Tausendsassa Rosado

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VinosVinos 01/2012 01/2012 VinosVinos Rosé mag in vielen Ländern nicht immer in der Gunst der Wein- liebhaber gestanden haben. In Spanien, wo er Rosado genannt wird, war dieser kräftig schimmernde Wein stets hoch ange- sehen. Schon allein die Tatsache, dass die Garnacha-Traube bis vor wenigen Jahren den roten Sortenfächer südlich der Pyrenäen dominierte, lässt darauf schließen, dass den Spaniern ihr Rosado heilig war. Spaniens Weingeschichte ist auch die Geschichte des Rosados, denn schon früh verstand man sich zwischen Pyrenäen und Sierra Morena auf Harmonie und belebende Frische. Liest man Überlieferungen der spanischen Genuss- gewohnheiten bei Hofe, aber auch innerhalb der Klostermauern, dann stellt man fest, dass Rosado schon immer begehrt war. Im siebzehnten Jahrhundert beispielsweise wird Rosado als Modegetränk in verschiedensten Quellen zitiert. Im Norden, im Zentrum und auch südlich von Madrid gilt der nach Beeren und balsamischen Kräutern duftende Wein schon immer als Allrounder, der die jeweilige Regionalküche hervorragend ergänzt. Von ein paar andalusischen D.O.´s einmal abgesehen ist Rosado überall ein Thema, selbst Rotweinsuper- stars wie Rioja, Toro oder Ribera del Duero bieten die eine oder andere Überraschung. Rosado, ein langweiliger Wein? Dieser Gedanke käme einem spanischen Weinliebhaber nie in den Sinn. Gerade der spanische Rosado widerlegt den herab- lassenden Kommentar, Rosé sei „weder Fisch noch Fleisch“. Denn genau darum geht es eigentlich: Rosado begleitet alle Gerichte, die sich sozusagen „zwischen Fisch und Fleisch“ bewegen, oft besser als so mancher großer Roter oder knackiger Weißer. Denn spanische Rosados haben Kraft, bieten viel Frucht und zeigen sich moderat in der Säure. Hervorragend also zum Beispiel zu allerlei Gemüse, vor allem, wenn es wie in Spanien üblich mit einem heimischen weichen Olivenöl leicht angebraten wird. Selbst der schwierige grüne Spargel oder die widerspenstige Artischocke lassen sich mit einem Rosado aus Navarra – nur um eine traditionelle Rosado-Herkunft zu nennen – auf ansprechende Weise zähmen. Vorreiter Navarra Geht man zurück zu den Wurzeln des modernen spanischen Rosados, dann muss die Appellation Navarra an erster Stelle genannt werden. Die autonome Region Navarra galt historisch schon immer als Schwergewicht unter den klassischen Anbau- gebieten Spaniens. Nicht zuletzt hatte der Jakobsweg, der schließlich über Navarra seinen Einstieg in spanisches Hoheits- gebiet findet, dafür gesorgt, dass das ehemalige Königreich durch die zahllosen Pilger schon im frühen Mittelalter ständig neue Impulse erfuhr, die nicht nur geistig-religiöser sondern auch profaner Natur waren. So setzten sich in Navarra auch weinbauliche Erkenntnisse aus Zentraleuropa stets zuerst durch. Diese Pionierfunktion haben die Navarresen bis in die Neuzeit