Spektrum Spuren - phzh.ch · Verwischen einer Spur hinterlässt Spu-ren. Haarschuppen,...

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Spektrum | Spuren 8 ph I akzente 4/2011 W ie vom Donner gerührt bleibt Ro- binson Crusoe stehen. Als er um die Mittagszeit zu seinem Boot unter- wegs ist, stösst er am Strand auf den Abdruck eines nackten Männerfusses. Die Spur kann nur eines bedeuten: Er ist nicht allein auf dieser Insel. 250 Jahre nach Erscheinen von De- foes Roman wäre Neil Armstrong nicht weniger erschrocken, wenn er im Mond- sand menschliche Fussstapfen entdeckt hätte. Die Astronauten der Apollo-11- Mission betreten am 20. Juli 1969 als ers- te Menschen die Mondoberfläche – das Foto mit dem grob gerillten Sohlenab- druck eines Moonboots geht um die Welt. Spuren deuten stets auf Vergange- nes. Die frische Fährte einer Gazelle an der Tränke oder das versteinerte Tritt- siegel einer T-Rex-Pranke sind Hinweis (und Nachweis), dass diese Tiere leib- haftig hier waren. Die materielle Ein- druckspur entsteht durch direkten kör- perlichen Kontakt, aber die so erzeugte Hohlform verweist auf etwas Abwesen- des. «Die Spur zeigt etwas an, was zum Zeitpunkt des Spurenlesens irreversibel Spuren gehören zu den geheimnisvollsten Hinterlassen- schaften der Menschheit. Eine Zeitreise von den Anfängen der Spurenjagd im alten England bis zur spektakulären Tatortermittlung in Hollywoods Serien-Fabrik. | Daniel Ammann Fussspuren, Fingerabdruck und moderne Forensik Stumme Zeugen Foto: flickr/dynamosquito

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Spektrum | Spuren

8 ph I akzente 4/2011

Wie vom Donner gerührt bleibt Ro-

binson Crusoe stehen. Als er um

die Mittagszeit zu seinem Boot unter-

wegs ist, stösst er am Strand auf den

Abdruck eines nackten Männerfusses.

Die Spur kann nur eines bedeuten: Er ist

nicht allein auf dieser Insel.

250 Jahre nach Erscheinen von De-

foes Roman wäre Neil Armstrong nicht

weniger erschrocken, wenn er im Mond-

sand menschliche Fussstapfen entdeckt

hätte. Die Astronauten der Apollo-11-

Mission betreten am 20. Juli 1969 als ers-

te Menschen die Mondoberfläche – das

Foto mit dem grob gerillten Sohlenab-

druck eines Moonboots geht um die Welt.

Spuren deuten stets auf Vergange-

nes. Die frische Fährte einer Gazelle an

der Tränke oder das versteinerte Tritt-

siegel einer T-Rex-Pranke sind Hinweis

(und Nachweis), dass diese Tiere leib-

haftig hier waren. Die materielle Ein-

druckspur entsteht durch direkten kör-

perlichen Kontakt, aber die so erzeugte

Hohlform verweist auf etwas Abwesen-

des. «Die Spur zeigt etwas an, was zum

Zeitpunkt des Spurenlesens irreversibel

Spuren gehören zu den geheimnisvollsten Hinterlassen-schaften der Menschheit. Eine Zeitreise von den Anfängen der Spurenjagd im alten England bis zur spektakulären Tatortermittlung in Hollywoods Serien-Fabrik. | Daniel Ammann

Fussspuren, Fingerabdruck und moderne Forensik

Stumme Zeugen

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vergangen ist», hält die Philosophin Sy-

bille Krämer in ihrer erhellenden Einlei-

tung zum Buch Spur fest (Suhrkamp

2007). Darüber hinaus zeichnen sich

Spuren (im engeren Sinn) durch Unmo-

tiviertheit aus: Sie entstehen beiläufig

und ohne Absicht.

