Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut...

12
Talentmanagement im Mittelstand Wie lassen sich Talente finden, fördern und binden? Februar 2016

Transcript of Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut...

Page 1: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand

Wie lassen sich Talente finden, fördern und binden?

Februar 2016

Page 2: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 2

Talentmanagement im MittelstandEine der wichtigsten Fragestellungen bei Führungskräften und Personalverantwortlichen

Wertvolles Talentmanagement

Talentmanagement hat sich in den letzten Jahren zu einer der wichtigsten Fragestellungen bei

Führungskräften und Personalverantwortlichen etabliert. Auch im Mittelstand ist das Finden

und Binden von gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein entscheidender

Faktor, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens langfristig zu sichern. Doch wie kann

Talentmanagement speziell im Mittelstand funktionieren? Welche Besonderheiten gibt es zu

beachten und wie können praktische Maßnahmen aussehen? Im folgenden Whitepaper erfah-

ren Mittelständler, wie sie Talente gewinnen, identifizieren, entwickeln und binden können.

www.strametz.de

Page 3: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 3

1.1 Aktuelle Entwicklungen

„Megatrends“ machen deutlich, warum Talentmanagement aktuell von großer Bedeutung ist:

Demografischer Wandel: Bis zum Jahr 2030 werden 1 Mio. Fach- und Führungskräfte fehlen.

Wertewandel: Die Generation Y (nach 1982 geboren) und ihr verändertes Werteverständnis von Arbeit nimmt

Einfluss auf die Arbeitswelt. Waren in den 80er Jahren noch „Karriere“, „Führung“ oder „ge-

steigertes Einkommen“ die angestrebten persönlichen Ziele, haben heutzutage andere Werte

eine größere Bedeutung gewonnen. Verschiedene Studien und Befragungen belegen, dass

diese Generation auf selbstbestimmtes Arbeiten, persönliche Weiterentwicklung, interessante

und sinnvolle Aufgaben sowie ein gutes Verhältnis zwischen „Arbeit und Leben“ (Work-Life-

Balance) achtet. Das veränderte Werteverständnis sollte ernst genommen werden, da diese

Generation, auch aufgrund des Fachkräftemangels, ihre Bedürfnisse aktiv einfordert. Ignorie-

ren Unternehmen deren Erwartungen, werden gute Talente das Unternehmen schnell wieder

verlassen. Die aktuelle Diskussion über „Arbeit 4.0“ („Wie werden wir morgen arbeiten?“)

zeigt aber auch, dass dieses Thema nicht nur die Generation Y betrifft. So hat beispielsweise

das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Frühjahr einen Dialogprozess gestartet,

um über „Arbeit 4.0“ eine breite Diskussion mit der Bevölkerung in Gang zu setzen ( www.

arbeitenviernull.de).

Flexibler und transparenter Arbeitsmarkt: Die Fluktuation hat sich in den Unternehmen erhöht und wird sich noch weiter verschärfen.

Aktuelle Studien gehen davon aus, dass es zukünftig die Regel sein wird, den Arbeitgeber fünf

bis sieben Mal im Laufe seines Erwerbslebens zu wechseln. Gleichzeitig erhöht sich zuneh-

mend die Transparenz des Arbeitsmarktes. Karrierewebsites, Socialmediakanäle, Arbeitgeber-

wettbewerbe oder Bewertungsplattformen (wie www.kununu.de) geben direkte Einblicke

in die Unternehmen und entlarven so manch gut gemeinte Hochglanzbroschüre. Das (Macht-)

Verhältnis zwischen Unternehmen und Bewerbern dreht sich um. Unternehmen müssen sich

mehr und mehr bei potenziellen Mitarbeitern bewerben und eine attraktive Unternehmenskul-

tur vorweisen, um im Kampf um die Talente erfolgreich zu sein.

