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Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie Studie Die Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung Innovationschancen nutzen, Innovationshemmnisse abbauen

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Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie

Studie

Die Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung

Innovationschancen nutzen, Innovationshemmnisse abbauen

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Impressum

Die Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung

Auftraggeber: ZVEI e. V. / Initiiert aus dem Vorstandsarbeitskreis Innovationspolitik

ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V.Lyoner Straße 9, 60528 Frankfurt am Mainwww.zvei.org

Mit freundlicher Unterstützung der Unternehmen InfineonTechnologiesAG,RobertBoschGmbH,SennheiserelectronicGmbH&Co.KG,SiemensAG

Autorenteam: FraunhoferISI:Dr.RainerFrietsch,Dr.BerndBeckert,Dr.StephanieDaimer,Dr.ChristianLerch,Dr.NiclasMeyer,Dr.PeterNeuhäusler,OliverRothengatterIWConsult:Dr.KarlLichtblau,ManuelFritsch,HannoKempermann,Dr.ThorstenLang,

Steuerkreis:Dr.NorbertLütke-Entrup,Dr.SiccoLehmann-Brauns,SiemensAGDr.NathalieMartin-Hübner,RobertBoschGmbHVolkerBartels,SennheiserelectronicGmbH&Co.KGDr.AlfredHoffmann,InfineonTechnologiesAGsowie

Expertenteam des ZVEI e. V. unter LeitungvonDr.KlausMittelbach:Dr.BernhardDiegner,Dr.AndreasGontermann,Dr.ChristianKellermann-Langhagen,Dr.PatriciaSolaro

www.zvei.org

November2016

TrotzgrößtmöglicherSorgfaltübernimmtderZVEIkeineHaftungfürdenInhalt.AlleRechte,insbesonderediezurSpeicherung,VervielfältigungundVerbreitungsowie der Übersetzung, sind vorbehalten.

AnsprechpartnerDr.RainerFrietschFraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISIBreslauerStr.4876139KarlsruheTelefon:07216809-197E-Mail: [email protected]

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INHALT

Executive Summary 4

1 Einleitung 8

2 Megatrend Digitalisierung 10

2.1 ChancenderDigitalisierung 10

2.2 StandderDigitalisierung 13

2.3 HemmnissederDigitalisierung 21

2.4 Fokusthema:DigitaleSchlüsseltechnologien 24

2.5 Fokusthema:Breitband 26

2.6 Ableitung der Fragestellungen für die Studie 29

3 Bedeutung der Elektroindustrie 30

3.1 AbgrenzungundBeiträgezumGeschäftsmodellDeutschland 30

3.2 Märkte,MarktführerschaftundKonkurrenzsituation 35

4 Die Elektroindustrie in der Wertschöpfungskette 37

4.1 Produktionsnetze–ElektroindustriealsEnabler 37

4.2 DieElektroindustriealsWissensimpulsgeber 42

4.3 ElektroindustrieeinwichtigerPartner 46

5 Enabler-Funktion der Elektroindustrie für die Digitalisierung 50

5.1 DigitaleAktivitäteninKernmärktenderElektroindustrie 50

5.1.1 Digitalisierungsstrategien 50

5.1.2 Digitale Produkte und Dienstleistungen 55

5.2 Schlüsseltechnologie-PatenteundCIE 56

5.3 Fokusthema: Maschinell erzeugte Daten 59

6 Innovationspolitische Einordnung und Handlungsempfehlungen 62

7 Referenzen 79

Die digitale Transformation ist ein unauf-haltbarer Megatrend, der Unternehmen, Branchen und ganze Volkswirtschaftengrundlegend verändert. Aus Wertschöp-fungsketten werden digitale Wertschöp-fungsnetze.Branchenwandelnsichgrund-legend, und es ist noch nicht ausgemacht, welche Akteure an welchen Standorten die mit der Digitalisierung verbundenen hohen Wertschöpfungspotenziale nutzen werden.Esbesteht jedochdieGefahr einesDigitalDividemit wenigen Großunternehmen aufder einen Seite, die durch eine intensive NutzungderDigitalisierunggekennzeichnetsind. Auf der anderen Seite steht eine große Zahl an kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)deutlichentferntvondigitalenPro-dukten,ProzessenoderGeschäftsmodellen.

VordiesemHintergrundwerdeninderhiervorgelegten Studie eine Standortbestim-mung und ein Ausblick für die deutsche ElektroindustrieaufBasiseinerrepräsenta-tivenBefragungderMitgliedsunternehmendes ZVEI vorgenommen und Handlungs-empfehlungenfürdieBranchesowiefürdieGestaltung der politischen Rahmenbedin-gungen formuliert.

Dabei wird deutlich, dass die Digitalisie-rung kein Selbstläufer ist und ein hohesdisruptives Potenzial besitzt. Die mit der DigitalisierungverbundenenChancenmüs-sen daher bewusst ergriffen und strategisch angegangenwerden.DazuistGestaltungs-wille in den Unternehmen, in der Politik, inderWissenschaftundinderGesellschaftnotwendig. Die Unternehmen werden die digitaleTransformationnicht alleinbewäl-tigenkönnen,sondernsindaufdieUnter-stützung insbesondere der Politik und der Gesellschaftangewiesen.

In der vorliegenden Studie wurden erstmals dieBedeutungderElektroindustrie fürdiedigitale Transformation und deren Umset-zungsstand wissenschaftlich untersucht. BasiswarennebenSekundärdatenanalysendrei repräsentative Befragungenmitmehrals2.500Befragten:erstensderMitglieds-unternehmen des ZVEI, zweitens der Zuliefe-rerundKundenderElektroindustrie–d.h. UnternehmendesVerarbeitendenGewerbesund industrienaher Dienstleistungen – imRahmendes IW-Zukunftspanels sowiedrit-tens Ergebnisse der Erhebung „Modernisie-rung der Produktion“ des Fraunhofer ISI.

Ergebnisse von Standortbestimmung und AusblickDie Digitalisierung ist in der Elektroindus-trie als digitaler Leitbranche im Vergleich mit der deutschen Wirtschaft insgesamt sowohl in der Umsetzung als auch in der strategischen Ausrichtung weiter entwickelt. Als Anwender der Digitalisierung besitzt die Elektroindustrie im Digital Index einen dop-pelt so hohen Indexwert wie die Gesamt-wirtschaft. Mit im Vergleich zu anderen Branchen hohen Nutzeranteilen bei digi-talenTechnologienundGeschäftsmodellenist die Elektroindustrie einer der führenden Anwender im Verarbeitenden Gewerbe. Sonutzen derzeit bereits 90 Prozent der Unter-nehmen Smart Processes, zwei Drittel nut-zen Smart Products und die Hälfte SmartServices.

Gleichwohl steht auch die Elektroindustrieals Anbieter digitaler Produkte und Services erst am Anfang. Derzeit erwirtschaftet die Brancheerstetwasmehrals20ProzentihrerUmsätzemitdigitalenoderdigitalveredel-ten Produkten oder Dienstleistungen. Dabei

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stehenmiteinemUmsatzanteilvon15Pro-zent v. a. Smart Products im Mittelpunkt der digitalenAngebotederUnternehmen.NeueGeschäftsmodelleundDienstleistungsange-bote,indenenbesondershoheWertschöp-fungspotenziale erwartet werden, stehen hingegen noch ganz am Anfang.

Die Elektroindustrie ist (nach dem Fahr-zeugbau)dieBranchemitdenzweithöchs-ten FuE-Aufwendungen in Deutschland. Mit 15,5 Milliarden Euro stammte 2015ein Viertel aller FuE-Aufwendungen der Industrie hierzulande aus der Elektroindus-trie. Für die Digitalisierung der gesamten Wirtschaft sind es gerade die forschungs-intensiven Teilbereiche wie bspw. Halb-leiter, Sensoren oder Aktoren, mit denen die Elektroindustrie zur Weiterentwicklung des Standorts Deutschland beiträgt. Auchdie Innovationsintensität der Branche ist überdurchschnittlich hoch: Gemessen amUmsatz liegen die Aufwendungen für Pro-dukt- und Prozessinnovationen doppelt so hoch wie im Verarbeitenden Gewerbe undmehr als dreieinhalbmal so hoch wie in der Gesamtwirtschaft.

40 Prozent aller in Deutschland angemel-deten transnationalen Patente stammen aus der Elektroindustrie. In Schlüsseltechnolo-gienwiedigitalenKommunikationstechno-logien, Bildgebung,Mikro- undNanoelek- tronik, Leistungselektronik und industri-ellen Anwendungen (Sensoren, Aktoren, Maschinensteuerungen) stammen deutlichmehr als dieHälfte der Patente deutscherUnternehmen aus der Elektroindustrie. Zu den sogenannten computerimplementierten Erfindungen(CIE)inDeutschlandträgtdieElektroindustrie rund 60 Prozent bei.

Die Elektroindustrie besitzt eine zentrale BedeutungfürdieWertschöpfungsnetze inDeutschland und weltweit: Als Drehschei-ben-Industrie und Enabler liefert sie mit 25MilliardenEurodiehöchstenVorleistun-geninandereBranchen(VergleichChemie(ohne Pharma): 17 Milliarden). Dadurchvernetzt sie global Märkte und trägt dazubei, dass die Produkte der Zuliefererindus-trienweltweitabgesetztwerden.InKombi-nationmitderhohenInnovationsintensitätwird die Elektroindustrie damit zu einer der wichtigsten Quellen von Wissens- und TechnologieimpulsenfürdiegesamteWirt-schaft.EinGroßteilderInnovationsleistungder Elektroindustrie kommt de facto ande-renBranchenzugute–auchundgeradeimBereichderDigitalisierung.WeltweitgibteskeineandereBranche,derenTechnologienso stark mit anderen Technologiefeldernvernetzt sind wie die Elektroindustrie.

HerausforderungenundHandlungsempfehlungenDiekünftigeinternationaleWettbewerbsfä-higkeit der Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung wird in hohem Maße davon abhängen, dass die nachfolgendgenannten Herausforderungen von Wirt-schaft,GesellschaftundPolitikgemeinsamgemeistert werden. Die ersten drei ergeben sichdirektausderBefragungderZVEI-Mit-gliedsunternehmen, die weiteren Themenaus den Ergebnissen dieser Studie.

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DieStudiezeigtHandlungsbedarffürUnter-nehmen, Politik und Wissenschaft in sieben Feldern auf:

1. Fachwissen bereitstellen•Digitale Kompetenzen über die gesamteBildungsketteausbauen

•Aufwertung der Digitalisierung in den Fachdidaktiken sowie in der Aus- und Fortbildung der Lehrer

2. Datensicherheit gewährleisten•Datensicherheit fördern auf Basis von„SecuritybyDesign“-Ansätzen

•Aufbau von Plattformen zur IT-Sicher-heit, um die Verbreitung von geeigneten Lösungenzuunterstützen

•Teilnahme an internationaler Standardi-sierung

3. Breitband flächendeckend leistungsfähig machen•Kommunikationsinfrastrukturen auf dieQualitätsanforderungenderindustriellenAnwendungsfelder ausrichten (Industrie-tauglichkeit: Latenz, Symmetrie, Stabili-tätetc.)

•TechnologieneutralerAusbaubeiFestnetzund Mobilfunk

•Zusätzliche Investitionsprojekte fördernundalsöffentlich-privatePartnerschaften(PPP)aufbauen

4. Schlüsseltechnologien stärken •BesondererHandlungsbedarfbestehtbeiNetzkommunikation und Datenanalysewie auch bei Mikroelektronik, Sensorik, Aktorik und Embedded Software

•RegelmäßigesKompetenzmonitoring•Ausbau von international ausgerichteten FuE-Forschungsschwerpunkten z. B. inden Bereichen Netzkommunikation undDatenanalyse

5. Wertschöpfungspotenziale weiter heben•Entwicklung digitaler Angebote in der

strategischen Unternehmensplanung aus-bauen,v.a.beineuenGeschäftsmodellenund Smart Services

•Datengetriebene Innovationen stärkerunterstützen: Datennutzungsrechte klä-ren, um Potenziale bei datenbasierten Dienstleistungen (z. B. Nutzung vonMaschinendaten) zu heben; gleichzei-tig Vermeidung innovationshemmender RegulierungenfürdatenbasierteDienste

•Regulative Widersprüche bei Richtlinienwie der Funkanlagen-, der Fahrzeug-, der Maschinen- oder der Niederspannungs-richtlinie beseitigen

•Wertschöpfungsnetzwerke aufbauen undKMUmitnehmen;

•Angemessene Erhöhung der FuE-Auf-wendungen sowohl der Unternehmen als auchdesStaates(s.Punkt6)

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6. Forschungs- und Innovationspolitik neu denken•Breiteren Innovationsbegriff zugrundelegen, digitale Geschäftsmodellentwick-lungbzw.SmartServicesstärkerberück-sichtigen

•Engere Koordination zwischen Ressortsin Bezug auf Querschnitts- und Schlüs-selthemen

•Förderinstrumentarium um steuerlicheFörderungvonforschendenUnternehmenergänzen

•KohärenzundTransparenzderstaatlichenFörderungsteigernunddiesekonsequentanderHightech-Strategieausrichten

•Digitale Schlüsseltechnologien mit kriti-scher Masse fördern, Aufbau von Exzel-lenzzentren fortführen sowie themenof-feneFörderangebotestärken

•ZIM weiterentwickeln: marktnahe Inno-vationsaktivitätenstärkerfördern,insbe-sonderedieNetzwerkförderungvonGroß-unternehmenundKMU

•Wissensnetzwerke stärken: Kompetenz-zentren nach dem Vorbild der Industrie-4.0-Kompetenzzentren auch für andereSchlüsselmärkteausbauen

7. Volkswirtschaftliche Indikatorik weiterentwickeln•VolkswirtschaftlicheGesamtrechnung,In- dikatoren und Kennzahlen weiterent-wickeln, damit sie auch im Zeitalter der Digitalisierung die Bedeutung derBranchen im Wirtschaftsgefüge adäquatwiderspiegeln

•Investitionen weit fassen: über die „klassischen“ Ausrüstungsinvestitionen hinaus auch FuE-, Innovations- und Bil-dungsaufwendungen sowie Investitionen in nicht tangible Assets bzw. Wissens-/Humankapital,SoftwareundProzesseetc.berücksichtigen („erweiterter Investiti-onsbegriff“)

7

8 9

KaumeinThemawirdderzeitinPolitikundWirtschaft mehr diskutiert als die Digitali-sierung. Die Digitalisierung ist ein Quer-schnittsphänomen, das alle Branchen undMärkte von der Industrie bis zu Dienst-leistungen betrifft und nicht selten völligneueGeschäftsmodellehervorbringt.Aller-dingsbefindet sichdiedeutlicheMehrheitder deutschen Unternehmen noch in der Startphase: Mit der Umsetzung haben erst wenige Unternehmen begonnen.

Der globale Wettbewerb um die digitalen MärktederZukunftistnochnichtentschie-den.DieUnternehmenkönnenimglobalenWettlauf um die Digitalisierung gleichwohl nur dann bestehen, wenn die Politik diesen mit den richtigen Maßnahmen flankiert.Aber auch die Unternehmen selbst stehen vor der Herausforderung, die Digitalisie-rung strategisch einzubinden und ihre Geschäftsmodelleweiterzuentwickeln.

In dieser Studie wird beleuchtet,•wo die deutsche Wirtschaft bei der digita-lenTransformationsteht,

•welche Treiber wesentlichen Einflusshaben,

•welcheHemmnissebremsenund•welcheHandlungsempfehlungenabzulei-

ten sind.

Als roter Faden dient dabei die Rolle derElektroindustrie als Leitbranche der digita-lenTransformation.

Der digitale Wandel, wie er derzeit weltweit in industrialisierten Ländern stattfindet,unterscheidet sich von Veränderungspro-zessen früherer Dekaden deutlich. NeueDienstleistungen und neue Geschäftsmo-dellewerdenaufBasisvondigitalvernetz-ten Technologien entwickelt. Erzeugnisseder Elektroindustrie, von der Elektronik bis zur industriellen Software, spielen hier einewesentlicheRollealsEnabler.Entspre-chend dynamisch entwickeln sich die digi-talen Leitmärkte der Elektroindustrie, dievonEnergieüberWohnen,GesundheitundMobilitätbishinzuFabrik-undProzessau-tomatisierung(Industrie4.0)reichen.

Mit Blick auf die Elektroindustrie zeigtdie Studie auf, wie wichtig diese Branchesowohl als Anbieter als auch als Anwender für den Erfolg der digitalen Transforma-tion Deutschlands ist. Die Ergebnisse zei-gen, dass die Elektroindustrie vielfältigeImpulse generiert und als Leitbranche der Digitalisierung betrachtet werden muss. Die Technologien der Elektroindustrie steckenin vielen Produkten anderer Branchen. Sostammt jede dritte Innovation in der Indus- trieausderElektroindustrie–undinmoder-nen Automobilen bauen sogar vier von fünf InnovationenaufdiesenTechnologienauf.1

1.EINLEItuNg

1SebastianSchmidt:InfineonsetztaufInternetderDinge,Börsen-Zeitung,25.08.2015.

9

Um die Studie empirisch zu validieren, wurden Ergebnisse dreier groß angelegter Befragungenberücksichtigt:•Erstens wurden die ZVEI-Mitgliedsunter-

nehmen eigens für diese Studie befragt,•zweitens wurden andere Unternehmen desVerarbeitendenGewerbesundindus-trienaher Dienstleistungen im Rahmendes IW-Zukunftspanels zu den hier adres-siertenThemenbefragt,

•drittens wurden Ergebnisse der Erhebung „Modernisierung der Produktion“ des Fraunhofer ISI mit aufgenommen.

Die Digitalisierung stellt aber auch die ökonomischeForschungvorgroßeHeraus-forderungen, denn es werden neue Fakto-ren relevant, die bisher nicht erfasst wer-den oder derzeit gar nicht erfassbar sind. Zwar werden klassische Indikatoren wie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, PatenteoderauchHochtechnologieexporteweiterhin wichtig bleiben, Technologiensind jedoch in Zukunft noch mehr als bis-her zwar notwendige, aber keineswegs mehr hinreichende Voraussetzung. NeueGeschäftsmodelle und Dienstleistungsin-novationen stammen nicht aus formalen Forschungs- und Entwicklungsprozessen in Forschungsabteilungen von Unternehmen, sondern werden kundenorientiert und teil-weise auch gemeinsam mit dem Kundenvorangetrieben. Somit entsteht ein Erfas-sungsproblem, das mit klassischen Indika-toren alleine nicht behoben werden kann.

Es bedarf deshalb eines erweiterten Sets an Indikatoren, um das notwenige Umdenken in der Wirtschafts- und Innovationspolitik zu unterstützen.

DerhiervorliegendeBerichthatzumZiel,die mit der Digitalisierung einhergehen-den Veränderungen im industriellen Kon-textdarzustellen.DasKapitel2beschäftigtsich mit dem Megatrend der Digitalisie-rung,führtdiegrundlegendenDefinitionenein, zeigt den Stand der digitalen Trans-formation der deutschen Wirtschaft und benenntwesentlicheHemmnisse.Kapitel3 analysiertdieBedeutungderElektroindus-trie als wissensintensive, aber oft unter-schätzteBranche,diewesentlichzumErfolg des industriegeprägten „GeschäftsmodellsDeutschland“ beiträgt. In Kapitel 4 wirddieseSichtweiseerweitertunddieRollederElektroindustriealsTechnologiegeberindenWertschöpfungsnetzwerken betont. In demanschließendenKapitel5wirddieRollederElektroindustrie als Leit- und Schlüsselbran-che der Digitalisierung analysiert und ihre Vorreiterrolle gezeigt. Abschließend werden ausdiesenBefundenHandlungsempfehlun-gen sowohl für die Wirtschaft als auch für die politischen Entscheidungsträger abge-leitet.

10 11

Die Digitalisierung entfaltet große Chan-cen für die Unternehmen. 85 Prozent der Unternehmen in Deutschland halten die Digitalisierung für wichtig (BMWi 2016).DiedigitaleTransformationfindetinumfas-senderArtundWeisestatt–Produkte,Pro-zesseundGeschäftsmodelleerfahreneinenradikalen Wandel. Gleichwohl stehen diemeisten Unternehmen bei der digitalen Transformation noch in den Startlöchern.Deshalb müssen Hemmnisse überwundenwerden, um die Chancen vollständig zurEntfaltungzubringen.Hemmnissewiefeh-lendes Fachwissen, mangelndes Vertrauen indieDatensicherheitodereineunzuläng-licheBreitbandversorgungerschwereneineerfolgreicheTransformation.

2.1 Chancen der DigitalisierungDie Digitalisierung verändert die Weltin rasantem Tempo. Sie durchdringt alleLebenswelten. Unternehmen, Verbände,Wissenschaft und Politik beschäftigensich immer stärkermitdiesemMegatrend.Auch in der Medienwelt nimmt die Digita-lisierung immer breiteren Raum ein. Die Meldungen in Onlinemedien dazu sindsprunghaftgestiegen. ImSeptember2016wurden fünfmal so viele Artikel mit dem BegriffDigitalisierunggesuchtwienochimSeptember2011.

ÜberdieHälftederBerichteüberThemenwie Industrie 4.0 fallen positiv aus, nurvier Prozent haben einen negativen Tenor(Sonderauswertung der IW Consult viaubermetrics,2016).DieDigitalisierung isteinZukunftsthema,dasalsChancefürdenIndustriestandort Deutschland begriffen wird.DaszeigeneinschlägigeUntersuchun-gen(u.a.ZEW2016):•85 Prozent der Unternehmen in Deutsch-

land halten die Digitalisierung für wich-tig.

•Zwei Drittel der deutschen Industrieun-ternehmen wollen durch Industrie 4.0ihreEffizienzundUmsätzeerhöhen.

•Jedes vierte Unternehmen im Verarbei-tenden Gewerbe investierte 2015 mehrals zehn Prozent des Umsatzes in Digitali-sierungsprojekte.

Viele Studien weisen auf die hohen Wert-schöpfungseffektehin:•Analysten von Roland Berger (2015)

sehen in der Digitalisierung bis 2025 ein Potenzial von insgesamt 1,25 BillionenEurofürdieeuropäischeIndustrie.

•Eine Metastudie des Bundeswirtschafts-ministeriums (Wischmann et al. 2015)schätzt den Effekt von Industrie 4.0 fürDeutschlandindennächstenfünfJahrenauf ein zusätzliches Prozent desBIPproJahr.

2. MEgAtREND DIgItALISIERuNg

11

Digitalisierung ist aber kein Selbstläuferund hat ein hohes disruptives Potenzial. DamiteinhergehtdieGefahr,dassDeutsch-land den Anschluss bei der Digitalisierung international (weiter) verliert und auchdieindustriellenKernmärktewiederFahr-zeug- oder der Maschinenbau durch agilere Wettbewerber aus den USA und Asien unter starken Wettbewerbsdruck geraten.

Auch müssen die mit der Digitalisierung einhergehenden Chancen erst noch geho-ben werden. Dazu ist in den Unternehmen, in der Politik, in der Wissenschaft und der Gesellschaft Gestaltungswille notwendig.Die Elektroindustrie hat dabei eine Schlüs-selrolle–sieleistetentscheidendeBeiträgedurch die Ausrüstung aller Branchen mitdigitalenTechnologien.

Digitalisierung im Kontext der ElektroindustrieBevordieseSchlüsselrollederElektroindus-trie in den nächsten Kapiteln eingehendanalysiertwird,sollzunächsterläutertwer-den, welches Konzept der Digitalisierungdieser Studie zugrunde liegt. Das ist not-wendig, weil die Digitalisierung durch ihre begrifflicheWeiteeineUnschärfehat.

Unter Digitalisierung wird die Sammlung, Verdichtung, Analyse, Weiterverarbeitung und Weitergabe von Daten verstanden, und im erweiterten Sinne auch die da-rauf basierende automatisierte Ableitung undUmsetzungvonEntscheidungen (z.B.autonom agierende Maschinen im Wert-schöpfungsnetzwerk). So sachlich richtigdiese Definition ist, so wenig hilft sie beiderAbschätzungderökonomischenPotenzi-ale. Auch alle Versuche, die Digitalisierung alseinBranchenkonzept(etwaIKT-Brancheplus Internetwirtschaft) zuverstehen,grei-fen zu kurz. Digitalisierung ist ein Quer-schnittsphänomen, das alle Unternehmen,Branchen,Märkte, Prozesse, Produkte undTechnologienberührt.

Zwei wesentliche technische Entwicklungen treiben die Digitalisierung der Wirtschaft:•Das ist erstens die Vernetzung von Men-

schen und Maschinen durch das Internet vermittels alter und neuer Kommuni-kationstechnologien. Sie erlaubt neue FormenderKommunikation,derInterak-tion und der Arbeitsteilung. Die nahezu grenzenlose Vernetzung generiert eine Fülle von Daten, deren Auswertung und Nutzung zu neuen Geschäftsmodellenund Services mit hohem ökonomischemPotenzial führt. Der wichtigste Rohstoffdieser neuen Geschäftsmodelle sindDaten.

Abb.1:AufmerksamkeitfürDigitalisierungindenOnlinemedien

09/01/2011

09/01/2013

09/01/2012

09/01/2014

03/01/2016

03/01/2012

03/01/2014

09/01/2015

03/01/2013

03/01/2015

09/01/2016

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Quelle:SonderauswertungderIWConsultviaGoogleTrends(2016)

Die Werte geben das Suchinteresse relativzumhöchstenPunkt

im Diagramm im festgelegten Zeitrauman.DerWert100stehtfürdiehöchsteBeliebtheitdieses

Suchbegriffs. Der Wert 50 bedeutet, dassderBegriffhalbsobeliebtist.

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•Zweitens entstehen verbesserte Fähig-keiten, Prozesse mit Algorithmen zu beschreiben und zu simulieren und damit „digitale Zwillinge“ der physischen Welt zuschaffen.NebenderVernetzung liegtin dieser Virtualisierung von Produkten und Prozessen das eigentliche disruptive Potenzial der Digitalisierung.

Die Zielrichtung ist klar: Wir sind auf dem WegzueinerDatenökonomie,weilnahezualles mit Datenmodellen beschrieben und in Echtzeit bereitgestellt werden kann. Diese technische Dimension der Digitalisie-rung lässt sich gut fassen, wenn zwischender Produkt- und der Prozessebene einer-seits sowie zwischen der physischen und der virtuellen Welt andererseits unterschieden wird (Abbildung 2). Daraus ergeben sichvier Felder:

Smart Integration: Dazuzählenz.B.inderProduktion Anlagen und Maschinen, die in datengestützten Cyber-Physischen Syste-men gesteuert werden. Das ist eine Fortent-wicklung der klassischen Automatisierungs-technik und Robotik, deren Möglichkeitendurch innerbetriebliche und betriebsüber-greifende Vernetzungen deutlich erweitert werden. Am Ende werden selbst lernende und sich steuernde Prozesse in Echtzeit-Wertschöpfungsnetzenstehen.Gleichesgiltanalog für andere industrielle Domänen,etwadieGebäudetechnikoderdieEnergie-wirtschaft.

Smart Products: Darunter sind physisch-materielle Produkte zu verstehen, die über Sensoren und Aktoren eine Beobachtungund Steuerung in der Nutzungsphase desProdukts beim Kunden zulassen. Herstel-ler und Verbraucher bleiben so über den gesamten Lebenszyklus verbunden. Indus-trienahe Dienstleistungen bekommen in digitalen Geschäftsmodellen eine ganzneue Dimension.

Smart Operations: Hier geht es um dieVirtualisierung von physischen Prozes-sen–alsoumdieModellierungdurchdiezuvor genannten digitalen Schatten oder Zwillinge. Dadurch können Planungs- undSteuerungsprozesse optimiert werden, weil Simulationen und die Suche nach besseren Lösungeneinfacherwerden.Dasgiltfürdieinnerbetriebliche Ebene (Verbindung von ShopFloorundOfficeFloor)genausowiefürInteraktionenmitZulieferernundKunden.Dabei werden umfangreiche Datenerfas-sungssysteme, moderne Auswertungs- und Analysetechniken und Softwarelösungeneingesetzt. So können beispielsweise Ent-wicklungsingenieuresehrfrühzeitigSchwä-chen und Entwicklungspotenziale in den Systemen erkennen. Mithilfe von Algorith-menlassensichauchmöglicheAusfällevonMaschinen voraussagen. Logistiker könnenRouten ihrer Transportfahrzeuge auf BasisvonVerkehrs-undBedarfsdateninEchtzeitsteuern.

Abb. 2: Dimensionen der Digitalisierung

Quelle:IWConsult;eigeneDarstellung

I.

II.

IV.

III.

Vernetzte Kunden

Vernetzte Lieferanten

Proz

esse

bene

Virtuell

Smart Markets / digitale geschäftsmodelle

Prod

ukti

onse

bene

Physisch

Smart IntegrationVernetzte Produktion(Factory/Plant, Energienetze, Infrastruktur, Maschinen und Anlagen,Cyber-physische Systeme)

Smart ProductsVernetzte Produkte auf der Hersteller-Kunden-Ebene (KomponentenundEndgeräte)

Smart OperationsVirtualisierte Prozesse

und Steuerungen(Software und

Datenmanagement)

Smart ServicesDatenbasierte und vernetzte

Dienstleistungen (AppsundAnalysen)

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Smart Services: Smart Services sind umfas-sende, digital unterstützte Dienstleistungen zu Produkten oder Systemen über den gan-zen Lebenszyklus, inklusive vorausschau-enderWartung,Upgradesetc.Dazugehörtein breites Dienstleistungsspektrum, das von Onlineshops, Apps, Softwarelösungen, Streaming-Diensten bis zu den oben er- wähnten produktbezogenen After-Sales-Dienstleistungen reicht.

Diese vier Bausteine als solche gibt es inunterschiedlichen Ausprägungen schonrecht lange. Neu an der Digitalisierungist, dass sie über die gesamten Prozesse in den Unternehmen, zwischen Unterneh-menundmitKundenvernetztsind–Wert-schöpfungsketten werden zu Wertschöp-fungsnetzwerken. Am Ende stehen digitale Geschäftsmodelle und die Entwicklungneuer datenbasierter Märkte. Auf diesenMärkten haben Plattformen eine beson-dereBedeutung.Dort könnenMarktaktivi-tätenzusehrniedrigenTransaktionskostenund mit hoher Skalierung durchgeführt werden. Ökonomisch betrachtet sind diese PlattformmärkteeinesderkonstituierendenMerkmale der Digitalisierung, die disrup-tive Effekte entfalten.

Wie wichtig die Elektroindustrie für die Di- gitalisierungist,zeigteinBlickaufdasPro-duktprogramm der Branche. Viele dieser Angebote stellen eine grundlegende Voraus- setzung dar, um überhaupt Produkte und Prozesse digitalisieren zu können. Abbil-dung3illustriertdiesmiteinigenBeispielen.

2.2 Stand der DigitalisierungDie Analyse zeigt, dass die Digitalisierung für die Unternehmen der Elektroindustrie einpositivbesetztesChancenthemaist.Wiesieht es aber mit dem Stand der Umsetzung der Digitalisierung in den Unternehmen aus?MitdieserFragebeschäftigtsichdiesesKapitel. Dabei werden Befragungsergeb-nisse zum Digitalanteil im Produktprogramm der Unternehmen der Elektroindustrie, ein Industrie 4.0 Readiness Check der Unter-nehmen, derDigital Index der IW Consultund die Erhebung „Modernisierung der Produktion“ des Fraunhofer ISI, in der die NutzungunddiePlanungdesProduzieren-den Gewerbes von Industrie-4.0-ähnlichenTechnologienbeleuchtetwerden,verwendet.

Für die vorliegende Studie wurden im Juni undJuli2016zweiempirischeErhebungendurchgeführt. Erstens haben im Rahmeneines Surveys 132 Mitgliedsunternehmendes ZVEI an einer Befragung teilgenom-men. Davon haben 63 Unternehmen bis zu 499 Mitarbeiter und 69 Unternehmen 500 Mitarbeiter oder mehr. Zweitens nah-men im Rahmen des IW-Zukunftspanels1.120 Unternehmen des VerarbeitendenGewerbes (ohne Elektroindustrie) und derindustrienahen Dienstleistungen an einer Befragung teil. 979 dieser Unternehmenbeschäftigenmaximal499Mitarbeiter,141Unternehmen 500 Mitarbeiter oder mehr. Die Befragungsergebnisse wurden umsatz-gewichtethochgerechnet–großeUnterneh-men werden damit angemessen berücksich-tigt–undhabenrepräsentativenCharakter.

Definitionen:ERP=EnterpriseResourcePlanning;

MES=ManufacturingExecutionSystem;MOM=ManufacturingOperations

Management;CAD=Computer-AidedDesign;

CAM=Computer-AidedManufacturing

Abb. 3: Digitale Angebote der Elektroindustrie

Quelle:IWConsult;eigeneDarstellung

SmartIntegration

Smart Products

SmartOperations

SmartServices

Systemintegration für vernetzte SystemeTechnologienfürsichere Mensch-Maschine- Interaktion

Digital veredelte, vernetzte Produkte fürdieLeitmärkteEnergie, Mobilität,Gebäude,Gesundheitund Fabrik- und Prozessautomation

ERP/MES/MOMCAD/CAM

Digitaler Austausch von Dispositionsdaten

Remote/ predicitve maintenance

Product-Lifecycle-ManagementDatenbasierteGeschäftsmodelle

Vernetzung

14 15

Der beste Maßstab zur Messung des Umset-zungsstands der Digitalisierung sind die Umsätze mit digitalen Produkten undDienstleistungen. Da es dazu keine statisti-schenDatengibt,wurdendieseimRahmenderBefragungderZVEI-Unternehmenerho-ben.DabeilagdieDefinitionzugrunde,wiesieimvorigenKapiteleingeführtwurde.

Der Umsatzanteil mit digitalen Produk-ten und Dienstleistungen liegt erst bei 20,4 Prozent. Den mit Abstand größtenBereich machen die Smart Products mit15,3 Prozent aus. Die anderen drei Berei-che, die auf Systemintegration, Prozesse und Dienstleistungen fokussieren, tragen lediglich 5,1 Prozent zum Gesamtumsatzbei. Die Elektroindustrie ist also in ihrem Kernbereich–demVerkaufvonProdukten– weiterfortgeschritten.DieNutzungdersichaus der Digitalisierung ergebenden Poten-ziale für die Prozessoptimierung und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle stehtdagegen noch ganz am Anfang.