Genau dies macht sie bei polizeili-

chen Ermittlungen zu wichtigen stum-

men Zeugen. Lassen Schmauchspuren

und Blutspritzer ein Verbrechen vermu-

ten, müssen Fingerabdrücke, Schuhspu-

ren, Körpersekrete oder Textilfasern als

mögliche Sachbeweise gesichert wer-

den. Die spurenträchtige Zone wird

grossflächig abgesperrt, und zutrittsbe-

rechtigte Personen dürfen den Tatort

nur über markierte Trampelpfade betre-

ten. Mitarbeitende des Erkennungs-

dienstes tragen Schutzkleidung, Schuh-

überzüge und Latex-Handschuhe, um

den Tatort keinesfalls durch Trugspuren

zu kontaminieren.

Kalte und heisse SpurenEtwas bleibt immer hängen. Selbst das

Verwischen einer Spur hinterlässt Spu-

ren. Haarschuppen, Schmauchpartikel,

Lacksplitter und andere Mikrospuren

werden unter dem Rasterelektronen-

Mikroskop analysiert, und unsichtbare

Blutspuren kommen durch den Wirk-

stoff Luminol leuchtend zum Vorschein.

Dank hochmoderner Untersuchungsme-

thoden können sogar ungelöste Krimi-

nalfälle – wie in der US-Kriminalserie

Cold Case – neu aufgerollt und nach Jah-

ren vielleicht endlich aufgeklärt wer-

den, sofern die Beweismittel noch in

einer Asservatenkammer verwahrt

sind.

«War ‹Jack the Ripper› eine Frau?»,

fragte der englische Independent 2006

in einem Artikel über den berühmtes-

ten Serienkiller aller Zeiten. Im Herbst

1888 hatten seine grausamen Morde im

Londoner East End Angst und Schrecken

verbreitet. Der damalige Polizeichirurg

von Scotland Yard, Thomas Bond, er-

stellte bereits ein Täterprofil und ging

damit als einer der ersten Profiler in die

Geschichte ein. In einer Reihe von Brie-

fen und Postkarten verhöhnte der Mör-

der sogar die Polizei, aber auch deren

Veröffentlichung brachte keine brauch-

baren Hinweise aus der Bevölkerung.

Unzählige Spurenleser und Hobbydetek-

tive haben sich seither an dem rätsel-

haften Fall versucht. Über hundert Jah-

re später konnten nun australische For-

scher unter einer Briefmarke Zellen der

Mundschleimhaut sicherstellen. Laut

DNA-Analyse könnte die Spucke von ei-

ner Frau stammen, aber die Spekulatio-

nen über die wahre Identität des Rip-

pers gehen weiter.

Die bahnbrechenden Entwicklungen

in der Forensik haben auch dazu beige-

tragen, Justizirrtümer aufzudecken und

unschuldig Verurteilten doch noch zu

ihrem Recht zu verhelfen. Die 1992 in

den USA gegründete Organisation «The

Innocent Project» unterstützt Inhaftier-

te in dieser Aufgabe und hat mittels

DNA-Analysen über 270 Verurteilte von

ihrer Schuld entlastet.

