Social media in der verbandskommunikation im verbändereport 01 2011

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VERBAND & KOMMUNIKATION Welche Chancen die Social Media für die Verbandskommunikation bieten und wie die verschiedenen Kanäle miteinander verknüpft und gezielt genutzt werden können, konnten Sie in unseren ersten beiden Artikeln der Serie „Quo vadis, Verbandskommunikation?“ erfahren. Die Autoren haben versucht, auch für die Risiken zu sensibilisieren. Wer den digitalen Dialog mit seinen Stakeholdern beginnt, sollte sich bewusst sein, dass die notwendigen Ressourcen für aktives Kommunizieren, aufmerksames Zuhören und adäquates Reagieren dauerhaft bereitgehalten werden müssen. Quo vadis, Verbandskommunikation? Teil 3: Online Reputation Management – über den guten Ruf, alles, was „hinter dem Rücken“ kommuniziert wird, und wie man den Herausforderungen des Web 2.0 begegnet. AUTOREN > MARC ROSENFELD UND SEBASTIAN GRILLO Vielmehr gilt es auch, sich permanent ein Bild darüber zu verschaffen, welche rele- vanten Themen aus dem jeweiligen Auf- gabenbereich in der Öffentlichkeit disku- tiert werden, wer hierzu welche Position vertritt, wie die Einstellungen der unter- schiedlichen Stakeholder divergieren, bis hin zu der Frage, in welchem Bild der eigene Verband aktuell gesehen wird. Ei- ne dauerhaſte Kontrolle setzt angesichts der Vielfalt der Social Media nicht nur die entsprechenden personellen Ressourcen voraus, sondern erfordert auch ein geeig- DEM DIALOG KANN MAN SICH ON- LINE NICHT ENTZIEHEN. Der bekannte Kommunikationswis- senschaſtler Paul Watzlawick hat einmal betont, dass man nicht „nicht kommuni- zieren“ kann. Recht hat er … Wenn Stake- holder den digitalen Dialog aufgreifen und ihr Anliegen kundtun, erwarten sie zu Recht eine adäquate Reaktion. Bleibt die Reaktion jedoch aus, reagieren die Gesprächspartner zumindest enttäuscht, wenn nicht sogar kritisch. Gerade in Ver- bänden und in der Kommunikation mit internen und externen Stakeholdern, eröffnet das Engagement in den Social Media große Chancen, ist doch der fach- liche Austausch, das basisdemokratische Miteinander eine zentrale und bedeut- same Aufgabe des Verbandsmanagement. Nur so können die jeweiligen Positionen wahrgenommen, diskutiert und kommu- niziert werden. Online Reputation Management (ORM) funktioniert jedoch nicht durch das bloße Reagieren auf das kommu- nikative Engagement der Stakeholder. 28 1|2011

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VERBAND & KOMMUNIKATION

Welche Chancen die Social Media für die Verbandskommunikation bieten und wie

die verschiedenen Kanäle miteinander verknüpft und gezielt genutzt werden können, konnten

Sie in unseren ersten beiden Artikeln der Serie „Quo vadis, Verbandskommunikation?“ erfahren.

Die Autoren haben versucht, auch für die Risiken zu sensibilisieren. Wer den digitalen Dialog

mit seinen Stakeholdern beginnt, sollte sich bewusst sein, dass die notwendigen Ressourcen für

aktives Kommunizieren, aufmerksames Zuhören und adäquates Reagieren

dauerhaft bereitgehalten werden müssen.

Quo vadis, Verbandskommunikation?Teil 3: Online Reputation Management – über den guten Ruf, alles, was „hinter dem Rücken“

kommuniziert wird, und wie man den Herausforderungen des Web 2.0 begegnet.

AUTOREN > MARC ROSENFELD UND SEBASTIAN GRILLO

Vielmehr gilt es auch, sich permanent ein

Bild darüber zu verschaff en, welche rele-

vanten Themen aus dem jeweiligen Auf-

gabenbereich in der Öff entlichkeit disku-

tiert werden, wer hierzu welche Position

vertritt, wie die Einstellungen der unter-

schiedlichen Stakeholder divergieren,

bis hin zu der Frage, in welchem Bild der

eigene Verband aktuell gesehen wird. Ei-

ne dauerhaft e Kontrolle setzt angesichts

der Vielfalt der Social Media nicht nur die

entsprechenden personellen Ressourcen

voraus, sondern erfordert auch ein geeig-

DEM DIALOG KANN MAN SICH ON-

LINE NICHT ENTZIEHEN.

