Sehnsucht nach Orientierung Jugendreligiosität zwischen totaler und partieller Identifikation...

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Sehnsucht nach Orientierung Jugendreligiosität zwischen totaler und partieller Identifikation Vortrag im Rahmen der Jahrestagung der Religionslehrerinnen und - lehrer an Gymnasien im Bistum Trier (6. Mai 2006) Dr. habil. Waldemar Vogelgesang Universität Trier, Abt. Soziologie

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Sehnsucht nach OrientierungJugendreligiosität zwischen totaler und partieller

Identifikation

Vortrag im Rahmen der Jahrestagung der Religionslehrerinnen und -lehrer an Gymnasien im Bistum Trier (6. Mai 2006)

Dr. habil. Waldemar Vogelgesang Universität Trier, Abt. Soziologie

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Sehnsucht nach Orientierung Jahrestagung der Religionslehrerinnen und –lehrer an Gymnasien im Bistum Trier – 06. Mai 2006

Orientierungssuche: ein ‚Dauerproblem‘ in modernen Gesellschaften

„Der Mangel an Definitivem im Zentrum der Seele treibt dazu, in immer neuen Anregungen, Sensationen, äußeren Aktivitäten eine momentane Befriedigung zu suchen; so verstrickt uns dieser erst seinerseits in die wirre Halt- und Ratlosigkeit, die sich bald als Tumult der Großstadt, bald als Reisemanie, bald als wilde Jagd der Konkurrenz, bald als die spezifisch moderne Treulosigkeit auf den Gebieten des Geschmacks, der Stile, der Gesinnungen, der Beziehungen offenbart.“

(Georg Simmel)

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Das „eherne Gesetz“ gesellschaftlicher Differenzierung

„Das Individuum wird umso mehr auf sich selbst zurückgeworfen, je mehr der Umfang seiner sozialen Beziehungen und seine Teilhabe an verschiedenen ‚sozialen Kreisen‘ wächst. Die Folge: mehr individuelle Freiheiten und gesteigerte Selbstverantwortung einerseits, zunehmende Isolation und Überforderung andererseits.“

(Georg Simmel)

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Die religiöse Identität der ‚Durchschnittsjugendlichen‘

Thesen: Individualisierungsprozesse und der ‚selbstbewusste‘

Umgang Jugendlicher mit Kirche und Glauben stehen in einem Bedingungsverhältnis („In Sachen Religion muss jeder seine eigene Linie finden“).

Als ‚alltagspraktische Orientierungsinstanz‘ hat Religion an Bedeutung verloren, in der ‚Sinn- und Transzendenzfunktion‘ dagegen an Relevanz gewonnen (‚Partialisierung des Religiösen‘).

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Religions-Bricolage: Zwischen individuellem Design und traditionellem Schema

In der Art eines religiösen Flickenteppichs verbinden – und vermischen – immer mehr Menschen sehr unterschiedliche Weltanschauungen und Existenzdeutungen miteinander: buddhistische Meditation, schamanistische Ekstasetechniken, östlicher Reinkarnationsglaube, naturreligiöse Vorstellungen, mit religiösen Versprechen aufgeladene alternative Therapie-angebote und dies durchaus auch in Kombination mit christlichen Glaubenssätzen. (Volker Krech)

Den jugendlichen Christen als reinen Typus gibt es realiter gar nicht. Von den Christen haben 28% gleichzeitig auch eine deistische Weltauffassung, dass man das Wirken Gottes in der Welt wenig spürt und Gott sich nicht mit jedem Menschen persönlich befasst. […] Weitere 15% sind zugleich der Auffassung, ihr Leben werde letztlich durch die Gesetze der Natur bestimmt. […] Ähnlich viele sind von der Vorstellung eines ewigen Kreislaufs und der Reinkarnation überzeugt. (Carsten Wippermann)

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Literaturempfehlung

W. Gebhardt: Jugendkultur und Religion - Auf dem Weg zur religiösen Selbstermächtigung.

In: M. Pöhlmann (Hg.): Sehnsucht nach Verzauberung. Berlin 2003, S. 7-19 (EZW-Texte, Nr. 170/2003)

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Frage: „Wie stehst Du zur Institution Kirche?“ (‚Bistumsstudie 2005‘; differenziert nach Alter)

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interessiert kritisch gleichgültig ablehnend

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65 und älter

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Besuch des Gottesdienstes(Jugendliche im Alter von 14-25 Jahren; im Zeitvergleich)