Der Wandel der

Arbeitswelt

(be-)trifft auch

den Mittelstand.

www.strametz.de

Page 4: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 4

1.2 Definition Talentmanagement – die Grundlage

Was aber versteht man unter „Talenten“? Von Personen mit „Talent“ wird dann gesprochen,

wenn jemand eine besondere Veranlagung bzw. Begabung mitbringt. Talente sind demnach

stabile, angeborene Denk,- Gefühls- und Verhaltensmuster eines Menschen, die produk-

tiv eingesetzt werden können. Jedoch ist Talent weit mehr als das meist in der Gesellschaft

verbreitete Verständnis einer speziellen musikalischen Begabung oder eines hohen Intelli-

genzquotienten. Talente können ganz vielschichtig sein - ob kreativ, technisch, analytisch,

beziehungsorientiert, strategisch, sprachlich… - so einzigartig der Mensch, so facettenreich

sind auch die Talente.

Beim Talentmanagement muss jedes Unternehmen zunächst selbst definieren, was unter „Ta-

lent“ verstanden und wie das Talentmanagement ausgerichtet wird. Meist stehen zwei Fragen

im Fokus:

Für den Aufbau eines erfolgreichen Talentmanagements ist der Rückhalt der Geschäftsfüh-

rung zwingende Voraussetzung. Diese muss Talentmanagement als wichtiges, unternehmens-

relevantes Thema (an-)erkennen und aktiv vorantreiben. Sind Mitarbeiter aus den Personal-

abteilungen für die Umsetzung verantwortlich, muss die Geschäftsführung sicherstellen, dass

die nötige „Rückendeckung“ auch aus den Fachabteilungen vorhanden ist.

Die strategische Verankerung des Talentmanagements mit der Unternehmensstrategie ist von

großer Bedeutung. Die Unternehmensstrategie zeigt Weg und Ziele auf, wie sich das Unterneh-

men in Zukunft entwickeln und positionieren möchte. Daran sollte sich auch die zukünftige

Talentmanagementstrategie orientieren.

• Soll sich das Talentmanagement auf eine relativ kleine Gruppe von

Mitarbeitern ausrichten, wie zum Beispiel auf sogenannte „High Potentials“

oder Führungskräfte? Meist wird diese Gruppe von Mitarbeitern in

„Talentpools“ aufgenommen und durchläuft dann spezielle Entwicklungs- und

Förderungsmaßnahmen.

• Oder fasst man den Talentbegriff weiter und geht davon aus, dass jeder

Mitarbeiter im Unternehmen über „Talent“ verfügt? Dann bestünde die Aufgabe

von Führungskräften, Personalverantwortlichen und letztendlich der gesamten

Organisation darin, dieses Talent zu entdecken und zu fördern.

„So einzigartig der Mensch, so facettenreich sind auch die Talente.“

www.strametz.de

Page 5: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 5

1.3 Talentgewinnung

Steht beim klassischen Recruiting das kurzfristige Besetzen von vakanten Stellen im Vorder-

grund, setzt das Talentmanagement schon viel früher an, um gute Kandidaten frühzeitig anzu-

sprechen und mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Der Mittelstand hat an dieser Stelle eine beson-

dere Herausforderung zu meistern. Im Kampf um die Talente steht er in direkter Konkurrenz

zu den Großunternehmen. Auch ist bei den jungen Nachwuchskräften ein starker Trend zur

Urbanisierung erkennbar. Unternehmen mit einem Standort in eher strukturschwachen oder

ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich

gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke aufzubauen, die weit mehr wert ist als so manche

Hochglanzbroschüre. So können pragmatische Maßnahmen auch mit kleinem Budget initiiert

werden, um sich bei den Talenten einen Namen zu machen. Ein möglicher Talentgewinnungs-

prozess wird im Folgenden analog zur „AIDA“ Formel aus dem Marketing dargestellt.

Attention: Potenzielle Kandidaten auf das Unternehmen aufmerksam machen. Junge Nachwuchskräfte und Hochschulabsolventen berichten immer wieder, dass sie zwar oft den Wunsch verspüren in der jeweiligen Region beruflich einzusteigen, doch manchmal gar nicht die unterschiedli-chen Karrieremöglichkeiten der Unternehmen kennen. Hier muss die Wahrnehmung erhöht werden:

• Schulkooperationen: Schulen bieten meist sogar kostenfreie Möglichkeiten, das eigene

Unternehmen zu präsentieren. Sei es auf Jobmessen, auf Karrieretagen, Tag der offenen

Tür, Zusammenarbeit in Projekten oder durch Vorträge. Oft gibt es konkrete Ansprech-

partner unter den Lehrern, die genau für diese Kooperationen verantwortlich sind. Diese

gilt es anzusprechen.

