Schwanger und akut krank auf der Intensivstation das Departement...des Bakri Ballons nach 48h. ......
Transcript of Schwanger und akut krank auf der Intensivstation das Departement...des Bakri Ballons nach 48h. ......
Schwanger und akut krank
auf der Intensivstation
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Dr. med. Andreas Rist, Leitender Arzt
Anamnese
• 27 Jährige Erstgebärende in der 35+2 SSW mit bis anhin unauffälliger
Schwangerschaft stellt sich am Abend im Gebs wegen seit einigen
Stunden bestehenden starken Kopfschmerzen, Nausea, Erbrechen und
Dyspnoe vorstellt. Zudem bestehen epigastrische und retrosternale
Schmerzen sowie Augenflimmern.
• Gleichentags, wenige Stunden zuvor unauffällige Routinekontrolle in der
Frauenklinik im Rahmen Ihrer Schwangerschaft.
• Persönliche Anamnese
Keine Hypertonie / Diabetes/ kardiovaskuläre Erkrankungen
Nichtraucherin/ Kein Alkohol/ Keine Medikamente / Keine Allergien
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Status bei Eintritt
• Wache aber sehr ängstliche Patientin in stark reduziertem
Allgemeinzustand mit ausgeprägter Dyspnoe.
• Vitalzeichen:
BD: 180/140mmHg
Puls: 100/min.
Atemfrequenz > 30/min.
• CTG: Hochpathologisch bei schwerer Bradykardie
des Kindes mit HF 74/min.
• Notfallsectio Stufe I
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Notfall Sectio Stufe I
• Im Sectiosaal beim Umlagern massive Dyspnoe
• Erste gemessene Sauerstoffsättigung: SpO2 30%
• Trotz Maskenbeatmung mit 100% O2 konnte maximal eine
Sauerstoffsättigung von 45% erreicht werden.
• Rapid Sequence Induction:
• Pentothal 400mg / Succinylcholine 150mg/ Adrenaline 10mcg i.v
• Komplikationen
• Pulslose elektrische Aktivität (PEA)
• Intubation während 3 Minuten unmöglich wegen Trismus
• Sectio unter mechanischer und medikamentöser Reanimation
• Nach Kindsentwicklung wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs
(ROSC) und erfolgreiche Intubation der Patientin
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Neugeborenen Reanimation
• Nach 5 Minuten mechanischer und medikamentöser
Reanimation Spontankreislauf beim neugeborenen Mädchen
• APGAR: 0/4/4
• BGA:
• Das Mädchen wurde intubiert nach Bern
ins Kinderspital verlegt
• Erfreulicherweise bis heute keine
neurologische Schäden erkennbar
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Sectiosaal: Verlauf Mutter
• Nach erfolgreicher Reanimation Einlage einer arteriellen Kanüle
und ZVK
• Hämodynamisch sehr instabil mit MAP Werten zwischen
35mmHg und 70mmHg trotz maximaler Kreislaufunterstützung
(Adrenalin 0.42ug/kg/KG/min; Noradrenalin 1.40ug/kg/KG/min;
Vasopressin 0.04 U./min.)
• Pulmonal: Schwere respiratorische Globalinsuffizienz mit
ausgeprägter Hypoxie bei ausgeprägtem Lungenödem trotz FiO2
1.0, PEEP 10cm H2O, TV 7ml/kg/KG
• BGA: • Keine Besserung nach Gabe von Lasix 40mg i.v
• Beim Umlagern ins IPS-Bett erneute PEA
• Mechanische und medikamentöse Reanimation; ROSC nach 15
Minuten.
