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Pipette statt Fass: Wer Rohstoffe sparsam verwendet, schützt damit nicht nur die Umwelt, sondern auch den eigenen Marktanteil

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Pipette statt Fass: Wer Rohstoffe sparsam verwendet, schützt damit nicht nur die Umwelt, sondern auch den eigenen Marktanteil

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Think small!Steigende Rohstoffpreise verändern die Unternehmenslandschaft. Neue Untersuchungen zeigen: Wer sich rechtzeitig anpasst, profi tiert langfristig. Unsere Beispielunternehmen zeigen, wie das geht

Artikel als Audiodatei: www.deutsche-bank.de/results

Für Stefan Wolf hat die Zukunft längst

begonnen. Ressourcen schonen und

Emissionen verringern – „daran arbeiten

wir seit 20 Jahren. Und wir werden immer

besser“, sagt der Vorstandsvorsitzende der El-

ringKlinger AG. Der baden-württembergische

Automobilzulieferer setzt nicht nur auf Elekt-

romobilität, sondern auch auf die weitere Op-

timierung klassischer Fahrzeugbetriebe. Denn

auch dort, davon ist Wolf überzeugt, steckt

noch viel Potenzial. Mit Hochdruck arbeiten

seine Entwicklungsspezia listen daran, die

Technologie zukunftsfähig zu halten. Wich-

tigste Voraussetzung: weniger Verbrauch, um-

weltschonendere Herstellung.

Rohstoffe sind knapp – und getrieben vom

Bedarf der Emerging Markets ziehen die Prei-

se für Energie und wichtige Industriemetalle

seit Jahren nach oben. Öl verteuerte sich seit

1999 um mehr als 700 Prozent, der Indust-

riemetallpreis-Index des Kölner Instituts der

deutschen Wirtschaft (IW) kletterte im selben

Zeitraum um mehr als 300 Prozent. Zwar hat

sich die Lage in jüngster Zeit entspannt. Eine

Trendwende jedoch erwartet Hubertus Bardt,

Leiter des Kompetenz zen trums Umwelt, Ener-

gie und Ressourcen beim IW, nicht. „Die Nach-

frage insbesondere aus China bleibt stark.“

Hält der Trend an, werden Unternehmen nach

Hochrechnungen des IW trotz sinkender Im-

portmengen im Jahr 2015 satte 38,6 Milliarden

Euro allein für die Einfuhr der wichtigsten In-

dustriemetalle ausgeben müssen – im Vergleich

zu heute ein Plus von gut 70 Prozent. Bereits

in der Vergangenheit haben sich die Kostenre-

lationen in den Unternehmen deutlich verscho-

ben. „Während der Anteil der Personalkosten

an dem Bruttoproduktionswert sinkt, steigt

der Anteil der Material- und Energiekosten

kontinuierlich an“, sagt Oliver Rakau, Analyst

bei Deutsche Bank Research (siehe Interview

Seite 32).

In einer aktuellen Studie haben er und sein

Kollege Josef Auer die Kostenstruktur der

Unternehmen in unterschiedlichen Branchen

analysiert. Ergebnis: Fast alle Branchen ächzen

unter den hohen Rohstoffkosten – zum Teil

liegt der Anteil der Materialkosten inzwischen

bei 60 Prozent. „Unternehmen gelingt es bis-

her nur zum Teil, die höheren Rohstoffkos-

ten durch eine höhere Materialeffi zienz zu

kompensieren“, so die Ökonomen. „Die Roh-

stoffeffi zienz zu verbessern wird eine große

Herausforderung für die Zukunft sein.“

ERFOLGREICHE UNTERNEHMEN HABEN Roh-

stoffe längst auf der Agenda – bei der strate-

gischen Ausrichtung wie beim Einkauf. „Wir

sind auf Basischemikalien angewiesen und

können nicht einfach auf andere Materia lien

wechseln, weil die Preise anziehen“, sagt

Manfred Wittmann, Leiter Rohstoffeinkauf

Thesen3 Kosten steigen: Rohstoffpreise

werden zum Kostenrisiko für deutsche Unternehmen. Die Volatilitäten nehmen zu, langfristig stehen weitere Preissteigerungen an.

