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Stabilität und Sicherheit für unser Finanzsystem Stabilität und Sicherheit. Jänner 2015 OESTERREICHISCHE NATIONALBANK EUROSYSTEM

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Stabilität und Sicherheit für unser Finanzsystem

Stabilität und Sicherheit. Jänner 2015

OESTERREICHISCHE NATIONALBANKE U RO S Y S T EM

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Was ist Finanzmarktstabilität?

Eine funktionierende und leistungsfähige Volkswirtschaft braucht als zentrales Bindeglied ein stabiles und robustes Banken- und Finanzsystem. Ob wir Bargeld zum Einkaufen verwenden oder auf ein Sparbuch einzahlen, ob wir einen Kredit für eine Wohnung aufnehmen oder eine Lebensversicherung abschließen – wir alle vertrauen auf die Stabilität des Banken- und Finanzsystems. Dieses Vertrauen ist unabdingbar für eine funktionsfähige Volkswirtschaft und muss nachhaltig gesichert werden. Der gesamte Finanzmarkt ist daher einem strengen Regelwerk unterworfen. Angesichts einer Vielzahl komplexer Finanzprodukte und einer immer stärkeren Vernetzung der nationalen Finanzsysteme ist die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) in Zusammen-arbeit mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) und dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) bestrebt, diese Regeln im internationalen Gleichklang zu verbessern und ihre Einhaltung zu gewährleisten.

Wie definiert man Finanzmarktstabilität? Finanzmarktstabilität ist gegeben, wenn das Finanzsystem – bestehend aus Finanzintermediären, Finanzmärkten und Finanzmarktinfrastruktur – auch im Fall finanzieller Ungleichgewichte und Schocks in der Lage ist, eine effiziente Allokation finanzieller Ressourcen sicherzustellen. Das heißt, es soll Finanzmittel immer dort hinleiten, wo sie den höchsten volkswirtschaftlichen Nutzen bringen. Konkret bedeutet Finanzmarktstabilität folglich, dass das Vertrauen in den Finanzsektor, insbesondere in eine stabile Versorgung mit Finanzdienstleistungen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Kredit- und Einlagengeschäft sowie Risikoabsicherung gewährleistet ist.

Es ist eine der zentralen Aufgaben der OeNB, die Stabilität der Finanzmärkte sicherzustellen. Im Nationalbankgesetz heißt es dazu in § 44b Abs. 1: Die Oesterreichische Nationalbank hat im öffentlichen Interesse das Vorliegen aller jener Umstände zu beobachten, die für die Sicherung der Finanzmarktstabilität in Österreich von Bedeutung sind.

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Das österreichische Finanzsystem im Überblick

Das Finanzsystem Österreichs umfasst Banken und Versicherungen, Pensionskassen und Kapitalanlage-gesellschaften. Dazu gehören auch die Finanzmärkte – für den Handel mit Aktien, Anleihen, Fremdwährungen usw. – sowie die Finanzmarktinfrastruktur (z. B. Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme).Die Akteure des Finanzsystems werden als Finanzintermediäre bezeichnet, weil sie zwischen Kapitalgebern und -nehmern vermitteln. In Österreich sind die wichtigsten Finanzintermediäre die Banken.

Die nachfolgende Tabelle gibt (zum Stichtag 30. Juni 2014) einen Überblick über wichtige Eckdaten des österreichischen Finanzsystems.

Banken

Anzahl in Österreich tätiger Banken (Hauptanstalten) 775

davon mehrheitlich in ausländischem Besitz (inkl. Zweigstellen) 62

Anzahl österreichischer Tochterbanken im Ausland 89

Bilanzsumme der in Österreich tätigen Banken, in Mrd EUR 917,82

Ausleihungen an Inländer (ohne Kredite an andere Banken), in Mrd EUR 328,0

Einlagen von Inländern (ohne Einlagen anderer Banken), in Mrd EUR 301,6

Jahresüberschuss 2013, in Mrd EUR –0,93

Eigenmittelquote (konsolidiert), in % 15,60

Versicherungen

Anzahl der meldepflichtigen Versicherungen 47

Summe der Vermögenswerte, in Mrd EUR 106,9

Pensionskassen

Anzahl 16

Vermögensbestand, in Mrd EUR 18,4

Investmentfonds

Anzahl 2.123

Veranlagtes Kapital, in Mrd EUR 156,3

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Das grundlegende Geschäftsmodell von Banken ist einfach: Sie nehmen Einlagen vor allem von privaten Haushalten entgegen und vergeben Kredite, wie etwa Investitionskredite an Unternehmen und Wohnungskredite an Private, oder kaufen Anleihen. Ihre Mittlerrolle umfasst aber nicht nur die Lenkung finanzieller Mittel zu einer profitablen Verwendung (Kapitalallokation), sondern auch die Umformung (Transformation) von Geld hinsichtlich Größe, Laufzeit und Risiko.

