Synthese und Herstellung von hochreinen Yttriumvanadat ... · FORSCHUNG & TECHNIK 157 dungen, wurde...

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156 06 | 17 Caroline Volk studierte nach einer Ausbildung als chemisch-technische Assistentin zunächst im Bache- lorstudiengang Chemieingenieurwesen an der Provadis Hochschule in Frankfurt. Anschließend absolvierte sie ebenfalls an der Provadis Hochschule den Master- studiengang Management und Technology mit dem Schwerpunkt Produktionsplanung und Steuerung, den sie 2016 als Master of Science abschloss. Parallel zu ihrem Studium arbeitete Frau Volk als chemisch-technische Assistentin im akkreditierten Prülabor des FGK, dem Forschungsinstitut für Anorga- nische Werkstofe -Glas/Keramik- GmbH in Höhr-Grenzhausen. 2014, nach Abschluss des Bachelorstudiums, wechselte sie als Projektingenieurin in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Forschungsinstitutes, wo sie aktuell in der Arbeitsgruppe für optische Keramiken und Photokataly- se aktiv ist. Die Forschungsschwerpunkte liegen vor allem in der Synthese und Weiterverarbeitung von hochreinen Pulver-Rohstofen zur Herstel- lung von hochdichten, porenfreien Keramiken für die optische Anwen- dung sowie der Entwicklung von photokatalytisch aktiven Ober lächen. E-Mail: [email protected] 1. Einleitung Die Anforderungen an optisch transparente Keramiken sind enorm. Im Vergleich zu herkömmlichen Leuchtstofen, die in Polymersystemen ein- gebettet sind, sollen keramische Leuchtstofe eine höhere Efektivität und Farbstabilität sowie eine höhere Temperaturbeständigkeit aufweisen. Aber auch im Bereich der Laseranwendung und Optik, spielt die Herstellung von transparenten Keramiken eine große Rolle. So werden transparente Keramiken für spezielle Anwendungen als eine Alternative zu Einkristallen gehandelt, deren Produktion sehr aufwändig und zeitintensiv ist. Das hier beschriebene Stofsystem Yttriumvanadat YVO 4 indet aktuell meist in Form von Einkristallen oder in polykristalliner Form in der La- ser- und Leuchtstoindustrie Anwendung. Die Verwendung im Bereich der Szintillatoren sowie als keramische Konverter für LED stellen weitere Anwendungsfelder dar [2, 3]. Für die Herstellung optisch transluzenter bis transparenter YVO 4 -Kera- miken muss zunächst allerdings das optimale Ausgangspulver ent- Yttriumvanadat (YVO 4 ) indet vor allem in Form von Einkristallen oder in polykristalliner Form Anwendung. YVO 4 -Einkristalle sind hervorra- gende Polarisatoren sowie Laser-Wirtsmaterialien mit hoher optischer Transparenz in einem Bereich von 400−5000 nm [1]. Die Herstellung von YVO 4 -Einkristallen indet meist über das Züchten aus einer Schmelze C. Volk*, N. Kratz*, J. Werner* Synthese und Herstellung von hochreinen Yttriumvanadat-Keramiken für optische Anwendungen AUTOR KURZFASSUNG ABSTRACT Yttriumorthovanadate (YVO 4 ) single crystal is an excellent polarizer as well as laser host material with high optical transparency in the region 400–5000 nm. High-tech applications of YVO 4 are still limited due to diferent crystal growth diiculties, so an alternative production method is required. Therefore high purity YVO 4 with a small grain size of approx. 100 nm was synthesized by a wet chemical precipitation via a continu- ously working micro-jet reactor technique. After freeze-drying the pre- cipitation-solution and calcination, the powder was uniaxially pressed and pressureless sintered in air at diferent temperatures up to 1450 °C. High densities >98.5 % of the theoretical density were achieved. To fur- ther increase the densities the samples were hot isostatically pressed fol- lowed by an annealing process. Thus, translucent samples with densities >99.5 % of the theoretical density could be obtained. STICHWÖRTER: Yttriumvanadat, nanoskalig, nasschemische Fällung, Mikro-Jet-Reaktor » Keram. Z. 69 (2017) [6] statt, welches allerdings einige Schwierigkeiten wie beispielsweise ein inkongruentes Verdampfen von Vanadium mit sich bringen kann. Daher sind alternative Herstellungsmethoden zu etablieren. Dazu wurde am FGK mittels nasschemischer Fällungssynthese über den Mikro-Jet-Re- aktor hochreines, nanoskaliges Yttriumvanadat mit einer durchschnitt- lichen Korngröße von 100 nm hergestellt. Das gefriergetrocknete und im Anschluss kalzinierte Pulver wurde durch uniaxiales Pressen in ei- nen Formkörper überführt. Die Sinterung erfolgte bei 1450 °C an Luft (≈1 bar). Durch den drucklosen Sinterprozess konnten Dichten von bis zu 98,5 % der theoretischen Dichte (%TD) erzielt werden. Durch eine heißisostatische Nachverdichtung mit einem anschließenden Annea- ling-Schritt konnten hochdichte, optisch transluzente Probekörper mit bis zu 99,5 %TD hergestellt werden. * Forschungsinstitut für Anorganische Werkstofe -Glas/Keramik- GmbH Heinrich-Meister-Str. 2, D-56203 Höhr-Grenzhausen wickelt werden. Hier sind vor allem eine gleichbleibend hohe Qualität hinsichtlich der chemischen und Phasenreinheit, der Korngröße und Partikelmorphologie, sowie der Kompaktierbarkeit von enormer Wich- tigkeit. Dazu können eine Vielzahl von Herstellungsrouten wie beispiels- weise die solid-state-Synthese, die Sol-Gel-Synthese, die Pyrolyse oder auch die nasschemische Fällungssynthese herangezogen werden. Inner- halb eines öfentlich geförderten Projektes (durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz mit dem Förderkennzeichen 0912-68503) zur Entwicklung hochverdichteter M III M V O 4 :SE Keramiken (M III = Y, SE, Bi; M V = V, P) für optische Anwen-