Der bekannte Kommunikationswis-

senschaft ler Paul Watzlawick hat einmal

betont, dass man nicht „nicht kommuni-

zieren“ kann. Recht hat er … Wenn Stake-

holder den digitalen Dialog aufgreifen

und ihr Anliegen kundtun, erwarten sie

zu Recht eine adäquate Reaktion. Bleibt

die Reaktion jedoch aus, reagieren die

Gesprächspartner zumindest enttäuscht,

wenn nicht sogar kritisch. Gerade in Ver-

bänden und in der Kommunikation mit

internen und externen Stakeholdern,

eröff net das Engagement in den Social

Media große Chancen, ist doch der fach-

liche Austausch, das basisdemokratische

Miteinander eine zentrale und bedeut-

same Aufgabe des Verbandsmanagement.

Nur so können die jeweiligen Positionen

wahrgenommen, diskutiert und kommu-

niziert werden.

Online Reputation Management

(ORM) funktioniert jedoch nicht durch

das bloße Reagieren auf das kommu-

nikative Engagement der Stakeholder.

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netes Tool, welches Kommunikations-

verantwortliche bzw. Fachreferenten der

Verbände bei ihrer Arbeit unterstützt.

ORM ZEIGT POTENZIALE FÜR DAS

ENGAGEMENT IN DEN SOCIAL

MEDIA AUF

Das Management in ORM impliziert,

dass nicht nur die Möglichkeit besteht,

sich an dem weltweiten thematischen

Austausch aktiv zu beteiligen, sondern

diesen auch auszuwerten und die eige-

nen Aktivitäten optimieren zu können.

So wird durch ein stringentes ORM auch

deutlich, welche Kanäle in den Social Me-

dia zukünft ig auch für die eigene, aktive

Kommunikation relevant sind.

„GIVE RAINFOREST A BREAK!“ – WIE

SCHLECHTES ORM EINE MARKE BE-

SCHÄDIGEN KANN

Kein oder schlechtes ORM kann im

schlimmsten Fall dazu führen, dass die

eigene Marke Schaden nimmt, nämlich

dann, wenn die Online-Gemeinschaft

sich über ein bestimmtes Thema kritisch

austauscht und der betreff ende Verband

bzw. das betreff ende Unternehmen diese

Äußerungen nicht wahrnimmt und als

Folge auch nicht in der Lage ist, adäquat

zureagieren. Als Beispiel soll hier ein Vor-

dukts Kitkat noch immer Palmöl, für

das in Indonesien die Regenwälder gero-

det werden, sodass der Lebensraum von

Orang Utans zerstört wird. Highlight der

Greenpeace-Kampagne war ein eigens

dafür gedrehtes Video, welches sich viral

sehr schnell von Youtube ausgehend in

der Social-Media-Gemeinde verbreitete

und viel Zuspruch erhielt.

Für Greenpeace entwickelte sich ein

ungeahnter PR-Erfolg, für Nestlé dagegen

weniger. Das PR-Team von Nestlé ging

nun zum altbewährten Gegenangriff

über, verschlimmerte die Sache jedoch

nur noch. Statt off ensiv mit dieser PR-

Aktion umzugehen und die Vorwürfe

sachlich aufzugreifen, ging Nestlé dazu

über, mittels Facebook, Twitter etc. die

üblichen Gegendarstellungen zu verbrei-

ten und sogar Versuche zu unternehmen,

fall zwischen Nestlé und Greenpeace die-

nen, der zwar schon etwas älter ist, jedoch

sehr gut aufzeigt, wie eine NGO einen

multinationalen Konzern wegen dessen

schlechtem ORM angreifen kann.

Haben Sie schon einmal bemerkt, was

passiert, wenn man bei Google die Key-

words „Nestlé“ und „Kitkat“ zusammen

eingibt? Richtig, die Hälft e der Suchergeb-

nisse weist auf eine in den Social Com-

munities sehr bekannte Kampagne von

Greenpeace gegen Nestlé hin.