• Entscheid zur Implantation einer v-a ECMO
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Problemlose v-a ECMO Einlage
• Bifemorale perkutane Kanülierung
unter TEE Kontrolle
• Problemloses Erreichen des
Soll – Flow (4 Liter/min.) am ECMO
• Rasche Reduktion der
Katecholamine
• Gute Oxygenation mit SpO2 100%
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
TEE bei ECMO Einlage
• Massiv dilatierter linker Ventrikel mit schwer eingeschränkter LVEF 10-15%
• Beste Kontraktilität apical
• Normale Rechtsventrikuläre Funktion
• Takotsubo-like Kardiomyopathie
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Differentialdiagnose bei IPS - Eintritt
• Schwere Präklampsie
• Perinatale Myokarditis
• Fruchtwasserembolie
• Fulminante Sepsis
• Hauptstammdissektion / ACS
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Erste Untersuchungs und Laborresultate
• Unauffälliges EKG: Ausschluss akut koronares Ereignis
• Laborresultate: Keine Anzeichen für schwere
Präklampsie; Wenig
Entzündungszeichen
• TEE: Normale rechtsventrikuläre
Funktion; Fruchtwasserembolie
unwahrscheinlich
• Fremdanamnese mit Ehemann:
• Mehrfache Episoden mit Kopfschmerzen und Palpitationen in den
letzten Tagen
Phäochromozytom ????
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Thorax bei Eintritt
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Beurteilung und Therapie
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Ursache Beurteilung Diagnostik Therapie
Fulminante Sepsis Möglich Sampling: Blutkulturen
/ Urin/ Trachealsekret
Breitbandantibiose
Antivirale Therapie
ECMO
Perinatale Myokarditis Möglich Sampling / Influenza ECMO / Antivirale
Therapie
Phäochromozytom Möglich Labor / CT / MRI ECMO
Hauptstammdissektion Möglich Koronarangiographie ECMO / Stenting
Koronarangiogramm
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
CT Schädel / Thorax / Abdomen am ECMO
Befund:
•Schädel: Ausschluss Ischämie / cerebrale Blutung
•Thorax: Keine Lungenembolie, ARDS
•Abdomen: Tumor im Bereich der linken Nebennniere; Vd.a. Phäochromozytom DD:
Einblutung in die linke Nebenniere
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Labor Resultate
Blut und Urin Resultate negativ
für die Diagnose
eines Phäochromozytoms !
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Verlauf Intensivstation
• Unter Volumensubstitution am ECMO konnte das Noradrenalin rasch
reduziert und das Vasopressin ausgeschlichen werden.
• Therapeutische Hypothermie für 24h bei St.n. Reanimation.
• ECMO Umkanülierung von A. femoralis links auf A. subclavia rechts
wegen Zeichen der Minderperfusion des linken Beines am 1. postop
Tag.
• Bronchoskopie: Alveoläre Hämorrhagie und Zeichen einer schweren
akuten, nicht eitrigen Bronchitis; Offenes Bronchialsystem
• Vaginale Blutung am 1.postop Tag; Nach Einlage Bakri-Ballon und
kontinuierlicher Syntocinon Therapie Sistieren der Blutung; Entfernung
des Bakri Ballons nach 48h.
• Nach Sedationsstopp am 2. postop Tag wache und adäquate
Patientin ohne neurologische Defizite.
• Empirische Therapie mit Oseltamivir und eine AB-Prophylaxe mit
Cefuroxim; Oseltamivir Stopp bei negativem Influenza Nachweis;
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Verlauf Intensivstation
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
• Bei steigenden Entzündungszeichen Eskalation der
• Antibiose auf Tazobac®; Kein Erregernachweis im Verlauf; Antibiose weiter bei
putride riechenden Lochien.
• Bei zunehmender hämodynamischer Stabilisierung Umkanülierung von V-A auf
V-V ECMO am 5. postop Tag.
• Rasche Verbesserung der pulmonalen Situation unter forcierter
Negativbilanzierung am ECMO mittels Hämodiafiltration.
