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Page 1: T H E M A Bitcoins - log-in- · PDF fileBitcoins Geld selbst drucken von Jürgen Müller Das gefährlichste Projekt aller Zeiten Das Open-Source-Projekt Bitcoin soll das gefähr-lichste

BitcoinsGeld selbst drucken

von Jürgen Müller

Das gefährlichste Projektaller Zeiten

Das Open-Source-Projekt Bitcoin soll das gefähr-lichste Projekt aller Zeiten sein, wenn nicht gar die ge-fährlichste Technologie überhaupt, so jedenfalls lautetdie Meinung des Internet-Unternehmers und Gründersder Firma Weblogs, Jason Calacanis. Mit Bitcoin wirdeine internationale Währung – eine Form von elektro-nischem Geld – bezeichnet, die ohne regulatorische In-stanzen auskommt, von daher nicht kontrolliert werdenkann und keine Finanzinstitute mehr benötigt. Was hin-ter diesem Projekt steckt und wie es funktioniert, sollin diesem Beitrag erläutert werden.

Unser Geld erfüllt viele Funktionen: Es istTauschmittel und Wertmaßstab, Vermögensspeicherund Spekulationsobjekt. Und außerdem Einnahme-quelle der Banken: Sie verdienen an ihm, indem sie esgegen Zinsen verleihen. Die Finanzkrise zeigt mögli-cherweise, dass das Geld mit all diesen Aufgaben über-fordert ist. Daher ist es kein Wunder, dass sich Men-schen auf die Suche nach Alternativen gemacht haben,die einzelne Funktionen von klassischen Währungenübernehmen könnten.

Auch beim Geld wird in den Augen von einigenÖkonomen eine ,,Artenvielfalt“ benötigt. Gesucht wirdnach Währungen, die nicht alles auf einmal sein wollen,die stattdessen ein sozialeres Wirtschaften ermöglichenund mehr Unabhängigkeit von Banken versprechen –und dank Internet und Computertechnik immer leich-ter zu installieren sind.

Regierungen können theoretisch unbegrenzt neuesGeld drucken lassen, da ihre Zentralbanken nicht mehrden Gegenwert in Gold besitzen müssen. Sie können sodie Wirtschaft ankurbeln, verursachen aber gleichzeitigeine Inflation. Der Japaner Satoshi Nakamoto fandeine solche Finanzpolitik anscheinend unseriös und ge-fährlich. Kurz nach der Insolvenz der US-amerikani-schen Investmentbank Lehman Brothers im September2008 veröffentlichte er in einem Kryptografie-Forumdas Konzept für eine reine Digitalwährung – Bitcoingenannt –, die in einem globalen, dezentralen Netzwerkohne Zutun von Finanzbehörden operiert (vgl. Naka-moto, 2008). Im Januar 2009 stellte Nakamoto die Soft-

ware fertig und produzierte die ersten Bitcoins. Aller-dings ist bis heute nicht bekannt, wer hinter dem Na-men Nakamoto steckt; oft wird vermutet, dass derName Nakamoto als Pseudonym für eine Gruppe vonKryptografie-Experten steht, zumal eine Fülle krypto-grafischer Funktionen zur Fälschungssicherung in demSystem enthalten ist.

Die wenigen verfügbaren Informationen deuten da-rauf hin, dass Nakamoto aus Japan kommt, jedoch hater noch keinen einzigen Satz auf Japanisch geschrie-ben, der Bitcoin-Client hat keine japanische Version,und es gibt keine japanische Seite auf der Internetprä-senz http://bitcoin.org/. Er hat bislang eine E-Mail-Adres-se von einem anonymen Mail-Hosting-Service (visto-mail) benutzt sowie einen kostenfreien Web-Mail-Ac-count (gmx.com). Es gibt Spekulationen, dass seine ge-samte Identität erschaffen wurde, um sich oder dasNetzwerk bereits im Voraus zu schützen. Möglicherwei-se hat er bewusst den Namen Satoshi gewählt, der ins

Bild 1: Der Bundesverband Digitale Wirtschaft(BVDW) warnt vor der Cyberwährung Bitcoin. Sie habe das ,,Potenzial, der gesamten Gesellschaftdurch Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder illegaleGeschäfte nachhaltig zu schaden“. Was versteckt sichhinter der neuen Internetwährung Bitcoin und wiefunktioniert sie?

