SOLLRENDITE FÜR PENSIONSKASSE ODER: HAT DIE MODERNE ... · Einschub: Auch wenn sich in den letzten...

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Erwin W. Heri, Universität Basel und Swiss Finance Institute, Zürich SOLLRENDITE FÜR PENSIONSKASSE ODER: HAT DIE MODERNE PORTFOLIOTHEORIE VERSAGT? Morgenevent, 27. April 2016 1

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Erwin W. Heri, Universität Basel und Swiss Finance Institute, Zürich

SOLLRENDITE FÜR PENSIONSKASSE ODER: HAT DIE MODERNE PORTFOLIOTHEORIE VERSAGT?

Morgenevent, 27. April 2016 1

WAS IST DIE MODERNE PORTFOLIOTHEORIE?…oder vielleicht besser: Was ist sie nicht?

− Sie sagt nicht, wie man rasch reich wird.− Sie sagt nicht, welche Aktien man haben soll

(wenn überhaupt welche).− Sie sagt nicht, wie eine PK sicher nicht in eine

Unterdeckung fällt.− Sie sagt auch nicht, wie man aus einer

Unterdeckung wieder herausfindet.

Ja aber was sagt sie dann?

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Einschub: Auch wenn sich in den letzten 10 Jahren jeder Produktentwickler auf sie beruft – wer will schon nicht «modern» sein -, die moderne Portfoliotheorie stammt aus den 50er und 60er Jahren.

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DREI KERNPUNKTE DER MODERNEN PORTFOLIOTHEORIE

− Portfolioselection: beschreibt erstmalig den systematischen Zusammenhang zwischen einem Risiko- und einem Renditekonzept und zeigt auf, wie Investoren darauf basierend optimale Portfolios zusammenstellen können (Markowitz, 1952).

− Capital Asset Pricing Modell (Bill Sharpe, John Lintner, Jack Treynor, z.B. Sharpe(1963)):

- Ertragsrate eines Wertpapiers ergibt sich konzeptionell aus der risikolosen Verzinsung plus Beta mal einer Risikoprämie.

- Unsystematische Wertpapierrisiken werden nicht abgegolten.

− Theorie effizienter Märkte (Random Walk): An freien Märkten „enthalten“ die Preise der gehandelten Aktiva in jedem Moment jegliche relevante Information (z.B. Fama, 1965).

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EIGENTLICH BEGINNT IMMER ALLES MIT EINER BILANZ

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Obligationen

Freie Mittel

Reserven

Immobilien

Aktien

Freizügigkeits-leistungen

Deckungs-kapital

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Cash Flows Immobilien

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Netto Cash Flows PK Leistungen1'000

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Bilanz XYZ PK

AKTIEN, OBLIGATIONEN UND IMMOBILIEN IN DER SCHWEIZ

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1972 1976 1980 1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008 2012 2016

AKTIEN UND OBLIGATIONENSchweiz (1925-2015)

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1925 1935 1945 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2015

AktienObligationen

…UND WENN WIR ETWAS INS AUSLAND SCHAUEN…

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Aktien USObligationen US

Der US Aktien- und Bondmarkt seit 1800

2011

RENDITEN VON AKTIEN UND OBLIGATIONEN IN 16 LÄNDERN VON 1900 BIS HEUTE

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DER RISIKO/ERTRAGS KONTEXT…

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Immobilien

Obligationen

Aktien

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Anlagerisiko

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Risiko p.a.

Immobilien

Obligationen

Aktien

30% Aktien70% Obligationen

70% Aktien30% Obligationen

Obli60%

Aktien20%

Immo20%

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Aktien40%

Immo20%

EIN WISSENSCHAFTLICHES MÄNTELCHEN DRÜBER…

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…UND DANN WIRD DARAUS EIN BERATUNGSPROZESS…

Morgenevent, 27. April 2016 13Risiko p.a.

Anl

ager

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Rendite p.a.

Immobilien

Obligationen

Aktien

30% Aktien70% Obligationen

70% Aktien30% Obligationen

„Yield “ „Growth“„Mixed“

AKTIEN, OBLIGATIONEN, RENDITESCHWANKUNGEN

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Quelle: Pictet&Cie

DER SPI ÜBER 12 MONATE … UND DARÜBER

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- 23%

DER SPI ÜBER 8 JAHRE … UND DARÜBER

Morgenevent, 27. April 2016 16

DAS PERMANENTE DILEMMA ZWISCHEN DER LANGEN UND DER KURZEN FRIST

−Wirtschaftlich: Langfristige Verpflichtungen

−Buchhalterisch: Marktpreisbewertung der Aktiva (künstliche Volatilität) und der 31.12.!

Morgenevent, 27. April 2016 17

Wenn wir wüssten, woher die langfristigen Trends kommen...Wenn wir wüssten, ob sie nachhaltig sind ...Wenn wir wüssten, woher die Volatilität kommt…

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DER BLICK ZURÜCK: WAS IST VERANTWORTLICH FÜR DEN TREND?

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Wasser-, Textil-, Eisenindustrie

Dampfkraft, Stahlindustrie

Elektrizität, Chemie, Autoindustrie

Petrochemie, Elektizität

Digitalisierung, Neue Medien

Innovationskraft und Gewinndynamik haben die Börsenentwicklung in den letzten 200 Jahren geprägt

UNTERNEHMENSGEWINNE UND BÖRSENKURSE (USA, 1871-2014)

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256.0

1871 1881 1891 1901 1911 1921 1931 1941 1951 1961 1971 1981 1991 2001 2011

1.5%

1.2%

7.0%

6.9%

UND DER BLICK NACH VORNE?

