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Quintessenz Akne ist die häufigste Krankheit in der Adoleszenz. Sie verursacht, vor allem für sogenannte «over-the-counter»-Medikamente, hohe Kosten und hat somit eine grosse wirtschaftliche Bedeutung. Sie besitzt, besonders beim jugendlichen Patienten, einen klaren Krankheitswert. Zur Diagnose ist das Vorhandensein von Komedonen gefordert. Es können je nach Schweregrad zusätzlich Papeln, Pusteln, Zysten und Knoten sowie Narben auftreten. Die Pathogenese setzt sich aus vier verschiedenen Mechanismen zusammen: Überproduktion von Talg, abnormale Desquamation des Follikelepithels, Pro- liferation von Propionibacterium acnes und Entzündungsreaktion. Nach dem heutigen Wissensstand hat die Ernährung keinen Einfluss auf das Entstehen der Akne. Die Therapieform richtet sich nach der Stärke der Akne und dem Leidens- druck des Patienten. Topisch kommen Retinoide, Antibiotika und Benzoylper- oxid, systemisch ebenfalls Retinoide und Antibiotika sowie bei spezieller Indi- kation Androgenantagonisten zur Anwendung. Wenn möglich, sollten verschiedene Therapeutika kombiniert werden, da sie an unterschiedlichen Ansatzpunkten in der Pathogenese wirksam sind. Bevor eine Änderung der Strategie vorgenommen wird, muss ausreichend lange (zwei bis drei Monate) therapiert worden sein. Nach einer erfolglosen Therapie über drei bis vier Monate sollte die Über- weisung an einen Dermatologen evaluiert werden. Nach der Abheilung der akuten Effloreszenzen sollte eine Erhaltungsthe- rapie mit einem topischen Retinoid erfolgen. Differentialdiagnostisch müssen Rosazea, periorale Dermatitis, Folliculitis (barbae), Pseudofolliculitis barbae, polymorphe Lichtdermatose (Mallorca-Akne) oder medikamentös bzw. hormonell ausgelöste Akne abgegrenzt werden. Summary Management of acne vulgaris Acne is the commonest disease of adolescence. It generates high costs, espe- cially for so called “over-the-counter drugs”, and is thus of great economic impor- tance. It possesses, particularly in young people, clear-cut clinical significance. Diagnosis requires the presence of comedones. Depending on the degree of severity, papules, pustules, cysts, nodules and scars may also be present. The pathogenesis consists of four different mechanisms: overproduction of sebum, abnormal desquamation of the follicular epithelium, proliferation of Propionibacterium acnes and an inflammatory reaction. As far as is known at present, diet is not a factor in the pathogenesis of acne. The form of therapy depends on the severity of the acne and the patient’s suffering pressure. Retinoids, antibiotics and benzoyl peroxide are available PRAXIS Schweiz Med Forum 2006;6:576–582 576 Therapie der Acne vulgaris Andreas W. Arnold a , Peter Itin b a Dermatologische Klinik, Universitätsspital Basel b Medizinische Klinik, Dermatologische Abteilung, Kantonsspital Aarau CME zu diesem Artikel finden Sie auf S. 565 oder im Internet unter www.smf-cme.ch. Einleitung Akne ist einer der häufigsten Gründe für eine Konsultation beim Dermatologen. Es sind vor allem Teenager betroffen. Man geht in dieser Altersgruppe von einer Prävalenz von ungefähr 85% aus. Die Akne persisiert aber häufig bis ins mittlere Erwachsenenalter. Das durchschnitt- liche Alter bei der Erstvorstellung liegt bei 24 Jahren. Die sozialen, psychischen und emo- tionalen Probleme, die sich mit dem Auftreten einer Akne ergeben sind beträchtlich und haben bei starker Ausprägung klaren Krankheitswert. Deshalb ist es oft nicht adäquat, dem jugend- lichen Patienten zu vermitteln, dass es sich um eine Erkrankung der Pubertät handle und diese sicherlich wieder verschwinden werde. Die wirt- schaftliche Bedeutung wird durch die jährlichen Therapiekosten, welche in den USA beispiels- weise über eine Milliarde Dollar betragen, unter- strichen. Davon werden ungefähr 100 Millionen Dollar für sogenannte «over-the-counter»-Medi- kamente ausgegeben. Die Akne ist keine lebens- bedrohliche Erkrankung, sie kann aber bei starker Ausprägung entstellend sein (z.B. Acne conglobata) oder in anderen Fällen zu einem der- matologischen Notfall mit Systemzeichen wer- den (Acne fulminans). Klinik Die Diagnose der Akne ist aufgrund der Klinik normalerweise einfach zu stellen, obwohl es für das unerfahrene Auge einige diagnostische Fallen gibt (siehe weiter unten). Die Akne ist charakterisiert durch offene («blackheads») oder geschlossene («whiteheads») Komedonen (Acne comedonica) (Abb. 1, 2 x). Diese können die einzige Manifestation darstellen. Ist die Akne weiterentwickelt, bilden sich Papeln und Pusteln (Acne papulopustulosa) (Abb. 3–6 x). Treten Zysten, Knoten und Fistelgänge auf, sprechen wir von der Acne nodulocystica bzw. Acne conglobata (Abb. 7, 8 x). Die Verteilung der Effloreszenzen widerspiegelt die Anordnung der Talgdrüsenfollikel. Die sogenannten sebor- rhoischen Areale Gesicht, oberer Rücken und Dekolleté sind die Hauptmanifestationsorte, da die Talgdrüsen in diesen Bereichen besonders aktiv sind. Der Schweregrad der Akne richtet

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Quintessenz

� Akne ist die häufigste Krankheit in der Adoleszenz. Sie verursacht, vor allemfür sogenannte «over-the-counter»-Medikamente, hohe Kosten und hat somiteine grosse wirtschaftliche Bedeutung. Sie besitzt, besonders beim jugendlichenPatienten, einen klaren Krankheitswert.