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Deutsche übersetzt ,,Weisheit“, ,,Klugheit“ oder ,,Ein-sicht“ bedeuten kann. Kolportiert wird darüber hinaus,er hätte sich Ende 2010 aus der Entwicklung zurückge-zogen. Das Open-Source-Projekt wird zurzeit von demUS-amerikanischen Software-Entwickler Gavin Andre-sen geleitet.

Was kann man für Bitcoins kaufen?

Bitcoin ist eine unabhängige elektronische Währung,mit der Internetdienstleistungen bezahlt werden kön-nen. Allerdings akzeptieren die wenigsten Online-Händler Bitcoins, meist sind es kleinere Online-Shops,in denen man mit dieser Währung einkaufen kann.Darüber hinaus sind mit Bitcoins direkte Überweisun-gen zwischen zwei Bitcoin-Nutzern möglich.

Unter der Adresse https://de.bitcoin.it/wiki/Trade findetsich eine Übersicht von Unternehmen, die Bitcoins ak-zeptieren. Große Firmen wie Amazon sind nicht dabei,es gibt allerdings Zwischenhändler wie BTC Buy (http://www.btcbuy.info/), die Bitcoins in Gutscheine für andereAnbieter umtauschen. Eine weitere Möglichkeit, Bit-coins auszugeben, sind direkte Transaktionen zwischenzwei Teilnehmenden. Die Handelspartner müssen nurihre Bitcoin-Adressen austauschen, um sich an-schließend Bitcoins zu überweisen.

Die Bitcoin-Architektur

Nakamoto wollte ein anonymes und dezentrales Be-zahlsystem schaffen. Im Gegensatz zu früheren Ansät-zen wird bei Bitcoin auf ein Peer-to-Peer-System ge-setzt, in dem alle finanziellen Transaktionen jedem zurKenntnis gegeben werden. Diese Idee wurde von einerProgrammierergruppe realisiert, die die Open-Source-Software Bitcoin entwickelte (kostenfrei zu erhaltenbei: http://bitcoin.org/). Die Teilnehmerinnen und Teilneh-mer wählen sich mit einem Programm (Client) in dasunstrukturierte Peer-to-Peer-Netzwerk ein. Das Pro-gramm informiert sich automatisch über alle früherenÜberweisungen und erzeugt Adressen für den Zah-lungsempfang (siehe Bild 2).

Während des erstmaligen Starts wird automatischeine Bitcoin-Adresse generiert. Diese Adresse spielteine ähnliche Rolle wie die Kontonummer bei einer,,traditionellen“ Bank. Es können allerdings immerwieder neue Adressen vom Benutzer erzeugt werden;damit wird bei Überweisungen die Anonymität gesi-chert.

Gleichzeitig wird auf dem Rechner die Datei wallet.datgespeichert, die auch als Bitcoin-Geldbörse bezeichnetwird, da in dieser Datei die eigenen Bitcoins gespeichertwerden. Die Bitcoin-Geldbörse lässt sich optional durchein Passwort verschlüsseln, wodurch die Bitcoins vor un-

befugtem Zugriff geschützt werden.Ist der Passwortschutz einmal akti-viert, lässt er sich nicht mehr deakti-vieren. Für alle Überweisungenmuss vor dem Absenden das ge-

Bild 2: Der kostenfrei erhältliche Bitcoin-Client sendet und empfängt Bitcoins. Er lädt automatisch dieaktuelle Blockkette aus dem Bitcoin-Netzwerk. Genau diese Blockkette macht den Bitcoin fälschungs-sicher, weil in dieser alle Transaktionen zwischen denNutzern des Bitcoin-Netzwerks enthalten sind.

