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SPIEGELUNGEN REFLECTIONS Seit 2002 malt Henning von Gierke an dem Bilderzyklus Spiegelungen. Die zum Teil großformatigen Ölbilder der offenen Narration erzählen die fiktive Geschichte der Begegnung von Psyche, Narziss, dem männlichen und weiblichen Amor und Aphrodite/Venus. In immer weiterführenden Verästelungen entwirft Henning von Gierke die nie erzählte mythologische Geschichte des Sich-selbst-im-anderen-Erkennens, der Ich-Suche und Selbstfindung im Spiegel des Gegenüber. Henning von Gierke has been working on the Reflections cycle since 2002. The generally large-format oil paintings following a loose narative tell the story of the encounter between Psyche and Narcissus, the male and female Amor and Aphrodite/Venus. Following an ever-branching line of thought, Gierke has drafted a fictional mythological account of recognising-oneself-in-others, the search-for-oneself and finding oneself mirrored in the person opposite. Es war einmal, es war einmal, es war einmal... ein rotes Band im Haar meiner Frau; im Spiegel sieht sie sich und hinter ihr das Zimmer, das Bild und den Hauch einer Person. Once upon a time, once upon a time, once upon a time... my wife wore a red ribbon in her hair; she sees herself and the room in the mirror, the picture and senses someone‘s presence. WV-Nr. 1097: Portrait mit rotem Band, Isabella, 2002

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SPIEGELUNGENREFLECTIONS

Seit 2002 malt Henning von Gierke an dem Bilderzyklus Spiegelungen.Die zum Teil großformatigen Ölbilder der offenen Narration erzählen die fiktiveGeschichte der Begegnung von Psyche, Narziss, dem männlichen und weiblichen Amor undAphrodite/Venus.In immer weiterführenden Verästelungen entwirft Henning von Gierke die nie erzählte mythologische Geschichte des Sich-selbst-im-anderen-Erkennens, der Ich-Suche und Selbstfindung im Spiegeldes Gegenüber.

Henning von Gierke has been working on the Reflections cycle since 2002.The generally large-format oil paintings following a loose narative tell the story of the encounterbetween Psyche and Narcissus, the male and female Amor and Aphrodite/Venus.Following an ever-branching line of thought, Gierke has drafted a fictional mythological account of recognising-oneself-in-others, the search-for-oneself and finding oneself mirrored in the person opposite.

Es war einmal, es war einmal, es war einmal...ein rotes Band im Haar meiner Frau; im Spiegel sieht sie sich und hinter ihr das Zimmer,das Bild und den Hauch einer Person.

Once upon a time, once upon a time, once upon a time... my wife wore a red ribbon in her hair; she sees herself and the room in the mirror,the picture and senses someone‘s presence.

WV-Nr. 1097: Portrait mit rotem Band, Isabella, 2002

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WV-Nr. 1102: Interieur mit Stuhl, Kleid und Bild, 2002

Das Zimmer, die Räume, die Gottheit Psyche: Auf dem Tisch eine silberne Dose, das weiß getupfte blaue Kleid und das rote Band – die Luft, wie von Hyazinthen durch die geöffnete Tür.

The room, the spaces, the Goddess Psyche:On the table a silver box, the white spotted blue dress and the red ribbon -the air, like hyacinths through an open door.

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WV-Nr. 1302: Gesichtslandschaft Anna, Venus, 2008 WV-Nr. 1303: Gesichtslandschaft Florian, Narziss, 2008

WV-Nr. 1228: Gesichtslandschaft Anna,Venus, 2005

WV-Nr. 1229: GesichtslandschaftFlorian, Narziss, 2005

Im Spiegel Aphrodite, Venus, ein Gesicht wie eine Landschaft – Psyche – ihre Augen mit dem Blick nach innen – so wie Narziss sich suchtund Narziss Augen, so blau. Den weiblichen und männlichen Amor in sich.

In the mirror Aphrodite, Venus, a face like a landscape - Psyche - her eyes looking inwards - just as Narcissus looks for himselfand Narcissus eyes, so blue. The male and female cupid inside of him.