Auch sind deutliche Unterschiede zwischen Unternehmensgrößenklassen zu beobach-ten.WährendinkleinenUnternehmenerstinsgesamt 15,3 Prozent des Umsatzes mitdigitalen Produkten und Dienstleistungen erzielt werden, liegt der Anteil bei großen Unternehmen bereits bei 25,1 Prozent.AuchhierzeigtsicheinVorsprungderGroß-unternehmen.

Um die vollständigen Digitalisierungspo-tenziale erschließen zu können, ist einehohedigitaleReifeimgesamtenUnterneh-men notwendig. Darunter fallen zunehmend auchimB2B-BereichOnlineaktivitätenwie

das Betreiben von Webshops oder SocialMedia.EineOnlinepräsenz,aufderdigitaleBegriffe zufindensind, isteinerstesMaßfür denUmgangmit digitalenThemen imUnternehmen.

Die Onlineaktivitäten, die Modernitätder eingesetzten Webtechnologien und dieVernetzungimWebkönnenmitdemDigital Index der IW Consult gemessenwerden (s. IHKKöln/StadtKöln,StartupRegion Köln, 2016). Basis der Analysesind alle rund 2,8 Millionen Online-auftritte deutscher Unternehmen. Dies kommt einer Vollerhebung gleich. In achtClusternwieSocialMedia,Mobile,Digital Topics oder Traffic werden rund10.000Merkmale bewertet. Die schiereDatenmenge ermöglicht Analysen inhöchster Granularität. Diese Informa-tionen gehen in einen Index ein, der für jedes Unternehmen in Deutschland definiertist.DerIndexwirdvon0Punk-ten(nichtdigitalisiert)bis100Punkten(vollständigdigitalisiert)skaliert.

Abbildung 4 zeigt den Hauptbefund: Diedeutsche Wirtschaft steht bei der Digitali-sierung vielfach noch am Anfang. Mit einem durchschnittlichen Punktwert von 4,8 sinddeutsche Unternehmen heute noch schwach digitalisiert. Die Elektroindustrie als digi-tale Querschnittsbranche liegt mit einem Indexwert von durchschnittlich 10,2 Punk-ten auf einem mehr als doppelt so hohen Niveau. Im Vergleich zum VerarbeitendenGewerbe liegtderVorsprungbeiüberdreiPunkten.GleichwohlstehtauchdieElektro-industrie noch am Anfang.

Tab.1:UmsätzemitdigitalenProduktenundDienstleistungen

Elektroindustrie

KMu2) große3) gesamt

Smart Products1) 11,8 18,4 15,3

Smart Processes1) 1,2 1,1 1,1

Smart Integration1) 1,1 3,2 2,2

Smart Services1) 1,2 2,4 1,8

Digitale Angebote 15,3 25,1 20,4

Konventionelle Angebote 84,7 74,9 79,6

Umsatzanteilefür2016inProzent1)SieheQuadranteninAbbildung2;2)Unternehmenmitbiszu500Beschäftigten;3)Mehrals500Beschäftigte;umsatzgewichteteErgebnisse

15

Der Vorsprung der Elektroindustrie zeigt sichauch inderVerteilung (Abbildung5):Fünf Prozent dieser Unternehmen erreichen einen Indexwert von mindestens 33 Punk-tenundzählendamitzudenPionierenderDigitalisierung.Gesamtwirtschaftlich errei-chen nur 1,4 Prozent aller Unternehmendiesen Schwellenwert. Lediglich rund 20 Prozent der Unternehmen in der Elektroin-dustrie besitzen einen digitalen Reifegradvon null Punkten. Das sind deutlich weniger alsindergesamtenWirtschaft(57Prozent).Insbesondere die Unternehmen mit null PunktenhabenHandlungsbedarf.

Abbildung 6 zeigt, wo diese 20 Prozent vornehmlich zu suchen sind.Während dieUnternehmen mit weniger als 250 Mitarbei-tern einen Indexwert von 9,9 Punkten errei-chen, liegen die großen Unternehmen mit 5.000 Mitarbeitern und mehr bereits bei 38,9Punkten. Jegrößer einUnternehmenist, desto mehr investiert es in sein „digita-lesGesicht“.DadurchwerdendieseUnter-nehmen automatisch auch digital wahr-genommen. Kleine Unternehmen müssenhier aufholen, um von den Möglichkeitender Digitalisierung umfassend profitierenzu können, auchwenn sie ebenfalls schondeutlich weiter sind als die kleinen Unter-nehmenausanderenBranchen.

Abb. 5: Verteilung des Digital Index1.Halbjahr,2016;PunkteaufeinerSkalavon0bis100

Quelle:IWConsult,beDirect,DATAlovers(2016)

Abb.4:DigitalIndexnachBranchen1.Halbjahr,2016;BranchenmittelwerteinPunktenaufeinerSkalavon0bis100

Quelle:IWConsult,beDirect,DATAlovers(2016)

Gesamtwirtschaft Verarbeitendes Gewerbe Elektroindustrie

12

10

8

6

4

2

0

4,8

7,0

10,2

80

70

60

50

40

30

20

10

01000 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 75 80 85 90 95

n Elektroindustrie

nGesamtwirtschaft

16 17

Neben demDigital Index lässt sich derDigitalisierungsgrad von Unternehmen auchübereinenIndustrie4.0ReadinessCheckbewerten.DabeiwirddieReifebeiIndustrie-4.0-Aktivitäten ermittelt. DerCheck,dendieIWConsultinZusammen-arbeit mit dem Forschungsinstitut für Rationalisierung(FIR)e.V.anderRWTHAachen entwickelt hat, gibt Unterneh-men die Möglichkeit, ihren derzeitigenEntwicklungsstand zu erfahren und mit anderen Unternehmen zu vergleichen. Er zeigt, dass die große Mehrheit der Unter-nehmen bei der Implementierung von Industrie4.0ebenfallsnochamAnfangsteht.

BasisisteinekomplexeempirischeErhe-bung, in der die Unternehmen zu den vier bereits eingeführten Dimensionen SmartProducts,SmartOperations,SmartServices sowie Smart Integration Aussa-gen treffen müssen. Darüber hinaus werden noch die beiden Dimensionen Strategie und Mitarbeiter berücksichtigt. DieUnternehmenwerdenaufBasisvonSelbstangaben auf einer Skala von null (Außenstehender) bis fünf (Exzellenz)hinsichtlich ihres digitalen Reifegradseingeordnet. Gleichzeitig erhalten sieHandlungsempfehlungen, wie sie diejeweilsnächste Stufe erreichenkönnen.Dieser Selbst-Check ist erreichbarunter http://www.industrie40-readiness.de.

Abb.6:DigitalIndex–ElektroindustrienachGrößenklassen,1.Halbjahr,2016;GrößenklassenmittelwerteinPunktenaufeinerSkalavon0bis100

Quelle:IWConsult,beDirect,DATAlovers(2016)

Unter 250 250bis499 500 bis 999 1.000bis4.999 5.000 und mehr

45

40

35

30

25

20

15

10

5

0

9,9

22,3

Elektroindustrie

VerarbeitendesGewerbe

22,8

29,3

38,9

6,9

18,3

21,725,1

33,9

Mitarbeiter

Abb.7:Industrie4.0ReadinessCheck Anteile in Prozent / Anzahlgewichtete Ergebnisse

Quelle:IWConsult,FIR(2015);IW-Zukunftspanel,26.Befragungswelle,Industrie4.0ReadinessCheck(2016)

Exzellenz

Experte

Erfahrener

Fortgeschrittener

Anfänger

Außenstehender

0 10 20 30 40 50 60

0,00,0

0,0

4,5

22,4

31,1

42,0

0,4

2,9

13,4

28,3

55,0

Elektroindustrie

VerarbeitendesGewerbe

17

Mehr als die Hälfte der Unternehmen desVerarbeitenden Gewerbes sehen sich nochalsAußenstehendebeiIndustrie4.0,knappeinDrittelalsAnfänger.Insgesamtbeschäf-tigensicherst rund15ProzentderUnter-nehmen bereits intensiver mit Industrie 4.0.DieElektroindustrieistauchhierschoneinen Schritt weiter als das Verarbeitende Gewerbeinsgesamt,hierbezeichnetsicheindeutlich größerer Teil als fortgeschritten. Die repräsentative Befragung „Moder-nisierung der Produktion“ wird alle drei Jahre regelmäßig vom FraunhoferISI durchgeführt und beleuchtet Fra-gen zur Wertschöpfung und Innovationin der Produktion. Die hier analysierte ErhebungswellefandimJahr2015stattund umfasst die Angaben von insgesamt 1.282 zufällig ausgewählten Betrieben.Sie bietet dabei ein repräsentativesAbbild desVerarbeitendenGewerbes inDeutschlandhinsichtlichGrößenklassen,BranchenstrukturundregionalerVertei-lung.

Um diese Ergebnisse zu konkretisieren, wurde der aktuelle Verbreitungsgrad von Industrie-4.0-affinen Technologien imVer- arbeitenden Gewerbe analysiert. Es wur-den insgesamt acht digitale Technolo-gien erfasst, die als Voraussetzung für die Anwendung und das Angebot einer digital vernetzten Produktion im Sinne der Indus-trie4.0dienenunddiebereitsheuteindenBetriebenAnwendungfinden können (vgl.ausführlichTabelle2).

KonkretwurdendieteilnehmendenBetriebeder Erhebung befragt, ob sie entsprechende Technologien bereits einsetzen oder bis2018 einzusetzen gedenken bzw. in wel-chem Umfang sie diese bereits einsetzen. InKombinationmitderBetriebs-undPro-duktionsstruktur sowie sektoralen Klassifi-kationkönnenmitdiesenDatenstrukturelleZusammenhänge für die Verbreitung derachtTechnologienidentifiziertwerden.

InAbbildung8 ist derAnteil derBetriebedes Verarbeitenden Gewerbes dargestellt,die digitale Technologien entweder bereits

Tab.2:DigitaleTechnologienfürdenEinsatzinderProduktion

Digitale technologien für die Produktion aus Anwenderperspektive

1 IT-gestützte Produktionsplanung: Einsatz von Softwaresystemen zur Produktionsplanung und -steuerung (z. B. ERP-System)

DigitaleManagement-systeme

2 IT-System für Product-Lifecycle-Management: Product-Lifecycle-Manage-mentsysteme (PLM) oder ggf. auch Produkt-Prozessdaten-Management

3 Mobiler/drahtloser Zugang zu Arbeitsanweisungen: Einsatz von digitalen Lösungen zum Bereitstellen und Nutzen von Zeichnungen, Arbeitsplänen oder Arbeitsanweisungen direkt am Arbeitsplatz des Werkers (z. B. Tablets, Smartphones)

Drahtlose Mensch-Maschine- Kommunikation

4 Mobile/drahtlose Programmierung von Maschinen: Einsatz von mobilen/drahtlosen Geräten zur Programmierung und Bedienung von Anlagen und Maschinen (z. B. Tablets)

5 Echtzeitnahes Produktionsleitsystem: Einsatz von echtzeitnahen Produk-tionsleitsystemen (z. B. Systeme mit zentraler Maschinen-/Prozessdaten-erfassung, MES)

Cyber-Physical-Systems-nahe Prozesse

6 IT-System für Supply-Chain-Management: digitaler Datenaustausch mit Zulieferern bzw. Kunden (Supply-Chain-Managementsysteme)

7 IT-gestützte Steuerung der internen Logistik: Einsatz von Techniken zur Automatisierung und Steuerung der internen Logistik (z .B. Lagerverwal-tungssysteme, RFID)

8 Sichere Mensch-Maschine-Kooperation: Anwendung von Technologien für eine sichere Mensch-Maschine-Kooperation (z. B. kooperative Roboter, „zaunfreie“ Stationen etc.)

Mensch-Maschine-Kooperation

Quelle:FraunhoferISI;eigeneDarstellung

18 19

einsetzen oder bis 2018 einsetzen wol-len. Dabei zeigt sich, dass die jeweiligen Techniken bisher stark unterschiedlichVerbreitung gefunden haben. So werden Softwaresysteme zur Produktionsplanung und -steuerung bereits in zwei von drei Betrieben eingesetzt. Die CPS-nahen Pro-zesseweisenNutzeranteilezwischen27und31Prozent auf, diedigitaleVisualisierungkommtauf33Prozent.AlleanderenTech-niken weisen lediglich Anteile von deutlich unter 20 Prozent auf. Bei einemBlick aufden geplanten Einsatz bis 2018 lässt sichaußerdem erkennen, dass nicht von einer beschleunigenden Verbreitung bzw. einem überproportionalen Anstieg des Nutzeran-teils in den nächsten Jahren ausgegangenwerdenkann.SogebenüberalleTechnolo-gien hinweg lediglich fünf bis zehn Prozent derBetriebean, indennächstendreiJah-rendieentsprechendedigitaleTechnologiein ihren Produktionsprozessen einsetzen zu wollen. Von einer Digitalisierung in der Breite der industriellen Produktion kanndemnach derzeit nicht gesprochen werden.

Noch ernüchternder wird das Ergebnis,wenn man die Nutzungsintensitäten derTechnologien in den einzelnen Betriebenbetrachtet (vgl. Abbildung 9). Lediglichbeim Softwaresystem zur Produktionspla-nung und -steuerung geben 62 Prozent der nutzendenBetriebean,dassdieseTechnolo-gie auch in hohem Maße in ihrer Produktion eingesetztwird.BeiallenanderenTechnolo-gienliegtdieNutzungsintensitätimSchnittdeutlichdarunter.Hiergebenetwazwischen50und80ProzentderBetriebean,dassdiejeweiligeTechnologienuringeringemoderin mittlerem Maße zum Einsatz kommt.

Bei einer kombinierten Betrachtung derVerbreitung und der Nutzungsintensitätender digitalen Technologien lässt sich resü-mieren,dasslediglichBruchteileanBetrie-ben im Verarbeitenden Gewerbe digitaleTechnologien in relevantem Maße einset-zen. Die überwiegende Mehrheit derjenigen Betriebe,beidenendieseTechnologienzumEinsatz kommen, nutzen diese derzeit ledig-lich in geringem bis mittlerem Umfang.

Abb. 8: Anwendung und geplante Anwendung digitaler TechnologienimVerarbeitendenGewerbe

Quelle:ErhebungModernisierunginderProduktion2015,FraunhoferISI

Softwaresysteme zur Produktions- planung und -steuerung

Product Lifecycle Managementsysteme

Digitale Visualisierung

GerätezurProgrammierungundBedienungvonAnlagenundMaschinen

Echtzeitnahes Produktionsleitsystem

Digitaler Datenaustausch mitKunden/Lieferanten

TechnikenzurAutomatisierungundSteuerung der internen Logistik

TechnologienfürsichereMensch-Maschine-Kooperation

0 % 80 %AnteilBetriebe

Nutzung Planung

Digitale Managementsysteme

CPS-naheProzesse

Drahtlose Mensch-Maschine- Kommunikation

Mensch-Maschine-Kooperation

67 %

11%

33 %

19%

27 %

31%

3 %

30 %

5,8 %

6 %

9,9 %

8,1%

9,8 %

4,7%

4,6%

9,5 %

19

Entsprechend bleibt ein sehr großes Poten-zial hinsichtlich der weiteren Verbreitung und der Intensivierung digitaler Technolo-gien in der Produktion.

Der geringe Entwicklungsstand der digital vernetzten Produktion wird noch offen-sichtlicher, wenn die Summe der digitalen Technologien,dieineinemBetriebzumEin-satz kommen, herangezogen wird. Fast ein ViertelallerBetriebe(23Prozent)desVer-arbeitenden Gewerbes setzt demnach garkeine der acht digitalen Technologien ein.Weitere 38 Prozent setzen lediglich eine oderzweiderTechnologienein,27Prozentder Betriebe immerhin drei oder vier der digitalen Technologien. Lediglich zwölf Prozent aller Industriebetriebe setzen mehr als fünf Technologien in ihrer Produktiongleichzeitig ein.

Insbesondere zeigt sich dabei auch, dass die Betriebsgröße einen entscheidendenZusammenhang zur Anzahl der eingesetz-ten Technologien aufweist. So wenden

kleineBetriebemitbiszu49BeschäftigtenamhäufigstengarkeineodernureineoderzweiderTechnologienan.Betriebemit50biszu249Beschäftigtensetzenamehestendrei oder vier der digitalen Technologienein,währendgroßeBetriebemitmehr als250BeschäftigtenihrehöchstenAnteilebeiderGruppevonfünfodermehreingesetz-tenTechnologienerreichen.GroßeBetriebescheinen also insgesamt einen deutlichen Vorsprung auf dem Weg in die digital ver-netzte Produktion gegenüber mittleren oder garkleinenBetriebenzuhaben.

DurchdiesenGrößenzusammenhangkommt es beim Anteil der Beschäftigten zu einerleichten Verschiebung zugunsten der obe-renStufen.BeziehtmandieBeschäftigten-zahlenderBetriebe inden jeweiligenStu-fenmitein,sosindnochzwölfProzentallerBeschäftigten im Verarbeitenden Gewerbein Betrieben tätig, die keinerlei digitaleTechnologien einsetzen. 30 bzw. 35 Pro-zentallerBeschäftigtensindindenbeidenmittleren Stufen zu finden, während dann

Abb.9:NutzungsintensitätderdigitalenTechnologienimVerarbeitendenGewerbe

Quelle:ErhebungModernisierunginderProduktion2015,FraunhoferISI

Softwaresysteme zur Produktions- planung und -steuerung

Product-Lifecycle- Managementsysteme

Digitale Visualisierung

GerätezurProgrammierungundBedienungvonAnlagenundMaschinen

Echtzeitnahes Produktionsleitsystem

Digitaler Datenaustausch mitKunden/Lieferanten

TechnikenzurAutomatisierungundSteuerung der internen Logistik

TechnologienfürsichereMensch-Maschine-Kooperation

0 % 100%AnteilBetriebe

niedrig mittel hoch

Digitale Managementsysteme

22 % 42%

31% 47%

11% 38 %

22 % 47%

25 % 53 %

14% 48%

36 %

22 %

52 %

31%

22 %

38 %

8 % 30 %

50 %

62 %

27 %23 %

20 21

immerhin 23 Prozent aller BeschäftigtendesVerarbeitendenGewerbes inBetriebenarbeiten, die sich in der höchsten Stufebefinden.

Neben diesem Größeneffekt ist auch dieBranche für die Verbreitung digitalerTechnologien von Relevanz. Abbildung 10zeigt eine Übersicht der acht untersuchten Technologien und Technologiefelder nachBranchen. Die Top-3-Branchen, also diedrei Branchen, die bei einer Technologieden höchsten Verbreitungsgrad aufweisen,sind in der Darstellung entsprechend mar-kiert. Auch bei dieser Darstellungsweise lassen sich Muster erkennen. So werden dieCPS-nahenProzessetendenziellstärkerin Prozessindustrien, wie bspw. der Che-miebranche oder der Gummi- und Kunst-

stoffindustrie,eingesetzt.DigitaleManage- mentsysteme oder drahtlose Mensch-Maschine-Kommunikationstechniken kom-men hingegen insbesondere im Maschi-

nenbau und der Elektroindustrie zur Anwendung. Der Fahrzeugbau ist wiederum in allen Technologiefeldern relativ breitaufgestellt. Insbesondere beim Blick aufdie Elektroindustrie wird aber sehr deutlich, dass diese auch in der Digitalisierungsan-wendung eine Führungsrolle übernimmt. Die Elektroindustrie weist überdurchschnitt-lichhoheVerbreitungsgradeaufund zähltdamitzudenführendenAnwendermärktenhinsichtlich Digitalisierung im deutschen VerarbeitendenGewerbe.

Abb.10:VerbreitungdigitalerTechnologiennachBranchen

Quelle:FraunhoferISI;eigeneDarstellung

DieTop-3-Branchenmitdemhöchsten

Verbreitungsgrad sind jeweils markiert N

ahru

ngs-

und

g

eträ

nkei

ndus

trie

Chem

iein

dust

rie

gum

mi-

, Kun

stst

off-

un

d Ke

ram

ikin

dust

rie

Met

alli

ndus

trie

Elek

troi

ndus

trie

Mas

chin

enba

u

Fahr

zeug

bau

Sons

tige

Bra

nche

n

Digitale Management-systeme

Softwaresystem zu Produktionsplanung und -steuerung

43% 65 % 74% 67 % 83 % 75 % 72 % 57 %

Product-Lifecycle-Managementsysteme 6 % 10% 14% 8 % 16% 16% 20 % 6 %

Drahtlose Mensch- Maschine- Kommuni-kation

Geräte zur Programmierung und Bedienung von Anlagen und Maschinen

15% 15% 21% 20 % 13% 23 % 25 % 19%

Digitale Visualisierung 12% 21% 31% 35 % 50 % 43% 30 % 27 %

CPS-nahe Prozesse

Echtzeitnahes Produktionsleitsystem 21% 34% 38 % 31% 22 % 19% 26 % 30 %

Digitaler Datenaustausch mit Kunden/Lieferanten

15% 26 % 43% 34% 32 % 32 % 59 % 24%

Techniken zur Automatisierung und Steuerung der internen Logistik

22 % 33 % 32 % 27 % 39 % 29 % 40% 29 %

Mensch-Maschine- Kooperation

Technologien für sichere Mensch-Maschine-Kooperation

0 % 1% 5 % 3 % 2 % 3 % 11% 4%

21

Fazit: Die Digitalisierung steht in Deutsch-land noch so weit am Anfang, dass viele Unternehmen noch nicht einmal eine eigene Internetpräsenz pflegen. Insbeson-dere kleine Unternehmen haben hier noch Nachholbedarf.

Etwa vier Fünftel der Industrieunternehmen stehen bei der Einführung von Industrie- 4.0-Aktivitäten noch am Anfang. GrößereUnternehmen sind dabei deutlich weiter alsdieKMU.InsgesamtgibtesnurwenigePioniere.DieserdochernüchterndeBefundbestätigtdieBefragungsergebnisse zudenrelativ geringen Umsatzanteilen mit digi-talen Produkten und Dienstleistungen. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass dieDigitalisierung eine Frage der Vernetzung mit anderen Unternehmen ist. Einzelne Unternehmen können nur begrenzt Fort-schritte erzielen, wenn die Partner in der Lieferkette oder die Kunden nicht mitzie-hen, maßgebliche Infrastrukturen nicht gegeben oder rechtliche Voraussetzungen nicht geregelt sind. Die Mehrheit der Indus-triebetriebe befindet sich noch in einerPhase von „Industrie 3.0“:•Digitale Technologien kommen insge-samtnurzögerlichzumEinsatz.Diesgiltsowohl für die grundsätzliche Verbrei-tungalsauchfürdieNutzungsintensitätderTechnologieninBetrieben.Voneinerdigital vernetzten Produktion kann folg-lich inweiten Teilen desVerarbeitendenGewerbesnichtgesprochenwerden.

•DerEntwicklungsstandderBetriebehin-sichtlich einer digital vernetzen Produk-tion ist stark von deren Betriebs- undProduktionscharakteristikaabhängig.So-wohldieBetriebsgrößealsauchdieBran-che determiniert maßgeblich den Einsatz digitalerTechnologien.

•DerzeitscheinteinprioritärerFokusbeimEinsatz auf Industrie-4.0-Lösungen zurHebung von Automatisierungspotenzia-len imRahmenvonGroßserienprodukti-onenzuliegen.LösungenfüreinehöhereFlexibilität,Wandlungsfähigkeitoder fürdie Datennutzung scheinen derzeit noch Potenzial zu besitzen.

•Es existiert eine Kluft zwischen großenUnternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Dabei besteht dieGefahr, dass sich zwei unterschiedlicheProduktionswelten entwickeln. Auf der einen Seite Großunternehmen mit sehrhohem Digitalisierungsgrad und Bedarf

anHigh-End-Lösungen.AufderanderenSeite KMUmit eher traditioneller Ferti-gung und dem Bedarf an kostengünsti-gen, individuellenDigitalisierungslösun-gen.

GleichwohlgiltimVergleichderDigitalisie-rungsreifegrade der Branchen untereinan-der, dass die Elektroindustrie nicht nur als Anbieter-, sondern auch als Anwenderbran-che für die fortschreitende Digitalisierung hoheRelevanz besitzt.Mit vergleichsweisehohenNutzeranteilenbeidigitalenTechno-logien kann die Elektroindustrie also durch-ausalseinederführendenAnwendermärkteimVerarbeitendenGewerbebezeichnetwer-den. Sie muss in Zukunft die Entfaltung der Potenziale forcieren, ist dabei aber in ihrer Enabler-RolleaufdiePartner indenWert-schöpfungsnetzenangewiesen.

2.3 Hemmnisse der DigitalisierungWarum ist die Wirtschaft bei der digitalen Transformation nicht schon weiter, obwohldieUnternehmenganzklardieChanceninden Vordergrund stellen? Diese Frage stellt sichvordemHintergrundderhohenPoten-ziale, die der Digitalisierung zugemessen werden. Darauf ergeben sich aus den Ana-lysendreiAntwortansätze:•Selbst bei optimalen Rahmenbedin-

gungen und Aufgeschlossenheit der Unternehmen braucht es Zeit, bis die entsprechenden Technologien, Prozesse,Produkte und Geschäftsmodelle imple-mentiert sind.

•Digitalisierungspotenziale entfalten im Netzwerk besonders starke Effekte. Des-halb sind nicht nur die eigenen Aktivi-täten wichtig, sondern auch, dass einekritische Masse von anderen Unterneh-men entsteht, mit denen Vernetzungspo-tenziale bestehen. Unternehmen müssen motiviert sein, Pilotprojekte zu starten, um das Signal auszusenden, dass sich die digitaleTransformationlohnt.

•Es gibt zusätzliche Hindernisse, die dieDigitalisierung auf der individuellen Unternehmensebene, aber auch den Auf-bau von integrierten Wertschöpfungs-netzen bremsen. Neben unzureichendenRahmenbedingungen zählen dazu auchfehlendes Fachwissen, Unsicherheiten oder kulturelle Aspekte.

22 23

Welche Hemmnisse die Digitalisierungbesonders bremsen, wurde in dieser Studie eigens ermittelt. Dazu werden die Ergeb-nisse des ZVEI-Surveys und der Erhebung imRahmendesIW-Zukunftspanelsgemein-sam ausgewertet. Die Unternehmen haben dazu zehn Aspekte auf einer Vierer-Skala von„großes“bis„kein“Hemmnisbewertet. VierBefundestechenhervor:•Besonders hinderlich in der Elektroin-

dustrie mit Quoten bis fast 50 Prozent oder darüber sind fehlendes Fachwissen und eine unzureichende Datensicherheit. Auch die mangelhafte Breitbandinfra-struktur hemmt die Unternehmen über-durchschnittlich stark.

•Die Geschäftsmodelle der deutschenUnternehmen leben sehr stark von der hohenQualifikationihrerMitarbeiter,diekontinuierlich weiterentwickelt werden muss. Durch die Digitalisierung werden die bisherigen bildungspolitischen Anfor-derungen noch wichtiger. Dazu gehört

seit vielen Jahren unverändert die Stär-kung der MINT-Fächer in Bildungssys-temen. Daneben ist es von besonderer Bedeutung, fächerübergreifende Kom-petenzen zu entwickeln, beispielsweise durchdieVerbindungvonHardware-undSoftwarekompetenzen in den Curriculaoderdie zielgerichteteKombination vonHaupt-undNebenfächerninderuniver-sitären Ausbildung. Es geht also einer-seitsumzusätzlicheAbsolvierendeindenMINT-Fächern,aberauchumdenAufbauneuerStudien-undAusbildungsgängeander Schnittstelle zwischen digitalen und klassischen Technologien. Nur so kanneinem Fachkräftemangel vorgebeugtwerden.Ohnegutausgebildeteundhin-reichend viele Ingenieure und Technikerkann eine digitale Transformation nichtgelingen, weil sie durch diese technische Dimensiondefiniertist(IWKöln2016).

•Bei allen Hemmnissen fällt die Beurtei-lung der Unternehmen der Elektroindus-trie skeptischer aus als in den anderen

Abb.11:HemmnissederDigitalisierung, Umsatzgewichtete Ergebnisse

Quelle:ZVEI-Befragung(2016),IWZukunftspanel(2016)

GroßesHemmnis MittleresHemmnis

Elektroindustrie

VerarbeitendesGewerbe

GeringesHemmnis KeinHemmnis

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Fachwissen

Datensicherheit

Breitbandinfrastruktur

NormenundStandards

UnklarerNutzen

UngeklärteRechtsfragen

InterneAbläufe

ExterneRegulierung

SkepsisinderBelegschaft

Finanzkraft

Fachwissen

UnklarerNutzen

Datensicherheit

Breitbandinfrastruktur

UngeklärteRechtsfragen

NormenundStandards

SkepsisinderBelegschaft

InterneAbläufe

Finanzkraft

ExterneRegulierung

23

Branchen.DasgiltinsbesonderebeiFach-wissen. Dort ist der Anteil der Unterneh-men, die fehlendes Fachwissen als großes oder mittleres Hemmnis bewerten, umfast 15 Prozentpunkte höher als in denanderenBranchen.

Dafür gibt es zwei Erklärungen. Erstenssind die Unternehmen der Elektroindus-trie bei der Digitalisierung weiter als der Durchschnitt der anderen Branchen undkönnenaufgrunddieserErfahrungendieSituationbessereinschätzen.Zweitensistdie Elektroindustrie als starke Enabler-BranchefürDigitalisierungbesondersaufgute Rahmenbedingungen angewiesenund legtdeshalbbei derBewertungdieMesslatte besonders hoch.

•Ermutigend ist, dass offenbar die eigenen BelegschaftendemThemaDigitalisierungoffen gegenüberstehen. Die Mitarbeiter sind offenbar nicht das entscheidende Hemmnis.DieanderenAspektederneuenQualifikationen und Kompetenzen sindwichtiger,umdieBremsenaufdemWegzurdigitalenWirtschaftzulösen.

DieHemmnissewerdenauchjenachUnter-nehmensgröße unterschiedlich bewertet.Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern bewertendieFaktoren„unzureichendeBreit- bandausstattung“ und „fehlende Finanz-kraft für die Durchführung von Investiti-onen“ überdurchschnittlich kritisch. Aus Sicht der großen Unternehmen stehen bei diesemVergleichdieAspekteNormenundStandards sowie interne Bürokratien alsHemmnisse im Vordergrund. Sollen dieHandlungskonzepteadressatengerechtsein,müssen also bei spezifischen Maßnahmenfür KMU die Breitbandinfrastruktur unddiemangelnde Finanzkraft, für die größe-renUnternehmen hingegen fehlendeNor-menundStandardsbesondersindenBlickgenommen werden.

Neben den genanntenHemmnissen schät-zen die Elektroindustrieunternehmen auch dietechnologischenKompetenzenDeutsch-lands in den Bereichen Netzkommunika-tion, Mikroelektronik, Security und Safety sowie Datenanalyse als relativ schwach ein. DieviergenanntenKompetenzenwerdeninZukunft wesentlich darüber bestimmen, ob

Tab.3: BewertungderTOP-3-HemmnisseinderElektroindustrie nachUnternehmensgröße

unternehmensgröße

Große KMU

TOP3

Fachwissen Fachwissen

Datensicherheit Datensicherheit

NormenundStandards Nutzenunklar

AnteileinderAntwortkategorie„großesodermittleres“HemmnisaufeinerVierer-Skala,UmsatzgewichteteErgebnisseQuelle:ZVEI-Befragung(2016)

Tab.4: BewertungdigitalerKompetenzeninDeutschland

unternehmensgröße

KMU1) Große2) Gesamt

Netzkommunikation -20,0 0,0 -9,2

Mikroelektronik 5,6 1,6 3,4

Security and Safety 9,1 20,6 15,3

Datenanalyse -13,7 -25,4 -20,2

Saldobetrachtung aus „gut“ und „schlecht“1)Unternehmenmitbiszu500Beschäftigten;2)Mehrals500Beschäftigte;umsatzgewichteteErgebnisseQuelle:ZVEI-Befragung(2016)

NeunProzentderKMUbewerten dieKompetenzenimBereich

Netzkommunikationgut, 62 Prozent mittel und

29 Prozent schlecht. Der Saldo aus gut und schlecht

beträgt–20Punkte.

24 25

Deutschland weiterhin seine starke Wettbe-werbspositionaufdenWeltmärktenaufrecht-erhaltenkann(siehefolgendesKapitel2.4).

Fazit: Fehlendes Fachwissen, mangelnde Datensicherheit und unklarer Nutzen derDigitalisierunggehörenzudendreiwesent-lichen Hemmnissen, die erklären, warumdie Digitalisierung noch nicht weiter fort-geschrittenist.EintiefererBlickzeigt,dassbei den größeren Unternehmen fehlendeNormen und Standards und bei den KMUdie fehlende Finanzkraft als weitere Pro-blemehinzukommen.RichtetmandenBlickauf die Hemmnisse, die besonders starkbelasten, nennt jedes fünfte Unternehmen eine unzulängliche Breitbandinfrastruktur.Insgesamt deutet das auf ein sehr breites Spektrum an Hemmnissen hin, die sichnach Unternehmenstypen unterscheiden. Deutschland muss außerdem bei den digi-talen Kompetenzen Anschluss finden, umauch in Zukunft wettbewerbsfähige Struk-turenaufrechterhaltenzukönnen.Differen-zierte und adressatengerechte Handlungs-konzepte sind deshalb notwendig.

2.4 Fokusthema: Digitale SchlüsseltechnologienObwohlimdigitalenZeitalterneue,daten-basierte Dienstleistungen und innovative Geschäftsmodelleimmerwichtigerwerden,bleibenTechnologienwesentlicheFaktorenderWertschöpfungundWettbewerbsfähig-keit. Technologien sind also nach wie voreine notwendige, wenngleich künftig nicht mehr hinreichende Bedingung für denErfolg in der digitalen Welt. Für die Elektro- industrie sind es vor allem zwei Schlüs-seltechnologien, deren Beherrschung alsGrundlagefürdiekünftigeInnovationskraftder Branche angesehen werden, die aberderzeit in Deutschland noch zu wenig entwi-ckeltsindunddiedeshalbgezieltergeför-dertwerdensollten.Hierbeihandeltessichum Technologien der NetzkommunikationundumTechnologienfürdieDatenanalyse.

Dies ist das Ergebnis der Befragung derZVEI-Mitgliedsunternehmen auf die Frage: „Wie ist Deutschland Ihrer Meinung nach bei folgenden Schlüsseltechnologien auf-gestellt?“ Folgende Technologien solltenbewertet werden:•Netzkommunikation,•Mikroelektronik,

•Security, Privacy und Safety und •Datenanalyse.Die Befragten konntenmit „gut“ (Kompe-tenzen sind vorhanden), „mittel“ (Kompe-tenzen sindnicht überall vorhanden) oder„schlecht“(Kompetenzensindnichtvorhan-den)antworten.

