Tigermücke

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Basel.Land. | Montag, 13. Juni 2016 | Seite 20

Tigermücke hat das Baselbiet erreichtBundesamt für Umwelt bestätigt einen Fund in Arlesheim

Nachrichten

Schäden und Erdrutsch wegen starken Regens

Liestal. Die zum Teil starken Nieder-schläge vom Wochenende hatten erneut Feuerwehreinsätze und Sach-schäden zur Folge, wie die Baselbieter Polizei mitteilt. Vor allem im Raum Frenkendorf, Füllinsdorf, Arisdorf und Liestal kam es am Samstagvormittag zu überschwemmten Räumlichkeiten. Bei der Einsatzzentrale sind 30 Notrufe aus acht Gemeinden wegen Proble-men mit den Wassermassen eingegan-gen. Zudem brachen in diversen Gemeinden Wasserleitungen, so etwa in Frenkendorf, Allschwil und Oberwil. Menschen seien bisher keine zu Scha-den gekommen. Doch letzte Woche kam es in Grellingen zu einem grösse-ren Erdrutsch. Die deswegen gesperrte Kantonsstrasse ist wieder offen.

Die wilde Bier-und-Schlamm-Party der TurnerAm Kantonalturnfest in Diegten vom Wochenende stand das feuchtfröhliche Beisammensein im Zentrum

Von Daniel Aenishänslin (Text und Fotos)

Diegten. Bis tief in die Nacht wurde am Samstag gefeiert. Noch am Morgen zuvor hatte der Himmel seine Schleu-sen geöffnet, als wolle er das obere Baselbiet lieber heute als morgen flu-ten. Im Festzelt des Kantonalturnfestes in Diegten hüpfte das Herz, das Bier trieb die Stimmung literweise nach oben, die Turnerinnen und Turner tanz-ten, sangen, lagen sich in den Armen. Irgendwo am Rand des Zelts bahnte sich Martin Leber, Präsident des Basel-bieter Tunverbands, seinen Weg in Richtung reichlich verspätetes Abend-essen. Im Schlepptau hatte er seinen Vize, Rolf Cleis. «Trotz dem schlechten Wetter ist die Stimmung toll», bemerkte er, «von jung bis alt feiern alle gemein-sam; man versteht sich über die Ver-einsgrenzen hinweg einfach gut.»

DJ Don Jogi pumpte seine Beats in die Festzelthalle. Die Turnerinnen und Turner tanzten auf den Bänken und noch wilder auf den Tischen. Einige ver-suchten sich auf dem Turnfestmobiliar gar an einer Menschenpyramide. Nicht gerade in der Höhe eines Castells, eines Menschenturms, wie er im katalani-schen Tarragona Teil gelebter Kultur ist, aber immer noch hinauf in solch schwindelnde Höhe, dass Versicherun-gen davon abraten. Und alle hatten sie ein Lächeln im Gesicht. Ein breites. Die Turnfeste sind vielleicht die einzigen wilden Partys, die noch alle Jahrgänge gemeinsam feiern.

Turne bis zur UrneSeinen Stellenwert unterstrich das

Kantonalturnfest dadurch, dass es gleich von mehreren politischen Expo-nenten besucht wurde. Natürlich tanzte keiner und keine von ihnen abends bier-selig auf den Tischen. Der höchste Baselbieter, Landratspräsident Franz Meyer, nahm sich ebenso die Zeit wie Nationalrätin Maya Graf. Am Freitag machte Regierungspräsident Anton Lauber den Turnenden seine Aufwar-tung, am Samstag der Baselbieter Volks-wirtschafts- und Gesundheitsdirektor

Thomas Weber und am Sonntag die Baselbieter Sportdirektorin Monica Gschwind. Nationalrat Thomas de Courten legte sogar selbst Hand an. Er war als Helfer eingeteilt, stellte Tische und Bänke auf, räumte Abfall weg. Tho-mas Beugger, Leiter des Baselbieter Sportamts, begleitete einen in seiner Funktion als Speaker durch den Tag.

Zurück ins Zelt, wo den Fotografen auf dem Siedepunkt der Stimmung die Linsen anliefen. Anastasia aus Bischofs-zell legte einen Twist auf den Tisch, dass sich schon der Zuschauer Schweissper-len von der Stirn wischen musste. «Cool, dass alle mitmachen», keuchte sie begeistert, «es ist einfach geil, wir haben so einen Spass.» Der Buusner Joe fasste zusammen: «Im Wettkampf gibt man alles. Und abends gibt man noch mal alles.» Er sang ein Hohelied auf den Zusammenhalt der Turnerfamilie. Er selbst gebe nicht mehr «Vollgas», schliesslich sei er auch schon 30. Aber es gebe natürlich Grenzen, wenn gefei-ert wird, sagte Dani vom STV Benken (Motto: Turne bis zur Urne): «Es braucht gegenseitigen Respekt, es darf nichts kaputt gemacht werden und wenn jemand zu blöd tut oder betrun-ken ist, greift die soziale Kontrolle». Heisst: Er wird vom Kollegen freundlich aus dem Verkehr gezogen.

Durchzechte PartynachtEine wilde Partynacht feierten

Guggi und Nicole aus dem solothurni-schen Etziken. «Wir tanzen zusammen Rock ’n’ Roll, wenn wir nicht mit der Turnerfamilie unterwegs sind», erzählte Nicole. «Wenn wir am Sonntag heimrei-sen, haben wir wahrscheinlich 24 Stun-den nonstop Plausch gehabt», prophe-zeite Guggi und dachte einen Moment an sein sportliches Abschneiden, «gleichzeitig hoffe ich, dass wir in die Ränge kommen.» Das Kantonalturnfest in Diegten sei noch besser, als sie sich das vorgestellt haben. Überall laufe etwas. «Wir haben zwar eine Übernach-tungsmöglichkeit, werden sie aber nicht nutzen», sagte Nicole, «dafür sind wir bekannt.»

Läng d Achs und gib im

Zäichen und WunderEs bassiere no Zäichen und Wunder. Jetz sy doch do letschti inere Gratis-Zyt tig, wo numme zooben uusechunnt, alli Täggscht statt in Hochdütsch uf Mundart gschriibe gsii. Natüürlig hets äim bim äinten oder andere Wort e chly tschuudered oder es isch äim fascht e chly gschmuech worde. Aber wills jo öbbe gege 30 verschiideni Mundarten in der Schwyz git, chamen es Wort au 30-mool anders schryybe. Numme. Bi den Inhält vo de Täggscht hed sich nüt gänderet. Au uf Mundart sy die mäisch-ten Artikel immer no glyych äinerläi gsi wie uf Hochdütsch.

tschuudere = fröstelngschmuech = unbehaglichäinerläi = belanglos

Von Boris Gygax

Arlesheim. Die asiatische Tigermücke ist lästig. Im Gegensatz zu heimischen Mücken ist sie tagaktiv und aggressiver. Sie kann mehrmals zustechen und einen Menschen regelrecht verfolgen. Gefürchtet ist sie, weil sie Krankheiten wie das Dengue- und Chikungunya-fieber oder das Zikavirus zwar nicht ein-schleppen, aber übertragen kann. Erst-mals 2003 in der Südschweiz entdeckt, führt das Schweizerische Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) zusammen mit dem Gruppo Lavoro Zanzare (GLZ) des kantonalen Labors für angewandte Mikrobiologie des Kantons Tessin seit 2013 ein Über-wachungsprogramm ausserhalb des Tessins durch.

Zehn Jahre später überwand die Tigermücke die Alpen. Seither wurden deren Eier und Exemplare auf der Alpennordseite entdeckt, sagt Basil Gerber, Experte beim Bundesamt für Umwelt (Bafu). Er bestätigt: Im Sep-tember letzten Jahres sei ein Exemplar im Kanton Baselland, genauer: in Arles-heim, gesichtet worden.

Günstiges Klima für die MückeDies erstaunt: Warum breitet sich

die Tigermücke nicht zuerst im Mittel-land aus, bevor sie weiter in den Norden verschleppt wird? Dafür gebe es eine logische Erklärung, sagt Gerber. «Die Mücke kann nur 100 bis 200 Meter flie-gen und wird entlang der Transport-wege, also in Autos, Last wagen, Flug-zeugen oder Zügen verschleppt.» Die wenigen Tiere auf der Alpennordseite wurden entlang der Nord-Süd-Verkehrs achse entdeckt. Daneben seien nur wenige Fälle in der Nordostschweiz bekannt. Im Tessin hat sich die Anzahl seit 2014 fast verdoppelt, nachdem sie sich zuvor stabilisiert hatte.