WV-Nr. 1079: Gesichtslandschaft Clara (3), 2001

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WV-Nr. 1112: GesichtslandschaftMaria, 2002

WV-Nr. 1113: GesichtslandschaftMoritz, 2002

WV-Nr. 1119: GesichtslandschaftRobindro, 2002

Beide, der weibliche und der männliche Amor mit menschlichen Augen, so, als ob sie keine Götter seien –

Both the female and the male Cupid

with human eyes,

as if they were not Gods –

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WV-Nr. 1223: Psyche, im Spiegel, 2005 WV-Nr. 1105: Narziss, klassisch, 2002

Psyche und Venus, Narziss und Amor begegnen sich wie Menschen von heute,jeder vor sich selbst und bei sich, ein Teil des anderen. Psyche gebeugt vor dem ovalen Spiegel und Narziss, gebeugt über das Wasser, sich selbst berührend. Über allem und über sich die geflügelte weibliche Gottheit.

Psyche and Venus, Narcissus and Amor meet just like modern-day people. Each in front of his or her self and deep in thought, a part of the other. Psyche bending over in front of an oval mirror and Narcissus, bent over the water, touching himself.Above it all, and above himself, the winged female deity.

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WV-Nr. 1316: Narziss und Amor, 2008

WV-Nr. 1314: Psyche und Spiegel, 2008 WV-Nr. 1667: Psyche vor sich selbst, 2019

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v.l.n.r.: WV-Nr. 1106: Morgen (Florian am Fenster), 2002; WV-Nr. 1224: Versprochene Hochzeit/Venus im Spiegel, 2005

WV-Nr. 1096: Stillleben mit Büchse,Band und Ketten, 2002 WV-Nr. 1107: Die versprochene Hochzeit, 2002

WV-Nr. 1100: Venus, selbstdritt, 2002

Das Kleid in der Hand. Draußen, hinter dem Horizont der flüchtige, lichte Schatten. Aphrodites spiegelnder Tisch mit Kette, Gläsern und Spiegel, Psyches Kleid und in der Ferne das Meer. Vor dem Fenster Licht. Ein weißer Tisch, spiegelnde Gläser und ein blühender Zweig, Land und Meer. In den silbernen Gläsern das schimmernde Rot – wie das rote Band. Aphrodites Dose silber. Weiß und rosa ihre Ketten, der leere Spiegel.

The dress in her hand. Outside, beyond the horizon, the fleeting, light shadow.Aphrodite‘s reflecting table with chain, glasses and mirror, Psyche‘s dress and in the distance the sea.In front of the window light. A white table, reflecting glasses and a flowering branch, land and sea.In the silver glasses the shimmering red - like the red ribbon.Aphrodite‘s tin silver. White and pink her chains, the empty mirror.

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WV-Nr. 1123: Venus, selbdritt II, die Toilette der Venus, 2003

WV-Nr. 1127: Versprochene Hochzeit II, 2003

WV-Nr. 1323: Aphrodite Selbdritt,Spiegel und Fenster, 2008

WV-Nr. 1125: Aphrodites Altar, Venus selbdritt III,2003

Das Band im Haar der Aphrodite. – Venus selbdritt – sich in sich wieder und wieder spiegelnd, das Kleid sich wieder und nochmal an den Busen haltend, die fleischfarbene Kette um den Hals.

The ribbon in Aphrodite‘s hair. - Venus selfthird - reflecting herself in herself again and again,the dress again and again holding the bosom, the flesh-colored chain around the neck.

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WV-Nr. 1315: Gespiegelt, Versprochene Hochzeit, 2008 WV-Nr. 1324: Narziss, versprochene Hochzeit, 2008

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WV-Nr. 1099: Sonnenweg, Interieur mit Kleid, 2002 WV-Nr. 1114: Interieur mit Bild, Türen und Räumen, 2002

WV-Nr. 1128: Interieur mit Bildern und Türen,2002

WV-Nr. 1325: Interieur mit Zweigenund Blick, 2008

WV-Nr. 1116: Stillleben mitAusblick, 2002

So wie das Bild an der Wand die Zeit, so spiegelt der Boden den Raum. Der Boden so zerbrechlich wie Glas. Das Zimmer mit Psyches Bild. Nun steht sie mit Kleid und silberner Dose, dem Band im Haar, staundend sich im Boden spiegelnd. Die Flucht der Räume hinter sich: Der Raum mit einem Horizont, der Raum mit Licht, und der Raum mit Anfang und Ende.