Was war passiert? Greenpeace hat eine

professionelle, multimediale Kampagne

gegen die Verwendung von Palmöl im

Nestléprodukt „Kitkat“ mit dem Slogan

„Give rainforests a break“ (abgeleitet

vom Kitkatslogan „have a break, have a

Kitkat“) gestartet. Hintergrund, Nestlé

verwendet für die Herstellung des Pro-

Defi nition „Online Reputation Management“ (ORM)

ORM ist die Summe aller Maßnahmen, das Image des eigenen Verbandes in Inter-

netanwendungen wie z. B. Facebook, Twitter, XING, Google etc. zu überwachen

und positiv zu beeinfl ussen. Professionelles ORM ist permanent anzuwenden und

insbesondere in Krisensituationen notwendig, um Schaden von der eigenen Mar-

ke abzuwenden. ORM ist im Prinzip eine Mischung aus Online-PR, Suchmaschinen-

optimierung, Social-Media-Marketing bzw. Social-Media-Optimierung.

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sondere Suchmaschinen sind für ORM

bedeutungsvoll, da in ihnen nach Pro-

dukten, Marken, Positionen gesucht und

recherchiert wird. Befi nden sich bereits

unter den ersten Suchergebnissen rele-

vante Meldungen, die im Zusammen-

hang mit der Verbandsarbeit stehen,

besteht dringender Handlungsbedarf.

Hier stößt man beispielsweise auf Blogs,

Foren oder Content einschlägiger Social-

Media-Kanäle. Diese erreichen teils eine

bedeutende Reichweite, sie also einfach

zu ignorieren, können sich Kommunika-

tionsverantwortliche in Verbänden und

NGO nicht erlauben. Vielmehr lassen

sich hier Meinungen und Einstellungen

der Stakeholder ablesen, welche die in-

haltlichen Positionen gerade von Inte-

ressenvertretungen beeinfl ussen kön-

nen. Die Vielfalt der Social-Media-Kanäle

lassen sich ohne geeignete Tools jedoch

kaum überwachen. Hier helfen kosten-

freie wie kostenpfl ichtige Angebote so-

wie professionelle Dienstleister weiter.

Sogenannte Social-Media-Monitoring

Instrumente sind beispielsweise: www.

google.com, www.twitter.com, www.

hootsuite.com, www.netvibes.com,

www.radian6.com.

MULTIPLIKATOREN IDENTIFIZIEREN

Kennen Kommunikationsverant-

wortliche die Einstellungen ihrer Sta-

keholder zu den aktuellen Themen,

wissen sie, wie die Stakeholder zu dem

Verband und seinen Positionen stehen,

ist jedoch erst der Anfang getan. Nun

gilt es, opportune Multiplikatoren zu

identifizieren und geeignete Maßnah-

men zu ergreifen, um deren Position zu

widerlegen bzw. die eigenen Positionen

prägnanter zu kommunizieren. Die fol-

gende Checkliste soll einen Ansatz lie-

fern, die eigene Reputation aktiv in den

digitalen Medien zu managen.

Verbände und NGO sind schon viele

Jahre höchst professionell, wenn es um

die Nutzung der PR und Öff entlichkeits-

arbeit geht. Sie ist das Instrument, mit

das Video zu löschen bzw. dessen Verbrei-

tung gerichtlich verbieten zu lassen. Das

Gegenteil passierte, da die Community

eben genau diese Gegenmaßnahmen sei-

tens Nestlé registrierte und sich auf diese

stürzte. Viel zu spät lenkte Nestlé ein und

erklärte, Palmöl nun doch nicht mehr

zur Produktion von Kitkat verwenden

zu wollen und in Zukunft mit den betref-

fenden Lieferanten aus Indonesien nicht

mehr zusammenzuarbeiten. Diese Kam-

pagne ging jedoch in der bereits weitver-

breiteten Greenpeace-„Give rainforests a

break“-Kampagne unter.

Nur langsam wird verstanden, dass,

wenn man bei solchen gegen in diesem Fall

das eigene Unternehmen bzw. den eigenen

Verband gerichteten Negativkampagnen

mit gerichtlichen Schritten, Zensurversu-

chen und Unterbindungsversuchen rea-

giert, sich die Webgemeinde gerade auf die-

se Art des Gegensteuerns stürzt und medial

ausschlachtet. Althergebrachte Methoden

der PR-Abteilungen, mit Gegendarstel-

lungen, vorgefertigten Phrasen etc. gegen-

zusteuern, zeigen heute immer weniger die

gewünschte Wirkung.

MIT WELCHEN INSTRUMENTEN

LÄSST SICH DIE EIGENE REPUTATION

MANAGEN?

