Österreichische Akademie der Wissenschaften - Thema des ......Als der Krieg zu Ende war,...

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1 Thema des Monats Schätze bewahren In der Rubrik Thema des Monats stellt das Büro für Öffentlichkeitsarbeit regelmäßig aktuelle Forschung an der ÖAW rund um ein Schwerpunktthema vor. Das Thema des Monats September 2012 setzt sich unter dem Titel „Schätze bewahren“ mit wertvollen Kunstschätzen aus Glas auseinander. Wie im Corpus Vitrearum Medii Aevi diese Kulturschätze bewahrt werden, erläutert Elisabeth Oberhaidacher-Herzig, Bundesdenkmalamt Wien und Leiterin des Projekts, das in Kooperation mit der Kommission für Kunstgeschichte der ÖAW durchgeführt wird. Es widmet sich den Methoden der Erforschung und Erhaltung der Glasgemälde und zeigt Glasgemälde als Beispiele dynastischer Repräsentation. >>> Interview mit Elisabeth Oberhaidacher-Herzig: „Jede einzelne Scheibe ist wertvoll für die Forschung“ >>> Wertvolle Kunstschätze aus Glas >>> Österreichische Beispiele dynastischer Repräsentation >>> Internationales Colloquium des Corpus Vitrearum in Wien

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Thema des Monats

Schätze bewahren

In der Rubrik Thema des Monats stellt das Büro für Öffentlichkeitsarbeit regelmäßig aktuelle Forschung an der ÖAW rund um ein Schwerpunktthema vor. Das Thema des Monats September 2012 setzt sich unter dem Titel „Schätze bewahren“ mit wertvollen Kunstschätzen aus Glas auseinander. Wie im Corpus Vitrearum Medii Aevi diese Kulturschätze bewahrt werden, erläutert Elisabeth Oberhaidacher-Herzig, Bundesdenkmalamt Wien und Leiterin des Projekts, das in Kooperation mit der Kommission für Kunstgeschichte der ÖAW durchgeführt wird. Es widmet sich den Methoden der Erforschung und Erhaltung der Glasgemälde und zeigt Glasgemälde als Beispiele dynastischer Repräsentation.

>>> Interview mit Elisabeth Oberhaidacher-Herzig: „Jede einzelne Scheibe ist wertvoll für die Forschung“ >>> Wertvolle Kunstschätze aus Glas

>>> Österreichische Beispiele dynastischer Repräsentation

>>> Internationales Colloquium des Corpus Vitrearum in Wien

 

