Totalrevision des Gütertransportgesetzes; Gesamtkonzep ......1.1.2.4 Der Gütertransportmarkt heute...

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2012...... 1 00.000 Totalrevision des Gütertransportgesetzes; Gesamtkonzep- tion zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Flä- che Erläuternder Bericht für das Vernehmlassungsverfahren vom 16. April 2013

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00.000

Totalrevision des Gütertransportgesetzes; Gesamtkonzep-tion zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Flä-che Erläuternder Bericht für das Vernehmlassungsverfahren

vom 16. April 2013

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Übersicht

Mit der Motion 10.3881 "Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche" hat das

Parlament den Bundesrat beauftragt, eine Gesamtkonzeption zur Förderung des

Schienengüterverkehrs in der Fläche zu erarbeiten. Diese Vernehmlassungsvor-

lage enthält die Ziele für den Schienengüterverkehr in der Fläche, umfasst ein

ausgewogenes Instrumentarium an Massnahmen zur Erreichung dieser Ziele und

zeigt die künftige Entwicklung und Finanzierung der Güterverkehrsinfrastruktur

auf.

Ausgangslage

Mit der Motion 10.3881 "Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche" wurde der Bundesrat beauftragt, dem Parlament im Rahmen einer Vorlage eine Gesamtkon-zeption für die zukünftige Förderung des schweizerischen Schienengüterverkehrs in der Fläche zu unterbreiten.

Unter dem Begriff „in der Fläche“ ist in diesem Zusammenhang jeder Schienengü-terverkehr in der Schweiz mit Ausnahme des alpenquerenden Transitverkehrs zu verstehen. Der Auftrag für eine Gesamtkonzeption umfasst somit den Binnen- sowie den Import- und Exportschienengüterverkehr. Berücksichtigt werden alle Produkti-onsformen des Bahngüterverkehrs, also der Wagenladungsverkehr und der kombi-nierte Verkehr. Dabei sollen alle heute bestehenden Fördertatbestände (Betriebs- und Investitionsbeiträge sowie Rückerstattungslösungen) überprüft werden.

Der schweizerische Schienengüterverkehr ist für die Güterversorgung innerhalb der Schweiz und für den Güteraustausch mit dem Ausland von grosser Bedeutung. Heute wird sowohl im Binnenverkehr als auch im Import-/Exportverkehr ein Viertel der gesamten Güterverkehrsleistung auf der Schiene bewältigt.

Inhalt der Vorlage

Gegenstand der Vernehmlassungsvorlage ist die Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche.

Grundsätze und Ziele

Als erster Schritt im Rahmen der Gesamtkonzeption wurden die relevanten Grund-sätze und Ziele für den Schienengüterverkehr festgelegt. Diese wurden auf der Grundlage von verkehrsträgerübergreifenden Überlegungen definiert, da die Ver-sorgung des Landes mit Gütern unabhängig von einem spezifischen Verkehrsträger sichergestellt sein muss. Zu diesem Zweck sollen folgende Grundsätze und Ziele gesetzlich verankert werden:

Der Bund setzt die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung des Gütertransports und ein effizientes Zusammenwirken der verschiede-nen Verkehrsträger bei der Güterversorgung.

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Er schafft günstige Rahmenbedingungen für den Bau und Betrieb geeigne-ter Güterverkehrsanlagen wie Anschlussgleise und Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr.

Er sorgt für den diskriminierungsfreien Zugang zu den Güterverkehrsan-lagen.

Angebote des Gütertransports auf der Schiene müssen grundsätzlich ei-genwirtschaftlich sein. Von diesem Grundsatz soll nur abgewichen wer-den, wenn die Kantone und der Bund gemeinsam nicht kostendeckende Angebote sicherstellen wollen, wobei die Initiative für solche Bestellungen von den Kantonen ausgehen muss. Der Bund kann ausserdem im Sinne ei-ner Anschubfinanzierung die Entwicklung von neuen Angeboten, welche in der Anfangsphase nicht eigenwirtschaftlich sind, befristet fördern.

Zu Gunsten flexiblerer Instrumente zur Sicherstellung einer angemessenen Versor-gung wird explizit auf einen Verlagerungsauftrag verzichtet.

Massnahmen

Um die definierten Grundsätze und Ziele zu verfolgen, werden die heute schon vorhandenen Instrumente und Mittel zur Förderung des Schienengüterverkehrs angepasst, ergänzt und - wo dies sinnvoll ist - bestätigt:

Die Rahmenbedingungen Strasse, insbesondere das Nacht- und Sonntags-fahrverbot, die Gewichtslimiten, die Leistungsabhängige Schwerverkehrs-abgabe (LSVA) und das Kabotageverbot sollen weiterhin gelten.

Der Bund sorgt mit den neuen Instrumenten „Netznutzungskonzept“ und „Netznutzungspläne“ für eine sinnvolle Verteilung der verfügbaren Kapa-zitäten der Schieneninfrastruktur auf die Nutzergruppen innerhalb der Planung und bei der Kapazitätsnutzung.

Der Bund sorgt für die Bereitstellung von Rangierbahnhöfen, Umschlags-anlagen Schiene-Strasse und Gleisanlagen an den Bedienpunkten. Er führt hierfür einen institutionalisierten Planungsprozess ein.

Die finanzielle Förderung von Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr und für Anschlussgleise wird harmonisiert und erfolgt über A-fonds-perdu-Beiträge. Bei der Bewertung und Bestimmung der Höhe der Investitionsbeiträge kommen analoge Kriterien zur Anwendung. Sie erfolgt gestützt auf ein vom Bund gemeinsam mit den Kantonen erarbeitetes und mit den Bedürfnissen der Branche abgestimmtes Konzept für die Entwick-lung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur.

Die Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf des kombinierten Ver-kehrs wird beibehalten .

Die vom Bund geförderten Anlagen unterstehen alle dem diskriminierungs-freien Zugang. Die Einhaltung der Regeln soll in Zukunft durch die Schiedskommission im Eisenbahnverkehr (SKE) verstärkt überwacht wer-den.