3 F&E zählt: Nur Innovationsführern gelingt es, die Kosten weiterzugeben. Rohstoffeffi zienz hat bei der Ent-wicklung neuer Materialien und Verfahren einen wachsenden Stellenwert.

3 Absicherung: Mittelfristig bieten Preisabsicherungen Schutz vor Preis steigerungen oder unkalkulier-baren Volatilitäten.

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beim Spezialchemie-Produzenten Süd- Chemie.

Kalkulations- und Versorgungssicherheit

haben deshalb Priorität – der Einkauf wird

über Dreimonatskontrakte abgesichert.

Auch ElringKlinger hat frühzeitig auf die Vo-

latilität am Rohstoffmarkt reagiert. „Wir verar-

beiten Materialien wie Edelstahl, Nickel oder

Aluminium, deren Basispreise steigen“, sagt

Vorstandschef Wolf.

Damit das nicht an den Margen zerrt, hat das

Management eine ganze Palette an Maßnah-

men ergriffen: Ein zentraler Einkauf ermöglicht

es, Mengen zu bündeln. Wichtige Rohstoffe

wie Nickel werden per Hedge abgesichert;

langfristige Lieferverträge sorgen für Kalku-

lationssicherheit. Um die Abhängigkeit von

einzelnen Lieferanten zu reduzieren, wurde

zudem das Zuliefernetzwerk ausgebaut.

Kosten weitergeben können Unternehmen

nur, wenn sie überlegene Technologien anbieten.

ElringKlinger beliefert Autohersteller weltweit

und hat sich als zuverlässiger und vor allem

innovativer Entwicklungspartner etabliert. Das

Problem der Kunden: Sie müssen den CO2-

Ausstoß sowie den Verbrauch bei hohen Leis-

tungen reduzieren. Dafür fi ndet „Down sizing“

statt – Motoren werden leichter, kleiner und

effi zienter. Je kleiner der Motor ist, desto höher

Temperatur und Druck. Das stellt hohe Anfor-

derungen an Dichtungs- und Abschirmtechnik.

ElringKlinger ist Weltmarktführer in diesem

Bereich. Um Gewicht einzusparen, ersetzt

der Zulieferer Metallteile wie Ventilhauben,

Motor- und Getriebeölwannen, Lagerschild-

deckeln oder Seitenabdeckungen inzwischen

durch Kunststoffteile. „In der Summe kommt

da einiges an Einsparpotenzial zusammen“,

weiß Wolf.

AB SPECKEN IST TRUMPF, vor allem in der

Auto mobilindustrie. „Da wird heute im

Grammbereich gesucht“, sagt Andreas Hauger,

Geschäftsführer Tailor Rolled Blanks beim

Automobilzulieferer Muhr und Bender KG

(Mubea). Der Spezialist für Fahrwerk- und

Karosserieprodukte bietet den Automobilher-

stellern eine Gewichtsreduzierung von bis zu

25 Kilogramm pro Fahrzeug. Allein durch die

neue, innovative Blechbauweise „Tailor Rolled

Blanks“ werden 15 Kilogramm eingespart. Hier

ist es Entwicklungsziel, mindestens 20 Prozent

Gewichtsreduzierung zu erreichen – ein Quan-

tensprung. Weniger Gewicht könnte die Um-

Jede kleine Einsparung

trägt zum Ergebnis bei

Zylinderkopfdichtung, Dichtungspresse bei

ElringKlinger: Im Automobil-bereich geht es inzwischen

um einzelne Gramm FOTO

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Industriemetallpreis-Index, Januar 1999 = 100Berücksichtigte Metalle: Aluminium, Kupfer, Gold, Eisenerz, Blei, Nickel, Silber, Zinn, Zink

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Teure MetalleDas Institut der deutschen Wirtschaft in Köln berechnet alljährlich einen Index der wichtigsten Industriemetalle. Deren Preis hat sich seit Beginn des Jahrtausends mehr als vervierfacht. Nur die Wirtschaftskrise sorgte zwischenzeitlich für einen deutlichen Einbruch.