• Hochschulkooperationen: Um bei Absolventen von Hochschulen und Universitäten

wahrgenommen zu werden, bieten sich neben den üblichen Jobmessen auch Kooperati-

onen an. Der sogenannte „Career Service“, der mittlerweile an fast allen Hochschulen zu

finden ist, dient als Türöffner. Der direkte Weg über die Lehrstühle oder Fachschaften ist

auch interessant, da einige Hochschulprofessoren ihre Studenten sehr gut kennen und

einen Kontakt herstellen können. Der Beziehungsaufbau zu den Lehrenden und Dozenten

ist dabei das „A und O“ und bezieht sich zunächst auf einen rein fachlichen Austausch.

Warum dann nicht mal die eigenen Fachkräfte aus dem Unternehmen fragen, ob nicht

Interesse besteht hier aktiv zu werden?

• Karriere- und Berufsmessen: Neben den Messen der Schulen und Hochschulen gibt es

oftmals in jeder Region spezielle Karriere- und Berufsmessen. Eine regelmäßige und

kontinuierliche Teilnahme kann bereits die Wahrnehmung bei potenziellen Bewerbern

stark erhöhen.

• Mitarbeiterempfehlungsprogramme: Lassen Sie Ihre Mitarbeiter zum Botschafter Ihres

Unternehmens werden. Informieren Sie die Mitarbeiter regelmäßig über die Karrieremög-

lichkeiten im eigenen Unternehmen und animieren Sie, die Angebote im Freundes- oder

Bekanntenkreis zu kommunizieren.

Talente gewin-nen mit Hilfe der AIDA- Formel.

www.strametz.de

Page 6: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 6

Interest: Haben potenzielle Kandidaten das Unternehmen auf dem Schirm, geht es nun darum auch ihr Interesse daran zu wecken. Die eigene Karriere Website bleibt immer noch der Dreh- und Angelpunkt, um für die Bewerber interessant zu sein. Punkten Sie als Mittelstand mit der per-sönlichen Note. Machen Sie deutlich, für welche Werte Ihr Unternehmen steht. Insbesondere gute Fachkräfte fragen sich vor ihrer Bewerbung, ob ihre Werte mit denen eines potenziellen Arbeitgebers übereinstimmen. Eng verbunden mit den Werten sind dann die speziellen Leis-tungen für Mitarbeiter. Überlegen Sie, welche besonderen Angebote ihr Unternehmen bietet und welche sich von anderen Unternehmen abgrenzen. Verleihen Sie Ihrer Website zudem echte Persönlichkeit, indem z.B. ein Mitarbeiter- oder Azubiblog betrieben und so die Unter-nehmenskultur nach außen kommuniziert wird. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter ehrlich über den Unternehmensalltag berichten. Interviewen Sie Ihre Mitarbeiter und fragen Sie sie, warum sie gerade in diesem Unternehmen arbeiten. Ziel sollte sein, ein authentisches Bild vom Unterneh-men abzubilden.

Desire: Ist das Interesse potenzieller Kandidaten geweckt, sollte dann der Wunsch bei Bewerbern mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten oder sogar dort zu arbeiten, erzeugt werden. Hürden müssen möglichst gering gehalten werden, um einen schnellen und flexiblen Einstieg zu ge-währleisten. Ist den Interessenten klar wie Kontakt aufgenommen werden kann? Ein persönli-cher Ansprechpartner ist unabdingbar. Er muss regelmäßig und schnell auf Kontaktanfragen reagieren und diese auch pflegen. Am besten auf verschiedenen Wegen, damit Interessenten mit Ihrem Unternehmen möglichst einfach in den persönlichen Kontakt kommen. Bewerber-tage, Tag der offenen Tür, Vergabe von Bachelor- und Masterarbeiten, Kurzpraktika oder 3 bis 6-monatige Praktika. Stellen Sie sicher, dass es sich nicht um Eintagsfliegen handelt, sondern diese Maßnahmen regelmäßig stattfinden. Daneben spielt auch eine qualitative Ausrichtung der Maßnahmen eine wichtige Rolle. Die Aufgaben und Tätigkeiten in den Praktika sollten herausfordernd und sinnvoll sein