• Extubation der Patientin am V-V ECMO am 6. postop Tag
• Ausbau der V-V-ECMO am 7. postop Tag in ITN
• Extubation und problemlose pulmonale Adaptation am selben Tag
• Antihypertensive Therapie mit Phentolamine- Perfusor (Regitin® )
• Beginn mit oralem Phenoxybenzamine ( Dibenzyran® )
• Verlaufs Echo: Deutlich bessere Funktion des linken Ventrikels, LVEF 45-50%
• MRI Abdomen am 10. postop. Tag
• Verlegung auf die Abteilung am 12. postoperativen Tag
MRI Abdomen
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Verlauf Abteilung
• BD-Einstellung mit Phenoxybenzamine für weiter 10 Tage.
• Laparaskopische Adrenalektomie mit radikaler Resektion des Tumors.
• Tumor war 4 x 2.5cm gross und hatte Zeichen der frischen Einblutung.
• Intraoperativ problemloser Verlauf . Die erwartete perioperative Alpha-und
Betablocker-Therapie war bei stabilem BD-Verlauf nicht nötig.
• Histologisch wird der klinische Verdacht eines Phäochromozytoms
bestätigt.
• Die hämorrhagische Infarzierung kann den klinischen Verlauf gut erklären:
• Freisetzung sämtlicher Katecholamine auf einmal am Eintrittstag mit konsekutiv
schwerer Kardiomyopathie als Ursache des kardiogenen Schocks mit
Lungenödem.
• Rasche Erholung der LVEF am ECMO und anschliessend stabiler Verlauf.
• Fehlender Nachweis von erhöhten Metanephrin - Werten im Plasma und Urin
• 6 Tage nach der Adrenalektomie und nach insgesamt 26 Tagen
Hospitalisation konnte die Patientin in gutem Allgemeinzustand nach Hause
entlassen werden.
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Phäochromozytom
• Katecholaminproduzierende Tumoren der
Nebenniere
• 2/3 sezernieren Adrenalin und Noradrenalin
• 85% der Phäochromozytome sind im NNM
lokalisiert
• 10% im Bereich des abdominellen oder
thorakalen Grenzstranges (Paraganglion)
• 90% sind gutartig, 10 % sind bösartig
• 90% sind einseitig, 10% beidseitig
• Jährliche Inzidenz: 1: 100`000
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Altersverteilung
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Typische Symptome („6 P“)
1. Pressure
2. Pain (head, chest, abdominal)
3. Perspiration
4. Palpitation
5. Pallor
6. Paroxysms
• Zumindest eines dieser sechs Symptome lässt sich
bei den meisten Erwachsenen eruieren !
• Arterielle Hypertonie bei 90%
• Paroxysmale Hypertonie bei 50%
• Als typisch gilt Erblassen während einem Anfall
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Seltenere Symptome
• Orthostatische Hypotonie ( Volumendefizit)
• Gewichtsverlust (Hypermetabolismus)
• Hyperglykämie und Glukosurie
• Kardiomyopathie („Tako-Tsubo“)
• Lungenödem
• Paroxysmale Hypertonie bei diagnostischen
Interventionen
• Leukozytose
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
TakoTsubo Kardiomyopathie
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Anfallsauslöser
• Erhöhung des intraabdominellen
Drucks
• Liegen in der Schwangerschaft
• Wehen am Termin
• Invasive diagnostische Eingriffe
oder Operationen
• Anästhesie-Einleitung (Intubation)
• Medikamente (Betablocker,
Metoclopramid)
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Biochemische Diagnostik
Urin oder Blutplasma testen?
• Die Bestimmung der Metanephrin-Konzentration im
Blutplasma ist der Test mit der höchsten Spezifität
und Sensitivität.
• Empfehlung sich an ein Fachlabor zu wenden,
welches eigen Referenzwerte entsprechend des
klinischen Zustands des Patienten festgelegt hat.
Als Faustregel werden erst mehr als dreifach
über dem oberen Referenzbereich liegende
Resultate als klar pathologisch angesehen !!
Cave: Viele Medikamente und Nahrungsmittel
können den Test verfälschen!!
