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Institut für Hochspannungstechnik Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen Zuwendungsgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) Autoren: Janina Struth 1,2,3 , Matthias Leuthold 1,2,3 , Astrid Aretz 4 , Mark Bost 4 , Swantje Gährs 4 , Moritz Cramer 5 , Eva Szczechowicz 5 , Prof. Bernd Hirschl 4 , Prof. Armin Schnettler 5 , Prof. Dirk Uwe Sauer 1,2,3 Datum: November 2013 1 Abteilung Netzintegration und Speichersystemanalyse, Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA), RWTH Aachen University, Germany 2 Institute for Power Generation and Storage Systems (PGS), E.ON ERC, RWTH Aachen University, Germany 3 Jülich Aachen Research Alliance, JARA-Energy, Germany 4 Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Berlin, Germany 5 Abteilung Nachhaltige Energiesysteme, Institut für Hochspannungstechnik (IFHT), RWTH Aachen University, Germany

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Institut fürHochspannungstechnik

Thesen und Hintergründe zum

Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Zuwendungsgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)

Autoren: Janina Struth1,2,3, Matthias Leuthold1,2,3, Astrid Aretz4, Mark Bost4, Swantje Gährs4, Moritz Cramer5, Eva Szczechowicz5, Prof. Bernd Hirschl4, Prof. Armin Schnettler5, Prof. Dirk Uwe Sauer1,2,3

Datum: November 2013

1 Abteilung Netzintegration und Speichersystemanalyse, Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA), RWTH Aachen University, Germany 2 Institute for Power Generation and Storage Systems (PGS), E.ON ERC, RWTH Aachen University, Germany 3 Jülich Aachen Research Alliance, JARA-Energy, Germany 4 Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Berlin, Germany 5 Abteilung Nachhaltige Energiesysteme, Institut für Hochspannungstechnik (IFHT), RWTH Aachen University, Germany

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Einleitung i

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ............................................................................................................................ 1

2. Thesen ................................................................................................................................. 2

2.1 Nutzen für Netze ......................................................................................................... 2

2.2 Prosumer Interessen ................................................................................................... 4

2.3 Gesellschaftliche Überlegungen .................................................................................. 6

3. Technische Aspekte ............................................................................................................ 8

3.1 Chemische Speichersysteme mit internem Speicher .................................................. 8

3.1.1 Blei-Säure-Technologie ........................................................................................ 8

3.1.2 Lithium-Ionen-Technologie .................................................................................. 9

3.2 Herausforderungen an die Stromnetze durch vermehrte PV-Einspeisung ............... 10

3.2.1 Technische Grundlagen der Netze ..................................................................... 10

3.2.2 Regulatorische Aspekte ...................................................................................... 11

3.2.3 Probleme durch PV-Integration ......................................................................... 12

4. Prosumer Interessen ......................................................................................................... 16

4.1 Fördermechanismen .................................................................................................. 16

4.2 Berechnung der Eigenverbrauchssteigerung durch PV-Speicher.............................. 18

4.3 Weitere Märkte für Speicher ..................................................................................... 19

4.3.1 Systemdienstleistungen ..................................................................................... 19

4.3.2 Energiemarkt ...................................................................................................... 20

4.4 Kostensenkungspotential .......................................................................................... 21

5. Gesellschaftliche Überlegungen ....................................................................................... 24

5.1 Preiseinflüsse ............................................................................................................. 24

5.1.1 Verbraucherpreis ................................................................................................ 24

5.1.2 Börsenpreis ......................................................................................................... 26

5.2 Kontroverse Diskussion zum Eigenverbrauch ........................................................... 28

5.3 Umweltwirkung von PV-Speichern ............................................................................ 29

6. Entwicklung von Betriebsstrategien ................................................................................. 31

6.1 Informationsfluss ....................................................................................................... 33

7. Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................................... 35

8. Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 37

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Einleitung 1

1. Einleitung

Eine quantitative Bewertung der Effekte und des Nutzens von Batteriespeichersystemen in privaten Haushalten mit netzgekoppelten Photovoltaik (PV) Anlagen und deren Einfluss auf das Niederspannungsnetz müssen für zukünftige Fragen zur Energieversorgung identifiziert und analysiert werden. Besonders im Hinblick auf den ansteigenden Anteil von PV-Erzeugung werden die lokalen Niederspannungsnetze teilweise zu Zeiten hoher solarer Erzeugung in Zukunft überlastet werden (dena 2012). Dies führt zu Engpässen im Verteilnetz, die durch adäquate technische Maßnahmen gelöst werden müssen.

Neben dem primären Nutzen zur Erhöhung des Eigenverbrauches können stationäre PV-Speicher das Netz entlasten und möglicherweise einen Netzausbau verhindern oder verzögern, wenn sie entsprechend betrieben werden.

Ziel des Projektes PV-Nutzen ist die systematische Untersuchung des Nutzens von Stromspeichern in Verbindung mit PV-Anlagen. Dabei sollen sowohl der Einsatz solcher Speicher basierend auf existierenden Marktmechanismen als auch verschiedene Ansätze zur Förderung des Ausbaus solcher Speicher analysiert werden. In allen Fällen sollen

• der betriebswirtschaftliche,

• der volkswirtschaftliche,

• der technische und

• der ökologische

Nutzen solcher Speichersysteme untersucht werden.

Im Rahmen dieses Projektes wurden einige Thesen bezüglich des Nutzens von PV-Speichern aufgestellt. Diese Thesen und ihre Hintergründe werden im Folgenden kurz erläutert und erste Analysen zur Unterstützung einzelner Thesen präsentiert.

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2 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

2. Thesen

2.1 Nutzen für Netze

These 1: PV-Speicher können die Verteilungsnetze entlasten und stellen damit eine Alternative zum konventionellen Netzausbau dar

Der Einsatz von PV-Speichern bietet die Chance die Netze gezielt zu entlasten und den Netzausbau zu reduzieren. Die Integration von PV-Anlagen in die Verteilnetze kann zu Problemen bezüglich der Spannungshaltung und zu Betriebsmittelüberlastungen in den Stromnetzen führen. Durch eine netzdienliche Steuerungsstrategie können PV-Speicher die Ausbaugrenze für erneuerbare Energien (EE) erhöhen. Beispielsweise kann ein Teil des erzeugten Solarstromes von den Speichern aufgenommen werden, so dass die Einspeisespitzen reduziert werden oder die Lastkurve geglättet wird („Peak Shaving“). Durch diese Maßnahmen können mehr PV-Anlagen im selben Netz installiert und bei entsprechender Betriebsweise auf die Drosselung verzichtet werden. Diese durch PV-Einspeisung verursachte Netzbelastung kann nicht nur am unmittelbaren Ort der Einspeisung der limitierende Faktor sein, sondern auch entferntere, zum Abtransport notwendige, Leitungsabschnitte in höheren Spannungsebenen betreffen. Durch lokalen Netzausbau können nur die Probleme der Betriebsmittelüberlastungen vor Ort behoben werden. Jedoch können die Netzprobleme möglicherweise in höhere Spannungsebenen verschoben werden, da die Einspeisung durch dezentrale Anlagen einer hohen zeitlichen Korrelation unterworfen ist. Dieses Problem können Speicher aufgrund der zeitlichen Verschiebungsmöglichkeit der EE-Einspeisung im Gegensatz zum konventionellen Netzausbau beheben. Allerdings müssen sich die Kosten aus Sicht der Netzbetreiber für den Einsatz der Speicher im geringeren Umfang als der entsprechende Netzausbau halten (siehe auch Kapitel 4.4). Außerdem ist zu gewährleisten, dass die Speicher nicht auf eine Art betrieben werden, die die Netze zusätzlich belastet und bestehende Probleme verschärft (Kapitel 6). Nur dann können die PV-Speicher eine Alternative zum konventionellen Ausbau darstellen.

These 2: PV-Speicher können die bisherige Netzbetriebsführung um Regelungsoptionen erweitern

Eine gezielte Steuerung der Einspeisung von dezentralen Anlagen könnte eine Erhöhung der Einspeisung aus Erneuerbaren Energien ins Energieversorgungssystem ermöglichen und gleichzeitig einen kostengünstigen Betrieb der Stromnetze ermöglichen. Beispielsweise könnten die Netze während der hohen Einspeisung in der Mittagsspitze durch eine Abregelung der PV-Anlagen entlastet werden. Dabei bliebe allerdings erzeugter PV-Strom

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Thesen 3

ungenutzt. Durch den Einsatz von PV-Speicher lässt sich diese ansonsten abgeregelte Energie zwischenspeichern und zu Zeiten hoher Bezüge nutzbar machen.

Mithilfe von PV-Speichern kann der Ursache für einen Ausbau der Verteilnetze aufgrund von technischen Anforderungen im Vorfeld entgegengewirkt werden, indem den Netzbetreibern steuernde Eingriffe in den Betriebsablauf im Sinne eines Smart Grids ermöglicht werden. Unter der Voraussetzung, dass die Netzbetreiber durch Steuerungssignale Einfluss auf den Betrieb von PV-Speichern haben, erweitert die Integration von PV-Speichern die Optionen der Netzbetreiber hinsichtlich Regelungsstrategien innerhalb der Netzbetriebsführung. Diese Eingriffe können für eine technisch sinnvolle und wirtschaftliche Nutzung der zur Verfügung stehenden Netze sorgen, indem beispielsweise die Betriebsmittelauslastung gering gehalten wird, um eine möglichst lange Lebensdauer der Betriebsmittel zu gewährleisten. Somit könnte die Steuerung von PV-Speichern eine Alternative zu neuartigen Technologie- und Regelungsentwicklungen, wie beispielsweise dem regelbaren Ortsnetztransformator (Ront) oder Blindleistungsmanagement durch PV-Wechselrichter darstellen (siehe Kapitel 3.2). Beispielsweise lässt sich durch den Einsatz von Speichern das Verhalten der dezentralen Anlagen über die automatische Wirkleistungsregulierung bei Überfrequenz hinaus steuern und beeinflussen. Somit könnte das Netz zusätzlich stabilisiert werden. Dabei ist es denkbar netzdienliche Leistungen, wie beispielsweise die Erbringung der Regelenergie, durch einen Pool von dezentralen Anlagen zu erbringen, falls sich diese Option für die Anlagenbesitzer als wirtschaftlich erweist.

Im Rahmen des Projektes PV-Nutzen werden verschiedene netzdienliche Regelungsoptionen für PV-Speicher untersucht und hinsichtlich technischen, ökonomischen und ökologischen Kriterien bewertet.

These 3: Die netztechnische Belastung durch PV-Anlagen und der Nutzen von PV-Speichern sind stark netzabhängig

Elektrische Netze in der Verteilungsebene sind überaus heterogen in ihrer Topologie d.h. durch die Struktur des Netzes sowie die eingesetzten Betriebsmittel, da sie u.a. historisch gewachsen und an lokale geographische Gegebenheiten angepasst sind. Jedoch unterscheiden sie sich sehr hinsichtlich ihrer jeweiligen Versorgungsaufgabe. Diese Versorgungsaufgabe von Verteilnetzen ist im Wesentlichen durch die Höhe von Erzeugung und Last sowie ihre Verteilung innerhalb des betrachteten Netzes gekennzeichnet. So stellt eine Erzeugungsanlage, bspw. Photovoltaik, in weitem Abstand zur Ortsnetzstation aufgrund des erhöhten Spannungshubs eine größere Herausforderung für die Spannungshaltung dar als eine Anlage in unmittelbarer Nähe des Transformators. Zusätzlich zur Versorgungsaufgabe lässt sich ein Verteilnetz durch die Topologie, d.h. durch die Struktur des Netzes sowie die eingesetzten Betriebsmittel charakterisieren. Dabei spielen insbesondere die Bemessungsscheinleistung der Transformatoren, die Art der Leitung sowie ihr Material und Querschnitt eine entscheidende Rolle.