� Zur Diagnose ist das Vorhandensein von Komedonen gefordert. Es könnenje nach Schweregrad zusätzlich Papeln, Pusteln, Zysten und Knoten sowie Narben auftreten.

� Die Pathogenese setzt sich aus vier verschiedenen Mechanismen zusammen:Überproduktion von Talg, abnormale Desquamation des Follikelepithels, Pro-liferation von Propionibacterium acnes und Entzündungsreaktion.

� Nach dem heutigen Wissensstand hat die Ernährung keinen Einfluss auf dasEntstehen der Akne.

� Die Therapieform richtet sich nach der Stärke der Akne und dem Leidens-druck des Patienten. Topisch kommen Retinoide, Antibiotika und Benzoylper-oxid, systemisch ebenfalls Retinoide und Antibiotika sowie bei spezieller Indi-kation Androgenantagonisten zur Anwendung.

� Wenn möglich, sollten verschiedene Therapeutika kombiniert werden, da siean unterschiedlichen Ansatzpunkten in der Pathogenese wirksam sind.

� Bevor eine Änderung der Strategie vorgenommen wird, muss ausreichendlange (zwei bis drei Monate) therapiert worden sein.

� Nach einer erfolglosen Therapie über drei bis vier Monate sollte die Über-weisung an einen Dermatologen evaluiert werden.

� Nach der Abheilung der akuten Effloreszenzen sollte eine Erhaltungsthe-rapie mit einem topischen Retinoid erfolgen.

� Differentialdiagnostisch müssen Rosazea, periorale Dermatitis, Folliculitis(barbae), Pseudofolliculitis barbae, polymorphe Lichtdermatose (Mallorca-Akne)oder medikamentös bzw. hormonell ausgelöste Akne abgegrenzt werden.

SummaryManagement of acne vulgaris� Acne is the commonest disease of adolescence. It generates high costs, espe-cially for so called “over-the-counter drugs”, and is thus of great economic impor-tance. It possesses, particularly in young people, clear-cut clinical significance.

� Diagnosis requires the presence of comedones. Depending on the degree ofseverity, papules, pustules, cysts, nodules and scars may also be present.

� The pathogenesis consists of four different mechanisms: overproduction ofsebum, abnormal desquamation of the follicular epithelium, proliferation ofPropionibacterium acnes and an inflammatory reaction.

� As far as is known at present, diet is not a factor in the pathogenesis of acne.

� The form of therapy depends on the severity of the acne and the patient’ssuffering pressure. Retinoids, antibiotics and benzoyl peroxide are available

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Therapie der Acne vulgarisAndreas W. Arnolda, Peter Itinb

a Dermatologische Klinik, Universitätsspital Baselb Medizinische Klinik, Dermatologische Abteilung, Kantonsspital Aarau

CME zu diesem Artikel finden Sie auf S. 565 oder im Internet unter www.smf-cme.ch.

Einleitung

Akne ist einer der häufigsten Gründe für eineKonsultation beim Dermatologen. Es sind vorallem Teenager betroffen. Man geht in dieser Altersgruppe von einer Prävalenz von ungefähr85% aus. Die Akne persisiert aber häufig bis insmittlere Erwachsenenalter. Das durchschnitt-liche Alter bei der Erstvorstellung liegt bei 24 Jahren. Die sozialen, psychischen und emo-tionalen Probleme, die sich mit dem Auftreteneiner Akne ergeben sind beträchtlich und habenbei starker Ausprägung klaren Krankheitswert.Deshalb ist es oft nicht adäquat, dem jugend-lichen Patienten zu vermitteln, dass es sich umeine Erkrankung der Pubertät handle und diesesicherlich wieder verschwinden werde. Die wirt-schaftliche Bedeutung wird durch die jährlichenTherapiekosten, welche in den USA beispiels-weise über eine Milliarde Dollar betragen, unter-strichen. Davon werden ungefähr 100 MillionenDollar für sogenannte «over-the-counter»-Medi-kamente ausgegeben. Die Akne ist keine lebens-bedrohliche Erkrankung, sie kann aber bei starker Ausprägung entstellend sein (z.B. Acneconglobata) oder in anderen Fällen zu einem der-matologischen Notfall mit Systemzeichen wer-den (Acne fulminans).

