Tagung 18.12.2015 Wien Das Zazaki – g estern, heute und ......19.00 Jaffer Sheyholislami...

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Verein für die akademische Forschung und Entwicklung der Zaza Sprache (Zaza Sprachakademie Österreich) Tagung 18.12.2015 Wien Das Zazaki – gestern, heute und morgen. Zur Aufrechterhaltung und Standardisierung einer bedrohten Sprache © Mehmet Emir

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Verein für die akademische Forschung und Entwicklung der Zaza Sprache (Zaza Sprachakademie Österreich)

Tagung 18.12.2015 Wien

Das Zazaki – gestern, heute und morgen.

Zur Aufrechterhaltung und Standardisierung einer bedrohten

Sprache

© Mehmet Emir

Photo by Mehmet Emir

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Verein für die akademische Forschung und Entwicklung der Zaza Sprache (Zaza Sprachakademie Österreich)

Inhalt

Inhalt ..................................................................................................................................................2

Wer oder was ist Zazaki ? ....................................................................................................................3

Die Bedeutung der europäischen Diaspora bei der Wiederentdeckung der Zaza-Sprache ....................3

Verbundenheit der Sprache mit dem Glauben....................................................................................4

Die Relevanz des Zazaki heute.............................................................................................................4

Eine Zaza Zeitschrift in Österreich “Raa Ma” .......................................................................................5

Zweck des Symposiums .......................................................................................................................6

Programmablauf .................................................................................................................................7

Vortragsinhalte ...................................................................................................................................8

Heiner Eichner Zaza Geschichte und Gegenwart einer nordwestiranischen Sprache aus sprachwissenschaflicher Perspektive

Mesut Keskin Zu Standardisierungsbemühungen für eine dialektübergreifende Schriftsprache im Zazaki

Jaffer Sheyholislami Sprachliche Landschaften und Rivalisierende Sprachideologien in Irakisch-Kurdistan

Mehmet Emir Multimediashow - "Meine Reise nach Hause"

Ursula Hemetek Musik als identitätsbildender Faktor bei Minderheiten-Ansatzpunkte einer angewandten Ethnomusikologie

Dieter Halwachs Vitalität und Funktionalität dominierter Sprachen

Katharina Brizic Ein soziolinguistischer Beirag zu Diaspora, Konflikt und Zugehörigkeit

Inci Dirim Modelle sprachlicher Bildung

Biographien der Vortragenden WissenschaftlerInnen ....................................................................... 12

Dankansagen

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Wer oder was ist Zazaki ? Das Zazaki ist eine indo-germanische Sprache der dem nordwestiranischen Zweig der indogermanischen Sprachen angehört. Die Bezeichnung Zazaki hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt. Diese Sprache, welche in der historischen Region Ost-Anatoliens Dersim beheimatet ist, wird unter anderem auch Kırmancki, Dımılki und Kırdki genannt.

Zur Sprache des Zonê ma wurden bisher mehrere Untersuchungen seitens diverser SprachwissenschafterInnen und KurdologInnen gemacht. Dr. Jost Gippert, Dr. Ludwig Paul, Mesut Keskin, Dr. Agnes Korn, Dr. Heiner Eichner sind nur einige SprachwissenschafterInnen, die sich mit dem Zazazaki auf akademischer Ebene befassen.

Seit Mitte der 80er werden in Europa (hauptsächlich Schweden und BRD) Zeitschriften und Bücher auf Zazaki herausgebracht. Seitdem die Sprachpolitik in derTürkei Mitte der 90er Jahre gelockert wurde, erscheinen die meisten Werkte in Istanbul. In den letzten Jahren werdn sowohl in den türkisschen metropolen als auch in den Städten wie Istanbul, Bingöl und Adana Zaza-Vereine gegründet, die auch Sprachkurse anbieten. Auc hwerden an den Universitäten Tunclei, Bingöl und Mardin über das Zazaki gerforscht.

In Österreich wurde das Zazaki zunächst in den kurdischen und alevitischen MigrantInnenvereinen unterrichtet. Heute wird das Zazaki in Österreich in den Wiener Volkshochschulen für interessierte StudentInnen und Erwachsene angeboten. In den Wiener Volksschulen wird nach Bedarf und Interesse das Zazaki den Schulkindern unterrichtet. In Wien gibt es eine Radiosendung namens SOBE, welche einmal in der Woche jeweils zweistündig via Radio Orange gestrahlt wird. Außerdem gibt es mittlerweile Kinderbücher in Zazaki.

