Synchronwirkung gesunder Führung auf Gesundheit … · Synchronwirkung "gesunder" Führung auf...
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Synchronwirkung "gesunder" Führung auf Gesundheit der
Mitarbeitenden und wirtschaftliche Ergebnisse im Krankenhaus
– Ableitungen aus Langzeituntersuchungen in unterschiedlichen
Bereichen der Bertelsmann Gruppe
58. Österreichischer Kongress für Krankenhausmanagement
Eisenstadt, 11. – 13. Mai 2015
Dr. Franz Netta ehem. Vice President HR Bertelsmann AG
2
Agenda
1. Strategisches Gesundheitsmanagement im Spannungsfeld
zwischen wachsendem Bedarf und limitierten Budgets
2. Empfindungen der Mitarbeitenden zum Zusammenhang
zwischen Führung und Gesundheit
3. Bestätigung des entscheidenden Einflusses von Führung auf
Gesundheit durch AU-Daten und wissenschaftliche Erkenntnis
4. Parallelität von Gesundheits- und Ergebnistreibern
5. Gruppen-Führungsfeedback – Bewährtes u. kostensparendes
Instrument zur Schaffung gesundheitsförderlicher Führung
und positiver Teamzusammenarbeit
3
Jahr Anzahl Mitarbeiter
Alter Mitarbeiter * Konzern Deutschland (ohne RTL, G+J sowie BE-Printer)
Quelle: SAP-HR
Entwicklung der Mitarbeiterstruktur Bertelsmann Stamm
von 2000-2015*: Verdreifachung der Mitarbeiter > 50 Jahre
20 Jahre 0
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
30 Jahre 40 Jahre 50 Jahre 60 Jahre
2015
Krankheitskosten steigen mit Belegschaftsalter
1,82,1
2,6
3,6
4,8
2,92,3 2,5
3,0
4,4
5,8
3,5
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
7,0
15-24 25-34 35-44 45-54 55 und älter
Summe
Bertelsmann BKK BKK-Bund
a) Arbeitsunfähigkeit
b) Produktivitätsverlust c) Schichtunfähigkeit d) Personalwechselkosten 4
Strategische Bedeutung von Gesundheitsmanagement
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Bewältigung des demographischen Wandels – „Arbeitsfähigkeit 70“
Kostensenkung – AU-Tage und andere Krankheitskosten
Mitarbeiterbindung – „Firma kümmert sich um mein wichtigstes Gut“ Gallup Studie März 2015: „Emotional nicht gebundene Mitarbeiter
fehlen 5 Tage im Jahr mehr als die zufriedenen Kollegen.“
Mitarbeitergewinnung – attraktiver Arbeitgeber im „war for talents“; bereits jetzt bestehender Fachkräftemangel.
Robert-Bosch-Stiftung 2007 Studie „Zukunft für das Krankenhaus“: „Die Altersgruppe der über 50-jährigen wird das größte ‚Arbeitskräftereservoir‘ für Krankenhäuser darstellen.“
Besondere Herausforderungen im Krankenhausbereich
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Körperliche Belastungen z.B. im pflegerischen Bereich nur begrenzt
über technische Hilfen reduzierbar; Folge: besonders viele AU-Tage.
Schichtarbeit, Rufbereitschaften und Notfalleinsätze unvermeidbar.
Psychische Belastungen durch erlebte Patientenschicksale und begrenzte Handlungsmöglichkeiten / begrenzte Erfolgserlebnisse.
Personelle Entlastung wg. limitierter Budgets nicht möglich, zudem Fachkräftemangel im Pflegebereich. Steigende Leistungsverdichtung.
- Wie kann frühzeitig den Ursachen von Krankheit bzw. Gesundheit
- ohne Kostenauftrieb so begegnet werden,
- dass alle Mitarbeitenden erreicht werden?