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„Jede einzelne Scheibe ist wertvoll für die Forschung“ Glasmalerei gehört zur Gattung der Monumentalmalerei. Sie ist durch Umwelteinflüsse im vergangenen Jahrhundert zunehmend in Bedrängnis geraten. Wie im Corpus Vitrearum Medii Aevi diese Kulturschätze bewahrt werden, welche Einflüsse die Kulturgüter bedrohen und wie weit das Projekt gediehen ist, erläutert Projektleiterin Elisabeth Oberhaidacher-Herzig. Seit 60 Jah ren wi rd i n Österreich a m Corpu s V itrearum Medii Aevi gearbeitet. Darin we rden Glasfenster Österreichs dokumentiert. Wa s m acht die m ittelalterliche Gl asmalerei so kostbar un d schützenswert? Oberhaidacher-Herzig: Die mittelalterliche Glasmalerei gehört zu den gefährdetsten Kunstgattungen. Der Werkstoff Glas ist ein sehr heikler Stoff: jeder Hagel, jeder Krieg hat von Anfang an die Zahl der Fenster dezimiert. Die Barockzeit richtete großen Schaden an, weil sie das mittelalterliche Glas zerstörte um helle Räume für die barocke Gesamtausstattung zu schaffen. Im vergangenen Jahrhundert führte die Industrialisierung zu einer Verschlechterung des Luftzustandes, was zu Korrosionsschäden an den Glasfenstern führte. Aus all diesen Gründen müssen wir die Glasfenster schützen, damit wir sie für künftige Generationen erhalten können. Zu all diesen Bedrohungen kommt ein kunsthistorisch spannender Aspekt hinzu. Die Glasmalerei deckt ein Spektrum der Malerei im 13. und 14. Jahrhundert ab, wo wir in unserem Kulturraum keine oder fast keine Tafelmalerei haben. 3.500 kostbare Glasmalereien wurden bisher in Österreich identifiziert. Welche Kriterien entscheiden über die Aufnahme in den Corpus? Oberhaidacher-Herzig: Kostbar sind alle erhaltenen Glasgemälde bei uns, weil sie nicht einmal fünf Prozent des ehemals existenten Bestandes darstellen. In allen mittelalterlichen Kirchen Österreichs gab es selbstverständlich Glasmalereien und von alledem ist nur so wenig erhalten. Deshalb ist jede einzelne Scheibe wertvoll für die Forschung. Sie betonten, dass Umweltgifte die Glasmalereien massiv bedrohen. Welchen Schaden richten sie an? Oberhaidacher-Herzig: Schwefel ist der Hauptfeind von Glasfenstern. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Industrialisierung enorm zu. Saurer Regen trat auf, der Schwefelgehalt in der Luft stieg, was für die Glasmalerei eine immense Bedrohung darstellt. Das mittelalterliche Glas hat eine andere chemische Zusammensetzung als unser heutiges Glas. Es ist alkalihältig. Diese Alkalien reagieren mit dem Schwefel und in diesem chemischen Prozess bildet sich an der Außenseite des Glasgemäldes eine Kruste. Diese Kruste wächst stetig an. Wird eine gewisse Dichte erreicht, so fällt die äußerste Schicht ab. Danach beginnt der Prozess von Neuem. Das heißt: Das Glas wird immer dünner und Krater fressen sich in die Außenfläche. Deshalb wurde ab dem Zweiten Weltkrieg die Methode der Schutzverglasung entwickelt. Wir nehmen die Glasscheiben aus dem Fenster und bringen sie in eine Restaurierwerkstatt. Währenddessen wird in den originalen Falz ein modernes, verwitterungsresistentes Glas eingesetzt. Sind die Scheiben restauriert kommen sie von innen mit einem gewissen Abstand wieder an ihren Platz – geschützt vor Atmosphärilien und Kondenswasser. Das Projekt läuft seit nunmehr 60 Jahren in 14 Ländern – auch in den Vereinigten Staaten und Kanada. Wie kam es dazu? Oberhaidacher-Herzig: Das Projekt ist nach dem Zweiten Krieg geboren worden. Damals waren die mittelalterlichen Glasfenster europaweit vor dem Bombenkrieg in Sicherheit gebracht worden. Als der Krieg zu Ende war, restaurierte, fotografierte und dokumentierte man europaweit die Fenster. Die jeweils zuständigen Kunsthistoriker trafen sich bei einem großen Kongress in Amsterdam und beschlossen, gemeinsame Richtlinien zu erstellen, damit alle Länder die Dokumentation auf die gleiche Art und Weise durchführen. Aus dieser Arbeit heraus entstanden und entstehen die Corpus-Bände. Noch heute katalogisieren Kunsthistoriker von England bis Frankreich, in Deutschland, Österreich und der Schweiz Scheibe für Scheibe in diesen Bänden in einer sehr ähnlichen Weise. Was wurde bisher erreicht? Oberhaidacher-Herzig: Europaweit wurden bisher mehr als 120 Bände erarbeitet. In Österreich erschienen von den acht geplanten Bänden bereits vier und der fünfte ist in Arbeit. Somit ist hierzulande bereits mehr als die Hälfte der Kulturdokumente inventarisiert und bearbeitet. Die Publikationen der österreichischen CVMA-Reihe werden gemeinsam von der Österreichischen