Bild 3: Die Bitcoin-Architekturist dezentral; es gibt keine zentra-len Server zur Verwaltung der Bitcoins. Jeder Computer, aufdem ein Anwender die Bitcoin-Software installiert, wird Teil desNetzes und baut automatisch direkte Verbindungen zu anderenBitcoin-Clients auf. Über dieseVerbindungen tauschen die Clients Informationen über denGeldfluss im Bitcoin-Netz aus.

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wählte Passwort eingegeben werden. Das Passwort darfman keinesfalls vergessen, denn ohne dieses Passwortgibt es keine Möglichkeit mehr, mit Bitcoins zu bezahlen.

Der Bitcoin-Client lädt automatisch die aktuelleBlockkette (nähere Erläuterungen dazu weiter hinten)aus dem Bitcoin-Netzwerk, was eine längere Zeit inAnspruch nehmen kann. Genau diese Blockkettemacht den Bitcoin fälschungssicher, weil in dieser alleTransaktionen zwischen den Nutzern des Bitcoin-Netz-werks enthalten sind. Diese Blöcke werden von allenTeilnehmenden des Netzwerks automatisch mit demBitcoin-Client überprüft und müssen auf ihre Richtig-keit bestätigt werden, um Manipulationen auszu-schließen (siehe Bild 3, vorige Seite).

Wer am Bitcoin-System teilnehmen will, muss sichnicht registrieren. Jeder Nutzer ist nur über spezielleBitcoin-Adressen identifizierbar, die aus zufälligenZeichen bestehen. Diese Adressen lassen sich in belie-biger Zahl erstellen. Die Bitcoin-Entwickler empfehlensogar, für jede Transaktion eine neue Bitcoin-Adressezu generieren. Jeder Transaktionspartner sieht immernur die aktuell verwendete Bitcoin-Adresse. Über denSchaltknopf ,,Bitcoins empfangen“ findet man eine 34-stellige Kombination aus Buchstaben und Zahlen. Dasist die eigene Adresse, mit der man Bitcoins empfangenkann. Diese Adresse muss der Person bekannt sein, dieeinem Bitcoins überweisen möchte (siehe Bild 4).

Es besteht die Möglichkeit, eine unbegrenzte Anzahlvon eigenen Adressen zu erzeugen, sodass für jede Trans-aktion eine andere Adresse genutzt werden kann. Jederanderen Person könnte jeweils eine andere Adresse mit-geteilt, und jedes Mal könnte mit einer anderen Adressebezahlt werden. Dadurch wird die eigene Anonymität ge-schützt, da Transaktionen nicht einer einzelnen Adressezugeordnet werden können. Alle Adressen behalten dau-erhaft ihre Gültigkeit. Egal über welche Adressen Zah-lungen empfangen werden, die entsprechenden Bitcoinswerden immer dem eigenen Kontostand zugefügt.

Wo bekommt man Bitcoins?

Nach der Installation der Software ist das Bitcoin-Konto, auch Wallet (engl. für Geldbörse) genannt, ersteinmal leer. Bevor man das erste Mal selbst Überweisun-gen mit Bitcoins tätigen kann, wird ein Bitcoin-Guthabenbenötigt. Möchte man den Überweisungsvorgang zu-nächst ausprobieren, kann man sich kostenfrei vom Be-treiber der Seite Bitcoin Faucet (https://freebitcoins.appspot.com/) eine geringe Anzahl Bitcoins schenken lassen (sie-he Bild 5). Benötigt wird dafür ein Google-Mail-Konto.Bitcoins lassen sich darüber hinaus bei mehreren Online-Börsen wie Bitcoin.de (https://www.bitcoin.de/) im Interneterwerben (siehe Bild 6).

Eine weitere Möglichkeit ist, über das sogenannte,,Mining“ Bitcoins selbst zu berechnen, was aber auf-grund des Rechenaufwands mit derzeit handelsübli-chen PCs mehrere Jahre dauern könnte (vgl. https://en.bitcoin.it/wiki/FAQ#What_is_mining.3F – siehe auch fol-genden Abschnitt ,,Bitcoin-Mining“).

