So i(s)st Deutschland 2011 Nestlé Studie 2011 … · 2015-01-20 · Bereits zum zweiten Mal legt...
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Nestle-Studie 2011 - Zusammenfassung
So i(s)st Deutschland 2011
Nestlé Studie 2011 analysiert Einfluss gesellschaftlicher Veränderungen auf das Ernährungsverhalten: Die Entstrukturierung des Alltags nimmt zu, gesunde Ernährung wird wichtiger, Preissensibilität lässt nach und regionale Produkte schlagen Bio.
Bereits zum zweiten Mal legt Nestlé Deutschland 2011 eine umfassende und erweiterte
Studie über das Ernährungsverhalten der Menschen in Deutschland vor. Darin wird der
Einfluss gesellschaftlicher Veränderungen auf das Ernährungsverhalten analysiert. Es
werden neue Faktoren wie Programmierung durch die Erziehung, Nachhaltigkeit und
Einkaufsverhalten untersucht, und es werden Trendverschiebungen gegenüber 2009
aufgezeigt. Grundlage der aktuellen Studie sind über 10.000 Befragungen, die durch das
Institut für Demoskopie Allensbach, die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Ipsos
Deutschland sowie Icon Kids & Youth durchgeführt wurden.
Die wichtigsten Ergebnisse
• Entstrukturierung des Alltags nimmt weiter zu. Gegessen wird, wenn Zeit dafür ist
• „Snacking“ und „Out-of-Home“-Verzehr sind die Zukunftstrends
• Familie prägt Ernährungsverhalten der Kinder nach wie vor am stärksten
• Trotz Krise: Preissensibilität sinkt, gutes Essen und Trinken wird wichtiger
• Verbraucher legen mehr Wert auf regionale Produkte als auf Bio
• Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung überfordern viele Verbraucher
Entstrukturierung des Alltags
Eine der wichtigsten Veränderungen des Alltags ist die sukzessive Entstrukturierung der
Tagesabläufe. Seit 2009 ist der Anteil derjenigen, die ständig oder zumindest teilweise
wechselnde Tagesabläufe haben, weiter gestiegen. Bei den 20- bis 29-Jährigen von 47
Prozent auf 52 Prozent, bei den Berufstätigen von 37 Prozent auf 41 Prozent (Grafik 1). Das
Berufsleben ist denn auch zentraler Faktor bei der zunehmenden Entstrukturierung des
Alltags: Rund jeder sechste Berufstätige arbeitet 50 Stunden und mehr in der Woche; 17
Prozent machen Schichtarbeit; 10 Prozent arbeiten selbständig oder freiberuflich. Auffallend
auch: Lange Arbeitszeiten führen bei Frauen noch mehr als bei Männern zu einer
Entstrukturierung des Tagesablaufs. So berichten 36 Prozent der Männer, aber 43 Prozent
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der Frauen, die zwischen 40 und 49 Stunden wöchentlich arbeiten, über unregelmäßige
Tagesabläufe; noch größer ist der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen
Berufstätigen, wenn die wöchentlichen Arbeitszeiten 50 Stunden überschreiten, hier geben
64 Prozent der Frauen und nur 52 Prozent der Männer an, unregelmäßige Tagesabläufe zu
haben.
Insgesamt beeinflusst die Entstrukturierung der Tagesabläufe das Ernährungsverhalten der
Deutschen erheblich, insbesondere die Struktur und Frequenz der täglichen Ernährung.
Menschen mit wenig regelmäßigem Tagesablauf essen nur selten zu festgelegten
Tageszeiten. Statt des Hungerbedürfnisses bestimmen freie Zeitfenster, ob und wann
gegessen wird. Von Personen mit einem relativ unregelmäßigen Tagesablauf essen 43
Prozent dann, wenn sich gerade eine Möglichkeit ergibt, 31 Prozent, wenn sie Hunger
haben, und nur 20 Prozent zu festgelegten Tageszeiten.
Bei der Sensibilisierung für das Thema Ernährung gibt es indes eklatante Unterschiede
zwischen Männern und Frauen. So geben 56 Prozent der Frauen an, sich sehr viele oder
viele Gedanken über ihre Ernährung zu machen, bei den Männern sind dies nur 32 Prozent.
Ernährungstrends: „Snacking“ und „Out-of-Home“
Die Unregelmäßigkeit der Tagesverläufe hat zur Folge, dass Hauptmahlzeiten teilweise
durch Kleinigkeiten, sprich „Snacks“, substituiert werden. Dies ist vor allem bei den Jüngeren
weit verbreitet: Mehr als zwei Drittel der unter 30-Jährigen essen zumindest ab und zu statt
einer Hauptmahlzeit eine Kleinigkeit; rund jeder Sechste ersetzt sogar täglich oder fast
täglich eine Hauptmahlzeit durch eine Kleinigkeit. Vor allem junge Singles und junge Paare
ohne Kinder ersetzen auf diese Weise Hauptmahlzeiten (Grafik 2).