Klinik

Die Diagnose der Akne ist aufgrund der Kliniknormalerweise einfach zu stellen, obwohl es für das unerfahrene Auge einige diagnostischeFallen gibt (siehe weiter unten). Die Akne ist charakterisiert durch offene («blackheads») odergeschlossene («whiteheads») Komedonen (Acnecomedonica) (Abb. 1, 2 x). Diese können dieeinzige Manifestation darstellen. Ist die Akneweiterentwickelt, bilden sich Papeln und Pusteln(Acne papulopustulosa) (Abb. 3–6 x). Treten Zysten, Knoten und Fistelgänge auf, sprechenwir von der Acne nodulocystica bzw. Acne conglobata (Abb. 7, 8 x). Die Verteilung der Effloreszenzen widerspiegelt die Anordnung der Talgdrüsenfollikel. Die sogenannten sebor-rhoischen Areale Gesicht, oberer Rücken undDekolleté sind die Hauptmanifestationsorte, dadie Talgdrüsen in diesen Bereichen besondersaktiv sind. Der Schweregrad der Akne richtet

Formen, nämlich die Acne inversa mit Knotenund Fisteln im Genital-, Perianal-, Inguinal- undAxillarbereich und die Acne fulminans mit ihremakuten Auftreten ulzeröser Akneeffloreszenzen,welche mit Allgemeinsymptomen wie Fieber und Arthralgien verbunden ist, soll in diesem Ar-tikel nicht näher eingegangen werden. Differen-tialdiagnostisch müssen einige morphologischähnliche Krankheitsbilder abgegrenzt werden.So sind dies vor allem die periorale Dermatitis,die Rosazea, die Follikulitis (sei das die eosino-phile, die bakterielle oder die Pityrosporum-Follikulitis), sowie die Folliculitis barbae bzw. die Pseudofolliculitis barbae. Die Mallorca-Akne(Acne aestivalis) ist keine Akne, sondern eineLichtdermatose. Weiter gibt es medikamentösausgelöste Formen von Akne bzw. akneiformeDermatosen wie z.B. die Steroidakne. Die Ana-mnese und die klinische Erfahrung für die Beurteilung und Diagnosestellung sind entschei-dend.

Pathogenese

Die Pathogenese der Akne basiert auf vier Me-chanismen: 1. Der Überproduktion von Talg, 2. der abnormalen Desquamation des Follikel-epithels, 3. der Proliferation von Propionibacte-rium acnes und 4. der Entzündungsreaktion [2].Akne beginnt in der präpubertären Periode, inwelcher die Nebennieren wachsen und eine ver-mehrte Produktion von Androgenen einsetzt. Mitder Entwicklung der Gonaden kommt es zueinem weiteren Anstieg der Androgene. Dadurchwerden die Talgdrüsen zu einer gesteigerten Aktivität angeregt. Da nicht jeder Jugendlicheeine Akne ausbildet, geht man von der Annahmeaus, dass wahrscheinlich zusätzlich eine erhöhteEmpfindlichkeit der Talgdrüsen gegenüber An-drogenen vorhanden sein muss [2]. Durch die zusätzliche abnorme Desquamation des Follikel-epithels kommt es zu einer Retention von kera-tinhaltigem Material im Follikel und damit zurAusbildung der Komedonen. In diesem Milieufindet der zur normalen Hautflora gehörendeAnaerobier Propionibacterium acnes optimaleBedingungen vor, um sich zu vermehren. Da derKeim Chemokine produziert, welche neutrophileGranulozyten anlockt, kommt es zu einer Reak-tion des Immunsystems auf diese exzessive Ver-mehrung, und es bildet sich eine entzündlichePapel bzw. Pustel.

Irrmeinungen

Bevor eine Therapiestrategie mit den meist jugendlichen Patienten evaluiert wird, sollten einige gängige, sich hartnäckig haltende Irr-meinungen mit dem Patienten geklärt werden.Zum einen handelt es sich bei der Akne nicht um

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sich nach der Art der Effloreszenz, ihrer Anzahlund ihrer Verteilung (Tab. 1 p). Der Schwere-grad stellt grundsätzlich die Weichen für dieWahl der Therapie. Der entzündlichen Phasekann je nach Tiefe der Inflammation und der me-chanischen Traktierung durch den Patienteneine Narbenbildung folgen. Auf zwei spezielle

for topical application, retinoids and antibiotics are given systemically, and androgen antagonists can be given for special indications.

� Where possible different therapies should be combined, since they exert theireffect at various points in the pathogenesis.

� Therapy must be continued for an adequate length of time (two or threemonths) before any change of strategy is undertaken.

� Where therapy fails to produce a result over three or four months, referenceto a dermatologist should be evaluated.

� When the acute skin lesions have healed, maintenance therapy with aretinoid should be initiated.

� In differential diagnosis rosacea, perioral dermatitis, folliculitis (barbae),pseudofolliculitis barbae, polymorphous sunlight-induced dermatosis (Mal-lorca acne) or drug-induced or hormonally triggered acne must be considered.

Abbildungen 3 und 4Acne papulopustulosa (mässig).

Abbildungen 1 und 2Acne comedonica (leicht).

ein Problem der Hygiene, die schwarzen Punktesind also nicht Schmutz, sondern Melanin. Diesmuss dem verunsicherten Pubertierenden klar-gemacht werden. Zum anderen liess sich bis jetztnoch nicht beweisen, dass gewisse Nahrungs-mittel wie Schokolade, Nüsse oder Salami dieAkne hervorrufen bzw. verstärken. Zuletzt mussdie topische Therapie relativiert werden: Siebringt weniger die bestehenden Effloreszenzenzum Verschwinden, vielmehr verhindert sie dasAuftreten neuer Läsionen. Demzufolge sollte dietopische Therapie nicht nur im Bereich der aktuell betroffenen Areale appliziert werden,sondern alle Regionen erreichen, die befallenwerden können, das heisst, es muss zum Beispieldas gesamte Gesicht behandelt werden [3].