Bild 4: Beispiel für eine Bitcoin-Adresse.

Bild 5: Bitcoins werden auch verschenkt! In ein Webformular wird die Adresse des Benutzers aus derGeldbörse eingetragen; an diese Adresse werden 0,005 BTCs (Bitcoins) überwiesen.

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Bild 6: Online-Börse Bitcoin.de – hier lassen sich Bitcoins kaufen und verkaufen. Dazu muss man sichregistrieren und eine gültige Kontonummer angeben.

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Aktuell kostet ein Bitcoin dort etwa 4,60 Euro. DerKurs ist aber teilweise starken Schwankungen unterwor-fen. So stürzte er beispielsweise dramatisch ab, nachdemim Juni 2011 ein Trojaner namens Infostealer.Coinbit ent-deckt wurde, der die Wallet-Datei auf dem PC entwendetund somit auch alle dort verzeichneten Bitcoins (vgl.Symantec, 2011).

Überweisung von Bitcoins

Soll eine Überweisung an eine andere Person erfol-gen, geht man folgendermaßen vor. Im Bitcoin-Clientwird die Schaltfläche ,,Bitcoins überweisen“ betätigt. Indem sich anschließend öffnenden Fenster gibt man dieBitcoin-Adresse des Zahlungsempfängers und den zuüberweisenden Betrag an Bitcoins an (siehe Bild 7).

Bitcoin-Mining

Das System ist so ausgelegt, dass Bitcoins errechnetwerden müssen. Diese Aufgabe übernehmen die Nut-zer selbst. Bis Ende 2011 wurden etwa 7 Millionen Bit-

coins berechnet. Den aktuellen Stand erfährt man un-ter der Adresse http://blockexplorer.com/q/totalbc.

Je mehr Bitcoins berechnet werden, desto aufwendi-ger wird der Rechenprozess. Die maximale Anzahl vonBitcoins ist auf ca. 21 Millionen festgelegt, wobei jedesBitcoin (in der jetzigen Client-Version) bis auf 10–8

BTC geteilt werden kann. Die Anzahl von Bitcoins ent-wickelt sich nach einer deterministischen, geometri-schen Reihe. Im Jahr 2033 wird schätzungsweise dievolle Anzahl an Bitcoins erreicht sein; es können dannsozusagen keine Bitcoins mehr ,,gedruckt“ werden.

Je 50 Bitcoins lassen sich in einem Block berechnen.Das Erzeugen eines Blocks dauert aufgrund der not-wendigen Berechnungsverfahren mehrere Jahre, sodasssich viele Anwender zusammenschließen, um Blöckegemeinsam zu berechnen. Wenn jemand etwa 10 Pro-zent zu der Berechnung eines Blocks beigetragen hat,dann erhält er auch 10 Prozent der Erlöse. Diese Zu-sammenschlüsse werden Pools genannt. Eine Übersichtfindet sich unter https://en.bitcoin.it/wiki/Comparison_of_mining_pools.

Bild 7: Überweisungen laufen bei Bitcoin anonymüber die Angabe einer Adresse ab. Von den Bitcoin-Benutzern können immer neue Adressen erzeugt werden. Oft wird für eine neue Überweisung auch eineneue Adresse generiert.

Bild 8: GUI Miner. Die Software verwendet den Pro-zessor der Grafikkarte und berechnet damit neue Bit-coins. Unten rechts steht die Berechnungsgeschwindig-keit. Hier sind es 27,3 Mega-Hashes/s, das sind 27,3Millionen Hash-Wert-Berechnungen pro Sekunde.

Bild 9: Bitcoin-Rechner.Diese Webseitezeigt, wie hochder Wert der er-rechneten Bit-coins ist. Hier sindes etwa 6 Dollarnach einem Mo-nat. Dem stehentypische Strom-kosten für denDauerbetrieb eines PCs von ca.50 Euro pro Mo-nat gegenüber.