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jede Woche einmal imMonat

mehrmalsim Jahr

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Frage: „Als wie religiös würdest Du dich bezeichnen?“ (‚Bistumsstudie 2005‘; Jugendliche im Alter von 14-25 Jahren)

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sehr religiös religiös mittel wenig nicht religiös

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Religiöse ‚Partialisierung‘: abnehmende Alltagsrelevanz

Frage: „Mein Glaube hilft mir bei meiner Lebensgestaltung!“

1991: ja 57% nein 43% 2000: ja 33% nein 67% 2005: ja 31% nein 69%

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Religiöse ‚Partialisierung‘: steigende Sinnrelevanz Frage: „Mein Glaube vermittelt mir eine Art Grundvertrauen und Zuversicht.“

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trifft zu teils/teils trifft nicht zu

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Religiöse ‚Partialisierung‘: steigende Sinnrelevanz Frage: „Glaubst Du an ein Weiterleben nach dem Tod?“

Frage: „Glaubst du an ein Weiterleben nach dem Tod?“

2000: ja 40% nein 22% weiß nicht 38% 2005: ja 52% nein 29% weiß nicht 19%

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Religiöse ‚Schweigespirale‘Frage: „Ich glaube, dass viele Jugendliche insgeheim viel stärker an Religion interessiert ist, als es den Anschein hat.“

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Trifft zu Teils / Teils Trifft nicht zu

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Religiöse ‚Schweigespirale‘Beobachtungen / Begründungen der Jugendlichen

„Ich glaube schon, viele sagen es nicht, dass sie daran interessiert sind, weil sie sich vielleicht vor ihren coolen Freunden, die es absolut nicht interessiert, schämen. Sie haben vielleicht Angst, dass sie von ihnen nicht mehr so akzeptiert werden, wie sie sind, wenn sie zugeben, dass sie an Religion und Glaubensfragen interessiert sind.“

(Maithe, 16 Jahre)

„Viele Jugendliche, denke ich mal, glauben an Gott, wollen dies aber nicht in aller Öffentlichkeit zugeben, weil sie Angst haben, von den anderen ausgelacht zu werden. Deshalb trauen sie sich nicht, sich zu ihrer Religion zu bekennen. Die Angst, ausgelacht zu werden, liegt größtenteils daran, dass die Kirche ein schlechtes Image hat als Langweileranstalt“

(Sven, 16 Jahre).

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Religiöse ‚Schweigespirale‘Beobachtungen / Begründungen der Jugendlichen

„Ich persönlich glaube an gar nichts, weder an Gott noch an sonst irgendwen oder irgendwas. Was jetzt andere Jugendliche darüber reden, weiß ich nicht; es ist mir auch eigentlich egal. Dennoch fällt mir auf, dass im Religionsunterricht sich einige Leute anders geben als sonst. Es könnte also schon sein, dass einige zwar sagen, dass sie an nichts glauben und Gott für Schwachsinn halten, es aber eigentlich gar nicht so meinen und sich in Wirklichkeit mehr Gedanken darüber machen, als es den Anschein hat. Ich mache mir auch Gedanken darüber, ob es Gott gibt, ob es einen Himmel gibt usw.; ich weiß es auch nicht. Es ist eben eine Glaubensfrage. Ich glaube zwar nicht an Gott, was sich aber durchaus mal ändern kann, aber ich denke, dass man durchaus aus der Bibel lernen kann.“

(Alexander, 17 Jahre)

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Religiöse Totalidentifikation (1)

‚Clash of civilisations‘ (Samuel P. Huntington; 1993) weltweit beobachtbare Formen politisierter religiöser Gewalt

‚Kopftuchurteil‘ (Urteil Bundesverwaltungsgericht 24. Sept. 2003) Verbot des Ausschlusses von kopftuchtragenden Musliminnen

vom Lehramt ohne landesgesetzliche Grundlage These: der säkulare Rechtsstaat hat damit zwar Position

bezogen hat, der biographischen und lebensweltlichen Bedeutungsvielfalt religiöser Symbole wird das Urteil aber nicht gerecht wird

Türkisch-islamistische Milli Görüs-Gruppierung religiöse Totalitätsansprüche und kollektive Identitäts-

inszenierungen

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Neue Geistliche Bewegungen(z.B. Schönstatt, Fokolare, Jugend 2000)

Freikirchliche Aussiedlergemeinden (z.B. Baptisten)

Charismatische Erweckungsbewegungen (z.B. The Call / Jesus‘ Junge Garde)

Religiöse Totalidentifikation (2)

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Neue Geistliche Bewegungen

Gemeinsame Lektüre im Workshop:

- Müller, Joachim (2005): Neue geistliche Gemeinschaften und Bewegungen (Movimenti) – Vielfalt in der römisch-katholischen Kirche. Konflikte und Grenzen

- Gebhardt, Winfried; Engelfried-Rave, Ursula (2006): Der Welt-jugendtag als Glaubensfest der katholischen Jugend

- Mauritz, Andreas (2006): Die Vielfalt erkennen – Geistliche Gemeinschaften / Bewegungen und ihre Bedeutung

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Neue Geistliche Bewegungen

„Es darf ruhig jugendgemäß sein. Man muss nur darauf achten, dass geistliche Bewegungen sich nicht zum Ganzen der Kirche aufblähen, sondern im Ganzen der Kirche aufgehen. (…) Ich bin sicher einer der Bischöfe in Deutschland, der den geistlichen Gemeinschaften die größte Narrenfreiheit lässt. Wir haben 60 geistliche Gemeinschaften in der Diözese, und ich halte immer meinen Rücken für sie hin und sage: Habt doch ein

bisschen Geduld mit ihnen.“ (Kardinal Meisner; Die Welt, 14.August

2005)

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Freikirchliche Aussiedlergemeinden: Baptisten

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Aussiedler Entwicklung nach Herkunftsländern 1950 - 2003

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1950

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1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

1998

2000

2002

sonstige Länder

ehem. Jugoslaw ien

Rumänien

Ungarn

ehem. CSFR

Republik Polen

ehem. UdSSR

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Konfession der 2004 zugewanderten Aussiedler (in Prozent)

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17

19

4

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evangelischrömisch-katholischr/g orthodoxjüdischkein Bekenntnis

Quelle: Bundesverwaltungsamt, 2004

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Religion als „Standortfaktor“

„Für viele russlanddeutsche Zuwanderer ist das Vorhandensein einer Kirchengemeinde neben der Nähe zu den Verwandten (beides hängt sehr oft zusammen) ein bedeutenderer ‚Standortfaktor’ bei der Wahl eines Wohnsitzes als ein Arbeitsplatz oder eine günstige Wohnung.“

(Reinhardt Henkel)

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Anteil der „Freikirchler“

Ca. 15-25% der Aussiedler rechnen sich zu den Freikirchlergemeinden (Baptisten, Mennoniten, Pfingstler, Adventisten, Stundisten, u.a.)

(lt. Auskunft des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden)

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„Geschlossene“ religiöse Gruppen(erste Hinweise)

„Bestimmte religiöse Gruppierungen wie Baptisten und andere freikirchliche Gemeinden grenzen sich durch ihre Lebensweise von der Gesamtgesellschaft ab und entwickeln eine Art ‚Bunkermentalität‘.“

Jochen Welt (ehemaliger Ausländerbeauftragter)

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„Geschlossene“ religiöse Gruppen(erste Hinweise)

„Besondere Schwierigkeiten bereitet den traditionell am Rande der Amtskirche stehenden pietistisch orientierten Russlanddeutschen das Einleben in örtliche evangelische Kirchengemeinden. Die Entstehung russlanddeutscher evangelischer Sondergemeinden (z.B. der so genannten Stundenbrüder) birgt die Gefahr einer längerfristigen Abkapselung und der Entstehung eines religiösen Minderheitenstatus in sich.“

Ernst Wagner (1982)

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Zugang zu Baptisten-Gemeinde

Vorgehensweise:

Ethnologische Forschung im eigenen Land

Leit(d)-Erfahrung: Soziologische Feldforschung an „kulturelle Grenzen“ stößt

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„Geschlossene“ religiöse Gruppen(Faktum)

Ob es sich dabei um die mennonitische ‚Karagandinski Kerch’ im

schwarzwäldischen Lahr oder die baptistischen ‚Bethäuser’ in Orten in Ostwestfalen oder der Eifel handelt, sie repräsentieren einschlägige Beispiele für einen starken Trend unter den Russlanddeutschen, ihre freikirchliche Tradition auch in Deutschland fortzuführen.

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Das wichtigste Erziehungsziel ist die„innere und äußere Keuschheit“

1.) „Ein schlichtes Äußeres“

Für Mädchen bedeutet dies, dass sie nur lange Röcke und Kleider tragen dürfen, jedoch keine Hosen, ebenso verboten sind Schmuck, Make-up oder das Färben der Haare, die im Übrigen nur lang und als Zopf zu tragen sind; für die Jungen existiert ein striktes Bartverbot, ebenso untersagt ist das Tragen von Jeans oder offenen Hemden.