Therapie

Grundsätzlich sollte die Therapie so einfach wiemöglich gestaltet werden, um die Complianceder Patienten erhalten zu können. Man unter-scheidet zwischen topischer und systemischerTherapie, die, eventuell auch in Kombination,gemäss dem Schweregrad der Akne eingesetztwerden sollen. Sollte eine Therapie innerhalbvon zwei bis drei Monaten trotz konsequenterAnwendung keinen gewünschten Erfolg zeigen,gilt es, die Therapiestrategie zu ändern und dieÜberweisung an einen Dermatologen zu eva-luieren. Es ist entscheidend, die Compliance des Patienten durch Aufklärung zu steigern, da The-rapieversager oft nicht durch die fehlende Wirk-samkeit eines Produktes, sondern durch Nach-lässigkeit in der Anwendung oder vermeintlicheAllergien (cave: meist irritativer Effekt und keineallergische Reaktion) hervorgebracht werden.Sollte eine Änderung der Behandlung unum-gänglich sein, empfiehlt es sich, die bestehendeTherapie nicht einfach um ein weiteres Produktzu ergänzen, sondern sie vollständig zu modi-fizieren [3]. Die Wirkstoffe haben unterschied-liche Angriffspunkte. Es sind dies die Haupt-mechanismen der Pathogenese, nämlich dieReduktion der Talgproduktion und der Desqua-mation des Follikelepithels, die Hemmung derProliferation von Propionibacterium acnes sowiedie Entzündungshemmung. Im folgenden wer-den die topischen und systemischen Therapeu-tika hinsichtlich Wirkmechanismus, Nebenwir-kungen und Einsatzmöglichkeiten besprochen.

Topische TherapieKeine der topischen Therapeutika reduzieren die Talgproduktion, sie setzen alle an anderenAngriffspunkten an. Seifen reduzieren zwar den Talg auf der Hautoberfläche, vermindernaber die Talgproduktion nicht, so dass sie keinenStellenwert in der Aknetherapie haben. Die topischen Aknemittel dienen hauptsächlich zurPrävention neuer Läsionen. So ist es ausser-

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Abbildungen 7 und 8Acne conglobata (schwer).

Abbildungen 5 und 6Acne papulopustulosa mit starker Entzündung und Knoten (mittelschwer).

Tabelle 1. Schweregrade der Acne vulgaris (modifiziert nach James [1]).

Schweregrad Klinik

Mild Vorwiegend Komedonen(Acne comedonica) Evtl. wenige Papeln und Pusteln (<10)

Mässig Komedonen (10–40)(Acne papulopustulosa) Papeln und Pusteln (10–40)

Evtl. geringe Beteiligung des Stammes

Mittelschwer Komedonen (40–100)(Acne papulopustulosa mit Papeln und Pusteln (40–100)Knoten und Stammbeteiligung)

Noduli (0–5)

Beteiligung des Stammes

Schwer Multiple Noduli und Zysten (>5)(Acne nodulocystica, Multiple Komedonen, Papeln und PustelnAcne conglobata)

Ausgedehnte Beteiligung des Stammes

Topische antimikrobielle SubstanzenFür die entzündlichen Läsionen der Akne, alsodie Papeln und Pusteln, können zusätzlich zu denRetinoiden antimikrobielle Substanzen einge-setzt werden. Zum einen sind hier die unspezifi-schen Antiinfektiosa wie Benzoylperoxid (z.B.Lubexyl®), zum anderen die lokalen Antibiotikawie Clindamycin (Dalacin® T) oder Erythromycin(z.B. Eryaknen®) zu nennen. Propionibacteriumacnes ist in vitro gegenüber vielen antimikrobiel-len Substanzen empfindlich. Ein Problem ergibtsich durch die fettreiche Umgebung im Talg, wo-durch die Penetration vieler Substanzen behin-dert wird. Das lipophile Benzoylperoxid 2,5–10%(EBM-Evidenzgrad A) ist sehr effektiv gegen Propionibacterium acnes, und Resistenzen sindkeine beschrieben, zudem reduziert es die freienFettsäuren und wirkt somit indirekt antient-zündlich. Der Nachteil ist, dass es zu Hautirrita-tionen sowie Kontaktekzemen (selten!) kommenkann, welche häufig zum Absetzen des Medika-ments führen. Entgegenwirken kann man miteiner tieferen Konzentration oder einem ande-ren Vehikel, zum Beispiel einer Cremeformulie-rung anstatt eines Gels oder einer Lösung bzw.einer intermittierenden Behandlung (z.B. An-wendung nur jeden zweiten Tag). Zu beachtengilt es, dass Benzoylperoxid bleichend auf Textilien und Haare wirkt. Antibiotische Topikawie Clindamycin und Erythromycin sind bezüg-lich ihrer Wirkstärke mit Benzoylperoxid gleich-zusetzen (EBM-Evidenzgrad A). Der Nachteil der antibiotischen Monotherapie ist die zuneh-mende Resistenzentwicklung. Es wird empfoh-len, die lokalen Antibiotika deshalb nach demVerschwinden der inflammatorischen Läsionenabzusetzen. Die Therapiedauer einer Monothe-rapie sollte drei bis vier Wochen nicht über-schreiten [5]. Es konnte gezeigt werden, dasssich bei einer Kombinationstherapie von Anti-biotika und Benzoylperoxid deutlich weniger Re-sistenzen entwickeln. Bei einer Therapiedauervon mehr als vier Wochen sollte auf jeden Falleine Kombinationstherapie erfolgen.