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Caroline Volk studierte nach einer Ausbildung als chemisch-technische Assistentin zunächst im Bache-lorstudiengang Chemieingenieurwesen an der Provadis Hochschule in Frankfurt. Anschließend absolvierte sie ebenfalls an der Provadis Hochschule den Master-studiengang Management und Technology mit dem Schwerpunkt Produktionsplanung und Steuerung, den sie 2016 als Master of Science abschloss. Parallel

zu ihrem Studium arbeitete Frau Volk als chemisch-technische Assistentin im akkreditierten Prülabor des FGK, dem Forschungsinstitut für Anorga-nische Werkstofe -Glas/Keramik- GmbH in Höhr-Grenzhausen. 2014, nach Abschluss des Bachelorstudiums, wechselte sie als Projektingenieurin in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Forschungsinstitutes, wo sie aktuell in der Arbeitsgruppe für optische Keramiken und Photokataly-se aktiv ist. Die Forschungsschwerpunkte liegen vor allem in der Synthese und Weiterverarbeitung von hochreinen Pulver-Rohstofen zur Herstel-lung von hochdichten, porenfreien Keramiken für die optische Anwen-dung sowie der Entwicklung von photokatalytisch aktiven Oberlächen. E-Mail: [email protected]

1. EinleitungDie Anforderungen an optisch transparente Keramiken sind enorm. Im Vergleich zu herkömmlichen Leuchtstofen, die in Polymersystemen ein-gebettet sind, sollen keramische Leuchtstofe eine höhere Efektivität und Farbstabilität sowie eine höhere Temperaturbeständigkeit aufweisen. Aber auch im Bereich der Laseranwendung und Optik, spielt die Herstellung von transparenten Keramiken eine große Rolle. So werden transparente Keramiken für spezielle Anwendungen als eine Alternative zu Einkristallen gehandelt, deren Produktion sehr aufwändig und zeitintensiv ist.

Das hier beschriebene Stofsystem Yttriumvanadat YVO4 indet aktuell meist in Form von Einkristallen oder in polykristalliner Form in der La-ser- und Leuchtstoindustrie Anwendung. Die Verwendung im Bereich der Szintillatoren sowie als keramische Konverter für LED stellen weitere Anwendungsfelder dar [2, 3].