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Die Erzeugungsrate neuer Bitcoins be-rechnet sich durch die Formel (6 × 50 Bit-coins/Stunde) × (eigene CPU-Geschwindig-keit / Summe der totalen CPU-Geschwin-digkeit des Netzwerks). Diese Rate wirddurch die fürs Mining benutzte Software de-zentral gesteuert.

Um Bitcoins selbst zu berechnen, benötigtman eine Mining-Software wie GUI Miner(siehe Bild 8, vorige Seite, und http://forum.bitcoin.org/?topic=3878.0). Das Programm be-rechnet Bitcoin-Blöcke entweder mit derCPU oder mit dem Prozessor der Grafik-karte. Letzteres ist effizienter, weil aktuelleGrafikkartenprozessoren bei kompliziertenBerechnungen sehr leistungsfähig sind. Oftsind jedoch die Stromkosten höher als dergeschaffene Wert in Bitcoins.

Auf der Seite http://www.alloscomp.com/bitcoin/calculator.php lässt sich dann zusam-men mit dem aktuellen Wert eines Bitcoinsausrechnen, wie viel Geld sich an einem Tag, in einerWoche oder in einem Monat errechnen lässt (sieheBild 9, vorige Seite).

Welche Informatiksteckt hinter Bitcoin?

Die Berechnung von Hash-Werten und die asymme-trische Verschlüsselung bilden die algorithmischeGrundlage von Bitcoin.

Hash-Werte, asymmetrische Verschlüsselung und elektronische Signaturen

Der Bitcoin-Client erzeugt private und öffentlicheSchlüssel für die asymmetrische Verschlüsselung. EineBitcoin-Adresse ist der Hash-Wert des öffentlichenSchlüssels des Benutzers, berechnet mit dem Secure HashAlgorithm (SHA-256). Dieser Hash-Wert wird dannselbst zur Erhöhung der Sicherheit mit dem RACE Integ-rity Primitives Evaluation Message Digest (RIPEMD-160)gehasht (zu Hash-Werten siehe Müller, 2006, S. 68, undBaumann, 1999). Bitcoin-Adressen werden in einer eige-nen Codierung geschrieben, genannt Base58. Diese Co-dierung dient unter anderem dazu, die ausgeschriebeneForm von Schlüsseln leserlich und kurz zu halten und aufdruckbare ASCII-Zeichen abzubilden. Im Vergleich zurbekannten Standard-Codierung Base64 (bei E-Mails)wurden bei Bitcoins Base58 gezielt Satzzeichen weggelas-sen, damit bei einem Doppelklick auf die Zeichenfolgediese komplett ausgewählt wird, was häufige Vorgängewie Kopieren und Einfügen erleichtert. Außerdem wur-den bei Base58 noch solche Zeichen ausgelassen, die beimmanuellen Abtippen zu Verwechslungen führen könntenwie z. B. O (großes ,,O“) und 0 (Null) oder 1 (Eins) und l(kleines ,,L“).

Geldüberweisungen finden als Transaktionen zwischensolchen Adressen statt. Mit seinem privaten Schlüsselsigniert der Sender die Überweisung an den Empfänger.Dadurch ist sichergestellt, dass nur der Besitzer des pri-vaten Schlüssels eine Transaktion autorisieren kann.Gleichzeitig bedeutet der Verlust des privaten Schlüsselsaber auch den Verlust der dazugehörigen Bitcoins.

Bitcoin verwendet ein asymmetrisches Kryptosys-tem, das Elliptic Curve Cryptography (ECC) genanntwird. Bei diesem Verfahren reichen bereits kurzeSchlüssellängen, um eine sehr gute Sicherheit zu errei-chen. Bei Bitcoin werden öffentliche Schlüssel mit ei-ner Länge von 160 Bit eingesetzt. Das entspricht inetwa der Sicherheit einer Schlüssellänge von 1024 Bitbeim bekannten Algorithmus RSA (vgl. Witten/Schulz,2010, S. 93).