Die Zusammenstellung der Technologienbasiertaufdem„WhitepaperFuE-Themen“der Plattform Industrie 4.0 (PlattformIndustrie4.02015).IndiesemWhitepaperwerden die aus Sicht der Industrie vorran-gigenFuE-ThemenfürdieRealisierungderVisionIndustrie4.0vorgestellt.JedesFuE-Thema wird dabei inhaltlich konkretisiertund es werden die jeweiligen Voraussetzun-gen und Barrieren für ihreVerwirklichungaufgezeigt.

Tabelle5zeigtdieErgebnissederBefragungder ZVEI-Mitglieder zum Thema „Schlüs-seltechnologien für die deutsche Elektro- branche“. Relativ guteTechnologiekompetenzenbzw.eineausreichendeFuE-FörderungsehendieZVEI-Mitgliedsunternehmen in den Berei-chenMikroelektronik und bei den Techno-logien für Safety und Security. Dies belegen die hervorgehobenen Prozentwerte bei der Bewertung„gut“(22,1und24Prozent).

Eine negativere Bewertung hinsichtlichKompetenzen und Förderaktivitäten neh-men die befragten ZVEI-Unternehmen bei denTechnologienNetzkommunikation(nur9,6 Prozent „gut“) undDatenanalyse (nur6,3Prozent„gut“)vor.Diesbedeutet,dassdie befragten Unternehmen befürchten, in diesenbeidenBereicheniminternationalenWettbewerb zurückzufallen und entspre-chende Wachstumschancen nicht wahrneh-men zu können, weil das entsprechendeKnow-hownichtverfügbarist.

Aufgrund des besonderen Handlungsbe-darfs indiesen Feldernwerden „Netzkom-munikation“ und „Datenanalyse“ im Fol-gendennäherbeschrieben.

Unter Netzkommunikation versteht maneineReihevonTechnologienundProtokol-len(Nahfeld-Technologien,WLAN,5G,Fest-netzverbindungen via DSL, VDSL, Software DefinedNetworksusw.),diedieVernetzungvon Maschinen, Werkstücken und Systemen

25

ermöglichen. Die Netzkommunikation istdamit eine Basistechnologie für die Funk-tionsfähigkeit von Industrie 4.0. Schnelleund verlässliche Netze vom Shopfloor biszum Zulieferer sowie zu den Kunden überöffentlicheNetze sind notwendig, um denKommunikationsfluss und den automati-sierten Datenaustausch zu gewährleisten.Die konkrete Situation bei der Breitband-versorgung wird in einem speziellen Fokus-themanäherbeleuchtet(sieheKapitel2.5).

NebendieserInfrastrukturdimensionbesitztder Bereich der Netzkommunikation aberaucheinedezidierteTechnikdimension,dievon neuen Funktechnologien über adaptive Antennensysteme und Nahfeldtechnolo-gien bis zu Verfahren der Interferenzun-terdrückung und der Entwicklung von Soft-warestandards für die Virtualisierung von Netzwerkressourcenreichen(vgl.PlattformIndustrie 4.0 2015, S. 32–36 und Platt-form Industrie 4.0 2016). Hier ist nebenderUnternehmens-FuEauchdieöffentliche

Forschung gefragt, um die entsprechenden Technologien erst noch (weiter) zu entwi-ckeln, denn hier sind keineswegs schon alle Grundlagenund anwendungsnahen Frage-stellungen hinreichend beforscht.

Unter Datenanalyse versteht man Metho-denzurVerarbeitungundKombinationvonunterschiedlich strukturierten Daten aus verschiedenen Quellen. Sie umfassen eine Vielzahl grundlegender Techniken aus derStatistik, dem maschinellen Lernen und dem Data Mining (vgl. Plattform Industrie 4.02015,S.40–43).ZielderDatenanalyseist es, datenbasierte Zusammenhänge zuerkennen und zu bewerten sowie Prognosen zuerstellen,z.B.,wanneineMaschineaus-fallen wird, wenn ihre aktuelle Auslastung anhält. Darüber hinaus können komplexeSystemederDatenanalyseHandlungsemp-fehlungen ableiten bzw. die Aufmerksam-keit des Wartungspersonals z. B. in Pro- duktionsstraßen auf bestimmte Problembe-reichelenken.GrundlagederDatenanalyse

Tab.5: PositionDeutschlandsindenSchlüsseltechnologien der Elektroindustrie

Technologien Bewertung In Prozent

Netzkommunikation gut 9,6

Mittel 61,8

Schlecht 28,6

Gesamt 100,0

Mikroelektronik gut 22,1

Mittel 61,1

Schlecht 16,8

Gesamt 100,0

Security und Safety gut 24,0

Mittel 61,6

Schlecht 14,4

Gesamt 100,0

Datenanalyse gut 6,3

Mittel 72,8

Schlecht 20,9

Gesamt 100,0

Quelle:ZVEI-Befragung(2016)

26 27

sind Reihen- und Massendaten aus unter-schiedlichenQuellen,wiez.B.Sensordaten,Maschinendaten, Verschleißdaten, Daten zumWerkstück,GPS-DatenoderauchTem-peratur- und Wetterdaten. Die Bewertungder ZVEI-Mitglieder zeigt, dass imBereichder Datenanalyse Nachholbedarf bestehtundMaßnahmenzuErhöhungderExpertisenotwendig sind, um die vorhandenen Daten künftig innovativer zu nutzen und wert- steigernd einzusetzen.

Neben den softwaretechnischen Themenfinden sich in diesem EntwicklungsfeldauchFragendesZugriffsundderNutzungvonDaten:Hat beispielsweise einMaschi-nenbetreiberdasRechtaufEinsichtinallebeim Betrieb anfallenden Daten? WelchehaftungstechnischenKonsequenzenkönnensich daraus ergeben (vgl. Plattform Indus-trie4.02015,S.41)?Hier zeigt sicheinethematische Schnittstelle zum Fokusthema „MaschinellerzeugteDaten“ (Kapitel5.3),indeminnovativedatenbasierteGeschäfts-modelle vorgestellt werden und in dem die Frage nach dem Regulierungsbedarf vonMaschinendaten beantwortet wird.

2.5 Fokusthema: BreitbandLeistungsfähigeInternet-Verbindungensinddie Grundlage für erfolgreiche Digitalisie-rungsprojekte in allen Branchen. Für dieElektroindustrie ist das Thema BreitbandallerdingsvonbesondererBedeutung,weilihre Produkte und Dienstleistungen eine enge IT-Kopplung aufweisen und damiteinen ähnlichen QuerschnittscharakterhabenwiedieITselbst:Siesind„Enabler“für innovative Angebote und effizientereProduktionsverfahren. Dabei ist zu beach-ten, dass die Internetverbindungen, auf die es hierbei ankommt, höhere Anforde-rungen erfüllen müssen als Anwendungen im Office-Bereich oder bei der privatenInternetnutzung.„Industriefähigkeit“lautetdasSchlagwort,mitdemdieBranchedieseAnforderungen beschreibt: Gefordert sindschnelle, symmetrische und stabile Inter-netverbindungen. Darüber hinaus sollen diese Verbindungen eine garantierte und möglichst geringe Latenzzeit aufweisen,d. h. es sollen keine, bzw. nur minimale Verzögerungen zwischen Anforderung undAusführung auftreten („Echtzeitfähigkeit“,vgl. Plattform Industrie 4.0, 2016 sowieBMWiundBündnis„ZukunftderIndustrie“,

2016). Unmittelbar einsichtig wird dies z.B.imBereichderintelligentenSteuerungvon Stromnetzen (Smart Grids). Hiermüs-senInformationenüberLaständerungenimMillisekundenbereich verfügbar sein, damit entsprechend schnell weitere, verteilte Stromquellenzugeschaltetwerdenkönnen.Aber auch in der Produktion, der Verkehrs-steuerung oder in der Telemedizin gibt esimmer mehr Anwendungen, die nur reali-siertwerdenkönnen,wenndieInternetver-bindung die entsprechenden Qualitätsan-forderungen(qualityofservice)erfüllt.

In diesem Fokusthema werden zunächstdie Ergebnisse der ZVEI-Befragung zumThemaBreitbandanalysiert,dannwirddiegenerelle Bedeutung der Breitbandvernet-zung für die Digitalisierung der Branchebeschrieben und anschließend wird anhand von zwei Beispielen dargestellt, welcheinnovativen Anwendungen durch indus-triefähigeInternetverbindungenermöglichtwerdenbzw.welcheKonsequenzenfehlendeHighspeed-Anbindungenhabenkönnen.

Auswertung der ZVEI-Befragung zum thema BreitbandFür fast dieHälfte aller Unternehmen derElektroindustriesindfehlendeBreitbandan-bindungen nach wie vor ein großes Digitali-sierungshemmnis. Dies ist das Ergebnis der Befragung der ZVEI-Mitgliedsunternehmenvom Frühjahr 2016. Bei der Befragungwurdenichtzwischenindustriefähigenundeinfachen Breitbandverbindungen unter-schieden. Dies bedeutet, dass in dieser Zahl auch jene Unternehmen enthalten sind, die Problememit einfachen Breitbandver-bindungen haben. Die nicht ausreichende oder gar fehlende Breitbandanbindung istmit knapp 50 Prozent das Digitalisierungs-hemmnis Nummer drei, nach „FehlendemFachwissen“ (57 Prozent) und „Mangeln-der Datensicherheit“ (52 Prozent). DasBreitbandthema rangiert damit noch vordenHemmnissen„UnklarerNutzen“,„Feh-lendeNormenundStandards“und„ExterneRegulierung“.

Betrachtet man die Zahlen der Befragunggenauer und unterscheidet zwischen gro-ßenundkleinenUnternehmenderBranche(nach Anzahl der Mitarbeitenden), dannzeigtsichdererwarteteBefund,dassesfürgroße Unternehmen einfacher als für kleine ist, die entsprechenden Internetanbindun-

27

gen zu bekommen (siehe Abbildung 12).Dass größere Unternehmen hier wenigerProbleme sehen, hängt sicher auch damitzusammen, dass diese eher als kleinere Unternehmenbereitsind,erhöhtePreisefürStandleitungen zu bezahlen, wo reguläreInternetanschlüsse nicht angeboten werden.

Allerdings liegen die Zahlen nahe beieinan-der: 56,8 Prozent der großen Unternehmen sehenhierkeinodernureingeringesHin-dernis gegenüber 50,8 Prozent der kleinen Unternehmen (addierte Werte von geringem und keinemHemmnis).AndiesemBefundspiegelt sich die Tatsache, dass Unterneh-menallerGrößenklassenauchStandorteimländlichenRaumhabenunddeswegeneinhohes Interesse an einer Breitbandverfüg-barkeitinderFlächehaben.

Die unzulängliche Breitbandinfrastrukturals „großes“ Hemmnis für die Digitali-sierung ihrer eigenen Unternehmenspro-zesse empfinden sowohl die kleinen alsauch die großen Unternehmen (20,3 bzw. 20,9Prozent).DieseWertezeigen,wiesehrdasBreitbandthemaderzeitallenUnterneh-menderBrancheaufdenNägelnbrennt.

Bedeutung der BreitbandvernetzungTatsächlichsindentsprechendeInternetver-bindungen inzwischen in fast allen Funkti-onsbereichen der Unternehmen die Basisfür ihre Leistungs- und Zukunftsfähigkeit.Ihr Einsatz reicht vom Austausch umfang-

reicherKonstruktionsdaten (CAD)überdasflüssige Arbeiten mit dem elektronischenWarenwirtschaftssystem (ERP), der (Fern-)Wartung von Maschinen, der Datensiche-rungunddemständigenAbgleichvonPro-duktionsdaten an verschiedenen Standor-ten, dem Austausch von Produktionsdaten mitindustriellenKundenunddemOnline-vertrieb bis hin zur Personalrekrutierung, beiderkünftigenFührungskräftenOnline-zugriffaufdasFirmennetzvomHomeofficeausermöglichtwerdensoll.

Die Vernetzungsanforderung erstreckt sich heute auf beinahe alle Branchen. Sogarin der Baubranche werden leistungsstarkeInternetverbindungen wegen datenintensi-ver Planungsaktualisierungen immer wich- tiger. Bauunternehmen, die nicht überdie entsprechenden Leitungen verfügen,

können sich an komplexen Großprojekteninzwischen nicht mehr beteiligen.

Entsprechendes gilt für die Elektroindus-trie.AllerdingsverschärftsichdieSituationfür die Unternehmen dieser Branche auszweiGründen:Zumeinen sind ihreAnfor-derungenandieServicequalitätder Inter-netverbindungen und insbesondere an die Echtzeitfähigkeithöher,weilsieinzeitkriti-sche Produktions- und Steuerungsprozesse eingebundensind(Industriefähigkeit).Undzum anderen besitzen ihre Produkte einen hohenIT-Anteil,d.h.ihrEinsatzbeimKun-den erfordert seinerseits eine Anbindung an

Abb.12:UnzulänglicheBreitbandinfrastrukturalsHemmnisder DigitalisierunginderElektroindustrie(AngabeninProzent)

Quelle:ZVEI-Befragung2016

GroßesHemmnis

MittleresHemmnis

GeringesHemmnis

KeinHemmnis

0 10 20 30 40

20,9

22,4

28,4

28,4

20,3

28,8

30,5

20,3

GroßeUnternehmen

KleineUnternehmen

28 29

das Internet, um den vollen Funktionsum-fang realisieren zu können. Ihre Produktebilden die Basis für weitere Innovationenin Anwendungsmärkten (Querschnittscha-rakter).

BeispieleWiewichtigBandbreite,StabilitätundEcht-zeitfähigkeitfürInnovationenimindustriel-len Umfeld sind, zeigt das von Siemens, der Telekom, der TU München sowie weitereneuropäischen Konsortialpartnern durchge-führte Projekt Virtuwind, bei dem die Steu-erung von Windparks verbessert werden soll (www.virtuwind.eu).Windpark-Besitzersindzwar meist die Energieunternehmen wie z. B. EON. Betrieben werden die Anlagenallerdings von Unternehmen der Elektro-industrie,wiez.B.Siemens.DabeimüssenMaschinenundKomponentenunterschied-licherHersteller integriert und koordiniertwerden (Rotorturbinen, Internet-of-Things-Komponenten,Netzwerk-Router).UmeinenWindpark effizient und dynamisch steuernzukönnen,müssenalleBeteiligtenaufdieSensorikdaten, die Aktuatoren oder auch Netzwerkgeräte zugreifen können. DazusinddieeinzelnenWindräderundKompo-nentenmit demKontrollzentrumüber daslokale Kontrollnetz verbunden. Das Kon-trollzentrum ist wiederum über das Internet mit den Firmennetzen verbunden, d. h. die beteiligtenFirmenkönnenperFernwartungaufihreGeräteunddieDatenimWindparkzugreifen(vgl.Oelkers2016).

Die Kontrollnetzstrukturen ermöglichen z. B. die automatische Ausrichtung derRotorblätter je nach Windverhältnissen,Stromnachfrage oder Zustand der Turbi-nen. Hierfür müssen die entsprechendenWetterdatenverarbeitetwerden,dieNach-fragedaten des Energieversorgers berück-sichtigt sowie die Maschinendaten aus der RotorturbineausgelesenundandasKont-rollzentrum übermittelt werden. Durch die intelligente Vernetzung der Komponentenistesweiterhinmöglich,Software-Updatesfür die Geräte der verschiedenenAnbieterautomatisch aufzuspielen.

Diese innovativen Anwendungen erfordern eine intelligente Steuerungssoftware, die im Virtuwind-Projektentwickeltwird.Siebenö-tigenaberauchüberalleNetzbereichehin-weg garantierte Bandbreiten und geringeLatenzen.InnerhalbdeslokalenNetzesdes

Windparks kann dies vom Betreiber bzw.IntegratordurcheigeneNetzinfrastrukturengewährleistet werden. Allerdings läuft dieKommunikationzwischendemKontrollzen-trum und den Firmenzentralen der betei-ligten Unternehmen ab einem bestimmten Punkt über das öffentliche Internet. Diesbedeutet, dass die millisekundengenau abgestimmten Prozesse innerhalb des Windparks nur dann funktionieren, wenn die externen Internetprovider die erforder-licheBandbreitestabil zurVerfügungstel-len sowie geringe Latenzzeiten garantieren können. Erst die „Industriefähigkeit“ derInternetverbindungen ermöglicht es denbeteiligten Unternehmen im Projekt, ihre Geschäftsmodellezurealisieren.

Das Smart-Grid-Beispiel steht stellver-tretend für dezentrale Installationen, die industriefähige Internetverbindungen be-nötigen,umsichmitanderenUnternehmenoderKundenzuvernetzen.ImZeitaltervonIndustrie 4.0 werden solche Vernetzungenimmer wichtiger, denn ein Großteil derinnovativen Unternehmen hat seinen Sitz nichtindenZentren,sondernineherländ-lichgeprägtenGebieten.

Dabei ist in Deutschland selbst die Vernet-zung innerstädtischer Installationen nochnicht so problemlos möglich, wie dies inanderen Ländern der Fall ist. So berichtetz. B. die Sparte Sicherheitssysteme einesgroßen Elektronikkonzerns über Probleme, Gebäude in einer ostdeutschen Großstadtüber herkömmliche Breitbandanschlüssezu verbinden. Da diese dort nicht verfügbar sind, muss das Unternehmen hochpreisige, dedizierteLeitungenbeieinemNetzbetrei-ber mieten, um seine Sicherheitsdienste dort anbieten zu können. Der Servicebasiert auf der Auswertung von Videoüber-tragungen, die über das Internet an eine zentrale Leitstelle übertragen werden. Von dieser Leitstelle werden dann wiederum entsprechende Aktionen vor Ort ausgelöst(Feuerwehr,Sicherheitsdienst,Polizeiusw.).

Auch im Bereich der vernetzten Produk-tion (Industrie4.0)sind industrietauglicheBreitbandanschlüsse von zentraler Bedeu-tung. Dies betrifft sowohl das Festnetz als auch den Mobilfunk (4G und 5G, WLAN,usw.) sowiedieKombinationdieserNetze.Ähnlich wie die innovativen Anwendungen bei der Steuerung von Windparks sind die

29

neuenAnsätzezurintelligentenVernetzungder Produktion darauf angewiesen, dass leistungsstarke, stabile und echtzeitfähigeNetzverbindungenverfügbarsind.

EinBeispielausdemIndustrie-4.0-Kontextist der Einsatz von Virtual Reality bei derProduktentwicklung. Da FuE-Ausgaben in Unternehmen einen erheblichen Kosten-block darstellen, sucht die Industrie hier intensiv nach Einsparpotenzialen. Zudem haben sich die Innovationszyklen in der Industrie immer weiter reduziert, was eine schnellere Prototypenentwicklung notwen-dig macht. Die Produktentwicklung unter NutzungvonVirtualRealitybietetabernochzwei weitere Vorteile: Zum einen lassen sich bei der virtuellen Produktentwicklung Ver-besserungsvorschläge aus der Produktionnahtlos in das Engineering einbeziehen. Zum anderen wird die Produktentwicklung mitVirtualRealityortsunabhängig, sodasauch mit verteilten und externen Entwick-lerteams gearbeitet werden kann. Und obwohl es sich bei dieser Anwendung noch nicht um eine direkte und damit erfolgs-entscheidende Produktionssteuerung han-delt,sindauchhierhoheBandbreitenundgarantierte Latenzen entscheidend. Soll in der virtuellen Produktentwicklung ein realistisches Bild mit stimmigen Texturenübertragen werden, kommen schnell Hun-derte Megabyte zusammen. Da zudem zu erwartenist,dassdiezugehörigeHardwareimmer kleiner wird, muss ein zunehmen-derAnteilanInformationenausderCloudbezogen werden, was die Anforderungen an die Bandbreite weiter erhöht. GeringeLatenzensindimBereichderVR-Anwendun-gen zwar nicht sicherheitsrelevant, wie es etwa bei medizinischen Anwendungen oder beim autonomen Fahren der Fall ist. Eine spürbare Verzögerung beim Wechsel derBlickrichtungaberführtbeidenNutzernzuIrritationen und senkt damit die Akzeptanz dieserAnwendungenmassiv(vgl.vanBaaletal.2016,S.67).

2.6 Ableitung der Fragestellungen für die StudieDie bisherige Analyse hat drei grundle-gendeBefundezutagetretenlassen:•Die Digitalisierung hat einen Querschnitts- charakterundverändertumfassendPro-dukte,ProzesseundGeschäftsmodelle.

•Die Unternehmen sehen in der Digitali-sierungmehrChancenalsRisiken.

•DiedigitaleTransformationstehtnochamAnfang.Zahlreicheundqualitativunter-schiedlicheHindernissemüssenbewältigtwerden,damitsichdieChancenderDigi-talisierungvollständigentfaltenkönnen.

In den nächsten Kapiteln wird herausge-arbeitet, warum die Elektroindustrie eine unverzichtbare Rolle für das Gelingen derdigitalen Transformation in Deutschlandspielt. Die Analysen zeigen, dass die Elek-troindustrietraditionelleinewichtigeRollealsAnwenderundAnbieterwichtigerTech-nologienund industrieller Lösungen spieltund diese Funktionen durch die Digitalisie-rungverstärktwerden.•DieElektroindustrieisteinestarkeBran-che. Schon immer trägt sie unabhängigvon der Digitalisierung durch ihre Pro-dukt- und Prozessinnovationen entschei-dend zum Erfolg des GeschäftsmodellsDeutschlandmitseinenSäulenIndustrie-und Wissensorientierung, Internationali-sierung und Vernetzung bei.

•Die Elektroindustrie ist gleichzeitig als Lieferant und Anbieter von Vorprodukten ein wichtiger Partner in den industriel-lenWertschöpfungsnetzwerken.IndieserAnbieterrolle versorgt sie andere Bran-chenimplizitauchmitWissenundTech-nologien.

•Die Digitalisierung hat die Bedeutungder Elektroindustrie noch erhöht. SiehatnochstärkeralsbishereineDoppel-rolle als Anwender und Anbieter. Sie ist selbst Motor bei der Entwicklung digitaler LösungenundwendetdieseTechnologienindereigenenBranchean.

•Die Elektroindustrie liefert aber auch Komponenten und Lösungen, die fürdie digitale Transformation der anderenBranchen unabdingbar sind. In dieserAnbieterrolle wird die Elektroindustrie zum wichtigen Enabler der Digitalisie-rung für die gesamte deutsche Wirtschaft.

Diese vier Aspekte werden in den folgen-den Kapiteln detailliert ausgeführt. Darineingebettet ist eine Diskussion, die unter anderem herausarbeitet, dass die aktuelle wirtschaftswissenschaftliche Indikatorik auf- grundderEntwicklungenimBereichDigita-lisierungzunehmendnichtmehrdasRich-tigemisst. DeshalbwerdenVorschläge füreine erweiterte Indikatorik unterbreitet, die eine bessere Wahrnehmung der Verschie-bungenzurFolgehätte.

30 31

Das Ziel diesesKapitels ist es, dieBedeu-tung der Elektroindustrie in Deutschland für die Gesamtwirtschaft zu analysieren.Dabei zeigt sich die wichtige Rolle der Elektroindustrie als Enabler-Branche. Sieist überdurchschnittlich wissensintensiv undeinwesentlicherTeildererfolgreichen deutschen Industrie. Von dieser Analyse ausgehendwirdspäterinKapitel5gezeigt,dass die Bedeutung der Elektroindustriedurch die Digitalisierung noch deutlich zunehmen wird.

Die Elektroindustrie ist eine wesentliche Säule des Geschäftsmodells Deutschlands,das für den weltweiten Erfolg der deutschen Wirtschaft steht. Die traditionelle Bran-chenabgrenzung erweist sich als nicht sach-gemäßundführtdazu,dassihreBedeutungunterschätztwird.Auchwirddadurchnichtklar erkannt, welche hohen Beiträge dieElektroindustrie zur Einkommensentste-hung,zurInnovationskraftoderzurGloba-lisierung der deutschen Wirtschaft leistet. DurchihrehoheWettbewerbsfähigkeitträgtsie maßgeblich zum Wohlstand in Deutsch-land bei.

3.1 Abgrenzung und Beiträge zum geschäftsmodell DeutschlandDie Elektroindustrie kann unterschiedlich präzisedefiniertwerden.InderAbgrenzungder internationalen Statistik wird die Elek-troindustrie oft auf die Betriebe derWirt-schaftszweige26–„HerstellungvonDaten-verarbeitungsgeräten, elektronischen und

optischenErzeugnissen“–und27–„Her-stellung von elektrischenAusrüstungen“ – reduziert. Diese Klassifikation entsprichtjedoch nicht einer präzisen BeschreibungderBranche(GontermannundGiehl2012).FüreinevollständigeBetrachtungderdeut-schen Elektroindustrie als Gesamtbranche mussvielmehreinedifferenziertereBetrach-tungderWirtschaftszweigegewähltwerden.

Diese detaillierte Abgrenzung berücksich-tigtbeiderDefinitionderElektroindustrieauchdieBetriebe,dieelektronischeVorleis-tungsgüter für die eindeutige Verwendung in anderen Abteilungen der Klassifikationder Wirtschaftszweige oder andere zur Elek-troindustriezugehörigeGütererstellen.Zunennen sind hier etwa•dieHerstellungelektrischerundelektro-nischerAusrüstungenfürKraftwagen,

•die Herstellung elektrisch betriebenerZüge oder

•die Wartung und Reparatur elektrischerWaren,AusrüstungenundGeräte.

Nicht berücksichtigt werden dagegenBetriebederWirtschaftszweige26und27,die aus dem Produktspektrum der Elektro-industrieherausfallen.Hierzuzählenetwa•Uhren,•magnetische und optische Datenträger

sowie•nichtelektrischeHaushaltsgeräte.

Betrachtet man die Elektroindustrie wieobendefiniertalsGesamtbranche,liegtihr

3. BEDEutuNg DER ELEKtROINDuStRIE

31

Tab.6: ZusammensetzungderElektroindustrienachAbgrenzungdesZVEI

WZ 2008 Code WZ 2008 Bezeichnung Einbeziehung

in Prozent

18.20 VervielfältigungvonbespieltenTon-,Bild-undDatenträgern 100

23.43 H.v.IsolatorenundIsolierteilenausKeramik 100

26.10 H.v.elektronischenBauelementenundLeiterplatten 100

26.20 H.v.DatenverarbeitungsgerätenundperipherenGeräten 100

26.30 H.v.GerätenundEinrichtungenderTelekommunikationstechnik 100

26.40 H.v.GerätenderUnterhaltungselektronik 100

26.51 H.v.Mess-,Kontroll-,Navigations-u.ä.InstrumentenundVorrichtungen 100

26.60 H.v.Bestrahlungs-undElektrotherapiegerätenundelektromedizinischenGeräten 100

26.70 H.v.optischenundfotografischenInstrumentenundGeräten 25

27.10 H.v.Elektromotoren,Generatoren,Transformatoren 100

27.20 H.v.BatterienundAkkumulatoren 100

27.30 H.v.KabelnundelektrischemInstallationsmaterial 100

27.40 H.v.elektrischenLampenundLeuchten 100

27.51 H.v.elektrischenHaushaltsgeräten 100

27.90 H.v.sonstigenelektrischenAusrüstungenundGerätena.n.g. 100

28.21 H.v.ÖfenundBrennern 90

28.24 H.v.handgeführtenWerkzeugenmitMotorantrieb 100

29.31 HerstellungelektrischerundelektronischerAusrüstungsgegenständefürKraftwagen 100

30.20 Schienenfahrzeugbau 90

32.50 H.v.medizinischenundzahnmedizinischenApparatenundMaterialien 20

33.13 ReparaturvonelektronischenundoptischenGeräten 100

33.14 ReparaturvonelektrischenAusrüstungen 100

33.20 Installation von Maschinen und Ausrüstungen a. n. g. 75

Quelle:ZVEI-Befragung(2016)

32 33

Anteil am Bruttoinlandsprodukt bei rund dreiProzent(ZVEI2016).DasisthöheralsaufBasisder klassischenDefinitionderVolks-wirtschaftlichen Gesamtrechnung, in derdieElektroindustrienurdurchdieBranchen 26 und 27 definiert ist. Der Beitrag derBranche zur gesamtwirtschaftlichen Wert-schöpfung ist seit zehn Jahren (mit Aus-nahme der Krise 2009) nahezu konstant.AndersalsinvielenanderenLändernträgtdie Elektroindustrie in Deutschland damit stabilzurWertschöpfungbei.

Beiträge zum geschäftsmodell DeutschlandDeutschland zählt weltweit zu den erfolg-reichsten Volkswirtschaften. Dies liegt an der hohen Industrieorientierung sowie an den überdurchschnittlich globalisier-ten und wissensintensiven Unternehmen. Diese Eigenschaften sind unter der Marke „Geschäftsmodell Deutschland“ weltweitzum Erfolgsmodell geworden. Die Elektro-industrie ist einewesentliche Säule diesesSystems. Sie•ist im höchsten Maße globalisiert; der

Anteil an den gesamtwirtschaftlichen Exporten ist mehr als viermal so hoch wie anderProduktion;

•erwirtschaftet überdurchschnittlich hohe Einkommen für ihreBeschäftigten; rund55.500 Euro gegenüber durchschnittlich nurrund46.900EuroimVerarbeitendenGewerbe;

•investiert deutlich mehr in Forschung und Entwicklung (rund neun Prozent vom

Umsatz gegenüber 3,7 Prozent durch-schnittlich im Verarbeitenden Gewerbe)sowieInnovationenalsandere(13,2Pro-zentvomUmsatzversus4,4Prozent);

•beschäftigt einen überdurchschnittlichhohen Anteil von Akademikern (21,6ProzentallerBeschäftigten;Durchschnitt12,9ProzentimVerarbeitendenGewerbe)undspezialisiertenFachkräftenund

•leistet durch ihre Patentaktivitäten in der ErfinderphasewertvolleBeiträge fürdas gesamte Innovationssystem; allein 40ProzentallertransnationalenPatentan-meldungen deutscher Unternehmen pro Jahr stammen aus der Elektroindustrie

Die nachstehende Abbildung 13 zeigt fürausgewählteIndikatorendieAnteilederElek-troindustrie an den gesamtdeutschen Wer-ten.RunddreiProzentdergesamtwirtschaft- lichen Wertschöpfung erwirtschaftet dieElektroindustrie. Die Anteile bei Indikatoren, die die Beiträge zu Internationalisierungoder Wissensgenerierung messen, sind deut- lich höher. Die Elektroindustrie trägt des-halb in weit überdurchschnittlichem Ausmaß zu den beiden entscheidenden Erfolgsfak-toren(GlobalisierungundWissen)derdeut- schen Wirtschaft bei. Zur Illustration: Der Anteil der Elektroindustrie an allen Inno-vationsausgabeninDeutschland(16,3Pro- zent) beträgt mehr als das Fünffache desBeitrags zur gesamtwirtschaftlichen Wert-schöpfung. Das beweist die weit über-durchschnittliche Innovationsintensität der Branche.

Die senkrechte Linie dient zur IllustrationderBedeutungder

Elektroindustrie in Deutschland relativzumAnteilderBrancheander

gesamtwirtschaftlichenWertschöpfung.Die Elektroindustrie steht für drei

ProzentderWertschöpfung,aberz.B.für40ProzentderPatentanmeldungen

in Deutschland.Quelle:Destatis(2016),Stifterverband(2016),ZEW(2015),ZVEI(2016),Fraunhofer(2016)

Abb.13:BeiträgederElektroindustriezuKernelementen desGeschäftsmodellsDeutschland;Datenfür2015

Patente

FuE-Ausgaben

Innovationsausgaben

Exporte

Akademikerbeschäftigung

Wertschöpfung

Einkommen

Beschäftigung

0 5 10 15 20 25 30 35 40%

40

21,2

16,3

14,6

4,4

3

2,8

2,2

Kernelemente

Gesamtwirtschaft

33

Beiträge zur Wissensgenerierung unterschätztDie Beiträge der Elektroindustrie zu denAufwendungen für Forschung und Ent-wicklung oder Innovationen werden unter-schätzt,wennmandieAnalyseaufdieübli-chen Quellen (ZEW 2015; Stifterverband2016) stützt, die die Branche regelmäßignur anhand der beiden Wirtschaftszweige 26–„HerstellungvonDatenverarbeitungs-geräten, elektronischen und optischenErzeugnissen“–und27–„HerstellungvonelektrischenAusrüstungen“–definiert.AufBasis dieserAbgrenzung werden der Elek-troindustrie2015knappelfMilliardenEuroFuE-Aufwendungen2 zugerechnet, tatsäch-lich sind es nach Berechnungen des ZVEIaber15,5MilliardenEuro.ÄhnlichsinddieRelationenbeidenInnovationsaufwendun-gen3: 17,6 Milliarden Euro auf Basis derverkürzten Abgrenzung zu 23,6 Milliarden EuronachZVEI-Rechnung(ZVEI2016).Miteiner Innovationsquote (Aufwendungen inProzentdesUmsatzes)vongut13Prozenterreicht die Elektroindustrie unter allen BrancheninDeutschlandeinenSpitzenwert.AuchbeiFuE-IntensitätstehtdieElektroin-dustrie mit 8,7 Prozent (2015 nach ZVEI-Berechnungen) im Branchenvergleich mitan der Spitze.

Aufgrund der Heterogenität der Elektro-industrie liefert der Durchschnitt jedoch nur eine Teilinformation, während wich-tige Facetten hier unberücksichtigt blei-ben. Es gibt innerhalb der Elektroindustrie sehr forschungsintensive Teilbereiche wiebeispielsweise Halbleiter, Sensoren oderAktoren, wo hohe Anteile des Umsatzes in

Forschung und Entwicklung investiert wer-den – und in Deutschland anteilig mehralsindenmeistenanderenLändern.DieseTechnologien gehören nach der allgemeinüblichen Definition (Gehrke et al. 2014;Grupp et al. 2000; Legler, Frietsch 2007)zurSpitzentechnologie.Gleichzeitiggibtesaber auch Teilbereiche, die hohe Umsatz-zahlen bei zwar absolut gesehen immer noch hohen Aufwendungen, aber entspre-chendniedrigenAnteilenaufweisen.Hierzugehören beispielsweise Haushaltsgeräteoder auch Kabel und Steckverbindungen.Im internationalen Vergleich sind aber auch diese Teilbereiche der Elektroindustrie inDeutschland forschungsintensiver als in den meistenanderenLändern.