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Der Bund kann gemeinsam mit den betroffenen Kantonen die naturräumli-chen Unterschiede mit Betriebsbeiträgen ausgleichen. So sorgt er für eine angemessene Güterversorgung in diesen Räumen. Insbesondere die beste-henden Betriebsbeiträge an Meterspurbahnen in den Gebirgsregionen sol-len mit diesem Instrument erhalten bleiben.

Der Bund kann zeitlich befristete Betriebsbeiträge für neue Angebote des Schienengüterverkehrs in der Fläche im Sinne einer Anschubfinanzierung gewähren.

Die heute gewährten Betriebsbeiträge an den Einzelwagenladungsverkehr und den nicht alpenquerenden kombinierten Verkehr fallen nach einer Übergangsfrist weg. Mit diesen Mitteln werden teilweise die neuen Instrumente, die gemeinsamen Bestel-lungen mit den Kantonen und die befristeten Verbilligungsbeiträge finanziert.

Mit der Vorlage sind die im Rahmen des Konsolidierungs- und Aufgabenüberprü-fungspakets 2014 (KAP 2014) geforderten Sparvorgaben im Bereich des Schienen-güterverkehrs in der Fläche erfüllt.

Dringlichkeit

Der Binnengüterverkehr insbesondere der Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) der SBB Cargo AG, der weitaus grössten Anbieterin im Schienengüterverkehr in der Fläche, ist seit Jahren defizitär. Die SBB Cargo AG hat immer wieder organisatori-sche Massnahmen ergriffen, um das Ergebnis zu verbessern. So wurden Ende 2012 weitere schwachfrequentierte Bedienpunkte im EWLV geschlossen. Die Motion 10.3881 will unter anderem einem schleichenden Rückzug entgegentreten. Sämtliche Akteure im Schienengüterverkehr brauchen rasch stabile Rahmenbedingungen und Klarheit über gezielte Fördermassnahmen.

Rechtliche Anpassungen

Ziele und finanzielle Förderinstrumente fliessen ins total revidierte Gütertransport-gesetz ein. Dabei werden alle finanziellen Förderinstrumente für den Güterverkehr in der Fläche in einem Gesetz zusammengefasst, und es kommen harmonisierte Bedingungen und Kriterien zur Anwendung. Zu diesem Zweck wird das Bundesge-setz über die Anschlussgleise ins Gütertransportgesetz integriert. Für die Kapazi-tätssicherung wird das Eisenbahngesetz angepasst. Die Aufgaben der SBB in Bezug auf den Güterverkehr werden im SBBG angepasst. Kleinere Anpassungen werden im Strassenverkehrsgesetz und im Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebun-denen Mineralölsteuer vorgenommen. Die Totalrevision wird gleichzeitig für eine Vereinfachung und Konzentration der Verfahrensbestimmungen für die Bewilligun-gen von Güterverkehrsanlagen genutzt. Damit werden die heute in verschiedenen Erlassen (Anschlussgleisgesetz, Eisenbahngesetz, Gütertransportgesetz) verstreuten Bestimmungen zusammengeführt.

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Inhaltsverzeichnis

Übersicht 2

1 Grundzüge der Vorlage 10 1.1 Ausgangslage 10

1.1.1 Die Herausforderungen im Schienengüterverkehr in der Fläche als

Ausgangspunkt für eine Gesamtkonzeption 10 1.1.1.1 Die Bedeutung des Schienengüterverkehrs 10 1.1.1.2 Auslöser für die Motion 10.3881 Zukunft des Schienenverkehrs

in der Fläche 11 1.1.2 Der Güterverkehrsmarkt in der Schweiz 11 1.1.2.1 Begriffe und Definitionen 11 1.1.2.2 Die Entwicklung des Güterverkehrsmarktes in der Schweiz 12 1.1.2.3 Rahmenbedingungen für den Güterverkehr 14 1.1.2.4 Der Gütertransportmarkt heute 19 1.1.2.5 Marktprognose für den Güterverkehr 26 1.1.3 Die Produktionsformen im schweizerischen Schienengüterverkehr

und deren Herausforderungen 28 1.1.3.1 System Einzelwagenladungsverkehr 31 1.1.3.2 Der Kombinierte Verkehr 36 1.1.3.3 Die Meterspurbahnen 40 1.1.4 Der Bedarf an Infrastrukturkapazitäten für den

Schienengüterverkehr 41 1.1.5 Planungsprozess Güterverkehrsanlagen 43 1.1.6 Die Förderinstrumente der öffentlichen Hand heute 43 1.1.6.1 Übersicht Fördermittel 43 1.1.6.2 Investitionsbeiträge als Finanzhilfen 47 1.1.6.3 Betriebsbeiträge als Abgeltungen 48 1.1.6.4 Abhängigkeiten zur Verlagerungspolitik 49

1.2 Die Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der

Fläche 49 1.2.1 Grundsätze der Gesamtkonzeption 49 1.2.1.1 Ziele als Grundlage für die Förderung 49 1.2.1.2 Schwerpunkte der Förderung und Beitrag der Wirtschaft 50 1.2.1.3 Zusammenwirken der Verkehrsträger 50 1.2.2 Überblick über die Gesamtkonzeption 55 1.2.2.1 Grundsätze und Ziele 55 1.2.2.2 Verworfene Ziele 56 1.2.2.3 Instrumente zur Förderung des Schienengüterverkehrs 56 1.2.3 Ausgestaltung der neuen Instrumente 58 1.2.3.1 Langfristiges Netznutzungskonzept (NNK) 58 1.2.3.2 Der Netznutzungsplan (NNP) 60 1.2.3.3 Planungsprozess für den Schienengüterverkehr und Konzept für

Güterverkehrsanlagen 63 1.2.3.4 Finanzielle Förderung von Umschlagsanlagen des Kombinierten

Verkehrs und privater Gleisanschlüsse 65 1.2.3.5 Förderung technischer Neuerungen 66

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1.2.3.6 Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf des

kombinierten Verkehrs 66 1.2.3.7 Betriebsbeiträge an Güterverkehrsangebote 67 1.2.3.8 Weiterentwicklung der SBB Cargo als wichtigster Anbieter im

