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Die Wertbestimmung des Diphtherieserums und deren theoretische Grundlagen Von Paul Ehrlich über Georges Köhler zur modernen Antikörpertherapie Prof. Dr. Theodor Dingermann Institut für Pharmazeutische Biologie Biozentrum Max-von-Laue-Str. 9 60438 Frankfurt am Main [email protected] „Texte, die Geschichte machtenMittwoch, 15. Dezember 2010

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Die Wertbestimmung des Diphtherieserums und

deren theoretische GrundlagenVon Paul Ehrlich über Georges Köhler zur modernen

Antikörpertherapie

Prof. Dr. Theodor DingermannInstitut für Pharmazeutische Biologie

BiozentrumMax-von-Laue-Str. 9

60438 Frankfurt am [email protected]

„Texte, die Geschichte machten“

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Von Paul Ehrlich über Georges Köhler zur modernen Antikörpertherapie

Von Paul Ehrlich über Georges Köhler zur modernen Antikörpertherapie

Inhalt:• Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie• Die Anfänge der Immunologie • Blut ist ein besonderer Saft• Das Phänomen „Antikörper“• Sind alle hier geimpft?• Die Konsequenzen der Klonalität • Monoklonale Antikörper• Monoklonale Antikörper gut – aber als Therapeutika nicht gut genug!• Die Verbesserung der Verträglichkeit• Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunitätin: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6: 299-326

Seit Behring‘s Entdeckung der antitoxischen Funktionen hat die Frage nach dem Wesen dieser Erscheinung andauernd das Interesse fast aller Vertreter der modernen Richtung beschäftigt, wie zahlreiche dieser Publikationen beweisen. In einer jüngst veröffentlichten Mitteilung (Fortschritte der Medizin, 1897, No. 2) habe ich den jetzigen Stand dieser Frage kurz präcisiert und durch Reagenzglasversuche vorläufig für das Ricin den Beweis erbracht, dass sich Gift und Gegengift direkt chemisch beeinflussen.

Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunitätin: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6: 299-326

Ich habe den Nachweis erbringen können,• dass die Vereinigung von Gift und Antikörper in konzentrierten Lösungen

weit schneller von sich geht, als in verdünnten Lösungen,• dass Wärme den Zusammentritt beschleunigt, Kälte ihn verlangsamt,• dass ein Molekül Gift eine ganz bestimmte, unveränderte Menge

Antikörper bindet,• dass die Fähigkeit, Antikörper zu binden, auf die Anwesenheit einer

bestimmten Atomgruppe des Giftkomplexes zurückzuführen ist.

Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunitätin: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6: 299-326

Die zwingende Notwendigkeit, im Toxin und Antitoxin zwei derartig aufeinander abgepasste Gruppen (wie Schlüssel zu Schloss) anzunehmen, dürfte auch einen Hinweis darauf geben, wie man sich die so rätselhafte Entstehung der Antitoxine am leichtesten denken könnte. Es ist wohl von der Mehrzahl der Forscher die Ansicht Behring‘s acceptiert, dass die Antikörper Reaktionsprodukte des lebenden Organismus, nicht aber Umwandlungsprodukte des eingeführten Giftes darstellen.

Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Wie aber ein solcher Reaktionsvorgang zu erklären ist, bietet dem Verständnis doch erhebliche Schwierigkeiten.Wenn man einem Chemiker die Aufgabe stellen würde, gegen ein Alkaloid oder ein sonstiges Gift ein Antidot zu finden, das eine physiologisch und chemisch indifferente Substanz darstellen sollte, die weder das Gift zerstören, noch in unlöslichem Zustand ausfällen darf, und welches nichtsdestoweniger imstande sein soll, beliebig große Quantitäten des Giftes unschädlich zu machen, so würde er ein solches Thema sicher als eine Chimäre zurückweisen.

Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunitätin: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6: 299-326

Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunitätin: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6: 299-326

Nichtsdestoweniger ist der lebende Organismus imstande, diese Aufgabe sozusagen spielend, häufig in einer Spanne weniger Tage und für eine Vielheit von Giften zu lösen.

Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie

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Die Anfänge der Immunologie

Mittwoch, 15. Dezember 2010

1890 Über das Zustandekommen der Diphtherie- und der Tetanusimmunität bei Thieren

Emil Adolf von Behring

1901

Die Anfänge der Immunologie

Seit Behring‘s Entdeckung der antitoxischen Funktionen hat die Frage nach dem Wesen dieser Erscheinung andauernd das Interesse fast aller Vertreter der modernen Richtung beschäftigt, wie zahlreiche dieser Publikationen beweisen. ...

Paul Ehrlich

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1897 Seitenkettentheorie von Paul Ehrlich

Paul Ehrlich

1908

1930

Karl Landsteiner

1900 Postulat eines immunologischen Phänomens bei der Interagglutination verschiedener Blutproben

Die Anfänge der Immunologie

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Blut ist ein besonderer Saft

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Blut:45 % Zellen55 % Plasma

Plasma:90 % Wasser10 % Protein

Proteine:60 % Albumin15 % Gamma-Globulin

Blut ist ein besonderer Saft

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Blut:45 % Zellen55 % Plasma

Plasma:90 % Wasser10 % Protein

Proteine:60 % Albumin15 % Gamma-Globulin

Blut ist ein besonderer Saft

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Gamma-Globulin-Fraktionen aus Tierseren

• Botulismus-Antitoxin Behring Polyvalentes Immunserum vom Pferd

• Schlangengift-Immunserum

Serum als Therapeutikum

Postexpositionelle Gammaglobulinprophylaxe bei impfpräventablen Erkrankungen

• Hepatitis A Normal-Immunglobulin (deklarierter Anti-Hepatitis-A-Gehalt)

• Masern Normal-Immunglobulin• Röteln Spezielles Anti-Röteln-Immunglobulin• Varizellen Spezielles Anti-VZV-Immunglobulin• FSME Spezielles Anti-FSME-Immunglobulin

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Das Phänomen „Antikörper“

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Das Phänomen „Antikörper“

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Das Phänomen „Antikörper“

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Effektor-domäne

Antigenerkennungs-domänen

NH2

COOH

H2N

HOOCleichteKette

COOH

NH2

HOOC

H2N

schwereKette

FR1FR2

FR3FR4

variablerBereichCL

CH1

CH2

CH3

CL

CH1

CH2

CH3

H H

konstanterBereich

CDR1CDR2

CDR3

Das Phänomen „Antikörper“

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Effektor-domäne

Antigenerkennungs-domänen

NH2

COOH

H2N

HOOCleichteKette

COOH

NH2

HOOC

H2N

schwereKette

FR1FR2

FR3FR4

variablerBereichCL

CH1

CH2

CH3

CL

CH1

CH2

CH3

H H

konstanterBereich

Das Phänomen „Antikörper“

CDR1!CDR2!CDR3!

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Das Phänomen „Antikörper“

Mittwoch, 15. Dezember 2010

1950 Postulat der klonalen Selektion bei der Entstehung der Antikörper

Sir Frank Macfarlane Burnet

1960

Das Phänomen „Antikörper“

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1987

Susumo Tonegava

1978 „Rearrangement“ der ImmunglobulingeneDas Phänomen „Antikörper“

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40 x 25 x 6 x 40 x 5 x 30 x 4

144.000.000

Das Phänomen „Antikörper“

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Nach ca. 10 Tagen ist alles fertig:Serokonversion

Das Phänomen „Antikörper“

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Sind alle hier geimpft?

Mittwoch, 15. Dezember 2010

STIKO-Impfkalender 2009

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Die Konsequenzen der Klonalität

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Die Konsequenzen der Klonalität

Mittwoch, 15. Dezember 2010

1975 Hybridoma-Technologie

1975 Hybridoma-TechnologieCésar Milstein

Georges J.F. Köhler

1984

1984

Die Konsequenzen der Klonalität

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Monoklonale Antikörper

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Monoklonale Antikörper

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Monoklonale Antikörper

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Charakterisierung vonZelloberflächenstrukturen

Spezifischer Nachweis von Biomolekülen (Diagnostik)

Spezifische Aufreinigung von Biomolekülen mit Hilfe

von Antikörpern

Nachweis von Proteinen in Zellen und

Gewebeflüssigkeiten

usw. usw.

Monoklonale Antikörper

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1. Molekulare Homogenität, • kalkulierbarere in vivo-Aktivität• höhere spezifische Aktivität: 0,7 mg eines monoklonalen Antikörpers

gegen das Tetanus-Toxin enspricht 100 bis 170 mg einer Immunglobulin-Fraktion gegen das Tetanus-Toxin

• bessere Verträglichkeit als polyklonale Seren

2. Monoklonale Antikörper werden aus in in vitro-Kulturen mit weitgehend definierten Kulturmedien gewonnen

• besseres Sicherheitsprofil beim Einsatz am Menschen

Monoklonale Antikörper– Vorteile –

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Monoklonale Antikörper

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Monoklonale Antikörper gut –

aber als Therapeutika nicht gut genug!

Mittwoch, 15. Dezember 2010

100 % Maus-Protein

Monoklonale Antikörper gut –aber als Therapeutika nicht gut genug!

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Die Verbesserung der Verträglichkeit

Mittwoch, 15. Dezember 2010

25 % Maus-Protein

Die Verbesserung der Verträglichkeit

0 % Maus-Protein5 % Maus-Protein

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DNAschwere Kette

leichte Kette

schwere Kette

leichte Kette

schwere Kette

leichte Kette

chimärisierterAntikörper

muriner Antikörper

humaner Antikörper

Protein

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DNAschwere Kette

leichte Kette

schwere Kette

leichte Kette

schwere Kette

leichte Kette

humanisierterAntikörper

synthetische DNAs fürhochvariable Regionen

muriner Antikörper

humaner Antikörper

Protein

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Zanolimumab = Anti-CD4Panitumumab = Anti-EGFR

HuMAb-Mouse® bzw. XenoMouse®

Die Verbesserung der Verträglichkeit

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

markieren

blockieren

eliminieren

Antigen

Antikörper in der Klinik

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markieren

blockieren

eliminieren

Antigen

Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

markieren

blockieren

eliminieren

Antigen

Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

markieren

blockieren

eliminieren

Antigen

Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

markieren

blockieren

eliminieren

Antigen

Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

markieren

blockieren

eliminieren

Antigen

Makrophage/NK-Zelle

Antikörper in der Klinik

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Antikörper in der Klinik

Anti-CEA-Scintigramm von Leber-und Lungenmetastasen eines Patienten mit Kolon-Karzinom

– markieren –

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– blockieren –Antikörper in der Klinik

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– eliminieren –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

– Das magic-bullets-Konzept –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Adalimumab: Humira®Infliximab: Remicade®

– Rheumtoide Arthritis –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Basiliximab: Simulect®

α β γ

Daclizumab: Zenapax®

– Organ-Transplantation –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Omalizumab: Xolair®

– Allergisches Asthma –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Natalizumab: Tysabri®

– Multiple Sklerose –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Efalizumab: Raptiva®

– Schuppenflechte –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

– Kolon-Karzinom –

Cetuximab: Erbitux® Panitumumab: Vectibix®

Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

– Mamma-Karzinom –

Trastuzumab: Herceptin®

Antikörper in der Klinik

KeineProliferation

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– Non-Hodgkings-Lymphom –

Rituximab: MabThera®

Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

– Non-Hodgkings-Lymphom –

CAVE: bei Patienten mit einer großen Zahl zirkulierender Krebszellen (> 50.000/mm3) kann es zum „Zytokin-Freisetzungssyndrom“ kommen!

Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Bevazumab: Avastin®

– Anti-Angiogenese –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

– Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Palivizumab: Synagis®

– Passive Immunisierung gegen RSV –Antikörper in der Klinik

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Eculizumab: Soliris®

– Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) –Antikörper in der Klinik

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Prof. Dr. Theodor DingermannInstitut für Pharmazeutische Biologie

BiozentrumMax-von-Laue-Str. 9

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Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit

Die Wertbestimmung des Diphtherieserums und

deren theoretische GrundlagenVon Paul Ehrlich über Georges Köhler zur modernen

Antikörpertherapie

„Texte, die Geschichte machten“

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