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  • Therapie der DarmfistelEnterokutane Fisteln sind immer eine schwere Komplikation nach abdominellen Operationen, die definiert sind als epithelisierte Verbindungen zwischen Darm und Haut, enteroatmosphrische Fisteln bezeichnen Darmfisteln in einer granulierenden Wunde. Sie zeichnen sich durch eine fortwhrende bakterielle Kontamination mit dem Auftreten septischer Krankheitsbilder aus. Der intestinale Inhalt geht hier zu einem mehr oder weniger groem Prozentsatz nach extern verloren. Die daraus resultierenden Flssigkeits- und Elektrolytverschiebungen bedingen eine unterschiedlich stark ausgeprgte Malnutrition. Dies und die fortwhrende Sepsis sind die Ursachen fr die bekannte hohe Mortalitt. Am hufigsten treten Fisteln spontan auf. Die Operation eines Mali gnoms, eine Radiatio, eine Chemotherapie, ausgedehnte Adhsiolysen, entzndliche Darm-erkrankungen und das Vorliegen eines offenen Abdomens gelten als Risikofaktoren. Bei der Behandlung des offenen Abdomens sehen wir am hufigsten hochkomplexe Fistelkonstellationen, die Ursache fr das Offenlassen des Bauches spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Die Inzidenz intes tinaler Fisteln liegt bei der Behandlung offener Abdominalwunden zwischen fnf und 50 Prozent, die durchschnittliche Behandlungsdauer betrgt 27,5 Monate! Aufgrund der hohen Inzidenz der Fistelung bei der Behandlung mit einem offenen Abdomen sollte einem primren Wundverschluss sofern mglich immer der Vorzug gegeben werden.

    CHIRURGISCHEALLGEMEINE

    CHAZ 2_2014 Z E I T U N G F R K L I N I K U N D P R A X I S Sonderdruck

    2014 Dr. R. Kaden Verlag, HeidelbergNachdruck nur mit Genehmigung des Verlages

  • Sonderdruck | CHAZ | 15. Jahrgang | 2. Heft | 20142

    FORTBILDUNG

    CME

    Die Therapie der Darmfistel

    Enterokutane Fisteln sind immer

    eine schwere Komplikation nach

    abdominellen Operationen, die

    definiert sind als epithelisierte

    Verbindungen zwischen Darm und

    Haut. Enteroatmosphrische Fisteln

    bezeichnen Darmfisteln in einer

    granulierenden Wunde. Sie zeichnen

    sich durch eine fortwhrende

    bakterielle Kontamination mit dem

    Auftreten septischer Krankheitsbil-

    der aus. Der intestinale Inhalt geht

    zu einem mehr oder weniger groen

    Prozentsatz nach extern verloren.

    Die daraus resultierenden

    Flssigkeits- und Elektrolytverschie-

    bungen bedingen eine unterschied-

    lich stark ausgeprgte Malnutrition.

    Dies und die fortwhrende Sepsis

    sind die Ursachen fr die hohe

    Mortalitt, die Edmunds et al.

    bereits 1960 postuliert hatten.

    Ein suffizienter Therapieansatz

    muss daher an diesen Punkten

    ansetzen [1].