Die nun gefundene Mücke ging nicht in eine der 30 Fallen, die vom Swiss TPH in der ganzen Schweiz, vor-nehmlich entlang der Strassenverkehrs-achsen und Flughäfen, aufgestellt wur-den. Eine Falle steht etwa in Pratteln an der A2. In Arlesheim habe ein Kenner das Tier bestimmen können, erschlagen und dann an das Baselbieter Sicherheits-inspektorat geschickt, welches es an die Fachstelle im Tessin weiterleitete, sagt Dieter Leutwyler, Mediensprecher der Bau- und Umweltschutzdirektion. Der Fundort liege bei einem verlassenen Haus, wo Regentonnen herumstanden.

Es sei das erste Mal, dass ein Hin-weis aus der Bevölkerung auch

gestimmt hat, so Gerber. Meistens werde die Tigermücke mit der etwas grösseren, ebenfalls schwarz-weiss gestreiften asiatischen Buschmücke verwechselt  – beide gehören zu den invasiven Arten. Die Tiere bräuchten kleinste Mengen an Wasser, um ihre Eier abzulegen, sagt Gerber.

Darum seien alle Tonnen entleert und die umliegenden Wasserflächen trockengelegt worden, sagt Leutwyler. Er bezeichnet den Fund als «reinen Zufall. Jede andere Person hätte die Mücke wahrscheinlich erschlagen und entsorgt.» Insofern gehe er davon aus, dass noch weitere, vereinzelte Tiere es bis in die Region geschafft haben.

Die Tigermücke lebe nicht in Sumpf-gebieten wie andere Mückenarten, erklärt Bafu-Experte Gerber. Das milde Klima im Baselbiet begünstige das Über-leben der Tiere, dies habe aber nichts mit dem Klimawandel zu tun. Die Insekten flüchten nicht, sondern werden zufällig verschleppt. Künftig werde das Baselbiet regelmässiger überprüft, sagt Gerber.

Experte relativiert GefahrBei einer solch niedrigen Dichte auf

der Alpennordseite sei die Möglichkeit, dass eine Tigermücke ein Virus von einem kranken Menschen aufnimmt und dieses an einen anderen weitergibt, «verschwindend klein». Höchstens im Sommer im Tessin sei dies denkbar, «aber auch dann müsste es ganz dumm gehen», so der Bafu-Experte.

Obwohl das Risiko einer Anste-ckung klein ist, bekämpfen die Behör-den die Insekten. Es sei billiger, verein-zelt die Brut zu zerstören, als erst dann zu reagieren, wenn die Population schon dicht ist, sagt Gerber. Die Ein-dämmungsstrategie funktioniere gut. Für etwa die Hälfte des Erfolgs im Tes-sin sei jedoch die Bevölkerung verant-wortlich. Sie werde dazu angehalten, stehende Gewässer zu verhindern, bei-spielsweise das Wasser der Untersätze der Blumentöpfe regelmässig zu erset-zen und den Müll gut abzudichten. Lokal werden auch biologische Insekti-zide angewendet. «Chemikalien wer-den so schonend wie möglich einge-setzt», sagt Gerber.

Doch die Eier der Tigermücken sind sehr widerstandsfähig: Sie sind tro-ckenresistent und können mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre, über-leben. So werden auch die Eier leicht verschleppt und können überdauern, bis sie an einem anderen Ort wieder in Kontakt mit Wasser kommen und eine neue Mückengeneration heranwächst.

Lästige Plage. Die Tigermücke kann mehrmals zustechen und ist aggressiver als die heimischen Mücken.

Nach dem Wettkampf das Kampftrinken. Der Turnverein Rothenfluh beim berauschenden Teambuilding.

Drei Muskeltiere. Nach dem Regen kam der Schlamm. Disziplin Schlammwaten. Jungs aus Waldstatt.