Dies verdeutlicht folgende Übersicht:

Größentransformation Viele kleine Sparbeträge werden in vergleichsweise große Kredite umgewandelt.

Laufzeittransformation Kurzfristig gebundene oder jederzeit behebbare Einlagen werden in langfristige Kredite umgeformt.

Risikotransformation Einlagen von Sparern, die kein Risiko eingehen wollen, werden als Kredite an Unternehmen und Haushalte vergeben, die mit Risiko behaftet sind.

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Wer profitiert von Finanzmarktstabilität?

Die Wahrung der Finanzmarktstabilität ist im Interesse aller Marktteilnehmer, da andernfalls Sparer, Anleger und Investoren ihr Vertrauen in das Finanzsystem verlieren würden, was negative Auswirkungen für die Volkswirtschaft insgesamt hätte. Nachstehende Tabelle zeigt beispielhaft die Vorteile eines stabilen Finanzsystems für verschiedene Akteure.

Finanzmarktstabilität bedeutet, dass … … die Sparer (Einleger) … … darauf vertrauen können, dass ihre Spareinlagen

sicher sind

… die Inhaber von Bankanleihen …

… die vereinbarten Zinsen bekommen und am Ende der Laufzeit ihr Kapital zurückerhalten

… die Eigentümer (Aktionäre) von Finanzinstitutionen …

… ihr eingesetztes Eigenkapital nicht verlieren und ihr Investment nach Möglichkeit profitabel ist

… die Kreditnehmer … … bei entsprechender Bonität Zugang zu Krediten haben und damit Investitionen finanzieren können

… die Volkswirtschaft … … wachsen kann und damit Wohlstand schafft

… die Zentralbanken … … bei der Umsetzung ihrer auf Preisstabilität zielenden Geldpolitik sich auf die Funktionsfähigkeit des Bankensystems verlassen können.

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Was gefährdet die Finanzmarktstabilität?

Unmittelbar wird die Finanzmarktstabilität durch die Insolvenz oder Illiquidität von Finanzinstitutionen bedroht. Mittelbar ist sie von Unzulänglichkeiten bzw. Schwächen im Finanzsystem selbst gefährdet. Dazu gehören Fehlinvestitionen, Missmanagement und die falsche Einschätzung von eingegangenen Risiken. Auch die Verflechtung der verschiedenen Akteure innerhalb des Finanzsystems spielt eine Rolle. Man hat erkannt: Probleme einer Bank können auch andere Banken in Gefahr bringen.

Um aber von einer Gefährdung der Finanzmarktstabilität zu sprechen, muss jedoch das Finanzsystem insgesamt bedroht sein. Nicht jeder Konkurs einer Bank stellt in der Regel eine Gefahr dar. Handelt es sich aber um eine sehr große Bank, die mit anderen Finanzinstitutionen und deren Geschäftsaktivitäten eng verflochten ist, wären die wirtschaftlichen Folgen und Auswirkungen auf das Finanzsystem kaum abschätzbar. Daher konnte es sich bisher kaum ein Staat erlauben – auch aufgrund fehlender Regelungen für einen geordneten Marktaustritt – für große und komplexe Banken Hilfe zu verweigern. Um diese Verbindung zwischen Banken und Staaten aufzubrechen und auch großen Kreditinstituten einen geordneten Marktaustritt zu ermöglichen, wurde auf europäischer Ebene der Einheitliche Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM) vereinbart (siehe S. 16).

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Insolvenz und Illiquidität von Banken

Banken sind insolvent, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, weil ihr Eigenkapital nicht ausreicht, um entstandene Verluste abzudecken. Existenzgefährdende Verluste entstehen bei Banken zumeist infolge des Ausfalls großer Kreditbeträge oder eines deutlichen Wertverlusts bei anderen Vermögenswerten.

