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TECHNISCHE TEXTILIEN Schweizer Innovationen als Lösungen für globale Herausforderungen

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TECHNISCHE TEXTILIEN—Schweizer Innovationen als Lösungen für globale Herausforderungen

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3 Editorial

4 Technische TextilienWas Textilien anderen Materialien voraushaben

12 GesundheitWirkungsvolle medizinische Versorgung

16 IndividualisierungIndividuelle Bedürfnisse erfüllen

22 MobilitätSicher und schnell unterwegs

26 NachhaltigkeitRessourcen schonen

30 National und international vernetztInnovation durch Vernetzung

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3EDITORIAL

Die Textil- und Bekleidungsindustrie Schweiz hat sich in den letz ten Jahrzehnten stark in einen global integrierten Werkplatz gewandelt. Forschung und Entwicklung für ein Produkt befinden sich an einem Ort, Management und Finanzierung an einem anderen und die Herstellung meist an mehreren. Die Textil- und Bekleidungsunter-nehmer in der Schweiz sind heute hauptsächlich auf Nischen- märkte fokussiert und bieten Spezialitäten an. Sei es im modischen Bereich, mit hochwertigen Stickereien oder Stoffen für die Haute Couture, bei Heimtextilien, mit Produkten, die hohe Anforderungen an Funktion und Design erfüllen, oder im Bereich der technischen Textilien, wo Hightechprodukte aus textilen Materialien in den unter- schiedlichsten Anwendungsgebieten ihren Einsatz finden. Viele Schweizer Firmen schauen auf eine jahrhundertealte Geschichte zu- rück. Immer wieder ist es ihnen gelungen, sich neuen Entwick - lungen und Märkten anzupassen und eine Vorreiterrolle zu über neh- men, indem sie bewährte Techniken für neue Anwendungen ein - setzen. Diese Publikation soll einen Einblick geben in die Vielfalt der Anwen-dungen und die Innovationskraft der Schweizer Textil- und Beklei-dungsindustrie. Sie zeigt, welche Herausforderungen zu meistern sind und welchen Beitrag die Entwicklungen unserer Mitgliedsfirmen bei deren Bewältigung leisten.Wir sind überzeugt, dass die Bedeutung für technische Textilien in Zukunft weiter wachsen wird. Als Verband engagieren wir uns, unsere Mitgliedsfirmen mit den wichtigen nationalen und internationalen Forschungspartnern und mit anderen Branchen zu vernetzen. Einem internationalen Fachpublikum präsentieren sich unsere Mitglieder mit unserer Unterstützung an der Techtextil 2015 in Frankfurt, der internationalen Leitmesse für technische Textilien und Vliesstoffe.Wir setzen uns ein, dass die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingun-gen in der Schweiz die bestmöglichen Voraussetzungen bieten, damit unsere Mitglieder weiterhin international erfolgreich sind. ×

SCHWEIZER INNOVATIONEN FÜR DEN WELTMARKT

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4 TECHNISCHE TEXTILIEN

WAS TEXTILIEN ANDEREN MATERIALIEN VORAUSHABENTextilien sind in unserem Alltag omnipräsent. Oft sind wir uns gar nicht bewusst, welche Funk tionen sie einnehmen und dass sie in den unterschied-lichsten Gebieten anzutreffen sind.

—Grosse Oberfläche, kleines VolumenTextilien haben eine sehr grosse Oberfläche bei verhältnismässig kleinem Volumen und Masse. Daher werden sie als Abdeckungsmaterial für die Denkmalpflege eingesetzt oder um das Schmel‑ zen von Gletschern zu verlangsamen. Oder auch als Trägermaterial für Pflanzen auf den Hausdächern und -fassaden von Grossstädten. Dieses einmalige Oberfläche‑zu‑Volumen‑Verhältnis macht Textilien zum idealen Material am und im Körper. —Flexible Struktur, hohe PorositätDie Struktur und Porosität des Textils können genau gewählt werden, damit es als Trägermaterial für Zellkulturen zur Züchtung von künstlichen Organen eingesetzt werden kann. Muskeln, Sehnen oder auch die Haut bestehen aus natürlichen Fasern – somit werden Fasern und Textilien in der rege-nerativen Medizin in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen. —Chemisch veränderbarTextilien können chemisch verändert werden, um neue Funktionen zu erlangen. So können beispiels-weise Duftstoffe oder Medikamente in Textilien integriert werden. Durch diese Veredlung werden Textilien sogar intelligent: Mit Metallbeschich-tungen wird aus einer Faser ein Sensor, aus einem T-Shirt ein Überwachungsinstrument, um zum Beispiel einen Feuerwehrmann vor zu hohen Tem - pe raturen zu warnen. In Spitälern und in der Alterspflege werden sie in Zukunft ein wichtiges Hilfsmittel zur Erhöhung der Lebensqualität der Patientinnen und Patienten sein. Textilien als Träger von Sensoren werden in verschiedenen Bereichen des Alltagslebens Einzug finden, bei‑ spielsweise in Möbelstücken oder in Gebäuden, und somit eine wichtige Rolle im Internet der Dinge spielen.—Unendliche EinsatzmöglichkeitenLeicht, dünn, flexibel, hochporös, reissfest, form‑ bar und doch formstabil, weiterverarbeitbar und multifunktional – bei keinem anderen Material sind die Eigenschaften so vielfältig. Es erstaunt nicht,

—VerbindungsfreudigTextilien können in den verschiedensten Formen und Farben hergestellt werden. Sie bestehen aus Natur- oder Kunstfasern, aber auch aus Metall, Glas oder Keramik. Sie können fast beliebig mit anderen Werkstoffen verbunden werden. So sind zum Beispiel Produkte aus faserverstärk - ten Kunststoffen leichter und steifer, als wenn sie aus Stahl hergestellt werden. Sie werden für viele technische Anwendungen eingesetzt, im Fahr- zeugbau, in der Raumfahrt oder auch für Sport - ge räte.

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dass die Nanotechnologie eine ihrer ersten kon-kreten Anwendungen bei Textilien gefunden hat. Mit dieser und anderen neuen Schlüsseltechno-logien erlangen Textilien immer neue Eigenschaften mit fast unendlichen Einsatzmöglichkeiten. —Die Schweiz: ein innovatives und weltoffenes LandDie Schweiz verfügt in der Welt über einen aus-gezeichneten Ruf und ist bei internationalen Ranglisten in Sachen Innovationsfähigkeit regel-mässig ganz vorne dabei. Die Wege sind kurz, die Bürokratie gering, die Lage im Herzen Europas

und die gut ausgebaute Infrastruktur optimal, die wirtschaftliche Freiheit und Offenheit sind hoch und die exzellente Bildungs- und Forschungs-landschaft bietet den Nährboden für Innovationen. Auch die Schweizer Textil- und Bekleidungs-industrie behauptet sich auf dem Weltmarkt mit Innovationen und Spitzenprodukten sowie herausragenden Dienstleistungen. Durch hoch-stehende Qualität in Material, Funktionalität und Design sowie Präzision und Zuverlässigkeit sind textile Lösungen aus der Schweiz weltweit gefragt und geniessen einen hervorragenden Ruf. ×

LEICHT / DÜNN / FLEXIBEL / HOCHPORÖS / REISSFEST / FORMBAR UND DOCH FORMSTABIL /MULTIFUNKTIONAL

WIRTSCHAFTLICHE FREIHEIT / OFFENHEIT / EXZELLENTE BILDUNG UND FORSCHUNG / PRÄZISION / ZUVERLÄSSIGKEIT / POLITISCHE STABILITÄT

VERBINDUNGSFREUDIG

FLEXIBLE STRUKTUR, HOHE POROSITÄT

GROSSE OBERFLÄCHE, KLEINES VOLUMEN

EIGENSCHAFTEN

SCHWEIZER QUALITÄTEN

CHEMISCH VERÄNDERBAR

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6 TECHNISCHE TEXTILIEN

WACHSTUMSTREIBER TECHNISCHE TEXTILIEN

Technische Textilien sind eine Wachstumsbranche. In den letzten Jahren hat sich der Umsatz jährlich um fünf Prozent vergrössert und beläuft sich heute weltweit auf 150 Milliarden Dollar. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Die Schweizer Textilindustrie positioniert sich dank hoher Inno vationskraft an der technologischen Spitze.