Investitionsstau und schlechte Finanzsituation der Krankenhäuser; „European Hospital Rating Report“ Accenture April 2014: „73% der österreichischen Krankenhäuser sind in wirtschaftlicher Schieflage.“
Mitarbeiterbefragungen – „weiche“ Faktoren sichtbar gemacht
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ca. 1000, davon 50 > 300, weitere 50 > 100
02: 78,7%; 06: 84,5%; 10: 85,1%; 13: 86,9%
51 (18 Sprachen) + 474 Subvers.
9.500 (2002: 4.757)
02: 50.481; 06: 64.062; 10: 82.000; 13: 85.308
Firmen:
Teilnehmer:
Länderversionen:
Gedruckte Einzelberichte:
Eingeladene:
BERTELSMANN
CORPORATE
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Neue Dimension in der Analyse von Mitarbeitendenbefragungen
• gleichzeitig mit einem „Big Picture“ die
Beziehungen zwischen allen Fragen statt nur
zwischen je zwei Faktoren darstellen,
Anders als die bisherige Methodik kann das vom
Bertelsmann Befragungs-Team erstmals genutzte
Strukturgleichungsmodell (Pfadmodell):
• dadurch Scheinkorrelationen eliminieren,
• Einflussrichtungen sichtbar machen („Henne
und Ei“) und
• mehrstufige Abhängigkeiten zeigen
(„Wirkungsketten“).
Es legt damit die tatsächlich
wichtigen Beweggründe der Antwortenden
als „Psychogramm“ der Belegschaft offen und
zeigt optimale Ansatzpunkte für Verbesserungen.
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Aus Sicht der Mitarbeitenden umfasst Gesundheitsschutz
wesentlich persönlichen Freiraum + Transparenz der Firmenziele
Vorgesetzter Schutz der Gesundheit
Klarheit, Transparenz, subj. Arbeitsplatzsicherheit
Selbstbestimmtes Handeln, Verantwortung
Zufriedenheit mit Arbeitszeitregelung
.49
.69
.11
.39
.32
.31
.38
R2 = .24
R2 = .48
R2 = .14 R2 = .62
10
Zur Stärke des Einflusses Partnerschaftlicher Führung auf den
empfundenen Gesundheitsschutz
Arbeitsbe-
lastung vs.
Partnerschaft-
liche Führung
33
0
25
50
75
100
83
0
25
50
75
100
90
0
25
50
75
100
140
25
50
75
100
Die Zahlen in den Balkendiagrammen
beziehen sich auf den Anteil positiver
Antworten auf die Frage „Schutz durch
Ihre Firma vor arbeitsbedingten Beein-
trächtigungen Ihrer Gesundheit“.
Zufriedenheit mit
Arbeitsbelastung
Hoch** Niedrig*
Hoch
N
ied
rig
Zu
frie
de
nh
eit
mit
Pa
rtn
ers
ch
aft
lic
he
r F
üh
run
g
* Personen, die angeben, permanent
mengenmäßig überlastet zu sein.
** Personen, die angeben, mit ihrer
Arbeitsbelastung zufrieden zu sein.
+19%
+69%
Krankenquote (%)
N = 11 N = 45 N = 13
Bottom 25% mittel Top 25%
Ident. / partnersch. Führung
Kündigung durch AN (%)
N = 11
100%
71
Bottom 25% mittel Top 25%
Ident. / partnersch. Führung
+44%
-29%
+46%
-29%
144
%
100
%
71%
146
%
100
%
71%
11
2006
*N = 69 bzw. 80)
Die 25% Konzernfirmen* mit Top-Ergebnissen zu Führung und Identi-
fikation haben 29% unter Ø liegende Kranken- und Kündigungsquoten;
die Quoten der unteren 25% liegen 46% bzw. 44% über Ø
Motivations- und
Engagementverlust,
„Innere Kündigung“
Hintergrund des Wirkens der Führungskultur auf die Gesundheit
Forschungen von Robert A. Karasek belegten schon Ende der 70er Jahre, dass Stress stark vom Entscheidungsspielraum in der Arbeit abhängig ist („Job Demands, Job Decision Latitude, and mental strain“, Admin. Science Quarterly, Juni 1979, S.303)
Krankenstand BKK Bund 2012: Pflichtversich.: Arbeiter 5,28%, Angestellte: 3,34%, Freiwillig Versicherte 1,64% ! (Quelle: Gesundheitsbericht BKK BV 2013, Ziff.3.2.1)
Je stärker eine Situation selbst über eigenen Freiraum kontrolliert werden kann, desto weniger ängstigt und stresst sie („Beifahrer-Syndrom“).
