Strommarktdesign der Zukunft. Die Topologie der aktuellen Debatten (so neutral wie möglich...)

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Strommarktdesign der Zukunft. Die Topologie der aktuellen Debatten (so neutral wie möglich …) Berliner Energietage 2013 Workshop der TU Berlin (WIP) und des Öko-Instituts »Strommarktdesign und Flankierung der erneuerbaren Energien im Umbruch?« Dr. Felix Chr. Matthes Berlin, 16. Mai 2013

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Vortrag von Dr. Felix Chr. Matthes im Workshop "Strommarktdesign und Flankierung der erneuerbaren Energien im Umbruch?" der TU Berlin (WIP) und des Öko-Instituts, 16.5.2013, Berliner Energietage.

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Strommarktdesign der Zukunft.

Die Topologie der aktuellen Debatten

(so neutral wie möglich …)

Berliner Energietage 2013

Workshop der TU Berlin (WIP) und des Öko-Instituts

»Strommarktdesign und Flankierung der erneuerbaren

Energien im Umbruch?«

Dr. Felix Chr. Matthes

Berlin, 16. Mai 2013

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• Diskussionen um das Marktdesign des konventionellen Segments

Situation am Ende des Übergangs zum liberalisierten Strommarkt

(erstmals großvolumige Investitionen unter den Rahmenbedingungen

des liberalisierten Marktes)

Beschleunigung der latenten Strommarktprobleme durch den massiven

Ausbau (bestimmter) erneuerbarer Energien

• Diskussionen um die Perspektiven des Flankierungsrahmens für

erneuerbare Energien

Debatte um die EEG-Umlage

(zukünftige) Optimierung der erneuerbaren Energien untereinander

Umgang mit (Folge-) Kosten der erneuerbaren Energien (Zahlungen,

Infrastruktur, Speicher)

• Diskussionen um die Integration der beiden Segmente (inklusive

weiterer Flexibilitätsoptionen wie DSM, Speicher etc.)

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Unterschiedliche Dimensionen

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• Kaltreserve (BMWi / aktuelle Gesetzeslage)

ordnungsrechtliche Gewährleistung der (kurzfristigen)

Versorgungssicherheit auf

Gültig bis 2017

• Strategische Reserve I (BDEW via. Consentec, Ecofys)

Sicherung von Bestandsanlagen (Herausnahme aus dem EOM)

Übergangslösung („bis zur Umsetzung eines robusten

Kapazitätsmechanismus“)

• Strategische Reserve II (BMU/UBA/BEE via. r2b, Ecofys)

Investitionen in Neuanlagen (Betrieb im EOM nur in

Ausnahmesituationen)

Warte-/Übergangslösung („Nachweis der Nicht-Funktionsfähig-keit des

EOM nicht erbracht“)

• Strategische Reserve III (BMU/BDEW/BEE et al. Mai 2013)

Neu- und Bestandsanlagen gleichzeitig in der SR (Umsetzung?)

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Vorschläge (1)

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• Umfassender Kapazitätsmarkt mit zentraler Nachfrage (EWI)

Zentrale Nachfrage und Bepreisung aller Kapazitäten

„EOM bedarf einer Ergänzung durch Kapazitätszahlungen“

• Segmentierter Kapazitätsmarkt (BNE via. BET)

Zentrale Nachfrage und Bepreisung von Neubaukapazitäten

„EOM bedarf einer Ergänzung durch Kapazitätszahlungen“

• Fokussierter Kapazitätsmarkt (WWF via. Öko-Institut / LBD)

Zentrale Nachfrage und Bepreisung von Neubaukapazitäten,

stilllegungsbedrohten Bestandskraftwerken

„EOM bedarf einer Ergänzung durch Kapazitätszahlungen“

• Umfassender Kapazitätsmarkt mit dezentraler Nachfrage und

Ausschreibung für Erneuerbare (VKU via. Enervis / BET)

Dezentrale Nachfrage und Bepreisung aller Kapazitäten

Ausschreibungsmodell für Kapazitäten erneuerbarer Energien

„EOM bedarf einer Ergänzung durch Kapazitätszahlungen“

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Vorschläge (2)

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• „Do nothing“ oder Strategische Reserve

Die Wahrscheinlichkeit, dass der EOM über Preisspitzen hinreichende

Deckungsbeiträge für Kraftwerkserhalt, Neuinvestitionen und

Flexibilisierung der Nachfrageseite (d.h. auch die notwendigen

Investitionen) ist hoch

Handlungsnotwendigkeiten ergeben sich – wenn überhaupt – nur aus

einer nationalen Perspektive (die notwendigen

Investitionen/Maßnahmen werden durch den EOM angereizt, nur

möglicherweise eben im Ausland)

Alle anderen Markteingriffe tragen – in vielerlei Hinsicht – zu hohe

Risiken in sich

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Hintergründe (1)