Im Falle der Illiquidität verfügen Banken über zu wenig liquide, das heißt sofort verwendbare Finanzmittel, um ihren aktuellen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Kann eine Bank ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, wird dies in der Regel sehr schnell öffentlich bekannt. Kommt es in der Folge zu einem „Bank Run“ („Sturm auf die Banken“), wird die ohnehin schon schwierige Lage zusätzlich verschärft: Sehr viele Einleger und Investoren fordern dann gleichzeitig ihr Geld von der Bank zurück. Die betroffene Bank kann aber nicht allen Behebungswünschen nachkommen, weil sie einen Großteil des ihr anvertrauten Geldes in Kredite und andere Vermögenswerte veranlagt hat, die sie nicht kurzfristig zurückfordern oder verkaufen kann. In solchen Fällen ist es die Aufgabe der OeNB, einer Bank, die kurzfristig illiquid, grundsätzlich aber lebensfähig ist, die erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen.

Insolvenz oder Illiquidität einer Bank kann auch die Folge einer „Ansteckung“ durch eine andere Bank sein. Besitzt eine Bank hohe Forderungen gegenüber einer insolvent gewordenen Bank, die sie weitgehend als uneinbringlich abschreiben muss, schlittert sie möglicherweise selbst in die Insolvenz. Ähnlich im Fall der Illiquidität, bei der eine Bank ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber einer anderen Bank nicht nachkommen kann und dieses in der Folge ebenso Liquiditätsprobleme bekommt. Diese Ansteckungseffekte können von Einzelbankproblemen zu einer systemweiten Krise führen.

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In beiden Fällen – Insolvenz und Illiquidität – ist in Österreich sichergestellt, dass der Sparer sein Geld nicht verliert. Jede Bank, die in Österreich Spareinlagen entgegennimmt, muss an einem Einlagensicherungssystem teilnehmen. Reicht diese Einlagensicherung nicht aus, tritt die staatliche Garantie für Spareinlagen bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 EUR pro Person und pro Bank in Kraft.

Unzulänglichkeiten im Bankensystem

Ersparnisse werden nicht in ausreichend profitable Investitionsprojekte gelenkt

Spareinlagen hereinzunehmen und Kredite zu vergeben ist normales Tagesgeschäft für eine Bank. Ein Kredit birgt aber grundsätzlich immer das Risiko, dass der Schuldner mit der Zahlung von Zinsen und der Tilgung von Kapital in Verzug gerät oder der Kredit zur Gänze ausfällt. Gewähren viele Banken hohe Kredite für unwirtschaftliche Projekte oder achten nicht auf die Bonität der Schuldner, kann dies zu massiven Kreditausfällen im gesamten Bankensektor und damit zu einer erheblichen Gefährdung der Finanzmarktstabilität führen.

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Mangelndes Risikomanagement

Ziel jeder Bank muss es sein, das Risiko eines Kreditausfalls zu minimieren. Ganz vermeiden lässt sich das in der Praxis nicht.

Gut funktionierendes Risikomanagement umfasst: • eingehende Risikobeurteilung (bei der Vergabe von

Krediten und ihrer laufenden Überwachung),• ausreichende Risikostreuung (wenige große Kredite

bergen etwa deutlich mehr Risiko als viele kleine; Streuung auch in Bezug auf Verteilung zwischen Privat- und Unternehmenskrediten oder Streuung bei Unternehmen in Bezug auf die Branche),

• Maßnahmen zur Risikominderung (z. B. Hereinnahme von Sicherheiten oder Garantien) und

• ausreichende Risikovorsorge für riskante Kredite und Kapitalanlagen.

Versäumnisse beim Risikomanagement führen früher oder später dazu, dass Kredite vermehrt ausfallen, was zu hohen Verlusten bei den Banken und je nach Größe der Bank auch zu Problemen im gesamten Finanzsystem führen kann.

Unzureichende Risikotragfähigkeit

Die Risikotragfähigkeit gibt Auskunft über die Fähigkeit einer Bank, eintretende Schadensfälle aufzufangen. Für Kreditausfälle müssen Vorsorgen gebildet werden, die gewinnmindernd wirken (sogenannte Abschreibungen oder Wertberichtigungen). Ist der laufende Gewinn zu gering, diese Ausfälle abzudecken, werden zumeist (stille) Reserven herangezogen. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, muss auf das Eigenkapital zurückgegriffen werden. Je höher das Eigenkapital und somit die Risikotragfähigkeit von Banken ist, desto eher können eintretende Risiken aufgefangen werden, bevor sie möglicherweise großen Schaden im gesamten Bankensystem anrichten.