Just as the picture on the wall reflects time, so the floor reflects space.The floor as fragile as glass. The room with Psyche‘s picture. Now she is standing there with her dress and silver box, the ribbon in her hair, staunchly reflecting in the floor. The escape of the rooms behind her: the room with a horizon, the room with light, and the room with beginning and end.

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Psyche steht – die silberne Dose fest bei sich, mit der Spitze ihrer Zehen – über ihrem Bild,spiegelt sich in sich. Stürzt in sich, fällt aus sich heraus; mit leeren Händen – selig und sicher – und fällt. Fällt in sich selbst – versinkt; sich in sich vereinend.

A mirror on the floor in one room like a dark entrance. Psyche stands - the silver box firmly with her, with the tip of her toes - above her image,reflected in herself. Falls in herself, falls out of herself; with empty hands - blessed and safe - and falls.Drops into herself - sinks; uniting in herself.

WV-Nr. 1101: Rites du Passage I(Clara mit Bodenspiegel), 2002

WV-Nr. 1108: Rites du Passage II, 2002 WV-Nr. 1117: Rites du Passage III, 2002

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WV-Nr. 1104: Amor und Psyche, 2002

WV-Nr. 1326: Psyche und Amor IV, Öl/L, 2008WV-Nr. 1226: Amor und Psyche III, 2005

WV-Nr. 1118: Amor und Psyche II, 2002

Um sie herum atmendes Schwarz – grünschwarze Nacht, ohne aufzuschlagen ist Stille. Wie Atem, der stehen bleibt, wie Zeit, die still steht. In Psyches Hand die Kette der Venus, unter ihr das blaue Kleid und über ihr der männliche Amor von Licht gestreift – so wie ein Sterblicher, eine Sterbliche ihn niemals sehen soll. Sie wendet sich – Gott Amor hinter ihr. Er – schon wieder fast ein Bild im Dunkeln.

All around her breathing black - green-black night, without opening there is silence. Like breath that stands still, like time that stands still. In Psyche‘s hand the necklace of Venus, under her the blue dress and above her the male Cupid of light - as a mortal should never see him. She turns - God Cupid behind her. He - almost a picture in the dark again.

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Narziss vor ihrem Bild sich in ihr sehend. Die Kette, das Kleid und sein und ihr Körper; Psyches Augen suchend, ihre Hand zu ihm gewendet.

Narcissus in front of her pictureseeing himself in her.The necklace, the dressand his and her body;seeking Psyche‘s eyes, her hand turned to him.

WV-Nr. 1109: Spiegelung Mann/Frau, 2002

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WV-Nr. 1225: Venus und Psyche, Öl/L, 2005

WV-Nr. 1305: Psyche, Aphrodite III, 2008

WV-Nr. 1126: Psyche, Venus im Spiegel, 2003

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WV-Nr. 1110: Harmonie in Weiß und Grau, Einklang der Sphären, 2002

WV-Nr. 1320: Einklang der Sphären II, 2008

Der Flügel Amors im Licht und Narziss mit geschlossenen Augen. Venus in tiefem Schlaf, gefiedert und geschützt. Um sie beide, wie ein Hauch – Ein Klang der Sphären –

The wing of Cupid in the light and Narcissus with closed eyes.Venus in deep sleep, feathered and protected.Around them both, like a breath- A sound of the spheres -

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Und ihre Hand, sucht – wie im Traum – nach dem Gefäß, in dem sie sie ist. In dem Zimmer, in dem Raum mit Flügel, Dose und dem Schatten der Bilder.

And her hand, as in a dream, searches for the vessel in which she is herself.In the chamber, in the roomwith wings, can and the shadow of the pictures.

WV-Nr. 1111: Spiegelung mit Hand undGefäß, 2002

WV-Nr. 1306: Der Schatten der Bilder III, 2008

WV-Nr. 1103: Interieur mit Flügel, Dose und Schatten, 2002

WV-Nr. 1227: Die Schatten der Bilder,2005

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AUSSTELLUNGEN EXHIBITIONS

Ausstellungsdokumentation/Installation views Ludwigmuseum, Koblenz: Goldener Strom, 2009

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Am Ende des Goldenen Stromes steht die Betrachter*in in einem Raum voller Requisiten und sieht sich

selbst im Spiegel.