Das zentrale Instrument für die Identifi -

zierung aktueller Themen der jeweiligen

Stakeholder sowie die Überwachung der

eigenen Reputation sind die gängigen

Suchmaschinen (z. B. Google), Social-

Media-Anwendungen (Communities –

Facebook & Co., Twitter etc.) sowie the-

menrelevante Blogs und Foren. Insbe-

Checkliste Online Reputation Management

1. Defi nieren Sie Themen, Marken, Angebote, Personen (Keywords), über die Sie

sich täglich im Web 2.0 informieren (vgl. Social-Media-Maßnahmenplan aus

Verbändereport 09/2010)

2. Nutzen Sie Monitoring Tools, um sich täglich über aktuelle Meldungen zu in-

formieren

3. Bewerten Sie die erhaltenen Informationen (Quantität, Bewertung, Einfl uss

bzw. Reichweite)

4. Permanente Suchmaschinenoptimierung (SEO) garantiert Topeinträge bei

Suchmaschinenergebnissen

5. Online-PR über gängige PR-Portale distribuieren, um SEO-Maßnahmen zu

unterstützen

6. Im Falle negativer Meldungen besonnen reagieren und im Vorfeld einen

internen Workfl ow defi nieren

7. Suchen Sie den direkten Kontakt zu sich äußernden Personen (z. B. Inhaber

von Blogs – Domaininhaber durch www.denic.de)

8. Meldungen nicht ignorieren, sondern sachlich reagieren (keine Anfein-

dungen, Löschung von Kommentaren der User, Androhung von Abmahnungen

etc.)

Social Media Kanäle lassen sich ohne

geeignete Tools jedoch kaum überwachen.

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welchem sich Agenda Setting betreiben

ließ, Stakeholder über aktuelle Positi-

onen der jeweiligen Organisation in-

formiert und Medien bedient wurden.

Das ist heute immer noch so, jedoch be-

kommt die PR und Öff entlichkeitsarbeit

eine zunehmend bedeutendere Dimen-

sion – die Online-PR. Sie beschreibt die

verantwortliche umfassend auf die He-

rausforderungen, aber auch die Chancen

des Web 2.0 vorbereiten.

Teil 1 und 2 der Serie unter:

→ www.verbaende.com/fachartikel

(mit Kennzeichnung:

geschützter Bereich für Abonnenten

und DGVM-Mitglieder)

→ www.google.com

→ www.twitter.com

→ www.hootsuite.com

→ www.netvibes.com

→ www.radian6.com

Nutzung der digitalen Medien für die PR

und Öff entlichkeitsarbeit. Hierfür die-

nen Communities, Blogs, Foren, Foto-, Vi-

deo- sowie Presseportale. Richtig durch-

geführte Online-PR hat einen wichtigen

Eff ekt auf die Ergebnisse in den Suchma-

schinen. So können Kommunikations-

verantwortliche aktiv die eigene Online

Reputation durch schlichtes Verdrängen

kritischen Contents von den relevanten

Plätzen der Suchergebnisse managen.

Online-PR ist ein Instrument mit

ganzheitlicher Wirkung und besonde-

rer Bedeutung für die Nutzung digitaler

Medien in der Verbandskommunikation.

Aus diesem Grund widmen wir diesem

Thema auch den nächsten Artikel in der

Serie „Quo vadis, Verbandskommunika-

tion?“ und möchten Kommunikations-

AUTORENMARC ROSENFELD und SEBASTIAN GRILLO beraten Kunden aus

Deutschland und den USA in den Bereichen Business-Development,

Webdesign, Online- und Social Media Marketing. Beide publizieren

in eigenen Blogs und Fachzeitschriften, agieren als Coaches und Re-

ferenten zu verschiedenen Marketingthemen. Seit Jahresbeginn ist

Marc Rosenfeld Multimedia Manager bei ddp direct GmbH und berät

Verbände und NGO hinsichtlich Produktion und Distribution von mul-

timedialen Pressemeldungen.

Mehr Informationen unter:

→ www.marc-rosenfeld.de

→ www.grillo-webdesign.de

→ www.ddpdirect.de

Ausblick auf die nächsten Themen der Artikel-Serie „Quo vadis, Verbandskommunikation?“

– „Online PR – wie Social Media die Pressearbeit von Verbänden nachhal-

tig verändern.“

– „Omnium consensu – Social Media aus (arbeits-)rechtlicher Perspektive

oder wie Guidelines das Engagement in den Social Media regeln.“

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