung auf der Grundlage des Zuwanderungsgesetzes eingerichtet worden, um voll- __________________________ 272 Grundlage hierfür ist der Koalitionsvertrag zwischen den Landesverbänden von CDU und SPD für die 4. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages. 273 Gesetz über den Sächsischen Ausländerbeauftragten (SächsAuslBeauftrG) vom 9. März 1994. 274 http://www.fremdenfreundlichkeit-sachsen.de 184

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ziehbar ausreisepflichtigen Ausländern aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen Aufenthaltstitel erteilen zu können.275 Ausländerbeauftragte in den Regionen Ergänzend zu der Stelle der Ausländerbeauftragten gibt es im Freistaat Sachsen in vielen Kommunen sogenannte „Kommunale Ausländerbeauf-tragte", die die Integration vor Ort fördern sollen, u. a. indem sie als An-sprechpartner für Beratung zur Verfügung stehen oder die Vernetzung der wesentlichen Akteure vor Ort fördern.276 Kuratorium für ein weltoffenes Sachsen Eine weitere Aktivität mit dem Ziel, die Fremdenfreundlichkeit in Sachsen sowie die Integration von in Sachsen lebenden Ausländern zu fördern, ist das von der Staatsregierung fortgeführte „Kuratorium für ein weltoffenes Sachsen", das auf eine Anregung des Sächsischen Ausländerbeauftragten aus dem Jahr 2002 zurückgeht. Zu den Aufgaben gehören die Beratung der Sächsischen Staatsregierung zur Thematik „weltoffenes Sachsen" sowie die Förderung des gesamtgesellschaftlichen Dialogs in unterschiedlichen Be-reichen des gesellschaftlichen Lebens, wie der der Wirtschaft, der Wissen-schaft, der Religionen, der Kultur, der Medien oder des Sports.277 Die Mitglieder des Kuratoriums sind Persönlichkeiten verschiedenster Be-reiche der Gesellschaft. Sie werden auf Vorschlag des Vorsitzenden des Kuratoriums durch den Ministerpräsidenten für drei Jahre berufen. Die Staatsministerin für Soziales ist Vorsitzende des Kuratoriums. Die Sächsi-sche Ausländerbeauftragte führt dessen Geschäftsstelle. ________________________ 275 http://www.fremdenfreundlichkeit-sachsen.de/haertefall/haertefall-m.html. 276 Gesetzliche Grundlage hierfür sind § 64 (Beauftragte) der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen sowie § 60 Abs. 3 der Sächsischen Landkreisordnung. 277 http://www.fremdenfreundlichkeit-sachsen.de/weltoffen/start.html. 185