At the end of the Golden Stream, the viewer stands in a room full of props and sees her-/himself in the

mirror.

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AUSSTELLUNGEN EXHIBITIONS

Ausstellungsdokumentation/Installation views Angerlehner Museum, Wels: Reflexionen, 2018

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WEITERE AUSSTELLUNGEN FURTHER EXHIBITIONS

Steingräber-Haus, Bayreuth, 2002 In Zusammenarbeit mit Jürgen Walter Müller

und Galerie Bernd Dürr, München, 2002

Spiegelungen zwischen Simulation und Wirklichkeit

ein fundus allegorus

Seit Henning v. Gierke und ich uns das erste Mal trafen, um über das bevorstehende Ausstellungs-

projekt Spiegelungen zu sprechen, entwickelte sich ein intensiver Dialog.

Zwei Personen spiegeln ihre Ansichten und Vorstellungen zu diesem Thema.

Wie entwickeln sich die Bilder, wie finden sie ihre Form und warum spiegeln sich Empfindungen,

Ahnungen und Vorstellungen gerade durch sie?

Diese Fragen waren Gegenstand der Gespräche. Eine Vielzahl von Notizen, Skizzen, Fotografien und

Objekten entstand, die verdeutlichen, kommentieren oder neue Frage aufwerfen.

Assoziationen, Fundstücke und Fragmente aus der Welt der Spiegelungen haben die Bilder während

ihrer Entstehung begleitet und vorangetrieben.

Sie verbinden sich zu einem fundus allegorus, zu einem Raum, von dem sie auch in die Ausstellung

übergreifen. Sie werden zu einer manischen Sammlung zum Thema Spiegelungen.

Sowie sich Hingabe, Sehnsucht, Neugier und Zuneigung in dem imaginären Raum der Bilder spiegeln,

so spiegeln sich im Szenario der Zettel, Fotos und Objekte die Suche, das Fragen und das

Phantastische.

Jürgen Walter Müller

In: Booklet zur Ausstellung Spiegelungen, Zweite Ausstellung Galerie Bernd Dürr, München, 2002

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WEITERE AUSSTELLUNGEN FURTHER EXHIBITIONS

Steingräber-Haus, Bayreuth, 2002 In collaboration with Jürgen Walter Müller

and Gallery Bernd Dürr, Munich, 2002

Reflections between simulation and reality

a fundus allegorus

Since Henning v. Gierke and I first met to talk about the upcoming exhibition project Reflections,

an intensive dialogue has developed.

Two people reflect their views and ideas on this topic.

How do the pictures develop, how do they find their form and why do feelings, premonitions and ideas

just reflect through them?

These questions were the subject of the discussions.

A multitude of notes, sketches, photographs and objects were created that clarify, comment or raise

new questions.

Associations, found objects and fragments from the world of Reflections have accompanied and driven

the images during their creation.

They combine to form a fundus allegorus, a space from which they also extend into the exhibition.

They become a manic collection on the subject of Reflections.

Just as devotion, longing, curiosity and affection are reflected in the imaginary space of the pictures,

so the scenario of notes, photos and objects reflects the search, the questioning and the fantastic.

Jürgen Walter Müller

In: Booklet Reflections, second exhibition at Gallery Bernd Dürr, Munich, 2002

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WEITERE AUSSTELLUNGEN FURTHER EXHIBITIONS

Steingräber-Haus, Bayreuth, 2002 mit/with Jürgen Walter Müller

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LITERATUR LITERATURE

Henning von Gierke, Katalog, 2019

Henning von Gierke, Reflexionen, Katalog, Museum Angerlehner, 2018

Henning von Gierke, Goldener Strom, Ludwigmuseum, Prestel Verlag, München, 2009

Booklet zur Ausstellung Spiegelungen, Zweite Ausstellung Galerie Bernd Dürr, München, 2002

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LITERATUR LITERATURE

„Dieses alles bist Du“Zu Henning von Gierkes „Spiegelungen“ – Sven Friedrich

„Es war einmal...“. So wie alle Märchen fängt auch das Märchen an, das Henning von Gierke mit seinem Zyklus „Spiegelungen“ erzählt. „Es war einmal, es war einmal, es war einmal...“, beginnt der Erzähler suchend, ja fast immer stammelnd und fährt anschließend fort: „Ein rotes Band im Haar meiner Frau– im Spiegel sieht sie sich und einen Augenblick spürt sie hinter sich den Hauch einer Person“. So beginnt dieses Märchen von Liebe und Selbsterkenntnis mit dem Portrait Isabellas, der Frau desMalers, wie sie sich vor dem Spiegel das Haar mit einem roten Band bindet, und durch deren Augen dasMärchen erlebt wird, das sich im Raum hinter ihr abspielt, wahrnehmbar geworden durch den Blick inden Spiegel und zurück über die eigene Schulter.