Die Bedeutung der europäischen Diaspora bei der Wiederentdeckung der Zaza-Sprache

Die ursprüngliche Aufmerksamkeit für diese Sprache wurde zunächst über die Zaza Zeitschriften, dann aber noch stärker und populärer von den Dersimer KünstlerInnen geweckt. Diese mussten aufgrund diverser politischer Gründe im Zuge der linken StudentInnebewegung, aber auch der kurdischen Nationalbewegung und vor allem nach dem Militärputsch 1980 in der Türkei das Land verlassen und in die europäische Diaspora auswandern. Im Exil haben die meisten angesichts der Möglichkeit der freien Auslebung der kulturellen, sprachlichen und religiösen Identitäten und unter anderem auch unter dem politischen Wind der kurdischen Bewegung zu ihren Wurzeln gefunden. Die Vorarbeiten zur Auseinandersetzung mit der eigenen Identität begannen bereits in Deutschland. Als sie wieder zurück in ihr Herkunftsland durften, starteten einige dieser KünstlerInnen in Dersim mit ihren ersten Archivierungsarbeiten. Alte bisher nur mündlich tradierte Lieder wurden neu komponiert und an die Öffentlichkeit getragen. Damit begann ab Mitte/Ende 1990er eine Welle der Verbreitung und Veröffentlichung von Zaza-Volksliedern unter DersimerKünstlerInnen wie Mikail und Ahmet Aslan, Nilüfer Akbal, Sena etc. Die

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Wiederentdeckung des Zazaki via Musik erweckte auch unter den jüngeren Generationen großes Interesse.

Auch wurde die tiefe Verbundenheit der Sprache mit dem Glaubenssystem der Region entdeckt

In den letzten Jahren wurde zusätzlich festgestellt, dass hier weiterangesetzt und das Zazaki auf akademischer Ebene mehr an Boden gewinnen muss. Der größte Teil der SprecherInnen des Zazaki gehören dem Alevitischen Glauben an. Der Alt-Dersimer Alevismus, desen Wurzeln auf eine polytheistische Naturreligion zurückgehen, ist eng verbunden mit der Sprache des Zazaki. So wurden religiöse Rituale und Tradierungen ursprünglich in Zazaki abgehalten. Aufgrund diverser Assimilationspolitiken des türkischen Staates ist es auch in diesem Punkt erst heute eine Wiederentdeckung der Auslebung des Glaubens in dieser Weise möglich. In Dersim wird der Alevimsus im Vergleich zum Alevismus, welche im westlichen Teil des Landes praktiziert wird, anders ausgelegt. Metin und Kemal Kahraman sind ebenso bemüht in diesem Bereich, nämlich zur Frage der Identität der DersimerInnen Dokumentarfilme, wie zum Beispiel „Gola Çetu“ mit der Öffentlichkeit zu teilen.

Die Relevanz des Zazaki heute Schätzungsweise gibt es 5-6 Millionen Zaza-SprecherInnen in der Weltpopulation. Die Hochburg der Zaza-SprecherInnen ist die Region Zentral-Dersim (heute: Tunceli, Erzincan, Bingöl, teilw. Auch Diyarbakır und Elazığ). Aus der Region Dersim sind im Zuge der Assimilationspolitiken der türkischen Regierungen ein sehr großer Teil zunächst in die Großstädte der Türkei, dann in die europäische Diaspora ausgewandert. Heute sind ein großer Teil der Alt-DersimerInnen in der Welt gestreut und sehr viele leben in Europa. Ein Großteil der AlevitInnen, welche in der europäischen Diaspora leben sind Zaza-SprecherInnen.

In Österreich, in Deutschland, in der Schweiz und in der Türkei gibt es in der Zwischenzeit mehrere Formen von Bemühungen das Zazaki am Leben zu erhalten: Unterricht und Forschung an manchen Universitäten, Unterricht an europäischen Volksschulen und Volkshochschulen, künstlerische Darbietungen (Musik, Theater), Zeitschriften, Internetseiten, Kinderbücher, Radiosendungen, etc.

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Eine Zaza Zeitschrift in Österreich “Raa Ma”

Seit einem Jahr gibt es das “Raa Ma”-Team in Österreich. Das Team veröffentlicht monatlich die Zeitschrift “raa ma” (Deutsch: Unser Weg).