Für die Herstellung optisch transluzenter bis transparenter YVO4-Kera-miken muss zunächst allerdings das optimale Ausgangspulver ent-

Yttriumvanadat (YVO4) indet vor allem in Form von Einkristallen oder in polykristalliner Form Anwendung. YVO4-Einkristalle sind hervorra-gende Polarisatoren sowie Laser-Wirtsmaterialien mit hoher optischer Transparenz in einem Bereich von 400−5000 nm [1]. Die Herstellung von YVO4-Einkristallen indet meist über das Züchten aus einer Schmelze

C. Volk*, N. Kratz*, J. Werner*

Synthese und Herstellung von hochreinen Yttriumvanadat-Keramiken für optische Anwendungen

AUTOR

KURZFASSUNG

ABSTRACT

Yttriumorthovanadate (YVO4) single crystal is an excellent polarizer as well as laser host material with high optical transparency in the region 400–5000 nm. High-tech applications of YVO4 are still limited due to diferent crystal growth diiculties, so an alternative production method is required. Therefore high purity YVO4 with a small grain size of approx. 100 nm was synthesized by a wet chemical precipitation via a continu-ously working micro-jet reactor technique. After freeze-drying the pre-cipitation-solution and calcination, the powder was uniaxially pressed and pressureless sintered in air at diferent temperatures up to 1450 °C. High densities >98.5 % of the theoretical density were achieved. To fur-ther increase the densities the samples were hot isostatically pressed fol-lowed by an annealing process. Thus, translucent samples with densities >99.5 % of the theoretical density could be obtained.

STICHWÖRTER: Yttriumvanadat, nanoskalig, nasschemische Fällung, Mikro-Jet-Reaktor

» Keram. Z. 69 (2017) [6]

statt, welches allerdings einige Schwierigkeiten wie beispielsweise ein inkongruentes Verdampfen von Vanadium mit sich bringen kann. Daher sind alternative Herstellungsmethoden zu etablieren. Dazu wurde am FGK mittels nasschemischer Fällungssynthese über den Mikro-Jet-Re-aktor hochreines, nanoskaliges Yttriumvanadat mit einer durchschnitt-lichen Korngröße von 100 nm hergestellt. Das gefriergetrocknete und im Anschluss kalzinierte Pulver wurde durch uniaxiales Pressen in ei-nen Formkörper überführt. Die Sinterung erfolgte bei 1450 °C an Luft (≈1 bar). Durch den drucklosen Sinterprozess konnten Dichten von bis zu 98,5 % der theoretischen Dichte (%TD) erzielt werden. Durch eine heißisostatische Nachverdichtung mit einem anschließenden Annea-ling-Schritt konnten hochdichte, optisch transluzente Probekörper mit bis zu 99,5 %TD hergestellt werden.

* Forschungsinstitut für Anorganische Werkstofe -Glas/Keramik- GmbH

Heinrich-Meister-Str. 2, D-56203 Höhr-Grenzhausen

wickelt werden. Hier sind vor allem eine gleichbleibend hohe Qualität hinsichtlich der chemischen und Phasenreinheit, der Korngröße und Partikelmorphologie, sowie der Kompaktierbarkeit von enormer Wich-tigkeit. Dazu können eine Vielzahl von Herstellungsrouten wie beispiels-weise die solid-state-Synthese, die Sol-Gel-Synthese, die Pyrolyse oder auch die nasschemische Fällungssynthese herangezogen werden. Inner-halb eines öfentlich geförderten Projektes (durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz mit dem Förderkennzeichen 0912-68503) zur Entwicklung hochverdichteter MIIIMVO4:SE Keramiken (MIII = Y, SE, Bi; MV = V, P) für optische Anwen-

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dungen, wurde am FGK neben der solid-state-Synthese die nasschemi-sche Fällungssynthese und die Weiterverarbeitung der so hergestellten Pulver zu hochdichten Keramiken näher untersucht [4].

2. Experimentelle Durchführung2.1 Pulversynthese Die Herstellung des Yttriumvanadat-Pulvers erfolgte über eine nassche-mische Fällungssynthese mit Hilfe eines Mikro-Jet-Reaktors, welcher in Bild 1 dargestellt ist. Als Ausgangsrohstofe dienten eine Ammonium- orthovanadat-Lösung (NH4)3VO4 (hergestellt aus einer Ammonium- metavanadat-Lösung) und eine Yttriumacetat-Lösung Y(CH3COO)3 (her-gestellt aus einem in Essigsäure gelöstem Yttriumoxid), die über zwei Drehschieberpumpen in den Reaktorraum gedüst wurden, dort reagier-ten und mittels Druckluft in einen Vorratsbehälter transportiert wurden. Der pH-Wert wurde während der gesamten Fällung konstant auf ca. 11 gehalten. Die Fällungslösung wurde für 24 h bei 8,5 °C gealtert, zentrifu-giert und im Anschluss gefriergetrocknet. Das resultierende nanoskalige Pulver hatte eine durchschnittliche Partikelgröße von 100 nm, siehe Bild 2. Zur Entfernung des überschüssigen Ammoniumacetats wurde das Pulver für 1 h bei 925 °C kalziniert.