Für die Digitalisierung der gesamten Wirt-schaft sind es gerade die forschungsinten-sivenTeilbereiche,mitdenendieElektroin-dustrie zur Weiterentwicklung des Standorts Deutschlandbeiträgt.DieDurchschnittsbe-trachtungderFuE-IntensitätüberalleFach-bereichederBranchehinwegverkenntdieseAnstrengungen.

Die Bedeutung weltweitDie deutsche Elektroindustrie ist der inter-national viertgrößte Lieferant von elektro-technischen und elektronischen Produkten. Lediglich die Elektroindustrie in China,Hongkong und denUSA exportiertemehr.Die Weltexportanteile Deutschlands redu-zierten sich dabei seit 2010 leicht von 7,3 auf 6,9 Prozent. Andere etablierte Industrieländer wie die USA, FrankreichoderGroßbritannienhabenimselbenZeit-raum ebenfalls Weltmarktanteile verloren.

2 Planwerte für 2015; externe FuE-Aufwendungen wie 2014.3 Innovationsausgaben beziehen sich auf die Aufwendungen für laufende, abgeschlossene und abgebrochene Projekte, die die

Entwicklung und Einführung von Produkt- oder Prozessinnovationen zum Ziel haben. Dazu zählen interne und externe FuE sowie innovationsbezogene Ausgaben für Sachanlagen und immaterielle Wirtschaftsgüter, Weiterbildung, Marketing, Konzeption, Konst-ruktion, Design sowie Produktions- und Vertriebsvorbereitung.

Tab.7: LänderanteileandenWelt-Elektroexporten

2010 2011 2012 2013 2014

Deutschland 7,3 7,6 7,0 6,9 6,9

China 23,6 24,6 26,5 26,8 27,9

Hongkong 8,4 8,1 8,9 9,2 9,4

USA 8,9 8,8 8,8 8,6 8,6

Frankreich 2,2 2,3 2,1 2,0 1,9

Großbritannien 1,8 1,8 1,6 1,6 1,6

Japan 6,3 5,9 5,7 4,7 4,5

Südkorea 5,1 5,0 5,0 5,3 5,4

Quellen:ZVEI(2016),eigeneBerechnungenIWConsult

34 35

Die Produktion der deutschen Elektroindus-trieistdabeideutlichwertschöpfungsinten-siveralsdieandererLänder.InDeutschlandliegtdieWertschöpfungsquotebei43Pro-zent des Produktionswerts. China erzieltlediglich rund 15 Prozent. Auch andereinternationale Wettbewerber wie Japan (37Prozent), Frankreich (25Prozent)oderSüdkorea(23Prozent)habeneinegeringereFertigungstiefe als die deutsche Elektroin-dustrie.

Innovationsorientierung im internationalen VergleichNoch wichtiger als die Stellung in denExportmärktenistdietechnologischeWett-bewerbsfähigkeit der Elektroindustrie. ZurMessung dieses Aspekts bieten sich Patente an. Zwar wird nicht alles, was erfunden wird,auchpatentiert.AberdadieRelatio-nen von patentierten und nicht patentierten Erfindungenüber langeZeithinweg stabilsind (Frietsch2006;Frietschetal.2014b; Griliches1981;Griliches1995),eignensiesich als Indikator – also als Stellvertreter– fürden technologischenOutputunddietechnologische Leistungsfähigkeit. Es hatsich außerdem gezeigt, dass Patente für die Sicherung von Exportmärkten von beson-derer Bedeutung sind (Blind 2006; Blind,Jungmittag2006;Frietschetal.2014a,IWConsult2015)unddamitauchunmittelba-ren Einfluss auf den ökonomischen Erfolghaben. Wenn also eine starke Position bei

Patenten besteht, dann resultiert daraus auch eine starke Marktposition im Ausland.

Um die Vergleichbarkeit der technologi-schen Leistungsfähigkeit herzustellen unddie Heimvorteile großer Länder in ihrenjeweiligen Inlandsmärkten auszublenden,werdenandieser Stelle sogenannteTrans-nationalePatente(Frietsch,Schmoch2010)verwendet. Da die Unternehmen der Elektro- industrie in Deutschland häufiger als dieElektroindustrie anderer Länder gezieltPatente in Schlüsselmärkten – wie bspw.denUSA–direkt anmeldet, unterschätzenwirdieLeistungsfähigkeitderElektroindus-trie mit dieser Vorgehensweise allerdings. Hinzukommt,dassmitZunahmederDigi-talisierung und der digitalen Geschäfts-modelle vermehrt Innovationen auf nicht patentierbaren Kompetenzen und Ideenberuhen, sodass auch hierdurch Patente zwar nicht irrelevant, aber zur Abbildung des Innovationsoutputs immer weniger geeignet erscheinen. Dies zeigt sich auch in derrelativgeringerenBedeutungderFuE-Aufwendungen in Relation zu den gesam-ten Innovationsaufwendungen. FuE ist für den Innovationserfolg nicht mehr allein entscheidend, sondern es kommen weitere Faktoren hinzu.

Die Elektroindustrie ist seit über hundert Jahren eine der innovativsten Branchenüberhaupt. Mittlerweile werden die Neue-

Quelle:EPA–PATSTAT;BvD–ORBIS;BerechnungenundDarstellungdesFraunhoferISI

Abbildung14:AnteilederElektroindustrieanallentransnationalen*PatentenderjeweiligenLänder(2011–2013)

80 %

70 %

60 %

50 %

40%

30 %

20 %

10%

0CN KR FI SE DE JP Welt CA US FR GB IT NL

* Verwendet werden Patentfamilien mit mindesten einer EPA- oder PCT-Anmeldung der Prioritätsjahre 2011–2013; es werden nur Patentanmelder mit Informationen zum Wirtschaftszweig verwendet.

35

rungenjedochnichtmehrnurinderBranche selbst, sondern auch in zahlreichen anderen Branchenumgesetzt.DaheristsiefürInno-vationeninanderenBranchenmitentschei-dend. Es zeigt sich insbesondere darin, dass originäreTechnologienderElektroindustrie(bspw.ElektrotechnikoderMikroelektronik)vonUnternehmenandererBranchenerfun-den und patentiert werden.

DiePatentanalysenzeigen(Abbildung14),dass im internationalenVergleichderBei-trag der Elektroindustrie zu allen Paten-ten höher ist als in den meisten anderenLändern. In Deutschland stammen 40 von 100PatentenausderElektroindustrie.Dasist mehr als in Japan oder den USA oder auchbeispielsweiseinFrankreichundGroß-britannien. Lediglich die auf Konsumelek-tronik und Mobiltelefone ausgerichteten Volkswirtschaften zeigen noch höhereBei-trägederElektroindustriezudereninterna-tionaler Wettbewerbsfähigkeit. Der Anteilist dabei über die Zeit angestiegen von 37ProzentzuBeginndesJahrtausendsbiszu seinemHöchststand von42Prozent imJahr2012undhatsichnunbeieinemWertvonca.40Prozenteingependelt.

Fazit: Die deutsche Elektroindustrie ist eine wissensintensive Branche. Die Inno-vations-,FuE-oderPatentintensitätensindüberdurchschnittlich hoch und erreichen im Branchenvergleich Spitzenwerte. DieBedeutungderElektroindustriewirdinderöffentlichen Wahrnehmung unterschätzt.Das liegt auchdaran, dass dieBranche inder (amtlichen) Statistik nicht als einheit-

licherBlockdargestelltwird,sondernregel-mäßig aufmehrere Positionen verteilt ist.Entsprechend wird ihr eigentliches quan-titatives Gewicht nur unzureichend ausge-wiesen.

3.2 Märkte, Marktführerschaft und KonkurrenzsituationDie Elektroindustrie ist in allen fünf Leit-märkten(Energie,Gebäude,Mobilität,Fab-rik- und Prozessautomatisierung, Gesund-heit) mit einem breiten Produktportfoliotätig. Über vier Fünftel der Umsätze derElektroindustrie werden dort erwirtschaftet. DasisteinVolumenvon146MilliardenEuroindenFokusmärktenderDigitalisierung.

RundzweiDrittelderUnternehmenbieten Produkte oder Dienstleistungen in den vier MärktenEnergie,Gebäude,MobilitätsowieFabrik- und Prozessautomatisierung an, mehrals40ProzentengagierensichimGe- sundheitsmarkt.DiehöchstenUmsatzanteile werden von den Unternehmen der Elektro-industrieindenBereichenGebäude,Ener-gieundIndustrie4.0(Fabrik-undProzess-automatisierung)erwirtschaftet(Tabelle8).

Marktführerschaft und KonkurrenzAuch die starke Marktposition der Elektro-industrie spiegelt sich in den Befragungs-ergebnissenwider.Währendnur33,5Pro-zentderUnternehmeninanderenBranchenangeben,(ineinemBereich)Marktführerzusein, liegt der Anteil in der Elektroindus-trie bei 54,6 Prozent. Dieser signifikanteUnterschied speist sich insbesondere aus

Tab.8: LeitmärktederElektroindustrie

Anteil der unternehmen mit Produkten oder Dienstleistungen in diesem MarktAnteile in Prozent1)

Durchschnittlicher umsatzanteil der unternehmen in diesem MarktAnteile in Prozent1)

Energie 68,9 18,7

gebäude 67,2 24,4

Mobilität 65,8 16,0

Fabrik- und Prozessautomatisierung 65,8 18,6

gesundheit 41,6 4,3

Andere Märkte 61,6 18,11)DieAngabeninderrechtenSpalteaddierensichauf100Prozent.DieAngabeninderlinkenSpalteaddierensichaufmehrals100Prozent,dahierMehrfachantwortenmöglichwaren.

Umsatzgewichtete Ergebnisse

Quelle:ZVEI(2016)

36 37

der starkenStellungderKMU.Hier liegen 30 Prozentpunkte zwischen der Elektro-industrieundanderenBranchen.

Trotz der stark ausgeprägten Marktführer-schaft ist das Wettbewerbsumfeld sehr kom-petitiv. Über 80 Prozent der Unternehmen müssen sich gegen Konkurrenz derselbenBranche aus In- und Ausland behaupten.Aber auch andere Branchen treten zuneh-mend als Wettbewerber auf den Markt. RunddieHälftederUnternehmenkonkur-riertmit Unternehmen aus anderen Bran-chen aus dem In- und Ausland. Dabei müs-sen insbesondere die großen Unternehmen internationalüberBranchengrenzenhinwegwettbewerbsfähigsein.TrendswiedieHyb-ridisierung von Geschäftsmodellen – also

der Weg vom klassischen Produzenten hin zum Lösungsanbieter – und die Digitali-sierung lösen Branchengrenzen auf undmachen Konkurrenzsituationen durchlässi-ger. Auch andere Studien zeigen, dass die Elektroindustrie schon heute in höheremMaße hybride Geschäftsmodelle anbietetals das Verarbeitende Gewerbe insgesamt(vbw2015).

Der hohe Anteil ausländischer Konkurren-tendeutetaufdieglobaleVerflechtungderElektroindustrie hin. Diese Vernetzung wird in den nächsten Kapiteln intensiv analy-siert.

Tab.10:Konkurrenzsituation

Elektroindustrie

Anteile in Prozent KMU1) Große2) Gesamt

Unternehmen der Elektroindustrie im Inland 82,9 81,6 82,3

Unternehmen der Elektroindustrie im Ausland 82,5 87,9 85,3

UnternehmenandererBranchenimInland 43,9 54,7 49,6

UnternehmenandererBranchenimAusland 42,0 58,5 50,71)Unternehmenmitbiszu500Beschäftigten;2)Mehrals500Beschäftigte;umsatzgewichteteErgebnisseQuelle:ZVEI-Befragung(2016)

Tab.9: Marktführerschaft

Elektroindustrie Andere Branchen1)

Anteile in Prozent KMU2) Große3) Gesamt KMU Große Gesamt

Ja 44,6 63,5 54,6 14,6 55,3 33,5

Nein 55,4 36,5 45,4 85,4 44,7 66,5

1)IndustrieundindustrienaheDienstleistungenausdemIW-Zukunftspanel;2)Unternehmenmitbiszu500Beschäftigten; 3)Mehrals500Beschäftigte;umsatzgewichteteErgebnisseQuelle:ZVEI-Befragung(2016),IW-Zukunftspanel(2016)

37

Die Elektroindustrie vernetzt in hohem Maße Branchen. Dieses Kapitel analysiertdie Einbindung der Elektroindustrie in Pro-duktions- und Wissensnetze. •Produktionsnetze: Die Elektroindustrie verkauft an andere wichtige Branchenmehr Vorleistungen, als sie von dort bezieht. Sie hat in den Produktionsnet-zen die Rolle des Nettolieferanten vonKomponentenundVorproduktenund istdeshalb wichtig für die Wettbewerbsfä-higkeitvielerandererBranchen.DiehoheBedeutungderElektroindustrieinnerhalbder Wertschöpfungsnetze wird anhandvon Input-Output-Tabellen4 (IOT)gezeigt(Kapitel4.1).

•Wissensnetze: Die Elektroindustrie liefert nicht nur Vorprodukte an andere Bran-chen, sondern auch Wissen, das implizit in diesen Lieferungen steckt. Dieser Aspekt wird in Kapitel 4.2 analysiert. Es wirdherausgearbeitet, dass in diesen Wissens-netzen die Elektroindustrie ein wichtiger Impulsgeber ist und ein Wissenstransfer an andere stattfindet. Die Bedeutungder Elektroindustrie als Partner in den Wissensnetzen wird anschließend durch Befragungsergebnisse und Patentver-flechtungenvertiefenddargestellt (Kapi-tel4.3).

Diese beiden wichtigen Enabler-Funktionen zeichnen traditionell die Elektroindustrie unabhängig von der Digitalisierung aus.Diese hohe Bedeutung für andere Bran-chen soll in diesem Abschnitt herausgear-beitet werden. Die Ausführungen in dem nachfolgenden Kapitel 5 zeigen, dass dieBedeutungderElektroindustrieindenPro-duktions- und Wissensnetzen im RahmenderdigitalenTransformationdergesamtenWirtschaft noch wichtiger wird.

4.1 Produktionsnetze – Elektroindustrie als EnablerDie Rolle der Elektroindustrie in den Pro-duktionsnetzen wird anhand des Vorleis-tungsaustauschs und der Bewertung wich-tiger Technologiefelder untersucht. NebenderamtlichenStatistikwerdenauchBefra-gungsergebnisse verwendet, die miteinan-der kombiniert werden.

VorleistungsverflechtungenDie deutsche Elektroindustrie5 verkauft mehr Vorleistungen an andere Branchen,als sie von dort bezieht. Sie ist Netto-Vorleistungslieferant und schon deshalb einwichtiger Partner für andereBranchenin den Wertschöpfungsnetzen. Im Jahr2011 betrug dieser Nettoüberschuss rund

4. DIE ELEKtROINDuStRIE IN DER WERtSCHöPFuNgSKEttE

4 Hier kann erstens die IOT des Statistischen Bundesamts herangezogen werden (Statistisches Bundesamt 2016). Der aktuellste Berichtsstand der mit der WZ-Klassifikation 2008 und den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen kompatiblen IOT ist das Jahr 2012. Die Abgrenzung erfolgt auf Produktebene (CPA). Zweitens können die Inter-Country Input-Output (ICIO) Tables verwendet werden (OECD 2015). Die ICIO zeigen weltweite Verflechtungen zwischen Ländern und Branchen auf. Die Abgrenzung erfolgt auf Branchenebene nach der Internationalen Systematik der Wirtschaftszweige (ISIC Rev. 3).

5 Die Elektroindustrie kann im Rahmen dieser Analyse nur auf Basis der Zweisteller-Definition (26 und 27) der WZ 2008 definiert werden.

38 39

zehn Milliarden Euro6.Betrachtetwirdhierdas internationale Produktionsnetz der deutschenElektroindustrie.AufderBeschaf-fungsseite werden Vorleistungsimporte und bei der Absatzseite Vorleistungsexporte berücksichtigt.Abbildung15zeigtdieStruk-tur dieses Produktionsnetzes. Auf der lin-ken Seite stehen die Vorleistungen, die die ElektroindustriebeianderenBranchenundin der eigenen einkauft, auf der rechten Seite stehen entsprechend die Lieferun-genoderVerkäufe.InderletztenSpalteistder Saldo ausgewiesen. Ein positiver Wert bedeutet, dass die Elektroindustrie dort mehr einkauft, als sie dorthin verkauft. Aus der Sicht der liefernden Branchen istdie Elektroindustrie, netto betrachtet, ein Absatzmarkt. Negative Werte bedeutenentsprechend, dass die Elektroindustrie mehr Vorleistungen liefert, als sie von dort bezieht.

Drei Merkmale kennzeichnen das Produk-tionsnetz der Elektroindustrie:•Die Elektroindustrie bezieht von den

typischen vorgelagerten rohstoffnahen Industrien wie der Metallindustrie und der Chemie (einschließlich Gummi-,Kunststoff- sowie der Pharmaindustrie)deutlich mehr Vorleistungen, als sie dort-hin liefert. Das ist nicht überraschend, weildasindenWertschöpfungsnetzendieAufgabe dieser industriellen Vorleister ist.

•Das gleiche Muster findet sich beim Leistungsaustausch mit den unterneh- mensnahenDienstleistungen(u.a.Bewa-chungs-, Ingenieur- und FuE-Dienstleis-tungen, Beratungen, Werbeagenturen).Die Bedeutung dieser Branche für dieIndustrie ist in den letzten Jahren stark gestiegen.DieGründeliegenimOutsour-cingundderstärkerenTertiarisierungvonIndustrieproduktion durch den Einkauf

Abb.15:ProduktionsnetzwerkElektroindustrieimIn-undAusland

Chemieetc.

Metallerzeugung

Metallerzeugnisse

Maschinenbau

Elektroindustrie

Automobilbau

Bauwirtschaft

Sonstiges Prod. Gewerbe&Agrar

Unternehmensnahe Dienstleistungen

Übrige DL/ Staat

AlleBranchen

7,766 3,254

7,507 1,951

7,593 2,407

6,704 14,798

55,912 71,009

2,231 12,267

1,400 18,810

12,687 17,797

59,454 21,706

3,298 10,570

164,552 174,569

+4,512

+5,556

+5,186

–8,094

–15,097

–10,036

–17,410

–5,110

+37,748

–4,272

–10,017

Chemieetc.

Metallerzeugung

Metallerzeugnisse

Maschinenbau

Elektroindustrie

Automobilbau

Bauwirtschaft

Sonstiges Prod. Gewerbe & Agrar

Unternehmensnahe Dienstleistungen

Übrige DL/ Staat

AlleBranchen

Quelle:EigeneBerechnungIWConsult;Daten:OECD(2015)

Elektroindustrie bezieht von ...

WeltweitliefertdieBrancheMetallerzeugung mehr Vorleistungen

an die deutsche Elektroindustrie, als sie von der Elektroindustrie inDeutschlanderhält;derSaldobeträgtrund5,6Mrd.US-Dollar.Der Automobilbau bezieht mehr

Vorleistungen von der Elektroindustrie, alserdorthinliefert.DerSaldobeträgtrund zehn Mrd. US-Dollar. Der negative

Saldo der deutschen Elektroindustrie bezüglich empfangener und gelieferter

Vorleistungen kommt durch die internationalenStrömezustande.

Der Saldo besagt, dass die deutsche Elektroindustrie an die weltweiten UnternehmendereigenenBranchemehrliefert,alssievondorterhält.

Empfangene VLin Mio. US-$

GelieferteVLin Mio. US-$

Elektroindustrie liefert an ...

Vorleistungssaldo in Mio. US-$

Elek

troi

ndus

trie

6 Die Berechnung beruht auf den aktuell verfügbaren Daten der OECD aus dem Jahr 2015 für 2011. Neuere Daten gibt es nicht. Die Verflechtungsstrukturen sind aber über die Zeit betrachtet konstant. Es kommt nur auf die Vorzeichen und auf die Größenordnungen an. Diese Informationen liefern die vorliegenden Input-Output-Tabellen zuverlässig.

39

und die Integration von Dienstleistungen. Dieser Trend gilt auch für die Elektro- industrie.

•VölligandersistdasAustauschmustermitBranchen, die eher für Endverwender-märkte produzieren. Dazu gehören ins-besondere die Autoindustrie, der Maschi-nenbauunddieBauwirtschaft.FürdieseBranchen hat die Elektroindustrie einebesondersausgeprägteLieferrolle.

Inländisches ProduktionsnetzEinBlickaufdieProduktionsnetzeimInlandzeigtähnlicheErgebnisse.DieElektroindus-trie ist, netto betrachtet, Kunde bei dentypischen industriellen Vorleistungsbran-chen(ChemieundMetalle)unddenindus-trienahen Dienstleistern. Sie ist Nettolie-ferant für endproduktnahe Branchen, wieMaschinenbau,AutooderdieBauwirtschaft.

Die Elektroindustrie kauft, insgesamt be-trachtet, im Inland mehr Vorleistungen bei anderen,als siedorthin liefert.Siegehörtdamit zu den sogenannten Drehscheiben-Industrien (IW Consult 2013). Diese sinddurch zwei Merkmale gekennzeichnet:•SiesindNettokäuferinländischerVorleis-

tungen,•sie besitzen eine überdurchschnittliche

Exportorientierung.

Diese Drehscheiben-Industrien sind aus zweiGründenbesonderswichtig:

•Erstens öffnen sie indirekt den andereneher inlandorientierten Branchen dieWeltmärkte, weil sie deren Produkte alsintegrierte Vorleistungen „mitexportie-ren“,

•zweitens sind sie im Durchschnitt (gemes-senanFuE-undInnovationsintensitäten)deutlich wissensintensiver als andere Branchen und tragen im besonderenMaßezurWettbewerbsfähigkeitderdeut-schen Industrie bei. Das gilt insbesondere für die Automobilindustrie, den Maschi-nenbau, die Chemie- und Pharmaindus-triesowiedieElektroindustrie(IWConsult2013).

Innerhalb dieser Drehscheiben-Industrien hatdieElektroindustrieeineBesonderheit,dieihreRollealsVernetzerverdeutlicht.Sieliefert für25,1MilliardenEuroVorleistun-gen an andere inländische Branchen. Dassind16,4ProzentdeseigenenProduktions-werts.KeineandereDrehscheiben-IndustrieerreichtähnlichhoheWerte(Tabelle11).

Es kommt ein weiterer Aspekt hinzu. Die Elektroindustrie ist zugleich wichtiger Lieferant von Investitionsgütern in Deutsch-land. 7,9 Prozent ihres Produktionswerts entfallenaufinländischeInvestitionsgüter-lieferungen (ohne Bauten). Hier wird dieElektroindustrienurvonwenigenBranchen(u. a. Sonstiger Fahrzeugbau und Maschi-nenbau) in der Bedeutung als Ausrüsterübertroffen.

Tab.11:VorleistungenderDrehscheiben-Industrien1)anandereBranchen(2012)

BereicheAnteil am Produktionswert

in Prozent Mio. Euro

Elektroindustrie 16,4 25.148

Ernährungsindustrie 10,7 18.897

Chemie (ohne Pharma) 10,2 17.483

Maschinenbau 6,5 14.495

Automobil 2,3 7.243

Sonstiger Fahrzeugbau 11,9 4.043

Pharmaindustrie 5,7 1.983

Möbelindustrie 4,1 1.929

textil, Bekleidung, Leder 6,8 1.474

1)ÜberdurchschnittlichexportstarkeBranchen,diegleichzeitigimInlandNettokäufervonVorleistungenbeianderenBranchensind

Quellen:EigeneBerechnung;IWConsult(2013),Daten:StatistischesBundesamt(2016)

40 41

Validierung durch unternehmensbefragungFür diese Studie sind Unternehmen aus denBereichenIndustrieundindustrienaheDienstleistungen(ohneElektroindustrie)imRahmendesIW-Zukunftspanels(IWConsult2016)zuihrenGeschäftsverbindungenmitderElektroindustrieundderBedeutungfürihrGeschäftbefragtworden.Damit liegenaktuelleErgebnissevor,dieauchqualitativeBetrachtungenerlauben.

NachdiesenhochgerechnetenBefragungs-ergebnissen entfallen bei den Unterneh-men aus diesen Branchen 3,4 Prozent

aller Einkäufe7 auf Elektronik und elektro-nische Komponenten – also die Produkteund Dienstleistungen der Elektroindustrie. BerechnetmandiesenAnteilfürdieindieBefragungeinbezogenenBranchenaufderBasis der deutschen Input-Output-TabellefürdasJahr2012,ergibtsicheinAnteilvon2,2 Prozent (Tabelle 12). Der Befragungs-wertliegtauszweiGründenhöher:•Erstens unterscheiden die Unternehmen inderBefragungnichtzwischenVorleis-tungen und Investitionen – in der IOTwerden lediglich Vorleistungen betrach-tet.VonderGesamtproduktionderElek-troindustrie werden 9,1 Prozent allerGüter(bzw.desWarenwertsderGüter)imInland als Investitionsgüter verwendet – diese müssen also den 2,2 Prozent hinzu-gerechnet werden.

•Zweitens sind die Befragungsdaten vierJahre aktueller – die IOT-Zahlen habeneine große zeitliche Verzögerung undsindaktuellnurfür2012verfügbar.Die Analyse zeigt gleichwohl, dass die Elek- troindustrie sukzessive an Bedeutung

gewinnt.DieserBefundgiltauchfürdieletzten Jahre.

Insgesamt zeigt sich eine hohe Übereinstim-mung von Mikrodaten (Befragungen) undMakrodaten (IOT),diealsQualitätsausweisfür die Erhebung bewertet werden kann.

Noch deutlicher wird die quantitativeBedeutungderElektroindustrie,wennmannicht alle Unternehmen betrachtet, son-dernnurdie,dietatsächlichdorteinkaufen– also Teil der Wertschöpfungskette sind.Diese Unternehmen beziehen 17 Prozent(Tabelle 12) ihrer Beschaffungen von der

Elektroindustrie. Wenn Unternehmen also Vorleistungen von der Elektroindustrie benötigen, betrifft das erhebliche Anteileihrer Beschaffungsvolumen. Das lässt aufintensive Zuliefererbeziehungen schließen.

Es hat sich bereits gezeigt, dass die Elek-troindustrie unter den Drehscheiben-Indus-trien der wichtigste Vorleistungslieferant außerhalb der jeweils eigenen Brancheist. Die Verkäufe an die Elektroindustriemachen in der Befragung 1,4 Prozent desUmsatzes aus. In der IOT sind es 1,1 Pro-zent.DieGründehierfür gelten analog zuoben. Wiederum sind die Anteile der an der „Wertschöpfungskette Elektro“ beteiligtenUnternehmen mit 12,6 Prozent deutlichhöheralsimDurchschnitt(1,4Prozent).

Der Vorteil der Befragung liegt nicht nurdarin, dass die Daten aktueller sind, sondern auch in einem tieferen Detaillierungsgrad ausgewertet werden können. Die Beschaf-fungsanteile der forschenden, innovativen und international tätigen Unternehmen

Tab.12:RollederElektroindustrieinWertschöpfungsketten fürandereBranchen

BefragungsergebnisseIW-Zukunftspanel

Nachrichtlich:IOT

Alle Unternehmen1) Unternehmen derWSKElektro2)

Alle1)

AnteilEinkäufevonderElektroindustrie an allen Einkäufen3)in Prozent

3,4 17,0 2,2

AnteilVerkäufeandieElektroindustrie am Umsatz4) in Prozent

1,4 12,6 1,1

1)UnternehmenausdenBereichenIndustrieundindustrienaheDienstleistungenohneElektroindustrie;2) Unternehmen aus anderen Branchen,dieinderElektroindustrieeinkaufenoderdorthinverkaufen;3)BeiBefragungwurdenuraufdasKernproduktabgehoben; 4)IndenInput-Output-Tabellen(IOT)werdennurVorleistungenabgebildet,keineInvestitionsgüter

Umsatzgewichtet hochgerechnete Ergebnisse

Quellen:EigeneBerechnung;Daten:IWConsult(2016),StatistischesBundesamt(2016)

7 Um die Antwort zu erleichtern, wurden die Unternehmen gebeten, diese Frage aus der Sicht ihres Hauptprodukts zu beantworten.

41

der Elektroindustrie sind besonders hoch und übersteigen den Durchschnittswert von 3,4Prozentdeutlich:

•Kontinuierlich forschende Unternehmen:4,8ProzentUmsatzanteil,

•Innovatoren:4,7ProzentUmsatzanteil,•UnternehmenmitAuslandsgeschäft: 4,8ProzentUmsatzanteil.

Gerade Unternehmenmit diesenMerkma-lensindfürdenErfolgdesGeschäftsmodellsDeutschland besonders wichtig. Sie sind in weit überdurchschnittlichem Ausmaß Kun-den der Elektroindustrie.

Bewertung von technologiefeldernBei der Bewertung von Wertschöpfungs-netzwerkengehtesnichtnurumquantita-tiveAnteile,sondernauchumQualitätundRelevanz.DieseDimensionwurdeebenfallsvon Unternehmen der Industrie und indus-trienahen Dienstleistungen (ohne Elektroin-dustrie)imRahmendesIW-Zukunftspanelsbeantwortet. Durch Zuordnung der Felder

mit Blick auf die Nähe zum Technologie-portfolio der Elektroindustrie kann deren Relevanzindirektgemessenwerden.

Die befragten Unternehmen haben die Bewertung unabhängig davon abgegeben,ob sie das Technologiefeld selbst bearbei-ten oder die darauf basierenden Produkte oder Dienstleistungen bei Dritten zukaufen. Es zeigt sich eine hohe Bedeutung derje-nigen Technologien, die der Elektroindus-trie zuzuordnen sind. An den ersten beiden Stellen stehen dabei die Computertechnikund Datenverarbeitung sowie elektrische MaschinenundAnlagen.AndereTechnolo-gien wie die Medizintechnik sind dagegen eher Spezialanwendungen, die nicht in der Breiteeingesetztwerden.DamitsindgroßeTeileder Elektroindustrie alsQuerschnitts-technologie zu sehen, die Impulse in breite Teile der Industrie und industrienahenDienstleistungen gibt.

WeiterhinhatsichinderBefragunggezeigt,dassProdukte inden relevantenTechnolo-

Abb.16:RelevanzverschiedenerTechnologiefelderfürdieeigeneunternehmerischeTätigkeit,umsatzgewichteteErgebnisse

Computertechnik,Datenverarbeitung

Elektrische Maschinen und Anlagen

Motoren,Pumpen,Turbinen und Maschinenelemente

Transport

AudiovisuelleTechnik,Kommunikationstechnik

Optik,Mess-,Steuer- undRegeltechnik

ChemischeVerfahrenstechnik,thermische Prozesse und Apparate

Halbleiter-,Mikro- undNanostrukturen

Medizintechnik

Anteil in Prozent0 10 20 30 40 50 60 70

n Fokus auf Elektroindustrie n Fokus auf andere IndustrienQuelle:IW-Zukunftspanel(2016)

42 43

giefeldern häufig zugekauft werden. DazubenötigendieUnternehmeneineAngebots-struktur, die ihnen diesen Zukauf ermög-licht.DieUnternehmenfindeninDeutsch-land ein entsprechendes Angebot vor. Gefragt, wo sie für ihr Hauptprodukt diebenötigten Elektronikbauteile/-komponen-ten einkaufen, geben über 90 Prozent der Unternehmen Deutschland als hauptsäch-lichesHerkunftslandan.DieUnternehmenab500Beschäftigtenkaufenetwashäufigerim Ausland ein.

Fazit: Die deutsche Elektroindustrie ver-netztandereBrancheninhohemMaße.Siefungiert als wichtige Zuliefererindustrie, insbesondere für exportstarke BranchendesEndkundengeschäfts(u.a.Automobil,Maschinenbau, Chemie). Im Inland gehörtdie Branche zu den Drehscheiben-Indus-trien, die Wertschöpfungsnetze organisie-ren und die Vorleistungen der rohstoff-nahen Industrien und der Dienstleistungen indirektexportieren.KeineandereBrancheliefert innerhalb der Gruppe dieser Dreh-scheiben mehr Vorleistungen an andere BranchenimInlandalsdieElektroindustrie.Bestärkt wird diese wichtige Rolle in denWertschöpfungsnetzennochdurchdiehoheRelevanz der Technologien, die aus der

Elektroindustrie kommen. Auch aufgrund dieserStärkekaufendieUnternehmenausdenanderenBranchen ihre elektronischenBauteileundKomponentenüberwiegendimInland ein.

4.2 Die Elektroindustrie als WissensimpulsgeberNeben der Vernetzung über Vorleistungenund Produkte sind auch Wissensnetze von entscheidenderBedeutung fürdieWettbe-werbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Indiesem Abschnitt wird deshalb die Rolleder Elektroindustrie in den Wissensnetzen untersucht. Dabei wird der Blick auf dreiIndikatoren gerichtet: Forschung und Ent-wicklung(FuE),InnovationenundPatente.

Forschung und EntwicklungBei derBewertung vonWissensnetzen sollbestimmt werden, wie viel Wissen (hier gemessen an FuE-Aufwendungen) eineBrancheaneineandere liefert.Grundlagedafür sinddie inKapitel4.1dargestelltenProduktionsnetze. Sie zeigen die Vorleis-tungsverflechtungen unter Einschluss vonImporten und Exporten. Bei denWissens-netzen werden die Vorleistungslieferungen einerBrancheaneineanderemitderFuE-

Abb.17:HerkunftderfürdasHauptproduktbenötigtenElektronikbauteile/-komponenten

Quelle:IW-Zukunftspanel(2016)

Deutschland EU USA Asien Andere

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

UmsatzgewichteteErgebnisseaufBasisvonUnternehmensangabenausdenBereichenIndustrieundindustrienaheDienstleistungen(ohneElektroindustrie)

bisunter499 500 Mitarbeiter und mehr gesamt

Ja-AnteilinProzent(Mehrfachantworten)

43

Intensität der liefernden Branche bewer-tet8. Es wird also unterstellt, dass in jeder LieferungeinerBrancheimDurchschnittsoviel Forschung und Entwicklung steckt, wie esderFuE-IntensitätderBrancheinsgesamtentspricht(Durchschnittsannahme).