Action: Der Wunsch des Kandidaten sich zu bewerben ist geweckt. Nicht nur das, womöglich kann er sich vorstellen, ein festes Arbeitsverhältnis einzugehen. In dieser Phase sind einige erfolgskri-tische Maßnahmen zu berücksichtigen: es geht darum, sicherzustellen, dass der Kandidat sich ohne großen Aufwand bewerben kann, z.B. direkt über das eigene XING Profil. Dazu dienen etwa kurze Antwortmöglichkeiten, entweder auf die Bewerbung oder für die Einladung zum Vorstellungsgespräch, um den Bewerbern Wertschätzung und ein gutes Gefühl zu vermitteln. Ist das „klassische“ Vorstellungsgespräch noch zeitgemäß? Nicht selten fangen gute Kandi-daten nur deshalb nicht bei einem Unternehmen an, da sie keine positiven Erfahrungen im Gespräch gemacht haben. Unternehmen sollten sich fragen, wie eine Kommunikation „auf Augenhöhe“ gelingen kann.

Welche Leistun-

gen macht mein

Unternehmen

besonders für

Talente?

Schaffen Sie

Anreize für

Talente, sich

in Ihrem Un-

ternehmen zu

bewerben.

www.strametz.de

Page 7: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 7

1.4 Talentidentifizierung

Eine saubere und gründliche Talentidentifizierung ist das Herzstück jeden Talentmanage-

ments. Folgende 4 Phasen können zu einer fundierten Entscheidung führen.

1. Phase: Zielpositionen-BewertungGrundlage der Talentidentifizierung ist die Bewertung von Schlüsselpositionen. Diese können

direkt von der Geschäftsführung oder auch in der Zusammenarbeit von Geschäftsführung,

Führungskräften und HR-Verantwortlichen definiert werden. Bei der Bewertung geht es nicht

zwingend um spezifische (aktuelle) Stellen, sondern um mögliche Schlüsselpositionen, die

für das Unternehmen von Bedeutung sind. Es gilt bei der Bewertung zwei wichtige Aspekte

zu berücksichtigen: Erstens sollte sich die Bewertung nicht nur auf die Führungsebene be-

schränken, sondern auch die Fachpositionen einbeziehen, die für Herausforderungen und für

die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens von hoher Bedeutung sind. Zweitens sollten die

spezifischen Anforderungen an zukünftige Inhaber der Schlüsselpositionen festgelegt werden.

2. Phase: NominierungIn der Nominierungsphase wird definiert, welche generellen Mitarbeitergruppen für künftige

Schlüsselpositionen in Frage kommen und Berücksichtigung finden. Auch der Nominierungs-

prozess sollte klar sein. Ein interessanter Trend: Jeder Mitarbeiter kann sich im Rahmen einer

Selbstnominierung für einen Talentpool bewerben. Dies fördert Transparenz, Selbstverantwor-

tung und verhindert, dass Talente verkannt werden oder von Führungskräften aus eigennützli-

chen Motiven nicht „aus der Hand gegeben werden“.

3. Phase: Potenzialanalyse In dieser Phase geht es um die Diagnose des nötigen Potenzials und die Eignung für kom-

mende Schlüsselpositionen. Der Mensch ist vielschichtig und einzigartig. Mit der folgenden

5-Stufen-Systematik können die einzigartigen Potenziale der Mitarbeiter entdeckt werden.

Effektive Maß-

nahmen für eine

aussagekräftige

Talentidentifi-

zierung.