Insbesondere Berufstätige sind zudem darauf angewiesen, ihre Ernährung außer Haus so zu
organisieren, dass sie ihren Bedürfnissen entspricht. Während bei den Nichtberufstätigen
rund 90 Prozent und mehr ihre Hauptmahlzeiten – Frühstück, Mittagessen, Abendessen – zu
Hause zu sich nehmen, findet bei zwei Dritteln der Berufstätigen das Mittagessen außer
Haus statt; das Frühstück nehmen meistens oder zumindest gelegentlich 27 Prozent der
Berufstätigen nicht zu Hause ein, von den Vollzeit-Berufstätigen verpflegen sich 80 Prozent
mittags außer Haus. Entsprechend sieht das Ernährungsverhalten über den Tag verteilt aus
(Grafik3).
Dabei haben die Möglichkeiten, sich außer Haus zu ernähren, in den letzten Jahren deutlich
zugenommen. Und fast alle Out-of-Home-Angebote werden von den Jüngeren deutlich
häufiger genutzt als von den Älteren. So essen 52 Prozent der 14 bis 29-Jährigen
mindestens einmal im Monat in einer Bäckerei, aber nur 29 Prozent der 45- bis 59-Jährigen.
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Fastfood-Restaurants besuchen 41 Prozent der Jüngeren mindestens einmal im Monat und
nur 7 Prozent der 45- bis 59-Jährigen.
Familie programmiert das Ernährungsverhalten der Kinder
Für fast alle Lebensbereiche, auch für die Ernährung, ist die Familie die wichtigste
Sozialisationsinstanz für Kinder; erst danach folgen Betreuungseinrichtungen, Schule und
Freunde. Die vielschichtigen strukturellen Veränderungen stellen jedoch auch die Familien
bei der Umsetzung einer gesunden Ernährung vor wachsende Herausforderungen. Aus Sicht
der Bevölkerung ist heute eine ungesunde und unregelmäßige Ernährung eines der
Hauptprobleme von Kindern. 68 Prozent der Deutschen, auch zwei Drittel der Eltern von
Kindern unter 18 Jahren, sind der Auffassung, dass Übergewicht und eine ungesunde,
unausgewogene Ernährung von Kindern heute weit verbreitete Probleme sind.
Mit 66 Prozent entsprechend hoch ist deshalb heute der Anteil jener Eltern mit Kindern unter
16 Jahren, die bei der Erziehung besonderen Wert auf eine gesunde Lebensweise legen.
Besonders deutlich wird hier ein Trend im Vergleich mit den Erziehungsgewohnheiten der
Vorgeneration: Denn nur bei 33 Prozent der eben genannten legten auch deren Eltern
bereits besonderen Wert auf eine Erziehung zu gesunder Lebensweise (Grafik 4).
Allerdings hängt die Einstellung zu einer gesunden Lebensweise und der entsprechenden
Erziehung der Kinder auch vom sozialen Status der Eltern ab, da dieser – zumindest
teilweise – auch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ernährungstyp prägt. Denn gerade
in den sozial schwächeren Schichten sind die Ernährungstypen „Maßlose“ und
„Leidenschaftslose“ überdurchschnittlich vertreten, und damit jene Ernährungstypen, die sich
weniger Gedanken über gesunde Ernährung machen. In Zahlen schlägt sich dies dann wie
folgt nieder: 76 Prozent der Eltern mit hohem sozioökonomischem Status ist wichtig, ihre
Kinder zu einer gesunden Lebensweise zu erziehen, in der Mittelschicht sind es 62 Prozent,
in den Schichten mit niedrigen sozioökonomischen Status 47 Prozent. Die Aussage „Ich
achte darauf, dass mein Kind schon früh, z.B. im Kindergartenalter lernt, sich gesund und
ausgewogen zu ernähren“, bejahen 58 Prozent der Eltern aus höheren Schichten, 53
Prozent der Mittelschicht und 45 Prozent aus unteren Schichten (Grafik 5).
Trotz Wirtschaftskrise: Preissensibilität sinkt, gutes Essen wird wichtiger
Anders als in anderen europäischen Ländern hat die Wirtschaftskrise in Deutschland nur in
sehr begrenztem Umfang auf den Arbeitsmarkt und damit auf das Leben der Menschen
durchgeschlagen. Entsprechend hat sich auch das Konsum- und Ausgabeverhalten
insgesamt kaum verändert. Die Entspannung der wirtschaftlichen Lage und vielfache
Preisrunden des Handels tragen dazu bei, dass die ausgeprägte Preisorientierung der
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Verbraucher zurückgeht. Der Anteil der Verbraucher, die beim Einkauf besonders auf
niedrige Preise achten, ist seit 2009 von 48 auf 39 Prozent zurückgegangen, der Anteil, dem
ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis besonders wichtig ist, von 66 auf 58 Prozent.
Interessant ist dabei, dass sich dieser Trend gerade auch in den unteren
Einkommensgruppen zeigt. So sind nur noch für 54 Prozent der Verbraucher mit einem
monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 1.500 Euro niedrige Preise beim
Lebensmittelkauf sehr wichtig, 2009 traf dies noch auf 64 Prozent zu (Grafik 6).