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Entwicklungen im finanziellen und gesamtwirtschaftlichen Umfeld

Das finanzielle und gesamtwirtschaftliche Umfeld hat großen Einfluss darauf, ob und in welchem Ausmaß die von den Banken eingegangenen Risiken schlagend werden.

Beispiele für wirtschaftliche Entwicklungen, die viele oder alle Banken treffen können

Konjunktureinbruch Zunehmende Absatzprobleme der Unternehmen, sinkende Einkommen und steigende Arbeitslosigkeit haben zur Folge, dass viele Unternehmen und Haushalte nicht mehr in der Lage sind, ihre Kredite vertragsgemäß zu bedienen. Davon sind nicht nur einzelne, sondern alle im Kreditgeschäft aktiven Banken betroffen.

Platzen einer Immobilienpreisblase

Eine Immobilienpreisblase entsteht, wenn in der Hoffnung auf künftig weiter steigende Immobilienpreise der Bau von Büros, Wohnungen und Häusern über Kredite finanziert wird. Platzt die Blase, verfallen die Immobilienpreise und die Baufirmen und Immobilienentwickler kommen in Zahlungsschwierigkeiten. Bei den Banken steigen die Kreditausfälle und die als Sicherheiten dienenden Immobilien verlieren an Wert.

Abwertung Auch von Wechselkursentwicklungen können viele Banken gleichzeitig betroffen sein, wenn sie einen erheblichen Teil ihrer Kredite in Fremdwährung vergeben haben. Wertet die Inlandswährung gegenüber der Fremdwährung ab, steigt die Verschuldung der Fremdwährungs-Kreditnehmer. Können diese ihre Kredite nicht mehr bedienen, führt das zu Kreditausfällen bei den Banken.

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Individuelles und kollektives Fehlverhalten von Finanzmarktteilnehmern

Zahlreiche Beispiele belegen, dass Banken auch durch betrügerische Handlungen insolvent wurden.

Als Moral Hazard wird ein Problem bezeichnete, das Fehlentscheidungen auf Kosten anderer ermöglicht: Entscheidungsträger und Investoren gehen etwa auch deshalb hohe Risiken ein, weil sie darauf spekulieren können, dass bei eintretenden Verlusten die „Kosten“ (zumindest teilweise) durch andere getragen werden, z. B. durch die Einlagensicherung, die Sparer oder die öffentliche Hand.

Eine weitere Verhaltensweise, die manche Banken sogar in den Ruin geführt und die Stabilität ganzer Finanzsysteme gefährdet hat, ist das Bestreben der Banken, besonders rasch zu wachsen. Dies ist insbesondere riskant, wenn es an ausreichenden Kenntnissen der neuen Märkte und ihrer Kultur sowie an den notwendigen materiellen Vorkehrungen im Risikomanagement mangelt.

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Wer ist für die Wahrung der Finanzmarktstabilität verantwortlich?

In Österreich sind dafür folgende Institutionen verantwortlich: • das Bundesministerium für Finanzen (BMF), • die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA),• die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) und• die Europäische Zentralbank (EZB).

Die Aufgabenteilung verdeutlicht folgende Grafik:Da viele österreichische Banken grenzüberschreitend tätig sind, muss auch die österreichische Aufsicht grenzüberschreitend geschehen und international vernetzt sein. Daher arbeiten BMF, FMA und OeNB eng mit der EZB, den Aufsichtsbehörden anderer Länder, internationalen Finanzaufsehern und Finanzinstitutionen zusammen (siehe Kasten 1 Bankenunion).

FINANZMARKTAUFSICHTSBEHÖRDEN

Das BMF erarbeitet die rechtlichen Rahmenbedingungen, die vom österreichischen Parlament beschlossen werden und sehr oft auf Gesetzesvorgaben der Europäischen Union beruhen.