Mit dieser Zeitschrift versucht das Team Zazaki am Leben zu erhalten und darüber hinaus das Schreiben und Lesen in dieser Sprache unter den SprecherInnen zu fördern. Es werden Interviews unter den SprecherInnen in Österreich geführt, Videoaufnahmen gemacht. Die SprecherInnen, welche ihre Muttersprache im Alltag nicht mehr gebrauchen erinnern sich zurück und haben dann viel zu erzählen. Mit diesen Erzählungen wird nicht nur die Sprache wieder zum Leben erweckt, sondern auch mehr Einblick in das ursprüngliche Leben der Zaza-SprecherInnen in ihren Herkunftsländern gewonnen.

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Zum politischen und wirtschaftlichen Stellenwert des Zazaki

Die wichtige Frage ist, wohin diese Bemühungen führen sollen? Das Zazaki hat derzeit weder einen politischen noch einen wirtschaftlichen Stellenwert in der Welt. Jene Personen, welche sich mit der Sprache befassen schätzen die Anzahl der Zazaki SprecherInnen in Österreich grobgenommen auf 3000 bis 5000 Menschen, wobei hier betont werden muss, dass die Sprache selbst unter den älteren Generationen, dadurch, dass sie nicht im Alltag durchgehend gebraucht wird, nur gebrochen gesprochen wird. Die SprecherInnen sind ziemlich aus der Übung und müssen sich oft große Mühe geben, um keine türkischen Wörter und Ausdruckweisen miteinzumischen.

In diesem Zusammenhang begrüßen die SprecherInnen die Arbeiten des RaaMa-Teams sehr und sind bemüht sich wieder zurückzubesinnen, um die Sprache ihren Kindern weiterzuvermitteln. Das Interesse für die Aufrechterhaltung und Weiterpflege der Sprache ist gegeben und am Wachsen.

Zweck des Symposiums

Das Symposium soll dazu dienen die Gegenwart und die Zukunft des Zazaki auf den Tisch zu legen. Es sollen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für das Weiterleben der Sprache in den Raum geworfen und Optionen aufgestellt werden. So ist die Frage nach der Standardisierung der Sprache auch unter den SprachwissenschafterInnen ein großes Fragezeichen. Nachdem das Zazaki in sich mehrere Dialektformen aufweist und die SprecherInnen sich über die politische Dimension bisher keine Gedanken gemacht haben, ist die Frage nach der Standardisierung noch offen bzw. in welcher Form diese Standardisierung erfolgen kann ebenso. In diesem Zusammenhang weicht die Diskussion nicht selten in die Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit der SprecherInnen des Zazaki ab. Bisher zählten sich bzw. wurden die SprecherInnen des Zazaki zu den KurdInnen (gezählt). Interessanterweise ist es sozialpolitisch zu beobachten, dass vor allem im Zuge der kurdischen Nationalbewegung vor allem ein Großteil der jüngeren Generation der Zazaki SprecherInnen sich zu den KurdInnen zählt. Bei den älteren Zazaki SprecherInnen um die 80 Jahre ist eine nationale Selbstzuordnung weder zu den KurdInnen noch zu den TürkInnen der Fall. Nachdem in den letzten Jahren sich die Meinung unter den SprachwissenschafterInnen gefestigt hat, dass das Zazaki eine eigene Sprache ist, wurde die Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit laut. So ist die Frage interessant, inwiefern die Sprache allein für die Bestimmung der ethnischen Zugehörigkeit ausreicht oder nicht bzw. welche anderen Faktoren hier noch bestimmend sind.

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Programmablauf 17.30 Einlass

18.00 Begrüßung Eröffnungsrede: Co-Präsident der Zaza Sprachakademie Österreich Ali Dikme

18.15 Erstes Panel Teil A

18.30 Heiner Eichner

Zaza- Geschichte und Gegenwart einer nordwestiranischen Sprache aus sprachwissenschaflicher Perspektive

18.45 Mesut Keskin

Zu Standardisierungsbemühungen für eine dialektübergreifende Schriftsprache im Zazaki

19.00 Jaffer Sheyholislami

Linguistic Landscape and Competing Language Ideologies in Iraqi Kurdistan

Erstes Panel Teil B

19.15 Mehmet Emir

Multimediashow - "Meine Reise nach Hause"

19.30 Ursula Hemetek

Musik als identitätsbildender Faktor bei Minderheiten-Ansatzpunkte einer angewandten Ethnomusikologie