Schienengüterverkehr der Schweiz 68 1.2.3.9 Vereinfachung der Bestimmung zu Bau, Betrieb und Aufsicht

von Anschlussgleisen und Umschlagsanlagen 69 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 69

1.3.1 Grundsätze und Ziele 69 1.3.2 Die Auswahl der Instrumente zur Förderung des

Schienengüterverkehrs in der Fläche 71 1.3.3 Verworfene Instrumente 72 1.3.4 Begründungen zu den neuen Instrumenten 73 1.3.4.1 Das langfristige Netznutzungskonzept und der

Netznutzungsplan 73 1.3.4.2 Planungsprozess für den Schienengüterverkehr und Konzept für

Güterverkehrsanlagen 74 1.3.4.3 Finanzielle Förderung von Umschlagsanlagen des kombinierten

Verkehrs und privater Gleisanschlüsse 75 1.3.4.4 Innovationen 76 1.3.4.5 LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf des kombinierten

Verkehrs 77 1.3.4.6 Betriebsbeiträge an Güterverkehrsangebote 78 1.3.4.7 Weiterentwicklung der SBB Cargo als wichtigste Anbieterin im

Schienengüterverkehr in der Fläche 80 1.3.4.8 Vereinfachung der Bestimmung zu Bau, Betrieb und Aufsicht

von Anschlussgleisen und Umschlagsanlagen 81 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 81 1.5 Rechtsvergleich mit dem europäischen Recht 82 1.6 Umsetzung 82 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse 83

2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 83 2.1 Einbettung der Vorlage 83 2.2 Gütertransportgesetz (Totalrevision) 87 2.3 Bundesgesetz über die Anschlussgleise 95 2.4 Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen

Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe 95 2.5 Strassenverkehrsgesetz 96 2.6 Eisenbahngesetz 96 2.7 Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen 97

3 Auswirkungen 98 3.1 Auswirkungen auf den Bund 98

3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 98 3.1.2 Personelle Auswirkungen 100

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3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren,

Agglomerationen und Berggebiete 100 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 101 3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 101 3.5 Auswirkungen auf die Umwelt 102

4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des

Bundesrates 102 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 102 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates 102

5 Rechtliche Aspekte 102 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 102 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 103 5.3 Erlassform 103 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 103 5.5 Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung 104

Titel Rechtstext (Entwurf)

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Verzeichnis der Abkürzungen

ASTRA Bundesamt für Strassen

AnGV Verordnung über die Anschlussgleise

BAV Bundesamt für Verkehr

BBl Bundesblatt

BFS Bundesamt für Statistik

BGFV Verordnung über die Förderung des Bahngüterverkehrs (BGFV)

BIF Bahninfrastrukturfonds

BIFG Bahninfrastrukturfondsgesetz

BV Bundesverfassung

EBG Eisenbahngesetz

EFD Eidgenössisches Finanzdepartement

EVU Eisenbahnverkehrsunternehmen

EWLV Einzelwagenladungsverkehr

FABI Vorlage zur Finanzierung und zum Ausbau der Bahninfrastruktur

FinöV Bundesbeschluss über Bau und Finanzierung der Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs

FinöV-Fonds Fonds für Eisenbahngrossprojekte

FP Finanzplan

FPJ Fahrplanjahr

GVVG Güterverkehrsverlagerungsgesetz

GüTG Gütertransportgesetz

KAP Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspaket 2014

KV kombinierter Verkehr

KVF Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen

LV Leistungsvereinbarung

LSVA Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe

MinVG Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineral-ölsteuer und der Nationalstrassenabgabe

NNK Netznutzungskonzept

NNP Netznutzungsplan

n.v. nicht vorhanden

RG Rechnung

RPG Raumplanungsgesetz

SBB Schweizerische Bundesbahnen

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SBBG Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen

SFSV Spezialfinanzierung Strassenverkehr

SKE Schiedskommission im Eisenbahnverkehr

STEP strategisches Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur

SVA Schwerverkehrsabgabe

SVAG Schwerverkehrsabgabegesetz

SVG Strassenverkehrsgesetz

TEU Twenty-foot Equivalent Unit - standardisierte Grösse im KV

tkm Tonnen-Kilometer (Transportleistung)

UKV Unbegleiteter kombinierter Verkehr

UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr Energie und Kommunikation

VA Voranschlag

WEKO Wettbewerbskommission

WLV Wagenladungsverkehr

ZEB Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur

ZEBG Bundesgesetz über die zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruk-tur

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Erläuternder Bericht für das Vernehmlassungsverfahren

1 Grundzüge der Vorlage

1.1 Ausgangslage

1.1.1 Die Herausforderungen im Schienengüterverkehr in der Fläche als Ausgangspunkt für eine Gesamtkon-zeption

1.1.1.1 Die Bedeutung des Schienengüterverkehrs

Strasse und Schiene sind die beiden tragenden Säulen für den Gütertransport in der Schweiz. Mit den zunehmend knappen Strassen- und Schieneninfrastrukturen wird das Zusammenspiel der beiden Verkehrsträger immer wichtiger. Damit liegt der Schwerpunkt der Überlegungen zur Gesamtkonzeption Schienengüterverkehr in der Fläche nicht beim Konkurrenzverhältnis, sondern bei der für die Volkswirtschaft wichtigen ergänzenden Wirkung von Strasse und Schiene. Der schweizerische Schienengüterverkehr ist in diesem Sinne für die Güterversorgung innerhalb der Schweiz und den Güteraustausch mit dem Ausland von grosser Bedeutung. Heute wird sowohl im Binnenverkehr als auch im Import-/Exportverkehr ein Viertel der gesamten Güterverkehrsleistung auf der Schiene bewältigt.

Der Rolle des Schienengüterverkehrs in der Fläche in der schweizerischen Ver-kehrspolitik bleibt im heutigen Regulativ weitgehend offen. Vielmehr liegt der Fokus auf der Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene, ein Hauptziel der schweizerischen Verkehrspolitik. Mit der Annahme des Alpenschutzartikels (Art. 84 der Bundesverfassung1) und der ausführenden Gesetzgebung (vgl. das Güterverkehrsverlagerungsgesetz, GVVG2) wurden konkre-te Ziele in diesem Bereich festgelegt, und der Bund hat sein Instrumentarium danach ausgerichtet.