Vertrauen zu dem, der Kontrolle ausübt, wirkt stressreduzierend („salutogen“).
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Ilmarinen, Arbeitsfähigkeit 2010, S.245 – Basis 11jährige Studie – : “Gutes Führungsverhalten und gute Arbeit von Vorgesetzten ist der einzige hoch signifikante Faktor, für den eine Verbesserung der Arbeits-fähigkeit zwischen dem 51. und 62. Lebensjahr nachgewiesen wurde.”
Unbefriedigende Anerkennung und Wertschätzung erhöht Risiko der Arbeitsfähigkeitsverschlechterung auf‘s 2,4fache, in Gegenrichtung 3,6fache „salutogene“ (!) Chance zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit.
„Bei älteren Mitarbeitern ist insbesondere das Maß der Arbeitsautonomie gesundheitsrelevant.“Besondere Sensibilität bei Führungskräften nötig!
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Studie Britischer Epidemiologen an mehr als 10.000 Staatsangestellten
zeigt: Je geringer der Einfluss eines Mitarbeiters in seiner Dienststelle
ist, desto höher ist sein Herzinfarktrisiko.
Lehrer, Erzieherinnen, Altenpfleger und Sozialarbeiter sind von psychi-
scher Erschöpfung besonders betroffen: Auf Kooperation von
Menschen angewiesen, die diese häufig verwehren.
Wer hohe Anforderungen bewältigen soll, aber kaum Einfluss nehmen
kann, ist am stärksten bedroht. Beispiel Krankenhausärzte: Hohe
Verantwortung gegenüber Patienten bei starker Chefarzthierarchie
am 24.11.2008 in seinem Artikel über Stress:
50 bis 60% aller Arbeitsfehltage in Europa gehen auf Stress zurück ! (WHO)
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„Gesunde“ Arbeitsautonomie wirkt auf Identifikation und Motivation
Identifikation mit
Aufgabe und
Firma R2 =.94
r=.49
.79
.09
Entwicklung & Weiterbildung
Autonomie & Selbstverwirk-lichung
Geschäfts-strategie
Arbeitsbeding-ungen
Vergütung
.11
.21
R2 =.46
R2 =.42
R2 =.33
R2 =.45
R2 =.24
.20
.31 Kooperation in & zwischen Teams
Mitarbeiter-orientierung der Geschäftsführung
Direkter Vorgesetzter
r=.49
r=.45
.37 .22
.65
.38
.25
.17
.12
.06
.19
.25
.21
.27
Strukturgleichungsmodell zur Identifikation
15
Je höher die Identifikation, desto höher das Betriebsergebnis
in den 163 größten Bertelsmann Firmen
Gruppe A
Gruppe B
Identifikationsindex* Niedrig Mittel Hoch
* Anteil positiver Antworten auf die Fragen „Zufriedenheit mit
persönlicher Arbeit insgesamt“ und „Ich würde wieder in meine
Firma gehen“.
Partnerschaftsindex**
Niedrig
Mittel
Hoch
** Anteil positiver Antworten auf 25 Fragen zur Umsetzung der
Bertelsmann-Essentials.
Umsatzrendite
Gruppe B untere 25%
Niedrig
Mittel
Hoch
Gruppe A: Top 25%
„Januargespräch“ – Standortbestimmung zur eigenen Führungs-
wirkung u.-optimierung – Noch wichtiger als MA-Befragung!