hin hineingetragen. Waren es die ersten Genossenschaften, die schon Ende des 19. Jh. auf spanischem Boden entstanden oder die ersten Planungsgremien, die nach dem Zusammen- bruch der spanischen Weinwirtschaft aufgrund der Reblaus- Katastrophe zusammentraten. Navarra war der Pionier. So mag es auch nicht verwundern, dass das altehrwürdige Qualitäts- weingebiet auch in puncto Rosado-Weinbereitung wegweisend war und es nebenbei gesagt auch immer noch ist. Im Zuge der Wiederbestockung des Ebro-Beckens nach der Reblaus-Plage entschieden sich zahlreiche Weingebiete für die Garnacha-Tinta als dominierende rote Hauptsorte, darunter auch Navarra. Warum die Wahl gerade auf diese Sorte fiel, ist schnell erklärt. Sie galt als heimisch und damit auch als optimal angepasst, insbesondere an das typische von Trockenheit und enormen Temperaturgefällen geprägte Extremklima, das in weiten Teilen Spaniens herrscht. Die Entscheidung wurde im Nachhinein nur bedingt gutgeheißen, mangelte es doch der Garnacha nach Ansicht vieler Weinmacher vermeintlich am Potenzial für die Bereitung großer Rotweine. So begann man allerorts über Alternativen nachzudenken mit dem Ergebnis, dass gerade das alte Rosado-Land Navarra zuerst neue Wege bei der Verarbeitung der Garnacha beschritt. Die Lösung bestand schließlich darin, das Garnacha-Lesegut zu entrappen und dann leicht gequetscht einige Stunden in der Kelter bei kontrollierter Temperatur zu maischen, so geschehen erstmals in den fünfziger Jahren in der Kellerei Vitivinícola de Navarra. Mit ihrer Marke Las Campanas trat die Genossenschaft einen Triumphzug an, der nicht nur die D.O. Navarra für immer verändern sollte. Ein neuer, frischer, extrem fruchtiger Rosado- Typ war geboren, der in kürzester Zeit in nicht wenigen Anbaugebieten anderer Großregionen Schule machte. Schon nach wenigen Jahren entschloss sich die zuständige Weinbau- behörde im Städtchen Olite im Herzen von Navarra, diese Bereitung fest im Regelwerk der Appellation zu verankern. Bis heute dürfen mit dem Rückenetikett der D.O. Navarra ausgezeichnete Rosado-Weine nicht durch mechanische Pressung des Leseguts entstehen, sondern müssen aus freilau- WEIN & WISSEN 10 Tausendsassa Rosado Kaum ein Weinland bietet eine solche Vielfalt an Rosados wie Spanien, denn nicht nur die ausdrucks- volle Garnacha erlaubt den spanischen Winzern großartige Rosado-Weine zu keltern. Auch andere heimische Sorten wie Bobal und Monastrell, beide aus der sonnenverwöhnten Levante im mediterranen Osten des Landes, bringen charaktervolle Rosados hervor. Die einen blumig, die anderen knackig oder gar fleischig. Der Stilvielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Letzter Trend in Sachen Rosado? In Kastilien und Navarra haben Erzeuger die Freunde spanischer Weine mit sehr gelungenen holzausgebauten Rosados überrascht. Pures Trinkvergnügen WEIN & WISSEN 11 Juan Manuel Sanz / Copyright ICEX