Methode zur Bewertung der Wissens-netze: Liefert Branche A an Branche BVorleistungen im Wert von 100 undhatBrancheAeineFuE-Intensität (FuE-Aufwendungen inProzentderUmsätze)von fünf Prozent, wird unterstellt, dass dieseBrancheWissen inFormvonFuE-Leistungen im Wert von fünf Euro an BrancheBliefert.Wissens-oderTechno-logiegeber sind die Branchen, die überdie Produktionsverflechtungen mehrFuE-Leistungen liefern, als sie von ande-

renbeziehen.DieBasis fürdieBerech-nungsinddie ICIO-Daten(IOT)unddievonderOECDbereitgestelltenFuE-Auf-wendungennachBranchenundLändern.Berücksichtigt werden nur die internenFuE-Aufwendungen der Unternehmen. Für Deutschland sind die Daten identisch mit denen des Stifterverbands, enthalten aber die dort ausgewiesenen externen FuE-Aufwendungen (Zukäufe von FuE-Leistungen) nicht. Die Daten sind von2011;neuere sindderzeitnichtverfüg-bar.SiehevertiefendIWConsult(2016).

Die Ergebnisse zeigt Abbildung 18, diestrukturgleichwieAbbildung15zudenPro-duktionsnetzen aufgebaut ist:•DiedeutscheElektroindustrieistTechno-

logiegeber. In den Lieferungen an ihre

In den Lieferungen des Maschinenbaus an die Elektroindustrie (Inland

plusVorleistungsimporte)steckenFuE-AufwendungeninHöhevon148MillionenUS-Dollar.IndenLieferungen der Elektroindustrie an den Maschinenbau im In- und

Ausland stecken FuE-Aufwendungen inHöhevon603Millionen

US-Dollar. Die Elektroindustrie ist damitTechnologiegeberfürden

Maschinenbau;daszeigtdernegativeSaldovon–455MillionenUS-Dollar.

8 Datenquelle ist die ICIO (OECD 2015) für das aktuellste Berichtsjahr 2011. Die FuE-Intensitäten stammen ebenfalls von der OECD (OECD, 2016). Betrachtet werden nur diejenigen Länder, für die Daten zur Produktionsverflechtung und FuE-Intensität vorliegen. Dies sind insgesamt 43 Länder, die 80 Prozent der weltweiten Vorleistungen und 94 Prozent der weltweiten FuE-Aufwendungen abdecken. Die Branchen müssen zum Teil aggregiert werden, da nur für die Aggregate die relevanten Informationen vorliegen.

Abb.18:InternationalesFuE-Netzwerkder deutschenElektroindustrie2011

Chemie etc.

Metallerzeugung

Metallerzeugnisse

Maschinenbau

Elektroindustrie

Automobilbau

Bauwirtschaft

Sonstiges Prod. Gewerbe & Agrar

Unternehmensnahe Dienstleistungen

Übrige DL/Staat

Alle Branchen

165 132

35 77

34 100

148 603

2,310 2,855

92 491

0 751

72 713

268 854

0 408

3,123 6,983

+33

– 42

– 66

– 455

– 545

– 399

– 751

– 641

–586

– 408

– 3,860

Chemie etc.

Metallerzeugung

Metallerzeugnisse

Maschinenbau

Elektroindustrie

Automobilbau

Bauwirtschaft

Sonstiges Prod. Gewerbe & Agrar

Unternehmensnahe Dienstleistungen

Übrige DL/Staat

Alle Branchen

Quelle:EigeneBerechnungenIWConsult;Daten:OECD(2015;2016)

Elektroindustrie

bezieht von ...

Empfangene FuE

in Mio. US-Dollar

GelieferteFuE

in Mio. US-Dollar

Elektroindustrie

liefert an ...

FuE-

Saldo

Elek

troi

ndus

trie

44 45

Kunden stecktmehrForschungundEnt-wicklung als in den Lieferungen, die sie vonanderenBranchenbezieht.

•DiesesMustergilt füralleBranchenmitAusnahme der Chemie (einschließlichGummi-,Kunststoff-sowiePharmaindus-trie).Dasgilt insbesondereauchgegen-über der exportstarken und international erfolgreichen Automobilindustrie und demMaschinenbau.DieGeberrolleistbeiForschung und Entwicklung (also in dem Wissensnetz)deutlichstärkerausgeprägtals im Produktionsnetz (siehe 4.1). Daswird deutlich durch einen Vergleich der AnzahlderBranchengruppen,mitdenendie Elektroindustrie einen Lieferanten-überschuss hat. In den Produktionsnetzen sindes fünfvonneunBranchengruppen(Abbildung 15); bei den Wissensnetzenhingegen sind es acht von neun (Abbil-dung 18). Auch eine andere Kennzifferverdeutlicht diesen Unterschied. Der ermittelte FuE-Überschuss der deutschen Elektroindustrie inHöhe von3.860Mil-lionen US-Dollar (Abbildung 18) macht0,43ProzentallerFuE-Ausgabenderein-bezogenen Länder aus. Im Produktions-

netz ist der entsprechende Anteil (Vorleis-tungsüberschuss der Elektroindustrie in Prozent aller Vorleistungslieferungen der einbezogenenLänder)nur0,02Prozent.

•Auch liefert die Elektroindustrie über die Vorleistungsexporte mehr Wissen an die Elektroindustrie im Ausland, als sie von dort über Vorleistungsimporte aus dieser Branchebezieht(Saldo545MillionenUS-Dollar).

DieAbbildung19zeigtdiesenGrundbefundnochmalsimDetail ineinerstärkeraufge-spaltenenBranchenstruktur.MitAusnahmeder Bereiche Chemie und Datenverarbei-tung ist die Elektroindustrie gegenüber allenBranchen,nettobetrachtet,Technolo-giegeber. Das erlaubt folgende Interpreta-tion: Durch den Leistungsaustausch mit der Elektroindustrie werden die Produkte und Dienstleistungen der anderen Branchenwissensintensiver.

Bei einem internationalen Vergleich zwi-schen Ländern und Ländergruppen fallendie Befunde durchaus unterschiedlich aus.In den USA, Frankreich oder der gesamten

Abb.19:FuE-SaldodurchdenLeistungsaustauschder deutschen Elektroindustrie

100

0

–100

–200

–300

–400

–500

–600

–700

–800

Quelle:SonderauswertungderIWConsultviaGoogleTrends(2016)

01Agrar

02Bergbau

03Ernährung

04Textil/Leder

05Holz/Papier/Druck

06Chemie/Gummi/Kunststoff/Kokerei

07SteineundErden/Glas

08Roheisen/Metallerzeugung

09 Metallerzeugnisse

10Maschinenbau

11Elektrotechnik

12Automobilbau

13SonstigerFahrzeugbau

14SonstigesVerarbeitendesGewerbe

15Strom/Gas/Wasser

16Bau

17Handel/Kfz-Reparatur

18Gastgewerbe

19VerkehrundLagerei

20 Finanzdienste

21Datenverarbeitung/-banken

22 Sonstige Unternehmensnahe Dienste

23 Staat/Soziale Dienste/Sonstige Dienste

01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Inland Ausland gesamt

Min

. US-

Dol

lar

45

Abb. 20: Innovationsnetzwerk1) der deutschen Elektroindustrie2)2012

Quelle:EigeneBerechnungIWConsult;Daten:StatistischesBundesamt(2016),ZEW(2014)

1) DargestelltdurchdieSalden,derindenVorleistungslieferungenund-bezügensteckendenInnovationsaufwendungen;2) Definiertauf2-Steller-EbenederWZ2008durchdieWirtschaftszweige26und27

Die Elektroindustrie liefert, integriert inihreVorleistungsverkäufeandenMaschinenbau,314Mio.Euromehr

Innovationsaufwendungen, als die BranchebeimMaschinenbauselbst

einkauft. Die Elektroindustrie ist deshalb Innovationsgeber für den Maschinenbau.

Gruppe der etablierten Industrieländersind ähnliche Muster zu erkennen wie inDeutschland. Die Elektroindustrie dort ist ebenfallsTechnologiegeber.InaufholendenIndustrieländern, insbesondere in Mittel-undOsteuropaoder inChina, istdieSitu-ation umgekehrt. Dort profitiert die Elek-troindustrie von den „Wissenslieferungen“ der anderen Branchen, die dort Technolo-giegebersind(sieheausführlichIWConsult2016).

InnovationenÄhnlich wie auf Basis der FuE-Aufwen-dungen lassen sich Wissensnetze auch mit Innovationen beschreiben. Dabei werden die Vorleistungslieferungen der einzelnen Branchen mit deren Innovationsintensi-tät (Innovationsaufwendungen zu Umsatz)bewertet. Das ist sogar der bessere Maß-stab,weilInnovationendieTätigkeitenrundum Entwicklungen neuer oder die Verbes-

serung bestehender Produkte oder Prozesse breiter erfassen, als esdie FuE-Aktivitätenkönnen.DieErgebnisse inKapitel3.1zei-gen, dass die Elektroindustrie eine innovati-onsstarkeBrancheistundmiteinemAnteilvon16,3ProzentandengesamtenInnova-tionsaufwendungen in Deutschland an der Spitzesteht.EsgibtaberEinschränkungenhinsichtlich der Datenverfügbarkeit. Indika-toren zum Innovationsgeschehen gibt es im Rahmen des Europäischen Innovationspa-nelsnurfürausgewählteLänderundnichtfüralleBranchen.DeshalbwirddieAnalyseaufDeutschlandbeschränkt.BasissinddieErhebungen des Mannheimer Innovations-panelsfürdiedorteinbezogenenBranchen9 (ZEW2014).

Auch bei dieser Analyse bildet das Produk-tionsnetzdieGrundlage.AbgebildetwerdeninländischeVorleistungsverflechtungendesJahres 2012 auf Basis der Input-Output-

9 Grundlage ist das Mannheimer Innovationspanel (MIP) für das entsprechende Berichtsjahr 2012, für das die entsprechenden Daten der deutschen IOT vorliegen. Nicht einbezogen in die ZEW-Erhebung sind der Agrarsektor, der Einzelhandel, das Gastgewerbe, die öffentlichen Dienstleistungen, die Grundstücks- und Wohnungswirtschaft und die Bauwirtschaft.

Technische/FuE-Dienstleistungen

Metallerzeugung/-bearbeitung

Transportgewerbe/Post

Gummi-/Kunststoffverarbeitung

Unternehmensberatung/Werbung

Holz/Papier

Glas/Keramik/Steinwaren

Chemie/Pharma

Textil/Bekleidung/Leder

Finanzdienstleistungen

Elektroindustrie

Nahrungsmittel/Getränke/Tabak

Mediendienstleistungen

Wasser/Entsorgung

Unternehmensdienste

Großhandel

EDV/Telekommunikation

Möbel/Spielwaren/Medizintechnik/Reparatur

Energie/Bergbau/Mineralöl

Fahrzeugbau

Maschinenbau

Gesamt

–142

–100

–41

–39

–29

–12

–11

–4

–2

–0

3

3

5

6

15

35

149

182

290

314

623

–200 0 200 400 600 800

46 47

Tabellen.DieVorlieferungeneinerBranchean eine andere werden mit der Innovations-intensitätderlieferndenBranchegewichtet.NichtberücksichtigtwerdenkönnenVorleis-tungsimporte und -exporte, weil es keine Daten zu Innovationsaufwendungen für alle relevantenLändergibt.

Die Ergebnisse für die deutsche Elektroin-dustrie zeigen:•Die Elektroindustrie ist, insgesamt be-trachtet, Technologiegeber. Sie lieferte,integriertinVorleistungen,2012für622Millionen Euro mehr Innovationsaufwen-dungen, als sie von anderen BranchendurchEinkäufeerhaltenhat.10

•BesondersausgeprägtsinddieseImpulseim Leistungsaustausch mit dem Maschi-nen- und dem Fahrzeugbau.

Technologieimpulse erhält die Elektroin-dustrie aus den Bereichen der rohstoff-nahen industriellen Vorleister und von unternehmensnahen Dienstleistern. Dazu zählen insbesondere die Bereiche FuE-Dienstleistungen, Metallerzeugung und -bearbeitung, Transportwesen, Gummi-und Kunststoffindustrie sowie die Bran-chen Unternehmensberatung und Wer-bung.

Fazit: Die Elektroindustrie ist, auch gemes-sen an den Innovationsaktivitäten, einwichtiger Enabler für andere Branchen,insbesondere für den Maschinen- und Fahr-zeugbau.

4.3 Elektroindustrie ein wichtiger PartnerAbschließend soll zur Verdeutlichung der Bedeutung der Elektroindustrie in denWertschöpfungsnetzenaufdreiAspektehin-gewiesen werden. Die Elektroindustrie•liefertkomplexeProdukteundTechnolo-gienmithoherBedeutung fürdieWett-bewerbsfähigkeit,

•hateinezentraleRolleinderweltweitenVernetzungvonTechnologien,

•ist wichtiger Kooperationspartner undwird in Zukunft noch bedeutender wer-den.

Bedeutung für die WettbewerbsfähigkeitDie Elektroindustrie liefert weltweit über-durchschnittlich komplexe Produkte. Das

zeigt dieAuswertungdes „EconomicCom-plexityIndex(ECI)“(sieheKasten),deraufBasis von Außenhandelsdaten berechnetwird.DerECIhateinenMittelwertvonnull.Der durchschnittliche Indexwert aller der Elektroindustrie zuzuordnenden Produkte liegt bei eins. Über 80 Prozent aller Pro-dukte haben einen überdurchschnittlichen Komplexitätsgrad – also einen ECI größernull.

Ein Produkt gilt als komplex, wenn viel Wissen zur seiner Erstellung nötig ist.Die Komplexität wird dabei indirektdurch relative Alleinstellungen auf den Exportmärkten gemessen. Ein Produktgilt daneben als komplex, wenn nur wenige Volkswirtschaften dieses Produkt exportieren – also dieses Produkt nurvon wenigen Volkswirtschaften angebo-ten wird. Um sicherzugehen, dass diese geringe Verfügbarkeit wirklich auf einer hohenKomplexitätdesProduktsbasiert(und nicht etwa auf einem seltenen natür-lichen Vorkommen wie das von Diaman-tenoderÖl),werdendieErgebnissemitderDiversitätderexportierendenLänderdesProduktsgewichtet.Jediversifizierterdas Produktportfolio der exportierenden Länder und je seltener das exportierteGut verfügbar ist, desto komplexer istes. Computertomografen können nurvonwenigenLändernangebotenwerden(z.B. vonDeutschland, JapanoderdenUSA).Weil diese Länder aber viele sol-cherGüterimPortfoliohaben,sindCom-putertomografen ein komplexes Produkt. EinehoheKomplexitätwirktsichpositivaufdieWettbewerbsfähigkeitdesUnter-nehmens aus. Komplexe Produkte sindnur schwer nachzuahmen und häufigmit technologischen Alleinstellungs-merkmalen verbunden. Der Umgang mit einer hohen Produktkomplexität mussbeherrscht werden. Dies fällt wenigerwissensintensiven Unternehmen oftmals schwer.

AuchdieBefragungsergebnisseimRahmendes IW-Zukunftspanels zeigen, dass wis-sensintensiveUnternehmenausdenBerei-chen Industrie und industrienahe Dienst-leistungeninderRegelkomplexeProduktebeiderElektroindustriekaufen.KnappeinViertel schätzt den Komplexitätsgrad sehrhoch ein, weitere 54 Prozent zumindest

10 Diese Funktion als Technologiegeber durch ihre Innovationstätigkeit haben neben der Elektroindustrie noch die Bereiche Metall-bearbeitung und -erzeugung, Chemie/Pharma, EDV/Telekommunikation, Transportgewerbe/Post, Technische/FuE-Dienstleistungen und Unternehmensberatungen/Werbung.

47

als mittel bis hoch. Dies zeigt nochmals die Bedeutung der Elektroindustrie alsWissensimpulsgeber. Durch die Lieferung komplexerKomponentenversetztsieandereBranchenindieLage,denKomplexitätsgradihrer Produkte und damit ihre Wettbewerbs-fähigkeitzuverbessern.

AuchaufgrunddesKomplexitätsgradsistdieElektroindustrie als Innovator und Lieferant von Querschnittstechnologien bedeutend für andere Unternehmen in Deutschland. Dazu zählen Computertechnik und Daten-verarbeitung, elektrische Maschinen und Anlagen, audiovisuelle Technik/Kommuni-kationstechnik, Optik-, Mess-, Steuer- undRegeltechnikunddieMedizintechnik(sieheKapitel 4 undAbbildung 16). Für Kundender Elektroindustrie haben diese Quer-schnittstechnologieneinehoheBedeutung.Das gilt insbesondere für die Kunden ausdemBereichderMetall-undElektroindus-trie. Das zeigen die Befragungsergebnisseim IW-Zukunftspanel (IW Consult 2016),

wobei nur Unternehmen in der Auswer-tungberücksichtigtsind,dieKomponentenaus diesen Technologiefeldern zukaufen.Insgesamt werden den Technologiefeldern„ComputertechnikundDatenverarbeitung“,„Elektrische Maschinen und Anlagen“ sowie „Optik-, Mess-, Steuer- und Regeltechnik“die höchsten Relevanzbewertungen zuge-schrieben(sieheAbbildung21).

Zentrale Rolle in der weltweiten VernetzungDie Elektroindustrie im Zentrum deutscher Patentaktivitäten vernetzt Branchen undTechnologiefelder. Das zeigen auch inter-nationale Patentanalysen11. Dabei werden Mehrfachzuordnung von Patenten zu ver-schiedenen Patentklassen genutzt. Ent-sprechende Analysen (siehe ausführlich IWConsult2016)12fürdenZeitraum1995 bis 2014 zeigen, dass die der Elektroin-dustrie zuordenbaren Technologiefelderüberdurchschnittlich oft und sehr inten-siv mit anderen Technologiefeldern ver-

Quelle:IW-Zukunftspanel(2016)

Abb.21:HoheBedeutungderTechnologien(AuswahlmitFokus aufElektroindustrie)fürdieeigeneWettbewerbsfähigkeit

BewertungderUnternehmenausdemBereichIndustrie(ohneElektroindustrie)undindustrielleDienstleistungen(IW-Zukunftspanel),dieKomponentenzugekaufthaben,diediesenTechnologiefeldernzugeordnetwerdenkönnen.

Umsatzgewichtete Ergebnisse

11 Um die Patentverflechtungen zu analysieren, werden Mehrfachzuordnungen oder Mehrfachanmeldungen von Patenten bezüglich Patentklassen, Erfinder und Nationalitäten genutzt. Mittels Mapping-Tabellen können diese dann einzelnen Technologiefeldern oder Branchen zugeordnet werden. Grundlage ist die Patentdatenbank des Europäischen Patentamts. Die Grundgesamtheit bilden neben Europäischen Patenten auch alle Patente, die nach dem PCT-Verfahren angemeldet wurden („EP/WO Patente“).

12 Studienergebnisse (IW Consult 2015, 2016) zeigen, dass die über Patente messbaren weltweiten Vernetzungen zwischen Ländern, Technologiefeldern und Branchen zunehmen. Die Elektroindustrie spielt dabei eine wichtige Rolle, weil dort überdurchschnittlich viele Patente angemeldet werden, die auch für Anwendungen in anderen Bereichen relevant sind. Neben der Elektroindustrie erreichen nur noch die Patente der Chemie- und Pharmaindustrie eine ähnliche Breitenwirkung. Die Studien zeigen als zweiten wesentlichen Trend, dass internationale Erfinderteams (Patente mit Erfindern aus mehreren Ländern) an Bedeutung gewinnen. Besonders dynamisch wachsen diese Wissensnetze zwischen den USA und China.

Quelle:IW-Zukunftspanel(2016)

80

70

60

50

40

30

20

10

0Computertechnik, Datenverarbetung

Halbleiter-,Mikro- undNanostrukturen

Medizintechnik

n Alle Unternehmen mit Fremdbezug

n M+E-Industrie

Optik,Mess-,Steuer- undRegeltechnik

Elektrische Maschinen und Anlagen

AudiovisuelleTechnik,Kommunikationstechnik

48 49

knüpftsind.HierlaufendieFädenausdenunterschiedlichen Technologiefeldern undBranchen häufig zusammen. AusgeprägteWissensnetzwerke mit dem Kern Elektro-industrie gibt es mit den Technologiefel-dernTransportieren,GesundheitswesenundMaschinenelemente/-einheiten (Abbildung 22).

DieseVerflechtungsanalyse lässt sich auchauf die internationale Ebene übertragen. Dabei zeigt sich, dass die Elektroindustrie überPatentverflechtungenweltweitintensivmit anderen Branchen verbunden ist unddieKernbranchedieserWissensnetzebildet.Besonders intensiv sind die VerbindungenzuanderenBranchenderMetall-undElek-troindustrie und demBereich Chemie undPharma(IWConsult2015;2016).

Abb.22:Top20verknüpfteTechnologienmitder deutschen Elektroindustrie

Quelle:Economica(2016)

DiegelbenKnoteninnenvisualisierendie der Elektroindustrie zugeordneten

Patente,dieblauenKnotenaußendie Anzahl der Patente aus den Top-20-Patentklassenaußerhalb

der Elektroindustrie mit Verbindung zur Elektroindustrie (Patente, die

sowohl einer Patentklasse außerhalb der Elektroindustrie als auch

einer Patentklasse innerhalb der Elektroindustrie zugeordnet werden,

nachAnzahlderkoklassifiziertenPatente).DieKanten(Linien)verdeutlichen die Anzahl der

koklassifiziertenPatentezwischen den einzelnen Patentklassen.

Abb.23:KooperationmitUnternehmenderElektroindustriebeiFuEoder Innovation

Umsatzgewichtete Ergebnisse

Quelle:IW-Zukunftspanel(2016)

Industrie Dienstleister Gesamt

25

20

15

10

5

0

15,2

8,4

22,1

Ante

ile in

Pro

zent

49

Fazit:DieElektroindustrieerhöhtdieWett-bewerbsfähigkeitihresNetzwerksdurchdieEntwicklung komplexer Produkte und fun-giertmitBlickaufPatentealseinwichtigerEnabler.

Kooperationspartner mit zunehmender BedeutungDieBedeutungderElektroindustriealsPart-ner in den Wissensnetzen zeigt sich auch in der Unternehmensbefragung im Rahmendes IW-Zukunftspanels. Mehr als ein Fünf-tel aller Industrieunternehmen gibt hier an, mit Unternehmen der Elektroindustrie bei FuE- oder Innovationsprozessen zu koope-rieren.DamitdürfteeinGroßteilderjenigenUnternehmen, die tatsächliche Forschungund Innovation betreiben, mit Partnern aus der Elektroindustrie zusammenarbeiten. Von den kooperierenden Industrieunterneh-mengeben18Prozentan,inhohemMaßevondieserKooperationzuprofitieren.Wei-tereknapp45Prozentprofitiereninmittle-rem Maße. Die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes wissen um die wichtige Rolleder Elektroindustrie für ihre Wettbewerbs-fähigkeit. Fast keinUnternehmen gibt an,

dass die Elektroindustrie in fünf Jahren an Bedeutungverlierenwird.Vielmehristfastdie Hälfte der Unternehmen davon über-zeugt, dass die Elektroindustrie weiter an Bedeutungzunimmt.

Fazit: Die Analysen zeigen, dass die deut-sche Elektroindustrie in ein vielfältigesSpektrum hineinwirkt und im Zentrum deutscher Patentaktivitäten steht. EbensowirddieentscheidendeRollederElektroin-dustrie als konkreter Innovationsimpulsge-ber für andere Unternehmen deutlich. Fast jedes vierte Unternehmen aus dem indus-triellen Sektor kooperiert mit Unternehmen aus der Elektroindustrie bei Innovations- undForschungstätigkeiten.

Abb.24:BedeutungderElektroindustrieinfünfJahren

Umsatzgewichtete Ergebnisse

Quelle:IW-Zukunftspanel(2016)

Gesamt

n Stark steigen n Etwas steigen nUngefährgleichbleibenn Etwas sinken n Stark sinken

GroßeUnternehmen(ab500Mitarbeiter)

Kleineundmittel- ständischeUnternehmen

(<500Mitarbeiter)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

16,2 29,1 53,2

23,1 31,9 43,6

10,3 26,7 61,5

%

1,2

0,9

1,4

0,3

0,6

50 51

DieAnalyseimvorigenKapitelhatgezeigt,dass der Elektroindustrie unabhängig vonder Digitalisierung traditionell eine wich-tige Rolle in den Produktions- und Wis-sensnetzen zukommt. Aufbauend auf die-sem Fundament wird in diesem Abschnitt dargelegt, dass die Elektroindustrie diese Enabler-Funktion in besonderer Weise für die Digitalisierung der gesamten Wirtschaft hatundausübt.DieseTreiberrollezeigtsichdarin, dass einerseits die Strategien bei den Unternehmen der Elektroindustrie bereits heute stärker auf die Digitalisierung aus-gerichtetsindundandererseitsdieBranchefür die Digitalisierung wichtige Schlüssel-technologien bereitstellt.

5.1 Digitale Aktivitäten in Kernmärkten der Elektroindustrie

5.1.1 DigitalisierungsstrategienDie Formulierung einer Digitalisierungs-strategie ist ein starkes Indiz dafür, wie ernst die digitale Transformation für dieWettbewerbsfähigkeit des eigenen Unter-nehmens bewertet wird und wie tiefgreifend dieTransformationEinzug indas jeweiligeUnternehmen erhalten soll.

Die empirische Erhebung verdeutlicht die hohe Bedeutung der Digitalisierung, zeigtaber gleichzeitig dieNotwendigkeit weite-rer Anstrengungen:•Ein Drittel der Elektroindustrie richtet

ihre Strategie im hohen Maße auf die digitale Transformation aus.Weitere gutzwei Fünftel tun dies zumindest im mitt-lerenAusmaß.FürnureinekleineGruppevon rund vier Prozent der Unternehmen spielt die Digitalisierung in der Strategie keineRolle.

•IndengrößerenUnternehmen(mehrals500 Beschäftigte) ist die Digitalisierungfür die strategische Ausrichtung deutlich wichtiger. 45 Prozent messen ihr einehohe und weitere 45 Prozent immerhineinemittlereBedeutungzu.Esgibtmit-hin kaum große Unternehmen, die ihre Strategie nicht auf die Digitalisierung ausrichten.

•Die Strategie ist in der Elektroindustrie deutlich stärker auf die Digitalisierungausgerichtet als in anderen Bereichender Wirtschaft (Industrie und industrie-nahe Dienstleister in Abgrenzung des IW-Zukunftspanels). ImDurchschnitt richtendort nur 21 Prozent der Unternehmenihre Strategie im hohen Maße auf die Digitalisierung aus.Das sind rund zwölfProzentpunkte weniger als in der Elekt-roindustrie. Besonders ausgeprägt sinddieUnterschiede (22Prozentpunkte)bei größerenUnternehmen.

5. ENABLER-FuNKtION DER ELEKtROINDuStRIE FüR DIE DIgItALISIERuNg

51

Es bestehen in der Elektroindustrie nicht nur Unterschiede zwischen den Unterneh-mensgrößen, sondern auch zwischen denProduktprogrammen. Die Unternehmen der Elektroindustriewurden inderZVEI-Befra-gung gebeten, ihr Kernprodukt danach zuklassifizieren, ob es sich (eher) um eineCommodity oder (eher) um ein komple-xes Produkt mit Alleinstellungsmerkmalen handelt.Etwa40ProzentderUnternehmenbieteneinalsCommoditycharakterisiertesKernproduktan,60ProzenteinkomplexesProdukt.DieUnternehmenmiteinem(eher)komplexen Produktportfolio richten ihre StrategiestärkeraufdieDigitalisierungausals die Vergleichsgruppe mit einem eher einfacheren Produktportfolio (Tabelle 14).

Dieser Befund gilt unabhängig von derUnternehmensgröße.

Sowohl Unternehmen mit einem komple-xen Produktprogramm als auch Marktführer richten ihre Unternehmensstrategie deut-lichstärkeraufdiedigitaleTransformationausalsdiejeweiligenGegengruppen.

Fazit: Die Digitalisierung spielt bei fast drei Vierteln der Unternehmen der Elektroin-dustrieeinewesentlicheRolle.Dasistdeut-lich mehr als im Durchschnitt der anderen Branchen.DreiTreiberwurdenidentifiziert:große Unternehmen, Unternehmen mit einem eher komplexen Produktprogramm und Unternehmen, die sich als Marktführer

Tab.13:AusrichtungderUnternehmensstrategieaufdigitaleTransformation

Elektroindustrie Andere Branchen1)

Anteile in Prozent KMU2) Große3) Gesamt KMU Große Gesamt

In hohem Maße 19,7 44,9 33,1 20,5 22,2 21,3

In mittlerem Maße 37,7 44,9 41,5 33,5 44,5 38,6

In geringem Maße 36,1 8,7 21,5 34,1 30,5 32,4

gar nicht 6,6 1,4 3,8 12,0 2,8 7,7

gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,01)IndustrieundindustrienaheDienstleistungenausdemIW-Zukunftspanel;2)Unternehmenmitbiszu500Beschäftigten;3)Mehrals500Beschäftigte;umsatzgewichteteErgebnisse

Quelle:ZVEI-Befragung(2016),IW-Zukunftspanel(2016)

52 53

sehen. Umgekehrt muss aber auch festge-halten werden, dass etwa zwei Fünftel der kleineren Unternehmen der Elektroindus-trie die Digitalisierung für strategisch noch nicht für bedeutsam halten. Es ist aber offen, ob sich diese Unternehmen eher als Verweigerer oder eher als Nachzüglereinstufen. Hier sind Politik und Verbändemit Aufklärungsarbeit und Hilfsangebotengefordert.

Auswirkung der Digitalisierung auf die WettbewerbsfähigkeitDie Unternehmen der Elektroindustrie sehen inderDigitalisierungdeutlichmehrChan-cenalsRisiken.DreiViertelderUnterneh-menerwarten indennächstenfünfJahreneine Steigerung ihrer Wettbewerbsfähig-keitdurchdieDigitalisierung(Tabelle15). Weniger als fünf Prozent der Branchebewerten die Auswirkungen negativ. Das ist einsehrklarerBefunddafür,dassdieDigi-talisierung für die Elektroindustrie mehr-heitlichChancenbietet.

Diese positive Einstellung ist in der Elektro-industriedeutlichstärkerausgeprägtalsindenuntersuchtenanderenBranchen.Knapp60 Prozent der Unternehmen außerhalb der Elektroindustrie bewerten im Rahmen desIW-Zukunftspanels die Wirkungen der Digi-talisierung auf ihre Wettbewerbsfähigkeitals sehr positiv oder positiv – und damitfast 13 Prozentpunkte weniger als in derElektroindustrie. Überdurchschnittlich stark ausgeprägt sind die Unterschiede in derGruppedergrößerenUnternehmen.

Ein tieferer Blick in die Elektroindustriezeigt deutliche Unterschiede zwischen ein-zelnen Segmenten (Abbildung 25). Opti-mistischer sind•große Unternehmen,•Unternehmen mit einem eher komplexen

Produktprogramm und•Marktführer.

Tab.14:AusrichtungderUnternehmensstrategieaufdiedigitaleTransformationnachderKomplexitätdesProduktprogrammsundMarktführerschaft

Komplexität des Produktprogramms1) Marktführerschaft1)

Anteile in Prozent Hoch Niedrig Ja Nein

In hohem Maße 43,6 14,3 44,4 22,2

In mittlerem Maße 38,5 54,8 39,7 46,3

In geringem Maße 16,7 23,8 12,7 25,9

gar nicht 1,3 7,1 3,2 5,6

gesamt 100,0 100,0 100,0 100,01)EinordnungenaufBasisderSelbsteinschätzungenderUnternehmen,umsatzgewichteteErgebnisseQuelle:ZVEI-Befragung(2016)

Tab.15:AuswirkungderDigitalisierungaufdieWettbewerbsfähigkeit in fünf Jahren

Elektroindustrie Andere Branchen1)

Anteile in Prozent KMU2) Große3) Gesamt KMU Große Gesamt

(Sehr) positiv 59,0 84,1 72,3 51,2 69,1 59,5

Neutral 32,8 14,5 23,1 46,3 28,0 37,9

(Sehr) negativ 8,2 1,4 4,6 2,5 2,8 2,7

gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,01)IndustrieundindustrienaheDienstleistungenausdemIW-Zukunftspanel;2)Unternehmenmitbiszu500Beschäftigten;3)Mehrals500Beschäftigte;umsatzgewichteteErgebnisse

Quelle:ZVEI-Befragung(2016),IW-Zukunftspanel(2016)

53

Fazit: Die Elektroindustrie schätzt in derMehrheit die Auswirkungen der Digita-lisierung auf ihre Wettbewerbsfähigkeitpositiver ein als der Rest der Wirtschaft.Die Elektroindustrieunternehmen werden dementsprechend die Digitalisierung wei-ter treiben,um ihrePotenzialevollständigentfalten zu können. Damit kommt derElektroindustrie eine Vorreiterrolle zu. Vor-reiter der Digitalisierung sind große Unter-nehmen mit komplexem Produktportfolio und Marktführerschaft. Die anderen Unter-nehmen gilt es auf dem Weg zur digitalen Transformationmitzunehmen.

Auch bei einem Blick auf die Ziele zeigtsich, dass die Unternehmen der Elektroin-dustrie in der Digitalisierung deutlich mehr Chancen als Risiken sehen. Die Unterneh-men wollen durch die Digitalisierung eine höhere Flexibilität erreichen, neueMärkteerschließen,dieProduktivitätsteigernunddieMarktdurchdringungerhöhen:•MehralsvierFünftelderBefragtenseheninsbesondere inderErhöhungderFlexi-bilitätgroßeoderehergroßeChancen.

•BeidendreiZielenNeueMärkte,Produk-tivität steigern undMarktdurchdringungerhöhenliegendieseAnteilezwischen62Prozent und 75 Prozent.

•Die zwei Ziele ErreichunghöhererWert-schöpfungsanteileundinsbesondereVer-besserungderProfitabilitätwerdendeut-lich zurückhaltender beurteilt.

•Auffällig ist auch, dass die größerenUnternehmen in allen Zielkategorien deutlichmehrChancenalsdiekleinerensehen.Mehrals90ProzentallergrößerenUnternehmen erwarten große oder eher großeChancenbeidemThemaFlexibili-tät;imSegmentderkleinerenUnterneh-

men liegt dieser Anteil bei 64 Prozent.Ähnlich groß sind die Unterschiede bei den ZielenNeueMärkte (83 zu 67 Pro-zent), Produktivität (84 zu 64 Prozent)und Marktdurchdringung (70 zu 53 Pro-zent).

•Unternehmen mit komplexen Produkt-portfolios sehen mehr Chancen in derErreichung dieser Ziele durch die Digita-lisierung.

Fazit: Die Elektroindustrie sieht die Digita-lisierung als große Chance und verknüpftdamit konkrete Ziele zur Steigerung ihrer

Wettbewerbsfähigkeit.DieKMUsindetwasskeptischer. InsbesondereandieseGruppesollten sich Informationskampagnen und Initiativen zur Verbesserung der Rahmen-bedingungen richten.