AndereIn erster Linie sind hier die Azelainsäure (EBM-Evidenzgrad A) und die salicylsäurehaltigen Topika (EBM-Evidenzgrad B) zu nennen. BeidePräparate sind weniger effektiv als die oben dis-kutierten. Azelainsäure (Skinoren®), eine gesät-tigte Dicarbonsäure, chemisch eng verwandt mitkörpereigenen Fettsäuren, wirkt einerseits anti-proliferativ auf Propionibacterium acnes, ande-rerseits auch auf die Desquamation im Follikel-epithel und hat somit einen antikomedogenensowie antientzündlichen Effekt. Sie lässt sichentweder als Alternative oder in Kombinationmit Retinoiden oder Antibiotika einsetzen. Sali-cylsäurehaltige Formulierungen können «over-the-counter» in Konzentrationen von 0,5–2% inhydroalkoholischen Lösungen bezogen werden.

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ordentlich wichtig, die Patienten auf die Notwen-digkeit einer Erhaltungstherapie, auch bei blan-den Hautverhältnissen, aufmerksam zu machen(z.B. mit topischen Retinoiden). Parallel zu denverordneten Topika sollten keine anderen Sub-stanzen angewandt werden, insbesondere keinekomedogenen Fettcremes.

Topische RetinoideDie Retinoide wirken sowohl in der Präventionals auch in der Therapie auf die primären Läsio-nen der Akne, die Komedonen. So sollten sie aus pathophysiologischer Sicht bei jeder Akneformangewandt werden. Sie korrigieren die patho-logischen Vorgänge in den follikulären Keratino-zyten, indem sie die Desquamation des Follikel-epithels verlangsamen. Damit verhindern sieletztlich das Entstehen entzündlicher Papeln.Manche Retinoide reduzieren auch die Entzün-dung, indem sie mit dem Toll-ähnlichen Rezep-tor 2 und Produkten von Propionibacteriumacnes auf antigenpräsentierenden Zellen inter-agieren [4]. Weiter unterstützen Retinoide diePenetration anderer topischer Medikamente undreduzieren die postinflammatorische Hyperpig-mentierung. Eine milde Acne comedonica lässtsich mit topischen Retinoiden als Monotherapiebehandeln. Für mässiggradige Formen solltensie in Kombination mit einem topischen Antibio-tikum oder Antiinfektiosum eingesetzt, bei einermittelschweren Akne gegebenenfalls mit einemsystemischen Antibiotikum kombiniert werden.Der grösste therapeutische Effekt wird nachzwölf Wochen beobachtet. In der Schweiz ist Tretinoin (z.B. Retin-A®) bzw. Isotretinoin (z.B.Roaccutan®) und Adapalen (Differin®) für dieTherapie der Acne vulgaris zugelassen. In denUSA kann auch Tazaroten (Zorac®) gegen Akneeingesetzt werden, in der Schweiz darf diesesRetinoid jedoch nur für topische Therapie derPsoriasis verwendet werden. Es ist das am stärk-sten wirkende Retinoid, verursacht aber aucham meisten Irritationen. Diese Gefahr bestehtbei allen Retinoiden. Sie führen zu einer ausge-prägten Xerodermie und damit Irritation («Son-nenbrand aus der Tube»). Nach zwei Wochenwird bei allen topischen Retinoiden ein soge-nanntes «hardening» beobachtet, das heisst,eine mögliche initiale Exazerbation der Aknesowie die irritative Wirkung nehmen ab. Bei be-stehender Schwangerschaft ist die Applikationtopischer Retinoide kontraindiziert. Für dieWirksamkeit der topischen Retinoide konntenach den Kriterien der evidenzbasierten Medi-zin (EBM) Evidenzgrad A nachgewiesen werden[8]. Für die systemische Therapie besteht Evi-denzgrad B. Die topischen Retinoide eignen sichhervorragend für eine Erhaltungstherapie nachdem Abheilen der Akneeffloreszenzen, sozusa-gen als Prophylaxe.

