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Technik sinnvoll nutzen! Zukunftstrend optisches WLAN drahtloser Netzzugang über LEDLicht Visible Light Communication (VLC) Dipl.Ing. Jörn Gutbier Handout zum Kurzvortrag am KundenInformationstag des Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung ReutlingenUlm (KIRU), 11. Mai 2016 Das Fraunhofer HeinrichHertzInstitut in Berlin (HHI) hat eine Datenübertragungstechnik entwickelt, bei der das Licht handelsüblicher LEDLampen, die für die Raumbeleuchtung Verwendung finden, als Datenträger genutzt wird. Die Daten werden auf den Lichtstrom mit sehr hohen Frequenzen aufmoduliert, die auf diese Weise für das Auge nicht wahrnehmbar sind. Optische Sensoren (Photodioden) an den Endgeräten lesen die Daten aus dem Lichtstrom wieder aus. Umgekehrt werden die Datenströme vom mobilen Endgerät im Infrarotbereich an die LEDLampe zurückgesendet. VLC / LiFi als Ergänzung und Alternative zur Mikrowellentechnik Die drahtlose optische Datenkommunikation ist eine eindrucksvolle Alternative zur bestehenden Datenübertragung mit WLAN und Bluetooth. Sie stellt eine attraktive Lösung gerade auch für Schulen dar, da hier besondere Anforderungen an den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor den Risiken der Mobilfunkstrahlung vorliegen und zu berücksichtigen sind. Die VLCTechnik ist als zukünftige Alternative zur bestehenden Funktechnik für den Hochleistungsinternetzugang konzipiert. Die technischen Möglichkeiten reichen von PunktzuPunktVerbindungen bis zu optischen WLANVerbindungen (engl.: LiFi = LightFidelity), bei denen eine Lichtquelle mehrere Geräte versorgt. Vor allem bieten Bereiche mit ständiger Beleuchtung wie Großraumbüros, Produktionshallen, medizinische Bereiche, Flugzeugkabinen oder der öffentliche FernAKTUELLE ANALYSEN

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Technik sinnvoll nutzen!

  

Zukunftstrend optisches WLAN drahtloser Netzzugang über LED‐Licht 

Visible Light Communication (VLC)  

Dipl.‐Ing. Jörn Gutbier 

Handout zum Kurzvortrag am Kunden‐Informationstag des Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Reutlingen‐Ulm (KIRU), 11. Mai 2016 

 

Das  Fraunhofer  Heinrich‐Hertz‐Institut  in  Berlin  (HHI)  hat  eine Datenübertragungstechnik entwickelt,  bei  der  das  Licht handelsüblicher  LED‐Lampen, die  für  die  Raumbeleuchtung Verwendung  finden,  als  Daten‐träger  genutzt  wird.  Die  Daten werden  auf  den  Lichtstrom mit sehr hohen  Frequenzen  aufmo‐duliert, die  auf diese Weise  für das  Auge  nicht  wahrnehmbar sind. Optische Sensoren (Photo‐dioden)  an  den  Endgeräten lesen  die Daten  aus  dem  Licht‐strom wieder aus. Umgekehrt werden die Datenströme vom mobilen Endgerät  im Infrarotbereich an die LED‐Lampe zurückgesendet.  

VLC / Li‐Fi als Ergänzung und Alternative zur Mikrowellentechnik 

Die  drahtlose  optische  Datenkommunikation  ist  eine  eindrucksvolle  Alternative  zur  bestehenden Datenübertragung mit WLAN und Bluetooth. Sie stellt eine attraktive Lösung gerade auch für Schulen dar, da  hier  besondere  Anforderungen  an  den  Schutz  der  Kinder  und  Jugendlichen  vor  den  Risiken  der Mobilfunkstrahlung vorliegen und zu berücksichtigen sind. 

Die  VLC‐Technik  ist  als  zukünftige  Alternative  zur  bestehenden  Funktechnik  für  den Hochleistungsinternetzugang  konzipiert.  Die  technischen  Möglichkeiten  reichen  von  Punkt‐zu‐Punkt‐Verbindungen  bis  zu  optischen  WLAN‐Verbindungen  (engl.:  LiFi  =  Light‐Fidelity),  bei  denen  eine Lichtquelle  mehrere  Geräte  versorgt.  Vor  allem  bieten  Bereiche  mit  ständiger  Beleuchtung  wie Großraumbüros,  Produktionshallen, medizinische Bereiche,  Flugzeugkabinen  oder  der  öffentliche  Fern‐ 

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2VLC / LiFi – Drahtlose Kommunikation über LED‐Licht – KIRU Reutlingen‐Ulm, Kunden‐Informationstag 2016

und  Nahverkehr  ein  großes  Anwendungsfeld  für  diese  Technologie.  Ihre  prinzipielle  Funktionsweise zeigen die Grafiken vom Fraunhofer Heinrich‐Hertz‐Institut. 

Für den  Indoor‐Bereich  ist die VLC‐Technik bereits  in der Erprobungsphase: Es können aktuell Daten von 100  bis  800  MBit/s  übertragen  werden.  Diese  Datenübertragungsraten  liegen  damit  höher  als  bei Powerline (wenige MBit/s) und im Bereich von WLAN (netto 860 MBit/s). 

Die Datenübertragungsraten, die bei VLC heute schon möglich  sind,  zeigt  die  untenstehende Tabelle.  Alle Ergebnisse wurden mit einer Beleuchtungsstärke von 1000  lx  (sehr  gut  beleuchtetes  Büro)  am  Empfänger erreicht. Untersuchungen mit Infrarot‐Licht zeigen das Potential  einer  Vollversorgung  mittelgroßer  Räume mit  einem  einzigen  Access‐Point  mit  mehreren  100 MBit/s. Die Datenübertragungsraten stehen demnach denen  der meisten WLAN‐Standards  in  nichts  nach. Und wir stehen hier erst am Anfang der Entwicklung. 

Weitere Vorteile der VLC‐Technik sind: 

• Einfache optische Sender und Empfänger, handelsübliche Komponenten und Standard‐Schnittstellen • Robuste Datenübertragung ohne Sender‐ und Empfängerausrichtung • Hohe Datenübertragungsraten • Keine Interferenzen mit Funksystemen, kein Elektrosmog • Weltweit unregulierte, frei verfügbare Übertragungsfrequenzen • Einfache Abschirmung durch lichtundurchlässige Oberflächen • Höhere Abhörsicherheit • Geringeres Störpotenzial • Die  Technik  ist  unter  Wasser  einsetzbar  und  hat  dort  eine  erheblich  größere  Reichweite  als 

Funkwellen, die schnell absorbiert werden. 

Bilder HHI: VLC‐Technik hat ein breites Anwendungsfeld 

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3VLC / LiFi – Drahtlose Kommunikation über LED‐Licht – KIRU Reutlingen‐Ulm, Kunden‐Informationstag 2016

Hintergrund zur Entwicklung von VLC 

Drahtlose Datenkommunikation über LED‐Licht 

Die  Idee,  von der Mikrowellenstrahlung auf  sichtbares  Licht überzuwechseln,  stammt ursprünglich  von der  Keio‐Universität  in  Japan;  inzwischen  hat  sie  sich  weltweit  verbreitet.  Im  Ursprungsland  Japan arbeiten  Firmen  wie  NEC,  Matsushita,  Shimizu  und  weitere  intensiv  an  der  Entwicklung  von praxistauglichen Systemen, in Korea beschäftigt sich das Unternehmen Samsung damit.“ 

„In  China  ist  das  Konzept  von  Forschern  der  Fudan  Universität  (http://fudan.edu.cn)  in  Shanghai entwickelt  worden  und  soll  das  bisher  übliche  Wi‐Fi  kosteneffektiv  ersetzen.  Den  Forschern  zufolge können  mithilfe  dieser  Technologie  sogar  vier  Computer  mit  einer  1  Watt  ‐  LED‐Glühbirne  Internet empfangen. Die drahtlose Signalübertragung  funktioniert mit einem  in die LED‐Glühbirne eingebetteten Mikrochip.  Damit  wird  eine  Übertragungsrate  mit  einer  Geschwindigkeit  von  150  MBit/s  ermöglicht werden ‐ was laut Chi Nan, Professorin für Informationstechnologie an der Fudan Universität, schneller ist als der durchschnittliche Breitbandanschluss, den ein Chinese zur Verfügung hat.  Internet‐User konnten die  Innovation  am  5.11.2013  auf  der  Chinesischen  Internationalen  Industriemesse  in  Shanghai (http://www.ciif‐expo.com) testen“. 

Die VLC‐Technik wurde auf der  „Vision 2011“ und der  „IFA 2011“ öffentlich vorgeführt. Sie  ist Teil des abgeschlossenen  EU‐Projekts  OMEGA  (www.ict‐omega.eu).  Bereits  im  Februar  2011  wurde  ein Kommunikationsnetz  auf  Infrarotbasis  (IRC)  vorgestellt,  das  im  Umkreis  von  10  m  eine  Datenüber‐tragungsrate von 280 MBit/s zwischen der Basisstation und zwei Endgeräten realisierte. 

In Deutschland  sind Forscher am Fraunhofer Heinrich‐Hertz‐Institut  in Berlin damit befasst,  im übrigen europäischen Raum mehrere Universitäten, vor allem in Edinburgh (Prof. Harald Haas) und Oxford (Prof. Dominic O’Brien). 

„Da sich neue Erfindungen nur auf breiter Basis durchsetzen können, wenn die Technik vereinheitlicht ist, haben  sich  die  auf  diesem  Gebiet  engagierten  Firmen  –  überwiegend  in  Fernost  –  bereits zusammengesetzt  und  das  „Visible  Light  Communication  Committee“  ins  Leben  gerufen,  das  dann seinerseits die Vorschläge  an das  IEEE weitergereicht hat. Das  Ergebnis  ist der  Standard  IEEE 802.15.7 WPAN (Wireless Personal Area Network) (http://t1p.de/5n1v)“. 

 

Hinweis zum Thema biologische Wirkungen von moduliertem Licht: 

Um nicht die gleichen Fehler wie mit der Anwendung Mikrowellentechnologie zu wiederholen, deren Anwendung  sich  immer  deutlicher  als  eine  gesundheitlich  relevante  Störgröße  für  lebende  Systeme herausstellt,  muss  die  VLC‐Technik  vor  ihrem  flächendeckenden  Einsatz  schnellstmöglich  auf  ihre Gesundheitsverträglichkeit und mögliche negative Effekte bei Tieren und Pflanzen untersucht werden. 

Allerdings  gibt  es  gewichtige  Hinweise  dafür,  dass  die  VLC‐Technik  überhaupt  nicht mit  den  hohen Gesundheitsrisiken der mikrowellenbasierten Technik verglichen werden kann. Zum Beispiel gilt: 

• der Mensch ist durch Schutzmechanismen evolutionär an die Frequenzen des sichtbaren Lichts angepasst; 

• die Daten‐Modulationen sollen nach Aussage der Entwickler im Gigahertzbereich liegen und damit außerhalb der durch das Auge und die Haut rezipierbaren Frequenzen (kein Flimmern). 

• die Strahlung dringt nur Bruchteile von Millimetern in den Körper ein (gegenüber 5 ‐ 10 cm bei Mikrowellen), tiefere Bereiche ‐ wie das Gehirn ‐ werden daher nicht bestrahlt. 

Trotzdem gilt auch hier die Anwendung des ALARA‐Prinzip (As Low As Reasonably Achievable). 

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4VLC / LiFi – Drahtlose Kommunikation über LED‐Licht – KIRU Reutlingen‐Ulm, Kunden‐Informationstag 2016

Trennen von Innen‐ und Außenversorgung  

VLC /Li‐Fi ist Vorsorge an der Quelle 

Aktuell konzentriert sich die Anwendungsentwicklung von VLC / Li‐Fi auf die  Indooranwendung, da hier die natürliche  ´Störgröße` – helles Tageslicht –  i.d.R. gedämpft  ist, bzw.  leicht gemindert werden kann. Hinzu kommt, dass Lampen als potenzielle Datenübertragungsschnittstelle Indoor überall vorhanden sind. 

Noch  tragen  sog. Makrozellen mit  relativ hohen  Leistungen dazu bei, die  ´mobile` Kommunikation mit Mikrowellentechnik auch in unseren Gebäuden von außen herzustellen. Hierbei werden die bestehenden Hindernisse  (Baumasse)  und  i.d.R.  große  Entfernungen  (bis  zu  mehreren  Kilometern)  mit  vielen Reflexionsvorgängen  (durch  funktechnisch  ungünstige  Standorte  inmitten  verdichteter  Siedlungsstruk‐turen)  einfach mit höheren Abstrahlleistungen  kompensiert. Das  führt  zu hohen  Emissionen durch die dauerstrahlenden Sendeanlagen, aber auch zu hohe Emissionen an den temporär sendenden Endgeräten. Menschen und Umwelt werden unnötig hohen Strahlenbelastungen ausgesetzt. 

Die Trennung der Innen‐ und Außenversorgung  ist eine der relevanten Größen für die  in unseren Augen dringend  erforderliche  Immissionsmimimierung.  Sie  ist  aber  auch  Grundvoraussetzung  für  die Bereitstellung hoher Datenkapazitäten. Jede netzgebundene  Indoorschnittstelle vergrößert die mögliche Datenkapazität entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit. 

Die  verstärkte  Nutzung  von  sog.  Femtozellen  (WLAN‐Router  u.a.)  ist  bereits  eine  Antwort  auf  die steigenden  Anforderungen  an  die  Datenkapazitäten.  Leider  ist  diese  Anwendung  meistens  nicht vorsorgeorientiert ausgerichtet, da hier häufig ungeregelt (kein ECO‐WLAN, Endgeräte meist ungeregelt) und mit hohen Leistungen nun das Hinderniss Baumasse  innen und von  innen nach außen durchstrahlt wird.  Damit  werden  auch  Nachbarn  ungefragt  mit  zusätzlicher  Mikrowellenstrahlung  beaufschlagt. Vorsorgeorientiert wäre die Auslegung auf eine  raumweise Versorgung mit geringsten Leistungen – die Funkstrecke so kurz wie möglich und keine Druchstrahlung von Hindernissen ist hier das Motto. 

Die Anwendung von VLC /Li‐Fi geht noch einen Schritt weiter. Die Zellstruktur wird weiter verkleinert und wir  sprechen  dann  von  ´Atto‐Cells`.  Viele  kleine  Sender, mit  extrem  hoher  Datenkapazität  und  ohne störenden Elektrosmog stünden damit zur Verfügung.   

Mikrowellen‐Femtozellen und absehbar VLC / Li‐Fi versorgen Gebäude mit mobilen Daten – angeschlossen an die vorhandene Kabelinfrastruktur. Mikrowellenfunk  außen  kann  dann  mit  extrem  geringen  Sendeleistungen  betrieben  werden.  Und  Innen besteht  volle  Kontrolle  über  den Datenverkehr wer  keinen  Funk  innen  haben will  (z.B.  im Wohnhaus  in  der Nacht),  schaltet einfach ab und aus.  

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5VLC / LiFi – Drahtlose Kommunikation über LED‐Licht – KIRU Reutlingen‐Ulm, Kunden‐Informationstag 2016

Riesiges Entwicklungspotenzial für Lichtwellen‐Kommunikation 

Die VLC / LiFi Technologie steht noch am Anfang ihrer Entwicklung. Trotzdem zeigt sich schon jetzt, dass die aktuellen Prototypen und Pilotprojekte mit hohen  Leistungsflussdichten aufwarten können, die mit den aktuellen Übertragungsraten im Bereich der Mikrowellenstrahlung mithalten können.  

Potenzielle Leistungsunterschiede zwischen Mikrowellen‐ und Lichtwellenstrahlung 

Die  Leistungsfähigkeit der Datenübertragung  setzt  sich  im Wesentlichen  zusammen aus der Bandbreite des  übertragenden  Signals  –  je  breiter  der  zur  Verfügung  stehende  Informationskanal,  umso  mehr Datenpakete können  transportiert werden, und der benutzen Frequenz –  je höher die Frequenz, umso mehr  Daten  passen  in  eine  Zeiteinheit.  Die  laufende  Fortentwicklung  immer  leistungsfähigerer Modulationsverfahren  ist  dabei  relativ  unabhängig  von  der  verwendeten  elektromagnetischen Trägerwelle.  Es  wird  erwartet,  dass  auch  im  Bereich  der  Modulation  der  optischen  Strahlung  noch erhebliches Entwicklungspotenzial in Zukunft gehoben werden kann. 