Der FMA obliegt die Aufsicht über Kreditinstitute, Zahlungsinstitute, Versicherungsunternehmen, Pensionskassen, Betriebliche Vorsorgekassen, Investmentfonds, konzessionierte Wertpapierdienstleister, Wertpapierbörsen sowie die Prospektaufsicht.

Die EZB ist seit 4. November 2014 für die Beaufsichtigung der Banken im Euroraum verantwortlich. Sie ist direkt zuständig für die Aufsicht über die bedeutenden Banken (siehe Kasten 1, S. 12).

Die OeNB wacht über die Stabilität des Finanzmarktes als Ganzes. Die Wahrung der Finanzmarktstabilität ist neben der Wahrung der Preisstabilität eines der Hauptziele der OeNB. Seit 1. Jänner 2014 wurde die OeNB auch mit der makroprudenziellen Aufsicht betraut. Damit kann die OeNB mit neuen gesetzlich zur Verfügung stehenden Mitteln auf negative Entwicklungen im Finanzsystem, die die Systemstabilität gefährden können, reagieren. Weiters führt die OeNB im Bereich der Bankenaufsicht Vor-Ort-Prüfungen durch und erstellt Analysen. Darüber hinaus ist sie für die Aufsicht über Zahlungssysteme zuständig.

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Kasten 1: BankenunionDie Bankenunion ist der wichtigste europäische Integrationsfortschritt seit der Europäischen Währungsunion. Die gemeinsame Aufsicht von EZB und nationalen Aufsichtsbehörden unter dem Dach der EZB trat mit 4. November 2014 in Kraft.

Die auf drei Säulen beruhende Bankenunion trägt mit ihrer ersten Säule - dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) – zu einer wirksameren Aufsicht und besseren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Koordinierung bei. Sie bündelt die Aufsicht über die bedeutenden und für die Finanzsystemstabilität wichtigsten Banken des Euroraums bei der EZB. Die zweite Säule – der Einheitliche Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM) – bietet den zuständigen Behörden frühere Eingriffsmöglichkeiten und soll die Sanierung und Abwicklung von Banken in Schieflage ermöglichen. Die dritte Säule – das harmonisierte Einlagensicherungssystem (Deposit Guarantee Scheme, DSG) – soll allen Anlegern in der EU denselben Schutz ihrer Ersparnisse und Investitionen garantieren.

Die Bankenunion basiert auf einheitlichen EU-weiten Vorschriften für Banken (Single Rulebook) und dem einheitlichen Aufsichtshandbuch. Das einheitliche Regelwerk spiegelt im Wesentlichen die neuen Vorschriften zur Verbesserung der Kapitalausstattung und die Erhöhung der Liquiditätsausstattung sowie die Stärkung der Refinanzierungsstrukturen der Banken („Basel III“) wider. Das Aufsichtshandbuch zielt auf eine einheitliche und kohärente Anwendung von aufsichtlichen Aufgaben und Prozessen innerhalb des SSM ab, und hält zudem die inhaltliche Ausgestaltung des Aufsichts- und Prüfungsansatzes fest.

BANKING UNIONBankenunion

Single Supervisory Mechanism SSMEinheitlicher

Aufsichtsmechanismus

Ziel: Einheitliche

Beaufsichtigung von

bedeutenden Banken

Single Resolution Mechanism SRMEinheitlicher

Abwicklungsmechanismus

Ziel: Einheitliche Regeln

zur Sanierung und

Abwicklung von Banken

Deposit Guarantee Scheme DGSHarmonisiertes

Einlagensicherungssystem

Ziel: Gleicher Schutz für

Ersparnisse von Anlegern

Einheitliches Regelwerk (Single Rulebook)Einheitliches Aufsichtshandbuch (Single Supervisory Handbook)

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Einheitlicher AufsichtsmechanismusInnerhalb des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus gibt es eine Aufgabenteilung zwischen der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden. Die Banken werden entsprechend ihrer Größe, der wirtschaftlichen Relevanz und dem Ausmaß ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeit in bedeutende und weniger bedeutende Kreditinstitute eingeteilt. Erstere werden direkt von der EZB beaufsichtigt, die hier auf die Mitwirkung der nationalen Aufsichtsbehörden zurückgreifen kann. Das heißt etwa, dass die OeNB weiterhin an den Vor-Ort-Prüfungen der bedeutenden Kreditinstitute in Österreich, die in Teams mit Vertretern der EZB durchgeführt werden, mitarbeitet. Die weniger bedeutenden Banken werden von den nationalen Aufsichtsbehörden beaufsichtigt. Die EZB übt hier nur eine indirekte Aufsichtsfunktion aus, indem sie das Gesamtsystem überwacht und für die Einhaltung einer einheitlichen und qualitativ hochwertigen Praxis sorgt. Die Behördenfunktion für die weniger bedeutenden Banken in Österreich liegt damit wie schon bisher bei der FMA, die Vor-Ort-Prüfungen werden weiterhin in deren Auftrag von der OeNB durchgeführt.