19.45 Erste Fragerunde

20.15 Pause

20.30 Zweites Panel

20.45 Dieter Halwachs

Vitalität und Funktionalität dominierter Sprachen

21.00 Katharina Brizic

Ein soziolinguistischer Beirag zu Diaspora, Konflikt und Zugehörigkeit

21.15 Inci Dirim

Modelle sprachlicher Bildung

21.30 Zweite Fragerunde

22.00 Ende

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Vortragsinhalte

Abstrakte zu den Vorträgen der Referent_Innen

Erstes Panel Teil A

Heiner Eichner

Zaza Geschichte und Gegenwart einer nordwestiranischen Sprache aus sprachwissenschaflicherPerspektive

Für dieerst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckte nordwestiranische Sprache hat sich in der Sprachwissenschaft der Name „Zaza“, „Zazaki“ oder „Zazaisch“ einzubürgern begonnen. Der Vortrag befasst sich mit Forschungsgeschichte, Hypothesen zur genetischen Verwandtschaft, mit der Abgrenzung gegenüber den kurdischen Dialekten, dem Vorgang der Verschriftlichung und Problemen der Etablierung eines neuen überdialektalen Standards. „Zaza“ erweist sich dabei als eine aktuelle Herausforderung für die Sprachwissenschaft.

Mesut Keskin

Zu Standardisierungsbemühungen für eine dialektübergreifende Schriftsprache im Zazaki

Trotz einer Verschriftlichung durch Kulturzeitschriften und Büchern von hauptsächlich folkloristischen Texten seit den 80er Jahren in der Diaspora, seit Mitte der 90er Jahre auch in der Türkei, hat das Zazaki keine einheitliche Schriftsprache entwickelt. Nur einzelne Mundarten der vorhandenen drei Hauptdialekte werden so schriftlich verfasst, wovon viele Mundarten bereits beschrieben (Paul 1998a, Keskin 2009), einige aber kaum verschriftlicht sind.

Die Verständlichkeit zwischen den Dialekten ist in der gesprochenen Sprache höher als in der geschriebenen, weil die Alphabetisierung in der Muttersprache wenig verbreitet und meist nur auf die jeweils eigene Umgebung und Mundart beschränkt ist.

Da Zazaki nur innerhalb der türkischen Staatsgrenzen und teilweise in der Diaspora als Alltagssprache gesprochen und aufgrund der repressiven Sprachpolitik des Staates immer weiter durch das Türkische verdrängt wird, gilt es laut UNESCO als eine gefährdete Sprache. Mittlerweile sind durch die türkische Schulpflicht und die Verbreitung der Medien bis in die Dörfer die meisten Zaza bilingual, in der Diaspora auch multilingual.

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Jaffer Sheyholislami

Sprachliche Landschaften und rivalisierende Sprachideologien in Irakisch-Kurdistan

Dieser Vortrag gibt einen Überblick über die gegenwärtige sprachliche Landschaft in Irakisch-Kurdistan, die von verschiedenen Sprachideologien, die wiederum verschiedene soziopolitische Kräfte repräsentieren, die im Nationswerdungsprozess um Legitimität konkurrieren. Die Bandbreite der Ideologien reicht von regionalem Nationalismus, zu pankurdischem Nationalismus, Sprachrechten und Sprachinternationalisierung/Englisch. Der Kontext in Irakisch-Kurdistan bietet die Möglichkeit die komplexen Wechselbeziehungen zu analysieren zwischen transnationalen sprachlichen, politischen, historischen und soziokultureller Faktoren die auf Sprachverwaltung treffen. Der Vortrag versucht darzustellen wie in der Spätmoderne Sprachverwaltung im Allgemeinen und Offizialisierung im Besonderen mit Themen wie Nationenbildung, Sprachdiversität, Sprachrechten, Parteipolitik, transnationale und zwischenstaatliche ethnonationale Identitäten, Stimmen der Diaspora und neuen Kommunikationstechnologien verbunden sind.

