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Informationsbulletin der SWISSCONSULT-Organisation 01/14 Darf ein Manager «Mensch» sein? Liest man Anleitungen zum Führen und Rezepte für Vorgesetzte, dann muss eine Führungskraft fehlerfrei sein. Gerecht, korrekt, kommunika- tiv, fachlich überragend, charisma- tisch, ideenreich, dynamisch und trotzdem ruhig usw. Geringstes Fehl- verhalten wird umgehend zur An- griffsfläche für alle, die mit Plänen und Anordnungen von Führungs- kräften weniger übereinstimmen. Dabei sind Manager nur Menschen, wie andere auch. Sie sind nicht jeden Tag in Hochform, sie haben menschliche Schwächen sowie Antipathien und Sympathien. Es ist richtig, dass man Manager in ihrer Umgebung als Menschen und nicht als roboterhafte Halbgötter erkennt. Denn zu Menschen kann man Vertrauen haben, mit Men- schen kann kommuniziert werden, Menschen können verzeihen und Menschen können andere Men- schen spürbar und tiefgründig ach- ten und respektieren. Manager brauchen Empathie. Em- pathie gilt als wichtigste Fähigkeit für eine sozialkompetente Führung. Manager müssen sich in andere Menschen hineindenken und hin- einfühlen können. Sie müssen ihre Motivationsgründe spüren. Sie müs- sen ihre Sprache den andern Men- schen anpassen, damit sie verstan- den werden. Sie dürfen Gefühle zei- gen wie erfolgreiche Fußballtrainer am Platzrand, Begeisterung bei Er- folg, Enttäuschung bei Misserfolg. Sie müssen authentisch sein. Alles, was sie verlangen, fordern und an- ordnen, muss auch für sie selber gel- ten. Dass dabei Fehler passieren, ist menschlich verständlich. Deshalb Fehler zugeben, sich entschuldigen und darüber lachen und nicht noch Fehler – wenn sie passiert sind – an- dern in die Schuhe schieben oder sogar daran festhalten. Wer selber Mensch ist, sieht und spürt die Gefühlsreaktionen ande- rer Menschen, die durch seine Worte und Taten ausgelöst werden. Jeder Manager muss manchmal seine Mitarbeiter enttäuschen, wenn der wirtschaftlichen Entwick- lung entsprechend Veränderungen anstehen. Stellt er sich blind und taub gegen die entstehenden Re- aktionen, öffnet sich zwischen ihm und den Betroffenen ein Graben. Dienst nach Vorschrift, innere Kündi- gung und blockierte Informationen sind die Folge. Das Gegenteil von dem, was zu erreichen geplant war, trifft ein. Schwelende Konflikte be- hindern Arbeitsabläufe bezüglich Zeit und Qualität. Viele Manager merken nicht, was für Gefühle ihre Anordnungen und Weisungen auslösen. Sie achten auch nicht darauf, weil sie vielleicht sogar gelernt haben, dass im Busi- ness nur das Rationale zählt. Ge- fühle hätten nichts zu suchen. Aber geführt wird heute je länger je weni- ger mit Befehl. Führungskräfte müs- sen ihre Mitarbeiter in ihre Vorstel- lungen einbinden und sich versi- chern, dass sie gleiche Ziele anstre- ben. Das geht nur mit Empathie. jb Inhaltsverzeichnis: Darf ein Manager «Mensch» sein? Wie Stellenanzeigen Kandidaten nicht ansprechen, sondern abschrecken. Welche(r) Personal- berater/in ist richtig? Sympathisieren Sie schon oder verkaufen Sie noch? Bild von Morris Mendi, Genf

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Informationsbulletin der SWISSCONSULT-Organisation

01/14

Darf ein Manager«Mensch» sein?

Liest man Anleitungen zum Führenund Rezepte für Vorgesetzte, dannmuss eine Führungskraft fehlerfreisein. Gerecht, korrekt, kommunika-tiv, fachlich überragend, charisma-tisch, ideenreich, dynamisch undtrotzdem ruhig usw. Geringstes Fehl-verhalten wird umgehend zur An-griffsfläche für alle, die mit Plänenund Anordnungen von Führungs-kräften weniger übereinstimmen.