Das zweite Bild, „Interieur mit Stuhl, Kleid und Bild“, zeigt den Blick Isabellas in den hinter ihr liegenden Raum mit einem gläsern spiegelnden Tisch, auf dem sich symbolische Accessoires befinden, die dem Betrachter in den späteren Bildern immer wieder begegnen werden; das rote Band, ein weiß getupftes blaues Kleid und eine wiederum spiegelnde silberne Dose. An der Wand ein Bild, welches eben dieses Zimmer zeigt, nur sitzt hier Psyche auf einem Hocker und wiederum vor einem Spiegel, sich selbst ineinem kleinen Handspiegel betrachtend. Der Blick zurück ist also zugleich ein Blick nach innen, desInnewerdens, der Erinnerung.

Erinnerung oder Erkenntnis des Ich. Psyche enthüllt sich als inneres Bild der Frau des Malers, PsychesBild von sich selbst indessen ist ihre mythische Konkurrentin Venus Aphrodite, die im folgenden Bild„Venus, selbdritt“ zu sehen ist, von Spiegeln umstellt, sich nunmehr dreimal spiegelnd, „das rote Bandim Haar, das Kleid vor sich haltend, die fleischfarbene Kette um den Hals, die silberne Dose geöffnet, dasZimmer um sich, in welchem Psyches Bild hing.“ Im folgenden „Interieur mit Türen und Räumen“verwandelt sich Venus zurück in Psyche, die nun mit Kleid und silberner Dose, das Band im Haar,dasteht, „sich staunend im Boden spiegelnd, alles bisherigen Raumfluchten hinter sich.“

Auf dem Bild „Sonnenweg, Interieur mit Kleid“ öffnet Psyche ihre Schuhe, um den spiegelnden Boden zu betreten, an der Wand wiederum ein Bild des Raums mit Fenster, Hocker und Kleid – und an der Wanddes gemalten Raums das Porträt des Narziss. So steht Psyche auf dem Bild „Rites du passage I“, diesilberne Dose fest bei sich, mit der Spitze ihrer Zehen über ihrem eigenen am Boden liegendenSpiegel-Bild, stürzt auf dem Bild „Rites du passage II“ dann in dieses hinein, „in sich und aus sich heraus,fällt mit leeren Händen, nackt, selig und sicher“. Auf dem Bild „Amor und Psyche“ liegt sie dann still und ruhig in einem unbegrenzten grün-schwarzenNichts, die Kette der Venus in ihrer Hand, unter ihr das blaue Kleid, die weoße Kette und den silbernenBecher zu ihren Füßen, Amor über ihr. In genau dieser Stellung betrachtet sie Narziss auf dem Bild imBild „Spiegelung männlich, weiblich“ und spiegelt sich zugleich in diesem, sieht sich in ihr, die ihm dieHand zuwendet, wobei ihre Gesichter verschmelzen.

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Nach dieser Verschmelzung folgt mit der „Harmonie in Weiß, Grau und Fleischfarbe“ ein Bild der Ruhe: Narziss mit geschlossenen Augen, die rosa Kette in der Hand, nunmehr vor einem Bild der ihrerseits schlafenden Venus ruhend. Venus ist bedeckt mit einem Flügel Amors, der andere liegt im Raum neben Narziss. „Wie im Traum“ tastet Venus auf dem Bild „Spiegelung mit Hand und Gefäß“ nach der sie selbst spiegelnden Flasche, an der Wand erneut ein Bild des Raums. Und auf dem letzten Bild „Interieur mitFlügel, Dose und Schatten“ schließlich erscheint wieder der erste Raum mit dem Flügel Amors, denKetten, dem Handspiegel, dem Becher und dem roten Band. Aber die Türen zu den dahinter liegendenZimmerfluchten sind geschlossen, und an den Wänden bleiben nur die „Schatten der nun verschwun-denen Bilder“ zurück.