satz kommt. Erythromycin hat seinen Platz ins-besondere in der topischen Therapie. Doxycyclinund Minocyclin werden aufgrund des besserenNebenwirkungsprofils Trimethoprim-Sulfame-thoxazol und aufgrund der höheren Lipophilieund damit besseren Wirkung Clindamycin vor-gezogen. Es sollte mit einer eher hohen Dosie-rung begonnen werden, da der therapeutischeErfolg frühestens nach sechs Wochen beurteiltwerden kann, der volle Effekt sogar erst nachdrei Monaten [1]. Wenn sich nach zwei Monateneine Verbesserung der Akne einstellt, kann eineDosisreduktion im Sinne einer Erhaltungsthera-pie erwogen werden, besser ist unseres Erach-tens aber, nach dem Abheilen der inflamma-torischen Läsionen die Therapie vollständig zusistieren. Die Gesamtdauer kann vier Monate erreichen. Stellt sich nach sechs Wochen kein Erfolg ein, muss die Therapie geändert werden.Glücklicherweise ist Propionibacterium acneshochsensibel auf die meisten Antibiotika, so dassResistenzen selten sind. Dennoch war in denletzten Jahren eine Zunahme zu verzeichnen.Resistenzen stellen sich üblicherweise nach12–24 Wochen ein. Es besteht oft eine Kreuz-resistenz gegenüber Erythromycin und Clinda-mycin, so dass bei einer Exazerbation der Aknewährend der Therapie oder bei einem Nicht-ansprechen auf Doxycyclin umgestellt werdensollte. Weder Clindamycin noch Erythromycinwerden allerdings häufig systemisch in derAknetherapie eingesetzt. Bei einer Resistenz aufDoxycyclin kann auf Minocyclin gewechselt wer-den, da hier Kreuzresistenzen selten sind [1]. Beieiner Therapiedauer von mehr als zwei Monatensollte auch bei systemischer Antibiotikaanwen-dung Benzoylperoxid zur Resistenzreduktionhinzugegeben werden. Bei einem Relaps ist dasbereits verabreichte Antibiotikum einem neuenAntibiotikum vorzuziehen. Bei einer Langzeit-therapie von mehr als sechs Monaten wurde bei85% der behandelten Patienten eine Überwuche-rung der Nares mit gramnegativen Keimen be-obachtet. Rund 4% dieser Patienten entwickeltenin der Folge Pusteln im Mittelgesicht und peri-oral mit dem Nachweis gramnegativer Bakte-rien, welche identisch waren mit denjenigen,welche in der Nase nachgewiesen werden konn-ten. Die beste Therapie dieser quasi «superin-fizierten» Akne, einer gramnegativen Follikuli-tis, sind orale Retinoide. Wichtig ist, dass mandie relativ seltenen jedoch äusserst unangeneh-men Nebenwirkungen der oralen Antibiotika,welche in der Aknetherapie zum Einsatz kom-men, kennt (Tab. 2 p).

HormontherapieFrauen, welche Zeichen der Virilisierung (z.B.unregelmässige Menses, Hirsutismus, andro-genetische Alopezie) aufweisen und unter einerAkne leiden, die gegenüber topischer oder syste-mischer Therapie resistent ist bzw. ein rasches

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Sie sind deutlich weniger antikomedogen wirk-sam als Retinoide, stellen aber aufgrund des besseren Nebenwirkungsspektrums doch eineAlternative dar [1].

Systemische Therapie

Die Indikation zur oralen Therapie hängt vomSchweregrad der Akne und vom Leidensdruckdes Patienten ab. Eine Acne comedonica solltewenn immer möglich topisch behandelt werden.Alle übrigen Formen lassen sich bei Bedarf sy-stemisch therapieren, insbesondere, wenn eineNarbenbildung droht.

Orale AntibiotikaSollten topische Therapiemassnahmen nichtzum Erfolg geführt haben oder werden sie nichttoleriert, können bei einer mittelschweren bisschweren Akne, insbesondere wenn der Stammbetroffen ist und vorwiegend entzündliche Läsio-nen vorliegen, orale Antibiotika in Erwägung gezogen werden. Sie sollten aber grundsätzlichwegen einer zunehmenden Resistenzentwick-lung sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Umletztere zu vermindern, sollte die Kombinationmit topischem Benzoylperoxid erfolgen. Es istaus pathophysiologischer Sicht zudem sinnvoll,topische Retinoide hinzuzugeben, da die Kome-donenbildung der Anfang der entzündlichenAkne darstellt. Nie sollte eine Kombinationsthe-rapie mit einem topischen und einem systemi-schen Antibiotikum eingesetzt werden. In derSchweiz stehen mehrere wirksame systemischeinsetzbare Antibiotika zur Verfügung: Doxy-cyclin (z.B. Doxyclin®), Minocyclin (z.B. MinocinAkne®), Trimethoprim-Sulfamethoxazol (z.B.Bactrim®). Systemisch weniger gebraucht wirdClindamycin (Dalacin® C), das vor allem topischangewandt wird. Weiter einsetzbar ist das klas-sische Tetracyclin, welches aber in der Schweiznicht erhältlich ist, sowie Erythromycin (z.B.Erythrocin®), das systemisch wegen seiner Resi-stenzentwicklung praktisch nicht mehr zum Ein-

Tabelle 2. Nebenwirkungen der in der Aknetherapie verwendeten oralen Antibiotika (modifiziert nach Katsambas / Papakonstaninou [6]).

Medikament Dosierung Nebenwirkungen Kommentar Evidenzgrad

Doxycyclin 50–100 mg Phototoxizität Nur antiinflamma- B1–2x/d torischer Effekt bei

niedrig dosierter Therapie (20 mg/d), keine Resistenzen

Minocyclin 50–100 mg Hyperpigmentierung Relativ teuer, B1–2x/d (Haut, Schleimhaut, wenig Resistenzen

Zähne), Schwindel, Autoimmunerkrankung

Trimethoprim- 160/800mg Allergische Reaktionen Second line BSulfamethoxazol 1–2x/d (Erythema multiforme,

Stevens-Johnson-Syndrom)