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Zulewski,Grouzmann Swiss Medical Forum 2017
Interaktionen mit Biochemischen Tests
Mod nach Rosenthal et al
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Bildgebende Diagnostik
Nach der biochemischen Diagnostik folgt die
bildgebende Lokalisation
MRI des Abdomen in der Schwangerschaft
Kombination CT mit MIBG Szintigraphie
(Spezifität 95-100%)
Hinweis für Phäochromozytom
Grösse über 3cm
erhöhte Dichte im Nativ CT
Verzögerter Washout des CT KM
Hohe Signalintensität im T2 gewichteten MRI
Zystische oder hämorrhagische Veränderungen
Hohe Vaskularisierung
Zulewski,Grouzmann Swiss Medical Forum 2017
Therapie
Therapie der Wahl ist die chirurgische Entfernung !
Bis zu einer Grösse von 8 cm wird bei solitären Tumoren
häufig laparoskopisch operiert
Um perioperative Komplikationen zu vermeiden ist eine gute
Patientenvorbereitung essentiell
• In der Regel werden dafür 10-14 Tage benötigt
• Langsames Eintitrieren des nichtselektiven
Alphablockers Phenoxybenzamin (Dibenzyran ®)
• Infolge der adrenerg vermittelten Vasokonstriktion
sind die Patienten bei Diagnosestellung
volumendepletiert
• Präoperativ grosszügige Rehydrierung, angestrebt
wird dabei eine Gewichtszunahme um 2-3 Kg
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Intraoperativ
Auch bei optimaler Vorbereitung können
perioperativ hypertone Krisen auftreten!!
Risikofaktoren:
•Tumorgrösse
•Ausmass der Hormonproduktion
•Starke Manipulation am Tumor
Akuttherapie: •Alphablocker Phentolamin (Regitin)
•Nitrat Nitroprussid (Nipruss)
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Phäochromozytom in der Schwangerschaft
Sehr seltene Ursache für eine schwangerschaftsinduzierte Hypertonie
• Uterus kann im Liegen oder durch Wehen induziert Druck auf die NN
intermittierende hypertensive Entgleisungen auslösen.
• Schwierige Diagnose, da Symptome häufig nicht typisch und andere
Differentialdiagnosen deutlich häufiger sind.
• Fetale und maternale Mortalität sind hoch, vorallem wenn das
Phäochromozytom noch nicht diagnostiziert wurde.
Therapie:
• Medikamentös mittels Phenoxybenzamin ( Dibenzyran ® )
• Operative Entfernung des Phäochromozytoms bis 24 SSW, nachher
medikamentöse Therapie.
• Primäre Sectio zur Entbindung
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Phäochromozytom in der Schwangerschaft
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Mortalität Diagnose antepartum Diagnose postpartum
Mutter 0% 29%
Kind 0% 29%
Phäochromozytom und ECMO
Van Zwet CJ et al: AA case report 2016 Nov
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Zusammenfassung
• Ein Phäochromozytom als Ursache einer schweren Kardiomyopathie mit
kardiogenem Schock in der Schwangerschaft ist sehr selten.
• Die Diagnose eines Phäochromozytoms in der Schwangerschaft ist
schwierig und wird deshalb auch verpasst, da die Symptome häufig nicht
typisch und andere Differentialdiagnosen deutlich häufiger sind.
• Wird die Diagnose erst postpartum gestellt, ist die mütterliche und kindliche
Mortalität hoch.
• Operative Entfernung des Phäochromozytoms bis 24 SSW, nachher
medikamentöse Therapie mit Dibenzyran und primäre Sectio am Termin
• Bei therapierefraktärem Schockzustand und / oder akuter hypoxischer
respiratorischer Insuffizienz peripartal ist die perkutane ECMO Implantation
eine gute Option.
• Junge und gesunde Patientinnen profitieren am meisten von einem
mechanischen Bridging und haben einen guten Outcome.
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Danke
Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin