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70 Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e.V. - Nürnberg Schwerpunkt 12. Überregionaler Neuroendokriner Tumortag, 09.–11.10.2015 in München Vortrag: Dr. med. Fritz Friedl, Prof. Dr. med. Petro E. Petrides TCM-begleitete Krebstherapie Nach landläufiger Vorstellung sollte ein Naturheilkunde-Arzt gegen Chemotherapie und Strahlenthe- rapie eingestellt sein, ebenso wie man von einem Onkologen erwar- ten mag, dass er sich geringschät- zig gegenüber naturheilkundlichen Verfahren äußert. Mit einer solchen platten Polarisierung können wir in der Klinik Silima nicht dienen: Hier arbeiten seit acht Jahren der re- nommierte Onkologe Prof. Petro E. Petrides und der TCM-Pionier Dr. Fritz Friedl in enger Kooperation zu- sammen. Zusammenführung unterschiedlicher Zugänge Aber wie geht das zusammen – wo doch unüberbrückbare Gegensät- ze vorhanden sein müssen? Nun in der Tat sind die Ansätze unter- schiedlich: Während die Onkologie präzise analysiert, wie sich ein Tu- mor im Körper ausgebreitet hat und mit welchen Mitteln er bekämpft werden kann, nähert sich die Tradi- tionelle Chinesische Medizin (TCM) über die Frage, warum sich der Organismus die Entstehung von Tumorzellen gefallen lässt. Zwei un- terschiedliche Zugänge, in der Tat – aber warum sollen sie sich gegen- seitig ausschließen? Unser Organismus verfügt über zahlreiche Schutzmechanismen gegenüber Tumorzellen und ist normalerweise in der Lage, Fehl- bildungen zu zensieren und zu be- seitigen. Unbewältigte Belastungen des Immunsystems können aber dazu führen, dass die Aufmerk- samkeit dieser Aufgabe gegenüber beeinträchtigt ist. Ein intaktes Im- munsystem zu erhalten oder wieder zu erzeugen ist daher eine wichtige Baustelle für die TCM zur Verhinde- rung oder Überwindung von Tumor- entstehung. Dieser eher prophylaktische An- satz ist jedoch unzureichend, wenn es bereits zu einer nennenswerten Ausbreitung von Tumorzellen ge- kommen ist. Dieses ist bei neuro- endokrinen Tumoren häufig der Fall, da sie sich zwar meist durch langsames, aber leider auch durch kontinuierliches Wachstum aus- zeichnen. Spätestens im Stadium der diffusen Metastasierung ist eine systemische, das heißt auf den ge- samten Organismus ausgerichtete Therapie, die in der Lage ist, die vorhandenen Zellen ausfindig zu machen und zu zerstören, unaus- weichlich. Nun könnte man meinen, dass die TCM zurücktritt und dem Onko- logen das Feld überlässt. Jedoch erweist sich die Zusammenarbeit auch dann noch als sinnvoll. Es be- ginnt bereits mit der Vorbereitung der Krebstherapie: Der Beginn der Therapie sollte nicht nur von der Entscheidung des Tumorboards abhängen, sondern auch von der Aufnahmebereitschaft des Pa- tienten. Unter dem Programm "Fit for Therapy" verstehen wir roborie- rende, das Allgemeinbefinden be- treffende Verbesserungen, Korrek- turen von Stoffwechselstörungen, Regenerationsmaßnahmen wie auch die psychoonkologische Vor- bereitung auf die intensive Ausei- nandersetzung. Der geringe Zeit- verlust bis zum Beginn der Therapie wird wettgemacht durch eine bes- sere Verträglichkeit der Therapie. Steigerung von Wohlbefinden und therapeutischer Effizienz Während der Therapie erweisen sich die frühdiagnostischen Fähig- keiten der TCM als sehr hilfreich. So können Nebenwirkungen bereits in einem frühen Stadium erkannt werden, oft sogar schon bevor sie überhaupt vollständig in Erschei- nung treten. Beispielsweise lässt sich die Neigung zu Veränderungen der Mundschleimhaut (Mucositis) schon im Vorfeld an dezenten, aber eindeutigen Pulsveränderungen er- kennen und durch entsprechende Phytotherapie verhindern. Während konventionell üblicherweise mit je- dem Zyklus mit einer intensiveren Nebenwirkungsrate gerechnet wer- den muss, gelingt durch intensive TCM-Begleitung in der Regel, dass sich die Beeinträchtigung durch die Therapie in erträglichen Grenzen hält. Dr. med. Fritz Friedl und Prof. Dr. med. Petro E. Petrides, Klinik Silima, Gut Spreng, Riedering

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Vortrag: Dr. med. Fritz Friedl, Prof. Dr. med. Petro E. Petrides

TCM-begleitete Krebstherapie

Nach landläufiger Vorstellung sollte ein Naturheilkunde-Arzt gegen Chemotherapie und Strahlenthe-rapie eingestellt sein, ebenso wie man von einem Onkologen erwar-ten mag, dass er sich geringschät-zig gegenüber naturheilkundlichen Verfahren äußert. Mit einer solchen platten Polarisierung können wir in der Klinik Silima nicht dienen: Hier arbeiten seit acht Jahren der re-nommierte Onkologe Prof. Petro E. Petrides und der TCM-Pionier Dr. Fritz Friedl in enger Kooperation zu-sammen.