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Kaum ein Weinland bietet eine solche Vielfalt an Rosados wie Spanien, denn nicht nur die ausdrucks- volle Garnacha erlaubt den spanischen Winzern großartige Rosado-Weine zu keltern.

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Rosé mag in vielen Ländern nicht immer in der Gunst der Wein -liebhaber gestanden haben. In Spanien, wo er Rosado genannt wird, war dieser kräftig schimmernde Wein stets hoch ange-sehen. Schon allein die Tatsache, dass die Garnacha-Traube bis vor wenigen Jahren den roten Sortenfächer südlich der Pyrenäen dominierte, lässt darauf schließen, dass den Spaniern ihr Rosado heilig war. Spaniens Weingeschichte ist auch die Geschichte des Rosados, denn schon früh verstand man sich zwischen Pyrenäen und Sierra Morena auf Harmonie und belebende Frische. Liest man Überlieferungen der spani schen Genuss-gewohnheiten bei Hofe, aber auch innerhalb der Kloster mauern, dann stellt man fest, dass Rosado schon immer begehrt war. Im siebzehnten Jahrhundert beispielsweise wird Rosado als Modegetränk in verschiedensten Quellen zitiert.

Im Norden, im Zentrum und auch südlich von Madrid gilt der nach Beeren und balsamischen Kräutern duftende Wein schon immer als Allrounder, der die jeweilige Regionalküche hervorragend ergänzt. Von ein paar andalusischen D.O.´s einmal abgesehen ist Rosado überall ein Thema, selbst Rotwein super-stars wie Rioja, Toro oder Ribera del Duero bieten die eine oder andere Überraschung. Rosado, ein langweiliger Wein? Dieser Gedanke käme einem spanischen Weinliebhaber nie in den Sinn. Gerade der spanische Rosado widerlegt den herab-lassenden Kommentar, Rosé sei „weder Fisch noch Fleisch“. Denn genau darum geht es eigentlich: Rosado begleitet alle Gerichte, die sich sozusagen „zwischen Fisch und Fleisch“ bewegen, oft besser als so mancher großer Roter oder knackiger Weißer. Denn spanische Rosados haben Kraft, bieten viel Frucht und zeigen sich moderat in der Säure. Hervorragend also zum Beispiel zu allerlei Gemüse, vor allem, wenn es wie in Spanien üblich mit einem heimischen weichen Olivenöl leicht angebraten wird. Selbst der schwierige grüne Spargel oder die widerspenstige Artischocke lassen sich mit einem Rosado aus Navarra – nur um eine traditionelle Rosado-Herkunft zu nennen – auf ansprechende Weise zähmen.

Vorreiter Navarra

Geht man zurück zu den Wurzeln des modernen spanischen Rosados, dann muss die Appellation Navarra an erster Stelle genannt werden. Die autonome Region Navarra galt historisch schon immer als Schwergewicht unter den klassischen Anbau-gebieten Spaniens. Nicht zuletzt hatte der Jakobsweg, der

schließlich über Navarra seinen Einstieg in spanisches Hoheits-gebiet findet, dafür gesorgt, dass das ehemalige Königreich durch die zahllosen Pilger schon im frühen Mittelalter ständig neue Impulse erfuhr, die nicht nur geistig-religiöser sondern auch profaner Natur waren. So setzten sich in Navarra auch weinbauliche Erkenntnisse aus Zentraleuropa stets zuerst durch. Diese Pionierfunktion haben die Navarresen bis in die Neuzeit hin hineingetragen. Waren es die ersten Genossenschaften, die schon Ende des 19. Jh. auf spanischem Boden entstanden oder die ersten Planungsgremien, die nach dem Zusammen-bruch der spanischen Weinwirtschaft aufgrund der Reblaus-Katastrophe zusammentraten. Navarra war der Pionier. So mag es auch nicht verwundern, dass das altehrwürdige Qualitäts-weingebiet auch in puncto Rosado-Weinbereitung wegwei send war und es nebenbei gesagt auch immer noch ist.

Im Zuge der Wiederbestockung des Ebro-Beckens nach der Reblaus-Plage entschieden sich zahlreiche Weingebiete für die Garnacha-Tinta als dominierende rote Hauptsorte, darunter auch Navarra. Warum die Wahl gerade auf diese Sorte fiel, ist schnell erklärt. Sie galt als heimisch und damit auch als optimal angepasst, insbesondere an das typische von Trockenheit und enormen Temperaturgefällen geprägte Extremklima, das in weiten Teilen Spaniens herrscht. Die Entscheidung wurde im Nachhinein nur bedingt gutgeheißen, mangelte es doch der Garnacha nach Ansicht vieler Weinmacher vermeintlich am Potenzial für die Bereitung großer Rotweine. So begann man allerorts über Alternativen nachzudenken mit dem Ergebnis, dass gerade das alte Rosado-Land Navarra zuerst neue Wege bei der Verarbeitung der Garnacha beschritt. Die Lösung bestand schließlich darin, das Garnacha-Lesegut zu entrappen und dann leicht gequetscht einige Stunden in der Kelter bei kon trollierter Temperatur zu maischen, so geschehen erstmals in den fünfziger Jahren in der Kellerei Vitivinícola de Navarra. Mit ihrer Marke Las Campanas trat die Genossenschaft einen Triumphzug an, der nicht nur die D.O. Navarra für immer ver än dern sollte. Ein neuer, frischer, extrem fruchtiger Rosado-Typ war geboren, der in kürzester Zeit in nicht wenigen Anbau gebieten anderer Großregionen Schule machte. Schon nach wenigen Jahren entschloss sich die zuständige Weinbau-behörde im Städtchen Olite im Herzen von Navarra, diese Bereitung fest im Regelwerk der Appellation zu verankern. Bis heute dürfen mit dem Rückenetikett der D.O. Navarra ausgezeichnete Rosado-Weine nicht durch mechanische Pressung des Leseguts entstehen, sondern müssen aus frei lau-