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• Umfassende Kapazitätsmärkte

Nur eine umfassende Bepreisung aller Kapazitäten führt zu ökonomisch

effizienten Ergebnissen

Differenzierungen sind unnötig, für andere Ziele sind andere

Instrumente (EU-Emissionshandel) zuständig oder ist das heutige

Marktdesign ausreichen (Flexibilität wird hinreichend über EOM und

Regelenergiemärkte angereizt)

• Segmentierte/Fokussierte Kapazitätsmärkte

Bepreisung von Kapazitäten sollte im Interessen niedriger Kosten für die

Stromverbraucher auf die kritischen Bereiche beschränkt werden

Das System benötigt zusätzliche Imprägnierungen mit Flexibilität und

eine Absicherung der Klimaverträglichkeit

Segmentierungen sind als Einstiegsmodell sinnvoll

Mögliche Effizienzverluste sind durch die genannten drei Punkte

hinnehmbar

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Hintergründe (2)

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• Zentrale Kapazitätsmärkte

Nur eine Vorgabe des Versorgungssicherheitsniveaus auf zentraler

Ebene führt – auch mit einer gewissen Vorausschau (5 bis 7 Jahre) –

zu einem effektiven System mit niedrigen Transaktionskosten

Neuinvestitionen erfordern längerfristige Kapazitätszahlungen

Zentrale Auktionen sind für Markttransparenz (und Effizienz) von

zentraler Wichtigkeit

• Dezentrale Kapazitätsmärkte (ohne regulierte Verpflichtung)

Kapazitätsbedarf kann über die Bottom up-Aggregation des

Leistungsbedarf am besten adressiert werden („Privatisierung der

Leistungsvorsorge“), damit erfolgt auch eine aktive Integration der

Nachfrageseite

Investitionen bedürfen keiner längerfristig berechenbaren

Kapazitätszahlungen

Transaktionskosten sind hinnehmbar

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Hintergründe (3)

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Exkurs: Kostendebatte um das EEG

EEG-Umlage als sinnvolle Orientierungsgröße?

2,05

3,53 3,59

5,28

6,125,79

6,16

6,54

-2

0

2

4

6

8

10

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

ct/

kW

h

Entwicklung derEEG-Umlage

Sonstige Kosten

Kontostand

Liquiditätsreserve

Einnahmen für eigenverbrauchteEigenerzeugung

Einnahmen für privilegiertenLetztverbrauch

Effekt Grünstromprivileg

EEG-Vergütungsauszahlung durch ÜNB

vermiedene Netzentgelte

Einnahmen aus Vermarktung

Öko-Institut, EEG Rechner v1.22

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EEG-Umlage im konkreten wirtschaftlichen Umfeld

Sind andere Indikatoren nicht sinnvoller?

7,41

8,60

9,11

10,3910,12

9,7910,16

10,54

0

2

4

6

8

10

12

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

ct/

kW

h

Großhandels-Strompreis und Umlage

Strompreis (Future) Umlage

Öko-Institut, EEG Rechner v1.22

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EEG-Umlage

Was sind die Stellgrößen?

Öko-Institut, EEG Rechner v1.22

0

5

10

15

20

25

30

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

Mrd

. E

uro

Nettozahlungen an Anlagenbetreiber(schraffiert: Bestand bis Ende 2013)

Liquiditätsreserve + Kontostand

Solar

Wind Offshore

Wind Onshore

Geothermie

Biomasse

Gas

Wasser

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• Ceterum censio: Die EEG-Umlage ist kein sinnvoller Bewertungs- oder

Steuerungsindikator

• Für die Entwicklung der EEG-Umlage gibt es verschiedene signifikante

Treiber

Ausbauniveau insgesamt (ggf. beeinflussbar)

Ausbauniveau Offshore-Wind (ggf. beeinflussbar)

Privilegierung des Eigenverbrauchs (ggf. beeinflussbar)

Privilegierungen im Letztverbrauchsbereich (ggf. beeinflussbar)

Eingriffe in Bestandszahlungen

Strompreisniveaus (letztlich nicht oder nur mittelbar beeinflussbar)

Wenig bzw. allenfalls sehr langfristig bedeutsam: andere

Vergütungssätze

EEG-Umlage und Stromkosten

Wesentliche Treiber & Stellgrößen

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• Quotenmodell (RWI, DICE/Haucap für diverse Institutionen)

technologieneutrale Mengenquoten

darüber hinaus wenig spezifiziert (und wenn ja, bereits im

Entwurfsstadium Abkehr vom reinen Quotenmodell)

eher politisches Kampfmodell

• Ausschreibungsmodelle (Arrhenius-Institut, Enervis / BET für VKU)

technologiedifferenzierte Ausschreibung von längerfristigen Zahlungen

(ggf. als Kapazitätszahlungen)

unterschiedlich spezifiziert, ggf. kombiniert mit verpflichtender

Direktvermarktung

• Marktprämien-Modelle (Öko-Institut)

schrittweise umzusetzendes Marktprämienmodell mit längerfristigen

Kapazitätszahlungen

Einbeziehung der Großhandels-Preissignale

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Vorschläge (3)

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• Inkrementelle Weiterentwicklung des EEG (IZES für BEE etc.)