Frequenz 

Die benutzten Frequenzen von LTE  liegen (Stand Feb. 2016) bei 0,8 und 2,6 GHz (Gigahertz). WLAN wird mit 2,45 und bei 5 GHz angewandt. Neu  standardisiert wurde die Anwendung von 60 GHz WLAN  (IEEE 802.11ad). Lichtwellenleiter werden  i.d.R.  im Spektrum des Infrarot betrieben, das um die Frequenz von 353 THz liegt. Die VLC‐Technik arbeit im Bereich des sichtbaren Lichts zwischen 398 THz und 750 THz. Ein Terrahertz  sind  1.000  Gigahertz.  Das  ist  300.000  mal  höher  frequent  als  ein  Funksignal  im Mikrowellenbereich ‐ mit entsprechendem Potenzial. 

Bandbreite 

Die  zur  Verfügung  stehenden  Bandbreiten  im  Mikrowellenbereich  sind  rar.  Das  Frequenzband  ist vollständig  ausgeschöpft/zugeteilt  und  nur  noch  Verlagerungen  (Stichwort:  digitale  Dividende)  geben zusätzliche Kapazitäten zur Anwendung frei. 

Die Bandbreite z.B. eines LTE‐Signals beträgt z.Zt. 5 bis 20 MHz. Bei WLAN sind 20 bis optional 160 MHz in der  aktuellen Anwendung möglich.   Über die neu  entwickelte Mehrantennentechnik bei  LTE  (mehrere Antennen  in der näheren Umgebung bedienen gleichzeitig einen Nutzer) kann die Bandbreite kurzfristig auf  100  MHz  erhöht  werden.  Die  aktuell  in  Summe  zur  Verfügung  stehende  Bandbreite  für  die Mikrowellenanwendung der digitalen Kommunikation (inkl. 60 GHz‐WLAN), liegen bei ca. 2.000 MHz.  

Bei  der  Anwendung  von  Licht  als Datenträger  beträgt  z.B.  die Bandbreite  auf  einer  einzigen Glasfaser,  in  der  aktuellen praktischen  Anwendung  für  den Endkunden (Lichtwellenleiter bis in Haus), bereits  200 bis  2.000 MHz. Insgesamt  steht  im Lichtwellenbereich  –  von  Infrarot (IR‐B)  bis  Violett  eine  freie Bandbreite von ~400.000.000 MHz zur  Verfügung.  Sehr  viel  Potenzial für die Zukunft.  

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6VLC / LiFi – Drahtlose Kommunikation über LED‐Licht – KIRU Reutlingen‐Ulm, Kunden‐Informationstag 2016

Pilotprojekt VLC auf Insel Mainau  

Visible Light Communication 

Auf  der  Insel Mainau  im  Bodensee  startete  am  20. Mai  2015  das  europaweit  erste  Praxis‐Projekt mit optischer Datenübertragung, der Visible Light Communication (VLC). Das kann ein Aufbruch in eine neue Etappe der mobilen Kommunikation sein. In der Pressemitteilung der Projektpartner heißt es:  

"Das  Fraunhofer  Heinrich‐Hertz‐Institut  HHI  rüstet  einen  vorhandenen  Konferenzraum  auf  der  Insel Mainau  mit  Visible  Light  Communication  (VLC)  Technologie  aus,  um  damit  eine  optische  WLAN‐Umgebung zu realisieren. Dadurch kann die vorhandene funkbasierte WLAN‐Lösung ersetzt werden. Die Aufrüstung  soll  in  mehreren  Aufbauschritten  erfolgen  und  Erkenntnisse  für  praxisorientierte Parameteroptimierung ermöglichen. Gefördert wird das Projekt vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden‐Württemberg. Link zur Pressemitteilung. 