Flutalgorithmus zur Informationsverteilung im Netz

Um zu verhindern, dass ein Teilnehmer dieselbenBitcoins mehrfach ausgibt (double spending), werdenTransaktionen im gesamten Peer-to-Peer-Netz mit demFlutalgorithmus verbreitet. Der Flutalgorithmus ist dereinfachste Algorithmus zur Informationsverteilung ineinem verteilten System. In einem Netz von anfangsnicht informierten Knoten senden ein oder mehrereInitiatorknoten eine Nachricht an alle ihre Nachbarn.Ein Knoten, der die Nachricht erhält und bisher nochnicht informiert wurde, sendet die Nachricht ebenfallsan alle seine Nachbarn, nicht aber zurück an den Ab-sender. Nach einer Weile sind alle Knoten informiert.Da informierte Knoten keine weiteren Nachrichtenaussenden, terminiert der Algorithmus.

Die Gelderzeugung

Die Transaktionen werden von jedem Teilnehmer ineinem Block gesammelt. Der im Peer-to-Peer-Netz ver-öffentlichte Block legt die in ihm enthaltenen Transak-tionen verbindlich fest.

Bild 10: Die ,,Hacker-währung“ Bitcoins er-füllt die Forderung radi-kaler Finanztheoretikerwie des Nobelpreis-trägers Friedrich Augustvon Hayek (1899–1992):das Abschaffen der Zen-tralbank. Das funktio-niert erst mit dem Inter-net, über das Benutzerein Peer-to-Peer-Netzaufbauen und sich ge-genseitig die Überwei-sungen übermitteln.

Quelle: Wikimedia Commons / Aufnahme vom 27. Januar 1981

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Jeder Block enthält die letzten Transaktionen, eine Zu-fallszahl – die sogenannte Nonce – und den Hash-Wertdes vorherigen Blocks. Die Blöcke bilden so eine Kette,die alle bislang getätigten Transaktionen enthält und da-mit eine Transaktionsgeschichte nicht nur jeder einzel-nen Geldeinheit, sondern des gesamten Systems darstellt.Jeder Block wird digital signiert (der Hash-Wert desBlocks wird mit dem privaten Schüssel verschlüsselt).Damit arbeitet das System ähnlich wie eine große Grup-pe von Notaren, die immer wieder gegenseitig ihre Un-terschriften unter einer Folge von Dokumenten prüfenund mit weiteren Unterschriften bestätigen.

Und was hat das alles mit Geldschöpfung zu tun, wieentstehen die Bitcoins? ,,Geld“ entsteht beim Generie-ren von neuen Hash-Werten für die Blöcke. Der soge-nannte Miner stellt Rechenleistung bereit, um Hash-Werte eines neuen Blocks zu errechnen. Das Errech-nen eines Blocks wird zum aktuellen Zeitpunkt (Stand:Ende 2011) mit 50 Bitcoins belohnt. Durch den soge-nannten Proof of Work wird sichergestellt, dass nuretwa alle 10 Minuten ein neuer Block generiert wird,um die steigende Rechenleistung im Netzwerk zu be-rücksichtigen. Dafür werden an die errechneten Hash-Werte spezielle Anforderungen gestellt, sodass manmehr zufällige Hash-Werte berechnen muss, bis einpassender gefunden wird.

Ein Block gilt als ,,gelöst“ (veröffentlicht und akzep-tiert bei allen anderen Peers), wenn der SHA-256-Hash-Wert des gesamten Blocks kleiner ist als ein ak-tuell vorgegebener Zielwert (target). Die erste Transak-tion in diesem Block enthält dann neue Bitcoins fürden Knoten im Netzwerk, der den Block generiert hat(reward).

Die Anforderungen an die Hardware sind inzwi-schen so hoch, dass ein normaler Heimrechner kaumnoch zum Mining verwendet werden kann, da die Er-rechnung eines passenden Hash-Werts Monate oderJahre benötigen würde. Darum verwenden Miner spezi-elle Rechner mit modernsten Grafikkarten zur Berech-nung, da sich die GPU (Graphics Processing Unit) bes-ser zur Verarbeitung von parallelen Aufgaben eignetals eine normale CPU.