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weltbilanz erheblich entlasten: Bei nur einem

Kilogramm weniger pro Fahrzeug würde sich

der CO2-Ausstoß der europäischen Autofahrer

um 200 000 Tonnen pro Jahr verringern.

Eine Gewichtsreduktion wird vor allem

durch Materialentwicklung und neue Verfah-

ren möglich. „Innovationen in diesem Bereich

haben häufi g zu Entwicklungssprüngen ge-

führt“, weiß Professor Oliver Kraft, Leiter am

Institut für Angewandte Materialien am Karls-

ruher Institut für Technologie. In der Steinzeit

wurde Stein als Material entdeckt, die Entwick-

lung von Stahl ermöglichte die indus trielle

Produktion, Leichtbau- und Hochtemperatur-

Komponenten revolutionierten die Luftfahrt.

Zwar lasse sich mit Material allein sehr wenig

verdienen, weil es am Anfang der Wertschöp-

fungskette steht. Aber: „Neue Werkstoffe er-

fordern auch immer neue Verfahren“, erklärt

Kraft. Ein lukratives Geschäft. „Und hier sind

deutsche Unternehmen bestens aufgestellt.“

Der Automobilzulieferer Mubea beispiels-

weise ist weltweit der einzige Anbieter, der

Stahl für Strukturteile in der Karosserie oder

für Achskomponenten fl exibel walzen kann.

„Wir betrachten den Belastungsverlauf eines

Bauteils oder einer Baugruppe und passen die

Wanddicken der Teile entsprechend den An-

forderungen an“, erklärt Hauger. Der Grund-

gedanke ist alt und der Natur nachempfunden.

Die Möglichkeit, das für die industrielle Ferti-

gung zu nutzen, wurde in den Laboren des

Automobilzulieferers entwickelt. Das Verfah-

ren „Flexibles Walzen“ ermöglicht durch einen

fl exiblen Walzspalt die Herstellung von Tailor

Rolled Blanks, deren Wandstärke je nach Be-

darf modelliert werden kann, ohne dass Näh-

te oder Blechdickensprünge entstehen. „Somit

produzieren wir mit geringerem Materialein-

satz Bauteile, die gleiche Steifi gkeitseigenschaf-

ten gewährleisten“, so Hauger.

ROHSTOFFEFFIZIENZ SE T Z T PERMANENTE Entwicklungsarbeit voraus. Regelmäßige In-

novationsmeetings gehören zum Alltag bei

Mubea – dort werden Ergebnisse diskutiert und

Strategien entwickelt. Die Entwicklung von

Materialien spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Nach Schätzungen des Bundesforschungs-

ministeriums hängen mehr als zwei Drittel

aller Innovationen direkt von den Eigen-

schaf ten der verwendeten Materialien ab.

Beim Auto dominiert bis heute Stahl, neben

Aluminium spielen zunehmend Kunststoffe eine

große Rolle. Große Hoffnungen setzt die Industrie

nun auf Kohlenstoff. „Kohlenstofffaserverstärkte

Kunststoffe sind extrem stabil und nur halb so

schwer bei einem Fünftel der Dichte von Stahl“,

sagt Kraft. Der Nachteil: Die Verbundwerkstoffe

sind teuer und schwer – zum Teil nur per Hand

– zu verarbeiten und kommen deshalb in erster

Linie in Luxusanwendungen oder im Motorsport

zum Einsatz. „Bisher gibt es kein Verfahren, das

es ermöglicht, das Material kostengünstig für die

Massenproduktion zu nutzen“, so der Karlsru-

her Wissenschaftler. Das soll sich jetzt ändern.

Mubea hat im vergangenen Jahr die Mehrheit an

dem Carbonproduzenten Carbo Tech übernom-

men, um sich für den Zukunftsmarkt zu rüsten.

Innovationskraft ist auch der Motor der Süd-

Chemie, Rohstoffeffi zienz ein wesentliches The-

ma für die Entwicklungsspezialisten. „Wir bieten

Produkte und technische Lösungen an, die in der

Wertschöpfungskette unserer Kunden einen ef-

fi zienten Ressourceneinsatz ermöglichen“, sagt

Rohstoffspezialist Wittmann.