wachende Gewebe. Technische Textilien bieten Lösungen für nachhaltige Energieerzeugung, wie beispielsweise textile Fassaden oder Dach-flächen als Quelle von Energie und Trinkwas ‑ ser. Regional sind die Aussichten für Asien und Nordamerika am vielversprechendsten. Der chinesische Markt für technische Textilien zum Beispiel ist von einer zweistelligen Wachs- tumsrate pro Jahr geprägt. Nur schon in der chi- nesischen Automobilindustrie wird eine Ver- doppelung der eingesetzten technischen Textilien von 755 Tonnen im Jahr 2010 auf 1400 Tonnen im Jahr 2017 erwartet. —Exportiert werden absolute HightechprodukteAuch produktionsseitig ist China mittlerweile mit rund einem Drittel der weltweit grösste Produ- zent von technischen Textilien. Wertmässig betrachtet dürfte sich das Bild für Europa jedoch deutlich günstiger darstellen. Im Preiswettbe-

Die Bedeutung von technischen Textilien wird oft unterschätzt. Denn es handelt sich um eine Querschnittstechnologie, die in den verschie-densten Anwendungsgebieten wie dem Fahrzeug-bau, der Medizinaltechnik, der Industrie oder dem Bauwesen zum Einsatz kommt. So sind die Produkte nicht immer auf den ersten Blick sichtbar. Gemäss Schätzungen beläuft sich der Weltmarkt für technische Textilien auf rund 150 Milliarden Dollar. Inklusive Vlies- und Faserverbundstoffen beträgt das Weltmarktvolumen über 250 Milliarden Dollar.—Lösung für künftige HerausforderungenDie Nachfrage nach technischen Textilien wird in Zukunft weiter wachsen. Technische Textilien bieten Lösungen für eine alternde Gesellschaft mit steigenden Gesundheitskosten. Zum Beispiel textilbasierte Implantate oder heilende und über-

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IMPORTtechnischer Textilien (CHF)

830 MIO.2013 → 2014 + 5,9 %

EXPORTtechnischer Textilien (CHF)

605 MIO.2013 → 2014 + 8,2 %

Quellen: Gherzi, Commerzbank, WTO International Trade Statistics 2013, Techtextil.

werb gegenüber asiatischer Massenproduktion von technologisch wenig anspruchsvollen technischen Textilien haben kleinere Firmenstrukturen wenig Zukunfts chancen. Vielmehr hat sich die europäische und insbesondere die Schweizer Industrie an der technologischen Spitze positioniert. Entwickelt, produziert und exportiert werden absolute High-techprodukte, die in Nischen zum Einsatz kommen und sich durch die hohe Innovationsleistung, die Funktionalität, die Qualität und die Dienstleistungen auszeichnen. Mengenmässig wurden im Jahr 2014 technische Textilien im Wert von knapp 605 Millionen Franken aus der Schweiz exportiert. Eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr von 8,2 Prozent. Der Anteil technischer Textilien an den Gesamttextilexporten der Schweiz hat sich in den letzten Jahren ebenfalls stetig vergrössert. ×

In 1000 Tonnen

2011

In Millionen Tonnen und Milliarden Dollar

2014, weltweit

Mobiltech 17 %Indutech 16 %Buildtech 15 %Agrotech 12 %Medtech 10 %Geotech 9 %Sporttech 8 %Protech 7 %Packtech 6 %

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Umsatz in Milliarden DollarProduktion in Millionen Tonnen

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85,7

«Die Schweiz hat sich an der techno logischen Spitze positioniert.»—Peter Flückiger, Direktor Swiss Textiles

WELTMARKT: ENTWICKLUNG TECHNISCHER TEXTILIEN TEXTILEXPORTE SCHWEIZ: ANTEIL TECHNISCHER TEXTILIEN

WELTMARKT: ANTEIL TECHNISCHER TEXTILIEN

ANWENDUNGSGEBIETE

EU 16 %

Amerika 18 %Indien 18 %

China 31 %

Übrige Welt 17 %

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8 TECHNISCHE TEXTILIEN

FASERTECHNOLOGIE

Die Fasern sind das Ausgangs-produkt für textile Innovationen. Es wird unterschieden zwi- schen Naturfasern und Chemie-fasern. Die Chemiefasern können synthetisch sein (unter anderem Polyacryl, Polyamid, Polyester, Elastan) oder aus Cellulosemolekülen (Viskose, Acetat) bestehen. Mithilfe von speziellen Beschichtungen, Beifügen von Hilfsstoffen oder Geometrien im Faserquer-schnitt können besondere Eigenschaften hergestellt wer- den. Solche Spezial- und Hochleistungs fasern bergen grosse Innovationspotenziale.

FASERVERBUND STOFFE

Faserverbundstoffe bestehen aus einer Matrix aus Kunststoff und darin einge betteten Fasern. Der Vorteil einer solchen Kon- struktion ist die hohe Festigkeit des Materials bei gleichzeitig geringem Gewicht. Insbesondere durch die Nach frage im Auto-mobilbau und der Luftfahrt sowie im Windener giebereich hat sich der Markt für Faserverbund-stoffe in den letzten Jahren vergrössert. Grosses Potenzial sehen die Anwender beispiels-weise für Car bonfaserkomposite, jedoch bestehen noch grosse Heraus forderungen in der Auto - mati sierung und der Prozess-technik bei der Herstellung. Bereits heute sind dreidimensio-nale textile Konstruktionen vielseitig einsetzbar und weisen gegenüber anderen Materialien aufgrund ihres geringen Ge-wichts und ihrer guten Formbar-keit zahlreiche Vorteile auf.

TECHNOLOGIEN KURZ ERKLÄRT

Technische Textilien entstehen entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette: bei der Faser, am Garn oder beim Stoff. Durch chemische oder mechanische Pro-zesse und den Know- how-Transfer mit anderen Branchen entsteht ein hohes Innovations-potenzial.

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FLÄCHENHERSTELLUNG

Bei textilen Flächenherstel-lungsprozessen werden mittels Weben, Stricken oder Wirken aus Garnen zwei- oder dreidi-mensionale Flächen hergestellt. Dank technologischer Weiter-entwicklungen im Maschinenbau erfahren diese Techniken aktuell einen grossen Aufschwung, weil textile Flächengebilde im Vergleich zu herkömmlichen Materialien eine grössere Ober- fläche aufweisen. So ermögli-chen feinere Mascheneinteilun-gen und digital gesteuerte Herstellungsprozesse neue An- wendungsgebiete der Gestricke und Gewebe, beispielsweise in der Filtration oder in der Bau- industrie. Auch besteht heute die Möglichkeit, unter-schiedlichste Materialien auf diese Weise zu verarbeiten, beispielsweise können Glas- fasern, Metallfasern oder Fasern aus Mais gestrickt werden, sodass diese Flächengebilde für zahlreiche Anwendungen in- frage kommen.

TEXTILE SENSORIK

Textilien mit sensorischen oder elektrisch leitfähigen Funktionen haben ein grosses Einsatzpo-tenzial in der Medizin, dem Auto - mobilbau und im Sportbereich sowie in der Mode (Leuchttextili-en). Es wird zwischen der textilintegrierten und der textil- basierten Sensorik unter-schieden. Bei der textilintegrier-ten Sensorik werden elektro-nische Bauteile wie Leiterplatten oder Sensoren aufgestickt oder anderweitig mit dem Textil verbunden. Grosse Chancen für innovative Entwicklungen hat die textilbasierte Sensorik. Dabei werden optisch und elekt - ronisch leitfähige Fasern und Beschichtungen als Basis für intelligente Gewebe verwendet.

TEXTILVEREDLUNG

Mittels Textilveredlung kann die Oberfläche von Textilien mit speziellen Eigenschaften wie zum Beispiel Flammschutz, Antistatik oder wasserabweisen-den Eigenschaften versehen werden. Dafür werden mechani-sche, thermische oder chemi-sche Verfahren angewendet. Weil die Verfahren ressourcenin - tensiv sind und oft Chemikalien eingesetzt werden, besteht die Herausforderung und das Innovationspotenzial aktuell insbesondere darin, neue und alternative Verfahren und Prozesse zur Textilveredlung zu finden.

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10 TECHNISCHE TEXTILIEN

GESUNDHEITTextilien für eine wirkungsvolle medizinische Versorgung

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ANWENDUNGSGEBIETE

Die Vielfalt der textilen Erzeugnisse ist bemerkens-wert. In den Bereichen Gesundheit, Indivi-dualisierung, Mobilität und Nachhaltigkeit bietet die schweizerische Textil- und Bekleidungs-industrie eine namhafte Zahl an Innovationen und Leistungen für einzigartige Lösungen.

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INDIVIDUALISIERUNGTextilien, um individuelle Bedürfnisse zu erfüllen

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MOBILITÄTTextilien, um sicher und schnell unterwegs zu sein

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NACHHALTIGKEITTextilien für die Schonung der Ressourcen

Seite 26

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12 GESUNDHEIT

WIRKUNGSVOLLE MEDIZINISCHE VERSORGUNGDie Gesellschaft wird immer älter und bleibt länger aktiv. Die Gesundheit spielt dabei eine entscheidende Rolle. In Zukunft werden bahn- brechende medizinische Entwicklungen und Fortschritte es ermöglichen, Krankheiten zu heilen und die Lebensqualität zu erhöhen. Das Pflege-system wird aufgrund der hohen Kosten im Gesundheitswesen revolutio-niert werden müssen. Bei älteren Menschen und Patientinnen und Patienten mit chronischen Krankheiten besteht ein Bedarf, zu Hause im privaten Umfeld zu bleiben, anstatt sich im Spital betreuen zu lassen.

ÜBERWACHEN UND MEDIKAMENTE ABGEBEN Für ein zukunftsgerichtetes Gesundheitssystem bieten technische Textilien revolutionäre Lösungen an. Mit textilen Sensoren können Gesundheits- daten über ein permanentes Monitoring an Ärztin-nen und Ärzte übermittelt werden. Der Vorteil von textilen Sensoren besteht in der guten Haut-verträglichkeit von textilen Materialien, welche elektronische Sensoren nicht bieten können. Allein schon das Aufbringen von konventionellen Mess-elektroden auf die Haut dauert Stunden und braucht professionelles Personal. In Zukunft wird es möglich sein, durch das Anziehen eines ent-sprechend ausgerüsteten Kleidungsstücks Gesund-heitsdaten über die Kleidung permanent zu er- fassen und direkt an die Ärztin oder den Arzt zu senden. Eine permanente Überwachung wird möglich und zahlbar. Auch im umgekehrten Weg,

bei der Medikamentenabgabe, stellen die Textilien ein ideales Medium dar: Die Wundversorgung wird über gezielte Wirkstoffabgabe direkt über Ver - bände revolutioniert, Wundverbände müssen nicht mehr täglich gewechselt werden und belas-tende Medikamentenabgabe über Spritzen wird unnötig. —Körperverträgliche TextilienMedizintextilien für künstliche Knorpel, Fettgewebe oder bei Herzklappenersatz erfahren aktuell einen starken Aufschwung. Faserbasierte Struktu-ren machen künstliche Muskeln ebenso möglich wie Sehnen, Bänder oder spezielle Gelenke. Textil wird zum Trägermaterial bei der Züchtung von «Körperbauteilen» aus patienteneigenen Zellen. Textilien ähneln in mancher Hinsicht körper-eigenem Gewebe, weshalb sie für den menschli-chen Organismus viel besser verträglich sind als andere Materialien. ×

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29 %der in Europa lebenden Personen werden im Jahr 2050 über 65-jährig sein.

«In der modernen Medizin spielen Textilien eine immer grössere Rolle. Denn einerseits können sie wichtige medizinische Leistungen übernehmen wie zum Beispiel die intelligente Überwachung von Körperfunktionen und die gezielte, wohldosierte Abgabe von Medikamen-ten. Andererseits bieten sie auf unauffällige Weise einen grossen Komfort und sind alltagstauglich.»—Prof. Dr. Martin Wolf, Universitätsspital Zürich

—Personalisierte Medikamente steigern die Wirkung von Therapien und verringern Nebenwirkungen. —Gesundheitsüberwachung durch Kleidung mit Sensorik, um Zustände zu erfassen und Daten wie zum Beispiel Vitalparameter zu verarbeiten. —Nachgezüchtete und künstliche Organe auf Basis textiler Strukturen. —Erhöhter Bedarf an Therapie, Pflege und Betreuung in geeigneten Wohnmöglichkeiten. —Textilien mit aktiven Funktionen zur Unter-stützung der Patientinnen und Patienten, auch mit Schutzfunktionen.

TRENDS

Quelle Statistik: OECD (2015).

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14 GESUNDHEIT

KOFFEINKICK FÜR FRÜHGEBORENE

Empa-Forschende haben eine Membran ent- wickelt, die – durch UV-Licht aktiviert – Wirkstoffe schonend über die Haut an Patientinnen und Patienten abgibt. Freuen können sich darüber in Zukunft alle, die Angst vor Spritzen haben. Aber auch Frühgeborene, denen dies zusätzlichen Stress ersparen würde.

Seit einigen Jahren erhalten Babys, die zu früh geboren wurden, sogenannte «Frühchen», Koffein, um einen Atemstill-stand zu verhindern. Das Koffein wird ihnen dabei im Brutkasten über eine Sonde zugeführt oder muss gespritzt wer- den. Beides bedeutet für die noch sehr empfindlichen Kinder zusätzlichen Stress.

Ausserdem lässt sich der Wirkstoff nicht optimal dosieren. Zum Abgabezeit-punkt entsteht eine Konzentrations - spitze, danach lässt die Wirkstoffkon - zen tration oft schnell wieder nach. Wünschenswert wäre eine gleichmässige Do sierung über mehrere Stunden.Die Empa hat nun mit dem Universitäts-spital Zürich in einem vom Schwei-zerischen Nationalfonds (SNF) finanzier-ten Projekt ein Pflaster entwickelt, das Wirkstoffe über eine Membran abgibt. Dieses wird einfach auf die Haut des Kindes geklebt und gibt dann beispiels-weise Koffein während einiger Stun- den kontinuierlich an den kleinen Patien-ten ab, ohne dass er durch einen Ein- stich gestört werden muss.Die an der Empa entwickelte Membran ändert ihre Eigenschaften, nachdem sie mit UV-Licht bestrahlt worden ist. Bekannt ist ein solcher Effekt etwa bei selbsttönenden Brillengläsern, bei denen Silber auf die UV-Bestrahlung reagiert und die Gläser verdunkelt. Bei der Membran sind es allerdings andere lichtempfindliche funktionale Gruppen, sogenannte Spiropyrane, die die Mem- bran durchlässiger machen, sodass Wirk- stoffe schneller fliessen. Diese Funktion bleibt dann über mehrere Stunden erhalten. An der Entwicklung beteiligte Mediziner des Universitätsspitals Zürich sehen für das neue Pflaster gute Marktchancen, da die Abgaberate genau kontrolliert und an die Anforderungen angepasst werden kann. Bis Patientinnen und Patienten von der Neuentwicklung profitieren können, dürfte es indes noch eine Weile dauern. Zunächst sucht die Empa Partner für die industrielle Herstellung der Pflaster.

Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), St. Gallen, www.empa.ch

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—SENSORTEXTILIEN FÜR PUNKT GENAUE MESSUNGENForster Rohner Textile Innovations nutzt die jahr-hundertalte Sticke reitechnik, um Sensorflächen auf Textilien anzubringen. Textile Elektronikkonstrukti-onen können auf vielfältiger Materialität umgesetzt und für verschiedenste Messanwendungen einge-setzt werden. Grosse wie kleine Schnittteile lassen sich flexibel in Sensor‑ und in teraktive Produkte einarbeiten und verschalten. Sensortextilien wurden im Gesundheitsbereich in verschiedenen For- schungspro jekten zu Hirnstrommessung (EEK) und Herzfrequenz (EGK) eingesetzt. Die weichen, elastischen Sensor konstruktionen sind ein Schlüs- sel aspekt für körpernahe, tragbare Lösungen, die neue, präzisere Mess ergebnisse versprechen.

Forster Rohner AG, St. Gallen, www.forsterrohner.com

—TEXTILE MIKROGEFLECHTE ALS IMPLANTATEIn der Entwicklung von minimal-invasiven Techniken (Schlüsselloch-technik) in der Chirurgie sind in den letzten Jahren grosse Erfolge erzielt worden. Immer mehr Chirurginnen und Chirurgen bevor-zugen diese Operationstechnik. Dies weil sie die Gesundheitskosten senken können, aber auch weil das Behandlungsergebnis insgesamt verbessert sowie die Belastung der Operation für die Patientinnen und Patienten deutlich gesenkt wird. Dazu brauchen die Chirurgen Inst-rumente und Implantate, die kleinst-möglich gefertigt sind und trotz - dem die geforderten Eigenschaften erfüllen sowie ausgezeichnet körperverträglich sind. Textile Mikro-geflechte erfüllen diese Anforde‑rungen und sind in verschiedensten chirurgischen Anwendungen denk-bar. Zum Beispiel zur Unterstützung bei der Heilung von Sehnen oder Bändern, die gerissen sind, oder zur Heilungsunterstützung von Kno-chenbrüchen. Auch bei Operationen an der Herzklappe, als Arterien - ersatz oder Mikrostent sind Anwen-dungen denkbar. Die Herstellung sowie der Einsatz der Geflechte müssen unter höchsten Hygienevor-schriften erfolgen.

Meister & Cie AG, Hasle-Rüegsau, www.meister-ag.ch

—KOMPRESSIONSSTRÜMPFE MIT WIRKUNGVENOSAN® 5000 ist der erste medizinische Kom-pressionsstrumpf mit einem reinen Silbergarn. Der Kompressionsstrumpf hilft zur Vorbeugung oder Behandlung von Venenleiden. Das Silbergarn hat eine zu sätzliche heilende Wirkung. So übt der Strumpf eine infektionshemmende und anti-geruchsbildende Funktion aus und ist tempera-turausgleichend.

Swisslastic AG St. Gallen, St. Gallen www.swisslastic.ch

—TEXTILIEN GEBEN WIRKSTOFFE AN DEN KÖRPER ABDas iLoad®-Gewebe ist ein speziell vorbereitetes Textil, das Emulsionen beispiels- weise zur Feuchtigkeitspflege auf nehmen kann. Beim Tragen gibt das Bekleidungs-stück die Emulsion an die Haut ab, wo sie ihre pflegende Wirkung entfalten kann. Die Textilien können in der Wasch maschine oder ma- nuell wieder mit einer neuen Emulsion beladen werden. Die Wirkstoffabgabe, ausgelöst durch Wärme, Reibung und Feuchtigkeit, erfolgt kontinu-ierlich über einen bestimmten Zeitraum.

Schoeller Textil AG, Sevelen, www.schoeller-textiles.com

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16 INDIVIDUALISIERUNG

INDIVIDUELLE BEDÜRFNISSE ERFÜLLENDie Gesellschaft gibt immer mehr individuelle Freiheiten, das Leben der Einzelnen verläuft heute entlang von Brüchen, Umwegen und Neuanfängen. Scheinbar beliebig kann jeder sein «Ich» wieder-holt neu definieren. Im Konsum findet dieser Trend einen Aus- druck und ein Hilfsmittel: Das Verlangen der Konsumentinnen und Konsumenten nach individuellen und einzigartigen Artikeln, weg von Massenprodukten, ist gross.

SCHUTZ UND KOMFORT FÜR ARBEIT UND FREIZEIT

Gerade im Bekleidungsbereich bieten Textilien die Möglichkeit, der Individualisierung unserer Gesellschaft ein Ausdrucksmittel zu bieten. Mit Kleidern möchte der Konsument sein «Ich» ausdrücken und sich von der Masse abheben. Massgeschneiderte Funktionen und Designs helfen bei dieser Differenzierung. Neue Stoffe mit intelligenten Zusatzfunktionen drängen auf den Markt. Die Bekleidung wird naturnäher, funk- tionaler und individueller. Auch im Bereich der Sicherheit bieten Textilien als direkte Grenzschicht zwischen Umwelt und Körper ein grosses Poten- zial. So trägt die Feuerwehr beispielsweise flamm-hemmende und wärmedämmende Kleidung aus Schweizer Produktion. Im Sport bieten ultradünne Stoffe den Radfahrern und alpinen Skifahrern Schutz vor Stürzen, wobei sie gleichzeitig so leicht sind, dass sie den Sportlerinnen und Sportlern hohen Tragekomfort bieten.

—Funktionale Kleidung und InneneinrichtungIn Zukunft wird sich dieser Trend fortsetzen. Oberbekleidung wird zum Hightechträger, der leuchtet, kommuniziert, Energie speichert oder den Lebensrhythmus überwacht. Dafür sind auch vollkommen neue Technologien zur indi-viduellen Herstellung am Point of Sale sowie zur Reinigung und zum Recycling Voraussetzung. Intelligente Bekleidung unterstützt aktiv Leistungs-fähigkeit und Körperfunktionen der Trägerinnen und Träger. In Wohnungen sorgen neuartige Texti- lien für ein angenehmes und individuell steuer- bares Raumklima. Massgeschneiderte Einzelpro-dukte werden dank digitaler Anwendungen preisgünstig herstellbar, Kundin und Kunde werden in allen Produktionsschritten mitreden können. Bekleidung «on demand» wird zur Selbstverständlichkeit. ×

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—Neue digital gesteuerte Produktionsprozesse.—Bekleidung wird durch digitale Techniken intelligent.—Die Beschichtung von Textilien wird so weiter-entwickelt, dass hoch-angepasste individuelle Funktionseigenschaften möglich werden.—Von der Massenproduktion zum individuellen Einzel - stück.

TRENDS

«Auf meinen Expeditionen wird von Körper, Geist und Material das Äusserste abverlangt. Das Equipment für meine nächste Nordpolexpedition 2016/2017 muss leicht sein, für maximale Leistungsfähigkeit den bestmöglichen Komfort während Erholungsphasen bieten und selbst bei tiefsten Temperaturen einwandfrei funktionieren.»—Evelyne Binsack, dipl. Bergführerin, Abenteurerin und Buchautorin

74 %der Schweizer Wohnbevölkerung im Alter von 15 bis 74 Jahren treiben Sport.

Quelle Statistik: Bundesamt für Sport BASPO, Sport Schweiz (2014).

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18 INDIVIDUALISIERUNG

REVOLUTIONÄRES OUTDOOR-EQUIPMENT

Die Polarmond AG entwickelte innerhalb eines KTI-Projekts mit der Eidgenössischen Material-prüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), dem IPEK, einem Institut der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR), sowie der Schweizerischen Textilfachschule (STF) den Prototypen für das weltweit erste, selbst- aufwärmende und raum tempe ratur regulierbare «All-in-One»-Biwakzelt.

Das patentangemeldete und ultraleichte «All-in-One»-Biwak vereint die Funk - tionen der drei herkömmlichen Produkte: Biwak, Schlafsack und Isomatte. Das Polarmond® -Biwakzelt kann für Tem pe-raturen von – 30° bis + 25° eingesetzt werden. Innerhalb dieses Bereichs kann die Raumtemperatur durch manuelle Temperaturregulierung auf konstant kom- fortablem Niveau gehalten werden. Die durch den Anwender abgegebene Körperwärme wärmt den thermisch optimal isolierten Innenraum schnell auf. Steigt die Aussentemperatur an, kann über ein Blendensystem manuell die Raumtemperatur reguliert werden. Frisch- luft strömt so in den Raum ein und kühlt gleichmässig. Das Schwitzen, ein grund legendes Problem von Schlaf - säcken bei Temperaturanstiegen, gehört somit der Vergangenheit an. Dank dampfundurchlässigen Textilien im Innenraum kann keine Feuchte mehr in die Isolationsschichten eindringen. Polarmond®-Produkte weisen diesbezüg-lich eine 100 Prozent verlustfreie Iso- lation auf – ein weiterer grosser Vorteil gegenüber herkömmlichen Schlafsäcken bei Tem peraturen unter dem Gefrier- punkt. Die von Körper, Kleidern und Schuhen abgegebene Feuchte wird über ein mehrschichtiges, isolierendes Inlett aufgenommen und kann dort kon- densieren. Zu einem frei wählbaren Zeitpunkt kann das Kondensat kontrol- liert gegen aussen abgeführt werden. Leistungssteigerung dank optimaler Er- holung – das Biwak bietet dazu auch nordischen Schlafkomfort wie im eigenen Bett an. Bein-, Arm- und Bewegungs-freiheit über den ganzen Innenraum wird ermöglicht. Zudem spart der Anwender beim ultraleichten «All-in-One»-Biwak Energie beim Tragen. Die Markteinführung ist für das erste Quartal 2016 vorge- sehen.

Polarmond AG, St. Gallen, www.polarmond.ch Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), St. Gallen, www.empa.ch Hochschule für Technik (HSR), Rapperswil, www.hsr.ch Schweizerische Textilfachschule (STF), Zürich, www.textilfachschule.ch

Designstudie des Alpha-Prototypen

Modular aufgebautes Equipment

«All-in-One»-Biwak Schlafhülle (Basis)«All-in-One»-Zelt

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—SCHUTZ VOR BIOLOGISCHEN UND CHEMISCHEN EINFLÜSSENEin spezielles Nomex-Garn wird so verstrickt und ausgerüstet, dass ein textiles Flächen-gebilde entsteht, das anschliessend mit einer Beschichtung aus Aktivkohle versehen wird. Aus diesem Gestrick werden in Verbindung mit weiteren textilen Flächengebilden Schutz-kleider hergestellt, die im Arbeitsschutz wie auch im Militärbereich ihre Anwendung finden. Sie schützen die Trägerinnen und Träger vor biologischen und chemischen Einflüssen.

E. Schellenberg Textildruck AG, Fehraltorf, www.estextildruck.ch

—FUNKTIONSTEXTILIEN FÜR REISEN INS WELTALLIm Mai 2014 brach der deutsche ESA-Astro- naut Alexander Gerst vom Weltraumbahnhof in Kasachstan zur Internationalen Raumstation ISS auf. Mit dabei waren auch Funktions-textilien von Schoeller Textil AG. Während der sechsmonatigen Mission wurden im Rahmen des Projekts «Spacetex» erstmals auch bekleidungsphysiologische Untersuchungen unter Schwerelosigkeit durchgeführt, um das Zusammenspiel von Körper, Kleidung und Klima zu erfassen. Das gewonnene Daten- material soll dabei helfen, die Kleidung der Ast- ronautinnen- und Astronautenteams für künftige Aufenthalte im All und auf Langzeit-missionen wie die für 2030 geplante Reise zum Mars zu optimieren. Beispielsweise in Be- zug auf die wassersparende Textilpflege. Die neuen Erkenntnisse werden auch für weitere Produktentwicklungen und die Optimierung von Textilien eingesetzt.

Schoeller Textil AG, Sevelen, www.schoeller-textiles.com www.spacetex-project.de

Bildlegende: Am 28. Mai 2014 startete der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst mit einer Sojus- Rakete vom Weltraumbahnhof in Baikonur / Kasachstan zur Internationalen Raum station ISS. © NASA

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20 INDIVIDUALISIERUNG

—KLEIDUNG, DIE VOR FEUER SCHÜTZTBahnarbeitende, Polizistinnen und Polizisten oder Elektrikerinnen und Elektriker müssen bei einem mögli-chen Kontakt mit Feuer und Funken bestens geschützt sein und sich in ihrer Schutzkleidung wohlfühlen. pyroshell™-Gewebe erfüllen einen permanenten Flamm-schutz auf Synthetikgeweben, sind atmungsaktiv, reissfest, scheuerbeständig, leicht, elastisch und pflege-leicht. pyroshell™ wird gemäss bluesign® produziert, dem weltweit strengsten Standard in Bezug auf maximale Ressourcenproduktivität unter den Gesichtspunkten Umweltschutz, Gesundheit und Sicherheit.

Schoeller Textil AG, Sevelen, www.schoeller-textiles.com

—TEXTILIEN, DIE LICHT SPENDENWeltweit erstmalig ist es gelungen, aktive Beleuchtung in Textilien zu integrieren und dabei die textilen Eigenschaften der Wasch- und Drapierbarkeit zu erhalten. Das Verfahren e-broidery® wurde von der Traditionsstickerei Forster Rohner Textile Innovations entwickelt und inzwischen zur Marktreife geführt. Paillettengrosse LEDs und das eigens entwi ckelte, leitfähige Garn werden als Stickereidessins in den Stoff integriert. Als erfolgreiches Anwendungsprodukt aus einem von der KTI unterstützten Forschungsprojekt wurde 2013 (in Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern – Design & Kunst) vom Langenthaler Unter neh men Création Baumann eine Vorhangkol- lektion unter dem Namen eLumino auf den Markt gebracht. Im März 2014 präsentierte Akris in Paris die weltweit ersten Prêt-à-Porter- Kreationen, die auf der e-broidery® -Technologie basieren. Das neuste Produkt auf Basis der e-broidery®-Technologie ist ein falt- und drapierbares Beleuchtungs produkt vom Hamburger Start-up Carpetlight für professionelle Anwendungen in Film und Fernsehen. Dies ver-deutlicht den vielfältigen Einsatz dieser innovativen Technologie von Forster Rohner Textile Innovations.

Forster Rohner AG, St. Gallen, www.forsterrohner.com Akris, St. Gallen, www.akris.ch Création Baumann AG, Langenthal, www.creationbaumann.com Hochschule Luzern – Design & Kunst (HSLU – D&K), Luzern, www.hslu.ch Carpetlight GmbH, Hamburg, www.carpetlight.com

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—FARBE ZUM ANFASSENDie Mode ist kurzlebig und ständig auf der Suche nach Neuem, noch nie Dagewesenem, aber genauso Aus-drucksstarkem und Einprägsamem. Die Hochschule Luzern – Design & Kunst entwickelt mit Partnern aus der Industrie eine neue Technologie, die sowohl die zu applizierenden Farbstoffe als auch die Applikations-art neu definiert. Reliefartige, glit‑ terartige, lackartige oder aufschäu-mende Substanzen können so erstmals automatisiert aufgetragen und in grösseren Mengen produ- ziert werden. Der Aufdruck ist ästhe-tisch anspruchsvoll und verleiht den Stoffen eine besondere Haptik.

Hochschule Luzern – Design & Kunst (HSLU – D&K), Luzern, www.hslu.ch

—DIE PERFEKT SITZENDE JEANSEin junges Team aus Technikerinnen und Technikern sowie Modedesignerin-nen und -designern hatte sich zum Ziel gesetzt, die perfekte Jeans zu erfin‑ den, die Stil und Tragekomfort mit individueller Passung verbindet. Das ETH-Spin-off Selfnation hat einen speziellen Algorithmus berechnet, der für jede Konsumentin, jeden Konsu- menten ein individuelles Schnittmuster berechnet und dieses sogleich auf einer Schneidemaschine automatisch zuschneidet. Der Konsument muss lediglich auf der Website ein Jeansmo-dell auswählen und seine Körpermasse eingeben. Danach wird in Sekunden-schnelle ein 3D-Modell des Unterkörpers erstellt. Der Konsument sieht im Browser, wie die Jeans an seinem Körper aussehen wird. Gefällt es ihm, kann er die Bestellung abschicken und nach 14 Tagen erhält er die in der Schweiz und Deutschland gefertigten Jeans direkt nach Hause geliefert. Nach zwölf Monaten zählt Selfnation bereits 2000 Kundinnen und Kunden.

Selfnation, RealLook AG, Zürich, Berlin, www.selfnation.com

—LICHT BIS ZUM EINSCHLAFENGanz ohne Elektrizität leuchtet der Stoff «Let it glow». In ein Plisseegewebe wird ein fluoreszierendes Garn eingewebt. Aus dem Gewebe entstehen beispiels-weise Vorhänge, die sich bei Lichteinfall aufladen und bei Einbruch der Dunkel-heit zu leuchten beginnen. Der Leucht-effekt hält für wenige Stunden an. Als Vorhang im Schlafzimmer etwa so lange, bis man eingeschlafen ist.