Anders präsentiert sich die Situation im Binnengüterverkehr und im Import-/Exportgüterverkehr. Für den Schienengüterverkehr in der Fläche besteht im heuti-gen schweizerischen Regulativ kein expliziter (Verlagerungs-) Auftrag. Trotzdem war die Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche immer ein Anliegen des Bundes. Eine wichtige Grundlage bilden heute die Investitionsbeiträge für Rangier-bahnhöfe, für Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs (KV), für private Anschlussgleise und Freiverladeanlagen sowie Betriebsbeiträge an die Meterspur-bahnen, den kombinierten Verkehr und den Einzelwagenladungsverkehr (EWLV). Die Entlastung der Strassen, die Schonung der Strasseninfrastruktur und die Versor-gungssicherheit in den Regionen sind neben umweltpolitischen Aspekten die wich-tigsten Gründe für eine breite Zustimmung zur Förderung durch den Bund.

1 SR 101 2 SR 740.1

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1.1.1.2 Auslöser für die Motion 10.3881 Zukunft des Schie-nenverkehrs in der Fläche

Die Beschlüsse des Parlaments aus dem Jahr 2008 zur Güterverkehrsvorlage3 haben die bisherigen Fördertatbestände im Schienengüterverkehr in der Fläche bestätigt und mit der Einführung von Betriebsbeiträgen für den EWLV sogar ausgeweitet. Mit der Mo. 09.3964 Lombardi, Zukunftsfähiger Schienengüterverkehr wurde anschliessend ein Vorstoss eingereicht, der die Förderung von Innovationen und technische Verbesserungen als weiteren zusätzlichen Fördertatbestand verlangte. Im Zuge der ständerätlichen Beratungen zeigte sich, dass anstelle punktueller Anpas-sungen eine Gesamtkonzeption für die zukünftige Förderung des schweizerischen Schienengüterverkehrs in der Fläche erforderlich ist. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats hat in der Folge die Mo. 10.3881 Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche eingereicht. Nach dem Ständerat hat sie 2011 auch der Nationalrat angenommen.

Die Annahme der Motion beauftragte den Bundesrat, eine Vorlage für die Gesamt-konzeption Schienengüterverkehr in der Fläche mit den notwendigen Anpassungen der geltenden Rechtsgrundlagen und einer allfälligen Finanzvorlage auszuarbeiten. Diese Gesamtkonzeption soll Massnahmen vorschlagen, wie der Schienenanteil am Gesamtgüterverkehr gehalten und - wo möglich und sinnvoll - vergrössert werden kann, ohne dabei allerdings einen Mindestanteil festzulegen (z.B. in Form eines anzustrebenden Modalsplits Strasse/Schiene). Zudem soll die Vorlage Lösungen im Spannungsfeld zwischen flächendeckender Bedienung und wirtschaftlichem Betrieb aufzeigen.

1.1.2 Der Güterverkehrsmarkt in der Schweiz

1.1.2.1 Begriffe und Definitionen

Unter dem Begriff „in der Fläche“ ist im Verständnis des Bundesrats zum einen jeglicher Schienengüterverkehr zu verstehen, der ausschliesslich innerhalb der Schweiz verkehrt (Binnenverkehr inkl. des alpenquerenden Teils davon), und zum anderen gehört auch der (nicht alpenquerende) Import- und Exportverkehr dazu. Diese Abgrenzung ist notwendig, um die von der Motion betroffenen Verkehre vom Verlagerungsauftrag im alpenquerenden Verkehr abzugrenzen, da der alpenquerende Verlagerungsauftrag spezifische Ziele und Fördermassnahmen umfasst. Der Auftrag für eine Gesamtkonzeption schliesst somit den Binnen-, den Import- und Export-schienengüterverkehr und sämtliche Produktionsformen, also den (Einzel-) Wagen-ladungsverkehr und den kombinierten Verkehr, ein.

Als Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) wird die Produktionsform bezeichnet, bei der einzelne Wagen oder Wagengruppen in verschiedenen Kundengleisanschlüssen und Freiverladeanlagen regional gesammelt, zu ganzen Zügen zusammengestellt und in Rangierbahnhöfe geführt werden. Dort werden neue Züge je nach Bestimmungs-region zusammengestellt. Im Zielbahnhof werden die Züge wieder zerlegt und die einzelnen Wagen wieder mit regionalen Bedienfahrten via Anschlussgleis zugestellt. Ein Einzelwagen oder eine Wagengruppe kann dabei mehrmals neuen Zügen zuge-teilt werden. Dies bedeutet einen relativ hohen Rangier-, Infrastruktur- und Zeitauf-

3 Geschäfts-Nr. 07.047

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wand. Züge, die vom Abgangsort bis ans Ziel nicht rangiert werden müssen, werden als Ganz- oder Blockzüge bzw. als Ganzzugsverkehr bezeichnet.

Im kombinierten oder intermodalen Güterverkehr werden beispielsweise Sattel-auflieger oder andere Ladeeinheiten wie Container oder Wechselbrücken über längere Distanzen auf der Schiene oder der Wasserstrasse transportiert. Der Lastwa-gen bzw. das Strassengüterfahrzeug wird dabei meist nur über eine kürzere Strecke eingesetzt, um die Container und Wechselbrücken zur Bahn oder zum Binnenschiff zu transportieren oder am Entladeort dem Empfänger zuzustellen. Auch die Ver-knüpfung von Binnenschiff und Bahn beim Containertransport ist eine Form des kombinierten Verkehrs (KV). Die Ver- und Entladeorte sind die Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs, die auch 'Terminals' genannt werden. Sie sind die Schnittstellen des kombinierten Verkehrs. Mit Kränen oder speziellen Verladefahr-zeugen werden die Ladeeinheiten vom Strassengüterfahrzeug auf Züge oder Binnen-schiffe verladen. Hierbei sind Formen des Vertikal-Umschlags (durch Kräne) sowie des Horizontal-Umschlags (durch Querverschiebung) gängig. Am Entladeort werden die Ladeeinheiten wieder auf Lastwagen umgeschlagen und an ihr Ziel transportiert.