Süd-Chemie gehört mit 6400 Mitarbeitern an

70 Standorten zu den Weltmarktführern in den

Bereichen Adsorbentien auf Bentonit-Basis und

in der Katalysatortechnik. Adsorbentien binden

Stoffe und veredeln Produkte – und helfen, an

anderer Stelle Ressourcen zu sparen, ob bei

der Produktion von Waschmitteln, Speiseölen,

Wein oder Bier, ob in Bauwerks abdichtungen,

im Tiefbau oder bei der Wasseraufbereitung.

Das zweite Standbein des Spezialchemie-An-

bieters ist die Katalysatortechnik. 80 Prozent

aller chemischen Produkte entstehen mithilfe

katalytischer Verfahren. Für Kunden aus der

chemischen und petrochemischen Industrie

entwickeln die Münchner beispielsweise maß-

geschneiderte Lösungen, die es ermöglichen,

Emissionen zu verringern und den Rohstoff-

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Material und Energie treiben die KostenDie Gewichte verschieben sich. Im verarbeitenden Gewerbe steigt der Anteil der Material- und Energiekosten am Produktionswert (angegeben in Prozent) in den meisten Branchen deutlich an, die Personalkosten sinken auf breiter Front.

Branche Materialverbrauch (ohne Energie) Energieverbrauch Personalkosten

1995 2009 1995 2009 1995 2009

Chemie 31,1 36,0 4,1 5,1 23,0 16,9

Pharma 24,3 22,9 1,0 1,3 27,8 19,4

Gummi- und Kunststoffwaren 37,1 39,2 2,3 3,0 27,1 24,4

Metallerzeugung 44,1 51,7 7,1 8,3 22,6 17,3

Metallerzeugnisse 35,5 38,3 1,6 2,2 31,9 29,0

Elektron. u. opt. Erzeugnisse 28,5 38,7 0,4 1,0 23,7 25,9

Elektrische Ausrüstungen 34,3 36,4 1,0 1,0 31,1 26,8

Maschinenbau 37,8 41,7 1,0 1,0 32,8 28,0

Automobil 46,7 55,0 1,1 0,9 24,4 17,1

Verarbeitendes Gewerbe 37,0 42,9 2,2 2,4 25,0 19,8

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einsatz zu reduzieren. „Das ist heute wich-

tiger denn je“, sagt Rohstoffeinkäufer Witt-

mann. Im eigenen Betrieb – und für die Kunden.

4,5 Prozent des Umsatzes fl ießen in Forschung

und Entwicklung. „Um erfolgreich zu sein, muss

man der Entwicklung einen Schritt voraus sein“,

sagt Wittmann. So entwickelten die Spezialisten

ein Raffi nerieverfahren, mit dem aus Erdölschut-

ten neue Rohstoffe entstehen. „Damit gewinnen

wir Energie aus Resten der Erdölproduktion, die

früher keine Verwendung fanden.“ In Großprojek-

ten in Katar oder China wird mithilfe der Münch-

ner Katalysatortechnik Treibstoff gewonnen – aus

Gas oder Kohle. Zukünftig sollen Treibstoffe und

Chemikalien aus Biomasse entstehen. Ein weiteres

Thema der Entwicklungsabteilung: die Speiche-

rung von Energie. Hochleistungsakkus werden für

Hybridmotoren oder Handys gebraucht. Auch sol-

che Entwicklungen werden erst mit innovativer

Katalysatortechnik möglich.