Jenny Fabrics AG, Ziegelbrücke, www.jenny-fabrics.ch

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22 MOBILITÄT

SICHER UND SCHNELL UNTERWEGSDie Mobilität ist aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Das Bedürfnis nach unbeschränkter Fortbewegung nimmt ständig zu. Nicht weniger unterwegs sein, sondern intelligenter, das ist die Herausforderung.

MOBILITÄT VERÄNDERT SICH Zwei Entwicklungen sorgen dafür, dass sich die heutige Form von Mobilität in der Zukunft verän-dern wird: zum einen die technologische Revolution der Digitalisierung und zum anderen das zuneh-mende Bewusstsein für die Knappheit von Ressour-cen. Bisher war Mobilität vor allem motorisierte Individualmobilität. Jeder fährt mit seinem Auto wann und wohin er will. In Zukunft sollen individu-elle Transportmittel reduziert werden. Erst unter-wegs werden wir entscheiden, welches Verkehrsmit-tel das passende ist. Fahrpläne werden spontan abgerufen und Fahrzeugwechsel je nach Verkehrs-situation gewählt. Die Verkehrsflüsse sollen insbesondere in den staubelasteten Innenstädten intelligent gesteuert und koordiniert werden. Transportmittel, die von Sharing-Gesellschaften zur Nutzung bereitgestellt werden, sind neben Bussen, Bahnen und Flugzeugen Teil eines vernetz- ten Verkehrsmanagementkonzepts. Textilien tragen diesen Veränderungen Rechnung. Funktio- nale Textilien erhöhen den Reisekomfort der Passagiere und Nutzenden. Durch Funktionsinteg-ration leuchten Oberflächen oder werden Sitze beheizt. Der Faden dient dabei als Sensor mit elek- tronischen Funktionen und ist gezielt adressier-

bar, leuchtet, wärmt, kühlt, erzeugt Energie und speichert sie. Technische Textilien verbessern die Hygiene und die Beständigkeit der Sitzober- flächen, was erst einen häufigen Nutzerwechsel von Verkehrsmitteln möglich macht. Die Sicher- heit im Verkehr kann erhöht werden durch ein permanentes Monitoring der Nutzerinnen und Nutzer über die Sitzfläche. —Nachhaltig reisen Die Mobilität der Zukunft soll ressourcenschonend und umweltkonform sein. Dies stellt besondere Anforderungen an die verwendeten Materialien. Für eine sichere Mobilität müssen sie hochfest sein und gleichzeitig leicht, um Solar- und Wasserstoff-antriebskonzepte zu ermöglichen. Textilien erfüllen diese Anforderungen. Egal, ob Flugzeug oder Auto: Textiler Leichtbau sorgt für ressourcenscho-nende Fortbewegung. Verkehrsmittel mit Aussen-hüllen aus hochfesten Faserkunststoffen helfen bei der Einsparung von Treibstoff, Abgasemissionen und bei der Absenkung des CO2-Verbrauchs. Die Ressourceneffizienz wird gesteigert durch die Integration von nachwachsenden Rohstoffen und durch effizientere Produktionsverfahren und Recyclingprozesse. ×

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—Ganzheitliche Mobilitäts- und Verkehrskonzepte vernetzen unterschiedliche Verkehrsmittel und Verkehrsströme (Smart Traffic, Smart Mobility). —Transportmittel werden überwiegend bedarfs-gerecht gemietet. —Bewegungsdaten werden genutzt, um Verkehr, Parkraummanagement und Auslastung von Ladestationen optimal zu gestalten. —Ein Monitoring des Passagierverhaltens über intelligente Textilien erhöht die Verkehrs-sicherheit. —Weiterentwicklung von Komfort, Ausstattung, Design und Ambiente, Leuchthimmel, Innen- und Kofferraumverkleidungen.

TRENDS

20 848 kmlegten jede Einwohnerin und jeder Einwohner der Schweiz im Jahr 2010 im In- und Ausland durchschnittlich zurück.

Quelle Statistik: Bundesamt für Statistik BFS, Bundesamt für Raumentwicklung ARE (2010).

«Das Gewicht beeinflusst die Kosten und die Umweltbelastung im Flugverkehr stark. Textile Innovationen helfen bei der Innen ausstattung von Flugzeugen Ge- wicht einzusparen und steigern gleichzeitig den Reisekomfort.»—Harry Hohmeister, CEO, Swiss International Air Lines

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24 MOBILITÄT

ULTRALEICHTE TEXTILIEN FÜR DIE FORMEL 1

Textilien bestechen durch ihre Leichtigkeit und Festigkeit und eignen sich daher für vielfache Anwendungen im Automobilrennsport oder in der Luft- und Raumfahrt. Die Schweizer Firma Cortex Hümbelin AG, gegründet 1924, hat sich in den letzten Jahren von seinem Kerngeschäft Flechten zum Hersteller für Hightechtextilien entwickelt.

Die Cortex Hümbelin AG produziert an ihren beiden Standorten Rupperswil und Niederlenz seit bald 15 Jahren Textilien für die Formel 1. Der Einstieg erfolgte mit Radrückhalteseilen, die im Falle eines Crashs verhindern, dass sich die Räder vom Rennwagen lösen und damit Fahrer, Streckenposten und Zuschauer gefährden. Es folgte die Entwicklung von Schutzge-weben, die das Eindringen von Gegenstän-den in das Kühlersystem verhindern. Seit einigen Jahren werden zudem Sicher- heitsgurten für die Fahrer produziert und als neuste Entwicklung im Rennsport

steht Cortex nach mehrjähriger Entwick-lungsarbeit in der Prototypenphase von textilen Flüssigkeitstanks. Die Benzintanks von Formel-1-Boliden weisen eine äus- serst komplexe Geometrie auf, wo es gilt, jeden Freiraum im Innern des Chassis auszunützen. Zudem wird im Rennsport um jedes Gramm gekämpft. Ein sehr leichtes und flexibles Gewebe mit der ent‑ sprechenden Beschichtung eignet sich daher ausgezeichnet für diese Applikation. Leichte Flüssigkeitstanks und Gurten sind auch in der Raumfahrt gefragt. So kommt für die Befestigung der Lasten in Raketen, welche die internationale Raumstation mit Nachschub versorgen, ebenfalls die Technologie aus dem Hause Cortex zum Einsatz. Alle von Cortex Hümbelin AG hergestellten Seile und Gewebe erfüllen extreme Anforderungen an Zug- und Schnittfestigkeit sowie hohes Energieabsorptionsvermögen. Entschei-dend sind dabei ein geringes Gewicht und eine gute Widerstandsfähigkeit gegenüber hohen Temperaturen und aggressiven Medien wie Treib- und Schmierstoffe.

Cortex Hümbelin AG, Rupperswil, www.cortexhuembelin.com

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—TEXTILIEN, DIE DAS FLIEGEN LEICHTER MACHENSitzbezüge und Teppiche sollen für die Passagiere den Aufenthalt besonders angenehm machen und müssen höchste Ansprüche an Langlebigkeit und Design erfüllen. Daneben gibt es für Textilien in Flugzeugen vor allem eine Bedingung: das Flugzeug leichter zu machen, um Treibstoff zu sparen. Das Pneumatische Komfortsystem PCS der Firma Lantal Textiles AG aus Langenthal basiert auf mit Luft gefüllten, der Körperform anpassungsfähigen Sitzkissen. Luft ersetzt den bisher verwendeten Schaumstoff als Sitzpols - terung und trägt so erheblich zur Gewichtsreduk-tion beim Flugzeuginterieur bei – und ist ne- benbei auch hygienischer in der Anwendung. Ent- wickelt wurde diese innovative Technologie von Lantal für Business- und First-Class-Sitze, für Matratzen in Privatjets und für Crew-Rest- Systeme sowie für Premium-Economy-Sitze. PCS von Lantal ist mittlerweile bei vielen führenden Airlines und Solar Impulse im Einsatz.