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Tausendsassa RosadoKaum ein Weinland bietet eine solche Vielfalt an Rosados wie Spanien, denn nicht nur die ausdrucks -volle Garnacha erlaubt den spanischen Winzern großartige Rosado-Weine zu keltern. Auch andere heimische Sorten wie Bobal und Monastrell, beide aus der sonnenverwöhnten Levante im mediterranen Osten des Landes, bringen charaktervolle Rosados hervor. Die einen blumig, die anderen knackig oder gar fleischig. Der Stilvielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Letzter Trend in Sachen Rosado? In Kastilien und Navarra haben Erzeuger die Freunde spanischer Weine mit sehr gelungenen holzausgebauten Rosados überrascht.

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Los Frailes einen attraktiven Rosado auf der Basis der Monastrell. Die Herausforderung bei der Bereitung von Monastrell-Rosados besteht darin, den perfekten Lesezeitpunkt zu treffen, um die für die Sorte so typische dunkle Beerigkeit einzufangen, aber gleichzeitig zu hohe Alkoholwerte zu vermeiden. Denn für die Monastrell gilt mehr als für alle anderen mediterranen roten Sorten: Der Grat zwischen ausgewogener Reife und Überreife ist nur sehr schmal. Dafür wird die Disziplin bei der Reife-kontrolle des Lesegutes neben der schon erwähnten schwarzen Frucht mit zarten Kräuternoten und einem feinen aber kontu-rierten Hauch von Tannin belohnt. Tradition in Sachen Rosado hat auch das Inland der Region Valencia, wo die einheimische Bobal-Traube eine fast hegemoniale Dominanz ausübt. Bevor die ersten schüchternen Versuche unternommen wurden, hochwertige Rotweine aus der Bobal zu gewinnen, hatte die Sorte längst den Ruf, knackige Rosados zu produzieren. Im Gegensatz zur Monastrell weist sie zwei entscheidende Vorteile auf. Die Bobal neigt nicht zu hohen Öchslewerten und wartet zudem noch mit einer recht stabilen Säure auf. Zwei Faktoren also, die sie eigentlich zur perfekten Rosado-Traube machen würde, wäre da die starke Farbpigmentierung nicht, die so manchen Erzeuger zögern lässt, da sehr farb in-tensive Rosados nicht einfach zu vermarkten sind. Ein her vor-ragendes Beispiel indes für einen feinen und subtilen D.O. Utiel Requena Rosado ist Pasión de Bobal von Sierra Norte.

Rosado-Hochburg im Herzen Kastiliens

Bei aller Liebe zu den mediterranen Rotweinsorten, die für das Gros der Rosado-Produktion in Spanien verantwortlich sind, sollte man Spaniens wichtigste Sorte, die Tempranillo, nicht außer Acht lassen. Denn mitten in Kastilien, nur wenige Kilo meter nördlich von Valladolid entfernt, findet sich eine kleine Ap pel la -tion, die es geschafft hat, ein Traditionsprodukt, das viele Wein liebhaber schon überaltert wähnten, neu zu definieren und wieder an die Spitze seiner Gattung zu setzten. Die Rede ist von der D.O. Cigales und ihren Weinen, die in der Vergan-gen heit als Clarete Furore machten und heute als moderne Rosados eine bewundernswerte Renaissance er fahren haben. Die legen dären Claretes des Gebietes sind ein Stück Wein geschichte und entstanden über das Cuvetieren von weißen und roten Weinen, das mit Beitritt zur EG ein Ende fand. Nachdem sich Cigales anfänglich schwertat, ein erfolgreiches Nach fol ge modell zu entwickeln, sind die „neuen“ Cigales wieder zur festen Größe herangewachsen. Ein moderner Cigales Rosado muss aus min destens 60 Prozent Tinto Fino (alias Tempra nillo) und mindestens 20 Prozent weißen Sorten (Verdejo und/oder Albillo) gewonnen werden. Die köstliche Saftigkeit, die elegante Finesse und subtile Säure, die diesem Rosado-Typ eigen sein kann, machen diese Weine zu etwas höchst Eigenständigem. Hiriart, Carratraviesa, Salvueros oder Viña Concejo sind nur einige der Marken, die es sich zu verkosten lohnt.