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Akademie der Wissenschaften und vom Bundesdenkmalamt herausgegeben. Frankreich dagegen hat in den französischen Kathedralen so viele Glasmalereien erhalten, dass die Aufarbeitung noch wesentlich länger dauern wird. Dazu kommt, dass sich das Thema im Laufe der Jahrzehnte erweiterte. Der Corpus Vitrearum Medii Aevi wird seinem Namen nicht mehr ganz gerecht, da er nicht mehr nur das Mittelalter behandelt. Die Dokumentation reicht partiell bis ins 19. Jahrhundert, da damals die alte Kunst mit neuen Materialien und Techniken wieder auferstand. Was ist die größte Herausforderung bei einem so großen, internationalen Projekt? Oberhaidacher-Herzig: Die größte Herausforderung ist das Ziel. Die wesentliche Zielsetzung des Corpus Vitrearum ist laut Gründerin Professor Eva Frodl-Kraft die Vollständigkeit. Es hat keinen Sinn in der Hälfte der Arbeit stecken zu bleiben. Der gesamte Bestand an mittelalterlicher Glasmalerei soll in den Bänden katalogisiert werden. Gab es bisher kunsthistorische Überraschungen? Oberhaidacher-Herzig: Überraschungen gab es viele. Zu Beginn war nicht klar, welche Schäden an den Fenstern wirklich vorhanden sind. Aufgrund der Corpus-Arbeit ergaben sich erst die Fragen der Restaurierung. Welche Schäden treten auf? Mit welchen Methoden sind diese Schäden zu beheben? Was können wir tun? Frodl schrieb sinngemäß: Zu sehen, dass die Materie in unseren Händen schwindet, weil der Erhaltungszustand immer schlechter wird, das war die erste – böse - Überraschung. Kunsthistorisch wurde die Glasmalerei aufgewertet. Lange Jahre wurde sie als Kunstgewerbe betrachtet und in den großen Katalogen in den 60er-Jahren und 70er-Jahren auf den letzten Seiten als Kunstgewerbe abgehandelt. Es war das Verdienst der Pioniere wie Eva Frodl-Kraft, dass diese Glasmalerei einen höheren Stellenwert innerhalb der mittelalterlichen Malerei erhielt. Das war für Kunsthistoriker anderer Sparten durchaus eine Überraschung. Mittlerweile ist es in einer breiteren Forschungsgemeinschaft unbestritten: Die Glasmalerei deckte über weite Strecken im 13. und 14. Jahrhundert stilistische und ikonografische Fragen ab, die in kaum einer anderen Gattung behandelt werden. Sie dokumentieren in Buchform. Neue Medien sind jedoch digital. Ist es geplant das Projekt dahin überzuführen oder ist das Buch das beste Dokumentationsmedium? Oberhaidacher-Herzig: Ich glaube, Bücher halten länger. Die Dokumentation ist derzeit in Buchform weiterhin vorgesehen. Selbstverständlich speichern wir seit dem letzten Band alle Daten auch digital. Es wird zu überlegen sein, wieweit die Inventarisation in Hinkunft auch in digitaler Form passieren soll. Wir werden uns sicher nicht verschließen. Einzelne Länder betreten bereits heute den digitalen Weg. Italien etwa dokumentiert Teile bereits auf der Website. Haben sich die Methoden der Restaurierung in diesen sechs Jahrzehnten geändert? Oberhaidacher-Herzig: Ja die Methoden ändern sich laufend. Wir sind heute viel vorsichtiger als man es am Anfang war. Nur ein Beispiel: In der Nachkriegszeit verwendete man eine Art Glasfieberpinsel um die Oberflächen zu reinigen, das machen wir schon lange nicht mehr. Außerdem hat sich die Schwerpunktsetzung unserer Arbeit verändert: Heutzutage setzen wir den Schwerpunkt in der Konservierung und weniger in der Restaurierung. Wir versuchen den derzeitigen Zustand zu erhalten. Was zeichnet die österreichische Arbeit vor den anderen Mitgliedern des Corpus aus? Oberhaidacher-Herzig: In Österreich ist die Erforschung immer an die Restaurierung und Erhaltung gekoppelt. Wenn wir etwa ein mittelalterliches Fenster in Tirol in Arbeit haben, so wird es ausgebaut und in die Werkstätten des Bundesdenkmalamtes gebracht. Dort haben wir Kunsthistoriker die Möglichkeit die Scheibe in die Hand zu nehmen. Wir können das Schadensbild von vorne und von hinten ansehen, die Farbbeschreibung entsteht im Angesicht der Scheibe. Das ist unser großer Vorteil in Österreich, dass wir jede Scheibe in die Werkstätten des Bundesdenkmalamtes bringen und begutachten. Das gibt es nicht in allen Ländern. In Deutschland arbeiten viele verschiedene Stellen am Corpus und tun sich mit unterschiedlichsten Restauratoren zusammen und bauen nicht jede Scheibe aus. Ein Befund über den Erhaltungszustand wird dann auch manchmal von einem Gerüst aus und mit dem Feldstecher gemacht. Das sind schlechtere Bedingungen.