Abstrakte zu den Vorträgen der Referent_Innen

Erstes Panel Teil B

Mehmet Emir

Multimediashow-"Meine Reise nach Hause"

Mehmet Emir ist seit 1981 in Wien. Sein Vater ist einer der ersten Gastarbeiter nach dem Anwerbeabkommen zwischen Türkei und Österreich 1963. Mehmet Emir ist absolvent der Akademie der Bildenden Künste in Wien und fotografiert seit 1983 jedes Jahr zum gleichen Zeitraum in seinem kleinen kurdischen Dorf in Dersim (Tunceli). Inzwischen befinden sich über zwanzig Tausend Fotografien aus diesem Dorf in seinem Archiv. Die meisten Fotografien sind Schwarz-weiß und Dias. In den letzten 10 Jahren steigt Emir auf die Digitalfotografie um. Die Diashow ist eine Mischung aus SW/Dias und Digitalfotografien sein. „Kurdische Barden“. 1991 startet Emir in Zusammenarbeit mit der Uni-Wien Volksmusikforschung Institut eine ethnographische Feldforschung im Gebiet Dersim. Eine Auswahl der Musikstücke wurde im Jahr 1998 bei der Plattenfirma „ Extraplatte“ heraus gebracht. Hauptmerkmal wird, auf die Musik die in Zazaki gesungen wird, gelegt. Es sind auch Gespräche mit den Musikerinnen, derer Lieder sehr viel den Genozid in Dersim (Tunceli) als Thema haben.. Die Multimedia wird eine Auswahl der dreißig Jahre lang gemachten Fotografien, Beispiele aus der Zaza-Sprache und die Untermalung mit der Zaza- Musik sein.

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Ursula Hemetek

Musik als identitätsbildender Faktor bei Minderheiten Ansatzpunkte einer angewandten Ethnomusikologie Musik kann bei Minderheiten eine wesentliche Rolle bei der Identifikation mit der „eigenen“ Community spielen. Aktives Musizieren und Singen, aber auch passiver Musikkonsum kann z.B. eine Anregung sein, die – bereits vergessene - Minderheitensprache wieder zu erlernen und zu sprechen. Eigenbilder und Fremdbilder, die über die Musik vermittelt werden, können dabei eine Rolle spielen. Die politischen Rahmenbedingungen sind in jedem Fall von großem Einfluss. Da ich mich seit mehreren Jahrzehnten mit solchen Prozessen in Österreich beschäftige, möchte ich Beispiele von verschiedenen Minderheiten-Communities in Österreich anführen, insbesondere aber Beispiele aus der Roma-Community verwenden. Diese sollen als Vergleichsmaterial für eventuelle ähnliche Prozesse das Zazaki betreffend dienen, in denen eine angewandte Ethnomusikologie wirksam werden könnte.

Abstrakte zu den Vorträgen der Referent_Innen

Zweites Panel

Dieter W. Halwachs

Vitalität und Funktionalität dominierter Sprachen

Von den heute ca. 7.000 Sprachen haben nur 5% (ca. 350) offiziellen Status. Bloß 1% (ca. 70) sind dominant, was aus ihrer exklusiven oder primären Funktionalität in öffentlich-formellen Domänen auf staatlicher Ebene resultiert. Alle anderen auf dem Territorium eines Staates verwendeten Sprachen – statuslose aber auch kooffizielle sowie die offizieller Minderheiten – sind dominierte Sprachen. Kompetenz in der dominanten Sprache ist Voraussetzung für die Teilhabe an politischer und wirtschaftlicher Macht sowie für unbeschränkten Zugang zum Bildungssystem. Sprechergemeinschaften dominierter Sprachen sind folglich mehrsprachig und stehen unter Assimilationsdruck. Die Aufgabe der dominierten Sprache zugunsten der dominanten ist ein mögliches Szenario. Gerade Minderheiten "bezahlen" für die sozioökonomische Integration häufig mit soziokultureller Assimilation. Drohender Sprachverlust als Symptom des sozialen Wandels innerhalb einer Sprechergemeinschaft, der als Identitätsverlust empfunden wird, führt in der Regel zu Aktivitäten, die kulturelle Eigenständigkeit durch das Symbol Sprache zu bewahren. Die einschlägige Literatur behandelt solche Bestrebung unter Reversing Language Shift und Language Revitalisation. Der Vortrag behandelt Strategien zur Vermeidung von Sprachwechsel sowie Revitalisierungsmaßnahmen auf dem Hintergrund der Vitalität und Funktionalität dominierter Sprachen.