Kasten 1: BankenunionDie Bankenunion ist der wichtigste europäische Integrationsfortschritt seit der Europäischen Währungsunion. Die gemeinsame Aufsicht von EZB und nationalen Aufsichtsbehörden unter dem Dach der EZB trat mit 4. November 2014 in Kraft.

Die auf drei Säulen beruhende Bankenunion trägt mit ihrer ersten Säule - dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) – zu einer wirksameren Aufsicht und besseren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Koordinierung bei. Sie bündelt die Aufsicht über die bedeutenden und für die Finanzsystemstabilität wichtigsten Banken des Euroraums bei der EZB. Die zweite Säule – der Einheitliche Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM) – bietet den zuständigen Behörden frühere Eingriffsmöglichkeiten und soll die Sanierung und Abwicklung von Banken in Schieflage ermöglichen. Die dritte Säule – das harmonisierte Einlagensicherungssystem (Deposit Guarantee Scheme, DSG) – soll allen Anlegern in der EU denselben Schutz ihrer Ersparnisse und Investitionen garantieren.

Die Bankenunion basiert auf einheitlichen EU-weiten Vorschriften für Banken (Single Rulebook) und dem einheitlichen Aufsichtshandbuch. Das einheitliche Regelwerk spiegelt im Wesentlichen die neuen Vorschriften zur Verbesserung der Kapitalausstattung und die Erhöhung der Liquiditätsausstattung sowie die Stärkung der Refinanzierungsstrukturen der Banken („Basel III“) wider. Das Aufsichtshandbuch zielt auf eine einheitliche und kohärente Anwendung von aufsichtlichen Aufgaben und Prozessen innerhalb des SSM ab, und hält zudem die inhaltliche Ausgestaltung des Aufsichts- und Prüfungsansatzes fest.

BANKING UNIONBankenunion

Single Supervisory Mechanism SSMEinheitlicher

Aufsichtsmechanismus

Ziel: Einheitliche

Beaufsichtigung von

bedeutenden Banken

Single Resolution Mechanism SRMEinheitlicher

Abwicklungsmechanismus

Ziel: Einheitliche Regeln

zur Sanierung und

Abwicklung von Banken

Deposit Guarantee Scheme DGSHarmonisiertes

Einlagensicherungssystem

Ziel: Gleicher Schutz für

Ersparnisse von Anlegern

Einheitliches Regelwerk (Single Rulebook)Einheitliches Aufsichtshandbuch (Single Supervisory Handbook)

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Wie nehmen die Aufsichtsbehörden ihre Verantwortung wahr?

FMA und OeNB erstellen zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags umfangreiche Analysen, u.a. auf Basis von Aufsichtsstatistiken und Berichten von Wirtschaftsprüfern, und führen selbst Vor-Ort-Prüfungen durch. Im Falle von Vor-Ort-Prüfungen von bedeutenden Banken („significant banks“) kommen gemischte Teams („joint supervisory teams“) mit Vertretern von EZB und lokalen Aufsichtsbehörden zum Einsatz. Geprüft werden Banken und andere Finanzinstitutionen insbesondere auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Bereich Risikomanagement und Risikotragfähigkeit. Mittels Stresstests werden die möglichen Verluste von Banken, Versicherungen oder Pensionskassen für unterschiedliche Krisen-Szenarien abgeschätzt. Simuliert wird dabei zumeist eine schwere Rezession mit höherer Arbeits-losigkeit sowie Kurseinbrüchen auf den Kapitalmärkten. Ziel ist es, abzuschätzen, welche Auswirkungen das Eintreten derartiger Szenarien auf die Kapitalausstattung bzw. die Liquiditätssituation der Finanzinstitutionen haben würde.