Dabei sind Manager nur Menschen,wie andere auch. Sie sind nichtjeden Tag in Hochform, sie habenmenschliche Schwächen sowieAntipathien und Sympathien. Esist richtig, dass man Manager inihrer Umgebung als Menschen undnicht als roboterhafte Halbgöttererkennt. Denn zu Menschen kannman Vertrauen haben, mit Men-schen kann kommuniziert werden,Menschen können verzeihen undMenschen können andere Men-schen spürbar und tiefgründig ach-ten und respektieren.

Manager brauchen Empathie. Em-pathie gilt als wichtigste Fähigkeitfür eine sozialkompetente Führung.Manager müssen sich in andereMenschen hineindenken und hin-einfühlen können. Sie müssen ihreMotivationsgründe spüren. Sie müs-sen ihre Sprache den andern Men-schen anpassen, damit sie verstan-den werden. Sie dürfen Gefühle zei-gen wie erfolgreiche Fußballtraineram Platzrand, Begeisterung bei Er-folg, Enttäuschung bei Misserfolg.Sie müssen authentisch sein. Alles,

was sie verlangen, fordern und an-ordnen, muss auch für sie selber gel-ten. Dass dabei Fehler passieren, istmenschlich verständlich. DeshalbFehler zugeben, sich entschuldigenund darüber lachen und nicht nochFehler – wenn sie passiert sind – an-dern in die Schuhe schieben odersogar daran festhalten.

Wer selber Mensch ist, sieht undspürt die Gefühlsreaktionen ande-rer Menschen, die durch seineWorte und Taten ausgelöst werden.Jeder Manager muss manchmalseine Mitarbeiter enttäuschen,wenn der wirtschaftlichen Entwick-lung entsprechend Veränderungenanstehen. Stellt er sich blind undtaub gegen die entstehenden Re-aktionen, öffnet sich zwischen ihmund den Betroffenen ein Graben.Dienst nach Vorschrift, innere Kündi-gung und blockierte Informationensind die Folge. Das Gegenteil vondem, was zu erreichen geplant war,trifft ein. Schwelende Konflikte be-hindern Arbeitsabläufe bezüglichZeit und Qualität.

Viele Manager merken nicht, wasfür Gefühle ihre Anordnungen undWeisungen auslösen. Sie achtenauch nicht darauf, weil sie vielleichtsogar gelernt haben, dass im Busi-ness nur das Rationale zählt. Ge-fühle hätten nichts zu suchen. Abergeführt wird heute je länger je weni-ger mit Befehl. Führungskräfte müs-sen ihre Mitarbeiter in ihre Vorstel-lungen einbinden und sich versi-chern, dass sie gleiche Ziele anstre-ben. Das geht nur mit Empathie.

jb

Inhaltsverzeichnis:

Darf ein Manager«Mensch» sein?

Wie StellenanzeigenKandidaten nichtansprechen, sondernabschrecken.

Welche(r) Personal-berater/in ist richtig?

Sympathisieren Sieschon oder verkaufenSie noch?

Bild von Morris Mendi, Genf

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Wie StellenanzeigenKandidaten nichtansprechen, son-dern abschrecken.Der vielzitierte «war on talent» istin vollem Gange und das Pendelscheint sich zugunsten der «klügstenKöpfe» zu bewegen. Der heute be-reits erhebliche Fachkräftemangel,die soziodemographische Entwick-lung und nicht zuletzt das revidierteWertesystem der sogenannten «ge-neration y» haben aus einem frühe-ren Angebotsmarkt für hoch qualifi-zierte Arbeitsplätze einen Nachfra-gemarkt gemacht.

Daher reden Unternehmen gera-dezu inflationär über «Talent» gernund ausführlich in websites, Hoch-glanzbroschüren oder bei Rekrutie-rungsmessen.

Doch diesen hehren Worten auchTaten folgen zu lassen, fällt vielenFirmen sichtbar schwer. Sinnbildlichstehen für diese Malaise eine derwichtigsten Aushängeschilder – dieStellenanzeigen:

– Die meisten zählen im Bürokra-ten-Deutsch langatmig auf, wasder Kandidat alles mitbringenmuss, anstelle potentiellen Inter-essenten das Unternehmen unddie vakante Position (in dieserReihenfolge!) originell und krea-tiv zu «verkaufen». Die Stadt Zü-rich mit Ihren persönlichen Video-Castings für zukünftige Auszubil-dende sind hiervon eine seltene,dafür aber umso lobenswertereAusnahme.