Die weiteren Details zu den Produktionsformen im Schienengüterverkehr finden sich unter Ziffer 1.1.3.

1.1.2.2 Die Entwicklung des Güterverkehrsmarktes in der Schweiz

Die Entstehung des Schienengüterverkehrs im Zuge der industriellen Revolution ermöglichte einst überhaupt erst die Möglichkeit des Transports von Massengütern auf dem Landweg. Parallel zur allgemeinen Entwicklung des schweizerischen Schienenverkehrs war der Schienengüterverkehr mit Inkrafttreten des ersten nationa-len Eisenbahngesetzes4 zunächst Sache privater Unternehmern, wobei die Kantone jedoch die Konzessionen vergaben. 1902 kam es mit der Gründung der Schweizeri-schen Bundesbahnen (SBB) zu einer Verstaatlichung der grösseren Privatbahnstre-cken in der Schweiz, dadurch ging der Schienengüterverkehr in weiten Teilen der Schweiz in die Hände der SBB über. Weiterhin existierten aber neben den SBB sog. "Privatbahnen", die zumeist gemischtwirtschaftlich, also unter Beteiligung der öffentlichen Hand, erbaut und betrieben wurden. Die Güterverkehrsleistungen wurden dabei als integriertes Angebot erbracht, d.h. für einen Transport war derjeni-ge zuständig, auf dessen Schieneninfrastruktur der Transport stattfand.

Lange Zeit dominierte die Eisenbahn den Güterverkehr auf dem Land, bis die Stras-se durch den zunehmenden Ausbau ihrer Infrastruktur im 20. Jahrhundert in den Vordergrund trat. Vor allem in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts gewann der Strassengütertransport laufend an Bedeutung. Die Internationalisierung der Wirtschaft und der damit einhergehende internationale Warenaustausch waren für die Strasse leichter zu bewältigen als für die Schiene. Während sich die Schiene teilweise unterschiedlichen technischen Normen und Regeln jenseits der nationalen Grenzen gegenübersah, kannte die Strasse bereits früh keine wesentlichen techni-schen Probleme für den grenzüberschreitenden Verkehr. Dies hatte Auswirkungen auf die Import- und Exportverkehre der Schweiz.

4 Bundesgesetz über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen im Gebiete der Eidgenossen-schaft.

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Abbildung 1 zeigt die zunehmenden Gütermengen zwischen 1950 und 2010 und die wachsende Bedeutung des Strassenverkehrs.

0

5'000

10'000

15'000

20'000

25'000

30'000

Mio. tkm

Transportleistung Schweiz 1950-2010in Mio. Tonnen-km

Strasse

Schiene

Quelle: BFS

Abbildung 1: Transportleistungen in tkm 1950 – 2010

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung des Modalsplits. Es wird sichtbar, dass der Schienenverkehr seine Bedeutung nicht verliert, aber in den letzten Jahren stagniert.

Abbildung 2: Modalsplit 1960 – 2010

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1.1.2.3 Rahmenbedingungen für den Güterverkehr

Die Ausgestaltung des Gütertransportmarktes und die Festlegung der Rahmenbedin-gungen stehen traditionell im Fokus staatlicher Regelungen. Insbesondere auch die Arbeitsteilung zwischen Schienen- und Strassengüterverkehr ("Verkehrskoordinati-on") steht seit mehreren Jahrzehnten im Mittelpunkt der Güterverkehrspolitik und war auch Gegenstand verschiedener Volks- und Gesetzesinitiativen5. Mit der Revi-sion des Eisenbahngesetzes 1957 wurden Finanzhilfen an die Bahnen erstmals gesetzlich institutionalisiert. Mit dem Ziel möglichst tiefer Bahntarife wurde auch eine Abgeltung für sog. "gemeinwirtschaftliche Leistungen" (z.B. Stückgutverkehr) eingeführt.

Die für den schweizerischen Güterverkehr heute bedeutenden rechtlichen Grundla-gen sind sowohl in der nationalen Gesetzgebung wie auch in internationalen Ab-kommen geregelt. Einige der wichtigsten Rahmenbedingungen des Güterverkehrs und im speziellen des Schienengüterverkehrs sind im Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemein-schaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse (nachfolgend bezeichnet als 'Landverkehrsabkommen'6) verankert. Die nachfolgend kurz be-schriebenen Instrumente sind sowohl im alpenquerenden Güterverkehr wie auch im Binnen- und Import-/Exportgüterverkehr wirksam.

Rahmenbedingungen Strasse

Die wichtigsten Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr umfassen die Abgabepflicht für die Strassenbenutzung, Fahrverbote und Beschränkungen für den Marktzutritt. Die meisten Bestimmungen sind in erster Linie umweltpolitisch moti-viert, indem sie allgemeine Rahmenbedingungen zum Schutz der Bevölkerung und zur Internalisierung externer Kosten darstellen.

Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA): Seit Anfang 2001 bezahlen schwere Motorfahrzeuge und Anhänger für den Gütertransport auf allen Schweizer Strassen eine distanz-, gewichts- und emissionsabhängige Schwerverkehrsabgabe. Zugleich wurde eine pauschale Schwerverkehrsabgabe für eine Reihe anderer Fahr-zeuge eingeführt. Die LSVA wirkt verteuernd auf den Strassenverkehr und begüns-tigt damit die Verlagerung auf die Schiene. Die Einnahmen aus der Schwerverkehrs-abgabe (SVA) fliessen unter anderem in den Bau der neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT)7.

Sonntags- und Nachtfahrverbot: Das Sonntagsfahrverbot gilt an allen Sonntagen und an den nationalen Feiertagen. Das Nachtfahrverbot gilt während des ganzen Jahres jeweils von 22.00 Uhr abends bis 05.00 Uhr morgens. Beide Verbote sind umweltbedingt und dienen in erster Linie der Ruhe und der Sicherheit im Land. Ein

5 Z.B. die Abstimmung zum "Verkehrsteilungsgesetz" 1935, die sog. "Gütertransportinitia-tive" 1938 oder die Abstimmung zur Autotransport-Ordnung ("Bundesbeschlusses über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen") 1951.