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Katharina Brizic

Zaza in Wiener Bildungs- und Sprachbiographien. Ein soziolingusitsicher Beitrag zu Diaspora, Konflikt und Zugehörigkeit Die Zugehörigkeit zu einer sozialen oder sprachlichen, historisch gewachsenen Community ist eines der vieldiskutierten Themen neuerer Sozialforschung: Stellt eine solche Zugehörigkeit eine Ressource oder vielmehr ein Hindernis dar für Bildung und Aufstieg, ja gar für transethnischen oder transnationalen Dialog?

Besonders wenig untersucht sind diese Fragen in Bezug auf viele jener Gruppen, die kleiner als andere, verfolgter als andere oder auch einfachweniger bekannt als andere sind. Zugehörigkeit geschieht hier vielfach im Verborgenen. Zugehörigkeit und deren Verweigerung, ob als Hindernis oder Ressource, sind auch Thema meines Vortrags. Ich werde dabei auf Sprach- und Bildungsbiographien Bezug nehmen, die ihren Ausgang in Zentral- und Ostanatolien genommen haben und in Wien einen neuen Lebensmittelpunkt fanden. Im Fokus steht einerseits die Sprache Zaza in ihrer Weitergabe über Generationen; andererseits aber geht es mir besonders um die Bedeutung der individuellen Biographien für kollektive Entwicklungen in Mitteleuropa und dem nahen Osten.

Das Beispiel, das ich bringen werde, ist das eines Zaza-Sprechers. Ich werde in meinem Beitrag herausarbeiten, was die Sprache für seine Biographie und die seiner Familie und Kinder bedeutet. Es zeigen sich in seiner Beziehung zum Zaza(-Kurdischen) wesentliche Unterschiede zu der Weise, wie Kurmanji-Kurdisch in Biographien dargestellt wird. Nichts desto trotz bezeichnet er seine Familiensprache Zaza durchwegs als Kurdisch. Die Sprache scheint für ihn weniger von lokaler, individueller als vielmehr von großräumiger, überregionaler sozialer Bedeutung zu sein. Dies führt zurück zu den eingangs genannten Fragen, vor allem: Welche Ressource stellt die Sprache Zaza hier dar, im Vergleich zum Kurmanji? Welchen Weg nimmt die Sprache in der Migration und durch die Generationen? Lassen sich hier größere, d.h. kollektive Entwicklungen absehen, mit weiter reichender Bedeutung?

Inci Dirim

Modelle sprachlicher Bildung

Der Vortrag gibt einen Überblick über verschiedene Schulmodelle, mit Minderheitensprachen umzugehen. Vor allem Studien in den USA und aus Deutschland arbeiten die Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle aus, die im Vortrag mit Bezug auf die sprachliche Situation von Zaza-SprecherInnen in Österreich und in der Türkei diskutiert werden.

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Biographien der Vortragenden WissenschaftlerInnen

Univ.-Prof. Dr. Heiner Eichner, ist Emeritus am Institut für Sprachwissenschaft der Universität Wien. Promoviert hat er im Jahr 1974 an der Universität Erlangen-Nürnberg (Deutschland) in den Fächern Indogermanistik, Indoiranistik und Assyriologie. Seine Habilitation machte er in vergleichender Sprachwissenschaft (Indogermanistik) an der Universität Regensburg (Deutschland). 1982 realisierte Professor Eichner seine Umhabilitation an die Universität Basel (Schweiz). 1995-2002 übernahm er die Leitung der Kommission für Iranistik an der

Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Heiner Eichner ist der erste Professor an der Universität Wien, der einen Zaza-Arbeitskreis angeboten und diverse Agenden für Kurdisch (in Zusammenarbeit mit Prof. CelÎlê CelÎl) und für die Zaza-Sprache wahrgenommen hat.

Mesut Keskin, M.A. ist Doktorand an der Goethe-Universität Frankfurt/Main im Fachbereich Vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft. Keskin führt diverse Untersuchungen über die Zaza-Sprache durch. Seine Magisterarbeit schrieb er über die dialektale Gliederung des Zazaki, sein Dissertationsthema handelt von der Standardisierung der Zaza-Sprache. 2009 übersetzte Keskin den Weltklassiker „Der kleine Prinz“ ins Zazaki „Şazadeo Qıckek“. 2012 erschien sein Lehrbuch “Zonê Ma Zanena? – Zazaki für Anfängerinnen und

Anfänger”. Er ist Gründungsmitglied des Vereins zur Förderung der Zaza-Sprache – Enstitüyê Zazaki e.V. (2004) und der Zaza-Gemeinde in Deutschland – Cematê Zazayanê Almanya e.V. (2015). Keskin gibt Zaza-Sprachkurse an der Universität Frankfurt.

