Selbstwirksamkeit und individuelle...
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Selbstwirksamkeit und individuelle Förderung
Präsentation nach einem Vortrag von Prof. Dr. Matthias Jerusalemam 10.6.2010 in Münster
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Das Konzept der Selbstwirksamkeit
„Motivation, Gefühle und Handlungen von Menschen resultieren in stärkerem Maße daraus, woran sie glauben oder wovon sie überzeugt sind,
und weniger daraus, was objektiv der Fall ist.“Albert Bandura
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Das Konzept der Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit kennzeichnet die persönliche Überzeugung, schwierige Anforderungen aus eigener Kraft meistern zu können.Selbstwirksamkeit ist ein Schlüssel zur kompetenten Selbstregulation, indem sie Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst. Sie stärkt Motivation und Willenskraft und fördert anspruchsvolle Zielsetzungen, Anstrengung, Ausdauer und Leistung.Diese Einflüsse sind weitgehend unabhängig von den tatsächlichen Fähigkeiten.
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Schlüsselkompetenzen (OECD)
Entwicklung und Erfahrungen
Bewältigungskompetenzen
Bewältigungserfahrungen
Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit
Ziele individueller Entwicklungsförderung
körperliche Entwicklung soziale Entwicklung geistig-seelische Entwicklung
physische Kompetenzen soziale Kompetenzen kognitiv-emotionale Kompetenzen
Nutzung von „Tools“(Wissen, Technologien)
Handeln in sozial heterogenen Gruppen Selbständiges Handeln
Bildung und Erziehung
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Selbstwirksamkeit und Selbstregulation
Bei gleicher Fähigkeit finden sich bei Kindern und Jugendlichen mit höherer Selbstwirksamkeit gegenüber solchen mit niedriger Selbstwirksamkeit:• größere Anstrengung und Ausdauer• höheres Anspruchsniveau• effektiveres Arbeitszeitmanagement• größere strategische Flexibilität bei Problemlösungen• bessere Leistungen• realistischere Selbsteinschätzungen• motivationsförderlichere Erklärungen für eigene Leistungen
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Leistungen in Abhängigkeit von Fähigkeit und Selbstwirksamkeit
Leistungen in Abhängigkeit vonFähigkeit und Selbstwirksamkeit
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70
niedrige mittlere hohe
Hohe Selbstwirksamkeit
Niedrige Selbstwirksamkeit
Aufgabenlösung (Mathematik) in Prozent
Fähigkeit
Aus Bandura, 1997, S. 215; nach Collins, 1982© Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie 2010 6
Selbstwirksamkeit entstehtdurch Erfolgserfahrungen
• Direkte persönliche Erfolgserfahrung („Mastery Experience“)
• Indirekte oder stellvertretende Erfolgserfahrung (Verhaltensmodelle)
• Symbolische Erfolgserfahrung (sprachliche Überzeugung, Ermutigung)
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Individualisierung und Selbstwirksamkeit!"#$%$#&'($)$*+&",-&"#-.*(/)01$+2)'32*$0
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Schulbezogene Selbstwirksamkeit
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Messzeitpunkte Mittag & Jerusalem, 2002
© Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie 2010 8
Bezugsnormorientierung: Motivationale Effekte
Soziale BNO• Stabile Ursachen (Begabung),
langfristige Erwartung• Klasseninternes Bezugssystem
(Wettbewerb)• Leistungsschwäche wird
besonders deutlich• Über- und Unterforderung durch
Angebotsgleichheit• Fehlbeurteilungen der Fähigkeiten
von Schülern („Pygmalion“)
Individuelle BNO• Variable Ursachen, kurzfristige
Erwartung (Anstrengung, Entwicklungspotenzial)
• Klarer Zusammenhang von Anstrengung und Leistung
• Lernzuwachs erlebbar ➔ optimistische Einschätzungen von Leistungsentwicklung und Leistungspotential
• Höhere Selbstwirksamkeit• Mehr Motivation
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Persönliche Fortschritte erleben durch:
• Bewältigbare und herausfordernde Anforderungen• Bewertung persönlicher Fortschritte • Konkrete Nahziele und häufiges Feedback • Motivationsförderliche Erklärungen für Leistungen• Transparenz von Anforderungen, Bewertungen • Fehlertoleranz und Lernorientierung • Ermutigung und Anerkennung • Selbstbestimmtes Lernen• Ziele müssen erkennbar sein und erreichbar erscheinen
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Selbstwirksamkeit durch Nahziele (Lernentwicklung fokussieren)• Häufig, direkt und regelmäßig Feedback zu erreichten Fortschritten geben. • Konkrete, spezifische Nahziele lassen Fortschritte besser erkennen und
erleichtern Feedback. • Nahziele sind nicht zu schwierig und vermitteln durch Engagement
erreichbare Erfolge• Die Unterteilung komplexer Ziele in Teilziele erhalten Engagement und
Motivation und mindert das Risiko von Aufgeben und Resignation, wenn das eigene Anspruchsniveau nicht sofort erreicht wird.
• Nahziele öffnen Wege zu höheren Zielen durch viele kleine Fortschritte, die erlebnismäßig mit persönlichem Kompetenzzuwachs einhergehen
• Nahziele sollten Herausforderungserleben provozieren, wodurch Selbstverpflichtung und Engagement steigen.