6 SR 0.740.72 7 Vgl. die Bestimmungen im Bundesgesetz über eine leistungsabhängige Schwerverkehrs-

abgabe (Schwerverkehrsabgabegesetz, SVAG), SR 641.81, sowie Art. 37ff LVA.

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erwünschter Nebeneffekt ist die Begünstigung des Schienengüterverkehrs. Beide Verbote gelten nicht für die Schiene8.

Ausmasse und Gewichte schwerer Motorfahrzeuge: Die Gewichtslimite für schwere Motorfahrzeuge wurde parallel mit der Einführung und Erhöhung der LSVA stufenweise auf 40 Tonnen Gesamtgewicht angehoben. Dies erlaubte dem Strassentransport einen Effizienz- bzw. Produktivitätssprung. Weitere Beschränkun-gen gelten für die schweren Motorfahrzeuge bezüglich der max. Höhe, der Länge usw.9.

Kabotageverbot: Der Transport von Gütern zwischen Destinationen im schweizeri-schen Inland (Kabotage) ist ausländischen Strassentransporteuren untersagt. Dassel-be gilt für Schweizer Transporteure auf dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates. Das Verbot schützt die Transporteure im Strassenbinnenverkehr vor Anbietern aus dem Ausland10.

Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften: Das Landverkehrsabkommen hatte keinen Einfluss auf die geltenden Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften für Berufschauffeure. Die entsprechenden Vorschriften für berufsmässige Motorfahr-zeugführer im Strassenverkehr sind allgemein weniger streng als für die Triebfahr-zeugführer im Schienenverkehr11.

Diese Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr haben sich für das Zu-sammenspiel von Strasse und Schiene im Güterverkehr bewährt und sollen im Rahmen dieser Vorlage nicht geändert werden. Die Vertreter der Branche sind in diesen Bereichen auf Stabilität (und damit Planungssicherheit) angewiesen. Zugleich sind diese Bestimmungen in der Bevölkerung breit akzeptiert.

Rahmenbedingungen Schiene

Bahnreform: Die Bahnreform von 1999 hatte das Ziel, die politischen und unter-nehmerischen Funktionen besser zu trennen, das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die öffentliche Hand zu erhöhen und Wettbewerbselemente ins Bahnsystem einzufüh-ren. Ausserdem musste die Entschuldung der SBB umgesetzt werden. Neue Finan-zierungsmodalitäten sollten die Transparenz verbessern. Für den Schienengüterver-kehr zentrale Elemente sind der Netzzugang und die Trassenpreisdefinition.

Marktöffnung und Netzzugang: Als Voraussetzung für die Einführung von Wettbe-werbselementen wurde der freie Netzzugang im Güterverkehr, wie er im Landver-kehrsabkommen zwischen der Schweiz und der EU vereinbart worden war, einge-führt. Voraussetzung für die Einführung des freien Netzzugangs war eine gewisse Unabhängigkeit der Infrastrukturbereiche der Eisenbahn von den Verkehrsberei-chen. Mindestens eine rechnerische Trennung musste vollzogen werden. Damit war die Voraussetzung geschaffen, dass Eisenbahngüterverkehrsunternehmen auf frem-den Eisenbahninfrastrukturen verkehren konnten. Zum Schutz der Qualität und Sicherheit des schweizerischen Eisenbahnverkehrs müssen alle Eisenbahnverkehrs-unternehmen, welche im Netzzugang verkehren wollen, eine Lizenz und eine Si-cherheitsbescheinigung für die befahrenen Strecken vorweisen. Gleichzeitig mit dem Netzzugang führte der Bund beim kombinierten Verkehr das Bestellprinzip ein. Er

8 Vgl. Art. 2 Abs. 2 Strassenverkehrsgesetz (SVG), SR 741.01 sowie Art. 15 LVA. 9 Vgl. Art. 9 SVG, SR 741.01, sowie Art. 7 LVA. Im Vor- und Nachlauf des kombinierten

Verkehrs auf der Strasse gilt ein höchstzulässiges Gewicht von 44 Tonnen. 10 Vgl. Art. 14 LVA. 11 Die Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften beruhen auf Art. 56 SVG, SR 741.01.

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16

war zuvor pauschal über die SBB subventioniert worden. Auch dieser Schritt schaff-te die Voraussetzung für mehr Wettbewerb unter den Schienengüterverkehrsanbie-tern.

Trassenpreise: Mit dem Netzzugang hat die Bahnreform auch die Frage der Kosten der Infrastrukturbenutzung geregelt. Jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen muss der Infrastrukturbetreiberin für die Nutzung der Bahninfrastruktur ein Entgelt, den Trassenpreis, zahlen. Gemäss den Regelungen des Eisenbahngesetzes muss der Trassenpreis mindestens die Grenzkosten decken12. Das sind diejenigen Kosten, die eine einzelne Zugfahrt dem Infrastrukturbetreiber direkt verursacht. Bei einem Trassenpreis unter den Grenzkosten würde jeder zusätzliche Zug das Defizit der Infrastrukturbetreiberin erhöhen. Die Höhe der Grenzkosten wird vom BAV für jede Streckenkategorie bestimmt. Das Entgelt trägt dabei insbesondere den unterschiedli-chen Kosten im Netz, der Umweltbelastung der Fahrzeuge sowie der Nachfrage Rechnung. Daneben sollen auf vergleichbaren Strecken gleich hohe Trassenpreise festgelegt und durch Möglichkeiten der Preisdifferenzierung die Trassenkapazitäten optimal ausgenützt werden. Am 1.1.2013 trat eine Revision des gültigen Trassen-preissystems in Kraft. Mit ihr hat der Bundesrat verschiedene Differenzierungen und Anreize eingeführt, um die Infrastruktur besser zu nutzen und die Energieeffizienz sowie den Schutz der Bevölkerung zu verbessern. So werden die Trassenpreise nun nach Tageszeiten und der Qualität der Trasse differenziert.