AUSWAHLPOTENZIAL- ANALYSE

POSITIONS- ANALYSE NOMINIERUNG

www.strametz.de

Page 8: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 8

4. Phase: Auswahl Geschäftsführung, Führungskräfte und HR-Verantwortliche sollten sich von den Kandidaten einen eigenen Eindruck machen. Bewährt haben sich sogenannte halbstrukturierte Inter-views, in denen allen Kandidaten zuvor festgelegte Fragen gestellt werden, aber auch noch die Möglichkeit besteht, Zwischen- bzw. weitere Fragen einzubauen. Eine weitere, gut ergänzende Maßnahme ist, die Kandidaten eine Präsentation zu zukünftigen unternehmensrelevanten Themen halten zu lassen. Zusammen mit der Rückmeldung der direkten Führungskräfte und der Analyse der Testergebnisse der Potenzialanalyse ergibt sich dann ein komplettes Bild.

Abbildung 1: Potenzialanalyse

Talente: Talente sind produktiv einsetzbare, an-geborene Denk-Gefühls- und Verhaltensmuster eines Menschen.

Charakter: Charakter bezeichnet vorbildliches, verantwortungsvolles und integres Verhalten in unterschiedlichen Situationen.

Eigenschaften: Eigenschaften beschreiben die persönliche Art und Weise, wie Mitarbeiter Aufgaben erledigen und mit Menschen inter-agieren.

Handlungskompetenzen: Kompetenzen sind wiederholbare Verhaltensweisen in komplexen, unerwarteten und offenen Situationen, die erfolgreiche Ergebnisse liefern.

Wissen/Erfahrungen: Das spezifische Wissen und berufliche Erfahrungen, die jemand in einem bestimmten beruflichen Kontext gesammelt hat.

Auf letzteres sollte nicht der große Schwerpunkt gelegt werden, da Wissen und Erfahrungen noch am ehesten gelernt und entwickelt werden können.

Die unterschiedlichen Aspekte der Persönlichkeit können mittlerweile sehr gut über bestimmte Online-Testverfahren abgebildet werden. Sie werden kostengünstig und schnell durchgeführt und geben Aufschluss über die noch „unentdeckten“ Potenzi-ale. Zusammen mit der Einschätzung des direkten Vorgesetzten des Talents ergibt sich somit ein differenziertes Profil.

Talent01

Charakter02

Eigenschaften03

Handlungskompetenzen04

Wissen/Erfahrung05

ERGEBNIS:Differenziertes Talentprofil

www.strametz.de

Page 9: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 9

1.5 Talententwicklung

Die Förderung von Talenten beginnt mit einem realistischen Entwicklungsplan, der auf einer

Potenzialanalyse aufbaut. Vorhandene Stärken werden deutlich, aber auch persönliche Ent-

wicklungsfelder werden konkretisiert. Wie können diese Potenziale identifiziert werden? Auf

was sollte der zukünftige Entwicklungsplan den Schwerpunkt legen?

Für die Identifizierung des Potenzials eignet sich ein „Dreiklang“ bezüglich des Blicks auf die

Persönlichkeit und verschiedenen Rückmelde- und Reflexionsmethoden.

Bitten Sie zunächst Ihre Talente eine Selbsteinschätzung ihres Potenzials vorzunehmen.

Folgende Leitfragen geben Orientierung:

Aus diesem Potenzialprofil lässt sich ein individueller Entwicklungsplan ableiten, der aus

einem Maßnahmenportfolio besteht. An dieser Stelle erfolgt die kurze Vorstellung zwei dieser

Maßnahmen, die speziell im Mittelstand gut umgesetzt werden können: Stretching jobs

Talenten sollten zeitlich befristete Projekte übertragen werden, die auf der einen Seite heraus-

fordernd sind, also hohe Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten beinhalten, auf der anderen

Seite aber auch für das Unternehmen von hoher Bedeutung sind, wie etwa strategische The-

men. Sind mehrere Talente im Talentmanagementprogramm vorhanden, können auch Teams

an einer wichtigen Aufgabenstellung zusammen arbeiten und innovative Lösungsvorschläge

kreieren. Insgesamt sollte sichergestellt werden, dass sich die Aufgaben auf jeden Fall von den

mit der derzeitigen Funktion verbundenen Tätigkeiten unterscheiden.