Der Bilderzyklus „Spiegelungen“ verlangt vom Betrachter besondere Aufmerksamkeit, stehen doch die einzelnen Teile in engem Zusammenhang miteinander und müssen Themen, Bilder und Symbole stets aufeinander bezogen werden. Das einzelne Werk steht sowohl solitär als auch im Kontext zu den ihm Vorausgehenden und Folgenden, die es erklärt und durch die es seinerseits erklärt wird. Der gleiche wundervolle „Beziehungszauber“ der Leitmotive, von dem Thomas Mann hinsichtlich Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ sprach, durchzieht auch Henning von Gierkes „Spiegelungen“, in denen dem Betrachter Personen, Gegenstände und Formen nicht nur immer wieder begegnen, sondern eine eigene Dramaturgie entwickeln, sich die Hand geben und so nicht nur Gegenstand der Betrachtung,sondern bedeutungsvoll handelnde Symbole werden.

Ergänzt wird die Ausstellung des Bilderzyklus durch Installationen und eine Sammlung von Notizen und Assoziationen zum Thema. Auch die auf den Bildern dargestellten Gegenstände und Accessoirestauchen real in der Ausstellung wieder auf. Die Idee zu dieser Ausstellung hat Henning von Gierkegemeinsam mit dem Münchner Konzeptkünstler Jürgen Walter Müller erarbeitet.

Der Spiegel und die Spiegelung als Gegenstand der Malerei, der hier sogar themengebend gewordenist, verlangt vom Maler ein eminent hohes Vermögen in räumlicher und perspektivischer Vorstellungs-und Realisierungskraft. Es ist schon rein maltechnisch eine besonders schwierige Aufgabe, die sich derMaler hier gestellt und ebenso überzeugend wie faszinierend gelöst hat. Aber nicht nur um ein Märchen als verträumt-romantische Geschichte aus der Vorzeit geht es, sonderndie mythologische Thematik um Narziss, Venus Aphrodite und Psyche hebt es auf eine universelle,immergültige Ebene, auf der es um die Frage nach dem Gedächtnis und dem Bewusstsein desMenschen von sich selbst geht. Denn was dem Betrachter im Spiegel entgegentritt, ist ja keineswegs erselbst, der Betrachter an sich, sondern sein reflektiertes Ebenbild. Ein Bild also, ein Bild von sich selbst,nichtsReales, sondern etwas, das erkannt, interpretiert und gedeutet werden muss, etwas, dasFreiräume der Deutung und Bedeutung schafft und erst dadurch den kategorischen Imperativ desdelphischen Orakels zulässt:Γνῶθι σεαυτόν (gnothi seauton) – Erkenne dich selbst!

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Dieses sich selbst erkennende Ich erscheint in den mythischen Bildern und offenbart seine zahlreichen Facetten in den mythologischen Figuren und ihren Accessoires. Im Spiegel-Bild werden die Grenzen der normalen Wahrnehmung überschritten. Perspektiven öffnen sich, die dem gewöhnlichen Blickverschlossen sind. Und so wie das Auge trauriger Weise niemals sich selbst sehen kann, ermöglicht ihmdoch sein Bild beim Blick in den Spiegel eine Vorstellung von sich selbst. Das Bild und der das Bilderzeugende Spiegel ist mithin ein Mittel zur Grenzüberschreitung der Wahrnehmung, also zur „Ekstase“,dem „außer sich Stehen“, in dem man im Heraustreten aus sich selbst zu gesteigerter Selbst-wahrnehmung gelangt und so vomSubjekt zum Objekt der Wahrnehmung wird, zum Betrachter des ausdem eigenen schweigenden Inneren zurückgeworfenen Spiegelbildes der Welt.

Doch in Henning von Gierkes „Spiegelungen“ ist es nicht nur das eigene Spiegelbild, in dem sich der Betrachtende erkennt, sondern auch das sich selbst Erkennen im Anderen, der man auch selber ist.Hier realisiert in der durch die Spiegelungen fortlaufenden Transformation der Figuren Isabella, Psyche,Venus, Narziss und ihrer Symbole, das Erkennen des „alter ego“ im Spiegelbild, bis hin zur spiegelndenÜberlagerung und Verschmelzung von Narziss und Venus Aphrodite im Bild „Spiegelung männlich,weiblich“. Auch das erinnert wiederum an Richard Wagner und seine Liebesmetaphysik. Immer wiederzitierte Wagner in diesem Zusammenhang die Weisheit des brahmanischen Veda „Tat twam asi“ –Dieses alles bist du! – Also die Erkenntnis der Welt in der mitleids-liebevollen Betrachtung des Gegen-übers.