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Was sehen Sie im Zusammenhang mit dem kulturellen Gedächtnis als Hauptaufgabe der Forschung? Oberhaidacher-Herzig: Bei der Glasmalerei steht eindeutig die Aufgabe der Erhaltung im Vordergrund, denn wenn wir die Glasgemälde nicht erhalten, geht uns das Material für die Forschung verloren. Der zweite wichtige Punkt ist die Fortsetzung der Bände um den Stellenwert der Glasmalerei innerhalb der gesamten Malerei des Mittelalters nach wie vor zu dokumentieren und herauszuheben. Das Mittelalter hat noch immer den Ruf dunkel zu sein. Trägt der Corpus dazu bei, dass diese Epoche heller wird? Oberhaidacher-Herzig: Das hoffe ich sehr. Da die mittelalterliche Glasmalerei fast die einzige Kunstgattung ist, die uns noch einen Eindruck von der ursprünglichen Farbigkeit der mittelalterlichen Malerei gibt. Die Wandmalerei der damaligen Zeit ist in der Regel abgewittert und hat ihre oberste Oberfläche verloren. Wenn etwas das Mittelalter erhellen kann, dann ist es die Glasmalerei, die zu Recht auch die ‚Kunst aus Licht und Farbe’ genannt wird. Zur Person: Elisabeth Oberhaidacher-Herzig leitet in Österreich die wissenschaftliche Arbeit des Corpus Vitrearum Medii Aevi. Das Projekt ist am Bundesdenkmalamt (BDA) in der Abteilung für Inventarisation und Denkmalforschung beheimatet und an der Kommission für Kunstgeschichte der ÖAW verankert. Die Wienerin studierte Kunstgeschichte und Klassische Archäologie in ihrer Heimatstadt. Ihre Dissertation beleuchtete „Friedrich Pacher und sein Kreis“. 1974 promovierte Elisabeth Oberhaidacher-Herzig an der Universität Wien und trat in eben diesem Jahr bereits in die Abteilung für Denkmalforschung, die damals Institut für Österreichische Kunstforschung genannt wurde, als freie Mitarbeiterin ein. Sie publizierte in Fachzeitschriften wie der „Österreichischen Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege“ und dem topographischen Denkmälerhandbuch „Dehio“. Seit 1980 ist Elisabeth Oberhaidacher-Herzig Mitglied des Österreichischen Nationalkomitees des Corpus Vitrearum. Außerdem arbeitet sie laufend an verschiedenen wissenschaftlichen Projekten des Bundesdenkmalamtes mit, kuratierte Ausstellungen der österreichischen Glasmalerei des Mittelalters und hält international Vorträge zur mittelalterlichen Kunst Österreichs, zu Konservierung und Restaurierung. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die mittelalterliche Glasmalerei. Kontakt: Dr. Elisabeth Oberhaidacher-Herzig CORPUS VITREARUM MEDII AEVI c/o Bundesdenkmalamt Hofburg, Säulenstiege 1010 Wien [email protected]      

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Wertvolle Kunstschätze aus Glas Weniger als fünf Prozent des ursprünglich vorhandenen Schatzes an monumentalen Glasmalereien sind in unserem Kulturraum erhalten geblieben. Jedes einzelne Stück ist daher aus heutiger Sicht schützenswert und Gegenstand detaillierter Analysen durch das Team des österreichischen Corpus Vitrearum. Für die Erforschung und Erhaltung der Glasgemälde pendeln die drei Spezialisten Elisabeth Oberhaidacher-Herzig, Christina Wais-Wolf und Günther Buchinger zwischen den über ganz Österreich verstreuten Standorten und Archiven sowie der Restaurierwerkstatt des Bundesdenkmalamtes in Wien und ihrer Arbeitsstelle in der Wiener Hofburg. Von hier aus werden die einzelnen Schritte koordiniert. Feldforschung und Denkmalpflege vor Ort Zunächst werden die Bestände in den Kirchen und Kapellen erfasst, die Baugeschichten erforscht und die Maße der Fenster ermittelt. In den Archiven der Pfarren und Diözesen suchen die Forscher nach wertvollen Hinweisen für die Geschichte der Verglasung, in erster Linie Rechnungen von Glasern, die seit dem 16. Jahrhundert die kontinuierlich schrumpfenden Bestände immer wieder in Stand setzten. Mit diesen Angaben kann der ursprüngliche Bestand rekonstruiert werden. Doch wie können die heute noch erhaltenen Glasgemälde langfristig gesichert werden? Seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts initiiert das Corpus-Team Außenschutzverglasungen, mit denen sowohl die außenseitige Bewitterung als auch die schädliche Kondenswasserbildung an der Innenseite von den mittelalterlichen Gläsern ferngehalten werden. Während des Einbaus dieser Vorrichtung gelangen die mittelalterlichen Scheiben in die Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes. Schadensanalyse und Konservierung im Bundesdenkmalamt In den Werkstätten wird zunächst das Schadensbild jedes einzelnen Glasgemäldes genauestens festgehalten. Wie etwa ein Vergleich zweier Scheiben aus dem niederösterreichischen Weiten zeigt, muss hier nach unterschiedlichen Kriterien differenziert werden: In den beiden Erhaltungsschemata werden Ergänzungen aus dem späten 19. Jahrhundert und spätere Flickungen mit mittelalterlichen Stücken (mit einem “x” gekennzeichnet) strichliert ausgewiesen. Die Erhaltungsschemata machen somit deutlich, dass die Weitener Achatiusscheibe in ihrer Glassubstanz wesentlich besser erhalten ist als das Stifterbild aus derselben Kirche. Für das Erscheinungsbild der Malerei ist die Situation allerdings genau umgekehrt: Durch Verwitterung sind große Teile der Schwarzlotschichten an der Achatiusscheibe abgeplatzt, und die Komposition wurde damit stark verunklärt. Die Malerei der Stifterscheibe ist an den mittelalterlichen Stücken dagegen sehr gut erhalten. Mit dem Einbau einer Außenschutzverglasung kann dieser Prozess zwar nicht mehr rückgängig gemacht, doch gestoppt werden. Stifter Bartholomäus Schratt zu Streitwiesen, 1506, Pfarrkirche Weiten, Fenster nord II, 3a; Aufforderung an d en hl. Ac hatius und di e 10.00 0 Märty rer zum Absc hwören, u m 1 420, Pfarrkirc he W eiten, Fenster süd III, 3b. Durchlichtaufnahmen und Erhaltungsschemata. Bilder: Bundesdenkmalamt Wien