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4 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Urbane Netze sind in der Regel stark genug für die Aufnahme einer hohen PV-Leistung ausgelegt und weisen gleichzeitig oftmals eine verhältnismäßig geringe PV-Durchdringung auf. Dies gilt ebenfalls für gewerblich oder industriell geprägte Netze. In diesen Netztypen sind daher durch den PV-Ausbau keine wesentlichen Probleme zu erwarten. Größere Probleme zeichnen sich in vorstädtischen und ländlichen Bestandsnetzen in der Niederspannungs-Ebene (0.4 kV) ab, da diese üblicherweise durch eine strahlenförmige Struktur, mitunter langen Ausläufern und vielfach einer hohen PV-Leistung im Vergleich zur Last gekennzeichnet sind.

Die kritische Belastung der Netze durch PV-Anlagen hängt von individuellen Netzparametern ab und variiert auch innerhalb ähnlicher Netzstrukturen stark. Nicht für alle kritischen Belastungen werden PV-Speicher die beste Lösung zur Beseitigung dieser Probleme darstellen. Allerdings können PV-Speicher je nach technischer Ausprägung und Position im Netz durch einen netzdienlichen Einsatz die Netze entlasten und somit einen hohen Nutzen durch einen vermiedenen Netzausbau für diese Netze besitzen (siehe Kapitel 3.2). In welchen Fällen PV-Speicher das Netz besonders entlasten können, wird im Rahmen des Projektes untersucht.

2.2 Prosumer Interessen

Mit Prosumer (producer (Erzeuger) und consumer (Verbraucher)) werden PV-Anlagenbesitzer bezeichnet, da diese sowohl Strom erzeugen und ins Netz einspeisen, als auch Strom verbrauchen und zu bestimmten Zeiten aus dem Netz beziehen müssen.

These 4: Netzdienliche Betriebsweisen erfordern entsprechende Rahmenbedingungen

Die derzeitigen Rahmenbedingungen setzen keine ausreichenden Anreize für eine netzdienliche Betriebsweise von PV-Speichern. Im Vordergrund steht derzeit allein die Optimierung des Eigenverbrauchs des Anlagenbetreibers. Erst durch zusätzliche ökonomische oder regulatorische Anreize kann ein netzdienlicher Betrieb angeregt werden.

Hauptargument für private Investitionen in PV-Speicher stellt derzeit die Steigerung des Eigenverbrauchs des selbst erzeugten PV-Stroms dar. Die EEG-Vergütung für neue PV-Anlagen bis 10 kWp liegt derzeit bei 14,27 ct/kWh (Stand: Oktober 2013). Verbraucht man den Strom selbst und reduziert gleichzeitig auch den Bezug aus dem Netz, so lassen sich die zuletzt auf über 28 ct/kWh (BDEW 2013) gestiegenen Strombezugskosten vermeiden. Jede selbstverbrauchte Kilowattstunde PV-Strom hat also einen Mehrwert von circa 15 Cent gegenüber der Einspeisung. Perspektivisch ist mit kontinuierlich steigenden Strompreisen und moderat sinkenden Preisen für PV-Erzeugung zu rechnen, so dass der Deckungsbeitrag bereits in 5 Jahren 20 bis 25 ct/kWh erreichen könnte.

Legt man die Investitionskosten der Speichersysteme auf die während der prognostizierten Lebens- bzw. Nutzungsdauer durchgesetzten Kilowattstunden um, so ergeben sich derzeit

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Thesen 5

Kosten, die noch um ein Vielfaches über dem derzeitigen Mehrwert von selbst verbrauchtem Strom liegen. Ein wirtschaftlicher Betrieb von PV-Speichern lässt sich derzeit nur darstellen, wenn über einen langen Zeitraum von sehr hohen Strompreissteigerungen ausgegangen wird. Dabei ist der Speicher umso nützlicher für seinen Betreiber, je stärker er den Eigenverbrauch erhöht. Folglich werden praktisch alle derzeit am Markt verfügbaren PV-Speicher zur Maximierung des Eigenverbrauchs ausgelegt.

Bei diesen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist nicht zu erwarten, dass die Betreiber von PV-Speichern freiwillig oder unentgeltlich eine Betriebsstrategie wählen, die einen Nutzen für Netzbetreiber oder die Allgemeinheit darstellt, aber die Wirtschaftlichkeit des Speichers möglicherweise mindert. Ein netzdienlicher Betrieb ist daher nur durch entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen zu erwarten. Diese können entweder Pflichtbestimmungen durch Gesetze, Vorschriften oder technische Regeln sein, oder Marktdesigns, die den netzdienlichen Betrieb monetär belohnen und so anreizen (siehe Kapitel 4.1). Wichtig ist bei solchen Regelungen, die Akzeptanz der Anlagenbetreiber nicht zu verlieren. Daher bietet es sich an, entsprechende Vorschriften mit finanziellen Anreizen zu ergänzen, was auch durch die Öffnung der Speicher für bestimmte Energie- oder Systemdienstleistungsmärkte erreicht werden kann (Kapitel 4.3).

These 5: PV-Speicher können den Eigenverbrauch steigern

Hauptargument bei der Vermarktung von PV-Speichern stellt derzeit die Steigerung des Eigenverbrauchs dar. Verbraucht man den erzeugten Strom selbst, so lassen sich die zuletzt auf über 28 ct/kWh (BDEW 2013) gestiegenen Strombezugskosten vermeiden. Durch den Einsatz von PV-Speichern kann der Eigenverbrauch von Haushalten von typischer Weise weniger als 30% auf über 60% erhöht werden, da zu Mittagsspitzen eingespeicherter Strom beispielsweise während den Abendstunden genutzt werden kann. Die Erhöhung hängt im Wesentlichen von den drei Faktoren jährlicher Haushaltsverbrauch, PV-Anlagengröße und Batteriekapazität ab (siehe Abbildung 2.1).

Ebenso haben verschiedene Betriebsstartegien des Speichers einen Einfluss auf die Höhe des Eigenverbrauches. Welche Verluste für den Prosumer dabei entstehen, in welchem Maße die Stromnetze entlastet werden können und welche Maßnahmen bzw. Rahmenbedingungen für systemdienliche Betriebsweisen notwendig sind, werden im Rahmen des Projektes analysiert.

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Abbildung 2.1: Eigenverbrauchsquoten bei einem Haushaltsverbrauch von 4800 kWh/a. Der

Batteriespeicher wird ausschließlich zur Maximierung des Eigenverbrauches betrieben.

Weitere Informationen zur Eigenverbrauchssteigerung sind in Kapitel 4.2 zu finden.

2.3 Gesellschaftliche Überlegungen

These 6: PV-Speicher beeinflussen sowohl den Merit-Order-Effekt als auch die EEG-Umlage

Nachfrage und Angebot beeinflussen über den Merit-Order-Effekt den Börsenpreis. Der preisreduzierende Einfluss hoher PV-Einspeisung zur Mittagszeit wird durch die Reduktion des EE-Angebots durch den Einsatz der PV-Speicher gedämpft, die EEG-Differenzkosten stabilisiert und die Wettbewerbsfähigkeit von EE-Erzeugern gestärkt.

Als wichtiger Teil der Energiewende wird die PV-Stromproduktion durch das Instrument des EEG unterstützt und Betreibern von PV-Anlagen eine fixe Vergütung bezahlt, die kontinuierlich der Marktentwicklung angepasst wird. Durch PV-Speicher wird zunächst die Gesamtmenge, die über das EEG vergütet werden muss reduziert. Die Differenzkosten zwischen der PV-Vergütung und dem tatsächlichen Wert des PV-Stroms werden auf Basis von Börsenstrompreisen berechnet und auf die Strompreise umgelegt (EEG-Umlage). Dabei gelten Ausnahmeregelungen für stromintensive Verbraucher. Der Börsenstrompreis hat somit einerseits Einfluss auf die EEG-Umlage, andererseits übt der PV-Strom selbst aber neben dem direkten Einfluss auf die EEG-Umlage auch Einfluss auf den Börsenstrompreis aus.

Durch den Merit-Order-verdrängt PV-Strom, der zumeist in der Tageskernzeit eingespeist wird, wenn die Last ihre Mittagsspitze erreicht, überwiegend teure Spitzenlastkraftwerke. Diese Verdrängung konventioneller Kraftwerke senkt den gesamten resultierenden Strompreis und damit auch die Auslastung und Rentabilität der klassischen

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Spitzenlastkraftwerke und erhöht die Differenzkosten gegenüber der fixen PV-Vergütung und damit auch die EEG-Umlage (vgl. Kapitel 5.1).

PV-Speicher haben also auf zwei Wegen eine kostendämpfende Wirkung auf die EEG-Umlage. Zum einen führt die geringere PV-Einspeisung durch Anlagen mit Batteriespeicher zu einer Stabilisierung der Börsenstrompreise und der EEG-Differenzkosten, Zum anderen geht ein geringerer Anteil des PV-Stroms an die Börse und wir nicht über das EEG vergütet. PV-Speicher stärken somit die Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren insgesamt.

These 7: PV-Speicher zum Eigenverbrauch führen zu Strompreissteigerungen und erfordern neue Marktdesigns.

Diverse Strompreiskomponenten (EEG- und KWK-Umlage, Netzentgelte, Stromsteuer, Konzessionsabgabe) werden derzeit auf den Arbeitspreis erhoben. PV-Eigenverbraucher mit PV-Speichern beteiligen sich weniger daran, so dass die Gemeinkosten auf eine geringere Abnahmemenge umgelegt werden muss. Alternative Abrechnungsmodelle werden daher diskutiert, die starken Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von PV-Speichern haben können (z. B. höhere Grundpreise; Beaufschlagung von Eigenverbrauch).Die Photovoltaik stand in den letzten Jahren immer wieder in der Kritik, da sie aufgrund der höchsten Vergütung pro kWh als besonderer Kostentreiber in der EEG-Umlage angesehen wurde. Auf der anderen Seite konnte die Photovoltaik in den letzten Jahren die stärksten Kostenreduktionen unter den Erneuerbaren vorweisen.

Betreiber von PV-Speichern reduzieren einerseits die EEG-Umlage, ziehen jedoch sehr viel weniger Strom aus dem Netz und beteiligen sich somit auch weniger an den anderen Strompreisbestandteilen, die ebenfalls über den Arbeitspreis pro Kilowattstunde abgerechnet werden. In der Folge werden einige dieser Strompreisbestandteile (Netzentgelte, Offshore-, und §19-StromNEV-Umlage) für alle Stromverbraucher steigen, während andere zu Mindereinnahmen in anderen öffentlichen Kassen führen (Stromsteuer, Konzessionsabgabe, KWK-G). Bereits Rechnungen aus dem Jahr 2010 (Podewils und Rutschmann 2010) haben gezeigt, dass die Einsparungen bei der EEG-Umlage durch Eigenverbrauch durch die Mindereinnahmen überkompensiert werden, sodass kein finanzieller Entlastungseffekt für die Bürger zu erwarten ist (vgl. Kapitel 5.1).