Dass die Elektroindustrie einen wichtigen BeitragzurDigitalisierungderGesamtwirt-schaft leistet, zeigt sich auch in der Ein-schätzung, welche Rolle Elektronik für dieDigitalisierungsstrategiederKundenspielt.

Ein Viertel der Unternehmen trägt ihrenEinschätzungennachinhohemMaßedazubei, dass ihre Kunden in ihrer Digitalisie-rungsstrategie fortschreiten können. Nur14 Prozent der Elektroindustrie gibt an,dass ihre Produkte und Dienstleistungen gar nicht zur Digitalisierungsstrategie ihrer Kundenbeitragen.MitBlickaufdiebreiteBranchenabgrenzungderElektroindustrie– worunter auch beispielsweise Haushalts-oder Schweißgeräte fallen – ist die Ein-schätzungsehrpositivzubewerten.

Abb. 25: Unternehmenstypen, die eine positive Wirkung der Digitali-sierungaufihreWettbewerbsfähigkeiterwarten

AngabeninProzent;WirkungindennächstenfünfJahren;umsatzgewichteteErgebnisseQuelle:ZVEI-Befragung(2016)

unternehmensgröße klein 59,0 % groß 84,1 %

Marktführerschaft nein 67,3% ja 76,9 %

eher gering 54,8 % eher hoch 82,5 %Komplexität des Produktprogramms

54 55

Es gibt dabei große Unterschiede zwi-schen Unternehmensgrößenklassen undden Unternehmen der Elektroindustrie, die in der Digitalisierung einen hohen oder niedrigerenEinflussauf ihreWettbewerbs-fähigkeit sehen. Die KMU bewerten ihreBeiträge zurDigitalisierungsstrategie ihrerKunden deutlich zurückhaltender als diegrößeren Unternehmen. Nur 18 ProzentderKMUgebeninderZVEI-Befragungan,im hohen Maße zur Digitalisierungsstra-tegie ihrer Kunden beizutragen – bei dengroßen Unternehmen ist es immerhin ein Drittel (Tabelle17).Nochdeutlicher fallendie Unterschiede zwischen den Unterneh-men der Elektroindustrie aus, die der Digi-talisierung eine eher hohe oder niedrige Bedeutung für ihre Wettbewerbsfähigkeitzumessen.GuteinDrittelderUnternehmendererstenGruppeglaubt,dassesimhohenMaßeinenBeitragzurDigitalisierungihrerKunden leistet – in der zweiten Gruppenliegt dieser Anteil nur bei knapp sechs Pro-zent(s.Tabelle17).

AuchdieKundenderElektroindustrieseheneine zunehmende Bedeutung der Branchefür ihr Geschäftsmodell. Vor allem digitalaffineUnternehmenerwarten,dasselektri-scheProdukteindennächstenfünfJahrenweiter an Bedeutung gewinnen werden.13 Dies zeigen aktuelle Ergebnisse des IW-Zukunftspanels.RunddieHälftederdigitalaffinen Unternehmenmisst der Elektronik–unddamitderElektroindustrie– indennächstenfünfJahreneinesteigendeBedeu-tung bei. In der Vergleichsgruppe der weni-gerdigitalaffinenUnternehmen liegtdie-ser Anteil bei nur einem Drittel (Abbildung 26). Diese Unterschiede zeigen deutlich,dass die Elektroindustrie besonders für die Unternehmen, die die Digitalisierung trei-ben werden, ein zunehmende Bedeutungals Lieferant gewinnt.

Fazit: Fast 60 Prozent der Elektroindustrie tragen in hohem oder mittlerem Maß zur Digitalisierungsstrategie ihrer Kundenbei.Damit istdieBranche Impulsgeber fürdieGesamtwirtschaft.GleichwohlisteineHete-

Tab.16:BeurteilungderChancenderDigitalisierung

Groß Eher groß Eher gering Gering Garnicht

Flexibilität 27,9 55,0 9,3 4,7 3,1

NeueMärkte 23,8 51,5 16,2 5,4 3,1

Produktivität 26,2 48,5 17,7 3,8 3,8

Marktdurchdringung 11,9 50,0 25,4 7,9 4,8

Profitabilität 11,6 40,3 33,3 7,8 7,0

HöhererWertschöpfungsanteil 11,7 36,7 33,6 12,5 5,5

ZVEI-Befragung2016;AngabeninProzent,umsatzgewichteteErgebnisse

Quelle:ZVEI-Befragung(2016)

Tab.17:BeitragderElektroindustriezurDigitalisierungsstrategie derKunden

unternehmensgröße

Einfluss der Digitalisierung auf die eigene

Wettbewerbsfähigkeit

Anteile in Prozent KMU1) Große2) Gesamt Ja Nein

In hohem Maße 18,0 33,3 26,2 34,4 5,7

In mittlerem Maße 32,8 31,9 32,3 34,4 28,6

In geringem Maße 26,2 29,0 27,7 21,5 42,9

gar nicht 23,0 5,8 13,8 9,7 22,9

gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,01)Unternehmenmitbiszu500Beschäftigten;2)Mehrals500Beschäftigte;umsatzgewichteteErgebnisseQuelle:ZVEI-Befragung(2016)

13 Digital affine Unternehmen haben ihre Strategie in hohem oder mittlerem Maße auf Digitalisierung ausgerichtet oder geben an, dass sich die Digitalisierung (sehr) positiv auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.

55

rogenitätinnerhalbderBranchefestzustel-len. Weniger stark ist das beispielsweise bei denKMU ausgeprägt. Der Elektroindustriewird aber auch aus Sicht ihrer Kunden inden nächsten fünf Jahren eine steigendeBedeutungzugemessen.Dasgiltinsbeson-derefürdigitalaffineUnternehmen.

5.1.2 Digitale Produkte und Dienstleistungen Digitale Produkte und Dienstleistungen spielen für viele Unternehmen der Elek-troindustrieeinewichtigeRolle–erstensinder eigenen Verwendung zur Optimierungder Prozesse, zweitens aber auch als neuer Markt für digitale Produkte und Dienstleis-tungen:•Rund zwei Drittel der Elektroindustrienutzen Smart Products – also digitalveredelte und vernetzte Produkte – und

Smart-Integration-Koponenten–System-integrationskomponenten für vernetzte Systeme – zur Prozessoptimierung imeigenenUnternehmen;

•55ProzentnutzenSmartServices–bei-spielsweise datengetriebene Services wie vorbeugende Instandhaltungen (Predic-tiveMaintenance)–und

•86ProzentnutzenSmartProcesses–u.a.über den Einsatz von Manufacturing Exe-cution Systems (MES) und Machine-to-Machine-Communication.

DassdieIndustrie4.0Readinessinsgesamterst relativamAnfangsteht (sieheKapitel2.2), liegt an dem noch zurückhaltendenEinsatz digitaler Produktionstechnologien und ihrer Vernetzung.

Abb. 27: Digitale Produkte und Dienst-leistungenderElektroindustrie–AnwenderEigeneNutzungvondigitalenProduktenundDienstleistungenzur ProzessoptimierungAnteile in Prozent

Quelle:ZVEI-Befragung(2016)

Smart Products

– Bis499MA– Ab 500 MA– HoherEinflussderDigitalisierungaufeigeneWettbewerbsfähigkeit– GeringerEinflussderDigitalisierungaufeigeneWettbewerbsfähigkeit

Smart Processes

Smart Integration 0

20202020

404040

606060

8080

100100

Smart Services

Abb.26:VeränderungderBedeutungvonElektronikbis2021

Anteile in Prozent Quelle:IW-Zukunftspanel(2016)

Abb. 28: Digitale Produkte und Dienst-leistungenderElektroindustrie–AnbieterVerkauf von digitalen Produkten und DienstleistungenAnteile in Prozent

Quelle:ZVEI-Befragung(2016)

020202020

4040404040

6060

8080

100100

Smart Products

– Bis499MA– Ab 500 MA– HoherEinflussderDigitalisierungaufeigeneWettbewerbsfähigkeit– GeringerEinflussderDigitalisierungaufeigeneWettbewerbsfähigkeit

Smart Processes

Smart Integration

Smart Services

n Stark steigen n Etwas steigen nUngefährgleichbleibenn Etwas sinken n Stark sinken

HoheDigitalisierungsaffinität

GeringeDigitalisierungsaffinität

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 %

19,5 30,9 47,8

7,7 24,4 67,1

56 57

Auch hier zeigt sich der durchgängigeBefund,dassdieGroßunternehmenunddiedigital affinen Unternehmen sich stärkermitdigitalenProduktenundKomponentenauseinandersetzen als kleine und weniger digitalaffineUnternehmen.

DieeigeneNutzungistdeutlichausgepräg-teralsderVerkaufdieserKomponenten.Gutein Drittel der Unternehmen der Elektroin-dustriebietetKomponentenundDienstleis-tungen in den Bereichen Smart Services,Smart Processes und Smart Integration an. Immerhin drei Viertel der Unternehmen haben Smart Products in ihrem Portfolio.

DieserRückstandbeimAngebotvonSmartServiceshatzweiGründe:•Die Elektroindustrie ist relativ produkt-

bezogen und ist damit am ehesten im BereichSmartProductsaktiv.

•Industrie 4.0 steht noch am Anfang.Erste Pilotinitiativen und Tests im eige-nen Unternehmen werden zwar durchaus schon von einigen Unternehmen durch-geführt.DieGeschäftsmodelle beispiels-weise für Smart Services müssen indes oft erst noch erarbeitet oder verfeinert werden.

Die Elektroindustrie hat als Aufgabe, sich inZukunftauchstärkermitSmartProcessesund Smart Services auseinanderzusetzen. DieAuflösungderBranchengrenzenbedeu-tet nicht nur eine intensivere Konkurrenz-situation, sondern auch Chancen, sich inanderenMärktendurchhybrideWertschöp-fung zu etablieren.

GenaudiesenTrendzueinembreiterenPort-folio mit digital veredelten Produkten und

Dienstleistungen sehen die Unternehmen schon heute. In der konkreten Übersetzung in die Vier-Felder-Betrachtung zeigt sichdie Erwartung eines starken Wachstums in allenvierBereichen.ImVergleichzuheutewerden die digital veredelten Produkte und Dienstleistungen ihren Umsatzanteil um fast 25Prozentpunkteerhöhen(vgl.Tabelle18mitTabelle1aufSeite14).DieUnternehmen gehen davon aus, dass sie nach 2020 fast die HälfteihrerUmsätzedamiterzielenwerden. Fazit: Die Umsatzanteile digital veredelter Produkte und Dienstleistungen werden in dennächsten Jahren zulegen.Die Elektro-industrie spielt hierbei eine entscheidende Rolle.

5.2 Schlüsseltechnologie-Patente und computerimplementierte ErfindungenWiewirbereitsbetonthaben,werdenTech-nologien in Zukunft nicht allein über die WettbewerbsfähigkeitunddieInnovations-leistung von Volkswirtschaften entscheiden, sondern es werden immer stärker neueGeschäftsmodelle und Dienstleistungen inVerbindungmit technischenLösungendenAusschlag geben. Dennoch ist für die Digi-talisierung und den digitalen Wandel eine ganze Reihe an Schlüsseltechnologien vonwesentlicherBedeutung.DiemeistendieserSchlüsseltechnologien haben ihren Ursprung in der Elektroindustrie. Wie Abbildung 29 zeigt, stammen bei mobilen und digita-len Kommunikationstechnologien eben- so wie bei Bildgebung 70 bis 80 Prozentaller Patente deutscher Unternehmen aus der Elektroindustrie. Mikro- und Nano-elektronik, Halbleiter, Leistungselektronik

Tab.18:UmsätzemitdigitalenProduktenundDienstleistungeninfünfJahren

Elektroindustrie

KMu1) große2) gesamt

Smart Products 19,1 33,5 26,4

Smart Processes 4,4 4,0 4,2

Smart Integration 5,4 6,6 6,0

Smart Services 3,2 7,6 5,5

Konventionelle Angebote 67,9 48,2 57,91)Unternehmenmitbiszu500Beschäftigten;2)Mehrals500Beschäftigte;umsatzgewichteteErgebnisseQuelle:ZVEI-Befragung(2016)

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ebenso wie Navigationstechnologien undindustrielleAnwendungen–hiersindSen-soren, Aktoren und auch Maschinensteu-erungen enthalten – und schließlich auch„Selective Content“ werden zu deutlichmehralsderHälfte vonUnternehmenderElektroindustrie angemeldet. Selbst Tech-nologien der IT-Sicherheit und der Near-field-Kommunikation(inkl.RFID)stammenzu über einem Drittel aus der Branche.Angewendet werden diese Technologienim Maschinenbau, im Fahrzeugbau, in der Elektroindustrie selbst, aber auch in zahl-reichen anderen digitalisierten und sich digitalisierenden Wirtschaftszweigen in Deutschland und der Welt.

Nebenden indenPatentstatistikenerfass-ten Schlüsseltechnologien sind es auch die Softwarekompetenzen und die darin enthal-tenen Algorithmen und Lösungen, die fürden Erfolg einer digitalen Wirtschaft ent-scheidend sein werden und wodurch maß-gebliche Teile der Wertschöpfung bereitsheute und in Zukunft generiert werden.

Statistiken zu Software, insbesondere zu kundenorientierter und spezifischer Soft-ware, liegen leider nicht vor. Ähnlich wie beiBüchernwirdbeiSoftwarelediglichdasVerlegen statistisch erfasst, wodurch in ers-terLiniedieaufgroßeKonsumentenmärkteabzielenden Softwarepakete und Betriebs-systeme Gewicht haben. Die für Deutsch-land aber wesentlich relevantere Software für Maschinensteuerungen, Roboter oderauch kundenspezifische Softwarelösungenwerden hier nicht erfasst. Noch wenigererfassbar sind Big-Data-SoftwarelösungenunddieAuswertungundNutzungderDatenin neuen – häufig software- oder app-basierten–Geschäftsmodellen.

In Deutschland und Europa (und den meis-tenanderenLändern)istesimUnterschiedzudenUSAnichtmöglich,Software(ansich)zum Patent anzumelden. Für Software gilt hierzulande das Urheberrecht (Copyright).Allerdings kann Software gemeinsam mit der zugehörigen Hardware – man sprichtdannvonsogenannterEmbeddedSoftware–

Abb.29:AnteilderElektroindustrieandenPatenten*deutscherAn-melder in Schlüsseltechnologien der Digitalisierung

Quelle:EPA–PATSTAT;BvD–ORBIS;BerechnungenundDarstellungdesFraunhoferISI

MobileKommunikation

DigitaleKommunikation

Bildgebung

Industrielle Anwendung

GNSS**

Halbleiter,Leistungselektronik

Sonstige Elektronik

Mikro,Nano

SelectiveContent(SCD)

IT-Sicherheit

RFID/NFC**

AlleTechnologien

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 %

* VerwendetwerdenPatentfamilienmitmindestenseinerEPA-oderPCT-AnmeldungderPrioritätsjahre2011–2013;eswerdennurPatentanmeldermitInformationenzumWirtschaftszweigverwendet.

** (RFID)RadioFrequencyIdentifikation,(NFC)NearFieldCommunication, (GNSS)GlobalNavigationSatelliteSystem

58 59

zum Patent angemeldet werden, sofern ein technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst wird. Auch softwarebasierteVerfahren, wie etwa dieMP3-Kompressionder Fraunhofer Gesellschaft (und andererAnmelder), könnenunter diesenVorgabenzum Patent angemeldet werden. Diese bei-den Gruppen bilden dann gemeinsam diecomputerimplementierten Erfindungen.EinenempirischenAnsatzzurIdentifikationhabenFrietschetal.(2015)vorgeschlagenund erfolgreich implementiert. Dieses Ver-

fahren wird auch hier angewendet, um den Beitrag und die Bedeutung der Elektroin-dustrie zur Softwareentwicklung in Deutsch-land zu erfassen.

In einemaktuellenPapier imRahmendes„InnovationsdialogszwischenBundesregie-rung, Wirtschaft und Wissenschaft“ kommen Unternehmensexperten zu dem Schluss, dassDeutschland insbesondere Schwächenim Business-to-Consumer-Bereich (B2C),bei Betriebssystemen und den digitalenGeschäftsmodellen(inklusivePlattformtech- nologien)hat.Umgekehrtmerkensieaberan: „Im Bereich Software liegen die Stär-ken Deutschlands bei eingebetteten Sys-temen, Unternehmenssoftware, Big DataAnalytics und semantischen Technologien…“(Denneretal.2015),oderganzallge-mein formuliert in den Business-to-Busi-

ness-Anwendungen(B2B).AuchFrietschetal. (2015) kommen zu dem Schluss, dasscomputerimplementierte Erfindungen indenklassischendeutschenStärkenElektro-industrie, Maschinenbau und Fahrzeugbau im internationalen Vergleich eine über-durchschnittlicheVerbreitungfinden.Aller-dings belegen die an dieser Stelle durchge-führten Untersuchungen, dass Deutschland als Ganzes bei computerimplementiertenErfindungen noch deutlich Nachholbedarfgegenüberder internationalenKonkurrenz

hat. Im Vergleich mit zwölf ausgewähltenInnovationsnationen liegt Deutschland mit einem Anteil von 17,2 Prozent auf demvorletztenPlatzundlässtnurItalienhintersich. Zum Teil mag dies durch die hohenPatentzahlen indenBereichenMaschinen-bau und Chemie/Pharma begründet sein,ebenso wie durch die geringe Ausrichtung auf Konsumelektronik und Mobiltelefone(B2C). Allerdings vermag dies nicht denganzen Abstand zu erklären. Hier gibt esdringendenHandlungsbedarfbeiUnterneh-men und der Wissenschaft.

Die hier vorliegenden Zahlen belegen aber, dass die Elektroindustrie deutlich überdurchschnittlich zu den computer-implementierten Erfindungenbeiträgt undhier mit ca. 60 Prozent (siehe Abbildung 30)sogarnochhöhereAnteilealsbeiallen

Quelle:EPA–PATSTAT;BvD–ORBIS;BerechnungenundDarstellungdesFraunhoferISI

Abbildung 30: Anteile der Elektroindustrie an allen computerimplementiertenErfindungeneinesLandes,2011–2013

90 %

80 %

70 %

60 %

50 %

40%

30 %

20 %

10%

0CN FI KR SE DE JP CA Welt US FR IT GB NL

*VerwendetwerdenPatentfamilienmitmindestenseinerEPA-oderPCT-AnmeldungderPrioritätsjahre

2011–2013;eswerdennurPatentanmeldermitInformationenzumWirtschaftszweigverwendet.

59

Patentenerreicht (dortsindesca.40Pro-zent;sieheAbschnitt3.1).Diesunterstreichtdie Vorreiterrolle bei der Digitalisierung unddenQuerschnitts-undEnabler-Charak-terderTechnologienderElektroindustrie.

5.3 Fokusthema: Maschinell erzeugte DatenDie erfolgreiche Umsetzung datengetriebe-nerGeschäftsmodelleistfürdieZukunftderUnternehmen der Elektroindustrie von gro-ßerBedeutung.DieMaschinenundKompo-nenten,diedieUnternehmenderBrancheproduzieren, erzeugen bereits heute eine VielzahlvonDaten(z.B.überdenBetriebs-zustand, den Produktionsdurchlauf oder den Verschleiß derMaschinen) und sie benöti-genselbstentsprechendenDateninput(z.B.zur Parametrierung, zu einzelnen Arbeits-schritten oder zum Abgleich des Durchlaufs mit Daten aus der Produktionssteuerung),um in der vernetzten Produktion effizienteingesetzt zu werden. Die systematische Auswertung und intelligente Verknüpfung maschinell erzeugter Daten ermöglichtdabei eine Reihe neuer Geschäftsmodelle.Und obwohl es inzwischen eine Reihe vonStudien und Projekten gibt, die die Potenzi-aledatengetriebenerGeschäftsmodelleauf-zeigen(vgl.z.B.IWConsultundvbw2015oder das BMBF-Projekt BigDieMo, http://bigdiemo.ksri.kit.edu/), werden die neuenMöglichkeitenheutenocherstvonwenigenUnternehmen wahrgenommen.

Die geringe Aufmerksamkeit, die datenge-triebene Geschäftsmodelle derzeit in derbetrieblichen Praxis erfahren, steht in kras-sem Gegensatz zur künftigen Bedeutungneuer, intelligenter Services. Bei Expertenund Marktbeobachtern ist unumstritten, dassdieFähigkeitderUnternehmen,Dateninnovationsfördernd einzusetzen, künftigvon überragender Bedeutung sein wird.Unter der Überschrift „Software schlägtHardware“ werden fundamentaleVerände-rungen im Produktionsumfeld vorausgesagt und es wird erwartet, dass in Zukunft eine Differenzierung am Markt nur noch über Dienstleistungen und spezialisierte Dienste möglich ist (siehe z. B. Zillmann und Lit2016).

FürdieGeräteherstellerheißtdies,dasssieihren Maschinendaten künftig besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen soll-

ten. Denn datenbasierte Geschäftsmodellekönnen auch von externen Experten, vonPlattformbetreibern oder Wettbewerbern umgesetzt werden, sobald sie Zugriff auf die entsprechenden Daten haben.

Im Folgenden wird anhand von Beispie-len illustriert, was unter datengetriebe-nen Geschäftsmodellen verstanden wird.Abschließend wird die Frage behandelt, welcher Regulierungsbedarf sich aus derneuen Entwicklung ergibt.

Produktbegleitende Services können alsVorstufezudatengetriebenenGeschäftsmo-dellen betrachtet werden. Produktbeglei-tende Services sind in der Branche nichtsNeues, sie sindseit JahreneingeführtundGrundlagefürdenErfolgdeutscherUnter-nehmen im weltweiten Wettbewerb.

Sohatz.B.ABBbereitsseit2007mitdem„Remote Service für Roboter“ ein klassi-sches Produkt-Service-System im Angebot, das die produziertenRoboter amStandortdesKundenüberwachtundoptimiert.Dazuwerden die Signale der RobotersteuerungausgelesenundvomProduktionsortanABBgeschickt.ABBkannausdenübertragenenDaten Vorhersagen treffen und melden, wann der Verschleiß einzelner Bauteile zuFehlern in der Produktion führen wird. Die Motorleistung oder das Spiel in den Achsen sind beispielhafte Indikatoren. Für dieses „Conditionmonitoring“werdeninregelmä-ßigen IntervallenDatenvondenRoboternzuABBübertragen.DieKundenkönnensichin das ABB-Internetportal einwählen unddieDatenihrerRoboterabrufen.ImPortalsehensie,wievieleRoboterohneEinschrän-kungen arbeiten und bei welchen bald mit Wartungsmaßnahmen zu rechnen ist. ABBbietet seinen Kunden an, die Monitoring-Daten selbst zu überwachen oder dies von einem ABB-Expertenteam durchführen zulassen. Im Servicevertrag können unter-schiedlicheReaktionszeitenfestgelegtwer-den, sodass die Überwachung und Meldung von kritischen Ereignissen den Produktions-bedingungen angepasst werden kann.

DieDatenermöglichenaberauchAussagendarüber, wie die Roboterflotte effizientereingesetzt werden kann. Weil heute gene-rell mehr Daten vorhanden sind, ist das Wissen über die Zusammenhänge breitergeworden. Entsprechend können differen-

60 61

zierte Maßnahmen abgeleitet werden, um denEinsatzderRoboterzuoptimieren.

Ein weiteres Beispiel für datenbasierteZusatzservices für Geräte ist der vernetzteAkkuschrauber „Nexo“ vonBosch Rexroth.Hierbei handelt es sich um eine Lösung,mit der Hersteller, insbesondere in derLuftfahrt, ihren Montageprozess daten-basiert effizienter und sicherer gestaltenkönnen, indem sie die Montageanwei-sungperWLANdirektausdemEnterprise-Resource-Planning-System (ERP) weiterge-ben, sodass der Akkuschrauber genau das richtige Drehmoment verwendet. Da in der Flugzeugmontage sehr viele Schrauben mit unterschiedlichem Drehmoment sicher ver-schraubt werden müssen und darüber hin-ausumfangreicheDokumentationspflichtenbestehen, kann der vernetzte Akkuschrau-ber die Produktion erheblich beschleuni-gen. Dazu ist jedoch das Zusammenspiel unterschiedlicher Komponenten notwendig(Vernetzung, Positionsbestimmung, Daten-generierung, Anwendungsprogrammierung, usw.,sieheBosch2015).

In Zukunft könnte der Flugzeugherstelleraber nicht mehr nur daran interessiert sein, Schrauben und Akkuschrauber zu kaufen und diese intelligent zu vernetzen. Viel-mehrkönnteerz.B.diekompletteDienst-leistung„VerschraubungderFlügelflächen“

beauftragen. Erst in diesem Fall, d. h. nach AblösungdeshardwarebasiertenGeschäfts-modells durch eine komplexe Dienstleis-tung, würde man im engen Sinne von einem datenbasierten Geschäftsmodell sprechen.DabeiwürdedieeigentlicheMontagetätig-keit von einem Unterauftragnehmer aus-geführtwerden.DerAnbieterderGesamt-dienstleistung würde diese Arbeiten aus der Ferne überwachen und aus den gesam-meltenDaten z.B.Hinweise aufmöglicheQualitätsprobleme geben oder optimierteVerschraubungsstrategien vorschlagen.

DieseNotwendigkeit – sich von derHard-ware zu lösen und konsequent auf inte-grierte, datenbasierte Services zu setzen – ist nach Experteneinschätzungen einederderzeitgrößtenHerausforderungenderBranche. Eine erfolgversprechende Strate-gieistesdabei,gemischteTeamsmitIT-undIngenieurexpertise zusammenzustellen und dieseTeamsabseitsdesTagesgeschäftsmitderKonzipierungdatenbasierterModellezubeauftragen. Dabei sollte es nach Experten-meinung weniger darum gehen, die vorhan-denenoderzugänglichenDatenzunutzen,sondern vielmehr darum, den Kundennut-zenkonsequentindenVordergrundzustel-len und erst danach zu fragen, welche Daten für die neue Dienstleistung notwendig und verfügbar sind.

61

Ein Projekt, das aus einer solchen Heran-gehensweise entstanden ist, ist das Com-munity-based-Parking-Projekt von Bosch.Hierbei handelt es sich um ein Beispielaus dem Verkehrsbereich: Die Sensoren von Fahrzeugen für die Einparkhilfe liefern kontinuierlich Daten, solange eine gewisse Geschwindigkeit nicht überschritten wird.Dies bedeutet, dass auch kontinuierlich Parklücken erfasst werden. Wenn diese Daten mit Kartendaten korreliert werden,erhältman Informationenüber freiePark-plätze.AllerdingsisteinsolchesSystemfürdieKundennurdannattraktiv,wennSen-sordaten vonmöglichst vielen Fahrzeugenausgewertet werden, d. h., wenn nicht nur ein Hersteller an diesem Service beteiligtist,sondernmöglichstviele.

Hierstellensich–ganzähnlichwieindenanderendargestelltenFällenausdemPro-duktionskontext – grundsätzliche FragennachderNutzungderDaten:Werdarfz.B. die Sensordaten der Einparkhilfe nutzen? Mit wem trifft der Plattformbetreiber die Vereinbarung?MitdemHerstellerdesFahr-zeugs oder mit seinem Fahrer oder seiner Fahrerin? Können die Nutzer überhauptentscheiden, ob sie die Daten weitergeben oder nicht? Und im Produktionskontext: Wer hat Zugang und wer darf die Daten von MaschinenundSensorennutzen?DerHer-stellerderMaschinenoderderKäufer,derdie Maschinen für die Produktion nutzt –oder ein unabhängiger Plattformbetreiber,derspezifischeServiceszurProduktionsop-timierung anbietet?

Diese teilweise unbeantworteten Fragen tra-gen nicht unerheblich zur aktuellen Zurück-haltungder FirmenbeimThemaDatenba-sierte Geschäftsmodelle bei. Gleichzeitigwird hier deutlich, dass sich die Entwicklung in einer frühen Phase befindet, in einerPhase, in der experimentiert wird und in dersichRoutinenerstherausbildenmüssen.SomüssenimHinblickaufdieVerwendungvon Maschinendaten derzeit jeweils Einzel-verträge zwischenHerstellernundKäufernausgehandelt werden, die von den jeweili-gen Interessenlagen bestimmt sind. Des-halbwerdenStimmeninderBranchelaut,diesen Bereich einheitlich zu regeln, z. B.indem man Daten zur direkten Steuerung des Geräts von jenen Daten unterschei-det, die darüber hinaus erhoben werden. Ersterewürden exklusiv zurNutzung beim

Herstellerverbleiben,letzterekönntenübereine Schnittstelle zur Verwendung Dritter zugänglichgemachtwerden.

Dennoch scheint es aus Innovationssicht zu früh, in diesen Prozess regulatorisch einzugreifen. Gesetzliche Regelungenwürden zum jetzigen Zeitpunkt das Mög-lichkeitsspektrum datenbasierter Dienste einschränken und damit Innovationspro-zessebehindern.ZueinemganzähnlichenSchluss kommen die Experten der Arbeits-gruppe „Rechtliche Rahmenbedingungen“der Plattform Industrie 4.0, die in ihremPapier „Daten im Kontext von Indus- trie 4.0“ die Politik auffordern, in diesemBereichzurückhaltendundnichtübereiltzureagieren (Plattform Industrie 4.0 2016).Aufgrund der großen Bedeutung des The-mas erscheint es jedoch erforderlich, dass die Politik dem Thema DatengetriebeneInnovationen insgesamt größere Aufmerk-samkeit schenkt und Marktentwicklungen unterstützt, die es deutschen Unternehmen ermöglichen,ihrKnow-howimProduktions-kontext erfolgreich in die digitale Service-welt zu transferieren.

Fazit: Derzeit erhalten datengetriebene Geschäftsmodelle inderbetrieblichenPra-xis noch zu wenig Aufmerksamkeit, was in krassem Gegensatz zur künftigen Bedeu-tung neuer, intelligenter Services steht. HiermussbeidenUnternehmeneineSensi-bilisierung erreicht werden und die Entwick-lung solcher Geschäftsmodelle unterstütztwerden.DieHerausforderungwirdsein,sichvonderHardwarezulösenundkonsequentauf integrierte, datenbasierte Services zu setzen.

Bezüglich Datennutzung ist zwar vomGesetzgeberderzeitnochkeineeindeutigeRegelung getroffen worden. Allerdingssehen die Unternehmen derzeit auch noch keinen Handlungsbedarf, weil sich eineLösung erst noch herausbilden muss undeinezufrüheRegulationandieserStelledieinternationale Wettbewerbsfähigkeit unddie Entwicklung einer geeigneten Lösungdeutlichschwächenkönnte.

62 63

6.1 Hintergrund: Innovationsförderung und Innovationspolitik – eine Selektion internationaler Ansätze und eine Einordnung in den deutschen KontextDiesesKapitelfassteineHintergrundrecher-chezuausgewähltenBeispielenderInnova-tionsförderung aus anderen Ländern undder Förderpraxis der Europäischen Unionzusammen, die Impulse für die Umsetzung der Neuerungen im Rahmen der Digitali-sierunginDeutschlandgebenkönnen.DieRecherchedieserBeispieleerfolgteexplora-tiv. Sie war geleitet von den für Deutschland identifiziertenProblemstellungenderDigi-talisierung.

DabeibeschränktesichdieSucheaufeinebestimmte Auswahl an Ländern weltweitsowie die Europäische Kommission, wis-send, dass auch in anderen Ländern rele-vante Beispiele für Förderinstrumenteexistieren, die in dieser Auswahl keine Berücksichtigungfindenkonnten.DieZiel-länder für den internationalen VergleichsindinersterLinieLändermiteinerstarkenElektro-oderIT-BranchewiedieUSA,Japanoder Südkorea sowie besonders innovative LänderwiedieSchweiz,SingapuroderFinn-land,diealskleinereLänderzwaranderenordnungs- und handlungspolitischen Rah-menbedingungen gegenüberstehen, die

aber gerade bei innovativen und weniger etabliertenFörderansätzenteilweisebereitsErfahrungenvorweisenkönnen.Zielwaresdabei allerdings nicht, eine tiefgreifende Beschreibung der Politiken in den ausge-wähltenLändernzuliefern,sonderninsbe-sondereGood-Practice-BeispieleinHinsichtauf die hier interessierenden Themen zuliefern.

Das Augenmerk dieses Kapitels gilt derInnovationsförderung – nicht, um sie alsbedeutendergegenüberderForschungsför-derung herauszuheben, sondern vor allem, um darauf hinzuweisen, dass Innovations-förderungbreiteralsbishergedachtwerdenmuss.

Missionsorientierte InnovationspolitikDie Missionsorientierung in der Forschungs- und Innovationspolitik in Deutschland ist nichterstseitderEinführungderHightech-Strategie bekannt. Die Hightech-Strategiehat mit der Ausrichtung an den globalen gesellschaftlichen Herausforderungen eineneue Perspektive mit sich gebracht, auch wennderenUmsetzung inkohärentesFör-derhandeln noch nicht ausreichend umge-setzt wird.

WasdieNutzungvonTechnikenderVoraus-schau angeht, werden diese seit vielen Jah-ren auch in der deutschen Forschungs- und

6. INNOVAtIONSPOLItISCHE EINORDNuNg uND HANDLuNgSEMPFEHLuNgEN

63

Innovationspolitik genutzt, sowohl bezogen aufTechnologienalsauchaufdasGesamt-system.AllerdingsfindendieseAktivitätennicht regelmäßig statt und stehen nichtimmer in Verbindung mit der Ableitung neuerFörderprioritätenoderderFortschrei-bung der nationalen Innovationsstrategie.

