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Der Nürnberger Professor Johann Christoph Sturm (1635—1703), dessen Geburtstag sich dieser Tage zum 375. Male jährt, gilt heute als einer der Väter der Experimentalphysik. Dass er nebenher auch ein engagierter Volks- aufklärer war, belegt jetzt eine Veröf- fentlichung des Erlanger Historikers Klaus Matthäus. Sturm, ab 1669 Inhaber des Lehr- stuhls für Mathematik und Physik an der Nürnbergischen Universität in Alt- dorf, erfreute sich bereits zu Lebzeiten einer gewissen Berühmtheit. Er war Mitglied diverser Gelehrten-Vereini- gungen in ganz Europa, u. a. der Royal Society in London. Seine „Vorlesun- gen über Experimente oder Curiositä- ten“ zeigen ihn als begnadeten Lehrer, der seinen Studenten keine leblosen Theorien eintrichterte, sondern stets das sinnlich Erfahrbare in den Mittel- punkt stellte. Aufsehen erregte seine Angewohn- heit, naturwissenschaftliche Fachaus- drücke aus dem Latein ins Deutsche zu übersetzen. In seinen Versuchsrei- hen beschäftigte er sich zum Beispiel mit der Funktion von so nützlichen Dingen wie dem Thermometer, dem Teleskop oder dem Mikroskop. In einem Gedankenexperiment entwi- ckelte er sogar ein „Luftschiff“. Nach Sturms Auffassung sollte das Licht der Erkenntnis jedoch nicht nur den Universitätshörsaal erhellen, son- dern möglichst die gesamte Menschen- welt. Der Herr Professor sah sich selbst als Kämpfer für die Wahrheit und gegen die leider nur allzu mäch- tige Torheit. Seinen publizistische Waffen waren die so genannten „Eitel- keiten-Calender“, die er zwischen 1669 und 1700 unter dem Pseu- donym „Alethophilus von Uranien“ verfasste. In jedem Heft dieser volks- tümlich aufgemachten Flugschriften- reihe wurde eine andere Art der Narre- tei gegeißelt. Sorgfältige Faksimilie-Ausgabe Erhalten haben sich zum Beispiel je ein Pamphlet gegen „Geld-Narren“, „großsprechende Narren“, „ewig le- ben wollende Narren“, „Mode-Nar- ren“ oder „ihre Freiheit missbrau- chende Narren“. Die allererste Num- mer dieses Periodikums (und die ein- zige, die den Titel „Eitler-Werke-Ca- lender“ trägt) hat nun der Erlanger Geschichtswissenschaftler Klaus Mat- thäus in einer sorgfältig bearbeite- ten Faksimile-Ausgabe veröffentlicht. Der Kunstdruck-Reproduktion des Kalenders von 1669 vorangestellt ist eine umfangreiche Einführung in des- sen Entstehungsgeschichte. Besonders eingehend erläutert Mat- thäus die thematische Pikanterie des ersten Sturm’schen Kalenders. Denn der Verehrer der Göttin Vernunft rei- tet da eine seiner feurigen intellektuel- len Attacken wider die Astrologie, also ausgerechnet gegen jenen aber- gläubischen Unfug, dem das Medium „Schreibkalender“ ursprünglich seine Popularität verdankt. BERND ZACHOW Z Alethophilus von Uranien (Johann Christoph Sturm: Eitelkeiten-Ca- lender für 1669, Verlag HKD, Klaus-Dieter Herbst, Jena, 118 Seiten, davon 54 Seiten farbige Reproduktionen, 38 Euro. - - - - - h Titelbild des „Eitelkeitenkalenders“ aus dem 17. Jahrhundert. Repro: privat t - - g Narren und Eitelkeiten Erlanger Historiker erinnert an einen Volksaufklärer Donnerstag, 4. November 2010 TUR

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Der Nürnberger Professor JohannChristoph Sturm (1635—1703), dessenGeburtstag sich dieser Tage zum 375.Male jährt, gilt heute als einer derVäter der Experimentalphysik. Dass ernebenher auch ein engagierter Volks-aufklärer war, belegt jetzt eine Veröf-fentlichung des Erlanger HistorikersKlaus Matthäus.