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Glauben Sie, dass diese Dynamik abnimmt?

Wasser-, Textil-, Eisenindustrie

Dampfkraft, Stahlindustrie

Elektrizität, Chemie, Autoindustrie

Petrochemie, Elektizität

Digitalisierung, Neue Medien

Bio-

Nano-

Gen-

etc-Technologien

ABER DIE ZUKUNFT WIRD GENAUZ GLEICH «BLUTIG» WIE DIE VERGANGENHEIT

Morgenevent, 27. April 2016 22

Morgenevent, 27. April 2016 23

Die Performancetreiber der kurzen Frist …

Die Erklärung der Wissenschaft:

ZUSAMMENFASSUNG DER «WISSENSCHAFTLICHEN ERKENNTNIS»:

− Jegliche relevante Information schlägt sich in den Kursen nieder

− Das geschieht sofort, vollständig und ohne Verzögerung

Konsequenz:

− Effiziente Märkte

− Nicht-Prognostizierbarkeit

− Random Walk

− Unterperformance aktiv verwalteter Fonds

Morgenevent, 27. April 2016 24

Die Standardfolgerungen der MPT haben sich bestätigt und gelten nach wie vor. Einige der Annahmen müssen aber (endlich) überdacht werden:

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1. Die rational handelnden Wirtschaftssubjekte

BehavioralEconomics

2. Die Annahmen zu den statistischen Verteilungen

3. Die stationären Korrelationen

AKTIENKURS VERSUS «FUNDAMENTALWERT»

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„Wer

t/Kur

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„teuer“

„günstig“

6-8%

AKTIENKURS VERSUS «FUNDAMENTALWERT»

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„Wer

t/Kur

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„teuer“

„günstig“

AKTIENKURS VERSUS «FUNDAMENTALWERT»

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„Wer

t/Kur

s“

„günstig“

„Hype“Moden und

Mythen, Gerüchte, Medien,

Analysten

AKTIENKURS VERSUS «FUNDAMENTALWERT»

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„Wer

t/Kur

s“

„teuer“

„Negativ-Spiralen“, Moden, Mythen,

Gerüchte, Medien, Analysten

AKTIENKURS VERSUS «FUNDAMENTALWERT»

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„Wer

t/Kur

s“

„teuer“

„günstig“

Langer Anlagehorizont ... klar.

... aber was ist das eigentlich?

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UND WIE LANGE IST DIE «LANGE FRIST»?Das Risiko am CH-Markt Geld zu verlieren

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UND WENN MAN AKTIEN JEWEILS 10 JAHRE GEHALTEN HAT? (jeweiliges Jahr gibt Endjahr an)

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-20%

80%

180%

280%

380%

480%

580%

1925 1935 1945 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2015

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Aber die Renditen. Wo sind sie geblieben?

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BEI DEN KUNDEN JEDENFALLS NICHT…

«HERDING» (I): ANGST UND GIER

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2

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-50 -45 -40 -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60Erträge p.a. [%]

Anzahl Beobachtungen

„Wir brauchen Kapitalsicher-heit. Weg mit den Aktien.“

„The sky isthe limit!

Her mit den Aktien!“

«HERDING» (II): INSTITUTIONAL HERDING (Versicherungen, PK)

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Vorsorgekapitalien und technische Rückstellungen

Reserven und Freie Mittel

Anlagen zur Finanzierung der Verpflichtungen

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-10

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-40

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SCHLUSSFOLGERUNGEN− Die kurze und die lange Frist haben unterschiedliche

Rendite- und Performancetreiber.

− Die moderne Portfoliotheorie entstammt langfristigem Gleichgewichtsdenken und die Problematik der von ihr verwendeten Annahmen ist im langfristigen Kontext vernachlässigbar. Die Modelle finden auch heute noch breite empirische Bestätigung.

− Für die Analyse der kurzfristigen Dynamik (kurzfristige Volatilität, Korrelationen, Risk Management, etc.) muss sie aber durch weitergehendere Modelle ergänzt werden, die insbesondere aus der behavioristischen Welt (Psychologie, Behavioral Economics) stammen.

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OFFENE FRAGEN

−Woher kommen die BVG Restriktionen?− Sollen meine Kinder in die 3. Säule investieren?−Warum gibt es keine kostengünstigen

Anlage(fonds)sparpläne?− Ändern die Robo-Advisors „the name of the

game“?

www.fintool.ch

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LITERATUR− Fama, Eugene (1965), The Behavior of Stock Prices, Journal of Business, Vol.

37, S. 34-105.

− Friedman, Milton (1953), Essays in Positive Economics, University of Chicago Press.

− Kahneman, Daniel (2003), Maps of Bounded Rationality: Psychology forBehavioral Economics, American Economic Review, Vol 93, S. 1449-1475.

− Kahneman, Daniel/Tversky, Amos (1979), Prospect Theory, Econometrica, Vol. 47.

− Kahneman, Daniel/Slovic, Paul/Tversky, Amos, (1982) Judgement underUncertainty: Heuristics and Biases, New York, Cambridge University Press.

− Markowitz, H. (1952), Portfolio Selection, Journal of Finance, Vol 7, No 1, S. 77-91.

− Sharpe, William (1963), A Simplified Model for Portfolio Analysis, Management Science, Vol. 9, S. 277-293.

Morgenevent, 27. April 2016 40