• Offener Austausch von Erfahrungen und Äußerung von Erwartungen an die
Zusammenarbeit im Team und das Führungsverhalten des Vorgesetzten
• Anregungen und Vorschläge werden in konkreten Maßnahmen festgehalten
Hilfe für Führungs-
kraft zur Optimie-
rung der Führung
Verbesserung der
Zusammenarbeit
im Team
• Vertrauensperson wertet Fragebogen (26 Fragen) per Excel-Tool aus. Tool
erzeugt Grafiken zum Gesprächseinstieg. Auf Wunsch Moderation durch HR.
• Befragungsergebnis, Gesprächsinhalte und Verabredungen bleiben vertraulich
unter den Teilnehmern.
• Gut geführte Januargespräche haben nachgewiesen einen sehr positiven Effekt
auf die von Mitarbeitern empfundene Führungsqualität.
Transparenz für
alle (MA-Befragung
„en miniature“)
Abbau von
versteckter Kritik
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Erst Gruppengespräch macht Befragungsergebnisse verständlich
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Vereinbarte „Spielregeln“ sichern ehrliches Gruppenfeedback
u.a.:
• Befragungsergebnis und Diskussion bleiben innerhalb des Teams.
• Es überlegen alle, was diejenigen gemeint haben könnten, die eine
Frage mit „teils-teils“ oder negativ beantwortet haben.
• Auch eine geringe Quote an „teils-teils“ oder Negativantworten wird ernst
genommen, da sie Frühhinweis auf Verbesserungspotential oder auf
individuelleren Führungsbedarf sein kann.
• Wer etwas vorzubringen hat, „rede jetzt oder schweige für immer“.
• Es geht nicht nur um den Abbau erkannter Schwächen, sondern auch
um die Bewahrung und den Ausbau von Stärken sowohl der Führung
wie auch der Zusammenarbeit mit Kollegen im Team !
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Fragebogen = Leitlinie zur gewünschten Unternehmenskultur
Gesundheitsfördernde Führungselemente
• Angstfreie Atmosphäre schaffen durch Information, insbes. zur Strategie
und durch wertschätzende Behandlung
• Kompetenzen, Stressresistenz („Resilienz“) und Eigenvertrauen der
Mitarbeitenden durch individuelle Weiterbildung und Förderung erhöhen
• Berechenbarkeit und vorbildliches Verhalten schaffen Vertrauen
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• Menschen von Objekten der Führung zu aktiv handelnden Subjekten
machen: eigenverantwortliche (Teil-)Aufgaben und Verantwortung dafür
übertragen und Erfolgserlebnisse ermöglichen
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Gesunde Führung im Krankenhaus – Winsituation für alle
Partnerschaftliche
Organisationskultur
Gesundheit
Identifikation
Leistung + Qualität
+ Freude am Führen
> 90%
> 60%
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
Fragen gern auch per Email an: [email protected]. Die Bertelsmann-Studien sind veröffentlicht in:
• Netta, ‚Gesunde Mitarbeiter – gesunde Bilanz‘, in: Kromm/Frank, Unternehmensressource Gesundheit,
symposion Verlag, D‘dorf 09, S. 71 ff.; s. dort auch Studie „Sich tot arbeiten und dabei gesund bleiben“
• ders. ‚Eine Führungsvision wird zum wegweisenden Ergebnis- und Gesundheitstreiber‘, in:
Ochsenbein/Pekruhl/Spaar, Schweizer HR-Jahrbuch 2010, WEKA-Verlag, Zürich 2010, S.9 ff.
• ders. ‚Synchronwirkung der Führungskultur auf Gesundheit und Betriebsergebnis‘, in:
Badura et al, AOK Fehlzeiten-Report 2011, Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 2011, S. 179 ff.
• ders. ,Eine vertrauensvolle Führungskultur schaffen‘, in: Rogge-Strang et al, Wechsel auf die Zukunft,
Bank Verlag, Köln 2013, S. 125 ff.
• ders. ‚Gesundheitsschutz im Unternehmen aus MitarbeiterInnenperspektive‘ in: Gollner/Schnabel,
ready4health, Leykam Verlag, Graz 2014, S.47 ff.