2.2 Formgebung und thermische Prozessführung Das Pulver wurde mittels Handhebelpresse uniaxial zu Tabletten mit 13 mm Durchmesser gepresst und nachfolgend kaltisostatisch nachver-dichtet. Die erreichten Gründichten lagen bei 60−63 %TD. Die anschlie-ßende Sinterung wurde in Luftatmosphäre und unter Normaldruck bei 1450 °C und einer Haltezeit von 8 h durchgeführt. Die Dichte nach der Sinterung betrug ≈98,5 %TD. Diese konnte durch einen heißisostati-schen Nachverdichtungsprozess bei 1350 °C und 2000 bar für 2 h auf bis zu 99,5 %TD erhöht werden.

3. Ergebnisse und Diskussion3.1 PulversyntheseNach der Fällung wurde die entstandene Suspension für weitere 24 h bei 8,5 °C unter ständigem Rühren einer Reifung unterzogen. Fällungspro-dukte liegen meist pseudoamorph vor und können daher mittels Rönt-genbeugung nicht auf deren Phasenzusammensetzung und Kristallinität untersucht werden. Nach der Reifung lag ein höherer kristalliner Anteil vor (siehe Bild 3), dessen Zusammensetzung bereits der Zielphase ent-sprach. Des Weiteren konnte durch eine 24-stündige Reifung die Parti-kelmorphologie dahingehend verändert werden, dass sehr feine Parti-kel in der Größenordnung von ca. 100 nm vorlagen und die speziische Oberläche durch die Minimierung der Partikelgröße mit zunehmender Reifung ebenfalls zunahm. Diese Veränderung der Partikelmorphologie durch die Reifung bei 8,5 °C machte sich vor allem im späteren Gefüge bemerkbar. In Bild 4 und Bild 5 wird dieser Unterschied deutlich sicht-bar. Die Korngrößen sind wesentlich geringer und die Korngrößenver-teilung enger, was zu einem homogenen Gefüge mit einer reduzierten Porosität und einer höheren Sinterdichte führte. Weiterhin wirkte sich die Reifung positiv auf die Bildung des YVO4 als Zielphase aus. Eine Un-tersuchung des Zentrifugierüberstandes mittels ICP-OES zeigte, dass sich nach der 24-stündigen Reifung lediglich 1,1 % Vanadium, bezogen auf die ursprüngliche Einwaage, im Überstand nachweisen ließ. Dies be-deutet eine Verringerung um knapp 85 % bezogen auf den Messwert einer Referenz ohne Reifung. Dass sich Yttrium sowohl vor als auch nach der Alterung nicht im Überstand nachweisen ließ, könnte dadurch er-klärt werden, dass es zunächst in einer anderen Phase mit geringerer

Bild 1 • Mikro-Jet-Reaktor Versuchsanlage

Bild 2 • Gefälltes und gefriergetrocknetes Yttriumvanadat-Pulver

Bild 3 • Röntgenbeugungsaufnahmen der bei 8,5 °C gealterten Pulver, rot: keine

Alterung; blau: Alterung 1 h; grün: Alterung 4 h und grau: Alterung 24 h

Reaktant 1

Druckluft

Reaktant

Druckluft

Produkt

2

1

2

Löslichkeit als YVO4 ausfällt, wie beispielsweise Y(OH)3, welche sich mit zunehmender Alterungszeit mit dem in der Lösung beindlichen, über-schüssigen Orthovanadat (VO4)3- zu der Zielphase YVO4 umsetzt.

3.2 PulveraufbereitungDie Fällungssuspension wurde im Anschluss mittels Gefriertrocknung zu einem nanoskaligen Pulver mit einer durchschnittlichen Partikelgröße

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Bild 4 • Gefügeaufnahme einer gesinterten YVO4-Probe aus einem Pulver dessen