Sturm, ab 1669 Inhaber des Lehr-stuhls für Mathematik und Physik ander Nürnbergischen Universität in Alt-dorf, erfreute sich bereits zu Lebzeiteneiner gewissen Berühmtheit. Er warMitglied diverser Gelehrten-Vereini-gungen in ganz Europa, u.a. der RoyalSociety in London. Seine „Vorlesun-gen über Experimente oder Curiositä-ten“ zeigen ihn als begnadeten Lehrer,der seinen Studenten keine leblosenTheorien eintrichterte, sondern stetsdas sinnlich Erfahrbare in den Mittel-punkt stellte.

Aufsehen erregte seine Angewohn-heit, naturwissenschaftliche Fachaus-drücke aus dem Latein ins Deutschezu übersetzen. In seinen Versuchsrei-hen beschäftigte er sich zum Beispielmit der Funktion von so nützlichenDingen wie dem Thermometer, demTeleskop oder dem Mikroskop. Ineinem Gedankenexperiment entwi-ckelte er sogar ein „Luftschiff“.

Nach Sturms Auffassung sollte dasLicht der Erkenntnis jedoch nicht nurden Universitätshörsaal erhellen, son-dern möglichst die gesamte Menschen-welt. Der Herr Professor sah sichselbst als Kämpfer für die Wahrheitund gegen die leider nur allzu mäch-tige Torheit. Seinen publizistischeWaffen waren die so genannten „Eitel-

keiten-Calender“, die er zwischen1669 und 1700 unter dem Pseu-donym „Alethophilus von Uranien“verfasste. In jedem Heft dieser volks-tümlich aufgemachten Flugschriften-reihe wurde eine andere Art der Narre-tei gegeißelt.

Sorgfältige Faksimilie-AusgabeErhalten haben sich zum Beispiel je

ein Pamphlet gegen „Geld-Narren“,„großsprechende Narren“, „ewig le-ben wollende Narren“, „Mode-Nar-ren“ oder „ihre Freiheit missbrau-chende Narren“. Die allererste Num-mer dieses Periodikums (und die ein-zige, die den Titel „Eitler-Werke-Ca-lender“ trägt) hat nun der ErlangerGeschichtswissenschaftler Klaus Mat-thäus in einer sorgfältig bearbeite-ten Faksimile-Ausgabe veröffentlicht.Der Kunstdruck-Reproduktion desKalenders von 1669 vorangestellt isteine umfangreiche Einführung in des-sen Entstehungsgeschichte.

Besonders eingehend erläutert Mat-thäus die thematische Pikanterie desersten Sturm’schen Kalenders. Dennder Verehrer der Göttin Vernunft rei-tet da eine seiner feurigen intellektuel-len Attacken wider die Astrologie,also ausgerechnet gegen jenen aber-gläubischen Unfug, dem das Medium„Schreibkalender“ ursprünglich seinePopularität verdankt.

BERND ZACHOW

Z Alethophilus von Uranien (JohannChristoph Sturm: Eitelkeiten-Ca-lender für 1669, Verlag HKD,Klaus-Dieter Herbst, Jena, 118Seiten, davon 54 Seiten farbigeReproduktionen, 38 Euro.

In der GVE–Konzert-Reihe ist amSonntag um 19 Uhr (Konzerteinfüh-rung ab 18.15 Uhr) in der Ladeshalledas Anima-Eterna-Projekt zu Gast.

„Anima Eterna hat eine Entwick-lung eingeleitet, die man in Zukunftnicht mehr außer Acht lassen kann,wenn man auf glaubwürdige Art undWeise Musik des 19. Jahrhundertsaufführen will.“ Dies schrieb HermanBaeten, Direktor des belgischen Mu-sikforschungszentrums Musica, imJahr 1997. Heute, über zehn Jahre spä-ter, führt Anima Eterna neben Barockund Klassik auch Kompositionenvon Maurice Ravel, Francis Poulenc,Béla Bartók, Georges Gershwin oderManuel de Falla auf – mit Instrumen-ten aus der jeweiligen Entstehungszeit

der Werke und im steten Bemühen,den Hörer der Jetzt-Zeit mit einemmöglichst authentischen Klangerleb-nis zu überraschen. Das Orchester gas-tiert höchst erfolgreich in der ganzenWelt und gilt wegen seiner intelligen-ten Projektgestaltung und wegen sei-nes außerordentlichen Klangsinns füreines der derzeit spannendsten Ensem-bles, die sich auf dem weiten Feldder „historischen Aufführungspraxis“tummeln.