Medienspuren: der CSI­EffektFernsehkrimis im Stil von CSI oder Cros-

sing Jordan und kriminologische Doku-

Reihen wie Autopsie oder Medical De-

tectives haben forensische Arbeitsme-

thoden weithin populär gemacht. Trotz

Hightech und wissenschaftlichen Ver-

fahren kann die reale Verbrechensauf-

klärung kaum mit der Erfolgsrate be-

liebter Serienformate mithalten. CSI-

Teams im Fernsehen lösen die kniffligs-

ten Fälle im Stundentakt. Fingerabdrü-

cke werden sekundenschnell abgegli-

chen, und kaum ist die Gewebeprobe

im Labor, spuckt der Drucker das toxi-

kologische Gutachten oder die Resultate

der DNA-Analyse aus. Kino und Fernse-

hen haben das Ansehen der Gerichts-

medizin erheblich aufgewertet und zei-

gen vermehrt auch Frauen in MINT-Be-

rufen (Mathematik, Informatik, Natur-

wissenschaft, Technologie). Mit diesem

positiven «CSI-Effekt» beschäftigt sich

die Initiative «MINT und Chancengleich-

heit in fiktionalen Fernsehformaten» an

der TU Berlin. Verschiedene Studien un-

tersuchen die Bedeutung von Unterhal-

tungsprogrammen für die Berufsorien-

tierung Jugendlicher und nehmen

weibliche Rollenvorbilder in Science-

Berufen unter die Lupe.

Anwälte, Gerichte und Polizeibehör-

den bekommen eher die negativen Sei-

ten des CSI-Effekts zu spüren. Sie haben

mit unrealistischen Vorstellungen und

überhöhten Erwartungen zu kämpfen.

In Wirklichkeit ist die kriminaltechni-

sche Spurenauswertung zeitaufwendig,

kostspielig und fehleranfällig. Nicht al-

len Ermittlern steht das ganze Spektrum

modernster Technologie zur Verfügung.

Untersuchungsberichte können Wochen

oder Monate auf sich warten lassen,

und die Befunde fallen nicht immer

eindeutig aus. Nicht einmal der Finger-

abdruck gilt als unfehlbar.

Blutige DaumenabdrückeDie Papillarlinien auf den Fingerkuppen

bilden unverwechselbare Rillenmuster

aus Bögen, Schlaufen und Wirbeln. Ab

Mitte des 19. Jahrhunderts begann das

Der berühmteste Spurenjäger: Sherlock-Holmes-Statue an der Baker Street in London.

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Interesse an diesem einzigartigen Phä-

nomen stetig zu wachsen. Ein geeigne-

tes Verfahren zur Erfassung und Klassi-

fizierung von Fingerabdrücken musste

jedoch erst entwickelt werden, um die-

se systematisch auswerten und zur Per-

sonenidentifizierung verwenden zu

können.

Das erste Gerichtsurteil aufgrund ei-

ner Fingerspur wurde 1892 in Argenti-

nien gefällt: Ein blutiger Daumenab-

druck lieferte den Beweis, dass eine

Mutter ihre beiden Kinder ermordet hat-

te, und nicht der von ihr bezichtigte

Landarbeiter. 1901 gründet die New

Scotland Yard als erste Polizeibehörde

eine auf Fingerabdrücke spezialisierte

Abteilung. Heute sind biometrische Da-

ten in der Strafverfolgung und als Iden-

titätsnachweis eine Selbstverständlich-

keit. Fingerabdrücke werden elektro-

nisch eingescannt und in riesigen Da-

tenbanken gespeichert. Auch auf dem

neuen Schweizer Pass 10 sind die Fin-

gerabdrücke in einem Chip gespeichert.

Hin und wieder nimmt die Literatur

die Wirklichkeit vorweg. Noch häufiger

trägt sie dazu bei, neue Ideen oder

Technologien überhaupt bekannt zu

machen. In Friedrich Glausers Wacht-

meister-Studer-Romanen, die in den

frühen 1930er-Jahren spielen, figurie-

ren Fingerabdrücke immer wieder an

prominenter Stelle. In Schlumpf Erwin

Mord träumt der Berner Kommissär von

einem verlorengegangenen Daumenab-

druck, und in der Fieberkurve sucht er

einen Bekannten auf, «der statt Brief-

marken Fingerabdrücke sammelte», da-

runter ein Daumenabdruck aus dem

Jahr 1903, «eine Rarität, die erste in der

Schweiz verfertigte Photographie eines

Fingerabdrucks». Aber bereits in Mark

Twains autobiografischer Erzählung Le-

ben auf dem Mississippi aus dem Jahr

1883 wird ein Mörder aufgrund eines

blutigen Daumenabdrucks überführt.