Welche Maßnahmen das Entsolidarisierungs-Potenzial durch einen starken Anstieg des PV-Eigenverbrauchs ausgleichen könnten, wird zurzeit kontrovers diskutiert (vgl. Kapitel 5.2). Dementsprechend sollten diese Effekte im Rahmen des Vorhabens PV-Nutzen mit betrachtet werden.

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3. Technische Aspekte

3.1 Chemische Speichersysteme mit internem Speicher

Schwerpunktmäßig werden diejenigen Speichertechnologien untersucht, welche sich aufgrund ihrer technischen Eigenschaften am ehesten für den dezentralen Einsatz in Privathaushalten eignen. Dies sind nach heutigem Kenntnisstand Lithium-Ionen- und Blei-Säure-Batterien. Ein kurzer Überblick über diese Technologien wird im Folgenden gegeben.

3.1.1 Blei-Säure-Technologie

Die Blei-Säure-Batterie ist die heute nach installierter Kapazität mit Abstand am weitesten verbreitete Batterietechnologie und zählt zudem zu den ältesten und am weitesten entwickelten Batterietechnologien. Sie finden vor allem als Starterbatterien von Kraftfahrzeugen, Backupspeicher zum Beispiel in unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV) von IT-Anlagen, Krankenhäusern, Telekommunikationsanlagen etc. Verbreitung.

Blei-Säure-Batterien haben eine positive und eine negative Elektrode, die in verdünnter Schwefelsäure eingetaucht sind (Abbildung 3.1). Durch einen ionenleitenden Separator werden die beiden Elektroden voneinander separiert. Die verdünnte Schwefelsäure dient hierbei sowohl als Elektrolyt als auch als Reaktionspartner. Durch den Separator wird zum einen ein Schutz vor Kurzschlüssen und zum anderen eine zusätzliche Stabilität des Elektrodenmaterials über die Lebensdauer der Batterie sichergestellt.

Abbildung 3.1: Prinzip des Entlade- und Ladevorgangs in einer Blei-Säure-Zelle (Grafik: Fuchs

et al. 2012).

Aufgrund der niedrigen Investitions- und relativ geringen Lebenszyklus-Kosten sind Blei-Säure-Batterien auf kurz- und mittelfristige Sicht eine wichtige Technologie. Einige Vor- und Nachteile sind in Tabelle 3.1 aufgeführt.

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Technische Aspekte 9

Tabelle 3.1: Vor- und Nachteile der Blei-Säure-Technologie (ISEA 2013). Vorteile Nachteile

+ Kostengünstigste Technologie, hohe Stückzahl

+ höchste integrierte Entwicklungszeit und Betriebserfahrung

+ sehr gute Rezyklierbarkeit + Ressourcenverfügbarkeit

− relativ geringe Energiedichte und Lebensdauer

− bei fehlerhaftem Betrieb kann Knallgasbildung und damit Explosionsgefahr auftreten

− eventuell Belüftung des Betriebsraums notwendig

3.1.2 Lithium-Ionen-Technologie

Als Lithium-Ionen-Batterien wird eine ganze Familie elektrochemischer Reaktionspaare bezeichnet. Die bekannteste Anwendung von Lithium-Ionen-Batterien liegt im portablen Einsatz wie Laptops und Handys.

Die positive Elektrode, bestehend aus Lithium-Metalloxid oder -Phosphat, und die negative Elektrode, bestehend aus Kohlenstoff oder Graphit, befinden sich in einem Elektrolyten, der aus in organischen, flüssigen Lösungsmitteln gelöst Lithiumsalzen besteht. Die Ionen werden im Elektrodenmaterial eingelagert (interkaliert), anstatt chemisch gebunden zu werden (Abbildung 3.2). Dies ermöglicht eine hohe Reversibilität.

Abbildung 3.2: Prinzip des Entlade- und Ladevorgangs in einer Lithium-Ionen-Zelle (Grafik:

Fuchs et al. 2012).

Lithium-Ionen-Batterien können aus ganz unterschiedlichen Elektrolyten sowie verschiedenen Kombinationen von Elektrodenmaterialien zusammengesetzt werden, wodurch unterschiedliche Charakteristika entstehen. Durch die große Anzahl möglicher Materialkombinationen gibt es noch immer umfangreiche Entwicklungsarbeiten. Die größte Herausforderung besteht darin, für Lithium-Ionen-Batterien eine deutliche Kostensenkung

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bei gleichzeitig akzeptabler Lebensdauer und Betriebssicherheit zu erzielen. Einige Vor- und Nachteile dieser Technologie sind in Tabelle 3.2 aufgeführt.

Tabelle 3.2: Vor- und Nachteile der Lithium-Ionen-Technologie (ISEA 2013). Vorteile Nachteile

+ bewährte Technologie aus dem Bereich portabler Anwendungen

+ hohe Energiedichte, hohe Lebensdauer (insbesondere Zyklenfestigkeit)

+ keine Entwicklung von Gasen, Einsatz in geschlossenen Räumen möglich

+ hohes Kostensenkungspotenzial

− relativ hohe Kosten − Batteriemanagement notwendig, da

sonst Brand- und Explosionsgefahr bei fehlerhaftem Betrieb

− Ressourcenverfügbarkeit von Lithium und anderen Industriemetallen

− enthaltene Gefahrenstoffe

3.2 Herausforderungen an die Stromnetze durch vermehrte PV-Einspeisung

Ein erhöhter PV-Ausbau im Verteilungsnetz führt im Wesentlichen zu zwei Problemen. Zum einen kann die Netzbelastung kritisch ansteigen und zum anderen muss der Netzbetreiber fluktuierendes Angebot und Nachfrage regulieren. Im Folgenden werden zunächst die für die Betrachtung von PV-Speichern relevanten Netzaspekte und Regularien vorgestellt und im Anschluss potentielle Probleme durch die Integration fluktuierender dezentraler Einspeiser sowie Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt.

3.2.1 Technische Grundlagen der Netze

Der Stromfluss über elektrische Leitungen führt in Abhängigkeit der Flussrichtung zu Spannungsabsenkungen oder -anhebungen von einem Leitungsende zum anderen. Im Falle dezentraler Einspeisung durch PV-Anlagen tritt daher eine Anhebung der Spannung am Ort des Anschlusses auf.

Verteilungsnetze unterscheiden sich erheblich in Versorgungsaufgabe und Netztopologie. Die Versorgungsaufgabe ist im Wesentlichen durch die Höhe von Erzeugung und Last sowie ihre Verteilung innerhalb des betrachteten Netzes gekennzeichnet. Zusätzlich zur Versorgungsaufgabe lässt sich ein Verteilnetz durch die Topologie, d.h. durch die Struktur des Netzes sowie die eingesetzten Betriebsmittel, in erster Linie Transformatoren und Leitungen, charakterisieren. Dabei spielen insbesondere Bemessungsscheinleistung, die Art der Leitung (Kabel oder Freileitung), sowie ihr Material und Querschnitt eine entscheidende Rolle. In Bezug auf die Topologie kann zwischen Maschen-, Ring -und Strahlenstrukturen unterschieden werden (siehe Abbildung 3.3).

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Technische Aspekte 11

Abbildung 3.3: Schematische Netzstrukturen von mittelspannungsseitig einsträngig

gespeisten Niederspannungsnetzen (Grafik: Scheffler 2002)

3.2.2 Regulatorische Aspekte

Für einen reibungslosen Netzbetrieb sind technische Rahmenbedingungen notwendig, die trotz der PV-Integration eingehalten werden müssen. Die Anforderungen an den Netzbetrieb werden u.a. in DIN EN 50160, welche die „Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen“ beschreibt, festlegt. In Tabelle 3.3 ist ein Überblick über die wesentlichen Vorgaben der DIN EN 50160 dargestellt.

Tabelle 3.3: Überblick über die Norm DIN EN 50160 (Quelle: B&W 2005)

EN 50160 Werte bzw. Wertebereich

Niederspannung Mittelspannung

Langsame Spannungsänderungen

230V ±10% Uc ±10%

Schnelle Spannungsänderungen

5%, max. 10% 4%, max. 6%

Spannungseinbrüche (<1 Min)

Einige 10 bis 1000 p.a. (unter 85% Uc)

Kurze Versorgungsunterbrechungen (< 3Min)

Einige 10 bis mehrere 100 p.a. (unter 1% Uc)

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Die Norm (EN 50160) legt die Merkmale der Versorgungsspannung fest, wie Frequenz, Höhe, Kurvenform und Symmetrie der Außenleiterspannung. Die Einhaltung dieser in der Norm definierten Grenzwerte ist für einen sicheren Netzbetrieb notwendig und wird durch die Netzbetreiber sichergestellt. Eine Anpassung dieser Grenzwerte ist nicht zielführend, da die Norm eine gleichbleibende Stromqualität für alle Netzkunden garantiert.

Die in Europa zulässige Abweichung von der Nennspannung (Un) ist in DIN EN 50160 bei langsamen Spannungsänderungen auf ± 10% begrenzt. Genauer gesagt: „Unter normalen Betriebsbedingungen müssen 95% der 10-Minuten-Mittelwerte des Effektivwertes der Versorgungsspannung jedes Wochenintervalls innerhalb des Bereichs Un ± 10% liegen. Gleichzeitig müssen alle 10-Minuten-Mittelwerte des Effektivwertes der Versorgungsspannung innerhalb des Bereichs Un + 10% / - 15% liegen.“ Aufgrund von §9 EEG und §11 StromNZV sind die Netzbetreiber in der Pflicht, durch die Einhaltung dieser Regularien einen reibungslosen Netzbetrieb zu gewährleisten und Abhilfe für auftretende technische Probleme zu schaffen.

Durch die Integration von großen Erzeugungsanlagen kann es zu Spannungsanhebungen über den Grenzwert gemäß DIN EN 50160 hinaus kommen. Die Einhaltung dieser Grenzen soll daher durch die Anschlussbedingungen für PV-Anlagen in VDE AR 4105 gewährleistet werden. Eine Anlage darf demnach nur angeschlossen werden, wenn sie die Spannung um weniger als 3% im Vergleich zur Spannung ohne Erzeugungsanlage anhebt.

Die Erzeugungsanlagen in der Niederspannungsebene sind jedoch nicht zwangsläufig allein ursächlich für die Überhöhung der Spannung. Vielmehr kann die Spannungserhöhung teilweise aus überlagerten Netzebenen stammen, da diese nicht entkoppelt sind. Beispielsweise findet sich eine erhöhte Spannung in der Mittelspannungsebene auch in der Niederspannungsebene wieder. Durch die 3%-Grenze soll sichergestellt werden, dass auch im Fall einer bereits erhöhten Spannung die Einspeisung weiterer Anlagen nicht zu einer Spannungserhöhung von über 10% führt.