Suspension bei 8,5 °C für 24 h gealtert wurde, Dichte: 99,2 %TD

Bild 5 • Gefügeaufnahme einer gesinterten YVO4-Probe aus einem Pulver dessen

Suspension bei 22 °C für 24 h gealtert wurde, Dichte: 98,3 %TD

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von ca. 100 nm weiterverarbeitet. Erste Versuche der Formgebung des gefriergetrockneten Pulvers zeigten, dass das noch im Material beindli-che Ammoniumacetat zu einer schlechten Entformbarkeit aufgrund von Anhaftungen an der Pressmatrize führte, die eine kaltisostatische Nach-verdichtung nahezu unmöglich machten. Nach der thermischen Prozess-führung wiesen diese Tabletten des Weiteren oberlächliche Defekte (muschelförmige Abplatzungen) auf, die darauf hindeuteten, dass das noch im verdichteten Grünkörper beindliche Ammoniumacetat nicht vollständig entweichen konnte. Diese These wurde dadurch gestützt, dass kaltisostatisch nachverdichtete Proben, sprich Proben mit einer hö-heren Gründichte, vermehrt zu diesen oberlächlichen Defekten neigten. Daraus lässt sich schließen, dass durch die zusätzliche Verdichtung des Grünlings das rückstandslose Ausgasen des Ammoniumacetats behin-dert wurde. Das im Inneren entstehende Gas sammelte sich im Grünling und wurde durch die im ersten Sinterabschnitt einsetzende Halsbildung zwischen den Partikeln eingeschlossen, was zum einen zu erhöhter ge-schlossener Porosität, zum anderen zu vermehrter Rissbildung aufgrund höherer Spannung im Gefüge führte. Des Weiteren kam es durch die geringe Korngröße von ca. 100 nm während des Sinterprozesses zu-nächst zur Sinterhalsbildung innerhalb der vorhandenen Agglomerate, bevor diese dann miteinander versinterten und ein mit Poren durch-zogenes Gefüge ergaben. Um diesen Efekt zu vermeiden, wurden die gefriergetrockneten Pulver vor der Sinterung in einer losen Pulver-schüttung einer Studie zur thermischen Vorbehandlung unterzogen, um einerseits die organische Matrix zu entfernen und andererseits die optimale Temperatur für ein geeignetes Partikelwachstum zu deinie-ren. Durch eine Kalzinierung bei 925 °C konnte eine durchschnittliche Partikelgröße von ca. 500−700 nm innerhalb der Agglomerate bis hin zu 2,5 µm großen einzelnen Partikeln generiert werden. Für eine engere Par-tikelgrößenverteilung wurde das kalzinierte Pulver im Anschluss mittels Rührwerkskugelmühle vermahlen, um einen mittleren Partikeldurch-messer von ca. 500 nm zu erzielen. Das aufgemahlene Pulver wurde im Anschluss verpresst. Eine kaltisostatische Nachverdichtung konnte nach dieser thermischen Vorbehandlung ebenfalls durchgeführt und somit Gründichten von bis zu 63 %TD erreicht werden.

3.3 Thermische Prozessführung – SinterungFür die anschließende Sinterung wurden innerhalb einer Sinterstudie unterschiedliche thermische Prozessrouten (siehe Bild 6) durchgeführt,

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

0 10 20 30

Te

mp

era

tur

/ °C

Zeit / h

Sintermethoden

two-step-

sintering

konventionelle

Sinterung

Precoarsening

Bild 6 • Thermische Prozessrouten innerhalb der Sinterstudie

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um eine optimale Verdichtung der gesinterten Tabletten zu erreichen: Konventionelle Sinterung, two-step-sintering, precoarsening.

Für die unterschiedlichen thermischen Prozessrouten wurden Pulver verwendet, die lediglich bei 600 °C thermisch vorbehandelt wurden. Mittels Dilatometer-Messungen wurde eine optimale Sintertemperatur von ca. 1450 °C ermittelt.

Innerhalb dieser Studie zeigte sich, dass mithilfe der konventionellen Sinterung die höchste Dichte mit 97,7 %TD erzielt werden konnte. Durch eine längere thermische Behandlung bei niedrigen Temperaturen wäh-rend der Precoarsening-Methode, wurde das geringste Kornwachstum sowie homogenste Gefüge erreicht. Zur Minimierung der Restporosität und der zum Teil inhomogenen Korngrößenverteilung wurde das Aus-gangspulver modiiziert.