Unterstrichen wird dieser Trend durch die Tatsache, dass nicht nur die Bedeutung von gutem
Essen und Trinken als Ausdruck von Lebensqualität zunimmt – von 53 Prozent auf 56
Prozent. Auch der Anteil der Bevölkerung, für die eine gute Ernährung im eigenen Leben
eine große oder sehr große Rolle spielt, ist seit 2009 von 63 auf 69 Prozent gestiegen.
Insbesondere für Ernährungstypen, die sich nicht sonderlich um ihre Ernährung kümmern
und dieser eher gleichgültig gegenüberstehen, wie z.B. „Gehetzte“ (plus 11 Prozentpunkte)
oder „Leidenschaftslose“ (plus 10 Prozentpunkte), spielt Ernährung heute eine größere Rolle
als noch vor zwei Jahren (Grafik 7).
Regionale Produkte vs. Bio – nicht alle Gütesiegel sind bekannt
Auf der Suche nach gesunden Lebensmitteln liegen regionale Produkte klar vor Bio-
Angeboten. So kaufen 37 Prozent der Bevölkerung regelmäßig Produkte aus der Region,
weitere 44 Prozent zumindest gelegentlich. Bio-Produkte hingegen werden nur von 13
Prozent regelmäßig und von weiteren 32 Prozent gelegentlich gekauft (Grafik 8).
Interessant ist der Bedeutungsunterschied zwischen regional und Bio für die Verbraucher:
Beim Kauf von Bio-Produkten folgt der Verbraucher eher einem selbstbezogenen Motiv, wie
dass sie gut für die eigene Gesundheit sind. „Regional“ steht im Gegensatz dazu für den
Verbraucher für eine Bandbreite an Themen wie Frische, Förderung der lokalen Wirtschaft,
kurze Lieferwege und Wissen um die Herkunft der Produkte – und somit auch für
Dimensionen eines nachhaltigen Wirtschaftens.
Bei den Qualitäts- und Gütesiegeln gibt es große Unterschiede in der Bekanntheit und
Akzeptanz. Gleichzeitig wirkt die Vielzahl an Siegeln wenig aufklärend und verwirrend.
Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung
Kaum ein Thema hat in den vergangenen zwei Jahren derart an Prominenz im
Lebensmittelbereich gewonnen wie das Thema „Nachhaltigkeit“. Die Diskussion leidet
allerdings nicht zuletzt daran, dass der Begriff für die Menschen nur eingeschränkt bekannt
und wenig konkret ist. Nur rund zwei Drittel der Bevölkerung haben den Begriff bereits
gehört, davon ist nur gut die Hälfte in der Lage, den Begriff von sich aus sinnvoll mit Inhalt zu
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füllen – allerdings auch in der Regel nur auf eine sehr diffuse Art und Weise. 25 Prozent
umschreiben Nachhaltigkeit einfach mit einer längerfristigen Perspektive und anhaltenden
Wirkung, 9 Prozent mit verantwortungsbewusstem Handeln, 6 Prozent mit der konsequenten
Verfolgung von Zielen (Grafik 9).
Auch den Begriff soziale Verantwortung in Zusammenhang mit Nahrungsmittelproduktion
und Ernährung mit Inhalt zu füllen, fällt der Bevölkerung schwer. 38 Prozent reagieren auf
die Frage ratlos, noch am ehesten wird der Begriff mit Fairness assoziiert – gegenüber
Lieferanten, Mitarbeitern oder bei der Preisgestaltung. Zudem klaffen im Kontext sozialer
Verantwortung Anspruch und Zahlungsbereitschaft teils weit auseinander: So halten es etwa
66 Prozent der Bevölkerung für wichtig, dass bei der Erzeugung von Lebensmitteln
Kinderarbeit vermieden wird, aber nur 31 Prozent würden für entsprechende Produkte einen
nennenswerten Aufpreis akzeptieren. Artgerechte Haltung von Tieren ist für 60 Prozent
besonders wichtig, dafür zahlen würden jedoch nur 33 Prozent, beim Verzicht auf
Gentechnik ist das Verhältnis 62 Prozent zu 27 Prozent (Grafik 10).
Informationsquellen
Bei den Informationsquellen, die zum Thema Ernährung in Erwägung gezogen werden, steht
nach wie vor der persönliche Meinungsaustausch mit Verwandten, Freunden und Bekannten
an der Spitze, gefolgt von spezialisierten Printmedien und Fernsehsendungen. Das Internet
spielt hingegen noch eine untergeordnete Rolle. 36 Prozent der Deutschen würden sich zu
bestimmten Lebensmittelthemen bei der Stiftung Warentest oder Ökotest informieren, 53
Prozent stufen diese Stiftungen grundsätzlich als vertrauenswürdig ein. 18 Prozent würden
auch die Verbraucherzentralen als Informationsquelle in Erwägung ziehen, 37 Prozent
statten sie von vornherein mit einem Vertrauensbonus aus. Nur 8 Prozent der Bevölkerung
würden sich in bestimmten Fällen auch bei Organisationen wie Foodwatch oder Greenpeace
informieren, 17 Prozent stufen sie als vertrauenswürdig ein.