3.2.3 Probleme durch PV-Integration

Die Probleme im Zusammenhang mit den Netzrichtlinien, die durch PV-Anlagen verletzt werden können, werden im Folgenden dargestellt.

PV-Anlagen werden in Deutschland vorwiegend an die Niederspannungsebene angeschlossen und produzieren dadurch den Strom verbrauchsnah. Allerdings kann dieser erhöhte PV-Ausbau im Verteilungsnetz zu zwei wesentlichen Problemen führen:

• Kritischer Anstieg der Netzbelastung durch Aufnahme des Stroms aus PV-Anlagen.

• Notwendiger Ausgleich des fluktuierenden Angebots und Nachfrage aus erneuerbaren Quellen zur Sicherung der Systemstabilität.

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Technische Aspekte 13

Spannungshaltung

Spannungsbandverletzungen durch PV-Einspeisung sind vornehmlich in ländlichen Netzen mit langen Leitungslängen ein zunehmend auftretendes Problem. Abbildung 3.4 zeigt zwei Stränge im Mittel- und Niederspannungsnetz (MS/NS) mit einem unterschiedlichen Spannungsverlauf (Un). Netzstrang 2 stellt exemplarisch einen typisch Spannungsverlauf ohne dezentrale Einspeiser dar. Die Spannung fällt aufgrund der Last (ohmscher Widerstand) kontinuierlich bis zum Minimum am Leitungsende ab. Exemplarisch führt in Netzstrang 1 die dezentrale Einspeisung durch PV-Anlagen zu einem Anstieg der Netzspannung.

Abbildung 3.4: Beispielhafter Spannungsverlauf in zwei Netzsträngen (links: Aufbau der

beiden Netzstränge (oben: Netzstrang 1), rechts: Spannungsverlauf der beiden Netzstränge von der Sammelschiene (rot: der Netzstrang mit PV-Einspeisung) (Grafik: IFHT 2013)

In Abbildung 3.5 sind die Auswirkungen von PV-Anlagen auf die Spannung im Verteilungsnetz in Abhängigkeit der solaren Einstrahlung eingetragen. Bei hoher Solareinstrahlung und einer hohen Anzahl von PV-Anlagen in den Netzen, kann der Grenzwert gemäß DIN EN 50160 verletzt werden.

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14 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Abbildung 3.5: Spannungserhöhung beim Verbraucher (exemplarisch), Spannungsanstieg bei

steigender solarer Einstrahlung (Laukamp 2006) 1

Betriebsmittelüberlastung

Die erhöhte PV-Einspeisung führt mitunter zu einer Überschreitung der Stromtragfähigkeit und damit der thermischen Belastbarkeit der Leitungen in den Verteilungsnetzen. Je nach untersuchtem Netzzustand ist es möglich, dass einzelne Leitungen überlastet sind.

Die Belastung kann nicht nur am unmittelbaren Ort der Einspeisung der limitierende Faktor sein, sondern kann auch entferntere, zum Abtransport notwendige, Leitungsabschnitte in höheren Spannungsebenen betreffen. Durch lokalen Netzausbau können die Probleme der Betriebsmittelüberlastungen vor Ort behoben werden. Dadurch können die Netzprobleme möglicherweise in höhere Spannungsebenen verschoben werden, da die Einspeisung durch dezentrale Anlagen einer hohen zeitlichen Korrelation unterworfen ist. Neben der Leitungsbelastung begrenzt die Bemessungsleistung der Transformatoren im Falle von Rückspeisung in höhere Netzebenen möglicherweise die Aufnahmefähigkeit von PV-Leistung ins Netz.

Frequenzstabilität

Für die Systemstabilität des europäischen Verbundnetzes ist die Netzfrequenz von 50 Hz maßgeblich. Im Normalfall schwankt die Frequenz im geringen Maße ständig um 50 Hz. Kritisch ist eine signifikante Abweichung aufgrund eines großen Ungleichgewichts zwischen Erzeugung und Verbrauch, die ein zulässiges Rauschen überschreitet. Bei größeren Abweichungen der Frequenz wird die Regelenergie (Primär-, Sekundär- und Tertiärreserve) eingesetzt, um die Frequenzabweichung zu reduzieren.

1 Dreiphasige Betrachtung (L1-L3) im Verteilnetz

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Technische Aspekte 15

Dezentrale Anlagen trugen in der Vergangenheit keinen Beitrag zur Frequenzstabilisierung bei. Die älteren technischen Richtlinien wie EN 50438:2007; DIN VDE 0126 forderten für Erzeugungsanlagen im Niederspannungsnetz, wie etwa PV-Anlagen, die Trennung vom Netz, wenn die Frequenz von 50,2 Hz überschritten wird. Diese Regelung stammt aus Zeiten mit geringen installierten Leistungen aus Kleinerzeugungsanlagen. Heute würde diese Regelung in Zeiten starker EE-Einspeisung dazu führen, dass im Extremfall mehrere GW Leistung abrupt abgeschaltet werden und der resultierende Leistungssprung die vorzuhaltende Primärregelleistung übersteigen kann. In diesem Falle des deutlichen Überschwingens könnte die Netzfrequenz nicht stabilisiert werden, so dass es zu Stromausfällen kommen würde. Diese Problematik wurde in der sogenannten 50,2 Hz Diskussion umfassend erörtert.

Die einzelnen dezentralen Einspeiser in niedrigen Spannungsebenen tragen demnach aufgrund ihrer relativ geringen Leistungsklassen normalerweise nicht ursächlich zu Problemen der Frequenzstabilität bei, können diese durch eine gemeinsame Reaktion jedoch verschärfen. Durch eine Anpassung des Überfrequenzkriteriums hin zu einer moderaten Wirkleistungsreduktion kann ein Beitrag zur Erhaltung der Systemstabilität durch dezentrale Anlagen geleistet werden. Dabei wird die Wirkleistung zwischen zwei Frequenzgrenzen linear abgesenkt. Die Anlage reduziert ihre Leistung daher nicht schlagartig auf null, sodass der zuvor beschriebene Schwingvorgang verhindert werden kann. Inzwischen sind PV-Anlagen zur Umrüstung auf eine solche lineare Wirkleistungsreduktion verpflichtet.

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16 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

4. Prosumer Interessen

4.1 Fördermechanismen

Seit der Einführung des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) im Jahre 2000 tragen Erneuerbare Energien (EE) einen zunehmend signifikanten Anteil zur Stromerzeugung bei. Mit der Novelle im EEG 2012 wurde die PV-Fördergrenze auf 52 GW festgelegt (Ende Januar 2013 waren etwa 32,5 GW PV-Leistung installiert (Burger 2013). Danach erfolgt keine weitere Förderung für Neuanlagen, jedoch bleibt die Anschluss- und Abnahmeverpflichtung seitens der Netzbetreiber bestehen. Vor Erreichung des Gesamtausbauziels soll die Bundesregierung rechtzeitig einen Vorschlag für eine Neugestaltung vorlegen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) geht davon aus, dass in einigen Teilbereichen die Photovoltaik zu diesem Zeitpunkt bereits wettbewerbsfähig sein wird, während sich in anderen Marksegmenten Anschlussfragen stellen. Darüber hinaus resultieren aus den unterschiedlichen Einstrahlungsbedingungen unterschiedliche lokale Anreize für den Ausbau von PV-Anlagen.

Ab Mai 2013 ist die Förderrichtlinie für stationäre und dezentrale Batteriespeichersysteme in Kombination mit PV-Anlagen, die ab dem 1. Januar 2013 im Sinne des EEG installiert wurden, zur Erhöhung des Eigenverbrauchs gestartet (BMU 2013). Es werden Anlagen bis maximal 30 kWp innerhalb Deutschlands gefördert, wobei die Förderung vor der Anschaffung des Speichers beantragt werden muss. Durch die Kombination aus der Förderung und den eingesparten Stromkosten durch die Erhöhung des Eigenverbrauchs könnte sich die Anschaffung des Speichers für die PV-Anlagen Besitzer rentieren. Die geförderten Speicher müssen mindestens fünf Jahre zweckentsprechend betrieben werden.

Folgende wesentliche, technische Voraussetzungen gelten für die Förderung der Batteriespeicher, welche z.T. mit Zertifikaten nachgewiesen werden müssen:

- Die maximale Leistungsabgabe wird auf 60% der installierten Leistung der PV-Anlage am Netzanschlusspunkt für die Lebensdauer der PV-Anlage (min. 20 Jahre) begrenzt. Dieser Zeitraum ist nicht an den Betrieb des Speichers gekoppelt.

- Der Wechselrichter muss über geeignete elektronische und offengelegte Schnittstellen zur Fernparametrierung und Fernsteuerung verfügen. Durch die Fernparametrierung sollen basierend auf Netzparameter (Spannung, Frequenz) bei Bedarf eine Neueinstellung der Kennlinien für die Wirk- und Blindleistung möglich sein. Diese Eingriffe in die Steuerung der PV-Anlage erfordern die Erlaubnis des Anlagenbetreibers.

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Prosumer Interessen 17

- Die Anlagen müssen geltenden Anwendungsregeln und Netzanschlussrichtlinien entsprechen.

Die Berechnung der Förderhöhe unterscheidet sich in Abhängigkeit vom Bau des PV-Speichers: kombinierter Neubau einer PV-Anlage mit einem Batteriespeicher oder die Nachrüstung eines PV-Speichers zu einer bestehenden PV-Anlage. Die Förderung der PV-Speicher besteht aus einem Zuschuss zur Tilgung des in Anspruch genommenen Kredites bei der KfW und beträgt 30% an den förderfähigen Kosten.

𝐹ö𝑟𝑑𝑒𝑟𝑓äℎ𝑖𝑔𝑒 𝐾𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛

= 𝑆𝑝𝑒𝑧𝑖𝑓𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒 𝑓ö𝑟𝑑𝑒𝑟𝑓äℎ𝑖𝑔𝑒 𝐾𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛 ∗ 𝐹ö𝑟𝑑𝑒𝑟𝑓äℎ𝑖𝑔𝑒 𝐿𝑒𝑖𝑠𝑡𝑢𝑛𝑔 𝑑𝑒𝑟 𝑃𝑉–𝐴𝑛𝑙𝑎𝑔𝑒

Die förderfähige Leistung ist durch die installierte Leistung der PV-Anlage, an welcher der PV-Speicher betrieben wird, gegeben.

Die Berechnung der spezifischen förderfähigen Kosten für einen Neubau eines kombinierten Batteriespeicher-Photovoltaikanlagensystem setzt sich wie folgt zusammen:

𝑆𝑝𝑒𝑧𝑖𝑓𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒 𝑓ö𝑟𝑑𝑒𝑟𝑓äℎ𝑖𝑔𝑒 𝐾𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛

=𝐺𝑒𝑠𝑎𝑚𝑡𝑛𝑒𝑡𝑡𝑜𝑖𝑛𝑣𝑒𝑠𝑡𝑖𝑡𝑖𝑜𝑛𝑠𝑘𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛 𝑖𝑛𝑘𝑙. 𝐼𝑛𝑠𝑡𝑎𝑙𝑙𝑎𝑡𝑖𝑜𝑛𝑠𝑘𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛 − 𝐾𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛 𝑑𝑒𝑟 𝑃𝑉 − 𝐴𝑛𝑙𝑎𝑔𝑒

𝐼𝑛𝑠𝑡𝑎𝑙𝑙𝑖𝑒𝑟𝑡𝑒 𝐿𝑒𝑖𝑠𝑡𝑢𝑛𝑔 𝑑𝑒𝑟 𝑃𝑉 − 𝐴𝑛𝑙𝑎𝑔𝑒

Die spezifischen förderfähigen Kosten für den Neubau eines kombinierten Systems sind auf ein Maximum von 2000 €/kWp begrenzt. Somit durch die Förderung von 30% der förderfähigen Kosten eine maximale Förderung von 600 €/kWp möglich.