Kommt die EZB bzw. die Bankenaufsicht zum Schluss, dass eine Bank nicht die gesetzlichen Bestimmungen einhält, kann die EZB bzw. die FMA in ihrer Funktion als Behörde einschreiten und Maßnahmen setzen. Die Bandbreite reicht hier von Managementgesprächen, der Erteilung von Auflagen, der Verhängung von Geldstrafen, der Beschränkung der Geschäftstätigkeit, der Abberufung der Geschäftsleiter bis hin zum Entzug der Konzession. Bei unzureichender Risikovorsorge kann sie anordnen, dass die Wertberichtigungen erhöht werden oder im Fall von Geschäftsmodellen mit erhöhtem Risiko kann sie eine höhere Eigenmittelquote vorschreiben.

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Was geschieht, wenn es trotzdem zu krisenartigen Entwicklungen im Finanzsektor kommt?

Mit der Prüf- und Analysetätigkeit der Finanzaufsichtsbehörden und geeigneten Maßnahmen sollen krisenhafte Entwicklungen rechtzeitig erkannt und bekämpft werden. Gänzlich auszuschließen sind sie trotzdem nicht, zumal die Aufsichtsbehörden nicht die Geschäfte einer Finanzinstitution führen. Wie in jedem anderen Unternehmen sind die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat, die Eigentümer und die Wirtschaftsprüfer die ersten Kontrollinstanzen. Die Bankenaufsicht kann nicht jeden einzelnen Geschäftsfall prüfen, sondern muss darauf vertrauen können, dass diese Kontrollen erfolgt sind und die Bücher und Bilanzen ein ordnungsgemäßes Bild der Bank widerspiegeln.

Auch liegen nicht immer Umstände vor, die ein Einschreiten der Aufsicht rechtlich ermöglichen. In diesem Fall ist es Aufgabe der Aufsichtsbehörden, mit bewährten Instrumenten des Krisenmanagements die Situation zu klären. So können sie etwa auf die Hauptaktionäre einer Bank einwirken, zusätzliches Kapital einzubringen oder die Übernahme einer insolventen Bank durch eine andere Bank arrangieren.

Wenn die Übernahme der betreffenden Bank nicht gelingt und auch keine anderweitige Lösung für die Schwierigkeiten der Bank gefunden werden kann, droht der Bank die Insolvenz. In der Vergangenheit war der Konkurs einer Bank aufgrund fehlender Regulierungen – insbesondere bei systemrelevanten und grenzüberschreitend tätigen Banken – oftmals nicht ohne Gefährdung der Finanzmarktstabilität denkbar. Deswegen wurden in vielen Fällen das Eingreifen der öffentlichen Hand und der Einsatz öffentlicher Gelder notwendig. Um zu gewährleisten, dass in Zukunft Banken geordnet aus dem Markt ausscheiden können, wurden auf europäischer Ebene eine Reihe von Regelungen zur Sanierung und Abwicklung von Banken erarbeitet, die

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gemeinsam den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus bilden.

Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus (SRM)

In der EU wird 2015 bzw. 2016 ein einheitlicher Rechtsrahmen zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen in Kraft treten, mit dem erstmals einheitliche Mechanismen zur Krisenlösung, insbesondere auch für grenzüberschreitend tätige Bankengruppen, gelten werden.

Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus basiert auf zwei Kernelementen:

• Einheitliche Regelungen für die Abwicklung von Banken, welche in der Richtlinie für Sanierung und Abwicklung von Banken (Banking Resolution and Recovery Directive, BRRD) normiert sind: Diese sehen die verpflichtende Erstellung von Sanierungsplänen durch die Banken, frühzeitige Eingriffsbefugnisse für die Aufsichtsbehörden sowie die Einrichtung einer Abwicklungsbehörde vor. In Österreich sind diese Regelungen seit 1. Jänner 2015 in Kraft, Abwicklungsbehörde ist die FMA.

• Vorschriften zum Einheitlichen Abwicklungsmechanismus: Diese sehen einen zentralisierten europäischen Entscheidungs- und Finanzierungsmechanismus für die Abwicklung von Banken und die Einrichtung der dafür erforderlichen

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Institutionen vor. Der bereits neu eingerichtete zentrale Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board) kann ab 2016 Beschlüsse über die Abwicklung von Banken treffen. Das finanzielle Fundament des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus bildet der einheitliche Abwicklungsfonds (Single Resolution Funds), der von den Banken gespeist wird. Damit wird Belastung der Steuerzahlenden durch die Abwicklung von Banken so gering als möglich gehalten.