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Stilbild und künstlerische Qualität Mithilfe des großen Fundus an Detailfotos im Archiv des Corpus in der Wiener Hofburg erfolgt eine kritische Analyse des Stils jedes Glasgemäldes. Ein künstlerisch bedeutendes Werk ist etwa das um 1520 entstandene Glasgemälde des heiligen Stephanus aus der Stadtpfarrkirche von Eggenburg im niederösterreichischen Waldviertel. Dabei handelt es sich um ein seltenes Beispiel eines Glasgemäldes, das von einer bedeutenden Werkstatt des so genannten Donaustils geschaffen worden ist, von dem sonst hauptsächlich Altäre des frühen 16. Jahrhunderts im Donauraum bekannt sind. Ein Maler, der eigentlich auf Altartafeln spezialisiert war, hat hier ein Glasgemälde mit sehr fein gezeichneten Details im Gesicht, Gewand und in den Ornamenten geschaffen, obwohl es nur von der Ferne in einem hochgelegenen Kirchenfenster gesehen werden konnte. Heute befindet sich das 73 Zentimeter hohe und 57 Zentimeter breite Kunstwerk im Diözesanmuseum von Sankt Pölten.

Eggenburg: Fein gezeichnete Details: Ein Maler der Donauschule schuf um 1520 das Glasgemälde des hl. Stephanus. Bild: Bundesdenkmalamt Wien

Ikonographie und Ausstattungskonzepte Neben dem Stilbild müssen das Thema des Glasgemäldes und kompositorische Besonderheiten der Darstellung bestimmt werden. Aus den aktuellen Forschungsbereichen ist hier die Verglasung der ehemaligen Bürgerspitalskirche in Waidhofen an der Ybbs zu nennen. Die Gottesleichnamszeche der Messererzunft aus Waidhofen stiftete für die dortige Pfarrkirche eine Monstranz, während sie in der Spitalskirche ihre Jahrtage abhielt. Um auch hier die bedeutende Stiftung sichtbar zu machen, wurde für die Spitalskirche das Glasgemälde mit dem Abbild der Monstranz und dem Wappen der Messerer gestiftet. Die Glasgemälde sind weiters in einen Wandmalereizyklus mit der Marter der hl. Barbara, der Patronin der Zunft, und einer Kreuztragung Christi eingebettet, wobei auf die Darstellung des Todes der Heiligen und die Kreuzigung Christi bewusst verzichtet wurde. In einer Spitalskirche sollten also das Leiden Christi und der hl. Barbara sowie der heilsbringende Leib Christi in der Monstranz im Blickfeld der Kranken stehen.

Waidhofen: Stifter und Stiftungsgut: das Wappen der Messererzunft und die Monstranz mit dem heilsbringenden Leib Christi für die Kranken der ehemaligen Bürgerspitalskirche in Waidhofen an der Ybbs Bild: Bundesdenkmalamt Wien

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Inschriften als Informationsträger Neben den archivalischen Informationen dienen auch Inschriften auf den Glasgemälden selbst als wichtige Informationen über den Bildgegenstand. In Kooperation mit Dr. Renate Kohn, Leiterin der Arbeitsgruppe Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit am Institut für Mittelalterforschung der ÖAW, wird jede einzelne Inschrift analysiert, die inhaltlich und formal für Überraschungen sorgen können. Dabei ist etwa auf die Darstellung des Stifters und Wohltäters der Filialkirche von St. Nikolaus in der Weitau (Tirol) Ulrich von Velben zu verweisen, der um 1470 durch ein Glasgemälde laut Inschrift etwa 150 Jahre nach seinem Tod geehrt wurde. Dabei erstaunt auch die Differenzierung der Inschriften: Das Band mit dem Gebet, das Ulrich selbst spricht, ist mit Schwarzlot auf weißem Glas gemalt; der gelbe Inschriftensockel, der quasi einen gemeißelten Steinsockel imitieren soll, wurde mit Schwarzlot flächig überzogen und die Schrift herausgewischt. Mit diesen technischen Finessen konnten unterschiedliche Wirkungen in der Imitation der Wirklichkeit erzielt werden.