Wird zu einer bestehenden Photovoltaikanlage ein Batteriespeichersystem nachgerüstet, muss zunächst nachgewiesen werden, dass der Inbetriebnahmezeitpunkt der PV-Anlage nach dem 31. Dezember 2012 liegt und der Bau des Batteriespeichers mindestens sechs Monate nach dem Bau der PV-Anlage erfolgt. In diesem Fall berechnen sich die spezifischen förderfähigen Kosten aus dem Verhältnis der Investitionskosten des Speichers zur installierten Leistung der PV-Anlage:

𝑆𝑝𝑒𝑧𝑖𝑓𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒 𝑓ö𝑟𝑑𝑒𝑟𝑓äℎ𝑖𝑔𝑒 𝐾𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛

= 𝐼𝑛𝑣𝑒𝑠𝑡𝑖𝑡𝑖𝑜𝑛𝑠𝑘𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛 𝑑𝑒𝑠 𝐵𝑎𝑡𝑡𝑒𝑟𝑖𝑒𝑠𝑝𝑒𝑖𝑐ℎ𝑒𝑟𝑠 𝑖𝑛𝑘𝑙. 𝐼𝑛𝑠𝑡𝑎𝑙𝑙𝑎𝑡𝑖𝑜𝑛𝑠𝑘𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛

𝐼𝑛𝑠𝑡𝑎𝑙𝑙𝑖𝑒𝑟𝑡𝑒 𝐿𝑒𝑖𝑠𝑡𝑢𝑛𝑔 𝑑𝑒𝑟 𝑃𝑉 − 𝐴𝑛𝑙𝑎𝑔𝑒

Die maximal förderfähigen Kosten für das nachgerüstete System betragen 2200 €/kWp und resultieren damit in einer maximalen Förderung von 660 €/kWp.

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18 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Diese Förderinitiative soll auch im Jahr 2014 fortgeführt werden. In 2013 beträgt die vorgesehene Gesamtförderhöhe 25 Mio. Euro.

Die in These 4 diskutierten Weiterentwicklungen der Förderung von PV-Speicher um die Möglichkeit der Steuerung für netzdienliche Betriebsweisen oder zur Teilnahme an Regelenergiemärkten sind im Moment noch nicht umgesetzt, werden aber im Rahmen dieses Projekt näher vorgestellt und untersucht.

4.2 Berechnung der Eigenverbrauchssteigerung durch PV-Speicher

Der Eigenverbrauch ist definiert als der Anteil des selbst verbrauchten Stromes zum gesamt erzeugten PV-Strom:

𝐸𝑖𝑔𝑒𝑛𝑣𝑒𝑟𝑏𝑟𝑎𝑢𝑐ℎ =𝑠𝑒𝑙𝑏𝑠𝑡𝑣𝑒𝑟𝑏𝑟𝑎𝑢𝑐ℎ𝑡𝑒𝑟 𝑃𝑉 –𝑆𝑡𝑟𝑜𝑚

𝑒𝑟𝑧𝑒𝑢𝑔𝑡𝑒𝑟 𝑃𝑉 –𝑆𝑡𝑟𝑜𝑚

Für PV-Systeme ohne Speicher ist der Eigenverbrauch durch den simultanen Überlapp von Erzeugung und Nachfrage gegeben. Je kleiner die PV-Anlage in einem gegebenen Haushalt ist, umso größer ist der selbst genutzte Anteil am erzeugten PV-Strom. Wie bereits in These 5 erläutert, kann durch den Einsatz von Batteriespeichersystemen der Eigenverbrauch erhöht werden. Durch die Speicherung von nicht simultan nutzbarem Strom kann dieser zu späteren Zeitpunkten verwendet werden und erhöht somit den Eigenverbrauch. Größere Batteriekapazitäten führen zu höheren Eigenverbrauchsraten, je größer jedoch die Batterie gewählt wird, umso geringer ist die zusätzliche Steigerung des Eigenverbrauches. Diese Größe hängt zudem von dem Verhältnis von PV-System zur jährlichen Haushaltslast ab (siehe Abbildung 4.1)

Abbildung 4.1: Eigenverbrauchsquoten für unterschiedliche Batterie- und PV-Anlagengrößen

normiert auf die jährliche Haushaltslast (Grafik: Struth et al. 2013).

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Prosumer Interessen 19

Kleine PV-Anlagen erzeugen nicht viel Überschussenergie, sodass dort der Eigenverbrauch durch einen Speicher nur gering vergrößert werden kann. Den größten relativen Nutzen von Speichersystemen kann für ein Verhältnis von PV-System zu jährlicher Haushaltslast von 0,2-1,1/1000 h, also beispielsweise für ein System mit einer 5 kWp PV-Anlage und einer Haushaltslast von 5000 kWh/a erreicht werden. Diese Berechnungen beziehen sich auf ein Energiemanagement, das den Eigenverbrauch maximiert. Alternative Betriebsstrategien, die nicht den Eigenverbrauch in erster Linie berücksichtigen, führen zu finanziellen Verlusten für den Anlagenbesitzer, haben jedoch das Potential das Stromnetz zu entlasten (mehr dazu in Kapitel 6).

Allerdings bewegen sich die Preise für PV-Batteriespeicher derzeit noch in Bereichen, die einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zulassen. Da in den nächsten Jahren weiterhin mit steigenden Strompreisen einerseits, und andererseits mit sinkenden Preisen für PV-Anlagen und Speichersystemen zu rechnen ist, könnte der Betreib von solchen Speichern in naher Zukunft wirtschaftlich darstellbar sein. Die Einspeisevergütung für elektrische Energie aus PV-Anlagen liegt seit 2012 unterhalb des Strompreises (ISE 2012); die sogenannte „Grid parity“ ist erreicht. Ab einer Differenz größer den Kosten einer gespeicherten kWh werden stationäre Batteriespeicher wirtschaftlich und eine gewisse Refinanzierung des Speichers durch die eingesparten Kosten wird möglich (mehr dazu in Kapitel 4.4).

In Kapitel 5.2 wird auf die kontroverse Diskussion bezüglich des erhöhten Eigenverbrauches durch PV-Speicher eingegangen.

4.3 Weitere Märkte für Speicher

Die Wirtschaftlichkeit von Speichern kann durch Teilnahme an existierenden Märkten wie dem Regelenergiemarkt verbessert werden. Im Folgenden werden einige dieser möglichen Märkte erläutert.

4.3.1 Systemdienstleistungen

Systemdienstleistungen in der Elektrizitätsversorgung sind all jene Dienste, die neben der Übertragung und Verteilung von elektrischer Energie zusätzlich vom Netzbetreiber erbracht werden. Einige Systemdienstleistungen können auch von dezentralen Speichern erbracht werden. Art und Umfang der bereitstehenden Systemdienstleistungen müssten den Betreibern des Speichers und des Verteilnetzes gemeldet und vergütet werden. Dezentrale Anlagen, wie etwa Speicher, können an Regelenergiemärkten teilnehmen, wenn sie zu einer Mindestgröße zusammengeschlossen (gepoolt) werden und damit die Teilnahmebeding-ungen für die Regelenergiemärkte erfüllen. Zurzeit existier kein Markt, an dem ein einzelner PV-Speicher durch seine begrenzte Leistungs- und Energiemenge partizipieren kann.

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20 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Frequenzregelung

Nachfrage und Angebot von Energie müssen, wie in Kapitel 3.2.3 beschrieben, jederzeit gleich groß sein. Der Richtwert für den notwendigen Ausgleich der Systemfrequenz beträgt im europäischen Verbundnetz 50 Hz. Ein Stromüberschuss erhöht die Systemfrequenz bzw. verringert sie, falls mehr Strom verbraucht als eingespeist wird. Speichersysteme können durch gezieltes Laden und Entladen zur Frequenzregelung beitragen: Durch das Laden eines Speichers wird die Stromnachfrage erhöht und durch Entladen kann die Stromnachfrage gesenkt werden. Eine solche Regelung kann ohne externe Kommunikation umgesetzt werden, indem die Speichersteuerung direkt auf die Systemfrequenz am Hausanschluss reagiert (sog. Statik). Derzeit existieren jedoch noch keine Marktmechanismen, um eine solche Leistung dezentraler PV-Speicher zu vergüten. Dezentrale Speicher könnten dabei sowohl Primärregelleistung bereitstellen als auch Instantanreserve, die heute ohne Vergütung aus den rotierenden Massen thermischer Kraftwerke bereitgestellt wird. Unter Instantanreserve versteht man die Kapazität zur Stromerzeugung, die bei Bedarf verwendet werden kann.

Spannungsregelung

In Übertragungs- und Verteilnetzen muss die Spannung innerhalb bestimmter Grenzwerte bleiben (vgl. Kapitel 3.2.3). Die Bereitstellung und Absorption von Blindleistung stellt eine Maßnahme zur Spannungsregulierung dar. Dezentrale PV-Speicher sind dazu in der Lage.

Stehende Reserve (standing reserve): Die stehende Reserve ist ebenfalls eine Kapazität, die zur Steigerung der Stromerzeugung genutzt werden kann, jedoch ist sie nicht mit dem Stromnetz verbunden und muss erst verbunden werden. Sie ist wie auch die rotierende Reserve keine reale Anwendung, sondern eine Methode um regelbare Leistung zur Verfügung zu stellen. Erzeuger bzw. Speicher erneuerbarer Energien können als stehende Reserve hinzugeschaltet werden.

Schwarzstartfähigkeit (black start capability): Viele Einheiten des Stromnetzes sind nach einem Systemfehler nicht in der Lage selbstständig wieder hochzufahren. Durch Energiespeichersysteme kann die benötigte Leistung zur Verfügung gestellt werden.

4.3.2 Energiemarkt

Das deutsche Erneuerbare Energie Gesetz (EEG) garantiert einen festen Einspeisetarif und bestimmt eine Vorrangregelung für Erneuerbare Energien. Dadurch kann jedoch keine bedarfsgerechte Stromerzeugung garantiert werden.

Speicher können grundsätzlich netz- oder marktgetrieben eingesetzt werden. Bei einem marktgetriebenen Einsatz wird auf Marktsignale, wie beispielsweise Preissignale an der

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Prosumer Interessen 21

Strombörse, reagiert. Dabei kann es aber zu zusätzlichen Netzbelastungen kommen, wenn die lokale Lastsituation von der deutschlandweiten Marktsituation abweicht. Laut der Studie (dena 2012) kommen diese Fälle nur sehr selten vor, jedoch sollte auf einen koordinierten Betrieb mit dem lokalen Netz geachtet werden.