– Online Rekrutierungsportale tunsich oft dadurch hervor, daß sieinteressierte Bewerber durch sei-tenlange Eingabemasken vielmehr langweilen und sogar ab-schrecken, anstelle die eigeneFirma attraktiv und unkompliziertdarzustellen.

Schauen Sie in Ihrer Abrufstatistikeinmal nach, wie viele Menschensich schon an Ihrem Eingabefor-mular versucht haben, dannaber vorzeitig ausgestiegen sind(und sich woanders beworbenhaben)?

– Sobald eine Bewerbung die er-sten Hürden genommen hat undin der «pipeline» ist, wird die Kom-munikation vielerorts durch Com-puter übernommen: mit Maschi-nen-Slang wie «Ihre Bewerbungist eingegangen, bei Eignungwerden wir uns mit Ihnen in Ver-bindung setzen» werden guteLeute nicht gerade wertge-schätzt.

Wie wäre es stattdessen mit einerpersönlichen Nachricht inkl. Bild des«hiring managers» und einem hand-schriftlichen Text wie «Klasse, daßSie sich bei uns beworben haben.Geben Sie uns etwas Zeit, damit wirunsere Möglichkeiten mit Ihrem Ta-lent abgleichen. In jedem Fall hörenSie von uns in 10 Tagen»Michael K. Birnmeyer, SWISSCON-SULT-Partner für Tourismus und Ga-stronomie, Ndl. München.

Welche(r)Personalberater/in

ist richtig?Qual der Wahl.In der Bundesrepublik gibt es circa2000 Personalberatungsfirmen unddie Branchewächst. Für ihre Kundenbesetzten 5700 Personalberater/in-nen 51’000 Stellen (Studie des BDU,2012). HR-Abteilungen und Ge-schäftsführung können einiges tun,um passende Partner auszuwählen:Mehrere Optionen.Selbst, wenn Sie seit Jahren erfolg-reich alle Aufträge an Ihren «Haus-und-Hof»-Berater geben, empfiehltes sich, mit zwei oder drei Bera-ter/innen zu sprechen, es gibt im-mer wieder neue Trends, die für Sienützlich sein könnten.Preise und Methoden – undworauf man achten sollte.Berater/innen sollten sich auf spe-zielle Anforderungen der Kundeneinlassen, ein tiefes Verständnis derUnternehmenskultur entwickeln,analytisch und kreativ passendeKandidaten/innen finden und diesemotivierend über Arbeit und Orga-nisation informiert haben. Hier hel-fen Branchenkompetenz und einehrliches Interesse an Ihrem Unter-nehmen sowie die Fähigkeit, IhreZiele in eine sinnvolle Recruiting-Strategie umzusetzen.

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Direktansprache,Datenbank oder Anzeige?Es empfiehlt sich, Partner zu wählen,die die anzeigengestütze Suche,die Ansprache über soziale Netz-werke und die klassische Direktan-sprache beherrschen und in derLage sind, den optimalen Mix für Ih-ren speziellen Bedarf auszuwählen.Exklusivität?Die Vergabe des gleichen Suchauf-trags an mehrere Personalberater,oder eigene Anstrengungen paral-lel zum Berater, führt dazu, dass diegleichen Kandidaten von mehrerenBeratern kontaktiert werden. Daswirkt unprofessionell und wirft einschlechtes Licht auf den Arbeitge-ber. Gute Personalberater lehnensolche Suchaufträge ab. Und Siesollten Personalberater ablehnen,die nicht auf Exklusivität bestehen.Contingency vs. Retained?«Contingency» bedeutet, dass diePersonalberatung erfolgsorientiertbezahlt wird. «Retained» bedeutet,dass der Betrag ganz oder in einoder zwei Raten schon vor der Stel-lenbesetzung fällig wird. RetainedSearches signalisieren Ihrerseits einernsthaftes Interesse an einer Stel-lenbesetzung. Wählen Sie Personal-beratungsunternehmen nicht da-nach aus, ob sie sich auf ein Contin-gency-Modell einlassen.Werden Sie wirklich beraten?Die Einstellung von Personal istunternehmenskritisch. Verlassen Siesich im Recruiting daher nur aufPersonalberatungen, die ihre Auf-gabe ernst nehmen. Personalbera-ter/innen sind die ersten Personen,die mit dem potentiellen Kandida-ten, in Kontakt kommt. Die Qualitätdes Beraters überträgt sich auf IhrUnternehmen. Möchte der Beratersich Zeit für ein Gespräch bei Ihnenvor Ort nehmen? Interessiert sichder Berater für Sie und Ihre Organi-sation und fühlt sich in die Unterneh-menskultur ein? Stellt er relevanteFragen und hört erkennbar zu? Wer-den Position, Stärken und Schwä-chen des Arbeitgebers bespro-chen? Oder wird nur schnell dasAnforderungsprofil abgefragt? Wirdder Berater selbst die Suchebearbeiten, bleibt er involviert biszur erfolgreichen Stellenbesetzung?Oder will er das Projekt sofort nachdem Start an einen Junior Consul-tant abgeben?