Innovationskraft zahlt sich nicht nur für die

Umwelt aus, sie ist auch in der Unternehmens-

bilanz zu spüren. Umsatz und Ergebnis des

Spezialchemie-Herstellers wachsen seit Jahren

zweistellig, die Auftragsbücher sind voll, der

Ausblick ist positiv. Solche Ergebnisse wecken

das Interesse der Branche. Im Frühjahr übernahm

bei der Münchner Süd-Chemie AG der Schweizer

Clariant-Konzern die Mehrheit. O

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Die Preise für Rohstoffe haben zuletzt deutlich nachgegeben. Grund zur Entwarnung?Auf keinen Fall. Rohstoffpreise liegen immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Außerdem verändert sich die Welt: Die Bevölkerungszahl steigt, dynamische Volkswirtschaften wie China oder Indien wachsen rasant und benötigen Rohstoffe. Mittel- bis langfristig dürften die Prei-se von Rohstoffen deshalb steigen.Im Schnitt der vergangenen zehn Jahre haben sich Eisenrohstoffe und sonstige Industrie-metalle laut dem HWWI um gut neun Prozent pro Jahr verteuert. Welche Auswirkungen hatte das auf die Unternehmen?Wenn die Materialkosten steigen, geht das zulasten der Marge. Oder aber es müssen an anderer Stelle Einsparungen vorgenommen werden. Wir haben die Kostenstruktur-Daten von 1995 bis 2009 für unterschiedliche deutsche Branchen ausgewertet. Es zeigt sich, dass der Material- und Energiekostenanteil in den vergan-genen Jahren deutlich gestiegen ist. Der Anteil der Personalkosten am Bruttoproduktionswert dagegen ist im gleichen Zeitraum gesunken.Was heißt das genau?Man könnte es auch anders ausdrücken: Um einen Euro Wert zu generieren, gaben die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes im Jahr 2009 45 Cent für Material und Energie aus; im Jahr 1995 waren es noch 39 Cent. Die Personalkosten dagegen sanken von 25 auf 20 Cent. Aufgrund der volatilen Rohstoffkosten schwanken die Kostenanteile zwar; allgemein lässt sich aber sagen, dass die Unternehmen die höheren Kosten nur teilweise durch eine höhere

Materialeffi zienz kompensieren konnten. Die Arbeitsproduktivität hingegen stieg im histori-schen Vergleich deutlich stärker.Sind alle Branchen gleichermaßen betroffen?Der Personalkostenanteil ist mit einer Ausnah-me – das waren die Getränkehersteller – in allen Branchen gesunken. Bei den Material- und Energiekosten zeigt sich dagegen, dass es kaum Gewinner gibt. In der Holz- oder Druckindustrie beispielsweise ist der Anteil der Materialkosten seit 1995 um rund zehn Prozentpunkte ge-stiegen. Auch die Metallverarbeiter mussten einen deutlichen Anstieg verkraften.Gelingt es den Unternehmen, die Kosten an ihre Kunden weiterzugeben?Das hängt von Wettbewerbsposition und Markt-macht ab. Grundsätzlich haben Großkonzerne eine bessere Ausgangslage als Mittelständler, weil sie Größenvorteile ausspielen und Risiken diversifi zieren können. Kleine Nischenanbieter tragen auf der Einkaufsseite höhere Risiken; dank ihrer Spezialisierung sind sie auf der Verkaufsseite aber häufi g fl exibler.Welche Empfehlung können Sie geben?Wer keine Risiken eingehen möchte, sichert seinen Bedarf ab. Neben der Kalkulierbarkeit der Kosten sollte die Versorgungssicherheit ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Darüber hinaus zeigt sich, dass Innovationen im Bereich Werkstoffe und auch Verfahren zu deutlichen Einsparungen führen können. Es ist also sinnvoll, nicht nur den Einkauf der Rohstoffe zu optimieren, sondern auch die Unternehmens-strategie rechtzeitig auf die Anforderungen auszurichten.

Interview

„Unternehmen sollten sich rechtzeitig rüsten“

Oliver Rakau ist Analyst bei Deutsche Bank

Research und gemeinsam mit Josef Auer Autor

einer Studie zum Thema Materialeffi zienz

und Rohstoffe

Weitere InformationenKontakt Oliver Rakau, Josef Auer, Deutsche Bank Research, E-Mail [email protected], [email protected]

Literatur3 Die Studie von Deutsche Bank Research

zu den Auswirkungen der Rohstoff-Preisschwankungen erscheint auf www.dbresearch.de

Teil eines integrierten Pharma-Verpackungssystems, Raffi nerie von Süd-Chemie: Neue Herstellungsverfahren lassen neue Werkstoffe entstehen. Dank einer Reihe von Innovationen hat der Chemiespezialist in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Wachstum gezeigt

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