Im wesentlichen Beibehaltung des heutigen Modells (nicht

notwendigerweise für alle Erzeugungsoptionen, aber für die wichtigen)

Feintuning der Regelungen (v.a. Referenzertragsmodell für Wind)

• Sonderthema Kostenverteilung

Einbeziehung der Erzeugung für den Eigenverbrauch

• erneuerbare Energien

• ungekoppelte Stromerzeugung

• Kraft-Wärme-Kopplung

Privilegierungstatbestände für den Letztverbrauch

Indirekt: EE-Anlagenbetreiber über Strommarkt-Konfrontation

Teilweise: Ersatz des heutigen Modells der finanziellen Wälzung durch

(Rückkehr zur) physikalischen Wälzung

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Vorschläge (4)

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• Quotenmodelle

Konfrontation mit dem Strommarkt kann Optimierungspotenziale bei

Betrieb und Investition heben

Portfoliobereinigung (Technologiebandbreite) ist notwendig

Kurzfristige Unterstützungszahlungen sind kein Problem

Erhöhte Risikoprämien sind kein (wesentliches) Problem

• Ausschreibungsmodelle

Konfrontation mit dem Strommarkt kann Optimierungspotenziale bei

Betrieb und Investition heben

Adressierung einer gewissen Technologiebandbreite, aber auch

Portfoliosteuerung sind sinnvoll

Investitionen bedürfen längerfristig berechenbarer Kapazitätszahlungen

Ausschreibungen können (netto) Kostensenkungspotenziale heben,

auch bei Berücksichtigung der (zusätzlichen) Risikoprämien

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Hintergründe (4)

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• Marktprämienmodelle

Konfrontation mit dem Strommarkt kann Optimierungspotenziale bei

Betrieb und Investition heben

Adressierung einer gewissen Technologiebandbreite ist sinnvoll,

Portfoliosteuerung aber (noch) nicht

Investitionen bedürfen längerfristig berechenbarer Kapazitätszahlungen

Preissteuerung ist angesichts der anderen Veränderungen zur

Begrenzung von Risikoprämien (noch) sinnvoll und hinnehmbar

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Hintergründe (5)

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• Grundsätzliche Weiterführung des Garantiepreismodells

Konfrontation mit dem Strommarkt kann keine Optimierungspotenziale

bei Betrieb und Investition heben bzw. diese können regulativ

erschlossen werden

Adressierung einer gewissen Technologiebandbreite ist sinnvoll

Investitionen bedürfen längerfristig berechenbarer (Vollkosten-)

Zahlungen, der Strommarkt kann keine sinnvollen

Finanzierungsbeiträge für Investitionen leisten

Risikoprämien aller anderen Modelle sind nicht hinnehmbar

Sonderthema Rückkehr zur physikalischen Wälzung

• durch Verantwortungsübertragung auf die Bilanzkreisverant-

wortlichen können (in wesentlichem Umfang) zusätzliche

Flexibilitätsoptionen gehoben werden, d.h. die Angebotskurve der

Flexibilitätsoptionen ändert sich insgesamt wesentlich

• die dadurch entstehenden Vorteile überkompensieren die ggf.

auftretenden Nachteile durch geringere Transparenz

Die aktuelle Marktdesign-Debatte

Die Hintergründe (6)

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• Die Bandbreite der derzeit diskutierten Modelle für Veränderungen des

Strommarktdesigns ist groß, trotzdem lassen sich die Vorschläge gut

einordnen

• Die wesentlichen Ausgestaltungsmodelle bzw. deren Unterschiede

lassen sich – jenseits der politischen Debatte – relativ gut aus einer

Reihe von Grundannahmen und/oder –Prämissen ableiten (die hier nur

auszugsweise dargestellt oder diskutiert wurden)

• Die Diskussion über diese Grundannahmen und/oder Prämissen bzw.

deren Belastbarkeit schafft oft mehr Klarheit über die Belastbarkeit

der Grund-Modelle als (verfrühte und filigrane) Ausgestaltungs-

debatten – die oft mehr verdunkeln als erhellen …

Zusammenfassung für die Debatte

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Besten Dank

für Ihre Aufmerksamkeit

Dr. Felix Chr. Matthes

Energy & Climate Division

Büro Berlin

Schicklerstraße 5-7

D-10179 Berlin

[email protected]

www.oeko.de