Abbildung 2: Selbsteinschätzung

Stärken/Schwächen: Welche Aufgaben/Tätigkeiten fallen mir leicht? Wo habe ich bisher überdurchschnittliche Leistungen erzielt? Bei welchen Tätigkeiten empfinde ich Freude und erhalte ich Energie? Welche Aufgaben fallen mir schwer? Bei welchen Tätigkeiten muss ich große Anstrengungen unternehmen, um mein Ziel zu erreichen?

Interesse: Welche (unternehmensrelevanten) Themen begeistern mich? In welchen Bereichen möchte ich mich weiterentwickeln? Welche Themen bewegen mich und mit welchen möchte ich mich in Zukunft beschäftigen und dazu lernen?

Ideales Umfeld: Welches Arbeitsumfeld benötige ich, um überdurchschnittliche Leistungen zu erzielen? Möchte ich mich fachlich spezialisieren oder eine Füh-rungsposition anstreben? Welche Art von Tätigkeiten liegen mir: große Heraus-forderungen, Interaktion im Team, Verbesserung von Prozessen?

Dann sollte eine Fremdeinschätzung durch die jeweilige Führungskraft und von ein bis zwei Kollegen aus dem näheren Umfeld erfolgen.

Stärken &Schwächen Interesse

ideales Umfeld

„Die PS müssen

auf die Straße

gebracht

werden.“

www.strametz.de

Page 10: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 10

Mentoring und Coaching

Schaffen Sie Möglichkeiten, dass Ihre Talente sich aktiv mit ihrem Entwicklungsprozess aus-

einandersetzen. Beim Mentoring geht es schwerpunktmäßig um die Weitergabe von Wissen

und kann sehr gut von erfahrenen Personen gewährleistet werden. Dafür eignen sich nicht nur

Kollegen aus den eigenen Reihen, sondern auch welche aus anderen Unternehmen. Warum

nicht mal Kontakt zu befreundeten Unternehmen oder Zulieferern aufnehmen und nachfragen,

ob Interesse an einem unternehmensübergreifenden Mentoringprogramm besteht? Hilfestel-

lung durch Coaching sollte in Betracht gezogen werden, wenn spezielle Themen aus der Poten-

zialanalyse wie Selbstorganisation oder Kommunikation anstehen. Externe Coaches können

mit dem entsprechenden Thema beauftragt werden.

1.6 Talentbindung

Talente werden am stärksten durch eine für sie attraktive Unternehmenskultur an das Unter-

nehmen gebunden. Dies ist einer der wichtigsten und gleichzeitig schwierigsten Schritte, da

Kultur immer das ganze Unternehmen umfasst und auch nicht von „heute auf morgen“ verän-

dert werden kann. Unternehmen sollten alles daran setzen ihre Kräfte zu konzentrieren, eine

attraktive Arbeitsumgebung zu schaffen, um Talente langfristig zu binden. Folgende Kulturan-

ker sind nach unseren Erkenntnissen sowie verschiedenen Studien, besonders relevant:

• Ausgewogene Work-Life-Balance: Vertrauensarbeitszeit, flexibles bzw. mobiles

Arbeiten, Zeit für die persönliche Entwicklung, Gesundheitsmanagement etc.

• Transparente Unternehmenspolitik: Talente sollten Zugang zu strategischen

Informationen erhalten und aktiv an der Unternehmensentwicklung teilhaben.

Zum Beispiel kann dies durch sogenannte „Kamingespräche“ ermöglicht

werden. Dabei treffen sich Talente regelmäßig mit den Geschäftsführern, um sich

über die aktuelle Unternehmensentwicklung auszutauschen. Dies ist nicht nur

eine große Wertschätzung gegenüber den Talenten, auch die Führung bekommt

wertvolle Impulse.

• Regelmäßige Potenzialgespräche: Talente sollten einerseits regelmäßig

Rückmeldung über ihre Leistung und Entwicklung erhalten, anderseits auf

Basis des Potenzialanalyse gemeinsame Ziele für die zukünftige Entwicklung

definieren.