    Christian Weiher, Thomas Manger

    Die Operation eines Malignoms, eine Ra-diatio, eine Chemotherapie, ausgedehnte Adhsiolysen, (chronisch) entzndliche Darmerkrankungen und das Vorliegen eines offe-nen Abdomens gelten weitgehend gesichert als Risi-kofaktoren. Bei der Behandlung des offenen Abdo-mens sehen wir fr das Auftreten enteraler Fisteln hufig hochkomplexe Fistelkonstellationen. Die Ur-sache fr das Offenlassen des Bauches spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Die Inzidenz intestinaler Fisteln liegt entsprechend verschiedener Literaturangaben zwischen fnf und 50 Prozent bei der Behandlung offener Abdominal-wunden. Die durchschnittliche Be handlungsdauer betrgt 27,5 Monate (!) [2, 3]. Aufgrund der hohen Inzidenz der Fistelung bei der Behandlung mit ei-nem offenen Abdomen sollte einem primren Wundverschluss sofern mglich immer der Vorzug gegeben werden. Denn Austrocknung des Intestinums und direkter Kontakt mit konventionel-len Wundverbnden sind zustzliche Risikofaktoren fr das Entstehen enterokutaner Fisteln. Ist der pri-mre Verschluss nicht mglich, beispielsweise zur Vermeidung eines abdominellen Kompartiment, spannungsbedingter Fasziennekrosen, bei unklarer Durchblutungssituation oder nicht sicherer Sepsis-herdsanierung, kann ein frher sekundrer Faszi-enverschluss innerhalb von sieben bis zehn Tagen ebenfalls mit einer niedrigen Fistelrate aufwarten. Im Vorfeld ist eine optimale Vorbereitung hilfreich: Hierzu zhlen die Optimierung der Ernhrungslage, die properative Darmreinigung, die ausreichende Versorgung mit Volumen und Blutprodukten, das Vermeiden einer Auskhlung, ein gut gefhrter Blutzucker, ein streng aseptisches Vorgehen, die perioperative Antibiotikaprophylaxe sowie span-nungsfreie, gut durchblutete Anastomosen. Der

    Darm ist vor Verlassen des Operationsgebietes im-mer auf mgliche Lsionen zu berprfen [4].

    Die Vakuumtherapie des offenen Abdomens ist weder mit hherer Mortalitt noch mit hherer Fistelrate verbunden

    In einer Umfrage unter deutschen Kliniken 2011 gaben 94 Prozent an, die Methode des offenen Ab-domens anzuwenden. Die hufigste Ursache fr das Offenlassen war mit 87 Prozent die geplante Etappenlavage. Zur berbrckung der Zeit bis zur nchsten Intervention verwenden 82 Prozent einen kommerziell hergestellten Vakuumverband (z. B. das abdominal dressing der Firma KCI), 15 Prozent stellten ihren Vakuumverband selbst her und fnf Prozent verwenden den sogenannten Bogota-Bag. Von den befragten Kliniken gaben zudem 69 Pro-zent an, eine ventrale Hernie unter Verwendung

    Abbildung 1 Worst case-Situation multiple, teilweise breitflchig offene enteroatmosphrische Fisteln in einer granulierenden Laparotomiewunde.

  • Therapie der Darmfistel

    Sonderdruck | CHAZ | 15. Jahrgang | 2. Heft | 2014 3

    eines resorbierbaren Netzes einzuplanen [5]. In der aktuel-len Literatur wird nach Mglichkeit die Relaparotomie on demand favorisiert, um Fistelungen mglichst wirkungsvoll zu begegnen [6]. Neben den enterokutanen Fisteln werden die verschiedensten Komplikationen angegeben. Hierzu gehren intraabdominelle Abszesse, Bauchdeckenblutungen, Netzausriss oder -infektion, abdominelles Kompartiment oder ein technisches Versagen der eingesetzten Methoden [5]. Die Bedeutung einer Vakuumtherapie fr das Auftreten enteraler Fisteln war lange umstritten. Hufig wurde der direkte Kontakt des Darmes mit den eingesetzten Materialien wie Folie oder Schwamm in Kombination mit dem angelegten Unterdruck mit dem Auftreten von Fisteln assoziiert. Auch wenn bereits frhe Fallserien diesen Zusammenhang als eher unwahrscheinlich erscheinen lieen, dauerte es bis 2013, bis eine gro angelegte Studie beweisen konnte, dass die Vakuumtherapie des offenen Abdomens weder mit hherer Mortalitt noch mit hherer Fistelrate verbunden ist [7]. Die spontane Verschlussrate von enterokutanen Fisteln liegt zwischen 30 und 70 Prozent. In granulierenden Wunden kann lediglich mit einem spontanen Verschluss in sechs bis zehn Prozent der Flle gerechnet werden. Von entscheidender Bedeutung ist neben der Hhe der Fistel der tgliche Flssigkeitsverlust. Die Einteilung nach Medeiros (W Tabelle 1) in drei Kategorien verknpft umgekehrt proportional die Menge des Flssigkeitsverlustes mit der spontanen Verschlussrate [8, 9, 16].

    Treten Fistel und Sepsis zugleich auf, so ist die Mortalitt um den Faktor 22 erhht

    Wenn bei Auftreten einer Fistel ein septisches Krankheitsbild vorliegt, hat die Behandlung der Sepsis selbstverstndlich oberste Prioritt. Wenn beide Entitten zeitgleich in Erscheinung treten, ist die Mortalitt um den Faktor 22 erhht. Die Therapie ist deshalb unbestritten eine Domne der Intensivmedizin. Hierzu gehrt auch neben dem Ausgleichen der Wasser- und Elektrolytimbalance das Herstellen eines ausreichenden Ernhrungszustandes. Die Malnutrition wird ber viele Mechanismen getriggert Darmparalyse, Verlust proteinreicher Flssigkeit, negative Stickstoffbilanz etc. Grundstzlich ist der Verschluss enteraler Fisteln unter einer

    kompletten parenteralen Ernhrung mglich, so dass dieses Konzept ber viele Jahre die Basis der Behandlung komplexer klinischer Situationen war. Derzeit wird vergleichend die enterale Ernhrung gegenber einer Kombination aus enteraler und parenteraler Ernhrung im Sinne eines dualen Ernhrungskonzeptes berprft. Es wird vermutet, dass die zustzliche enterale Ernhrung Vorteile hinsichtlich einer besseren Fistelheilung hat. Als Hintergrund werden der Erhalt der Integritt der Mukosa bei erhaltener Immunfunktion und eine positive intrahepatische Proteinsynthese diskutiert. Dies setzt aber voraus, dass eine ausreichende funktionelle Darmlnge von mindestens 120 Zentimeter vorhanden ist und keine Stenosen vorliegen. Daher spielt die Diagnostik zur Identifikation der Hhe der Fistel eine entscheidende Rolle insbesondere auch um den Verlust intraenterischer Flssigkeit quantitativ und qualitativ abschtzen zu knnen. Unabhngig davon ob enteral und/oder parenteral ernhrt wird, sind bei den Patienten bei lngeren Verlufen frhzeitig wasser- sowie fettlsliche Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zu supplementieren [10]. Insbesondere nach langer Nahrungskarenz muss besonderes Augenmerk auf einen sehr behutsamen Kostaufbau gelegt

    Abbildung 2 Verschiedene Methoden zum temporren Bauchdeckenverschluss.

    Tabelle 1 Klassifikation der enterokutanen Fistel nach Medeiros [16].

    high output (>500 ml/Tag)

    middle output (200500 ml/Tag)

    low output (

  • Therapie der Darmfistel

    Sonderdruck | CHAZ | 15. Jahrgang | 2. Heft | 20144

    werden. In dieser Phase kann ein erfahrener Ernhrungsme-diziner oder kotrophologe hilfreiche Dienste leisten. Ver-folgt man konsequent diese Strategie, kann eine Malnutrition weitgehend ausgeglichen werden, um so mglichst optima-le Bedingungen fr eine definitive (operative) Sanierung zu schaffen.

    Die Indikationen fr ein operatives Vorgehen knnen in zwei Klassen eingeteilt werden

    Die absolute OP-Indikation bei hohen enterokutanen Fis-teln Wie etwa die jejunokutane Fistel die frher oder spter in einem Stoma endet und im Ergebnis ein Kurzdarmsyndrom darstellt. Der Verlust des Dnndarm