Die Belohnung für die Miner halbiert sich, sobald210 000 Blöcke generiert wurden; das Generieren von210 000 Blöcken entspricht etwa einer Dauer von vierJahren. Durch diese Halbierungen erreicht die Beloh-nung irgendwann den Nullpunkt, dann werden 21 Mil-lionen Bitcoins im Umlauf sein.

Wie geht es weiter mit Bitcoin?

Bitcoin ist der aktuellste Versuch, ein zu Bargeldanaloges Bezahlsystem im Internet zu etablieren. Essetzt dabei auf eine dezentrale Struktur ohne vertrau-enswürdige Drittparteien. Über die Korrektheit einerTransaktion entscheidet, wer am meisten Rechenkapa-zität investiert hat. Dabei wird davon ausgegangen,dass immer eine Mehrzahl an ehrlichen Teilnehmernim Netz agiert. Die für das Signieren und Validieren

der Transaktionen und das Erzeugen neuer Blöcke ver-wendete Kryptografie ist gegenwärtig als sicher anzu-sehen.

Allerdings: Keines der Alternativgelder – auch nichtBitcoin – wird in der nächsten Zeit den etabliertenWährungen den Rang ablaufen. Die Miete, das Auto,den Computer wird man nicht ohne Euro bezahlenkönnen. Doch die neuen Zahlungsmittel geben all de-nen, die nicht genug ,,richtiges“ Geld haben, die Chan-ce, selbst wirtschaftlich aktiv zu werden. Der Boom derAlternativwährungen ist ein riesiges Experiment. Viel-leicht bringt es eines Tages das Geld der Zukunft her-vor, das wir uns heute noch nicht vorstellen können.

Die Gesellschaft für Informatik führt im Rahmen ih-rer Jahrestagung in Braunschweig am 20. September2012 ein halbtägiges Tutorial und einen halbtägigenWorkshop zu Bitcoin durch – nähere Informationenunter: http://bitcoin.uni-rostock.de/ .

Prof. Jürgen MüllerBerufsakademie GeraWeg der Freundschaft 4A07546 Gera

E-Mail: [email protected]

Literatur und Internetquellen

Baumann, R.: Digitale Unterschrift – Sichere Rechtsgeschäfte im Inter-net (Teil 2). In: LOG IN, 19. Jg. (1999), H. 3/4, S. 82–88.

Bitcoin – P2P Digital Currency.http://bitcoin.org/

Bitcoin Forum – GUI Miner.http://forum.bitcoin.org/?topic=3878.0https://bitcointalk.org/?topic=3878.0

Bitcoin Mining Calculator.http://www.alloscomp.com/bitcoin/calculator.php

Bitcoin Wiki (deutsch) – Stichwort ,,Handel“.https://de.bitcoin.it/wiki/Trade

Bitcoin Wiki (englisch) – Stichwort ,,Comparison of mining pools“.https://en.bitcoin.it/wiki/Comparison_of_mining_pools

Free Bitcoins.https://freebitcoins.appspot.com/

Müller, J.: Elektronisch unterschreiben – Teil 2: Signaturen und Zertifi-kate. In: LOG IN, 26. Jg. (2006), S. 64–71.

Nakamoto, S.: Bitcoin – A Peer-to-Peer Electronic System. 2008.http://bitcoin.org/bitcoin.pdf

Symantec: Infostealer.Coinbit. 16. Juni 2011.http://www.symantec.com/security_response/writeup.jsp?docid=2011-061615-3651-99

Welcome to BTC Buy! – Einkaufen mit Bitcoins.http://www.btcbuy.info/

Witten, H.; Schulz, R.-H.: RSA & Co. in der Schule – Moderne Krypto-logie, alte Mathematik, raffinierte Protokolle. Neue Folge – Teil 5: DerMüller-Rabin-Primzahltest oder: Falltüren für RSA mit Primzahlen ausMonte-Carlo. In: LOG IN, 30 Jg. (2010), H. 166/167, S. 92–106.

Alle Internetquellen wurden zuletzt am 16. Januar 2012 geprüft.

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