Weitau in Tirol: Technische Variationen: Die Inschriften des Stiftergemäldes in St. Nikolaus in der Weitau in Tirol zeigen zwei Techniken der Schwarzlotmalerei. Bild: Bundesdenkmalamt Wien Kontakt: Dr. Elisabeth Oberhaidacher-Herzig CORPUS VITREARUM MEDII AEVI c/o Bundesdenkmalamt Hofburg, Säulenstiege 1010 Wien [email protected]  Mag. Dr. Günther Buchinger Kommission für Kunstgeschichte Österreichische Akademie der Wissenschaften T +43 1 53415-122 [email protected] Mag. Dr. Christina Wais-Wolf, MAS Kommission für Kunstgeschichte Österreichische Akademie der Wissenschaften T + 43 1 53415-128 [email protected]

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Österreichische Beispiele dynastischer Repräsentation

Der Stammbaum der Babenberger im Brunnenhaus Der so genannte Babenbergerstammbaum zeigt die Bildnisse des Gründerpaares Markgraf Leopold III., der später heilig gesprochen wurde, und seine Gemahlin Agnes, Tochter Kaiser Heinrichs IV. sowie Modelle der Stiftskirchen von Klosterneuburg und Heiligenkreuz und sechs Söhne des Paares. Markgräfin Agnes war durch ihre erste Ehe mit Friedrich von Staufen auch die Mutter Kaiser Konrad III. „Das Muster im blauen Hintergrund der Scheibe ist durch Verwitterung fast unkenntlich geworden. Bei dem roten Überfang auf dem Glas des Mantels kommt es zu einer langsam fortschreitenden Abwitterung“, erklärt Elisabeth Oberhaidacher-Herzig. Das Brunnenhaus besitzt außer den Standfiguren der Babenberger noch Ornamentfenster, in denen streng symmetrische, kräftige Blattornamente die Hauptrolle spielen. Schwere Schäden: Unkenntliche blaue Muster und Flecken am Mantel von Markgräfin Agnes sind die sichtbaren Folgen von Verwitterung in Heiligenkreuz.

Heiligenkreuz, Brunnenhaus Bild: Bundesdenkmalamt Wien

Die Habsburger Fürsten ohne demütige Haltung

Zu den herausragendsten Beispielen dynastischer Repräsentation des Mittelalters in Österreich zählen die Darstellungen aus der zwölfteiligen Serie der Habsburger des späten 13. und 14. Jahrhunderts aus der Bartholomäuskapelle in St. Stephan in Wien. Zwei Aspekte der Ikonographie der aus der Zeit um 1380 stammenden Fürstenbilder beschäftigen Günther Buchinger: „Zum einen werden die Habsburger nicht wie in dieser Zeit üblich von früheren Geschlechtern oder mythischen Figuren abgeleitet, zum anderen thronen die Herrscher. Sie knien nicht demutsvoll, wie dies in einem Sakralraum angemessen gewesen wäre.“ Im Rahmen eines Vortrags und der Exkursion nach St. Stephan konnte diese Problematik diskutiert und ein neuer Lösungsvorschlag für diese ungewöhnliche Ikonographie präsentiert werden. Die Fürstenbilder dürften in einer Wechselbeziehung zu dem in der Kapelle vermutlich aufbewahrten Reliquienschatz von St. Stephan gestanden haben. „Den Reliquienschatz hatte Herzog Rudolf IV. für den Erhalt der Dynastie gestiftet. Die Glasgemälde beschworen damit die Wirkung der Reliquien und versinnbildlichten den Fortbestand der Habsburger in ihrer Funktion als Landesfürsten, die ihrerseits durch diese machtvolle Demonstration den Erhalt des Schatzes gewährleisteten“, erläutert Buchinger seine Interpretation. Eingehende Archiv- und Bauforschung machen es plausibel, dass die Bartholomäuskapelle tatsächlich in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens als Schatzraum gedient hat. Tabubruch: Die Fürsten aus dem Hause Habsburg thronen auf Glasgemälden in einem Sakralraum, was vor ihnen noch kein Herrscher gewagt hatte.

St. Stephan, Bartholomäuskapelle Bild: Bundesdenkmalamt Wien

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Die Kaiserfenster in Wiener Neustadt In der Georgskathedrale in der Burg von Wiener Neustadt haben sich die einzigen in Österreich komplett erhaltenen monumentalen Bildfenster der Renaissance erhalten. „Diese Glasgemälde entstanden kurz nach 1550 im Auftrag König Ferdinands I. Das ikonographische Programm nimmt in einer klaren und ausdrucksstarken Bildsprache Bezug auf das Haus Habsburg und die Stellung Österreichs innerhalb der europäischen Ländergemeinschaft im 16. Jahrhundert“, erklärt Christina Wais-Wolf, die auch die aufwendige Restaurierungskampagne in den Jahren 2010/11 mitbetreut hat. Bianca Maria Sforza, die zweite Gemahlin Kaiser Maximilians I. aus dem Wiener Neustädter Kaiserfenster oberhalb des Grabmals ihres Gemahls