Orale RetinoideGrundsätzlich gehört die Therapie mit systemi-schen Retinoiden (EBM-Evidenzgrad B) in dieHände des Dermatologen. Es braucht viel Erfah-rung, um die richtige Dosierung bei dieser wir-kungsvollen Therapieform zu wählen, damitmöglichst keine non-responder vorkommen oderdie Behandlung nicht wegen Nebenwirkungenabgebrochen werden muss. Für die Therapie derAkne ist Isotretinoin (z.B. Roaccutan®), die 13-cis-Retinsäure (ein natürlicher Metabolit von VitaminA), zugelassen. Seine Wirkung bei der Akne be-ruht vor allem auf der ausgeprägten Vermin-derung der Talgproduktion, aber auch auf der Reduktion der Epitheldesquamation im Follikel.Des weiteren besitzt Isotretinoin einen leichtenantientzündlichen Effekt und hemmt indirekt die Proliferation von Probionibacterium acnes. Sowirkt Isotretinoin auf alle vier pathogenetisch be-deutsamen Faktoren, was seine ausserordent-liche Stellung in der Aknetherapie erklärt. Gut40% der mit Isotretinoin behandelten Patientensind nach einem Zyklus von der Akne vollständiggeheilt, bei weiteren 40% ist eine verminderteAusprägung festzustellen, und nur bei 20%kommt es zu einem Rezidiv, was zu einem erneu-ten Therapiezyklus führen kann [1]. Patientenunter 16 Jahren, Patienten mit sehr schwererAkne im Bereich des Stammes und erwachseneFrauen neigen eher zu einem Rezidiv. Isotretinoinwird bei schwerer Akne, insbesondere Acne con-globata bzw. nodulocystica eingesetzt. Es solltemit einer tiefen Dosierung (z.B. mit 20 mg/d) begonnen werden. So kann, vor allem bei densehr schweren Formen der Akne, ein flare-upverhindert werden. Gelegentlich müssen bei sehrschweren Formen initial zusätzlich orale Steroideeingesetzt werden. Je nach Therapieeffekt undNebenwirkung kann die Dosis gesteigert werden.Eine Cheilitis ist fast obligatorisch. Weitere häu-fige Nebenwirkungen sind: Xerodermie, Xerosto-mie und Conjunctivitis sicca bzw. Rhinitis sicca,was hier mitunter zu einer Besiedelung mit Sta-phylococcus aureus und damit zu Pyodermienführt, welche als Relaps einer Akne fehlgedeutetwerden könnten. Die Therapie bestünde in einemsolchen Fall in der Anwendung von MupirocinNasensalbe (Bactroban Nasal®), zweimal täglichwährend zehn Tagen. Regelmässige Blutkontrol-len sind notwendig, um eine Erhöhung der Le-berwerte bzw. der Blutfette frühzeitig zu erken-nen. Bei einer Erhöhung dieser Parameter sollteIsotretinoin abgesetzt oder mindestens einePause bis zur Normalisierung der Werte einge-schaltet werden. Bei einer Erhöhung der Blutfettekann bei strenger Indikation die Therapie unterZugabe eines Lipidsenkers fortgeführt werden.Weitere Nebenwirkungen sind: diffuses Efflu-vium, Myalgien, Pseudotumor cerebri (v.a. beieiner Kombination mit Tetracyclinen = Kontrain-dikation) und Nachtblindheit. Ob ein ursächlicherZusammenhang mit unter Isotretinoin aufgetre-

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Rezidiv nach dem Absetzen der oralen Retinoidezeigt, oder Frauen, die unter einer fulminant ver-laufende Akne leiden, sollten hinsichtlich einesHyperandrogenismus abgeklärt werden. DieseAbklärungen sollten mindestens eine Blutent-nahme am ersten bis fünften Zyklustag morgensmit der Bestimmung von Dehydroepiandroste-ron, freiem Testosteron, LH und FSH beinhalten.Die Höhe der Blutspiegel korreliert nicht mit dem Schweregrad der Akne. Bei einem positiven Resultat kommen differentialdiagnostisch endo-krinologisch-gynäkologische Erkrankungen wiedas polyzystische Ovarsyndrom, das adrenoge-nitale Syndrom sowie androgenproduzierendeTumoren des Ovars oder der Nebennierenrindein Frage. Weiter kann die Akne auch iatrogendurch eine Antikonzeption mit der sogenanntenMinipille, die nur Gestagen und kein Östrogenenthält (z.B. Cerazette®), der Dreimonatsspritze(z.B. Depo Provera 150®), dem subkutanen Im-planon® oder der Spirale (z.B. Mirena®) hervor-gerufen werden. Die Therapie besteht in diesenFällen im Absetzen der entsprechenden Präpa-rate und dem Ersatz durch ein östrogenhaltigesMedikament. Die Talgprodukion wird durch Androgene gesteigert, weshalb es nicht verwun-derlich ist, dass Antiandrogene und Östrogene(Senkung des freien Testosterons durch die Er-höhung des SHBG [sex hormone binding globu-line]) zu einer Verminderung der Talgproduktionführen. Zur Therapie der hormonell bedingtenAkne stehen einige Präparate zur Verfügung. Inerster Linie bieten sich die kombinierten oralenKontrazeptiva wie Diane-35®, Feminac 35®, Mi-nerva®, Belara®, Yasmin®, Cilest® oder Gracial®