Hauptwerk des Abends ist einwahrhaft unsterblicher „Hit“ des klas-sisch-romantischen Repertoires: die„Symphonie fantastique“ des franzö-sischen Erzromantikers und Chopin-Zeitgenossen Hector Berlioz, die mu-sikgeschichtlich gewissermaßen die„Gründungsurkunde“ der modernen,

romantischen Programm-Musik dar-stellt.

Am 1. März, jährte sich der Geburts-tag von Frédéric Chopin zum 200.Mal. Die Musik des Pianisten-Kom-ponisten ist längst ein Inbegriff fürromantisch-stimmungsvoll-tiefsin-nige (Klavier-)Musik. Nach einigenKonzerten, in denen Solo-Klaviermu-sik von Chopin zu hören war, ehrt derGVE den Jubilar nun auch mit einerAufführung einer seiner Kompositio-nen für Klavier und Orchester: DasErste Klavierkonzert e-Moll op. 11,geschrieben 1830 vom jungen, gerade20-jährigen Chopin. Solist ist derjunge, mit Preisen und Auszeichnun-gen überhäufte französische PianistPascal Amoyel – selbstverständlichauf einem Flügel der Chopin-Zeit.

Titelbild des „Eitelkeitenkalenders“ aus dem 17. Jahrhundert. Repro: privat

Der Walter-Rein-Chor präsentiert amSamstag, 6. November, ab 20 Uhr einHerbstkonzert im Redoutensaal. Die-ses Mal lautet das Motto „Im Zauberschöner Melodien“.

Chorleiter Jürgen Klatte hat wiederein interessantes Programm zusam-mengestellt, das Melodien aus manchbekannten Musicals wie etwa „HelloDolly“, „Kiss me Kate“ oder „WestSide Story“ beinhaltet. Aber auch dieunsterblichen Operettenmelodien fül-len das Programm.

Einer der Höhepunkte des Abendswird die Aufführung der Operette vonFred Raymond, „Maske in Blau“ inder Bearbeitung von Willi Parten undweiter musikalische Querschnitte vonRobert Stolz, Emmerich Kálmán, u.a.

sein. Als Solisten konnte ChorleiterKlatte für den Abend die SopranistinAgnes Hahn-Pautz und den BaritonHubert Gröbel gewinnen.

Chor und Solisten werden am Kla-vier von Wolfgang Jokisch begleitet.Den Kontrabass als weitere musikali-sche Bereicherung wird Alfred Weh-ner spielen. Durch das abwechslungs-reiche Programm führt der am Für-ther Stadttheater ausgebildete Sängerund Conférence Walter Schwarz.

Das Konzert beginnt um 20 Uhr,Einlass ist bereits um 19 Uhr.

Z Karten für diese Veranstaltungsind an den bekannten Vorver-kaufsstellen in Erlangen oderunter Tel. 42850 und an derAbendkasse erhältlich.

Heute gastiert um 21 Uhr die US-Band „We are Scientists“ im E-Werk.

Das Trio aus Brooklyn ist für seinenHumor bekannt — was sich leichtdurch die Videos erklären lässt.

Seit sie 2005 mit ihrem Debut„With Love And Squalor“, das Hitswie „Nobody Move, Nobody GetHurt“ und „It’s A Hit“ beinhaltet, wieaus dem Nichts die internationaleIndie-Szene aufmischten, ist einigespassiert: Drummer Michael Tapperstieg aus der Band aus. Keith Murray(git, voc) und Chris Cain (b, voc) muss-ten einen Nachfolger finden. Glückli-cherweise hatte Andy Burrows genugvon den Eskapaden seines Frontman-nes Johnny Borrell und verließ seineBand „Razorlight“, um fortan bei„We Are Scientists“ mitzumischen.

Bekannt für historische Aufführungspraxis: Das Symphonieorchester Anima Eterna aus Brügge. Foto: Alex Vanhee

Narren und EitelkeitenErlanger Historiker erinnert an einen Volksaufklärer

Mit außerordentlichem KlangsinnDas Anima-Eterna-Projekt gastiert in der GVE-Reihe am Sonntag in der Ladeshalle

„Zauber schöner Melodien“Herbstkonzert des Walter-Rein-Chors am Samstag

Indie-Rock-Triomit Sinn für Humor„We are Scientists“ im E-Werk

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