AuchdieBereitstellunggroßerFördersum-men für einzelne Themen ist in Deutsch-land nicht unbekannt, wie am Beispieldes Rahmenprogramms „Mikroelektronik“ sichtbar ist. Allerdings besteht für ge- samtgesellschaftlich relevante und ressort-übergreifendeThemenimKontextderDigi-talisierungeinbesondererBedarfnachderErzeugung „kritischer Massen“ einerseits und einem koordinierten und abgestimm-ten innovations- und wissenschaftspoliti-schen Handeln andererseits. Beides ist inder deutschen Innovationspolitik bereits angelegt, wird jedoch noch zu wenig umge-setzt.

umsetzungsbeispiele:Die missionsorientierte Förderung in denUSA ist ein relevanter Ansatz auch für den deutschenKontext,dadieUS-Bundesregie-rung hier verhältnismäßig große Förder-summen für Forschung und Innovation, die eine prioritäre Zukunftsaufgabe adressie-

ren, bereitstellt. Ein Beispiel der jüngerenZeit ist die Förderagentur „ARPA-E“, dieForschung und Innovation für mehr Ener-gieeffizienz und im Bereich regenerativeEnergienunterstützt.Nebendemfinanziel-len Volumen14 sind die explizite Ausrichtung der Förderung auf besonders risikoreicheund transformative Forschung und Innova-tion hervorzuheben sowie die Absicht, mit der Agentur eine schlanke und zügig agie-rende Förderungsabwicklung zu ermögli-chen, die gleichzeitig aber auch die Flexibi-litätbesitzt,Förderlaufzeitenvonbesondersvielversprechenden Projekten über einen längerenZeitraumzuunterstützen.15

Das Beispiel aus den USA entspricht fürDeutschland inetwaeinerGrößenordnungvon 50 bis 60 Millionen Euro öffentlicheFördermitteljährlichfüreinprioritäresbzw.missionsorientiertes Forschungs- und Inno-vationsförderprogramm. Dies beabsichtigtdie Bundesregierung im Jahr 2017 insge-samt fürdieEntwicklungdigitalerTechno-logien im Rahmen der Digitalen Agendaauszugeben.DanebenwilldieBundesregie-rung weitere 50 Millionen Euro für ein euro-päisches Mikroelektronikprogramm ausge-ben.16Beidesistbemerkenswert,allerdingsbleibt fraglich, welche Technologien alsprioritäreingestuftwerdenundobsiedem

14 Durchschnittlich rund 270 Mio. USD jährlich seit 2009, vgl. https://arpa-e.energy.gov/? q=arpa-e-site-page/arpa-e-budget, zuletzt abgerufen am 26.9.16.

15 Quelle: http://www.innovation-america.org/case-arpa-e, zuletzt abgerufen am 26.9.16. Die Agentur fördert seit 2009 Projekte. Die Wirkung der Förderung ist bislang noch nicht untersucht worden.

16 BMWi, siehe http://www.bmwi.de/DE/Ministerium/haushalt.html, zuletzt abgerufen am 26.9.16.

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AufbaudernotwendigendigitalenKompe-tenzen zuträglich sind. Im Umkehrschlussheißtdas,dassstatteinesTechnologiefokuseine stärkereMissionsorientierung, in die-semFalleinFokusaufdiedigitalenKompe-tenzen, eine zielführendere Vorgehensweise zu sein verspricht.

Für die deutsche Förderpolitik sind solcheGroßinvestitionen17 auch deshalb geeignet, weil siedazubeitragenkönnen,dienatio-nalenAusgabenfürFuEsignifikantzustei-gern, beispielsweise um einen Anteil der nationalenForschungsausgabenamBIPvon3,5 Prozent zu erzielen.

KMu als besondere Adressaten der Innovationspolitik auch im Kontext der DigitalisierungKleine und mittelständische Unterneh-men (KMU) des deutschen VerarbeitendenGewerbessindmitbesonderenHemmnissenin Bezug auf die Digitalisierung konfron-tiert. Viele scheinen betriebsintern nicht über das benötigte Fachwissen zu verfü-gen, sodass sie auf Kooperationen ange-wiesen sind. Allerdings hat diese Studie auchgezeigt, dass KMUnicht ausreichendvernetzt sind. Dementsprechend haben sie eine größere Distanz zur DigitalisierungundsindvonihremNutzenoft(noch)nichtüberzeugt.DiesführtzueinerhöherenRisi-koeinschätzung von Investitionen für KMUund in der Konsequenz zu einer Verzöge-rung der Digitalisierung.

umsetzungsbeispiele:Bei der finnischen Förderagentur TEKESkönnen Großunternehmen FuE-Förderungerhalten,wenndadurchKMUinihremNetz-werk profitieren (z. B. Kompetenzaufbau,neueGeschäftsmodelle…).18

Die Regierung Südkoreas investiert seit200919 in ein Smart-Grid-Demonstrator-projektaufderInselJeju,andem168Fir-menundzwölfKonsortienteilnehmen.Diebereitgestellte Infrastruktur soll als Prüf-umgebung für technologische Anwendun-gensowiefürGeschäftsmodell-Entwicklungdienen. Das Projekt eignet sich auch dazu, KooperationsdefizitederbeteiligtenFirmenabzubauen und ist prinzipiell offen auch für Firmen über den Kreis der bisherigenUnterstützer hinaus. Das Projekt ist als

öffentlich-private Partnerschaft angelegt,inderesgelungenist,durchdieöffentlicheBezuschussungsehrvielprivatesKapitalzumobilisieren: Der Anteil, der von den betei-ligten Unternehmen getragen wird, ist drei-mal so hoch wie der öffentliche Zuschuss(Chang2010).

Mit Blick auf die Situation inDeutschlandist aus dem finnischen Beispiel herausvor allem die Anwendung der Förderung aufWertschöpfungsnetzwerkenachahmens-wert. Deutsche KMU sind häufig hochspe-zialisierte Zulieferer mit hohen Abhängig-keiten von Großunternehmen. Sie dürftendavonprofitieren,wenn ihreHauptkundendurchdieFörderungeinenAnreizerhalten,diedigitaleTransformationmitundfürihrNetzwerkweitervoranzubringen.

Das koreanische Prestigeprojekt vereint in derTestumgebungvorwettbewerblicheundmarktnahe Aspekte. Da bei Letzteren in DeutschlanddieBeihilferegelnderEuropä-ischen Union zu beachten sind, muss dies bei der Einrichtung von Infrastrukturen beachtetwerden.ZudemmögendieexaktenBedarfe an FuE-Infrastruktur von BranchezuBrancheoderineinzelnendigitalenTech-nologien unterschiedlich sein. So kommt je nach Situation eher die Einrichtung von gemeinsamen Entwicklungsumgebun-gen (z. B.Nutzung vonGeräten oderVer-fahren)infrageoderdieBereitstellungvonPilotanlagen, in denen die Serienproduk-tionerprobtoderGeschäftsmodelleweiter-entwickeltwerdenkönnen.AuchdieAnsied-lung solcher Anlagen (Testumgebungenggfs. eher bei Forschungseinrichtungen, Pilotanlagen eher bei Großunternehmen),ihre Finanzierung (Verhältnis öffentlicherundprivaterAnteile)sowiedieKonditionendesZugangsundderNutzungsindeinzel-fallbezogen zu lösen. In jedem Fall bietetes sich an, eine fachlich fundierte Innova-tionsberatung für KMU zu integrieren, umAngebote„auseinerHand“undnahandenUnternehmen zu schaffen.

DievomBundesministerium fürWirtschaftundEnergie(BMWi)neugeschaffenenbaldelf Kompetenzzentren realisieren für denMittelstand des Produzierenden GewerbesimKontext Industrie 4.0 diesenAnspruch.Dabei liegt der Schwerpunkt nicht auf FuE,

17 Dies gilt ebenso für die in den folgenden Abschnitten beschriebenen als öffentlich-private Partnerschaften finanzierten Prestige-projekte (z. B. gemeinsame Testumgebungen) sowie die steuerliche FuE-Förderung.

18 TEKES: https://www.tekes.fi/en/funding/large-company/research-development-piloting/, zuletzt abgerufen am 26.9.16.19 Umgerechnet in etwa 45 Mio. Euro öffentlicher Zuschuss für die Jahre 2009–2013.

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sondern auf Demonstration und Informa-tion durch Wissenstransfer von sogenann-ten Pilotunternehmen. Zu begrüßen ist, dass das BMWi beabsichtigt, diesen Wegweiterzugehen und diese Anstrengung auch auf weitere Branchen, über das verarbei-tendeGewerbehinaus,auszuweiten.20

DieBeteiligunganFuE-InfrastrukturenundihrBetrieberfordert langfristigöffentlichesowie private Investitionen, die im Verbund mit anderen Maßnahmen21 dazu geeignet sind, die nationalen FuE-Aufwendungen auf einhöheresNiveauzuheben.

Innovationsrisiko verringern und mehr wagenDie Digitalisierung erfordert ein radikales Umdenken von allen. Für Unternehmen heißt dies, dass inkrementelle Innovationen nichtgenügen.Gleichzeitigkannfirmenin-terneFuEnichtreinaufRisikoreichtumaus-gerichtetsein–umsoweniger,wennFirmenihrenAnteilseignernRechenschaftablegenmüssen.AuchderRisikokapitalmarkt kanndiesenBedarfnichtausreichendabdecken,insbesondere bei kleinen und jungen Fir-men.HiermussöffentlicheFörderungein-springen. Aber auch bei der Vergabe von öffentlichen Fördergeldern lässt sich eineTendenzzuRisikoarmutbeobachten–häu-fig mit dem Verweis, dass RechnungshöfeundletztendlichdieSteuerzahlerdenNach-weis der Effektivität (teilweise auch derEffizienz) vonMaßnahmen einfordern.DieEinführungdersteuerlichenFuE-Förderung(durch Beschluss des Bundestags) kann,wenn sie sich auf FuE-Aufwendungen der Unternehmen bezieht, den Unternehmen zusätzliche Freiheit bieten, FuE zu betrei-ben.GleichzeitigkannsieFirmen,diebis-langkeineFuE-bzw.Innovationsaktivitätenunternommen haben, dazu animieren, in dieseBereichezuinvestieren.

umsetzungsbeispiele:Die große Mehrheit der Industriestaaten fördert Forschungs- und Entwicklungsan-strengungen ihrer Firmen steuerlich (in dem dieser Studie zugrunde liegenden kleinen internationalenVergleichmitsechsLändernsind es die USA, Korea, Singapur, JapanundzeitweiseauchFinnland).InderRegelwerden die FuE-Aufwendungen der Firmen steuerlich begünstigt. In der praktischen Umsetzung wurden und werden viele Aus-

gestaltungsmöglichkeiten des Instrumentsangewendet, um es jeweils bedarfsgerecht einsetzenzukönnen.SosollinkrementelleFörderung (oberhalb einer bestimmtenSchwelle von FuE-Ausgaben) dazu dienen,zu vermeiden, dass FuE-Aufwendungen gefördert werden, die ohnehin getätigtworden wären. Andere Varianten förderndie FuE-Aufwendungen nur bis zu einem bestimmten Volumen, um zu vermeiden, dass große Firmen mit hohen Ausgaben unverhältnismäßigstarkprofitieren.WiederandereAnsätzeförderninsbesonderejungeoder kleine oder besonders innovative Unternehmen. Auch gibt es Versuche, nicht nur FuE-Aufwendungen anzuerkennen, son-dern Innovationsausgaben in einem weite-ren Sinne (OECD2016).Allerdings zeigendie Erfahrungen: je stärker reglementiertdie Förderung ist, desto mehr nimmt derAufwandfürdieBeantragungsowiefürdieKontrollederFörderungzu.

AufdiedeutscheSituationistdieBeschrei-bung der Chancen und Fallstricke vonsteuerlicher FuE-Förderung gut übertrag-bar. Dabei sind zwei weitere Argumente zu beachten: Der Preis einer wenig komple-xen Ausgestaltung des Instruments ist zwar seineUnschärfe,derLohnaberisteinhoherGrad der Zielgruppenerreichung – sicher-lich höher, als esmit Programmförderungbislang möglich war. Außerdem würde esdieEinführungeinersteuerlichenFuE-För-derungermöglichen,demZieleinerdauer-haften Steigerung der nationalen Aufwen-dungenfürFuEdeutlichnäherzukommen.

Innovation breiter denken – über Forschung und Entwicklung hinausDie Bedeutung von (formaler) Forschungund Entwicklung für den Innovationserfolg wird bei fortschreitender Digitalisierung und der Zunahme digitaler Geschäftsmo-delleabnehmen.DieForschungs-oderTech-nologieförderungmusssichdaherandieseVeränderung anpassen und den zugrundeliegenden Innovationsbegriff ebenso wie die Perspektive auf Innovationsprozesse verändern.DanebenbleibtdieKommerzia-lisierungguterIdeenundTechnologieneineHerausforderung, der auch förderpolitischbegegnetwerdenkann.AndereLänderzei-gen, dass durchausmarktnähere Teile desInnovationsprozessesdurcheineöffentlicheFörderungunterstütztwerdenkönnen.

20 BMWi: http://www.mittelstand-digital.de/DE/mittelstand-digital,did=780798.html, zuletzt abgerufen am 27.9.16.21 Vgl. dazu die im vorigen Abschnitt diskutierte strategische Fördermittelausstattung im Rahmen missionsorientierter Förderung

sowie die im folgenden Abschnitt genannte steuerliche FuE-Förderung.

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umsetzungsbeispiele:DieReformdeseuropäischenBeihilferechtsim Jahr 2014 hat neue Möglichkeiten fürnationale Instrumente der Innovationsför-derung eröffnet. Nun ist beispielweise dieFörderungvonProzess-undOrganisations-innovationenmöglich.22ZudemistdieMög-lichkeit, sogenannte „Important projects of commonEuropeaninterest(IPCEI)“zudefi-nieren, deutlich erweitert worden. Damit können Mitgliedstaaten Projekte fördern,diebisherunterdemeuropäischenBeihil-ferahmen nicht möglich waren. Außerdemzeigt sich an den neuen Instrumenten der Innovationsförderung auf EU-Ebene einneues,erweitertesVerständnisvonInnova-tion:DasKMU-Instrument inHorizon2020erkennt an, dass disruptive Innovationen in Geschäftsmodellen oder in Wertschöp-fungskettenentstehen(Schade2016).UnddieFörderlinieFastTracktoInnovation(FTI)ist dafür geschaffen worden, um die Phase nach der Prototypenentwicklung bis zur Markteinführung zu unterstützen (Europä-ische Kommission 2014). Darunter fallendie Demonstration eines Prototyps in seiner Einsatzumgebung bis hin zur nachgewiese-nen Serienreife der Produktion. Dabei ist FTI explizit ein Bottom-up-Instrument, dasauch für nicht technologische Vorhaben offensteht, für die die Phasen analog inter-pretiert werden müssen.

Finnland ist ein Vordenker, was dieses erweiterte Innovationsverständnis angeht,und hat bereits 2012 die staatliche För-derpolitik auf Dienstleistungs- und nicht technische Innovationen neu ausgerich-tet (OECD 2012a). Das Programm „Kiito“beispielsweise fördert Großunternehmen,wenn sie organisationale Innovationen in Prozessen, Strukturen oder der Unterneh-menskultur etablieren wollen.23 Im Falle von KMU fördert es Internationalisierungsstra-tegien.24 Auch Singapur, das eine ähnlichoffene Wirtschaft wie Deutschland hat und gezwungen ist zu innovieren, um im inter-nationalenWettbewerbzubestehen(OECD2012b), fördert Internationalisierungsstra-tegien seiner Unternehmen und den Aufbau diesbezüglicherKompetenzen.25

Für die deutsche Innovationsförderung istdaraus abzuleiten, dass sie noch konse-quenter als bisher alle Möglichkeiten desEU-Beihilferechts ausschöpfen sollte undzum Beispiel die Möglichkeit der IPCEIin Betracht ziehen sollte. Im Fall von ZIMist eine Ergänzung der FuE-Förderung umeine Förderung für nicht technische Inno-vationennotwendig.AuchsolltedasBMWi,koordiniertmit anderennationalenRegie-rungen, den Dialog mit der EuropäischenKommissionführen,inwieweitmarktnähereFörderung zumindest zeitweise auch aufnationaler Ebene möglich gemacht wer-denkönnte,umeinenInnovationsschubimBereich der Digitalisierung zu erreichen.Die europäische FTI-Förderung kann nichtdie einzige Antwort auf diese Problemlage bleiben, zumal sie mittlerweile stark über-zeichnet ist und Unternehmen daher vor einer Bewerbung zurückschrecken.26 Die Beispiele aus Finnland und Singapur wer-fen zudem die Frage auf, ob nicht auch GroßunternehmenBedarfanFörderungfürorganisationale Innovationen haben, um erforderlicheTransformationsprozessenichtzu verschleppen.

6.2 HandlungsempfehlungenDie vorliegende Studie hat belegt, dass die Digitalisierung kein Selbstläufer ist undein hohes disruptives Potenzial besitzt. Die mitderDigitalisierungverbundenenChan-cen müssen daher bewusst ergriffen und strategisch angegangen werden. Dazu ist Gestaltungswille in den Unternehmen, inder Politik, in der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit notwendig. Die Unternehmen werden die digitale Transformation nichtalleinbewältigenkönnen,sondernsindaufdie Unterstützung insbesondere der Politik und der Öffentlichkeit angewiesen.

Es existieren deutliche Unterschiede in der Ausrichtung auf die und der Nutzung derDigitalisierung zwischen großen Unterneh-men auf der einen und kleinen und mittle-ren Unternehmen (KMU) auf der anderenSeite.EsbestehtdaherdieGefahr,dasssichzwei unterschiedliche Produktionswelten

22 Zudem kann die Beihilfeintensität von bisher max. 60 Prozent auf 90 Prozent angehoben werden. Außerdem ist die Notwendigkeit zur Ex-ante-Notifizierung von Programmen nun erst bei Programmen ab einer Höhe von 15 Mio. Euro nötig (bisher 7,5 Mio.).

23 TEKES (The Finnish Funding Agency for Technology and Innovation): https://www.tekes.fi/en/funding/large-company/kiito/, zuletzt abgerufen am 22.9.2016.

24 TEKES: https://www.tekes.fi/en/funding/SME/kiito/, zuletzt abgerufen am 22.9.201625 GCP-Zuwendung, siehe PWC (2015): Encouraging innovation and internationalisation, http://www.pwc.com/sg/en/singapore-

budget-2015/bc01-06.html, zuletzt abgerufen am 23.9.2016.26 ZIM fördert in begründeten Einzelfällen marktnähere Aktivitäten, ansonsten gilt die vereinfachte Regel einer Förderung

„bis zum Prototyp“ (das entspricht dem Technology Readiness Level 6), vgl. AIF: Sprungbrett IGF und ZIM, S. 9. http://www.zim-bmwi.de/download/publikationen/broschuere-sprungbrett-igf-zim, zuletzt abgerufen am 23.9.2016.

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entwickeln:einerseitseinigeGroßunterneh-men mit hohem Digitalisierungsgrad und ausgeprägtem Bedarf an High-End-Lösun-gen, andererseits eine Vielzahl an KMUmit eher traditioneller Fertigung und dem Bedarf an kostengünstigen, aber dennochindividuellenDigitalisierungslösungen.

AufgrundderaktuellenVeränderungenvonWertschöpfungsketten zu Wertschöpfungs-netzwerken, der Verschränkung von Pro-dukten und Dienstleistungen zu hybriden Geschäftsmodellen sowie desAufkommensgänzlichneuer(digitaler)Geschäftsmodelleist wirtschafts- und innovationspolitischer Handlungsbedarf gegeben. Denn für dieZukunftsfähigkeit der deutschenVolkswirt-schaft wird es entscheidend darauf ankom-men, auch in Zukunft eine führende Posi-tion in Schlüsseltechnologien zu besitzen und Innovationsführerschaft zu behaupten, um relevante Teile der integrierten Wert-schöpfungsnetze nicht an ausländischeWettbewerber zu verlieren.

DieStudiezeigtHandlungsbedarfinsiebenFeldern auf:1. Fachwissen für die digitale Transformationbereitstellen,

2. Datensicherheitgewährleisten,3.inindustriefähigeBreitbandinfrastruktur

technologieneutral investieren,4.Schlüsseltechnologienstärken,5. Wertschöpfungspotenzialeder

Digitalisierung weiter heben,6. Forschungs- und Innovationspolitik neu

denken und an der digitalen Transformationausrichten,

7. (volkswirtschaftliche)Indikatorik weiterentwickeln.

Die künftige internationale Wettbewerbs-fähigkeitderElektroindustrie als Leitbran-che der Digitalisierung wird in hohem Maßedavonabhängen,dassdiegenannten Herausforderungen vonWirtschaft, Gesell-schaft und Politik gemeinsam gemeistert werden. Tabelle 19 gibt einen Überblicküber die in dieser Studie beschriebenen Hemmnisse und Herausforderungen. Zujedem dieser Hemmnisse formulieren wirkonkrete Empfehlungen und benennen die Akteure, denen dabei maßgeblich eine Auf-gabe zufällt. Das schließt Handlungsemp-fehlungen an politische Akteure ebenso ein wie an Unternehmen, die die Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland umsetzen.

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Tab.19:ÜbersichtüberdieHandlungsempfehlungenzurÜberwindungderidentifiziertenHemmnissederDigitalisierung

Hemmnis/ Herausforderung Maßnahme Akteure

Fachwissen für die digitale Transformation bereitstellen

DigitaleKompetenzenfehlen: vernetztes Denken, disziplinenübergreifende Expertise erforderlich

DigitaleKompetenzenüberdiegesamteBildungsket-teausbauen,CurriculainderSchul-,Hochschul-undBerufsbildungentsprechendaktualisieren

Bildungsträger;IHKn

Aufwertung der Digitalisierung in den Fachdidakti-ken und in der Lehreraus- und -fortbildung

Bildungsträger

AufbauneuerStudien-undAusbildungsgängeander Schnittstelle zwischen digitalen und klassischen Technologien

HRK,Unis,FHs,IHKn

Bildungsangebotefürzukunfts-relevante Schlüsseltechnologien wiez.B.NetzkommunikationundDatenanalyseverbessern; Deutschland liegt hier zurück (siehe Fokusthema „Maschinell erzeugteDaten“)

VerstärkungderAusbildungsangeboteUnternehmen, Unis, HRK

Datensicherheit gewährleisten

SystemlösungenfehlenDatensicherheitfördernaufBasisvon „SecuritybyDesign“-Ansätzen

VertraueninTechnologienaufbauen

Aufbau von Informations- und Austausch-Plattformen zurIT-Sicherheit,umdieNutzungundVerbreitungvongeeignetenLösungenzuunterstützen.

Bund,Unternehmen

VerbreitungvonStandardsnötig AktiveTeilnahmeaninternationalenStandardisie-rungsaktivitäten Unternehmen

In industriefähige Breitbandinfrastruktur technologieneutral investieren

Geschäftserfolghängtzunehmend von Kommunikationsinfrastrukturenab

Breitbandinfrastrukturflächendeckendundtechnologieneutral ausbauen bei Festnetz und Mobilfunk(5G)

Bund,Unternehmen(PPP)

KommunikationsinfrastrukturenfürdieQualitätsanforderungenderindustriellenAnwendungsfelderleistungsfähigmachen

Unternehmen, Politik

50Mbit/sNetzausbaunuralsZwischenzielbegreifen BMWi,DigitaleAgenda

Investitionen reichen noch nicht aus

ZusätzlicheInvestitionsprojektefördernundalsöffentlich-privatePartnerschaften(PPP)aufbauen

Bund,Unternehmen(PPP)

Schlüsseltechnologien stärken

Systematischer Überblick über Bedarfefehlt

RegelmäßigesKompetenzmonitoringzurErkennungvon technologischen und nicht technologischen Kompetenzbedarfen

KoordinierteVorgehensweise der Bundesregierung,v.a.vonBMBFundBMWi

BeiNetzkommunikationundDatenanalyse liegt Deutschland zurück

Ausbau von FuE-Forschungsschwerpunkten mit internationalerAusstrahlungv.a.indenBereichenNetzkommunikationundDatenanalyse(sieheauchThema6unten)

KoordinierteVorgehensweise von BMBFundBMWi

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Wertschöpfungspotenziale der Digitalisierung weiter heben

Wirtschaft ist stark in klassischen Produktinnovationen, insbesondereimB2B-Bereich,jedochwenigerbeiDienstleistungen und neuen Geschäftsmodellen

ErhöhungderUmsatzanteilemitDigitalisierungsangeboten v. a. bei neuen GeschäftsmodellenundSmartServicesanstreben

Unternehmen

FehlendeKlarheitüberRahmenbedingungen

DatengetriebeneInnovationenstärkerunterstützen:Datennutzungsrechteklären,jedocheinezufrüheinnovationshemmendeRegulierungfürdatenbasierte Dienste vermeiden

Unternehmen und Verbände,späterdannderGesetzgeber

RegelungsbedarfabarbeitenbeiwidersprüchlichenRichtlinien,wiederFunk-,derFahrzeug-,derMaschinen-oderderNiederspannungsrichtlinie.

Gesetzgeber

ZurückhaltungbeiKMU

WertschöpfungsnetzwerkeaufbauenundKMUmitnehmen,z.B.durchAufklärungsarbeit,InformationskampagnenundHilfsangebote(dazugehörenauchDemonstrationsprojekte):

BMBF,BMWi,Verbände

Technologievorsprungim globalen Wettbewerb ausbaufähig (sieheauchThema4)

HoheWissensintensitätderElektroindustrieweiterausbauen;FuE-undInnovationsausgabensteigern

KoordinierteVorgehensweise von BMBFundBMWi,Unternehmen

Forschungs- und Innovationspolitik neu denken und an der digitalen Transformation ausrichten

RückläufigeAnzahlvonInnovatoren

FuE-Intensitätv.a.beiKMUerhöhen;FörderinstrumentariumumsteuerlicheFuE-FörderungnebenderProjektförderungzuergänzen

Unternehmen(KMU)Bundesregierung,Bundestag

AndereLänderfördernintensiver und teilweise gezielter und übergreifend wichtige strategische Vorhaben

KohärenzundTransparenzderstaatlichenFörderungsteigernunddiesekonsequentanderHightech-Strategie ausrichten

KoordinierteVorgehensweise von BMBFundBMWi

Digitale Schlüsseltechnologien mit ausreichender kritischerMassefördernundAufbauvonExzellenzzentrenfortführen;zugleichStärkungthemenoffenerFörderangebote(s.a.Thema4oben)

KoordinierteVorgehensweise von BMBFundBMWi

ZurückhaltungbeiKMU(sieheThema5)(rückläufigeInnovatoren)

ZIMweiterentwickeln:FörderungmarktnaherInnovationsaktivitäten(weiteralsbisherinZIM) BMWi

FehlendeRäumezurZusammenarbeit

SpezielleNetzwerkförderungvonGroßunternehmenundKMUimFörderangebotergänzen BMWi,ggfs.BMBF

WissensnetzwerkestärkenundKooperationenfördern:Industrie-4.0-KompetenzzentrenausbauenauchfürdieanderenThemenfelder

Vorreiter (Großunternehmen)mit staatlicher Unterstützung

(Volkswirtschaftliche) Indikatorik weiterentwickeln

VeränderungderWirtschaftsstruktur durch Digitalisierung wird in der volkswirtschaftlichen Indikatorik derzeit nicht hinreichend abgebildet;daherdrohenAnalyse- und Steuerungsdefizite

VolkswirtschaftlicheGesamtrechnung,IndikatorenundKennzahlenweiterentwickelnundstärkernicht-tangibleWertebzw.wissensbasiertesKapital(IPR,Software/IKT-Investitionen,Humankapital,Managementprozesse)berücksichtigenunddamiteinen breiteren Investitionsbegriff verwenden

Wissenschaft, Verbände,Unternehmen, aberauchBMBFundBMWidurchentsprechende Nachfrage;Statistisches Bundesamt

BreiterenInnovationsbegriffzugrundelegen,digitaleGeschäftsmodellentwicklungbzw.SmartServicesstärkerberücksichtigen

BMWi,auchBMBF

1. Fachwissen für die digitale transformation bereitstellen

HerausforderungenDieimRahmenderStudiendurchgeführtenUnternehmensbefragungen haben gezeigt, dassdieUnternehmeninfehlendenKompe-tenzen ihrer Mitarbeiter das bedeutendste HemmnisinderDigitalisierungsehen.

Dabei ist es einerseits die Frage nach den vermitteltenKompetenzeninnerhalbbeste-hender Bildungs- und Ausbildungsgänge.Andererseits sind es aber gerade die Poten-ziale,diedurcheinAufbrechenderVersäu-lung und durch disziplinen- und technolo-gieübergreifende Ansätze entstehen, vondenen sich die Unternehmen mehr wün-schen. Ein anwendungs- und marktnahes Verständnis der Herausforderungen undBedarfe sowie unternehmerisches Denkensind weitere Erfolgsfaktoren für die digitale Transformation.

Das ist ein wenig überraschender Befund,weil die Geschäftsmodelle der deutschenUnternehmen sehr stark von der hohen Qualifikation ihrer Mitarbeiter leben unddiese weiterentwickelt werden müssen. Neben digitalisierungsspezifischen Aspek-ten werden die bisherigen bildungspoliti-schen Anforderungen an das Technologie-verständnisnochwichtiger.DazugehörtseitvielenJahrenunverändertdieStärkungderMINT-Fächer in Bildungssystemen. Nur sokann einem Fachkräftemangel vorgebeugtwerden.Ohnegutausgebildeteundhinrei-chendvieleIngenieureundTechnikerkanneinedigitaleTransformationnichtgelingen,weil sie durch diese technische Dimension definiert ist. Diese allgemeinen bildungs-politischenThemen–sowichtigsiesind– werden in der Studie nicht vertieft, weil es bereits aussagekräftige Untersuchungenund darauf aufbauende Initiativen gibt.

HandlungsempfehlungenDamit die digitale Transformation inDeutschland gelingt und der Standort Deutschland auch mittel- bis langfristig erfolgreich bleibt, ist eine Verankerung von digitalen Kompetenzen über die gesamte

Bildungskette dringend geboten. Hierzumüssen die Lehrpläne in allen Bildungs-einrichtungen auf den Prüfstand gestellt werden. Eine stärkere Ausrichtung amgesellschaftlichen Bedarf und an unter-nehmerischen Perspektiven kann dabei nur förderlichsein.

Damit die nächsten Generationen aberauchdiezielgerichteteundqualitativhoch-wertige Bildung erfahren können, ist eineAnpassung der Aus- und Weiterbildungssys-tematiken der Lehrkräfte umgehend anzu-gehen.

Bestehende Ausbildungs- und Studien-gänge müssen durch fach- und disziplin-übergreifende Sichtweisen erweitert und an die Digitalisierung angepasst werden.

Kurzgefasst:•Digitale Kompetenzen über die gesamteBildungsketteausbauen,CurriculainderSchul-, Hochschul- und Berufsbildungentsprechendaktualisieren;dazugehörenauch mehr unternehmerisches Denken undeinVerständnisfürdiegesellschaftli-cheRelevanzderDigitalisierung;

•Aufwertung der Digitalisierung in den Fachdidaktiken und in der Lehreraus- und -fortbildung;

•Aufbau neuer Studien- und Ausbildungs-gängeanderSchnittstellezwischendigi-talenundklassischenTechnologien.

2. Datensicherheit gewährleisten

HerausforderungenDie Datensicherheit ist einer der wichtigs-tenHemmnisfaktorenfüreineschnelleDif-fusion der Digitalisierung in Deutschland.

HerausforderungenbeiderDatensicherheitund die Einschätzungen eines erhöhtenRisikos von Datensicherheit und Know-how-Abfluss halten viele – insbesonderekleineundmittelgroßeUnternehmen–vonInvestitionen in die Digitalisierung ab und verhindern damit ihre Einbindung in Pro-duktions- und Wissensnetze. Diese Kluftzwischen großen und kleinen Unternehmen

HANDLuNgSEMPFEHLuNgEN

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schadetderGesamtwirtschaftundstehtderdigitalen Vernetzung und Zusammenarbeit im Weg.

Fehlende Standards tragen ihr Übriges zur Unsicherheit bei. Daneben ist es vor allem einMangelanKompetenzen,aberauchanKenntnissen über die Möglichkeiten undRisikenimBereichderDatensicherheit,derviele Unternehmen skeptisch stimmt.

HandlungsempfehlungenDie Elektroindustrie hat in vielen Fällenbereits Handlungsempfehlungen ausge-sprochen.27 Insbesondere ist es wichtig, internationaleStandards(mit)zugestalten.Hierzu ist esnotwendig, inden jeweiligenStandardisierungsgremien vertreten zu sein undnachMöglichkeitderenVorsitzzuüber-nehmen. Das Feld darf an dieser Stelle nicht allein US-amerikanischen oder chinesischen Unternehmenüberlassenwerden.Hiersindvor allem die Unternehmen selbst gefragt.

DarüberhinaussollteüberkonkreteHilfsan-gebotefürKMUzurIT-Sicherheitdiskutiertwerden. Die bayerische Staatsregierung ist imRahmen ihrerDigitalenAgendabereitseinen Schritt weiter und baut derzeit ein Digitalisierungszentrum auf, in dem Unter-nehmen auch Cyber-Soforthilfen angebo-ten werden. Kompetente Ansprechpartnerschaffen Vertrauen für Unternehmen. Ein entsprechendes Angebot auf Bundesebenesollte geprüft werden. Im Zentrum muss dabei der „Security by Design“-Ansatz ste-hen,der IT-SicherheitalsumfassendeAuf-gabe während der ganzen Produkt- undSystementwicklung begreift.

Kurz gefasst:•Datensicherheit fördern auf Basis von„SecuritybyDesign“-Ansätzen;

•AufbauvonHilfsangebotenzurIT-Sicher-heit,umdieNutzungundVerbreitungvongeeignetenLösungenzuunterstützen;

•aktiveTeilnahmeaninternationalenStan-dardisierungsaktivitäten.

3. In industriefähige Breitbandinfrastruktur technologieneutral investieren

HerausforderungenEiner der wichtigsten Aspekte für die Dif-fusion der Digitalisierung ist die Bereit-stellung von hinreichenden Bandbreiten – sowohl beim Festnetz als auch beim Mobil-funknetz. Dies ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung in allen Branchen.DieFallstudiezuBreitbandzeigt,dass die Erfüllung der hohen Anforderungen andiezukünftigenNetzefürSmart-Energy-Anwendungen,aberauchbeiIndustrie4.0,SmartMobilityoderSmartHealthunerläss-lich ist. Die Erfüllung der Anforderungen ist daher ein wichtiges Anliegen der Elek-troindustrie und zwar aus zwei Gründen:Zum einen sind ihre Anforderungen an die Servicequalität der Internetverbindungenund insbesondere an die Echtzeitfähigkeithöher,weilsieinzeitkritischeProduktions-und Steuerungsprozesse eingebunden sind (Industriefähigkeit). Und zum ande-ren besitzen ihre Produkte einen hohen IT-Anteil, d. h. ihr Einsatz beim Kundenerfordert seinerseits eine Anbindung an das Internet, um den vollen Funktionsumfang realisierenzukönnen.ZudembildendieseProduktedieBasisfürweitereInnovationenin den obengenanntenAnwendungsmärk-ten(Querschnittscharakter).