„Die Macht der Bilder“ könnte ein Untertitel zu dem Bilderzyklus „Spiegelungen“ lauten. Diese Machtbesteht einerseits in der Offenbarung der Wahrnehmung des Menschen von sich selbst, bezieht sichandererseits aber auch auf das Bild als Repräsentation, Reproduktion und schließlich gar Simulationvon Realität. Unabhängig von der poetisch-mythologischen Geschichte der menschlichen Ich-Schauund Ich-Erkenntnis, die man wohl als eines seiner Lebensthemen bezeichnen kann, ist Henning vonGierkes Zyklus mit diesem Vexierspiel der Bilder in den Bildern und den sich in sich spiegelndenSpiegelungen auch ein Dokument der Wahrnehmung unserer Zeit, in der sich die Grenzen zwischenRealität und deren Abbildung, zwischen Wirklichkeit, Fiktion und Simulation ununterscheidbar verwirren.Informationstechnologien und audiovisuelle Massenmedien, massenhafte technische Reproduktions-verfahren bis hin zu Gentechnik oder digitalen Kommunikationsnetzwerken haben zu einer virtuellenSimulation von Realität geführt, in der diese als zweite, neben oder sogar über der empirischen Realitätbestehende überhaupt erst erzeugt wird, diese verdoppelt und ekstatisch zu einer Hyper-Realitätübersteigert. Signifikat und Signifikant, Bezeichnetes und Bezeichnendes fallen ineinander, derZuschauer ist nicht mehr nur Betrachter, sondern ebenfalls Gegenstand dieser Simulation, dasSimulierte aber ist sowohl Fiktion als auch Realität.Henning von Gierkes poetischer Realismus erscheint hier im Zyklus „Spiegelungen“ verglichen mitfrüheren Werken eher weniger subjektiv-emotional, sondern abgeklärter, schärfer, deutlicher undobjektiver.

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Es ist bemerkenswert wie ein zeitgenössischer Maler heute seine Lebens-, ja vielleicht auchÜberlebens-Themen in allen Variationen konsequent verfolgt – und sich einer Gegenständlichkeitverpflichtet, die sich der Kommunikation mit dem Betrachter nicht entzieht, sondern sich ihr aussetzt.So steht das Bild als Mittler zwischen dem Künstler, dem Betrachter und der umgebenden Welt.Der Künstler spricht so in seinen Werken anscheinend Unsagbares aus.

Und Henning von Gierke beschränkt sich in diesem Zyklus nicht nur auf Einzelaussagen solitärerBildwerke, sondern verbindet sie durch eine mythische Geschichte von Liebe und Selbsterkenntnis, dieso mit Worten gar nicht zu erzählen wäre. Der Zyklus wird so, durch eine Dramaturgie, die die Einzel-werke inhaltlich, thematisch und motivisch in einen engen Zusammenhang bringt, sie aufeinanderbeziehtund sich gegenseitig und aufeinander deuten lässt, in der Ausstellung zu einem großen,zusammenhängenden Gesamtkunstwerk. So liegt vor dem Bild „Rites du passage II“, in dem Psyche inden Spiegelstürzt, auch in der Ausstellung ein Spiegel. Der Betrachter wird so Teil des Ganzen, Teil desVexierspiels,der sich spiegelnden Spiegelungen, in welchem der Unterschied zwischen Objekt undAbbild schließlich aufgehoben wird. So spiegeln sich in Gierkes Bildern die menschlichen Urthemen, die eine Welt, welche nach Sinn und Bedeutung befragt und entschlüsselt werden will, als symbolische Konstruktion begreifen.

Henning von Gierkes „Spiegelungen“ vermitteln dem Betrachter Lust und Freude am Spiel der Motiveund deren Bedeutung – und ermöglichen auch den eigenen Blick in den Spiegel der Kunst, über dieSchulter zurück, in das eigene Ich.