Und die übermächtige Nachbarin, die berühmte Ribera del Duero, hat sie in dieser Hinsicht nichts zu bieten? Nun, selbstver ständ-lich sie hat, doch bleibt der Rosado für die meisten Erzeuger dieser großartigen Rotwein-D.O. doch nur ein Steckenpferd, eine Referenz an die Vergangenheit. Viña Sastre und Protos, Kastiliens Bodega-Gigant, produzieren hochwertige Tempra-nillos, die auch in Rosado-Form alle Vorzüge einer Sorte widerspiegeln, die längst Weltruf genießt.

fendem Most, der sich in der Kelter oder im Tank nur durch den Druck des Eigengewichts der Trauben im Tank gesammelt hat, vergoren werden. Im Gegensatz zu den damaligen gängigen Rosé-Qualitäten in Europa, die eher Zwiebelfarben ausfielen, beeindruckte dieser neue Rosado-Typ durch einen kräftig-dunklen Rosé-Farbton und ein ungeheuer ansprechendes und intensives Bukett von roten und weißen Beeren, oftmals noch unterlegt durch frische balsamische Noten. Heute mag dies als selbstverständlich erscheinen, vor 60 Jahren kam dies einer Stilrevolution gleich.

Ungebremste Entwicklung

Navarra gilt noch heute als eines der Top-Gebiete für hoch-wertige spanische Rosados, was nicht zuletzt darauf zurück-zuführen ist, dass sich die D.O. auf dem Gebiet der Rosado-Weinbereitung stetig weiterentwickelt hat. Zunächst erweiterte man bei der Produktion den roten Rebsortenfächer um die internationale Traube Cabernet Sauvignon, und so entstanden Rosado-Typen mit festerer Struktur und etwas ausgeprägterer natürlicher Säure. Führend bei diesem Weintyp ist Bodegas Ochoa mit ihrem herausragenden Rosado De Lágrima Finca El Bosque. Der nächste Schritt läutete wiederum eine kleine Revolution ein, und dieser wurde erst im neuen Jahrtausend vollzogen. Fernando Chivite, Weintüftler und verantwortlicher Chefönologe für die berühmten Weine des Arínzano-Anwesens, das von den Chivites über die letzten beide Jahrzehnte zum spektakulärsten Weingut Navarras aufgebaut wurde, schockte die spanische Weinszene mit einem Rosado, der in einigen Aspekten ausgerichtet war wie ein tinto. Obwohl kein Holz im Spiel war, zeigte der 2007 Gran Feudo Rosado Sobre Lías Struktur, Körper und Reife. Don Fernando hatte einen Teil des Weines durch die malolaktische Gärung laufen lassen und ihm anschließend sechs Monate Hefelager mit Battonage verschrie-ben, das Ganze jedoch im kleinen Edelstahltank, wohlgemerkt! Um den Charakter eines seriösen und gereiften Weines noch stärker zu betonen, füllte der Navarrese seinen monumentalen Rosado Sobre Lías aus Tempranillo, Cabernet und Merlot auch in Magnum-Flaschen ab, einem Format, das eigentlich Ge wächsen mit einem gewissen Reifepotenzial vorbehalten ist. Der neue Rosado-Typ stellte sich als sensationeller Erfolg heraus und ermutigte andere Weinmacher ihrerseits, diesen wohl für den navarresischen Weinbau emblematischsten Weintyp neu zu interpretieren. Und neue Weine ließen dann