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Das wichtigste Erziehungsziel ist die„innere und äußere Keuschheit“

2.) „Verzicht auf weltliche Vergnügungen“

Kein Fernsehen und Kino, keine Disko- und Kneipenbesuche, auch Vereinsmitgliedschaften sind nicht gestattet.

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Das wichtigste Erziehungsziel ist die„innere und äußere Keuschheit“

3.) „Einen christlichen Bekanntenkreis“

Untersagt ist der Umgang mit unchristlichen Spielkameraden oder Nachbarn; Heiraten ist nur zwischen Gemeindemitgliedern erlaubt.

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Das wichtigste Erziehungsziel ist die„innere und äußere Keuschheit“

4.) „Absolut sittlicher Lebenswandel“

D.h. vor allem kein vorehelicher Sex, wobei es Gemeinden gibt, die stichprobenartig Atteste verlangen, die die Jungfräulichkeit beweisen soll.

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„Der Jungfräulichkeits-Kult“

„Sex, Aufklärung, ja sogar Händchenhalten, alles ist tabu. Man ist für einen Jungen vorbestimmt, sagte mir meine Mutter. Daran glaube ich zwar nicht, aber ich soll den Jungen heiraten, den mir Gott vorbereitet hat. […] Und wenn man vorher einen Freund hatte, muss man vor der Hochzeit alles auspacken, bis ins intimste Detail, und das ist oft peinlich. Und wenn du da rein kommst und keine Jungfrau mehr bist, darfst du auch keinen Schleier tragen. Dann ist für jedermann sichtbar, dass du vorher schon mal mit jemandem was hattest. So als Strafe, weil du deine Perle verloren hast. Und dein Mann wird immer denken, ich hab’ mich so lange aufbewahrt für dich, aber ich bin nicht der Erste. Es kann einem eigentlich nichts Schlimmeres passieren.“

(Baptistin, 21 Jahre)

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Patriarchale Ordnung freikirchlicher Gemeinden

väterliche Autorität in der Familie (inkl. Züchtigung)

männliche Herrschaft in der GemeindeNur Männer können in den Ältestenrat gewählt werden, nur sie dürfen predigen, Taufzeremonien, Bußrituale und Lebens-Beichten, die heiratswillige Paare ablegen müssen, durchführen. Die Ältesten sind in Personalunion Priester, Gelehrte und Patriarchen.

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Moralische und räumliche Parallelwelten

„Ein ganz krasses Beispiel ist eine Pfingstgemeinde, die haben ihre Gemeinde in der Gemeinde gebaut, mit eigener Kirche und allem und haben da vollkommen alleine gelebt. Die wollten eigentlich von niemand etwas wissen. Das ging sogar soweit, dass Lehrer hier angerufen und gefragt haben: Was sollen wir denn mit den Kindern den ganzen Tag machen? Die laufen mit dem Kopftuch rum, machen im Sportunterricht nicht mit, ziehen keinen Badeanzug an, die Eltern haben auch teilweise die entsprechenden Seiten aus dem Biologiebuch heraus gerissen, damit das Kind auch bloß nicht verdorben wird.“

(Mitarbeiterin, Landesübergangswohnheim in Osthofen)

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Zwischenfazit: Familie und Gemeinde als „Bollwerk“ gegen den moralischen Zerfall

Mit einer strikten Verbotspolitik, die den Verzicht auf Medien ebenso einschließt wie Kontaktverbote mit ungläubigen Kindern oder die Weigerung, ihre Kinder an bestimmten Schulveranstaltungen – und zwar von Klassenfahrten bis zum Sexualkundeunterricht – teilnehmen zu lassen, versuchen sie eine Insel-Situation zu schaffen, „ein Bollwerk,“ so ein Mitglied des Ältestenrates einer Baptistengemeinde in der Eifel, „damit das Chaos und der Sündenpfuhl da draußen nicht an das Herz der Kinder dringen.“

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Reaktionen Jugendlicher auf religiöse und lebensweltliche Totalitätsansprüche

1.) Die Frommen„Manche Jugendliche sind einfach fanatisch. Oder wie soll man das sonst nennen, wenn ein junger Mensch drei Tage fastet, vier Tage fastet, nur morgens was trinkt und ansonsten nur betet. Dann gibt es welche, die lachen kaum, sind immer todernst. Alles was ein bisschen mit Witz zu tun hat, also jede kleine Berührung mit der normalen Welt, wird so angesehen, als hättest du gerade etwas Schreckliches begangen. Diese Blicke können töten. Sie beten mehrmals am Tag, lesen ständig die Bibel, haben keinen Kontakt mit anderen. Sie werfen nie einen Blick auf Frauen.“