HandlungsempfehlungenMitderBerlinerErklärunghatsichdieBun-desregierungdasZieleinerflächendecken-den Versorgung mit mindestens 50 Mbit/s gesetzt, was aus heutiger Sicht ein erreich-bares, aber kein ambitioniertes Ziel ist. Es muss klar sein, dass dies nur ein Etappen-zielseinkannunddieNetzeeinerseitsaus-baufähiggeplantundandererseitskontinu-ierlich andenBedarf unddie technischenMöglichkeitenangepasstwerdenmüssen.Ineinem ersten Schritt wird jedoch entschei-dend sein, dass die Bundesregierung dieRahmenbedingungen für den Netzausbauso setzt, dass die notwendigen Investitionen auchtatsächlichstattfinden.

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27 Siehe bspw. http://www.zvei.org/Presse/Presseinformationen/Seiten/ Gemeinsame-Presseinformation-Maschinenbau-und-Elektroindustrie-praegen-Industrie-4-0.aspx, zuletzt abgerufen am 26.9.16.

Die2,7MilliardenEuro,diedieBundesre-gierungunteranderemausdenErlösenderMobilfunklizenzen (1,3 Milliarden Euro)28

in den Netzausbau insbesondere im länd-lichen Raum investieren will, sind dabeizwar ein wichtiger, aber nur ein kleiner TeildesnotwendigenInvestitionsvolumens.Die geschätzten mehr als 100 MilliardenEuro (vanBaal et al.2016),die für einenbedarfsgerechten Ausbau notwendig sind, müssen in Zusammenarbeit mit der Wirt-schaft erfolgen. Dabei sind Investitionspro-jekte beispielsweise als öffentlich-privatePartnerschaften(PPP)einmöglicherAnsatz,die Umsetzung schnell zu realisieren. PPP sind geeignete Instrumente, um durch den Einsatz von öffentlichen Investitionen pri-vate FuE-Investitionen zu stimulieren.

Die bereits heute bekannten Bedarfe derWirtschaft nicht nur nach Bandbreitenallein, sondern auch bezüglich Latenz, Symmetrie und Stabilität, sollten dabeihandlungsentscheidend sein. Nur dieseEigenschaften,kombiniertmithohenBand-breiten, garantieren die für den künftigen WirtschaftsstandortsowichtigeIndustriefä-higkeit. Daneben ist vor allem eine techno-logieneutraleFörderungdesBreitbandaus-baussowohlimBereichFestnetzalsauchimMobilfunk dringend geboten.

Entscheidend aus dem Blickwinkel bei-spielsweise von Industrie 4.0, aber auchvon Smart-Health-Anwendungen ist, dassalle Unternehmen in digitale Wertschöp-fungsnetzwerke eingebunden werden. Ca. 70 Prozent der Industrieunterneh-mensindallerdings in ländlichenRäumenbeheimatet, in denen Wirtschaftlichkeitslü-cken beim Breitbandausbau bestehen (IWConsult 2013). Ohne Erschließung dieserRäume wird Industrie 4.0 nicht ihr voll-ständiges Potenzial entfalten – und dieUnternehmen stehen imRisiko, ihreWett-bewerbsfähigkeitsukzessiveeinzubüßen.

Kurz gefasst:•Breitbandinfrastruktur flächendeckend

und technologieneutral ausbauen bei FestnetzundMobilfunk;

•Netzausbau auf 50 Mbit/s nur als Zwi-schenzielbegreifen;

•Kommunikationsinfrastrukturen für dieQualitätsanforderungenderindustriellenAnwendungsfelder leistungsfähig ent-wickeln (Industriefähigkeit durch hoheBandbreiten,geringeLatenz,Symmetrie,Stabilitätetc.);

•zusätzliche Investitionsprojekte fördernundalsöffentlich-privatePartnerschaften(PPP)aufbauen.

4. Schlüsseltechnologien stärken

HerausforderungenSowohldieBefragungalsauchdieDaten-bank- und die Literaturanalyse kommen zudemBefund,dassDeutschlandnicht inallen Schlüsseltechnologien gut positioniert istundinsbesondereindenBereichenNetz-kommunikation und Datenanalyse, aber auchinbestehendenStärken,z.B.beiMi-kroelektronik, Sensorik, Aktorik und Embed-dedSoftware,Handlungsbedarfbesteht.

HandlungsempfehlungenAls stark exportorientierte Wirtschaft sollte Deutschland sich eine starke Stellung in allen relevanten Schlüsselkompetenzen er-halten bzw. erarbeiten. Dies ist eine Auf-gabefürdieBildungundAusbildung,aberauchzentralfürdieFörderpolitik,dieeinenFokus auf den Kompetenzaufbau legenmuss.

Dafür sind die öffentliche Forschung unddie Forschungsförderung gerade für dieseSchlüsseltechnologien zu verstärken undeine kohärente, ressortübergreifende For-schungs- und Innovationspolitik zu verwirk-lichen.

28 https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-21-breitbandausbau.html, zuletzt abgerufen am 26.9.16.

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Kurz gefasst:•Regelmäßiges Kompetenzmonitoring zur

Erkennung von technologischen und nicht technologischenKompetenzbedarfen;

•Ausbau von FuE-Forschungsschwerpunk-ten mit internationaler Ausstrahlung auf Basis der Ergebnisse des Kompetenzmo-nitoringund kurzfristig v. a. in denBe-reichen Netzkommunikation und Daten-analyse.

5. Wertschöpfungspotenziale der Digitalisierung weiter heben

HerausforderungenDieDigitalisierungisteineChancefürdenStandort Deutschland. Allerdings zeigt sich auch große Zurückhaltung bei einzelnen Gruppen,beispielsweisebei vielenkleinenundmittelständischenUnternehmen sowie–nachunserenAnalysen–auchbeisolchenUnternehmen, die sich nicht zu den Markt-führerninihremjeweiligenSegmentzählenbzw. eine niedrige bis mittlere Produktkom-plexitätaufweisen.DieDigitalisierungkannaber nur dann gelingen, wenn möglichstviele Akteure mitziehen, ihre jeweiligen Chancen und Möglichkeiten ausloten undsie dann auch ergreifen.

DieBefundedieserStudielegennahe,dassdie Entwicklungen durch innovationspoliti-sche Unterstützung maßgeblich beschleu-nigtwerdenkönnen.DieDigitalisierungderdeutschen Wirtschaft steht noch am Anfang und benötigt einen zusätzlichen AnschubdurchöffentlicheUnterstützung (beispiels-weise bei der Netzwerkbildung) und För-derung, vor allem da Deutschland als stark exportorientierteNationnichtiminternati-onalen Wettbewerb zurückfallen darf.

Deutschlands Wirtschaft hat bisher keine ausgeprägten Stärken bei Plattformange-boten und ist auch bei auf Konsumenten-märkte ausgerichteten Dienstleistungs-innovationen nicht an der Spitze des internationalen Wettbewerbs. Dies hat einerseits strukturelle Ursachen, die sich unteranderemdurchdiegeringeGrößedes

nationalen Markts und die weiterhin starke Fragmentierung des europäischen Marktserklären lassen. Hier haben große Länderwie die USA, aber neuerdings auch Chinadeutliche Vorteile.

Die fehlende Klarheit über die Nutzungs-rechte maschinell erzeugter bzw. von Pro-zessdaten erschwert es den Unternehmen derzeit, neue datenbasierte Geschäftsmo-delle zu entwickeln und umzusetzen.

Die Untersuchung hat jedoch gezeigt, dass esfürdenGesetzgeberderzeitnochkeinenunmittelbarenHandlungsdruckzurgesetzli-chenRegelungbezüglichderDatennutzunggibt, denn dies würde den Möglichkeits-raum, der sich erst noch klar herausbilden muss,unmittelbareinschränken.Eskönntendann sogar Nachteile im internationalenWettbewerbentstehen.Klaristaberbereitsheute, dass es bei einer zu erreichenden generellenRegelungnichtumdieFragedesDateneigentums geht, sondern um Fragen der Datennutzung.

HandlungsempfehlungenEs istwichtig,denWandelvonWertschöp-fungskettenhinzuWertschöpfungsnetzwer-ken zugestalten.DieseNetzwerkemüssenzunächstumfassend–auchunterEinbezugder KMU – aufgebaut werden. Hier sindAufklärungsarbeit, Informationskampag-nenundHilfsangebote(dazugehörenauchDemonstrationsprojekte)hilfreich.

Die bereits bestehende hohe Wissensin-tensität der Elektroindustrie muss weiterausgebaut werden, um international die Konkurrenzfähigkeit zu gewährleisten. Diehervorgehobene Bedeutung der Elektroin-dustrie macht sie dabei zu einem Erfolgs-faktor der Digitalisierung. Die FuE- und Innovationsausgaben müssen gesteigert werden, um in wichtigen Schlüsseltechnolo-gien führend zu bleiben und um Vorsprünge im internationalen Wettbewerb zu erhalten bzw. zu erreichen.

Esistwichtig,dieDigitalisierungalsChancezu begreifen. Dabei nehmen die Großun-

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ternehmen und auch einige Forschungsein-richtungen derzeit eine Vorreiterrolle ein. Hier sind neben den Unternehmen selbstvor allem Verbände und auch die Politikgefragt, die durch entsprechende Informati-onenundDemonstrationsprojektezunächstdie Informationsdiffusion und in weiteren Schritten dann die Anwendung bzw. Umset-zung unterstützen sollten.

Deutschland sollte nicht danach streben, die bestehenden Lücken bei der Ausrichtung aufKonsumentenmärkte schließen zuwol-len. Vielmehr sollte sich die deutsche Volks-wirtschaftbemühen–undhiersinderneutzuallererst die Unternehmen, darüber hinausaberauchdieöffentlicheForschungunddiePolitik inderPflicht–,diebeste-henden Stärken in den B2B-Märkten zuerhalten und zu erweitern. Dies kann und mussauchdurchgänzlichneueGeschäfts-modelle im Bereich der Smart Servicessowie der Smart Products erfolgen.

EsbestehtRegelungsbedarfbeiverschiede-nen widersprüchlichen Richtlinien wie derFunkanlagen-, der Fahrzeug-, der Maschi-nen- oder der Niederspannungsrichtlinie,diesichteilweisewidersprechen.Notwendigwird dies nicht zuletzt aufgrund der Ver-schränkung von Technologien, denn wennbeispielsweise Maschinen in Zukunft noch stärker um Mobilfunkkomponenten erwei-tert werden, dann werden solche Widersprü-chezuHindernissen.HieristderGesetzge-ber gefragt, der im Dialog mit Unternehmen und Verbänden die Regelungen anpassenmuss.

Kurz gefasst:•Erhöhung der Umsatzanteile mit Digi-

talisierungsangeboten v. a. bei neuen Geschäftsmodellen und Smart Servicesanstreben;

•Förderung von Wissensnetzwerken undder Kooperation zwischen Unternehmenund Unternehmen und Wissenschaft durch Verbundprojekte und Plattform-förderung; zur Verbesserung der Diffu-sion von Innovationen Informations- und Hilfsangebotschaffen;

•datengetriebene Innovationen stärkerunterstützen: Datennutzungsrechte klä-ren, jedoch zu frühe, innovationshem-mende Regulierungen für datenbasierteDienstevermeiden;

•Regelungsbedarf abarbeiten bei wider-sprüchlichen Richtlinien, wie der Funk-anlagen-, der Fahrzeug-, der Maschinen- oderderNiederspannungsrichtlinie.

6. Forschungs- und Innovationspolitik neu denken und an der digitalen transformation ausrichten

HerausforderungenInnovation speist sich nicht ausschließlich aus Forschung und Entwicklung (FuE). Sieentsteht zunehmend beispielsweise auch im (wissensintensiven) Dienstleistungsbereich.Reine Forschungs- oder Technologieförde-rung greift hier zu kurz. Die sich infolge der Digitalisierung abzeichnenden transforma-tivenEntwicklungeneröffneninsbesondereimBereichderSmartServicesgroßePoten-ziale, z. B. auch für diejenigen Unterneh-men, die bislang noch wenig forschen oder innovieren. Im Falle des Verarbeitenden Gewerbes erfordert die Digitalisierung dieEntwicklung neuer Geschäftsmodelle, wobisherige Vorgehensweisen sich als zukünf-tig obsolet erweisen.Dies gilt z. B., wennUnternehmen durch additive Fertigung („3D-Druck“) die Fertigung von Bautei-len, die bislang von Zulieferern gefertigt wurden, zurück ins eigene Unternehmen verlagern.

Umso dringlicher ist die Erweiterung des Förderinstrumentariums, als seit Jahren inDeutschland–nichthingegenindenaller-meistenanderenLändern–einerückläufigeInnovatorenquote zu verzeichnen ist. DiesgehteinhermiteinerstärkerenKonzentra-tionderInnovationsaktivitätenaufwenige,meistgroßeUnternehmen.GeradeVielfaltundBreitesindjedocheinzubewahrendesGut, um die Möglichkeiten und Chancensowie insbesondere die internationale Wett-bewerbsfähigkeit zu erhalten. Im Übrigenzeigt sich,dass inDeutschlanddieöffent-

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liche Förderung privater FuE hinter derdes Großteils der anderen, besonders inderDigitalisierunggutpositionierten Län-der wiebeispielsweisederUSA,Kanadas, Chinas oder Südkoreas zurückbleibt. DieRegierungen anderer Länder können undwollen hier offensichtlich ihren Gestal-tungsspielraumdeutlichstärkerausfüllen.

Die in der Digitalen Agenda der Bundes-regierung benannten BereicheAutonomik,3D-Druck,BigData,CloudComputingundMikroelektronik sind wichtig, jedoch ist unklar, aufgrund welcher Evidenz sie aus-gewählt wurden. Zudem sind sie derzeitnichtallemitgutdotiertenFörderprogram-menunterlegt.Voneiner kohärenten stra-tegischen Vorgehensweise kann noch nicht gesprochen werden. Das zeigt sich auch darin, dass die Digitale Agenda und die Hightech-Strategie der Bundesregierungderzeit mehr nebeneinander als zusammen-hängendexistieren.DiesemangelndeKohä-renz undTransparenzbei derBestimmungund Umsetzung von Förderschwerpunktenkann zudem einer stärkeren gesellschaft-lichen Unterstützung der Forschungs- und Innovationspolitik entgegenwirken.

Die Bereitstellung großer FördersummenfürprioritäreAufgabenistindenvergange-nenzehnJahreninderRegelthemenoffenerreichtworden,wennmanandieBeispieleder Exzellenzinitiative oder des Spitzen-clusterwettbewerbs denkt. Allerdings gibt es auch große Pfadabhängigkeiten in derFörderpolitik,diesichausderlangjährigenTechnologieförderungergebenunddiesichbei gesellschaftlichen HerausforderungenwiederDigitalisierungalsHemmniserwei-sen. Eine abgestimmte Vorgehensweise zwi-schen einzelnen zuständigen Referaten inden Ministerien bzw. übergreifend zwischen BMWi und BMBF kommt nicht zustande,wodurch eine kohärente und transparente(finanzielle wie strategische) Technologie-und Innovationspolitik deutlich erschwert wird.

In Deutschland erhöht sich die Technolo-gieintensität der Produkte vielerBranchendurch den Leistungsaustausch mit der

Elektroindustrie. Wissensnetzwerke spielen dabei eine immer wichtigere Rolle. DamitImpulsederElektroindustriestärkergenutztwerdenkönnen,müssenRäumezurZusam-menarbeit entstehen. Auf Unternehmen-sebenebestehtgrundsätzlichdasInteresse,sich mit anderen Unternehmen zu vernet-zen,wieRegionalstudienzeigen.AllerdingsfehltesvorOrtangeeignetenRäumenfürVernetzung und konkrete Innovationsideen (IW Consult 2016b). Daher bedarf es vorallem solcher Räume, in denen sich etab-lierte und junge Unternehmen zusammen-findenundneueIdeenfürdieNutzungderElektrotechnikentwickelnkönnen.

HandlungsempfehlungenDer Innovationsbegriff, der in der Innovati-onsforschungbereitsseitLängerembreitergefasstwird (OECD, Eurostat 2005), sollteauchinderFörderungsowieinderinnova-tions- und wirtschaftspolitischen Diskussion konsequenter genutzt werden. Es könntesich dann die Innovationsorientierung bei Dienstleistungen weiterentwickeln und da- beihelfen,diebestehendeSchwächeindie- semBereich(Software,Plattformen,daten-basierte Geschäftsmodelle) zu verringern.

Hierfür ist das bereits verwendete FormatderInnovationsplattformen–wiebeispiels-weiseIndustrie4.0,Elektromobilität,Ener-giewende – grundsätzlich geeignet, da esflexibleundzielorientierteEntscheidungenermöglichtsowieinsbesonderedasZusam-menführen der unterschiedlichen Kompe-tenzenundBedarfeerlaubt.

Die Digitalisierung muss aber auch gleich-zeitig als Chance für diejenigen begriffenwerden, die bisher noch wenig forschen oder innovieren. Damit wird aus betriebs-wirtschaftlicherSichtdieWettbewerbsfähig-keit der Unternehmen gesteigert und somit aus volkswirtschaftlicher Sicht eine weitere Forschungs- und Wissensintensivierung möglich. Ein besonders geeignetes Mittel,um den Kreis der forschenden Unterneh-menzuvergrößern,istdieEinführungeinersteuerlichenFuE-Förderung.

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Die Chance für den Standort Deutsch-land liegt in der gezielten Erweiterung undAnpassung–also inderVerknüpfungder Exzellenz in „der alten Welt“ mit den Chancen der „neuen Welt“. Eine stärkereKoordination zwischen den Ressorts – aufBundes- wie auch Landesebene – sowieeine Umsetzung der Missionsorientierung in der Programmplanung und -durchfüh-rung sind dabei gerade bei Querschnitts- und Schlüsselthemen wünschenswert. Die ursprüngliche IdeederHightech-Strategie,dieseKoordinationherzustellen, solltemitmehr Nachdruck verfolgt werden. Ebensosollte sich der Ansatz der Missionsorientie-rung,dermitderHightech-Strategie2020imJahr2010eingeführtwurde,inderPro-grammplanung und -ausstattung sowie in denStrukturenderRessortsniederschlagen.

Für viele Unternehmen, ob etabliert oder jung,wirddieGeschäftsmodellentwicklungeine zentrale Aufgabe im Zusammenhang mit der Digitalisierung. Dies betrifft nicht nur Big Data oder Cloud-Anwendungen.Ebenso werden viele Unternehmen vor der Aufgabe stehen, organisationale oder Marketing-Innovationen und Strategien für Internationalisierung(auchvonWertschöp-fungsnetzen) zu entwickeln. BMWi undBMBF sollten ergänzend zur Technologie-und Forschungsförderung explizit Innova-tionen, v. a. nicht technische Innovationen fördern.Diesmussumfassendergeschehen,alsesinderDigitalenAgendaderBundes-regierung formuliert ist (Bundesregierung2014;Bundesregierung2015).

Um einen wirklichen Anschub der Digitali-sierung zu realisieren, ist es gerechtfertigt, zeitweise auch besonders marktnahe Inno-vationsaktivitäten zu fördern.29 In diesem Zusammenhang, in dem Zeit oft auch ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer Innovation ist, versteht es sich von selbst, dass Antrags- und Genehmigungsverfah-renzügig,flexibelundmitangemessenemAufwand ablaufen. Das Zentrale Innovati-onsprogrammMittelstand (ZIM) des BMWibietet als technologieoffenes Programm die geeignete Plattform dafür, deren Potenzial nochweiterausgeschöpftwerdenmuss.

Es ist für Unternehmen insgesamt, ins-besondere aber für neu in die öffentlicheFörderungeinsteigendeUnternehmen,auf-grund der Vielzahl der unterschiedlichen Programme und ihrer Anforderungen eine große Herausforderung, sich einen Über-blick zu verschaffen. Die Förderberatungals„One-Stop-Shop“kannhierhelfenundsollte daher noch weiter ausgebaut werden. In bestimmten Themen und insbesonderebei neu entstehenden TechnologiefeldernsolltendieRegelnfüreineöffentlicheFör-derung so angepasst werden, dass auch sehr junge und noch nicht gänzlich profitableUnternehmengefördertwerdenkönnen.

DieFörderpolitikkanndieRollevonVorrei-tern, wie es im Fall der Digitalisierung die (Groß-)Unternehmen der Elektroindustriesind, nutzen. Eine spezielle Netzwerkför-derungsollteimZuständigkeitsbereichdesBMWi(ggfs.auchinKoordinationmitdemBMBF)eingerichtetwerdenundaufUnter-nehmensnetzwerke (z. B. Wertschöpfungs-netze)zielen,indenenKMUvonVorreiternderDigitalisierunginihremNetzwerkprofi-tierenkönnen.

Auch die Einrichtung eines Zugangs zu vor-wettbewerblichen Entwicklungs- bzw. Test-einrichtungen und ggfs. zu Pilotanlagen (fürTestsunter„Realbedingungen“unddenNachweis der Serienreife) kann Kooperati-onen intensivierenunddabeihelfen,KMUbei der Digitalisierung zu unterstützen. Maßgebliche Akteure hierfür sind neben denzuständigenMinisteriendieUnterneh-men, die Vorreiter der Digitalisierung sind, sowiedie Eigentümer von relevantenTest-umgebungen(z.B.TechnologiezentrenoderForschungseinrichtungen). Die Einrichtun-gen könnten zudem als Anlaufstellen fürfachlich fundierte Innovationsberatung für KMUausgebautwerden.

Angesichts des Megatrends Digitalisierung als Querschnittstechnologie ist eine Stär-kung der Vernetzung der Elektroindustrie mitanderenBranchenvonBedeutung,umdieHerausforderungendesneuenTrendszubewältigen.DiegeradeaufgebautenIndus-trie-4.0-Kompetenzzentren weisen hier

29 Vgl. dazu auch die Argumentation von Stokar et al. (2014), die in ihrer Evaluation der Schweizer Maßnahmen zur Abfederung der Frankenstärke eine auf Krisen zeitlich begrenzte Förderung sog. Marktprojekte befürworten.

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in die richtige Richtung. Hier können dieAkteure aus verschiedenen Branchen undunterschiedlicherUnternehmensgrößenzu-sammenkommen, um die Impulse aus der Elektroindustrie zu nutzen. Dabei sollte da-rauf geachtet werden, Wissenstransfers für alleFacettenvonIndustrie4.0zugewähr-leisten. Ein wichtiges Instrument dazu sind Industrie-4.0-Häuser.

Kurz gefasst:•Breiteren Innovationsbegriff zugrundelegen, digitale Geschäftsmodellentwick-lungbzw.SmartServicesstärkerberück-sichtigen;

•Förderinstrumentarium um steuerlicheFuE-Förderung neben der Projektförde-rungergänzen;

•KohärenzundTransparenzderstaatlichenFörderungsteigernunddiesekonsequentan der Hightech-Strategie ausrichten;stärkereKoordinationzwischendenRes-sorts–aufBundes-wieauchLandesebene–geradeinBezugaufQuerschnitts-undSchlüsselthemenanstreben;

•digitale Schlüsseltechnologien mit aus-reichender kritischer Masse fördern undden Aufbau von Exzellenzzentren fort-führen;zugleichStärkungthemenoffenerFörderangebote;

•ZIM weiterentwickeln: marktnahe Innova-tionsaktivitäten(weiteralsbisherinZIM)fördern;

•spezielleNetzwerkförderungvonGroßun-ternehmen und KMU im Förderangebotergänzen;

•WissensnetzwerkestärkenundKooperati-onenfördern:Kompetenzzentrenz.B.nach dem Vorbild der Industrie-4.0-Kompe-tenzzentrenauchfürdieanderenThemen-felderbzw.Schlüsselmärkteausbauen.

7. Volkswirtschaftliche Indikatorik weiterentwickeln

HerausforderungenDie derzeitige Innovationspolitik, aber auch dieGeschäftsprozesseindenUnternehmenfolgen noch sehr stark dem eingefahrenen Muster der technologie- und FuE-zentrierten

Perspektive.HiermusseinPerspektivwech-selerreichtwerden,dergerademitBlickaufdieneuenGeschäftsmodelleunddieChan-cen der Digitalisierung neue Schwerpunkte setzt.InnovationwirdhäufigmitFuEgleich-gesetztbzw.alsunmittelbaresResultatvonForschung und Entwicklung gesehen. Dieser kausale Effekt ist heute aber keineswegs mehrindergleichenIntensitätgegebenwienoch vor zehn oder 20 Jahren. Innovationen imBereichderDienstleistungenlassensichselten auf (formale) FuE-Prozesse zurück-führen, sondern entstehen unter anderen Rahmenbedingungen.Mandenkehierbei-spielsweiseankundenspezifischeLösungen,die zu innovativen Ansätzen verallgemei-nert werden.

HandlungsempfehlungenEinerseits muss die bestehende Indikatorik imBereichderFuEerweitertundverbessertwerden, weg von einer reinen Wirtschafts-zweig-Perspektive hin zu einem stärkertechnologiezentrierten Zugang. Wichtig ist es, die Innovationsaktivitäten sichtbarzu machen, die für eine Verbreitung des Wissens indenWertschöpfungsnetzen sor-gen. Ansonsten werden auch in Zukunft die Querschnittsbranchen und Querschnitts-technologien – zu diesen gehören nebenzahlreichenTeilbereichenderElektroindus-trie auch Umwelttechnologien und biswei-len auch neue Materialien – nicht hinrei-chend erfassbar bleiben.

Es müssen Kennzahlen bzw. Indikatorengefunden werden, die die Bedeutung derIndustrie (als Ganzes) für die modernenund digitalisierten Volkswirtschaften erfas-sen können. Der sekundäre und der terti-äreSektorwerdensichweiterverschränken.Insbesondere die Enabler-Funktionen ein-zelner Technologienbzw. Sektoren, die alsSchlüssel für den gesamtwirtschaftlichen Erfolg maßgeblich sind, müssen adäquatgemessen werden. Internationale Vergleich-barkeit ist auf dieser Aggregationsebene unumgänglich, um den eigenen Entwick-lungsstandbenchmarkenzukönnen.Dane-benmussmithilfe zusätzlicher Indikatorendie Digitalisierung selbst erfassbar werden.

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Da gänzlich neue Faktoren relevant wer-denbzw.sichbestehendeZusammenhängeverändern sowie Innovationen und derenErfolgneudefiniertwerden,istauchindie-ser Hinsicht eineAnpassung der Innovati-onsindikatorendringendnötig.

Auch bei den Investitionskennzahlen be-steht Anpassungsbedarf. Zwar bleiben die „klassischen“ Ausrüstungsinvestitionen eine wichtige Größe. Darüber hinaus müssenaber vor allem auch FuE-, Innovations- und Bildungsaufwendungen sowie Investitio-nen in nicht tangible Assets bzw. Wissens-/Humankapital oder Software und Prozessebesser erfasst bzw. stärker berücksichtigtwerden (erweiterter Investitionsbegriff).Letztlich ist sicherzustellen, dass auch die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung imdigitalenZeitalteraussagekräftigbleibtundder sichwandelndenBedeutungderBran-chenimWirtschaftsgefügeRechnungträgt.

Einige der Indikatoren, die diese neuen undverändertenFunktionenjeweilsinTeil-aspekten erfassen können, wurden bereitsin dieser Untersuchung verwendet. So bie-ten computerimplementierte Erfindungenzumindest einen Ansatz zur Erfassung von Softwarekompetenzen. Die VerschränkungderBranchenimRahmenderInput-Output-RechnungenunddieBewertungderSchlüs-seltechnologien bzw. Wissensnetzwerke sind hier weitere bereits analysierte Informatio-nen.InderStudie(Kapitel4)werdendazubeispielsweise die im Vorleistungsaustausch implizit steckendenWissensverflechtungenzwischenBranchenalsIndikatorverwendet.

WeitereindieserHinsichtbedeutsameIndi- katoren sollten stärker auch die intangi-blenWertebzw.daswissensbasierteKapital(Intellectual Property, Software/IKT-Investi-tionen, Humankapital/Weiterbildung, Ma- nagementprozesse) erfassen. Neben denhier angewendeten Indikatoren zur Erfas-sung der sektoralen Verflechtungen sindauch Indikatoren zu Interaktionen bzw. Kooperationen zwischen Wissenschaft undWirtschafteinAnsatzpunkt.Nichtnurdurchdie Verbreitung der technologischen Aus-

richtungen in allen Wirtschaftsbereichen, sondern auch durch beschleunigte Innova-tionszyklen und die steigende Integration unddamitauchKomplexitätwirddieeffizi-enteOrganisationderWissensflüsseinner-halb einer Volkswirtschaft noch bedeutsa-mer werden.

Künftige Maßzahlen könnten bereitsbekannte und eingesetzte Indikatoren wie Kopublikationen, Kopatente, Verbundfor-schung, Drittmittel, Kommerzialisierungakademischer Patente durch Unternehmen sein, die jedoch sowohl konzeptionell als auch innovationstheoretisch an die neuen Fragestellungen angepasst werden müssen. Ein wichtiger Aspekt, der in Zukunft eben-falls an Bedeutung zunehmen wird, sindGründungen von wissensbasierten Start-ups, Inkubatoren und schnell wachsende Unternehmen, die den Strukturwandel vorantreiben. Daneben muss aber auch der Strukturwandel innerhalb von Unter-nehmen bzw. Branchen erfassbar werden.Dies könnte beispielsweise mithilfe vonAusgründungen aus Unternehmen und ggf. deren späterer Rückholung/EingliederunginbestehendeKonzernstrukturenerfolgen.

Kurz gefasst:•VolkswirtschaftlicheGesamtrechnung,In- dikatoren und Kennzahlen weiterent-wickeln, damit sie auch im Zeitalter der Digitalisierungnochaussagekräftigblei-benunddieBedeutungderBranchenimWirtschaftsgefüge adäquat widerspie-geln.

•Investitionen weit fassen: über die „klas-sischen“ Ausrüstungsinvestitionen hinaus vor allem auch FuE-, Innovations- und Bildungsaufwendungen sowie Investitio-nen in nicht tangible Assets bzw. Wissen-/Humankapital,SoftwareundProzesseetc.mitberücksichtigen. Im weitesten Sinne kann darunter auch der erweiterte Inno-vationsbegriff verstanden werden.

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AbbildungsverzeichnisAbbildung1: AufmerksamkeitfürDigitalisierungindenOnlinemedien 11Abbildung2: DimensionenderDigitalisierung 12Abbildung3: DigitaleAngebotederElektroindustrie 13Abbildung4: DigitalIndexnachBranchen 15Abbildung5: VerteilungdesDigitalIndex 15Abbildung6: DigitalIndex–ElektroindustrienachGrößenklassen 16Abbildung7: Industrie4.0ReadinessCheck 16Abbildung8: AnwendungundgeplanteAnwendungdigitalerTechnologienimVerarbeitendenGewerbe 18Abbildung9: NutzungsintensitätderdigitalenTechnologienimVerarbeitendenGewerbe 19Abbildung10: VerbreitungdigitalerTechnologiennachBranchen 20Abbildung11: HemmnissederDigitalisierung 22Abbildung12: UnzulänglicheBreitbandinfrastrukturalsHemmnisderDigitalisierunginderElektroindustrie 27Abbildung13: BeiträgederElektroindustriezuKernelementendesGeschäftsmodellsDeutschland;Datenfür2015 32Abbildung14: AnteilederElektroindustrieanallentransnationalenPatentenderjeweiligenLänder(2011–2013) 34Abbildung15: ProduktionsnetzwerkElektroindustrieimIn-undAusland 38Abbildung16: RelevanzverschiedenerTechnologiefelderfürdieeigeneunternehmerischeTätigkeit 41Abbildung17: HerkunftderfürdasHauptproduktbenötigtenElektronikbauteile/-komponenten 42Abbildung18: InternationalesFuE-NetzwerkderdeutschenElektroindustrie2011 43Abbildung19: FuE-SaldodurchdenLeistungsaustauschderdeutschenElektroindustrie 44Abbildung20: InnovationsnetzwerkderdeutschenElektroindustrie2012 45Abbildung21: HoheBedeutungderTechnologien(AuswahlmitFokusaufElektroindustrie)fürdieeigeneWettbewerbsfähigkeit 47Abbildung22: Top20verknüpfteTechnologienmitderdeutschenElektroindustrie 48Abbildung23: KooperationmitUnternehmenderElektroindustriebeiFuEoderInnovation 48Abbildung24: BedeutungderElektroindustrieinfünfJahren 49Abbildung25: Unternehmenstypen,dieeinepositiveWirkungderDigitalisierungaufihreWettbewerbsfähigkeiterwarten 53Abbildung26: VeränderungderBedeutungvonElektronikbis2021 55Abbildung27: EigeneNutzungvondigitalenProduktenundDienstleistungenzurProzessoptimierung 55Abbildung 28: Verkauf von digitalen Produkten und Dienstleistungen 55Abbildung 29: Anteil der Elektroindustrie an den Patenten deutscher Anmelder in Schlüsseltechnologien der Digitalisierung 57Abbildung30: AnteilederElektroindustrieanallencomputerimplementiertenErfindungeneinesLandes,2011–2013 58

tabellenverzeichnisTabelle1: UmsätzemitdigitalenProduktenundDienstleistungen 14Tabelle2: DigitaleTechnologienfürdenEinsatzinderProduktion 17Tabelle3: BewertungderTOP-3-HemmnisseinderElektroindustrienachUnternehmensgröße 23Tabelle4: BewertungdigitalerKompetenzeninDeutschland 23Tabelle5: PositionDeutschlandsindenSchlüsseltechnologienderElektroindustrie 25Tabelle6: ZusammensetzungderElektroindustrienachAbgrenzungdesZVEI 31Tabelle7: LänderanteileandenWelt-Elektroexporten 33Tabelle8: LeitmärktederElektroindustrie 35Tabelle9: Marktführerschaft 36Tabelle10: Konkurrenzsituation 36Tabelle11: VorleistungenderDrehscheibenindustrienanandereBranchen(2012) 39Tabelle12: RollederElektroindustrieinWertschöpfungskettenfürandereBranchen 40Tabelle13: AusrichtungderUnternehmensstrategieaufdigitaleTransformation 51Tabelle14: AusrichtungderUnternehmensstrategieaufdiedigitaleTransformationnachderKomplexitätdesProduktprogrammsundMarktführerschaft 52Tabelle15: AuswirkungderDigitalisierungaufdieWettbewerbsfähigkeitinfünfJahren 52Tabelle16: BeurteilungderChancenderDigitalisierung 54Tabelle17: BeitragderElektroindustriezurDigitalisierungsstrategiederKunden 54Tabelle18: UmsätzemitdigitalenProduktenundDienstleistungeninfünfJahren 56Tabelle19: ÜbersichtüberdieHandlungsempfehlungenzurÜberwindungderidentifiziertenHemmnissederDigitalisierung 68

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