Die  Initiative  ‚Bodensee Mobilfunk‘  setzt  sich  für  Strahlungsminimierung  ein  und  hat  die  Idee  für  das Projekt auf der Insel Mainau gegeben. 

Bild: Start des VLC‐Projektes am 20.05.2015 auf der Mainau. Die Projektpartner v.l.n.r.: Günter Dolak  (Bodensee‐Mobilfunk), Dr. Thomas Weimer  (Ministerium für  Umwelt,  Klima  und  Energiewirtschaft,  Stuttgart),  Dr.  Andrea  Leute (Bodensee‐Mobilfunk), Dr. Anja Schmolke  (Ministerium  für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft),  Heinrich  Straub  (Mainau  GmbH),  Dr.  Anagnostis Paraskevopoulos  (Heinrich‐Hertz‐Institut),  Dr.  Stefan  Zbornik  (Bodensee‐Mobilfunk), Bettina Gräfin Bernadotte  (Mainau GmbH) und Prof. Dr. Wolfgang Skupin (Hochschule Konstanz). 

 

   

Der Einsatz einer  funkfreien WLAN‐Datenübertragung basierend auf optischer Freistrahlkommunikation (VLC) in dem Konferenzraum bietet unterschiedliche Vorteile. Fraunhofer HHI‐Projektleiter Dr. Anagnostis Paraskevopoulos: „Die VLC‐Technologie ist ein sehr interessanter Alternativansatz für die Vermeidung der zunehmenden  Strahlungsbelastung,  ohne  auf  den  drahtlosen  Austausch  von  hohen  Datenmengen verzichten  zu  müssen.  Für  das  Fraunhofer  HHI  ist  die  Erprobung  der  Technologie  in  einer  realen Umgebung  von  großer  Bedeutung.  Die  damit  gewonnenen  Erkenntnisse  können  sowohl  zu  einer zielorientierten Parameteroptimierung führen, wie auch die Vorentwicklung vorantreiben, um zusammen mit potenziellen Industriepartnern, beispielsweise aus der Beleuchtungsindustrie, innovative Produkte zu entwickeln.“ 

Umweltbewusste Geschäftsführung der Insel Mainau 

Für den botanischen Garten  Insel Mainau steht vor allem die umweltfreundlich zertifizierte Ausrichtung des Unternehmens und die damit verbundene Wahrnehmung durch die Besucher  im Vordergrund. Das Projekt  ist  bedeutend,  denn  es  soll  demonstrieren,  dass  die  Alternative  –  optische  statt  funkbasierte Datenübertragung  –  nicht  nur  als  Forschungsidee  existiert,  sondern  auch  in  realen  Umgebungen funktionieren  kann.  „Aus  persönlicher  Überzeugung  unterstütze  ich  die  Forschung  zu  einer strahlungsärmeren mobilen Kommunikation und wir als  Insel Mainau freuen uns, dass wir einen Beitrag zur  weiteren  Erprobung  der  neuen  Technologie  leisten  können“,  so  Bettina  Gräfin  Bernadotte, Geschäftsführerin der Mainau GmbH. 

Auch  der  im  Jahr  2007  gegründete BodenseeMobilfunk,  dem  u.a.  die Ärzteinitiative Mobilfunk Allgäu‐Bodensee‐Oberschwaben  angehört,  beteiligt  sich  an  dem  Projekt.  „Die  rasant  zunehmende Strahlenbelastung,  verbunden mit  der Notwendigkeit  der Gesundheitsvorsorge,  erfordert  dringend  ein Umdenken  hinsichtlich  der  mobilen  Kommunikationsversorgung.  Uns  ist  es  deshalb  ein  Anliegen, 

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innovative  Konzepte  und  Lösungsvorschläge  für  die  Strahlungsminimierung  zu  fördern  und  zu entwickeln“, so Dr. Andrea Leute. Dr. Stefan Zbornik, Mitinitiator des BodenseeMobilfunk ergänzt: „Wir sind  stolz darauf, dass es uns mit den Projektpartnern gelungen  ist, erstmalig  in Europa ein derartiges Pilotprojekt in einem anwendungsorientierten Kontext zu initiieren.“. 