• Erfahrungen vieler kleiner Fortschritte (von Nahziel zu Nahziel) sind unerlässlich für den Aufbau, die Stärkung und Stabilisierung von Selbstwirksamkeit
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Transparenz und Motivation
Transparenz reduziert Stress und erhöht die Effizienz der Vorbereitung auf Anforderungen:
• Anforderungen (Lernziele, Anforderungsformen, Aufgabentypen)• Vorbereitungsmöglichkeiten (Quellen, Lernstrategien)• Kriterien der Leistungsbewertung• (Gewichtung, Zuordnung Punkte, Fehler zu Noten)
Davon profitieren Lernen und Leistung,Erfolgswahrscheinlichkeit und Selbstwirksamkeit
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Motivationale OrientierungenUnterschiede: Lern- & Leistungszielorientierung
Lernzielorientierung– Vornehmliche
Beschäftigung mit dem Erwerb neuer Fähigkeiten und Fertigkeiten.
– Bemühen, ständig die Kompetenzen zu steigern.
– Leistungsverhalten ist üblicherweise intrinsisch motiviert.
– Vorherrschen einer individuellen Vergleichsperspektive zur Bewertung von Leistungen.
Leistungszielorientierung– Vornehmliche
Beschäftigung mit Leistungssituationen und sozialen Vergleichen.
– Bemühen, ständig eigene Stärken zu zeigen.
– Leistungsverhalten ist üblicherweise extrinsisch motiviert.
– Vorherrschen einer sozialen Vergleichsperspektive zur Bewertung von Leistungen.
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Motivationale Orientierungen: Schulische Leistungen
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Begabungskonzept, Zielorientierung und Leistung
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Stiensmeier-Pelster et al. (1996)
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25© Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie 2010 14
Motivationale Orientierungen:Trennung von Lern- und Leistungsraum
Lernraum• „Zeit zu lernen und
mich zu verbessern“• benotungsfreier Raum
(kein diagnosefreier Raum!)
• Ergebnissicherung (notenfrei!)
• individuelle Bezugsnorm • Lernziele &
Lernmotivation
Leistungsraum• „Zeit zu zeigen,
was ich gelernt habe“• leisten kann man erst
nach dem Lernen• Leistungsbewertung
(Noten) • verschiedene
Bezugsnormen• Leistungsziele &
Leistungsmotivation15
Motivationale Orientierungen: Schulische Selbstwirksamkeit bei unterschiedlicher Fehlertoleranz
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Keine Fehlertoleranz
Fehlertoleranzin allen Fächern
Fehlertoleranz in 50% der Fächer
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Klima und Wertschätzung in der Schule
• Förderung eines günstigen emotionalen Klimas • Aufbau eines wertschätzenden Verhaltens • Abbau aggressiven und kränkenden Verhaltens
– die Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen zu achten/respektieren
– Ermutigen, Interesse zeigen, sich engagieren, Geduld entgegenbringen. Bedürfnisse berücksichtigen
– nicht bloßstellen, demütigen, ignorieren, auslachen, ausschimpfen, Angst einflößen
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Klassenklima und Hilflosigkeit!"#$$%&'"()#*+&,*-("."/$(0'%(1
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Beginn 5.Schuljahr
Ende 6.Schujahr
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(Jerusalem 1999)
negatives Klassenklima
positives Klassenklima
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Kooperatives Lernen & Selbstwirksamkeit
• Kooperatives Lernen fördert ein günstiges Sozialklima, soziale Kompetenzen und Selbstwirksamkeit– Direkte Erfolgserfahrungen in der interaktiven Auseinandersetzung
mit relevanten Peers– Stellvertretende Erfolgserfahrungen durch Peers als Modelle für
die Bewältigung fachlicher und sozialer Anforderungen– Symbolische Erfolgserfahrungen jüber Ermutigung durch andere
Peers bzw. Gruppenmitglieder
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Selbstbestimmtes Lernen
• Selbstbestimmtes Lernen beeinflusst in positiver Weise• die emotionale Qualität des Lernprozesses,• die Qualität der Ergebnisse,• die Bereitschaft zum Weiterlernen,• die Anwendung des Gelernten außerhalb der Schule
(Transfer)• die Erfahrung von Selbstwirksamkeit
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Selbstbestimmtes Lernen:Wahlmöglichkeiten im Unterricht
Wahl• des Themengebietes • des konkreten Inhalts einer Stunde• der Methode • der Schwierigkeit• der Sozialformen • des Zeitpunkts• der Zeitdauer • des Arbeitsortes
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Selbstbestimmtes Lernen:Selbstregulation im Unterricht
Was ist die Ausgangslage?
Was würde helfen?
Was kann ich selbst tun?
Das will ich tun!Was muss ich wann, wie und wo tun?
Wie fange ich an?
Wie halte ich durch?
Was habe ich erreicht?
➊
➋
➌
➍➎
➏
➐
➑
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Zusammenfassung
Individualisierung
Erfolgsperspektive ErmutigungNahzieleHerausforderungTransparenzFehlertoleranz Fortschritte feststellen & bewerten
Soziale Einbindung
Wertschätzung Demokratische Erziehungskultur Kooperatives Lernen Gutes soziales Klima
DiagnoseRegelnVerantwortungFeedback
Selbst-bestimmungWahl-möglichkeiten Freiräume öffnen Selbst-bestimmtes Lernen fördernSelbstregulation anregen, planen, begleiten und unterstützen
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