Mit den neuen Vorschriften sind nun Voraussetzungen geschaffen, überschuldete Banken abzuwickeln, damit diese rasch und ohne Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems vom Markt ausscheiden können. Zudem wird sichergestellt, dass Abwicklungsbeschlüsse in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten koordiniert und wirksam gefasst werden. Insbesondere im Falle grenzübergreifender Abwicklungen ist dieser Mechanismus effizienter als ein Netz nationaler Behörden.

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Kasten 2: Ursachen, Folgen und Lehren der letzten Finanzkrise Die Turbulenzen, die ihren Ausgang im Frühjahr 2007 auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt nahmen, erfassten weltweit zunächst Banken und Finanzmärkte. Im Herbst 2008 erreichten sie auch die Realwirtschaft. Zur Stabilisierung des Finanzsystems und zur Bekämpfung der Rezession wurden umfassende fiskal- und geldpolitische Maßnahmen gesetzt. In weiterer Folge kam es in einigen Ländern des Euroraums zu einer Staatsschuldenkrise.

Hauptsächlich verantwortlich für die Finanzkrise waren Überhitzungserscheinungen in der Realwirtschaft und im Finanzsektor. Hohes Wirtschaftswachstum wurde vor allem durch ein historisch niedriges Zinsniveau, schuldenfinanzierten Konsum und stark steigende Immobilienpreise generiert. Hinzu kam die mangelnde Transparenz neuer Finanzprodukte und deren zu optimistische Einschätzung durch die Ratingagenturen. Unzureichendes Risikomanagement trug ebenfalls wesentlich zur Finanzkrise bei.

Zur Bewältigung und Prävention künftiger Krisen wurden umfassende Reformpakete geschnürt. Hervorzuheben sind hier vor allem folgende Maßnahmen:

1. Das internationale Regelwerk Basel III legt für Banken deutlich höhere quantitative und qualitative Eigenmittelerfordernisse fest und verschärft die Liquiditätsanforderungen. Diese Vorschriften wurden durch die EU-Richtlinie über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (Capital Requirements Directive IV, CRD IV) in der EU umgesetzt und eingeführt.

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Damit soll insbesondere die Risikotragfähigkeit der Banken gestärkt werden. Systemrelevante Banken sollen künftig krisenfest werden und strengeren Aufsichtserfordernissen unterliegen. Die OeNB und die FMA haben daher Österreichs Großbanken bereits ab dem Jahr 2013 höhere Eigenkapital-quoten vorgeschrieben.

2. Im Rahmen der Reform der europäischen Aufsichtsarchitektur wurde auch der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) geschaffen, der für das Erkennen und die Analyse systemischer Risiken im Finanzsystem zuständig ist. Der ESRB nahm Anfang 2011 seine Arbeit auf und hat immer wieder Warnungen und Empfehlungen ausgesprochen. Außerdem wurden auf europäischer Ebene auch sektorale Aufsichtsbehörden geschaffen.

Struktur der Finanzaufsicht in der EU

3. Die Einführung der Bankenunion mit den drei Säulen Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (SSM), Einheitlicher Abwicklungsmechanismus (SRM) und der Harmonisierung der Einlagensicherungssysteme stellt einen Meilenstein in der Geschichte der Finanzmarktregulierung dar (siehe Kasten 1, S. 12).

Alle Finanz-sektoren

Versicherungs-sektor

Wertpapier-sektor

Banken-sektor

ESFS(EuropäischesSystem für Finanzaufseher)

MikroprudentielleAufsicht

ESRB(EuropäischerAusschuss fürSystemrisiken)

MakroprudentielleAufsicht

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4. In Österreich wurde die OeNB per 1. Jänner 2014 zusätzlich mit der makroprudenziellen Aufsicht betraut. Damit kann die OeNB mit neuen gesetzlich zur Verfügung stehenden Mitteln auf negative Entwicklungen im Finanzsystem, die die Systemstabilität gefährden können, reagieren und frühzeitig entgegensteuern. Das neu geschaffene Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) umfasst Vertreter des BMF, der OeNB, der FMA sowie des Fiskalrats.

Foto: © European Central Bank/Robert Metsch

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