 Die Geschichte des VLC‐Projektes auf der Mainau 

Dass es zu dem europaweit ersten VLC‐Projekt auf der Insel Mainau gekommen ist, ist der Vorarbeit des Abgeordneten Thomas Marwein  zu  verdanken. Er  ist bei der  Fraktion der GRÜNEN  im  Landtag Baden‐Württemberg als umweltpolitischer Sprecher unter anderem für das Thema Mobilfunk zuständig. 

Bild: VLC‐Projektleiter Dr. Anagnostis Paraskevopoulos stellt seine Forschung am 03. Juni 2013 dem Abgeordneten Thomas Marwein und Ministeriumsvertretern in der Grünen‐Landtagsfraktion Baden‐Württemberg vor.         

Thomas Marweins Credo: „Wir können das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen. Deshalb brauchen wir Alternativen zur derzeit genutzten risikoreichen Mobilfunk‐Technologie.“  

Zum Gedankenaustausch  darüber  lädt  er  seit  vier  Jahren  den  Ärztearbeitskreis Digitale Medien  in  die Grünen  ‐  Landtagsfraktion  ein.  In diesem Rahmen  erfuhr der Politiker  von den VLC‐Entwicklungen des Fraunhofer Heinrich‐Hertz‐Instituts HHI mit Sitz  in Berlin, die  Jörn Gutbier  (Vorsitzender Diagnose‐Funk Deutschland)  präsentierte.  Am  03.  Juni  2013  war  es  soweit:  Der  VLC‐Projektleiter  Dr.  Anagnostis Paraskevopoulos  stellte  seine  Forschung  in  der  Grünen‐Landtagsfraktion  vor.  In  Anwesenheit  von Ministeriumsvertretern demonstrierte Dr. Paraskevopoulos mit einem Versuchsaufbau die neue Technik. MdL  Thomas  Marwein  schlug  in  der  Folge  dem  Umwelt‐  und  Wirtschaftsministerium  vor,  diese Technologie  zu  fördern.  Auf  einer  Informationsreise  über  das  Projekt  "Strahlungsarmer  Bodensee" wurden Kontakte mit der FH Konstanz und den Bodensee‐Bürgerinitiativen geknüpft, was in den Kontakt zur  Insel Mainau mündete. Nach zwei  Jahren konnte das Projekt an den Start gehen, ein Erfolg  für alle Beteiligten. 

 

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Stadt Stuttgart finanziert ein VLC Projekt an einer Schule Optisches WLAN statt Mikrowelle 

Foto: Roland Hägele 

Im Dezember 2016 hat der Stuttgarter Gemeinderat einem Schulprojekt zur Visible Light Communication (VLC) zugestimmt. Im beschlossenen Antrag Neue Wege in der Digitalisierung gehen: VLC‐Schulraum für die Stadt Stuttgart wird vorgeschlagen: 

„Für die Erprobung und Weiterentwicklung der VLC‐Technologie (siehe u.s. Publikationen) wird an einer Stuttgarter  Schule  das  Projekt  „VLC‐Schulraum  für  die  Stadt  Stuttgart“  in  Zusammenarbeit  mit  dem Fraunhofer Heinrich‐Hertz‐Institut  (HHI) und mit Unterstützung des Stadtmedienzentrums durchgeführt. Die Kosten für das Projekt belaufen sich insgesamt auf ca. 150.000 Euro und werden zu einem großen Teil vom Fraunhofer Heinrich‐Hertz‐Institut (HHI) übernommen.“ 