Das Motiv taucht zehn Jahre später noch

einmal in Twains Roman Knallkopf Wil-

son auf, dessen skurriler Held die Fin-

gerabdrücke aller Stadtbewohner sam-

melt: «Er bat die Leute, sich mit den

Händen durchs Haar zu fahren (damit

sich auf diese Art eine dünne natürli-

che Fettschicht auf den Fingern bildete)

und dann auf ein Glasplättchen einen

Daumenabdruck zu setzen, gefolgt von

den Abdrücken der anderen Fingerbee-

ren.»

Sherlock Holmes’ Auftritt1887 betritt Conan Doyles Figur Sherlock

Holmes die literarische Bühne. Viel-

leicht hätte Jack the Ripper im Folgejahr

gefasst werden können, wenn sich Scot-

land Yard der kriminalistischen Metho-

de des Meisterdetektivs bedient hätte.

Holmes achtet auf jedes noch so belang-

lose Detail, sammelt Indizien und re-

konstruiert vor dem Hintergrund seines

immensen Wissens den Tathergang. In

der 1903 erschienenen Geschichte «Der

Baumeister aus Norwood» entlarvt er

gar eine fingierte Spur und rettet einen

Unschuldigen vor dem Galgen: Der blu-

tige Daumenabdruck auf der weissge-Ausschnitt aus dem Titelblatt der 1892 erschienenen Abhandlung «Finger Prints» des britischen Anthropologen Sir Francis Galton.

Edwin «Buzz» Aldrins berühmter Fussabdruck bei der Erstlandung auf dem Mond.

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tünchten Wand stammt nicht vom Ver-

dächtigen selbst, sondern wurde vom

vermeintlichen Mordopfer mittels Wachs-

abdruck dort angebracht.

Mit Lupe und Logik verkörpert Hol-

mes bereits den modernen Ermittler.

Für seine herausragende Pionierarbeit

auf dem Gebiet der Forensik hat die Ro-

yal Society of Chemistry dem fiktiven

Helden 2002 den Titel «Honorary Fel-

low» verliehen. Der «Consulting Detecti-

ve» hat im 21. Jahrhundert nichts von

seiner Faszination eingebüsst, wie die

actionreichen Kino-Adaptionen mit Ro-

bert Downey Jr. und Jude Law zeigen

(2009 und 2011).

Für den TV-Mehrteiler Sherlock hat

die BBC die Abenteuer von Holmes und

seinem Chronisten sogar in die Gegen-

wart transponiert. Auf seiner Website

erläutert Holmes die Wissenschaft der

Deduktion (www.thescienceofdeduction.

co.uk) und Watson berichtet in seinem

Blog über die gelösten Fälle (www.

johnwatsonblog.co.uk). Auch der histo-

rischen Kunstfigur wird neues Leben

eingehaucht: Anfang November ist der

brandneue Sherlock-Holmes-Roman The

House of Silk erschienen, verfasst vom

britischen Autor Anthony Horowitz im

Auftrag des Conan Doyle Estate.

Verräterische DetailsWenn Eigenschaften ein unverkennba-

res Muster bilden, wird auch im über-

tragenen Sinn von einem «Fingerab-

druck» gesprochen. Für professionelle

Profiler sind typische Verhaltensmerk-

male oder unscheinbare Angewohnhei-

ten deshalb ebenso aufschlussreich wie

Indizien am Tatort. In seinem Aufsatz

«Spurensicherung» über Morelli, Holmes

und Freud zeigt Carlo Ginzburg, dass

sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in

den Humanwissenschaften ein er-

kenntnistheoretisches Modell durch-

setzte, das unser Denken und Forschen

bis heute prägt.