Um eine schlechte Wahl zu treffen,

– können Sie einfach den billigstenAnbieter wählen und dann nochum 30% herunterhandeln, damiter maximal demotiviert ist.

– können Sie den Berater engagie-ren, mit dem Sie schon immerzusammengearbeitet haben, un-abhängig von Position, Preis,Marktentwicklung und der Beset-zungsquote der letzten Monate.

– können Sie eine Personalbera-tung mit einer angesehenen Tra-ditionsmarke wählen, ohne überPreis, Größe des Beratungshausesund des Auftrags und individuelleKompetenz des Ihnen zugeord-neten Beraters nachzudenken.Der gesamte Recruitingprozess istIhre Visitenkarte – von der Einla-dungsmail zum Erstgespräch biszur Gehaltsverhandlung. Nurwenn Sie jederzeit professionellvorgehen und schnell Entschei-dungen fällen, können Sie guteKandidaten gewinnen, die häu-fig zwischen verschiedenen An-geboten wählen können.Hans-Joachim Gruneck, SWISS-CONSULT-Partner für «technicalConsumer Products», Ndl. Mann-heim.

Sympathisieren Sieschon oderverkaufen Sie

noch?Über eine Telefondamemit sehr net-ter Stimme hat sich ein Verkäufer beimir einen Termin erwirkt. Es geht umein neues Kopiergerät, denn unseraltes hat schon 10 Jahre auf demBuckel und ein Brief ist gekommen,dass die Tonerboxen für dieses Mo-dell nicht mehr angefertigt werden.Der Verkäufer – jung, dynamisch,gutaussehend, dunkelblauer Anzug,weisses Hemd, rote Krawatte –nahm auf dem angebotenen StuhlPlatz und legte sogleich los:«Unser neues Modell mit revolutio-närer Technik des Elektrofaksimile-verfahrens und Tonerstaub imNano-Format kann pro Minute 120Seiten in schwarz-weiss, oder 80 Sei-ten farbig ausdrucken und das zueinem Preis, der unschlagbar gün-stig ist und zudem…»

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Ich lasse ihn reden. Er gibt nochviele Fremdwörter preis in Verbin-dung zur Computertechnik und zuden günstigen Lieferbedingungen.Ich verstehe nicht alles. Ich sortiereAkten und zeige ihm durch meineKörpersprache, dass ich nicht zu-höre. Er redet weiter. Alles, was ergelernt hat, will er anbringen. Meinegespielte Teilnahmslosigkeit fördertdie Geschwindigkeit und die Laut-stärke seiner Worte. Ein Argumentfolgt dem Andern. Ich fühle, dass ersich nicht mehr wohl fühlt, aber mitReden will er nicht aufhören. Ver-mutlich wird seine Leistung mit derAnzahl Aufträge pro Termin gemes-sen. Sein Redefluss wird noch inten-siver. Er muss doch einen Abschlussvollbringen, die Dame, die den Ter-min machte, hat schon einiges ge-kostet. Er legt schöne Prospekte aufden Tisch, blättert darin und sein Zei-gefinger zeigt auf Bilder, die er mitWorten zu erklären versucht. Ichkürze das Gespräch ab, in dem ichdie Prospekte an mich nehme undihm nett sage, ich würde sie studie-ren und er soll mich doch in vierzehnTagen wieder anrufen.