4.4 Kostensenkungspotential

Bereits im Jahr 2012 wurde die sogenannte „Netzparität“ (grid parity) für Haushalte mit PV-Anlagen mit einer installierten Leistung kleiner 10 kWp erreicht, d.h. die Einspeisevergütung für den selbst erzeugten Strom liegt unterhalb des Strombezugspreises. Derzeit (Mitte 2013) beträgt die Einspeisevergütung für solche Anlagen etwa 15 ct/kWh und der Endkundenstrompreis liegt bei über 28 ct/kWh (BDEW 2013). In Abbildung 4.2 ist die Entwicklung der Einspeisevergütung und des Strompreises bis 2020 prognostiziert.

Abbildung 4.2: Entwicklungsprognose des Vergütungssatzes von PV-Anlagen sowie des

Endkunden-Strombezugspreises (ISE 2012).

Ab dem Jahr 2012 fällt die Einspeisevergütung immer weiter unter den Strompreis. Ab einer Differenz größer den Kosten einer gespeicherten kWh lohnt sich für den Anlagenbetreiber die Installation eines stationären Batteriespeichers zur Erhöhung des Eigenverbrauches (siehe auch Kapitel 4.2).

Kostensenkungspotentiale für PV-Speicher ergeben sich besonders in der industriellen Massenanfertigung (Skaleneffekte) und in der Entwicklung neuer Technologien. Geht man davon aus, dass durch steigende Nachfrage sowohl die angefertigten Stückzahlen als auch der Wettbewerb steigen, so ist mit Preissenkungen, wie auch durch die Entwicklung effizienterer Systeme, zu rechnen. Einen gegenläufigen Effekt hat hingegen die Verknappung

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22 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

von Ressourcen. Um eine preissenkende Entwicklung zu erzielen, sind mehrere Jahre der Forschung und Erprobung der Systeme im Feld notwendig. All diese Überlegungen gehen in die Prognose von Kostensenkungspotentialen für die kommenden Jahre ein. Abbildung 4.3 skizziert eine Prognose zum finanziellen Rahmen der Kostensenkung von Lithium-Ionen-Zellen bis 2030. Bei einer in 2011 aufgestellten Prognose zur Kostenentwicklung (ISEA 2011) wurde noch von einer langsameren Kostensenkung ausgegangen, als aktuell zu erwarten ist.

Abbildung 4.3: Kostenentwicklungs-Prognosen für Lithium-Ionen-Zellen für die mobile

Anwendung (Einschätzung: ISEA 2013).

Die Prognosen zur Kostenentwicklung in der Literatur werden fast ausschließlich für den Automobilbereich durchgeführt. Prinzipiell spricht nichts gegen eine Verwendung solcher Lithium-Ionen-Zellen im stationären Bereich, da dort die technischen Anforderungen eher unkritisch zu sehen sind. Aus technischer Sicht wären Zellen mit weniger hohen Anforderungen ausreichend. Durch Skaleneffekte kann es aber zu besseren Kostensenkungen bei Zellen für den Automobilbereich kommen, sodass sich diese dann auch eher für die stationäre Anwendung anbieten würden. Zudem entfallen dann doppelte Entwicklungskosten. Bei Bleibatterien ist jedoch zu beachten, dass sich die Zellkonstruktion bei stationären deutlich von mobilen Anwendungen unterscheidet. Starterbatterien sind Leistungszellen mit niedrigen Zyklentiefen, stationäre Bleibatterien werden hingegen mit hohen Entladetiefen und niedrigen Stromstärken ausgelegt. Um die kalendarische und zyklische Lebensdauer von stationären Batterien zu garantieren, werden diese oft überdimensioniert. Insgesamt ergeben sich deutlich höhere Materialkosten für stationäre Bleibatterien im Vergleich zu mobilen Zellen. In Abbildung 4.4 sind die spezifischen Kosten für derzeit am Markt befindliche PV-Speichersysteme mit Blei- und Lithium-Ionen-Technologie sowie jeweils für die

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Prosumer Interessen 23

verschiedenen Anschlussmöglichkeiten AC- (Wechselstrom) bzw. DC (Gleichstrom) -Topologie gezeigt.

Abbildung 4.4: Spezifische Kosten für aktuell angebotene PV-Speichersysteme, heller

Farbton: bezogen auf die nutzbare Kapazität, dunklerer Farbton: bezogen auf die installierte Bruttoleistung, aufsteigend sortiert (Grafik: ISEA 2013).

Derzeit sind Bleibatterien die kostengünstigere Variante, jedoch weisen Lithium-Ionen-Batterien ein größeres Kostensenkungspotential auf.

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24 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

5. Gesellschaftliche Überlegungen

Neben der Bedeutung von PV-Speichern für Prosumer und dem Nutzen, der für die Netze entstehen kann, haben PV-Speicher auch Auswirkungen auf gesellschaftliche Faktoren. Insbesondere kann durch die Nutzung von PV-Speichern die Verteilung der Gemeinkosten verändert werden. Dies ist auch Grundlage der kontroversen Diskussion, die derzeit zum Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom geführt wird.

Neben diesen Aspekten sollen auch noch Umweltwirkungen diskutiert werden, die durch den Gebrauch von PV-Speichern entstehen.

5.1 Preiseinflüsse

Die Preiseinflüsse von PV-Speichern beziehen sich zum einen auf den Verbraucherpreis, der für Haushaltskunden entsteht unabhängig davon, ob sie selber Betreiber eines PV-Speichers sind. Zum anderen beeinflussen PV-Speicher indirekt auch den Börsenpreis und haben damit Auswirkungen für das gesamte Energiesystem. Im Folgenden werden die Preisbildungsmechanismen und die Auswirkungen durch PV-Speicher dargestellt.

5.1.1 Verbraucherpreis

Der Strompreis für Haushaltskunden setzt sich derzeit aus mehreren Komponenten zusammen. Im Jahr 2009 hatten die Kosten für Erzeugung, Transport und Vertrieb noch einen Anteil von fast 61% am Strompreis. Dieser Anteil ist bis zum Jahr 2013 auf 50% zurückgegangen, wobei die absoluten Kosten hierfür in diesem Zeitraum fast unverändert geblieben sind. Der gesamte Endkundenstrompreis für Haushalte ist in diesem Zeitraum jedoch um 5,29 ct/kWh bzw. 22,8% gestiegen (Abbildung 5.1). Allerdings ist hier anzumerken, dass die Beschaffungskosten z.T. auch aufgrund des eingespeisten EEG-Stroms reduziert werden konnten und dies in der Folge auch zu einer erhöhten EEG-Umlage geführt hat und gleichzeitig in der EEG-Umlage Umlagemechanismen wie die Industrieprivilegierung die Berechnung der EEG-Umlage verzerren. Daher ist ein Vergleich der absoluten Strompreiskomponenten über die letzten Jahre nur bedingt aussagekräftig.

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Gesellschaftliche Überlegungen 25

Abbildung 5.1: Strompreisentwicklung für Haushaltskunden zwischen 2009 und 2013 (Grafik:

Energy Brainpool 2013)

Mit ihrem rasanten Ausbau wird die Photovoltaik zunehmend als besonderer Kostentreiber in der EEG-Umlage angesehen. So hatte die Solarstromvergütung 2011 mit 7,8 Mrd. Euro einen Anteil von 46,3% an der EEG-Umlage, während sie mit 19,34 TWh nur für 18,8% der EE-Stromerzeugung verantwortlich war. Dagegen steht jedoch die gleichzeitig besonders hohe Kostenreduktion, die die Photovoltaik auch im Vergleich zu den anderen Erneuerbaren Energien ergeben hat. Als Ergebnis liegen die EEG-Vergütungssätze mittlerweile nur noch zwischen 9,88 und 14,27 ct/kWh (Stand: Oktober 2013).

Der Einfluss von PV-Speichern mit erhöhtem Eigenverbrauch zeigt sich dadurch, dass zunächst weniger PV-Strom über das EEG vergütet werden muss. Somit senkt sich zunächst die EEG-Umlage. Auf der anderen Seite sinkt jedoch auch die Strommenge, die aus dem Netz von den Betreibern von PV-Speichern bezogen werden muss. Damit reduziert sich auch die Beteiligung an den Strombestandteilen, die über den Arbeitspreis pro KWh bezogen werden und daraus resultiert eine steigende Umlage für alle Verbraucher (z. B. Netzentgelte und §19-StromNEV-Umlage) oder die Einnahmen in staatliche Kassen können nicht in gleichem Maße generiert werden (z. B. Stromsteuer und Konzessionsabgabe). Untersuchungen von (Podewils und Rutschmann 2010) haben ergeben, dass insgesamt keine Entlastung der Verbraucher zu erwarten ist, da die Mindereinnahmen die Einsparungen durch Eigenverbrauch bei der EEG-Umlage deutlich übersteigen. Für die 2010 installierte PV-Leistung von 1,5 GW prognostizierten Podewils und Rutschmann bei einem Eigenverbrauch von 30% ein Saldo von -19,8 Mio. Euro.

Eine Untersuchung der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft (Jacob et al. 2013) hat sich erst kürzlich mit den finanziellen Auswirkungen auf den Strompreis bei steigender Eigenverbrauchsrate befasst. Die Prognose für das Jahr 2018 mit einer gesamten PV-Leistung von 52 GWp konstatiert ein jährliches Defizit zwischen den Mindereinnahmen durch

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26 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Eigenverbrauch und den vermiedenen Einspeisevergütungen für PV-Strom von 1,5 Mrd. Euro (Abbildung 5.2), welche jeweils zur Hälfte auf entgangene Netzentgelte und die EEG-Umlage zurückzuführen sind.

Abbildung 5.2: Vergleich von entgangenen Einnahmen und vermiedenen Ausgaben ab dem

Jahr 2018 (Grafik: Jacob et al. 2013)

Im Rahmen des Projekts PV-Nutzen wird daher auch geprüft, inwieweit durch PV-Speicher induzierte Strompreissteigerungen durch verschiedene Effekte (Neue Marktdesigns, Systemdienstleistungen etc.) abgeschwächt oder vermieden werden können.

5.1.2 Börsenpreis

Der Betrieb einer PV-Anlage wird bei Einspeisung des Stroms seit 2000 mit einem fixen Betrag pro kWh durch das EEG vergütet. Die Vergütung wird zurzeit im 3-Monatsrhytmus durch die Bundesnetzagentur mit einer vom Zubau abhängigen Degression der Vergütung der aktuellen Marktsituation angepasst. Über die EEG-Umlage wird die Differenz zwischen der Vergütung des PV-Stroms und dem Wert auf Basis von Börsenstrompreisen durch die Strompreise finanziert, wobei stromintensive Industrien von der Umlage befreit sind.

Somit hat die Entwicklung des Börsenstrompreises indirekt auch eine hohe Auswirkung auf die privaten Haushalte. Daher werden immer wieder andere Abrechnungsmodelle diskutiert, die unter anderem auch signifikanten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit und Betriebsweise von PV-Speichern haben können (z.B. höhere Grundpreise; Beaufschlagung von Eigenverbrauch). Ein möglicher Indikator für die Entwicklung neuer Abrechnungsmodelle kann sein, dass die Summe der Einsparungen durch Eigenverbrauch auf Seiten der Umlagen/Abgaben nicht größer sein sollte als der Wert des Nutzens der Speicher für die Allgemeinheit (z. B. durch vermiedenen Netzausbau, Systemdienstleistungen etc.).