• Fordernde Förderung: Herausfordernde Projekte, die eine hohe Relevanz für

das Unternehmen haben. Wichtig ist, dass passende Projekte im Einklang des

Potenzials (Stärken/Schwächen, Interessen, ideales Umfeld) ausgewählt werden.

Dies steigert nicht nur die Motivation, sondern gewährleistet auch sehr gute

Ergebnisse.

Die Kultur des Unternehmens ist entscheidend für die langfristige Bindung von Talenten.

www.strametz.de

Page 11: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 11

Fazit/Umsetzung

Für eine erfolgreiche Einführung eines Talentmanagement-Ansatzes kann sich durchaus die

Frage ergeben, wo überhaupt anzufangen ist. Im Folgenden sollen drei konkrete Ideen vorge-

stellt werden, die bereits eine gute Grundlage für den Start bieten:

Workshop: Insbesondere in der Anfangsphase zum Thema Talentmanagement empfiehlt sich ein Work-

shop, um ein gemeinsames Verständnis und die zukünftige Ausrichtung zu definieren. Folgen-

de Fragen sind relevant:

• Was verstehen wir unter Talent?

• Wie kann eine zukünftige Ausrichtung im Sinne der Unternehmensstrategie erfolgen?

• Welche Ziele sollen mit dem Talentmanagement erreicht werden?

• Wer wird für das Talentmanagement verantwortlich sein?

• Wie können wir sicherstellen, dass das Talentmanagement erfolgreich ist?

Talentmanagementkonzept durch Talente entwickeln lassen: Warum nicht direkt den potenziellen Talenten im Unternehmen ein Projekt für das neue

Talentmanagementkonzept übertragen? So bietet man nicht nur eine herausfordernde und

strategisch wichtige Aufgabe, sondern macht die Betroffenen zu Beteiligten. Zugleich wird

Identität geschaffen und die Ernsthaftigkeit des Themas unterstrichen.

Talentlandkarte bei ausgewählter Zielgruppe entwerfen: Definieren sie eine Pilotgruppe, z.B. junge Nachwuchskräfte, die weniger als zwei Jahre im

Unternehmen sind. Mit und für diese Talente wird ein Talentcheck gemacht, d.h. es werden die

Potenziale, Interessen und Möglichkeiten im Unternehmen erhoben und in einem einfachen

Verfahren gematcht. Dabei erfährt man recht schnell, was sich die Talente wünschen, was sie

erreichen könnten und was das Unternehmen auch perspektivisch bieten kann. So erhält man

eine erste einfache Talentlandkarte.

Ausblick

Der Trend geht dahin, dass sich die Prozesse im Talentmanagement umkehren

werden. Suchte man bisher bei bestimmten, definierten Stellenanforderungen

nach Potenzialträgern, wird man künftig kontinuierlich Talente identifizieren und

entwickeln, ohne konkrete Stellen im Blick zu haben.

Die Unternehmen werden für die vorhandenen Talente passende Stellen suchen bzw.

schaffen und nicht andersherum aufgrund eines Besetzungsbedarfs Talente suchen.

www.strametz.de

Page 12: Talentmanagement im Mittelstand · 2019-05-11 · ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke

Talentmanagement im Mittelstand | 12

Zentrale Strametz & Associates GmbH • Josef-Wirmer-Straße 4 • 34414 Hansestadt Warburg Telefon: +49 (0)5641 77 64 0-0 • Telefax: +49 (0)5641 77 64 0-11 • E-Mail: [email protected]

Weitere Standorte in Deutschland Bremen • Darmstadt • Düsseldorf • Nürnberg • Ravensburg

Die Autoren:

Philipp ApkeBerater für Talentmanagement

[email protected]

Michael KühnerGeschäftsführer

[email protected]

Bild

nach

wei

s: In

fogr

afik

en (S

tram

etz &

Ass

ocia

tes

Gm

bH) •

Tite

lbild

(Shu

tters

tock

- G

oodl

uz),

Seite

2 (S

hutte

rsto

ck -

Pres

smas

ter)

www.strametz.de