Wr. Neustadt, BiancaMariaSforza Bild: Bundesdenkmalamt Wien Im Zentrum der Darstellung steht Ferdinands Großvater, Kaiser Maximilian I., der - trotz wiederholter Versuche, seinen Leichnam in die Innsbrucker Hofkirche zu überführen – bis heute in der Georgskathedrale direkt unterhalb des Mittelfensters bestattet liegt. Neben Maximilian I. zeigt das Mittelfenster auch seine beiden Gemahlinnen Bianca Maria Sforza und Maria von Burgund sowie Maximilians Kinder, Philipp den Schönen und Margarethe, Statthalterin der Niederlande. Acht Glasgemälde des Mittelfensters (vier Zwickelstücke mit Blattmotiven im Maßwerk sowie die vier Nonnen) stammen von zwei älteren Vorgängerverglasungen, von denen die erste noch zur Zeit Kaiser Friedrichs III. (1415-1493), dem Erbauer der Georgskirche in den späten 1440er/1450er Jahren, bzw. die zweite zur Zeit seines Sohnes Kaiser Maximilian I. (1459-1519), kurz nach 1500 entstanden ist. Diese Glasgemälde sind spolienartig in die Bildverglasung aus der Mitte des 16. Jahrhunderts integriert. „Dank des rechtzeitigen Ausbaus der drei Bildfenster der Georgskirche im August 1943 und ihrer anschließenden Lagerung im Salzbergwerk von Altaussee haben die Glasgemälde – im Unterschied zur Kirche selbst – den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden“, so Wais-Wolf. 1958 konnten die drei Fenster wieder vor Ort eingesetzt werden.

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Kaiser Franz II. (I.) als Ritter in seiner „Gothischen Burgveste“ Die zwischen 1798 und 1836 unter Kaiser Franz II. (I.) errichtete und nach ihm benannte Franzensburg gilt als Hauptwerk der Romantischen Gotik in Österreich. Sie liegt inmitten eines im späten 18. Jahrhundert angelegten Englischen Landschaftsgartens, der zu den bedeutendsten Englischen Landschaftsparks in Österreich zählt. Die Franzensburg wurde als Idealbild einer „gothischen Bu rgveste“ errichtet und als Nachbildung eines Schlosses in Tirol bezeichnet, auf welchem sich Kaiser Maximilian I. besonders gerne aufgehalten hätte. „Bei der Ausstattung sämtlicher Räume wurde größter Wert darauf gelegt „wahre Altertüm er“, darunter auch mittelalterliche Glasgemälde, zu verwenden“, berichtet Günther Buchinger. „Letztere wurden mit damals neu geschaffenen Glasgemälden kombiniert, die im Zuge der ersten Ausstattungsphase primär Angehörige der kaiserlichen Familie zeigten.“ Das Bildnis Kaiser Franz II. (I.) in majestätischer Haltung noch mit den Insignien des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation.

Franzensburg in Laxenburg, Kaiser Franz II. (I.) Bild: Bundesdenkmalamt Wien

Im so genannten Thronsaal der Franzensburg schuf der Glasmaler Gottlob Samuel Mohn (1789-1825) im Jahr 1822 die monumentalen Darstellungen von Kaiser Franz I. (noch mit den Insignien des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation) und seinen beiden Söhnen, den Erzherzögen Ferdinand (dargestellt mit den Kronen von Ungarn und Böhmen) und Franz Carl (mit dem österreichischen Erzherzogshut) in majestätischer Haltung unter gotischen Wimpergen. „Motivisch treten die Dargestellten damit an die Stelle, die in einem mittelalterlichen Fenster üblicherweise die Heiligen einnehmen“, erklärt Christina Wais-Wolf. „Gleichzeitig schaffen solche Kompositionen bewusste Assoziationen an die monumentalen „Habsburger“-Fenster des Mittelalters und der Renaissance, wie sie sich in Österreich in den drei Chorfenstern der Georgskathedrale in der Burg von Wiener Neustadt erhalten haben.“ Kontakt: Dr. Elisabeth Oberhaidacher-Herzig CORPUS VITREARUM MEDII AEVI c/o Bundesdenkmalamt Hofburg, Säulenstiege 1010 Wien [email protected]  Mag. Dr. Günther Buchinger Kommission für Kunstgeschichte Österreichische Akademie der Wissenschaften T +43 1 53415-122 [email protected] Mag. Dr. Christina Wais-Wolf, MAS Kommission für Kunstgeschichte Österreichische Akademie der Wissenschaften T + 43 1 53415-128 [email protected]