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Gesellschaftliche Überlegungen 27

Durch den Merit-Order-Effekt bildet der Börsenstrompreis jedoch nicht nur einen Einflussfaktor für die EEG-Umlage, sondern der PV-Strom selbst ist auch eine wichtige Einflussgröße bei der Bildung des Börsenstrompreises. Der Merit-Order-Effekt entsteht durch den im EEG festgelegten Einspeisevorrang der Erneuerbaren Energien. Hierdurch geht der PV-Strom mit Grenzkosten gleich Null in die Merit-Order ein und ist dadurch, dass die Einspeisung von PV-Strom nach dem EEG gesetzlichen Vorrang hat, als erstes einspeiseberechtigt. Da PV-Strom zumeist in der Tageskernzeit eingespeist wird, wenn die Last ihre Mittagsspitze erreicht, verdrängt er dort die Kraftwerke am Ende der Angebotspreisskala (besonders Gaskraftwerke und Pumpspeicher).

In Abbildung 5.3 ist der Preisbildungsmechanismus dargestellt, wonach eine Verdrängung von konventionellen Kraftwerken insbesondere zur Mittagszeit den Börsenstrompreis senkt. Damit sinken die Auslastung und Wirtschaftlichkeit der teuren Spitzenlastkraftwerke (vorrangig Gas- und Pumpspeicherkraftwerke) und die Differenz zwischen der PV-Vergütung und dem Börsenstrompreis, die durch die EEG-Umlage kompensiert werden muss, erhöht sich.

Abbildung 5.3: Prinzip der Preisbildung im Strommarkt (Grafik: Weltenergierat 2011)

Ein zusätzliches Angebot an EE-Strom erhöht somit die verfügbare Kraftwerkskapazität, wodurch sich bei gleichbleibender Nachfrage der Schnittpunkt von Angebots- und Nachfragekurve in Richtung niedrigerer Strompreise verschiebt. Umgekehrt gilt dieser Mechanismus auch, so dass bei weniger Einspeisung von EE-Strom der Effekt dann geringer ausfällt.

Dieser Effekt kann durch die Speicherung von PV-Strom zu Spitzenzeiten gemildert werden. Damit können PV-Speicher durch ihre stabilisierende Wirkung auf den Börsenstrompreis sowohl die Planungssicherheit für andere Erzeugungskapazitäten erhöhen, als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren Energien stärken.

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28 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

5.2 Kontroverse Diskussion zum Eigenverbrauch

Das seitens der Hersteller am stärksten beworbene Argument für PV-Speicher ist derzeit der Eigenverbrauch (vgl. These 4 und 5 sowie Kapitel 4.2) und damit eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber künftigen Strompreissteigerungen und der konventionellen Stromerzeugung. Das Thema Eigenverbrauch wird jedoch in mehrfacher Hinsicht kontrovers diskutiert (BMU 2012a):

Auf der einen Seite argumentieren der BSW / die Solarbranche, dass Eigenverbrauch zu begrüßen sei, und stark zunehmen werde. Letzteres ist bei zunehmender Preisschere zwischen PV-Stromgestehungskosten und Strombezugspreisen unter dem derzeitigen Marktdesign sicher richtig. Daher solle Eigenverbrauch von Netzentgelten, Steuern, Umlagen und Abgaben befreit bleiben, was für die Unternehmen neue Märkte eröffnen und möglicherweise den Bedarf an Netzausbau reduzieren würde. Bspw. sind in einigen Marktsegmenten PV-Anlagen durch Eigenverbrauch schon heute ohne Förderung wirtschaftlich zu betreiben (Lebensmittel- und Baumärkte, Kühlhäuser etc. mit > 90% Eigenverbrauch) (BMU 2012b), was sich entsprechend positiv auf die EEG-Differenzkosten auswirkt (siehe auch Kapitel 5.1.2).

Demgegenüber argumentieren der BDEW / die Netzbetreiber:

a. Eigenverbrauch führe zu einer Wettbewerbsverzerrung und Mitnahmeeffekten auf Kosten der Allgemeinheit, was im Übrigen für jeden Eigenverbrauch gelte (EE, KWK, Industrie etc.).

b. Eigenverbrauch führe ferner zu starken Kostensteigerungen beim Strompreis, da die Allgemeinkosten des Netzanschlusses (inkl. Umlagen und Abgaben) auf immer weniger Endkunden verteilt werden. Gleiches gilt für die weiteren Strompreiskomponenten (KWK-Förderung, Stromsteuer) und führe zu einem „Entsolidarisierungseffekt“. Daher werden bereits alternative Abrechnungsmodelle diskutiert, welche z. T. immensen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Batteriespeichern haben können, wie z. B. eine Verlagerung der Netzentgelte und anderer Strompreiskomponenten vom Arbeitspreis (pro aus dem Netz bezogener kWh) auf den Grundpreis oder die Beaufschlagung von selbst verbrauchtem Strom mit bestimmten Komponenten.

c. Der Netzausbau werde durch Eigenverbrauch nicht reduziert. Der Netzausbau müsse mit dem EE-Ausbau Schritt halten können.

Darüber hinaus werden folgende Aspekte bzgl. des Eigenverbrauchs diskutiert:

1. Eigenverbrauchs-Fokussierung kann zu erhöhten Energieverbräuchen durch zusätzliche und / oder ineffiziente Verbraucher führen und so die Erfüllung der notwendigen Energieeffizienz-Ziele gefährden. Ein steigendes Energie-Bewusstsein, Aufklärung und weitere Maßnahmen könnten dem entgegen wirken.

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Gesellschaftliche Überlegungen 29

2. Die Eigenverbrauchs-Optimierung von derzeit am Markt befindlichen PV-Speichern entlastet die Netze nicht und könne die Netze zusätzlich belasten (Krause 2011). Dies sei bspw. der Fall, wenn Speicher schon vormittags beladen werden, gegen Mittag ihre Kapazitätsgrenze erreichen und die PV-Anlagen dann plötzlich mit voller Leistung einspeisen würden.

3. Untersuchungen von Hollinger et al. (2013) kamen zu der Einschätzung, dass durch erhöhten Eigenverbrauch und der damit verbundenen verringerten Strommenge, welche an der Börse gehandelt wird, die durch den Merit-Order-Effekt begünstigte strompreissenkende Wirkung von den Erneuerbaren Energien vermindert werden könnte. Trotzdem gehen die Autoren davon aus, dass die Belastung für die Verbraucher durch die EEG-Umlage in dem Fall eines Speicherausbaus auf Haushaltsebene sinken würden, da gleichzeitig die spezifischen Ertragserlöse steigen würden (Hollinger et al. 2013).

Im Rahmen des Projektes PV-Nutzen soll die kontroverse Diskussion aufgegriffen werden und durch die Untersuchung der Thesen 6 und 7 ein Beitrag geleistet werden.

5.3 Umweltwirkung von PV-Speichern

Die Produktion, der Einsatz und die Entsorgung von Batteriesystemen in netzgekoppelten PV-Anlagen verursachen zusätzliche Umweltbelastungen. Gleichzeitig können sie durch die Verdrängung konventioneller Kraftwerke einen positiven Umweltnutzen haben. Die Gesamtwirkung wurde bisher nicht ausreichend bilanziert und bedarf einer näheren Untersuchung.

Eine Verbesserung des Recyclinggrades alter Batterien (Neupert und Budde 2012) und die Substitution knapper Rohstoffe, sowie eine Senkung des Energieverbrauchs bei der Herstellung von Batteriespeichern (Barnhart und Benson 2013) gelten als technische Herausforderungen, welche gleichzeitig die ökologischen Aspekte von Energiespeichersystemen verbessern würden.

Die Nettobilanzen der THG-Emissionen und des kumulierten Energieaufwands sollten für PV-Speicher genau geprüft werden und positiv ausfallen.

Neben der Wirtschaftlichkeit hängt auch die Bewertung der ökologischen Vorteilhaftigkeit stark von der möglichen Nutzungsdauer verschiedener PV-Speicher bei den möglichen Betriebsbedingungen ab.

Ökobilanzen wurden für Batteriespeicher bisher vor allem im Einsatzgebiet der Elektromobilität durchgeführt. Das Bezugssystem beim Einsatz als stationärer PV-Speicher ist jedoch ein völlig anderes. Es ist zu erwarten, dass die Nutzung von stationären Batteriesystemen im Rahmen eines gezielten Demand Side Management einen positiven Effekt auf die Ausschöpfung volatil einspeisender erneuerbarer Energien besitzt.

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30 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Entscheidend für die ökologische Wirkung des Systems PV-Module inklusive Speicher ist die Frage, ob und welche Kraftwerke durch ihren Betrieb ersetzt werden können. Basierend auf Kraftwerkseinsatzmodellen kann die Veränderung des Kraftwerkseinsatzes durch den Einsatz von Speichern für verschiedene Durchdringungen analysiert werden. Kann beispielsweise durch geeignete Steuerungsstrategien, wie den Einsatz eines Speichers, der Spitzenverbrauch in den Abendstunden durch PV-Strom gedeckt werden, so würden bei hinreichend hoher Anzahl an dezentralen Speichern Spitzenlastkraftwerke abgeschaltet werden.

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Entwicklung von Betriebsstrategien 31

6. Entwicklung von Betriebsstrategien

Speicher können mit unterschiedlichen Betriebsstrategien betrieben werden. Für den Anlagenbesitzer ist eine Strategie zur Maximierung des Eigenverbrauches (siehe Kapitel 4.2) am wirtschaftlichsten. Dazu wird jeder Überschuss vorrangig eingespeichert, um die Batterie so schnell wie möglich aufzuladen. Das führt jedoch dazu, dass der Speicher meist bereits vor der hohen Erzeugungsleistung der PV-Anlagen zur Mittagszeit vollgeladen ist. Daher wird die maximale Einspeiseleistung ins Netz nicht reduziert und Spannungsüberhöhungen im Netz nicht vermieden (siehe Kapitel 3.2). Speicher können aber auch so betrieben werden, dass sie das Netz entlasten, indem sie zur Zeit der Leistungsspitze bei hoher Erzeugungsleistung Energie einspeichern. Die zu diesem Zeitpunkt im Projekt PV-Nutzen betrachteten Betriebsstrategien für stationäre Speicher sind:

− Maximierung des Eigenverbrauchs

− Statische Wirkleistungsbegrenzung der Einspeisung

− Zeitlich festgelegte Speicherung auf Basis typischer Strahlungsprofile (Zeitschaltuhr)

− Optimierung basierend auf Prognosen (Last, Einstrahlung, Strompreis, Netzbelastung)

Gegenwärtig ist die Eigenverbrauchsoptimierung die einzige wirtschaftlich interessante Betriebsweise für den Speicherbesitzer, da ein netzdienlicher Betrieb nicht vergütet wird (Abbildung 6.1).

Abbildung 6.1: Energiemanagementstrategie zur Maximierung des Eigenverbrauches.