Durch den Einsatz von Ausgangspulver, welches bei 925 °C ther-misch vorbehandelt und im Anschluss mittels Rührwerkskugelmühle (ZrO2-Mahleinsatz und -Mahlperlen, Ø: 0,3 mm) auf eine enge Korngrö-ßenverteilung mit einem d50 von ca. 500 nm vermahlen wurde, konnten bei einer Sintertemperatur von 1450 °C Sinterdichten bis zu 98,5 %TD reproduzierbar erzielt werden. Die Mikrostruktur wies, trotz geringer Inhomogenitäten bezüglich der Korngröße, insgesamt kleinere Körner auf (siehe Bild 7). Eine geringe abriebbedingte Verunreinigung des Pul-

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Bild 7 • Gefügeaufnahme einer gesinterten YVO4-Probe aus einem bei 925 °C kal-

zinierten und in der Rührwerkskugelmühle vermahlenem Pulver, Dichte: 99,5 %TD

Bild 8 • Durchlichtfoto einer Yttriumvanadat-Keramik, Tablettenhöhe: 0,81 mm,

Belichtungszeit: 1 s

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vers durch den Mahlvorgang beeinlusste die Transluzenz der Keramiken. Durch eine abschließende heißisostatische Nachverdichtung bei 1350 °C für 2 h und 2000 bar konnte die Dichte auf 99,5 %TD erhöht werden.

4. Zusammenfassung und AusblickDurch die Anpassung der Fällungssynthese und der darauf aufbauenden keramischen Prozesskette konnten Yttriumvanadat-Keramiken mit ei-ner Dichte von 99,5 %TD reproduzierbar hergestellt werden. Durch eine Vermahlung während der Pulveraufbereitung kam es zu einer geringen ZrO2- Verunreinigung (268 ppm) des Materials, was die Transluzenz (siehe Bild 8) der Keramik noch negativ beeinlusst. Im Labormaßstab lässt sich dies kaum vermeiden, bei einer kommerziellen Umsetzung wäre hier die Möglichkeit einer autogenen Vermahlung mittels Luftstrahlmühle gegeben. Aufgrund dieser Vermahlung wurde allerdings das Ziel, eine Keramik mit einer Porosität <1 % herzustellen, erreicht. Die deinier-te Einstellung der Mikrostruktur, homogenes Gefüge mit kleiner und schmalbandiger Korngrößenverteilung, ist noch nicht vollständig opti-miert. Dazu bedarf es weiterer Optimierungsschritte, um eine Korngrö-ßenverteilung von <1 µm zu generieren.

Durch die Vielzahl an durchgeführten Untersuchungen an gefällten Pul-vern des betrachteten Materialsystems bezüglich der thermischen Modi-izierung durch Kalzination, Verdichtungsverhalten bei unterschiedlichen Formgebungsparametern (axial Pressen, kaltisostatisch Pressen), Sinter-verhalten (verschiedene Sinterstrategien mit und ohne heißisostatische Nachverdichtung) und Gefüge-Eigenschafts-Korrelation konnten wichti-ge Erkenntnisse zur Gefügeoptimierung gewonnen werden.

Durch eine alternative Vermahlungstechnik (z.B. Luftstrahlmühle), könnte eine Verunreinigung umgangen werden. Des Weiteren könnte durch eine auf die Korngröße angepasste Formgebung, wie beispiels-weise durch direktes kaltisostatisches Verpressen oder suspensionsba-sierte Formgebungsverfahren (Gießen), die Kompaktierung verbessert und die Sinterdichte weiter erhöht werden.

Grundsätzlich ist YVO4 als Wirtsgitter für Dotierungen mit Seltenerd- Ionen geeignet, was den Einsatz als Konverter für den LED-Bereich zu-künftig ermöglicht. Hochdichte, transparente YVO4-Keramiken könnten, mit einer Nd3+-Dotierung, auch Anwendung im Bereich der Lasertech-nologie inden. Durch eine Co-Dotierung mit Bi3+ könnten ferner ver-schiedene Farbpunkte eingestellt werden.

DanksagungWir bedanken uns bei dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz für die inanzielle Unterstüt-zung des Projektes „Entwicklung hochverdichteter MIIIMVO4:SE Kera-miken (MIII = Y, SE, Bi; MV = V, P)“ mit dem Förderkennzeichen 0912- 68503.

Literatur[1]

[2]

[3]

[4]

Erdei, S. et al.: Growth studies of YVO4 crystals (II), changes in Y-V-O-stoichiometry.

Crystal Res. & Technol. 29 (1994) [6] 815−828

Erdei, S., et al.: Growth studies of YVO4 crystals (I), aspects of oxygen deiciency. MRS

Proceeding 329 (1993) 245

Takeshita, S. et al.: Low-Temperature wet chemical synthesis and photolumines-

cence properties of YVO4: Bi3+; Eu3+ nanophosphors. J. Luminescence 128 (2008)

1515−1522

Werner, J., Kratz, N.: Passive and active optical and luminescent ceramics in

research and development. Ceram. Appl. 4 (2016) 46−51

Eingegangen: 25.10.2017

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