Univ.-Prof. Dr. Jaffer Sheyholislami ist Professor an der Universität Carleton in Kanada. Seine Forschungsschwerpunkte sind systemisch funktionale Sprachwissenschaft, Sprache und Identität, Sprachenpolitik und –planung. Professor Sheyholislami führt diverse Untersuchungen zu den kurdischen Sprachen. Sein 2011 veröffentlichtes Buch trägt den Titel „Kurdish identity, discourse, and new media“.

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Mehmet Emir, M.A.,ist Sozialarbeiter, Kolumnist und Fotograf. Emir fotografiert seit 30 Jahren und hat mittlerweile über 20.000 Fotografien aus seiner ursprünglichen Heimat Dersim. 1981 emigrierte Mehmet Emir nach Wien. Er begann seine Karriereleiter als Gastarbeiter bei einer Straßenbaufirma. Neben diversen musikalischen und theatralischen Erfahrungen in diversen Gruppen, begrüßte Mehmet Emir das interessierte Publikum mit seinem Buch „Ich bin immer noch in Wien“.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Ursula Hemetek ist Leiterin des Instituts für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Forschungsschwerpunkte von Professorin Hemetek sind traditionelle Musik von Minderheiten in Österreich, insbesondere Roma, burgenländische Kroaten und Bosnier. Ursula Hemetek hat zahlreiche Publikationen zum Thema „Ethnomusikologie und Minderheiten”.

Ass.-Prof. Dr. Dieter W. HALWACHS, Soziolinguist an der Universität Graz; Leiter des Forschungsbereichs Plurilingualismus am treffpunktsprachen / Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik; Mitglied des Expertenkomitees der Europäischen Charta für Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats; Koordinator diverser Projekte zu Minderheitensprachen, in erster Linie zum Romani; Forschungsinteressen: Sprachpolitik, Minderheitenlinguistik, bedrohte Sprachen, Sprachkontakt, ...

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Verein für die akademische Forschung und Entwicklung der Zaza Sprache (Zaza Sprachakademie Österreich)

Prof. Dr. Katharina Brizić ist Soziolinguistin und macht derzeit ihre Professur im Fachbiet “Mehrsprachigkeitforschung”an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg (Deutschland). Prof. Dr. Brizić war davor als Research Scholar an einem Projekt über Spracherwerb, Mehrsprachigkeit und soziale Ungleichheit am Berkeley Language Center, University of California, tätig

Univ.-Prof. Dr. İnci Dirim ist in der Türkei aufgewachsen. Prof. Dr. Dirim ist Erziehungswissenschaftlerin und Germanistin und bekleidet an der Universität Wien eine Professur für Deutsch als Zweitsprache. Forschungsschwerpunkte von Frau Prof. Dr. Dirim sind unter anderem Sprachgebrauch- und Spracherwerb in der Migrationsgesellschaft, Sprachförderung und sprachliche Bildung im Deutschen, migrationspädagogische und machtkritscihe Zugänge zu DaZ.

Projektmanagement und Organisation

MMag. Dr. Zeynep Arslan, Sozialwissenschafterin, Trainerin, Autorin, Projektmanagerin und Moderatorin

Co-Präsidentin der Zaza Sprachakademie Österreich

Organisation, Leitung und Moderation des Zazaki Sprachsymposiums Wien 2015

® Cem Enis Dikme

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Danke für die Schirmherrschaft der UNESCO Kommission in Wien

Danke an unsere KooperationspartnerInnen

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Danke an unsere SponsorInnen und FördergeberInnen

Danke für die Untersützung von… Institut für Sprachwissenschaften der Universität Wien Institutsvorstand Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Florian Menz &A.o. Univ. Prof. Mag. Dr. Rudolf de Cillia

Andreas Höferl Gültekin Kara Güven Arslan Haydar Sarı

Hubert Christian Ehalt Jasmin Hirsch Josef Wallner

Kaan Özel Karin Krammer

Maria Six-Hohenbalken Max Zirngast

Mehmet Özyazanlar Mesut Keskin Murat Muyan Nada Zerzer

Petra Hammerl Thomas Schmidinger Welat Zeydanlıoğlu

Zeynel Veroz Zahir Akdeniz

Kamerateam

Ali Kutlu Doruk Kutlu Ufuk Kutlu