Bereits der Kunstkenner Giovanni

Morelli erkannte die informative Bedeu-

tung von Nebensächlichkeiten. In einer

Reihe von kritischen Aufsätzen legte er

ab 1874 eine völlig neue Methode zur

Identifizierung italienischer Meister vor

und wirbelte gehörig Staub auf. Morelli

richtet sein Augenmerk auf Unarten im

Malstil und spürt charakteristische Züge

in unscheinbaren Details auf: in der

Darstellung der Hand, des Fusses, des

Ohres, in einer klobigen Daumenspitze

Buchhinweise

Sybille Krämer, Werner Kogge und Gernot Grube (Hrsg.): Spur: Spurenlesen als Orientierungstechnik und Wissenskunst. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2007. 366 S.

John D. Wright: Dem Tä-ter auf der Spur. Forensik – DNA-Analyse – Krimi-naltechnik. Moderne We-ge zur Verbrechensauf-klärung. Köln: Parragon Verlag, 2009. 256 S.

Carlo Ginzburg: Spurensi-cherung: Die Wissen-schaft auf der Suche nach sich selbst. Aus dem Ita-lienischen von Gisela Bonz und Karl F. Hauber. Berlin: Verlag Klaus Wa-genbach, 2011. 173 S.

Raimund H. Drommel: Der Code des Bösen: Die spektakulärsten Fälle des Sprachprofilers. Mün-chen: Wilhelm Heyne, 2011. 301 S.

Fahndung nach Jack the Ripper: Plakat aus dem Jahr 1888.

oder der Stellung der Beine. «Nur die

scharfe Beobachtung der dem Meister

eigenthümlichen Formen des menschli-

chen Körpers kann zu einem angemes-

senen Resultate führen.»

Der moderne Sprachprofiler Raimund

H. Drommel geht ähnlich vor, wenn er

in vermeintlichen Bekennerschreiben,

diktierten Geständnissen, gefälschten

Abschiedsbriefen oder anonymen Dro-

hungen per E-Mail nach dem «sprachli-

chen Fingerabdruck» fahndet: «Jeder

Mensch bedient sich einer ganz eigenen

Sprache; sie ist beinah so unverwech-

selbar wie unsere DNS. Liegen adäquate

Sprachproben vor, kann sie fast ebenso

wie diese zweifelsfrei zugeordnet wer-

den.» Mit stilometrischen Untersuchun-

gen, Textabgleichen und computerge-

stützten Konkordanzanalysen spürt der

Sprachforensiker jene unscheinbaren

Eigenheiten auf, die den «nicht über-

wachten Individualstil» verraten. «Im-

mer wenn wir etwas sagen oder schrei-

ben, hinterlassen wir sprachliche Spu-

ren.»

Selbst nach Hunderten von Jahren

kann über die Autorschaft von Gemäl-

den oder Texten spekuliert werden. Der

englische Pfarrer und Ornithologe Ed-

ward A. Armstrong machte 1946 auf

assoziative Wortfelder bei Shakespeare

aufmerksam. Die Zürcher Anglistin Bar-

bara Sträuli konnte anhand weiterer

Indizien sogar zeigen, dass sich solche

Cluster als hintergründige Spur durch

Shakespeares Werke ziehen und ihnen

für immer seinen linguistischen Stem-

pel aufdrücken.

Fussspuren bleiben nicht so lange

erhalten. Als Robinson nach sechs Ta-

gen an den Strand zurückkehrt, ist der

Abdruck im Sand zwar noch vorhan-

den, aber bei starkem Wind würde ihn

die erste Brandungswelle bestimmt

auslöschen. Anders verhielte es sich auf

dem Mond. Wie jüngste Aufnahmen ei-

ner Raumsonde zeigen, sind Fuss- und

Reifenspuren verschiedener Apollo-

Landungen noch heute aus 25 Kilome-

tern Höhe deutlich zu erkennen. Neil

Armstrongs und «Buzz» Aldrins Stiefel-

abdrücke dürften die Menschheit über-

dauern: «The first footprints on the

Moon will be there for a million years»,

notiert die NASA auf ihrer Website.

«There is no wind to blow them away.»

Daniel Ammann, Redaktion ph|akzente