Heute kam ein anderer Verkäufervon Kopiergeräten. Bei der Begrüs-sung schaute er mir offen in die Au-gen, lächelte und meinte, er würdesich immer Vorstellungen vom Men-schen machen, den er antreffenwerde. Von mir hätte er sich aucheine Vorstellung gemacht, aber ichsähe nicht aus, wie ein knallharterManager. Er fühle sich bei mir wohl.Dann sagte er offen: «Ich verkaufeKopiergeräte, aber ich nehme an,dass Sie schon eines besitzen.» Ermachte eine Pause. Das führtedazu, dass ich ihm sagte, was wirhaben und wie alt es sei. Seine Ant-wort war:«Ich nehme an, dass auch bei Ihnender Bedarf an Kopien ziemlich zu-rückgegangen ist und dass Siekaum mehr ein Gerät mit dieserhohen Leistung brauchen». Ichstimmte ihm zu. Dann beantworteteich ihm Fragen nach Art der Kopien,ob s/w oder farbig usw. Er nahm al-les in seinen geistigen Speicher auf,ohne den Blick von mir zu wendenund meinte: «Sie haben keinegrossen Kopieranforderungen. Ichwürde ihnen empfehlen, statt einesgrossen Kopierers zwei Tischkopierer

anzuschaffen. Bei grossem Kopier-bedarf können sie beide laufen las-sen. Bei geringem Kopieraufwandhaben sie immer einen in Reserve,falls ein Schaden eintritt, was wirzwar nicht hoffen. Sie können diezwei Tischkopierer über mich kau-fen, vermutlich kämen sie aber übereinen Discounter billiger».

Der Mann hat meine Hochachtungund meine Sympathie. Er hat mirnichts «verkaufen» wollen, sonderner hat mich perfekt beraten. Klar ist,dass ich bei ihm die beiden Tischko-pierer bestelle. Was soll ich zu einemDiscounter gehen, um vielleicht et-was günstiger zu kommen. Die Fahrtdorthin kostet auch Benzin und Zeit.Und zudem ärgere ich mich immerüber das Personal, das in den Ge-stellen Waren ordnet und die Kun-den keines Blickes würdigt.

Bis jetzt hiess es:Verkaufen = Argumentieren undÜberzeugen.In Zukunft muss es heissen:Verkaufen = Sympathie gewinnen.

Jedes Argument ruft nach einemGegenargument. Jeder möglicheKunde, der mit Argumenten bear-beitet wird, denkt sich ein «aber»und macht sich geistig und manch-mal auch rhetorisch Gegenargu-mente. Man darf doch nicht soblauäugig sein und alles für bareMünze nehmen. Doch Argumenteund Gegenargumente sind wiezwei Brückenpfeiler, die ohneBrücke im Fluss stehen. Mit dem Ge-winnen von Sympathie bauen wirzuerst eine starke Brücke, bevor wirsie auf zwei Pfeiler stellen.

Basis für diese Veränderung im Ver-kauf sind neue Erkenntnisse in derArt und Weise, wie unser Gehirnfunktioniert. Es ist faul und arbeitetnicht systematisch, sondern heuri-stisch. Als heuristisch gilt ein Verfah-ren, bei dem nicht exakt gearbeitetwird, sondern aus wenig Informa-tion und noch weniger AufwandSchlüsse gezogen werden. Wennder Verkäufer versteht, Sympathiezu erzeugen, fühlt sich der Kunde si-cher, dass er nicht betrogen wirdund er wird zu einem Kauf «ja» sa-gen, auch wenn nicht alles im Detailabgeklärt und ausgereizt ist. jb

Impressum

Redaktion:Zentrale derSWISSCONSULT-OrganisationDreikönigstrasse 47CH-8002 ZürichTelefon +41 (0)44 202 75 [email protected]

Druck: DT Druck-Team AG,Wetzikon

Auflage: 2400 Ex.