Lantal Textiles AG, Langenthal, www.lantal.com

—NATURFASERN FÜR FAHRZEUGVERKLEIDUNGENDie powerRibs-Technologie der Firma Bcomp AG basiert auf dem Prinzip der Adern unter einem Baumblatt – die Fläche wird mit wenig Zusatzge-wicht versteift. Rippen aus Flachsfasergarn verstärken dünnwandige Strukturen um den Faktor drei. Somit können Faserverbundteile leichter und kostengünstiger gebaut werden. Zusätzlich werden die Dämpfungseigenschaft bis zu 250 Prozent erhöht und die Nachhaltigkeit durch das nachwachsende Material gefördert. Zusammen mit Partnern aus der Verfahrenstechnik entwickelte die Bcomp AG Konzepte in der Herstellung von Bauteilen mit den powerRibs. Eine ausgeklügelte Thermoplast-Variante stellt die Basis für den Bau von Innenausstattungen für Autos und Flug-zeuge dar. Die Thermoset-Lösung der Techno- logie ermöglicht die Herstellung von Karosserien oder Teilen für die Raumfahrt.

Bcomp AG, Freiburg, www.bcomp.ch

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26 NACHHALTIGKEIT

RESSOURCEN SCHONENEine nachhaltige Lebensweise und ein schonender Umgang mit Ressourcen werden in Zukunft zur Selbstverständlichkeit werden. Es wird keine neuen Entwicklungen und Produkte mehr geben, ohne dass Nachhaltigkeitsaspekte bei deren Herstellung und Verbrauch berücksichtigt werden. Wiederverwertung und Transportvermeidung werden einen hohen Stellenwert haben, Erdölprodukte werden durch Alternativrohstoffe ersetzt.

BEWUSSTSEIN FÜR NACHHALTIGE PRODUKTE STEIGT

Dies schafft neue Einsatzfelder für effiziente Textilwerkstoffe. Sie lassen sich aus nachwachsen-den Rohstoffen herstellen und das Recycling ist bereits heute möglich. Neue Prozessentwicklungen erlauben es, in der Textilherstellung die Verwen-dung von Chemikalien und Wasser auf ein Minimum zu beschränken. Die Eigenschaften textiler Gewebe eröffnen grosse Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Schadstofffiltration, beispielsweise im Bereich Abwasser oder in der Luftfiltration. Auch im Bereich der Wärmedämmung haben Textilien ge- genüber anderen Materialien den Vorteil, dass sie aufgrund ihrer Struktur eine grosse Oberfläche aufweisen und so mehr Wärme aufnehmen können. Auch im Licht- und Lärmschutz kommt dieser Vorteil gut zum Tragen, weshalb tech- nische Textilien in zahlreichen Bereichen des Umweltschutzes eingesetzt werden können.

—Aus Eigeninteresse ressourcenschonend produzierenIm Produktionsprozess selbst werden bereits seit Jahrzehnten immer wieder Möglichkeiten gesucht, die Ressourcenintensität der textilen Herstellungs-kette zu vermindern. Insbesondere im Energie-bereich zeigte sich dabei ein grosses Potenzial. So kann heute in zahlreichen Betrieben die Abwärme der Maschinen genutzt werden, um Wasser oder ganze Wohnblöcke aufzuheizen. Auch führten neue Forschungsergebnisse dazu, dass Chemikalien eingesetzt werden können, die umweltschonend und nicht giftig sind, aber trotzdem die ge- wün schten Funktionalitäten liefern. Verschiedene Labels garantieren den Konsumentinnen und Konsumenten heute eine nachhaltige Produktion. So setzt beispielsweise das Label Bluesign Standards für nachhaltig verarbeitete Textilien, vom Rohstoff bis zum Endprodukt. ×

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70 %der Weltbevölkerung werden 2050 in urbanen Gebieten leben.

—Nachhaltigkeit wird zur Selbstverständ-lichkeit. —Die Mikrostrukturen von Textilien bieten hocheffiziente Filtermöglichkeiten. —Stoffkreisläufe in der Produktion werden geschlossen. —Abbaubare Materialien verringern die Abfallmenge. —Neue Recyclingtechnologien ermöglichen eine Reduktion des Rohstoffverbrauchs. —Energiesysteme werden hocheffizient in unseren Alltag integriert.

TRENDS

Quelle Statistik: OECD.

«Gerade im Gebäudebereich ist das Potenzial für die Steigerung von Energieeffizienz und sogar für Energiegewinnung gross. Textile Lösungen im Bereich der Isolation oder der Solartechnologie können dazu einen wichtigen Beitrag leisten.»—Dr. Walter Steinmann, Direktor Bundesamt für Energie BFE

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28 NACHHALTIGKEIT

ENERGIE AUS GLAS

40 Prozent des Energiekonsums fallen auf Gebäude. Wie können Gebäude – gerade in Städten, wo diese als Hoch häuser über eine geringe Dachfläche für Solarzellen verfügen – Energie selbst produzieren?

Die Lösung kann durch die Integration von Solarzellen innerhalb von Fenster-gläsern erreicht werden. So können künftig Gebäude mit entsprechender Verklei- dung nahezu ihren gesamten elektrischen Energiebedarf selbst erzeugen. Die Schweizer Firma Sefar AG entwickelt und produziert eine neuartige Gewebekonst-ruktion, die als transparente Elektrode bezeichnet werden kann. Das Gewebe ist geeignet für die Produktion von farbstoff-basierten Solarzellen. Und genau diese nutzt die Firma glass2energy ag. Die von ihr entwickelte «dye sensitized solar cell», auch bekannt als Grätzel-Zelle, die in Fenstergläser eingebaut wird, besitzt die Funktion, dass sie auch bei sehr geringem Lichteinfall und diffusem Umgebungslicht Strom erzeugen kann. Die glass2energy ag wurde 2014 mit dem Watt d’Or des Bundesamts für Umwelt ausgezeichnet.

Sefar AG, Thal, www.sefar.com glass2energy ag, Villaz-Saint-Pierre, www.g2e.ch

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—MULTIFUNKTIONALE STOFFE, DIE KOMPLETT RECYCELBAR SINDclimatex® ist die Innovation von Gessner, der Schweizer Legende für moderne Textilkultur. Die Marke steht für klimatisierende und kreis-lauffähige Produkte. Sie über- zeugen in der Nutzung und schonen Ressourcen. Die verwendeten Materialien können sortenrein ge-trennt und wiederverwendet werden. Die aussergewöhnlichen Eigenschaften von climatex® empfiehlt die Technologie für intel‑ligente Anwendungen überall dort, wo Klima das Wohlbefinden beeinflusst: Interieur, Health Care, Automotive, Transportation, Bekleidung, Schuhe und mehr.

Gessner AG, Wädenswil, www.gessner.ch, www.climatex.com

—TEXTILE ISOLATIONSLÖSUNGENEin Forscherteam aus Architekten, Designern und Ingenieuren der Hoch-schule Luzern mit Partnern aus der Industrie schlägt im laufenden KTI-Pro-jekt «Stoffwechsel» neue Lösungen für die Innendämmung von älteren Ge- werbe-, Sport- und Industriegebäuden vor. Es geht um Bauten, die den heutigen Anforderungen an die Energieeffizienz nicht mehr genügen. Entstanden ist eine textile Wand aus Kettgewirke und Glas- ge webe, das ein Isoliermaterial aus der Produktion von Stein wolle-Dämmplatten enthält. Dank ihrer flexiblen Form kann sie sich an die unterschiedlichsten baulichen Gegebenheiten anpassen und problemlos recycelt werden. Neben thermischen hat dieses innovative Isolationssystem auch sehr gute Akustik- und Brandschutzeigenschaften.

Swisstulle AG, Münchwilen, www.swisstulle.ch Hochschule Luzern, Luzern, www.hslu.ch

—TEXTILIEN AUS MILCHCalida hat eine neue Produktlinie aus einem feinen Milchstoff entworfen, bestehend aus MicroModal und Milch-faser. Calida verarbeitet hier eine innovative Fasermischung aus Milchpro-teinen und rein pflanzlichem Lenzing MicroModal®, der mit der Edelweiss- Technologie CO2-neutral hergestellt wird. Die Milchfaser selbst wird aus dem Protein der Milch gewonnen. Bei der Schweizer Spinnerei Hermann Bühler AG wird die MicroModal Faser und die Milchfaser dann zu einem Garn gesponnen. Aus diesem Garn wird der Stoff produziert und bei der Firma E. Schellenberg Textildruck AG veredelt.Das Material ist sanft und weich zur Haut und damit ideal für Menschen mit sensibler Haut. Es trägt aktiv zum Feuchtigkeitsmanagement der Haut bei, es hat eine natürliche geruchshem- mende Wirkung und sorgt so für wohl-tuende Frische den ganzen Tag lang. Optisch und haptisch erinnert die Mate-rialmischung an bestimmte Arten von Seide, sie ist sehr angenehm zu tragen und zeichnet sich durch einen besonders geschmeidigen Griff und zart schim-mernden Glanz aus. Calida vereint hier gleich drei Themen guter Schweizer Tradition: Heimatverbundenheit, Inno-vation und Nachhaltigkeit.