an (EBM-Evidenzgrad A). Spezifische Therapienkönnen bei einem Hyperandrogenismus mit Virilisierung mit den Androgenantagonisten Cyproteronacetat, 2–100 mg/d (2 mg sind enthal-ten in Diane-35®, Feminac 35® oder Minerva®,10 mg in Androcur-10® und 50 mg in Androcur®),oder Spironolacton (Aldactone®), 25–200 mg/d(EBM-Evidenzgrad B), durchgeführt werden. VorBeginn der Therapie muss bei beiden Präpara-ten ein negativer Schwangerschaftstest vorliegenund eine Antikonzeption durchgeführt werden,da es durch die Verwendung der entsprechendenPräparate bei männlichen Föten zu einer Femi-nisierung kommen kann [7]. Die Wirkung derTherapie lässt sich erst nach zwei bis vier Mona-ten beurteilen. Nach sechs bis neun Monaten Be-handlung mit einem östrogen- und/oder proge-steronhaltigen oralen Antikonzeptivum stelltsich in 50–90% der Fälle eine Verbesserung derAkne ein. Sollte sich nach dieser Zeit kein Erfolgzeigen, kann Cyproteronacetat oder Spironolac-ton hinzugegeben werden. Diese lassen sich be-liebig mit topischen oder oralen Antibiotika kom-binieren.

Therapieentscheidung

Die Wahl der Therapiemodalität richtet sichnach dem Schweregrad der Akne (Tab. 3 p), derDauer der Akne, dem Hauttyp (ein dunkler Hauttyp neigt eher zu postinflammatorischer Hyperpigmentierung), der bereits stattgehabtenNarbenbildung sowie dem Leidensdruck des Pa-tienten. Weiter muss die erwartete Compliancein den Entscheidungsprozess mit einbezogenwerden. Der Patient sollte darauf aufmerksamgemacht werden, dass Papeln und Pusteln nichtausgedrückt werden sollten, weil dies die Nar-benbildung verstärkt.Grundsätzlich ist nach dem Abheilen der Efflo-reszenzen eine Erhaltungstherapie indiziert, ambesten eignen sind dazu die topischen Retinoide,gegebenenfalls in Kombination mit Benzoylper-oxid. Es sollte darauf geachtet werden, dasskeine komedogenen Kosmetika eingesetzt wer-den. In der Schwangerschaft lässt sich Benzyol-peroxid oder topisches Erythromycin verwen-den. In sehr schweren Fällen darf initial mitoralen Steroiden therapiert werden.

Danksagung

Wir danken Dr. med. Martin Pletscher (FMH Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Bin-ningen) und Dr. med. Jean-Luc Dreyfus (FMH Innere Medizin, Basel) für die kritische Durch-sicht des Manuskripts, ihre Kommentare undAnmerkungen.

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tenen Depressionen besteht, ist nicht geklärt.Neuere Arbeiten lehnen einen Zusammenhangeher ab. Auf jeden Fall sollte die Anamnese da-hingehend erhoben werden. Die gefürchtetsteNebenwirkung ist die Teratogenität. Frauen imgebärfähigen Alter sind verpflichtet, mindestenseinen Monat vor Beginn bis zwei Monate nach Beendigung der Therapie eine Antikonzeptiondurchzuführen. Zu Beginn der Therapie muss einnegativer Schwangerschaftstest vorliegen, auchwenn die Patientin eine Antikonzeption betreibt.Auf die männliche Fertilität hat Isotretinoin keinen ungünstigen Einfluss. Es bestehen Kon-troversen darüber, wie lange eine Isotretinoin-therapie durchgeführt werden soll. Bis anhin galt die Empfehlung, bis zu einer kumulativen Dosisvon 120–150 mg/kg KG zu therapieren. NeuereAnsichten tendieren eher zu einer Therapie, wel-che bis ein oder zwei Monate nach der Abheilungder Akneeffloreszenzen dauert, um bei einem Rezidiv wieder zu beginnen.

Tabelle 3. Therapiemodalitäten in Korrelation mit dem Schweregrad.

Schweregrad Therapie

Mild Topische Retinoide oder Azelainsäure

Mässig Topische Retinoide und Benzoylperoxid oder topisches Antibiotikum(z.B. Clindamycin oder Erythromycin) oder Azelainsäure

Mittelschwer Topische Retinoide und Benzoylperoxid und orales Antibiotikum (z.B. Minocylin oder Doxycylin) oder bei Frauen Antiandrogen (z.B. Cyproteronacetat oder Spironolacton)

Schwer Isotretinoin 0,5–1,0 mg/kg KG

Evtl. in Kombination mit Prednison 0,5–1,0 mg/kg KG

Korrespondenz:Dr. med. Andreas W. ArnoldDermatologische KlinikUniversitätsspitalPetersgraben 4CH-4031 [email protected]

Literatur1 James WD. Acne. NEJM 2005;352:1463–72.2 Leyden JJ. Therapy for acne vulgaris. NEJM 1997;336:1156–62.3 Webster GF. Acne vulgaris. BMJ 2002;325:475–9.4 Krautheim A, Gollnik HPM. Acne: Topical treatment. Clin

Dermatol 2004;22:398–407.5 Katsambas AD, Stefanaki C, Cunliffe WJ. Guidelines for treat-

ing acne. Clin Dermatol 2004;22:436–44.

6 Katsambas A, Papakonstaninou A. Acne. Systemic treat-ment. Clin Dermatol 2004;22:412–8.

7 Thiboutot D. Acne. Hormonal concepts and therapy. Clin Der-matol 2004;22:419–28.

8 Cunliffe W. Acne vulgaris. In: Lebwohl M, Heymann WR,Berth-Johns J, Coulson I, eds. Treatment of skin diseases. 5th edition. London: Mosby; 2004. p. 6–13.