Zusammenführung unterschiedlicher Zugänge

Aber wie geht das zusammen – wo doch unüberbrückbare Gegensät-ze vorhanden sein müssen? Nun in der Tat sind die Ansätze unter-schiedlich: Während die Onkologie präzise analysiert, wie sich ein Tu-mor im Körper ausgebreitet hat und mit welchen Mitteln er bekämpft werden kann, nähert sich die Tradi-tionelle Chinesische Medizin (TCM) über die Frage, warum sich der Organismus die Entstehung von Tumorzellen gefallen lässt. Zwei un-terschiedliche Zugänge, in der Tat – aber warum sollen sie sich gegen-seitig ausschließen?

Unser Organismus verfügt über zahlreiche Schutzmechanismen gegenüber Tumorzellen und ist normalerweise in der Lage, Fehl-bildungen zu zensieren und zu be-seitigen. Unbewältigte Belastungen des Immunsystems können aber dazu führen, dass die Aufmerk-samkeit dieser Aufgabe gegenüber

beeinträchtigt ist. Ein intaktes Im-munsystem zu erhalten oder wieder zu erzeugen ist daher eine wichtige Baustelle für die TCM zur Verhinde-rung oder Überwindung von Tumor-entstehung.

Dieser eher prophylaktische An-satz ist jedoch unzureichend, wenn es bereits zu einer nennenswerten Ausbreitung von Tumorzellen ge-kommen ist. Dieses ist bei neuro-endokrinen Tumoren häufig der Fall, da sie sich zwar meist durch langsames, aber leider auch durch kontinuierliches Wachstum aus-zeichnen. Spätestens im Stadium der diffusen Metastasierung ist eine systemische, das heißt auf den ge-samten Organismus ausgerichtete Therapie, die in der Lage ist, die vorhandenen Zellen ausfindig zu machen und zu zerstören, unaus-weichlich.

Nun könnte man meinen, dass die TCM zurücktritt und dem Onko-logen das Feld überlässt. Jedoch erweist sich die Zusammenarbeit auch dann noch als sinnvoll. Es be-ginnt bereits mit der Vorbereitung der Krebstherapie: Der Beginn der Therapie sollte nicht nur von der Entscheidung des Tumorboards abhängen, sondern auch von der Aufnahmebereitschaft des Pa- tienten. Unter dem Programm "Fit for Therapy" verstehen wir roborie-rende, das Allgemeinbefinden be-treffende Verbesserungen, Korrek-turen von Stoffwechselstörungen, Regenerationsmaßnahmen wie auch die psychoonkologische Vor-bereitung auf die intensive Ausei-nandersetzung. Der geringe Zeit-

verlust bis zum Beginn der Therapie wird wettgemacht durch eine bes-sere Verträglichkeit der Therapie.

Steigerung von Wohlbefinden und therapeutischer Effizienz

Während der Therapie erweisen sich die frühdiagnostischen Fähig-keiten der TCM als sehr hilfreich. So können Nebenwirkungen bereits in einem frühen Stadium erkannt werden, oft sogar schon bevor sie überhaupt vollständig in Erschei-nung treten. Beispielsweise lässt sich die Neigung zu Veränderungen der Mundschleimhaut (Mucositis) schon im Vorfeld an dezenten, aber eindeutigen Pulsveränderungen er-kennen und durch entsprechende Phytotherapie verhindern. Während konventionell üblicherweise mit je-dem Zyklus mit einer intensiveren Nebenwirkungsrate gerechnet wer-den muss, gelingt durch intensive TCM-Begleitung in der Regel, dass sich die Beeinträchtigung durch die Therapie in erträglichen Grenzen hält.