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XXVI. Internationales Colloquium des Corpus Vitrearum in Wien Vom 10. bis 14. September 2012 fand im Festsaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien das XXVI. Internationale Colloquium des Corpus Vitrearum statt. Knapp 120 Teilnehmer aus insgesamt dreizehn Staaten weltweit (darunter Kollegen aus den USA, Kanada und Russland) nahmen an der hochkarätigen Tagung teil, die vom Österreichischen Nationalkomitee des Corpus Vitrearum gemeinsam mit der Kommission für Kunstgeschichte der ÖAW und dem Österreichischen Bundesdenkmalamt veranstaltet worden war und unter dem Ehrenschutz von Frau Margit Fischer stand. Insgesamt 22 Kunsthistoriker aus zwölf verschiedenen Ländern sprachen zu Themen der „dynastischen Repräsentation in der Glasmalerei“ des Mittelalters und der Neuzeit. „Das Generalthema“, so Günther Buchinger, „hat das Österreichische Nationalkomitee des Corpus Vitrearum ganz bewusst unter dem Aspekt des genius loci gewählt. Gerade Wien und sein Umland bieten als ehemaliges Machtzentrum der längst regierenden Dynastie der europäischen Geschichte, der Habsburger, die von 1282 bis 1918 mit nur kurzen Unterbrechungen in Wien residierten, zahlreiche Beispiele historischer Verglasungen, die für dynastische Propaganda genutzt worden sind.“ Im Gedenken an Prof. Eva Frodl-Kraft „Das Wiener Colloquium soll einerseits das sechzigjährige Bestandsjubiläum des Internationalen Corpus Vitrearum Medii Aevi (CVMA) in Erinnerung rufen, andererseits ist es auch dem Andenken der österreichischen Kunsthistorikerin Eva Frodl-Kraft gewidmet, die zu den Gründungsmitgliedern der Internationalen Vereinigung zählt“, so Elisabeth Oberhaidacher-Herzig, die derzeitige Präsidentin des Österreichischen Nationalkomitees. „Der offizielle Beschluss zur Gründung des Internationalen Projekts CVMA war auf dem XVII. Internationalen Kunsthistorikerkongress in Amsterdam gefasst worden. Dieses erste auf internationaler Basis organisierte Unternehmen der Kunstgeschichte überhaupt sollte gewährleisten, dass die Dokumentation der mittelalterlichen Glasmalereien in allen Ländern in ähnlicher Form vonstatten geht. Zum primären Anliegen zählte es, ein methodisches Gerüst zu schaffen, das der diffizilen Kunstgattung Glasmalerei gerecht wird“, erklärt Oberhaidacher-Herzig. Gerade die alle zwei Jahre stattfindenden Colloquien waren und sind bis heute ein wesentliches Mittel zur Aufrechterhaltung einer gemeinsamen Linie und dienen zugleich der Schaffung einer freundschaftlichen Verbindung der Wissenschafterinnen und Wissenschafter untereinander. Glasmalereien aus acht Jahrhunderten Im Rahmen der Tagung wurden auch die wichtigsten Standorte in Wien und Niederösterreich besichtigt, deren Glasmalereibestände – dem Generalthema der Tagung folgend – im Hinblick auf dynastische Repräsentation geschaffen bzw. für dynastische Propaganda genutzt worden sind. Zu diesen zählen der berühmte Babenbergerstammbaum im Brunnenhaus von Stift Heiligenkreuz, die kunsthistorisch überaus bedeutsamen Herzogsscheiben aus der Bartholomäuskapelle des Wiener Stephansdomes, die drei monumentalen Kaiserfenster in der Georgskathedrale der Burg von Wiener Neustadt sowie die im frühen 19. Jahrhundert für Kaiser Franz II. (I.) geschaffenen Familienbildnisse in der Franzensburg von Laxenburg. Während bislang primär die mittelalterlichen Glasgemälde im Fokus der wissenschaftlichen Betrachtung standen, soll in Zukunft neben den Glasgemälden der Frühen Neuzeit auch der Erforschung der Glasmalereien des 19. und 20. Jahrhunderts ein Augenmerk geschenkt werden. „In diesem Sinne ist es der Tagung gelungen, den großen Bogen von der mittelalterlichen Glasmalerei über die Glasmalerei der Frühen Neuzeit bis hin zum 19. und frühen 20. Jahrhundert zu spannen“, berichtet Christina Wais-Wolf. Die spannenden Ergebnisse und Beiträge der Vortragenden sollen der Tradition folgend in naher Zukunft in einem umfangreichen Tagungsband präsentiert werden. 10.-14. September 2012 XXVI. Internationales Coloquium des Corpus Vitrearum Medii Aevi „Dynastische Repräsentation in der Glasmalerei“ Österreichische Akademie der Wissenschaften, Festsaal Dr. Ignaz Seipel Platz 2, 1010 Wien www.cvma.at www.corpusvitrearum.org