(Baptistin, 19 Jahre)

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Reaktionen Jugendlicher auf religiöse und lebensweltliche Totalitätsansprüche

2.) Die Pragmatiker„Einige verknallen sich und behaupten dann, Gott hätte es

ihnen offenbart. Das sind die schlauen Leute.“ (Baptist, 24

Jahre)

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Reaktionen Jugendlicher auf religiöse und lebensweltliche Totalitätsansprüche

3.) Die Aussteiger„Diese Gefühl, in zwei Welten zu sein, das nagt in dir. […] Das war wirklich hart für mich, ich wusste nicht mehr, wohin ich

gehöre. […] Eine Mitte gibt es nicht. Also bin ich gegangen.“ (Baptistin, 22

Jahre)

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Dr. habil. Waldemar Vogelgesang Universität Trier – Soziologie

Sehnsucht nach Orientierung Jahrestagung der Religionslehrerinnen und –lehrer an Gymnasien im Bistum Trier – 06. Mai 2006

Reaktionen Jugendlicher auf religiöse und lebensweltliche Totalitätsansprüche

4.) Die Überforderten„Wir beobachten leider immer wieder, dass sie später Probleme bekommen werden. Wenn sie sich ganz an ihre Religion halten, haben sie Schwierigkeiten, dass sie Kontakt bekommen mit anderen, und wenn sie aus dem Elterhaus raus gehen oder raus gegangen werden, dass sie auf die schiefe Bahn geraten, weil sie mit der neu gewonnen Freiheit nicht klar kommen. Von einem Schüler weiß ich, dass er heute im Gefängnis sitzt. Der hat Freiheit mit Regellosigkeit verwechselt.“

(Leiterin, Hauptschule)

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Sehnsucht nach Orientierung Jahrestagung der Religionslehrerinnen und –lehrer an Gymnasien im Bistum Trier – 06. Mai 2006

Konfliktfelder: Kindergarten und Schule

„Manche von uns haben versucht ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken, aber dann bekommen sie eine Erziehung, sie benehmen sich ganz anders, die Erzieherinnen lassen die Kinder alles machen, was sie wollen. Deswegen, ehrlich gesagt, habe ich Angst meine Kinder dahin zu schicken. Ich habe es zwar einmal versucht, aber dann habe ich selber gesagt: nein.“

(Baptist)

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Konfliktfelder: Kindergarten und Schule

„Die Baptistenfamilien haben auch ihre Kinder überwiegend nicht geschickt, wenn wir Feste hatten: Osterfeier, Weihnachtsfeier, aber auch weltliche Feiern wie Fastnacht, St. Martin.“

(Kindergärtnerin)

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Konfliktfelder: Familie / Schule / Gemeinde„Spirale der Selbstausgrenzung“

Familie „religiöse Gefängnisse“Patriarchale Ordnung: absolute Dominanz des MannesErziehung: Anpassung / Unterwerfung autoritäres vs.autonomes IchVerunsicherungen / Identitätskrisen („Ausbruch als Befreiung“)

Schule „Einfallstor des Teufels“Eltern beanspruchen ‚ausschließl. Erziehungsgewalt‘ (bei allen Themen)Grundsatzkonflikt: allg. Schulpflicht vs. Glaubens- und Gewissensfreiheitreligiöse begründete Schulverweigerung radikale Ablehnung einer inter-religiösen und inter-kulturellen Öffnung .

Gemeinde „Bunkermentalität“‚Brüdergemeinden‘ = gegenmoderne Welt Schutz vor PluralismusKonfessionelle Apartheit: Elite, Auserwähltsein, ‚bessere Menschen‘Fundamentalistische Züge: Radikalisierung religiös-kulturellerZugehörigkeit / Totalitätsanspruch (‚Kontrolle der ganzen Person‘)

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Lena Klasen: Himmel, Hölle, Welt (2001)

„Ich stelle die Behauptung auf, dass es weniger um gelebtes Christ sein als um eine aus einer Diktatur hinübergerettete Tradition geht – um eine christliche Sekte, die ihren Mitgliedern dermaßen strenge Verhaltendregeln auferlegt, wie sie niemand, der in einer Demokratie aufgewachsen ist, der in einer durchschnittlichen deutschen Familie erzogen wurde, auf sich nehmen würde oder könnte, ohne daran zu zerbrechen“