Dr. med. Fritz Friedl und Prof. Dr. med. Petro E. Petrides, Klinik Silima, Gut Spreng, Riedering

Page 2: TCM-begleitete Krebstherapie 12. Überregionaler ... · 70 Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e.V. - Nürnberg Schwerpunkt 12. Überregionaler Neuroendokriner Tumortag, 09.–11.10.2015

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Hierbei zeigt sich sogar, dass TCM und Onkologie trotz unterschied-lichem Ansatz auf eine gemeinsame Vorgehensweise zurückgreifen: Durch aufmerksame Beobachtung des individuellen Verlaufes werden Therapieentscheidungen verifiziert (bestätigt) bzw. falsifiziert (wider-legt). Während der Onkologe auf Tumormarker, Laborergebnisse, radiologische Bildgebung und Be-fragung des Patienten zurückgreift, beobachtet der TCM-Arzt zusätz-lich Befindensäußerungen, Verän-derungen von Puls und Zunge so-wie die psychische Verfassung des Patienten. Der sorgfältige Aufwand von beiden Seiten führt dazu, dass in der Regel nach dem zweiten Zyklus absehbar ist, ob eine The-rapie von Erfolg sein wird oder ob Änderungen der Therapie erforder-lich sein werden. Somit ermöglicht die TCM-Begleitung nicht nur eine Verbesserung der Lebensqualität,

sondern auch eine Steigerung der Effizienz der Therapie.

Nach der Therapie entsteht übli-cherweise eine Wartezeit, die nötig ist, um den Therapieerfolg beurtei-len zu können. Diese Zeit bis zur nächsten „Staging“-Untersuchung nutzen wir zur Erholung und Rege-neration. Spätfolgen der Therapie wie z. B. polyneuropathische Be-schwerden (Gefühlsstörungen und Missempfindungen, bevorzugt an Füßen oder Händen), Hauterschei-nungen oder Fatigue-Syndrom (Er-schöpfung) lassen sich beseitigen oder zumindest abschwächen und tragen dazu bei, dass die Belas-tung der Therapie verschwinden kann. Die psychoonkologische Aufarbeitung des Krankheitstrau-mas hilft, sich dem Leben wieder zuzuwenden und Distanz zum in-tensiven Krankheitsgeschehen zu gewinnen.

Aus onkologischer Sicht fällt auf, dass die TCM-begleiteten Patienten die Therapie mit höherem subjek-tivem Wohlbefinden überstehen, dass sie aktiver in die Therapie ein-greifen und sich in einer besseren psychischen Verfassung befinden, weshalb sich besonders für krank-heitsbedingt stark beeinträchtigte Menschen dieser Ansatz als güns-tig erweist. Der Schulterschluss zwischen TCM und Onkologie, der in der Klinik Silima seit acht Jahren praktiziert wird, liefert somit eine wissenschaftlich fundierte Grundla-ge für weitere Forschung und An-wendung.

Dr. med. Fritz FriedlProf. Dr. med. Petro E. Petrides

Klinik SilimaGut Spreng

D-83083 Riederingwww.klinik-silima.de

Workshop Dr. med. Fritz Friedl:

Zusammenfassung des TCM-WorkshopsDr. Fritz Friedl, Chefarzt der Klinik Silima in Riedering, referierte in seinem Workshop vertiefend über die Traditionelle Chinesische Medi-zin (TCM) und ging dabei auf alle Fragen aus dem Teilnehmerkreis sehr ausführlich ein. Die TCM wird in seiner Klinik – einer Klinik für die Synthese von konventioneller und chinesischer Medizin – als Behand-lungsform neben der klassischen Therapie gesehen.

Unter anderem mit der Phytothe-rapie (Heilpflanzen) bietet sie ein breites Spektrum der Behandlung und vor allem der Hilfe zur Selbst-hilfe für den Körper. Die Balance zwischen Yin und Yang soll dabei

ausgewogen sein. Yin – nach innen gerichtet, innere Ruhe, Rhythmus, Wachstum (im Körper), Yang – nach Außen gerichtet, Bewegung, Aktivi-tät, Ernährung. Ausführlich wurde über das Thema Immunsystem in der TCM berichtet und diskutiert. Das Immunsystem ist die Instanz, die wiederspiegelt, ob im Körper alles „rund” läuft. In der westlichen Welt wird durch das Unterschätzen der Wichtigkeit von trivialen Erkrankungen für das Immunsystem dieses geschwächt. Der Körper „darf” sich nicht selbst helfen (die TCM sieht Fieber als positives Zeichen dafür, dass das Immunsystem arbeitet, in der Schulmedizin wird es häufig durch

fiebersenkende Mittel unterdrückt), so wird der Prozess der Entwick-lung und Förderung des Immunsys-tems gestört und beschädigt. Die TCM sieht in einem geschwächten und geschädigten Immunsystem dann auch die Unfähigkeit des Körpers, Krebszellen abzuwehren. Durch die Phytotherapie soll und kann das Immunsystem gestärkt und revitalisiert werden.

Die TCM arbeitet also unterstüt-zend und stärkend begleitend zur klassischen Therapie – ersetzt diese aber nicht!

Mitschrift von Katia Brozek