Calida AG Bodywear, Sursee, www.calida.com Hermann Bühler AG, Sennhof, www.buehleryarn.com E. Schellenberg Textildruck AG, Fehraltorf, www.estextildruck.ch

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30 NATIONAL UND INTERNATIONAL VERNETZT

INNOVATION DURCH VERNETZUNGInnovation ist der Nährstoff der Schweizer Textil- und Bekleidungs-industrie. Sie ist weder planbar, noch entsteht sie im stillen Kämmer- lein. Wichtig sind inno vations- freundliche Rahmenbedingungen sowie die Vernetzung der Akteure. In der Schweiz und im angrenzenden Ausland ist beides in hohem Masse gegeben und verschafft der Schweiz seit Jahren weltweit Spitzenplätze bezüglich Innovations- kraft und Wett bewerbsfähigkeit.

schen Hochschulen werden im textiltechnologi-schen Bereich auf kleinstem geografischen Raum Höchstleistungen in Bildung und Forschung erbracht. Die Textilwirtschaft baut dabei auf die Stärken des dualen Bildungssystems. Dort werden theoretische und praktische Bildung auf ideale Weise verbunden.—Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen Je kürzer die Lebenszyklen der Produkte werden und je mehr moderne Technologien die aufstreben-den Schwellenländer einsetzen, desto schneller muss der Innovationszyklus der Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie sein. Die dafür nötigen finanziellen Mittel und das hohe Tempo stellen vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor besondere Herausforderungen. Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes steht den Unternehmen unterstützend zur Seite. —Vernetzung der Akteure Ein weiterer zentraler Treiber für die Innovations-fähigkeit von Unternehmen ist ihre Vernetzung. Prozessverbesserungen oder Produktneuheiten ent- stehen vielfach aus einem Kundenbedürfnis, sind inspiriert von anderen Branchen oder übernehmen Ideen aus den Grundlagen und der angewandten Forschung. Mit dem Netzwerk Swiss Texnet verbin- det Swiss Textiles die Unternehmen mit Partnern wie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in St. Gallen, der Hochschule für Technik Rapperswil, der Hoch-schule Luzern, der Zürcher Hochschule für Ange-wandte Wissenschaft in Wädenswil oder der Schweizerischen Textilfachschule. Das Kompetenz-spektrum deckt Bereiche wie Materialwissen- schaft, Fasertechnologie, Design, Maschinenbau, Chemie, Verfahrenstechnik und vieles mehr ab. Swiss Texnet ist offen, neue Forschungspartner aufzunehmen.Innovation kennt keine Grenzen. Die Textilverbände und Forschungsinstitutionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz arbeiten seit einigen Jahren intensiv zusammen, um Grössennach- teile wettzumachen und die geeignetsten Partner aus Forschung und Wirtschaft zu vernetzen. ×

ERSTKLASSIGE BILDUNG Bildung und Forschung sind wichtige Grundpfeiler für Innovationen. Von der Lehre als Textilprakti-kerin / Textilpraktiker EBA oder Textiltechnologin /Textiltechnologe EFZ, über die Schweizerische Textilfachschule und ein Netz von Fachhochschulen bis hin zu den beiden Eidgenössischen Techni-

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EMPADie Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) ist Teil der ETH und spezialisiert auf anwendungs-orientierte Forschung und Entwicklung. Im Textilbereich fokussiert sich die Empa auf Materialien für Gesundheit und Leis-tungsfähigkeit. Es resultieren Entwick- lungen von bioabbaubaren Implantatwerk-stoffen über medizinische Textilien bis hin zu funktionalen Oberflächen.

www.empa.ch

HSLUDie Hochschule Luzern – Design & Kunst (HSLU) betreibt

Forschung und vermittelt Aus- und Weiterbildung im Bereich Textildesign, Trendskizzen für den Mode- und

Interieurbereich, Design und Technik für den Digitaldruck, konzeptionelles Design für Smart Textiles und Flächen-

experimente für neue funktionelle Fasern. www.hslu.ch/design-kunst

HSRDas Institut für Produktdesign, Entwicklung und Konstruktion (IPEK) der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) richtet sich an die Hersteller und Entwickler von Textilmaschinen. Weitere Institute zeichnen sich durch spezifisches Know‑how – unter anderem in den Bereichen Mechatronik, Umwelt- oder Energie-technik – aus, welches im textilen und textilnahen Umfeld zu innovativen Lösungen führt.

www.hsr.ch

ZHAWDas Institut für Chemie und Biologische

Chemie (ICBC) an der Zürcher Hoch- schule für Angewandte Wissenschaften

(ZHAW) ist der Ansprechpartner für Fragestellungen im Bereich der industriel-

len Chemie, bei der Herstellung von Textilhilfsmitteln, bei der Entwicklung von

Funktions-, Bio- oder Nanomaterialien. www.zhaw.ch

STFDie Schweizerische Textilfachschule (STF) ist die höhere Fachschule und das Aus bildungszentrum der Textilbranche. Ergänzend zu ihrem Bildungsauftrag ist sie Partner für Projektarbeiten mit den Unternehmen in den Bereichen Textilpro-duktion, Textilmaschinentechnik, Textil-veredlung, Nanotechnologie, Smart Textiles und Konfektion.

www.textilfachschule.ch

UNSERE NETZWERKPARTNER IN DER SCHWEIZ

UNSERE NETZWERKPARTNER IN EUROPA

Euratexwww.euratex.eu

Gesamtverband textil+mode www.textil-mode.de

Südwesttextilwww.suedwesttextil.de VTB – Verband der Bayerischen

Textil- und Bekleidungsindustrie www.vtb-bayern.de

Forschungskuratorium Textil www.textilforschung.de

Bayern Innovativ www.bayern-innovativ.de

Allianz Faserverbundwerkstoffe Baden-Württemberg

www.afbw.eu

Smart Textiles Plattform www.texbook.eu

Fachverband der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie – WKÖwww.wko.at

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IMPRESSUM UND DANK—Die in dieser Publikation abgebildeten Firmen-beispiele entsprechen einer Auswahl von innovativen textilen Produkten oder Forschungsergebnissen. Wir danken allen Unternehmen und Forschungs-institutionen, die Beiträge und Bildmaterialien zur Verfügung gestellt haben. —Ein besonderer Dank geht an Hans-Jürgen Hübner, Schoeller Textil AG, Tina Moor, Hochschule Luzern – Design & Kunst (HSLU – D&K), René Rossi, Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungs- anstalt (Empa), und Urs Schellenberg, E. Schellen-berg Textildruck AG, Präsident der Kommission für Umwelt und Technologie von Swiss Textiles, für die inhaltliche Begleitung der Publikation.—Weitere Informationen über die Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Mitglieder von Swiss Textiles unter www.swisstextiles.ch—GesamtverantwortungPeter Flückiger—Projektleitung und RedaktionMirjam Matti Gähwiler, Nina Bachmann—Visuelle Konzeption und ProduktionAtelier Wernli, Zürich—BildquellenPorträtfoto Andreas Sallmann: Simon Habegger Porträtfoto Evelyne Binsack: Bruno Petroni Gletscher: Jürg Alean, Eglisau Weitere Bilder: Veer, Photocase, Fotolia, Imago/Mint Images, Imago/Chromorange, Imago/Imagebroker, Imago/Geisser, iStock, Keystone, Depositphotos—KorrektoratAlain Vannod, St. Gallen—ÜbersetzungKeith Hewlett, Transcripta AG, Zug—DruckDAZ Druckerei Albisrieden, Zürich—© April 2015, Swiss Textiles

SWISS TEXTILESTextilverband Schweiz Fédération textile suisse Swiss textile federationBeethovenstrasse 20 Postfach CH-8022 Zürich T + 41 44 289 79 79 [email protected] www.swisstextiles.ch