auch nicht lange auf sich warten. Im Spätherbst 2010 machte unter den Freunden von kräftigen Rosados ein neuer Name die Runde. Finca Albret, ein Projekt der Kellereigruppe Príncipe de Viana im Süden der Region, hatte einen Wein mit kurzem Ausbau im Barrique lanciert und wurde noch im selben Jahr zum besten Rosado des Landes gekürt. Für viele Liebhaber dieser Weingattung war der Albret Rosado Garnacha de Lágrima Fermentado en Barrica eine Offenbarung. Zunächst vordergründig mit einer saftigen Frische gesegnet, entpuppte sich das süße Tannin der extrem hochwertigen französischen Eiche als überraschend subtiler Strukturträger, der dem Wein eine beachtliche Dichte und Länge bescherte.

Rosado-Land Katalonien

Sicherlich ist die Entwicklung des modernen Rosado-Typs nicht alleine das Verdienst der findigen Weinmacher Navarras. Nachdem die Nordspanier den Weg bereitet hatten, ersuchten Erzeuger der verschiedensten Gebiete gegen den Strom zu schwimmen und sich mit hochwertigen Rosados zu profilieren. In den Achtzigern, mitten im Jahrzehnt des großen spanischen Rotweinbooms, tauchte beispielsweise ein Winzer auf, der auf seiner Penedès – Finca Can Ràfols dels Caus alles auf eine Karte setzte und einen Rosé entwickelte, der einerseits mit der Merlot aus einer Sorte bereitet wurde, die keinerlei Tradition in Spanien aufwies, und andererseits in einer Preiskategorie angesiedelt war, die zumindest damals einem Rotwein gehobener Klasse entsprach. Das Experiment gelang, denn bis heute zählt der Gran Caus Rosado Merlot der katalanischen Weinmacher-persönlichkeit Carles Esteva zu den Kultsommer weinen in der katalanischen Metropole Barcelona.

Auch die Cava-Meister in Katalonien haben den Rosado schon seit geraumer Zeit für sich entdeckt und liefern den begeisterten Cava-Fans auch gleich noch eine eigene Sorte mit. Trepat heißt sie, wirkt zarter und heller als die traditionellen roten spanischen Schaumweinsorten und wächst nur im mediterranen Nordosten. Auch bei nicht schäumenden Rosados findet diese fast schon lokale Spezialität immer mehr Freunde unter den katalanischen Winzern. In der hochgelegenen Appellation Conca de Barbará im ländlichen Zentralkatalonien kommt die noch vor 15 Jahren fast vergessene Sorte wieder zum Einsatz. Wer sich ein Bild von einem sortentypischen Trepat-Rosado machen will, dem sei beispielsweise der Rosado Portell der Vinícola de Sarral empfohlen.

Levantinische Rosado-Spielarten

Rosé-Tradition wurde im mediterranen Spanien schon immer hochgehalten, denn das warme Klima verlangte nach frischen Weinen. Zudem bot der ostspanische Rebsortenspiegel, der sich fernab der Tempranillo auf Cariñena, Garnacha, Monastrell und Bobal konzentrierte, eine hervorragende Basis für die Produktion dieses Weintyps. Schon der katalanische Altmeister Miguel A. Torres positionierte sich gleich mit mehreren Rosados am Markt. Schon der Klassiker Torres de Casta stützt sich auf die fruchtig-würzige Cuvée aus Garnacha und Cariñena, ergänzt vom dichteren Finca-Rosado Mas Rabell der gleichen Rebsorten-Kombination mit mehr Tiefe und Takt am Gaumen. Weiter im Süden spielt die Monastrell bei der Bereitung von Rosados eine gewisse Rolle. Die Sorte ist bekannt für ihren leicht rustikalen Charakter, der aber bei kurzer Maischestandzeit weniger zum Tragen kommt. In Valencia bereitet der Spitzenerzeuger Bodegas

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