In der ausführlichen Begründung heisst es u.a.: „In der Sitzung des Schulbeirats am 12.05.2015 wurde von der Verwaltung der Planungsstand  für die Digitalisierung der Stuttgarter Schulen vorgestellt. Dabei  trat zutage, dass den vorhandenen gesundheitlichen Bedenken bezüglich des Einflusses der Strahlung von W‐LAN‐Routern  auf  Schulkinder  derzeit  keine  Rechnung  getragen  wird  –  obwohl  etwa  die  Europäische Umweltagentur (EEA) bereits 2007 eindringlich vor den Gefahren hochfrequenter Strahlung gewarnt hat, wie  sie  beispielsweise  durch  W‐LAN‐Netzwerke  oder  Mobilfunk  ausgesendet  wird:  „Die  aktuelle Forschung  und  die  Analyse  der  Langzeiteffekte  der  Strahlung  von mobiler  Telekommunikation  zeigen, dass  es  umsichtig  von  den  Gesundheitsbehörden  wäre,  Maßnahmen  zu  treffen,  um  vor  allem empfindliche  Gruppen  wie  Kinder  der  Strahlung  weniger  stark  auszusetzen“  (Jacqueline  McGlade, geschäftsführende  Direktorin  der  Europäischen  Umweltagentur).  Die  Krebsagentur  (IARC)  der Weltgesundheitsorganisation  (WHO)  hat  2011  die  nicht‐ionisierende  Strahlung  als  möglicherweise krebserregend eingestuft. Mittlerweile steht mit VLC eine technische Alternative zur Verfügung, die diese Bedenken ausräumen könnte.“ 

 

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9VLC / LiFi – Drahtlose Kommunikation über LED‐Licht – KIRU Reutlingen‐Ulm, Kunden‐Informationstag 2016

Standardisierungen der VLC/Li‐Fi Technik 

JEITA (2007): Low‐speed (up to Mbit/s) point‐to‐point  ‐ Japan Electronics & Inf. Tech. Association 

IrDA & VLCC (2009): Low & high‐speed (up to 4 Mbit/s) point‐multipoint ‐ Infrared Data Association & Visible Light Communications Consortium 

ICSA (2009): Indoor WLAN (10 Mbit/s), IR & visible ‐ IR Communicaton Systems Association  

ITU‐T G.9960 / G.hn (2009) – ext. for opt. communication (2011)  

IEEE  802.15.7  (2011):  Clean‐slate  approach,  low  &  high‐speed  PHY  and MAC  for  audio  & multimedia  ‐  Einen  umfassenden Überblick  über  die  Technik  und  ihre Anwendungsmöglichkeiten  bietet  folgendes Dokument der Arbeitsgruppe der IEEE auf der Webseite von ieee802.org: http://t1p.de/as0e  

 

Videos Gafik‐Video des HHI zur Technik und Zukunft von VLC (2:30) https://youtu.be/07pONRXziK4  

Videovortrag von Prof. Harald Haas von der University of Edinburgh über Li‐Fi‐Revolution (1:16:40) https://youtu.be/WRG9iXZbuAc  

Philips LED indoor positioning techology at Carrefour https://www.youtube.com/watch?v=uQw‐o6bjrec 

 

Ansprechpartner zum Thema VLC: Dr. Anagnostis Paraskevopoulos Fraunhofer Heinrich Hertz Institute  Metro, Access and In‐House Systems Group Photonic Networks Department Einsteinufer 37, 10587 Berlin, www.hhi.fraunhofer.de Tel.: +49 30 31002‐527, Fax ‐250, [email protected]  

 

Referent 

Dipl.‐Ing. Jörn Gutbier Vorstandsvorsitzender Diagnose‐Funk e.V. Bismarckstraße 63, 70190 Stuttgart joern.gutbier@diagnose‐funk.de, www.diagnose‐funk.de  • Mitglied im AK‐Immissionsschutz des BUND • Freier Architekt (AKBW), Baubiologe (IBN) • Stellv. Fraktionsvorsitzender für Bündnis90/Die Grünen in Herrenberg  

Veröffentlichungen: „Elektrosmog im Alltag“ & „Kommunale Handlungsfelder“ 

Schwerpunkt  der  Arbeit  von  diagnose‐funk  ist  es,  über  die  Risiken  elektromagnetischer  Felder verschiedenster  Quellen  unabhängig  von  Industrie  und  Politik  aufzuklären,  dadurch Verhaltensweisen  von  Verbrauchern  und  Politik  zu  ändern,  Lösungen  für  zukunftsfähige  und umweltverträgliche Technologien aufzuzeigen und die politischen Akteure dabei zu unterstützen eine vorsorgeorientierte Mobilfunkpolitik zu formulieren und durchzusetzen.