Nach §6 Abs. 2 Nr. 2 des EEG 2012 gibt es zwei Optionen für PV-Anlagen kleiner 30 kWp, um ihren Einfluss auf das Verteilnetz zu reduzieren. Entweder werden sie mit einer statischen Wirkleistungsreduzierung zu 70% ihrer Anlagennennleistung ausgestattet oder die Anlage muss mit technischen Einrichtungen ausgestattet werden, sodass die Einspeiseleistung bei

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32 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Bedarf ferngesteuert reduziert werden kann. Die statische Wirkleistungsbegrenzung reduziert die hohe Einspeisung zur Mittagszeit, jedoch geht dabei erzeugte Energie verloren. Im idealen Fall einer perfekten Prognose wird die Batterie vollständig und ausschließlich mit Energie zu Zeiten hoher Erzeugung geladen (siehe Abbildung 6.2), sodass ein maximaler Nutzen sowohl für den Anlagenbetreiber als auch den Netzbetreiber besteht.

Abbildung 6.2: Ideales Energiemanagement mit perfekter Prognose.

Alle in Zukunft realistischen Energiemanagementstrategien stellen einen Kompromiss zwischen der Reduzierung hoher Einspeisung, der Batterieausnutzung und dem Verwaltungsaufwand dar. Eine einfache Maßnahme zur Steuerung der Einspeiseleistung ist die Verwendung einer Zeitschaltuhr, welche die Ladezeitpunkte auf Zeiten typischer hoher Erzeugung begrenzt. Allerdings wird die Batterie nicht optimal ausgenutzt, falls die Einstrahlung im erlaubten Zeitraum nicht groß genug ist, um die Batterie vollständig zu laden. Um bessere Ergebnisse zu erhalten, wurde eine Strategie entwickelt, die Vorhersagen des Lastverhaltens und der solaren Leistungserzeugung beinhaltet. Die verwendete Persistenz-Prognose sagt ein Lastprofil für den aktuellen Wochentag basierend auf dem entsprechenden Wochentag in der vorangegangenen Woche voraus. Die vorhergesagte Leistungserzeugung wird als identisch mit dem vorherigen Tag angenommen. Das Energiemanagement berechnet mit diesen Vorhersagen und der vollen Batteriekapazität ein Leistungslimit oberhalb dessen die Energie gespeichert werden soll. Prognoseabweichungen führen bei dieser Strategie zu Verlusten, falls die vorhergesagte Leistung kleiner als die tatsächlich eingetretene ist, und führen im entgegengesetzten Fall zu nicht optimaler Netzentlastung. Um dies zu minimieren, vergleicht das Managementsystem den aktuellen Ladezustand (SOC) der Batterie mit dem vorhergesagten Wert. Bei einer Abweichung um mehr als 2,5 Prozentpunkte wird das Leistungslimit um 10% angepasst. Diese Anpassung kann sowohl eine Anhebung als auch eine Absenkung des Leistungslimits bedeuten. Ist die

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Entwicklung von Betriebsstrategien 33

Batterie bis 18 Uhr noch nicht vollgeladen, wird das Leistungslimit verworfen, sodass am Tagesende die Batterie möglichst vollgeladen ist. Diese Regelung sichert eine Reduzierung der hohen Einspeisung zur Mittagszeit und entlastet damit das Stromnetz; gleichzeitig wird die Batterie so voll wie möglich geladen.

6.1 Informationsfluss

Betriebsstrategien, die auf Netzzustände reagieren sollen, die nicht direkt am Hausanschluss gemessen werden können, brauchen einen entsprechenden Informationsfluss. Für eine solche Fernwirkung sind Rundsteuersignale bei großen Netzanschlüssen bereits Stand der Technik. Bei Hausanschlüssen sind Rundsteuerempfänger heute nicht verbreitet aber technisch einsetzbar.

Die Betriebsstrategie zur Maximierung des Eigenbedarfes arbeitet unabhängig der Situation außerhalb des Systems und bedarf somit keiner Information von außen.

Auch bei einer statischen Wirkleistungsbegrenzung ist kein Informationsfluss notwendig, es muss lediglich bei der Installation ein fester Wert am Wechselrichter der PV-Anlage eingestellt werden, wodurch die Einspeiseleistung ins Netz abgeregelt wird.

Die Betriebsstrategie „Zeitschaltuhr“ kann mit unterschiedlich hohem Informationsaufwand betrieben werden. Der frühestmöglich erlaubte Ladezeitpunkt kann für alle Tage im Jahr auf eine feste Uhrzeit, beispielsweise 11:30 Uhr, festgelegt werden. Dies hat den Vorteil, dass das Energiemanagement jeden Tag gleich arbeitet und keine aufwändigere Steuerung benötigt wird. Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass sich zum einen der Zeitpunkt des Sonnenaufganges im Jahr verschiebt und zum anderen im Winter weniger PV-Strom erzeugt wird und der Speicher somit schon früher geladen werden könnte als im Sommer. Dies kann durch ein jahreszeitenabhängiges Startsignal verbessert werden, wodurch jedoch ein etwas erhöhter Aufwand entsteht. Dem Managementsystem muss dazu eine entsprechende standortabhängige Zeitreihe hinterlegt werden.

Die in Kapitel 6 vorgestellte Betriebsstrategie basierend auf Prognosen benötigt Vorhersagen des Haushaltslastverhaltens und der solaren Einstrahlung. Die Vorgehensweise einer Persistenz-Prognose erleichtert dabei den Informationsfluss: Das Speichersystem muss für das Lastverhalten die Daten von der gesamten vorherigen Woche aufzeichnen und die PV-Erzeugungsdaten vom Vortag speichern, damit diese zur Prognose verwendet werden können. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass das System weiterhin in sich abgeschlossen arbeiten kann und nur ein interner Informationsfluss stattfinden muss. Alternativ könnte auf Wetterprognosen von Wetterstationen zurückgegriffen werden. Dafür würde jedoch eine Kommunikation zwischen dem Batteriesystem und der Wetterstation benötigt werden.

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34 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

Die bisher betrachteten Betriebsweisen benötigen somit nur einen intern erhöhten Informationsfluss. Dies kann sich z. B. ändern, wenn eine vom Netzbetreiber steuerbare Betriebsweise gewählt / gefordert wird oder wenn die Betriebsstrategie in Abhängigkeit von der jeweils aktuellen Netzsituation sein soll. Ein großer Nutzen für das Energiesystem läge in der Beteiligung der Speicher an Systemdienstleistungen auf der Verteilnetzebene, bspw. zur Spannungs- und Frequenzhaltung. Denkbar wäre hier auch das Pooling vieler Speicher durch einen Dienstleister, sodass eine gewisse Leistung zu bestimmten Zeiten sicher angeboten und abgerufen werden kann. Dafür muss jedoch eine Kommunikationsschnittstelle vorhanden sein, welche auch Zustände des Verteilnetzes wahrnehmen kann. Hier böte sich bspw. eine Kopplung mit dem PV-Wechselrichter an, wo bereits solche Automatismen zur Abregelung der PV-Einspeisung in Abhängigkeit von der Netzbelastung Stand der Technik sind.

Neben dem erhöhten Aufwand, den ein solcher Informationsaustausch birgt, ist dieser auch immer mit einem Akzeptanzrisiko verbunden. Denn im Austausch von Informationen mit dem Stromnetz sind Nutzerdaten in einzelner oder aggregierter Form nötig. Denkbar ist, dem Risiko analog zu den Zusätzen des EEG seit 2009 zum Datenschutz bei der Nutzung von Smart Metern zu begegnen. In jedem Fall sollte auch bei PV-Speichern der Schutz der Verbraucher frühzeitig gewährleistet sein, um eine netzdienliche Betriebsweise nicht mit einem hohen Akzeptanzrisiko zu gefährden.

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Zusammenfassung und Ausblick 35

7. Zusammenfassung und Ausblick

Nutzen für Netze

Der Einsatz von PV-Speichern bietet die Chance, die Netze gezielt zu entlasten und den Netzausbau auf ein notwendiges Maß zu reduzieren. Der Nutzen der PV-Speicher für die Netze hängt dabei jedoch von der Betriebsweise des Speichers und dem jeweiligen Netz ab.

Basierend auf den vorgestellten Grundlagen und Regularien werden im Forschungsprojekt die technischen Lösungsmöglichkeiten, die PV-Speicher bieten, in unterschiedlichen charakteristischen Netzen untersucht. Dabei wird insbesondere erforscht in welchem Maße sich Netzausbaumaßnahmen vermeiden lassen, wie sich verschiedene Betriebsweisen auf das Verteilungsnetz auswirken und in welchen Netzgebieten mit einer besonders hohen Belastung durch PV-Einspeisung und gleichzeitig einem hohen Netzentlastungspotential durch dezentrale Speicher gerechnet werden kann.

Prosumer Interessen

Speicher können den Eigenverbrauch steigern. Für PV-Anlagenbesitzer ist dabei die Speicherbetriebsweise zur Maximierung des Eigenverbrauches die wirtschaftlichste Variante. Neben den wirtschaftlichen Voraussetzungen werden innerhalb des Projektes auch Rahmenbedingungen evaluiert, welche für eine systemdienliche Betriebsweise von PV-Speichern benötigt werden. Dazu werden Auswirkungen unterschiedlicher Speicherbetriebsweisen auf den Eigenverbrauch sowie die Netzentlastung analysiert.

Neben der Speicherbetriebsweise und den gesetzlichen Rahmenbedingungen kann die Wirtschaftlichkeit auch durch die Teilnahme an neuen Märkten verbessert werden. Im Projekt werden mögliche Märkte identifiziert und bewertet. In einer empirischen Untersuchung unter PV-Besitzern wird zeitgleich die Akzeptanz veränderter Rahmenbedingungen zur Finanzierung und zum Betrieb von PV-Speichern untersucht.

Auf dieser Grundlage werden Handlungsempfehlungen für alle relevanten Akteure im Energiesystem abgeleitet.

Gesellschaftliche Überlegungen

Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von PV-Speichern sind maßgeblich abhängig von der Betriebsweise des Speichers und den Rahmenbedingungen. Derzeit gibt es kontroverse Diskussionen zum Umgang mit PV-Speichern, insbesondere bei einer Betriebsweise zur reinen Erhöhung des Eigenverbrauchs. Deswegen wird die Wirtschaftlichkeit von PV-Speichern auch vor dem Hintergrund verschiedener Marktdesigns analysiert, um so auch die ökonomischen Effekte zu berücksichtigen, die PV-Speicher in Zukunft im Energiesystem haben können. Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und der

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36 Thesen und Hintergründe zum Nutzen von Speichern in netzgekoppelten PV-Anlagen

gesamtwirtschaftlichen Effekte werden in Bewertungsparametern gespiegelt und die herausgearbeiteten Handlungsempfehlungen im Rahmen von Experteninterviews validiert.

Um die Umweltwirkungen von PV-Speichern zu bewerten, ist im Rahmen des Vorhabens vorgesehen, literatur- und annahmenbasiert eine Abschätzung der Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks und der damit zusammenhängenden Entwicklung der Emissionen des Kraftwerksparks zur Ermittlung der eingesparten Emissionen aufgrund des Speichereinsatzes vorzunehmen. Diese Effekte sollen den durch die Herstellung und den Betrieb der Speicher verursachten Umweltbelastungen im Rahmen einer Ökobilanzierung (LCA) gegenübergestellt werden.

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Literaturverzeichnis 37

8. Literaturverzeichnis

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