Prioritätenregelung: Mit der Möglichkeit des Netzzugangs wurde mit dem Eisen-bahngesetz auch das Verhältnis von Personen- und Güterverkehr beim Netzzugang geregelt. Hierbei hat der vertaktete Personenverkehr Vorrang. Anschlüsse innerhalb einer abgestimmten Transportkette des öffentlichen Verkehrs dürfen nicht gebro-chen werden. Dies hat zur Folge, dass bei der Fahrplanerstellung Angebote des Personenverkehrs gegenüber jenen des Güterverkehrs Vorrang haben13. Die im täglichen Betrieb, z.B. bei Betriebsstörungen, oftmals vollzogene Priorisierung des Personenverkehrs ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern Praxis der Infrastrukturbet-reiberinnen.

Auswirkungen der Bahnreform: Die mit der Bahnreform 1999 vollzogene Liberali-sierung im Schienengüterverkehr hat die Verhältnisse im Binnen- wie auch im Import-/Exportgüterverkehr in den letzten 15 Jahren massgeblich beeinflusst. Vor der Liberalisierung im Jahr 1999 waren alle Eisenbahnen in der Schweiz als integ-rierte Unternehmen Monopolanbieterinnen auf ihrem Netz. Sie waren grundsätzlich allein für die Dimensionierung der Anlagen (mit Ausnahme der privaten Anschluss-gleise), die angebotenen Leistungen und die Abwicklung des Güterverkehrs zustän-dig. Die Liberalisierung des Güterverkehrs entfaltete in erster Linie im Nord-Süd-Transitverkehr und im Ganzzugsverkehr ihre Wirkung. Durch die intramodale Konkurrenz zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) ist das Preis- und Kostenniveau in diesen Bereichen in den ersten Jahren stark unter Druck gekom-men. So wurden Ganzzugsverkehre oftmals von Verladern oder Spediteuren ausge-schrieben, und das preislich und qualitativ beste Angebot kam zum Zug.

Die Auswirkungen der Liberalisierung auf den Güterverkehr in der Fläche – insbe-sondere auf das Angebot im EWLV – waren im Rahmen der Bahnreform nur nach-rangig diskutiert worden. Die finanzielle Förderung war vor allem auf die Infrastruk-tur für den Schienengüterverkehr (u.a. Rangierbahnhöfe, Anschlussgleise,

12 Art. 9b Eisenbahngesetz (EBG), SR 742.101. 13 Art. 9a EBG, SR 742.101.

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Terminals) fokussiert. Der diskriminierungsfreie Zugang wurde vor allem in Bezug auf Trassen und Rangieranlagen als relevant erachtet.

In der jüngeren Vergangenheit hatten verkehrspolitische Beschlüsse zur Folge, dass von den Anbietern teilweise gegensätzliche Ziele wie die Eigenwirtschaftlichkeit und das flächendeckende Angebot verlangt wurden. Diese Aufgaben hat der Bun-desrat vor allem den SBB im Rahmen seiner strategischen Ziele für die Schweizeri-schen Bundesbahnen (z.B. für die Periode 2007-2010)14 und der Leistungsvereinba-rungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB)15 übertragen. Die anhaltenden Verluste von SBB Cargo AG zeugen vom Scheitern dieses Versuchs. Dies führte dazu, dass sich die Eigenwirtschaftlichkeit als primäre Bundesvorgabe auf Kosten der Flächenver-sorgung durchgesetzt hat; die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft sollen fortan Leitlinie des Wagenladungsverkehrsnetzes bilden (vgl. dazu die strategischen Ziele des Bundesrats für die SBB 2011-2014)16.

Güterverkehrsvorlage: Mit der Botschaft vom 8. Juni 2007 unterbreitete der Bun-desrat dem Parlament die Botschaft zur Güterverkehrsvorlage17. Die Güterverkehrs-vorlage legte den Schwerpunkt auf die Verlagerung des alpenquerenden Güterver-kehrs von der Strasse auf die Schiene. Weitere Themen waren die Anpassung des Transportrechts und der Anschlussgleis-Gesetzgebung an die Bedürfnisse des Mark-tes. Gleichzeitig wurde die Haftpflicht im Eisenbahngesetz neu geregelt. Im Rahmen der parlamentarischen Behandlung wurde ein wichtiger neuer Schwerpunkt gesetzt. Ein ergänzender Artikel im Gütertransportgesetz (Art. 4 GüTG18) sollte fortan die Grundlage für die Gewährung von Bundesmitteln für den Binnengüterverkehr (ein-schliesslich Import und Export) bilden. Zudem wurde je ein Zahlungsrahmen für die Förderung des nicht alpenquerenden Schienengüterverkehrs19 und für die Förderung des Güterverkehrs auf Schmalspurlinien20 beschlossen. Damit war die Grundlage geschaffen worden, damit der nicht alpenquerende kombinierte Verkehr sowie auch der Güterverkehr auf den Meterspurbahnen wie bisher unterstützt und neu auch der Einzelwagenladungsverkehr gefördert werden konnte. Diese Ergänzungen hat das Parlament im Herbst 2008 verabschiedet.

Artikel 4 GüTG trat Anfang 2010 in Kraft. Er ermöglicht die Förderung von Schie-nengüterverkehrsdienstleistungen in der Fläche, enthält jedoch keinen konkreten Auftrag. Die Bestimmung legt weder ein konkretes Verlagerungs- noch ein spezifi-ziertes Versorgungsziel fest. Die bisherige Unterstützung durch den Bund in diesem Bereich sollte mit dieser gesetzlichen Grundlage weitergeführt bzw. leicht ausgebaut werden können.

Gleichzeitig mit dem GüTG wurde auch das Güterverkehrsverlagerungsgesetz (GVVG21) in Kraft gesetzt. Artikel 8 GVVG hält fest, dass die Bundesmittel schwergewichtig für den unbegleiteten kombinierten Verkehr (UKV) eingesetzt

14 http://www.uvek.admin.ch/themen/00681/00988/00990/index.html?lang=de 15 Vgl. z.B. die Leistungsvereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft

und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB) für die Jahre 2011–2012, BBl 2011 3523

16 http://www.uvek.admin.ch/themen/00681/00988/00990/index.html?lang=de 17 BBl 2007 4377 18 SR 740.41 19 BBl 2009 8287 20 BBl 2009 8289 21 SR 740.1

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werden sollen. Zudem sollen die Abgeltungen pro transportierte Sendung Jahr für Jahr kontinuierlich gesenkt werden. Der Geltungsbereich des GVVG ist jedoch weitgehend auf den alpenquerenden Güterverkehr eingeschränkt.

Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfra-struktur, FABI22: Im Rahmen der Vorlage sollen alle Kosten der Bahninfrastruktur, d.h. auch jene von Betrieb und Substanzerhalt, über einen Fonds finanziert werden. Der bisherige, befristete FinöV-Fonds (Grossprojekte) soll dafür in den neuen, unbefristeten Bahninfrastrukturfonds (BIF) überführt werden. Dieser neue Fonds ist im Bahninfrastrukturfondsgesetz (BIFG) geregelt. Die Finanzierung von Betrieb und Substanzerhalt soll über vierjährige Zahlungsrahmen und Leistungsvereinbarungen mit den verschiedenen Eisenbahnunternehmen erfolgen. Die Bahninfrastruktur soll in mehreren Schritten ausgebaut werden.

Der BIF soll durch die Weiterführung der bisherigen zweckgebundenen FinöV-Einlagen gespeist werden. Es sind dies höchstens zwei Drittel der Nettoerträge aus der Schwerverkehrsabgabe, ein Mehrwertsteuer-Promille sowie befristete Mittel aus der Mineralölsteuer. Neu sollen jene Mittel des ordentlichen Bundeshaushalts, die bisher für den Betrieb und Substanzerhalt der Bahninfrastruktur vorgesehen waren, auf 2,3 Milliarden Franken erhöht und dem BIF zugeleitet werden. Hinzu kommen drei zusätzliche Finanzierungsinstrumente (Obergrenze für den Fahrkostenabzug, Erhöhung der Trassenpreise, Finanzierungslösung Publikumsanlagen durch Kanto-ne).

Der Bundesrat legt mit FABI eine Langfristperspektive für die Bahn fest. Der Ak-zent liegt bei mehr Kapazität auf der Schiene, in den Zügen und in den Bahnhöfen. U.a. soll die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs durch wettbewerbsfä-hige Transportzeiten, Pünktlichkeit und günstige Produktionsbedingungen erhöht werden. Diese Langfristperspektive wird mit einem strategischen Entwicklungspro-gramm Bahninfrastruktur (STEP) konkretisiert und umgesetzt. Darin eingeschlossen sind neben Ausbauten des Netzes weitere betriebsnotwendige Komponenten (z.B. Abstellanlagen). Die Umsetzung von STEP erfolgt in mehreren Ausbauschritten. Diese wird der Bundesrat in der Regel alle vier oder acht Jahre dem Parlament unterbreiten.

Mit FABI werden auch die Zuständigkeiten der Bahnplanung definiert. Prozessfüh-rer der Bahnplanung beim Bund ist das BAV. Dieses gibt Rahmenbedingungen, langfristige Zielsetzungen und Grundsätze für den Planungsprozess vor und sorgt in den verschiedenen Verkehrsarten für Angebotsplanungen. Das Verhältnis der FABI-Vorlage zu Planung und Kapazitäten von Bahninfrastruktur und Güterverkehrsanla-gen wird unter Ziffer 1.1.4 und 1.1.5 vertieft dargestellt.

Die Vorlage wurde in der Wintersession 2012 vom Ständerat als Erstrat beraten. Dabei wurde ein grösserer Ausbauschritt 2025 beschlossen (6,4 Milliarden Franken statt 3,5 Milliarden Franken), welcher mit einem zusätzlichen, befristeten Mehr-wertsteuer-Promille finanziert wird. Die FABI-Vorlage wird derzeit im Nationalrat behandelt23.

Bau und Finanzierung eines 4-Meter-Korridors für den Schienengüterverkehr

auf der Gotthard-Achse: Mit der 4-m-Korridor-Vorlage sollen bis 2020 die Zu-laufstrecken zum Gotthardbasistunnel für Züge mit Sattelaufliegern von 4 m Eckhö-

22 BBl 2012 1577 23 Geschäfts-Nr. 12.016

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19

he ausgebaut werden. Damit entsteht ein 4-m-Korridor zwischen Basel und Chias-so/Ranzo. Mit diesem grossprofiligen Korridor können neu vor allem hohe Satte-lauflieger auch auf der Gotthardstrecke transportiert werden. Heute ist dies nur mit einer beschränkten Kapazität auf der Lötschberg-Simplon-Achse möglich. Mit dieser Vorlage verbessern sich die Rahmenbedingungen vor allen für den alpenque-renden Transitverkehr. Soweit es den alpenquerenden Binnentransport betrifft, kann auch der Güterverkehr in der Fläche vom 4-m-Korridor profitieren. Die Vernehm-lassung zu dieser Vorlage wurde im Dezember 2012 abgeschlossen.

1.1.2.4 Der Gütertransportmarkt heute

Zusammenspiel von staatlichen Rahmenbedingungen und privaten Branchen-

akteuren

Grundsätzlich ist der Gütertransportmarkt in der Schweiz privat organisiert. Private Unternehmen bieten auf Strasse, Schiene und weiteren Verkehrsträgern Gütertrans-porte an. Die ebenfalls privat organisierte verladende Wirtschaft dimensioniert über ihre Produktions- und Standortentscheide die Gütertransporte. Angebote und Preise definieren sich mehrheitlich unter Wettbewerbsverhältnissen.

Im Zusammenspiel von privatwirtschaftlichem Handeln und staatlichen Rahmenset-zung steht die Frage der Rollenteilung zwischen Bund und privatwirtschaftlichen Akteuren im Vordergrund. In der heutigen "Aufgabenteilung" zwischen Staat und Privatwirtschaft legt der Bund die Rahmenbedingungen für den Güterverkehr auf den verschiedenen Verkehrsträger fest. Damit beeinflusst er direkt oder indirekt die Preise für Güterverkehrsleistungen auf den verschiedenen Verkehrsträgern und somit auch die Verkehrsträgerwahl in einem gewissen Ausmass. Beispielsweise greift der Staat zwar nicht in die grundsätzliche Tarifsetzungsfreiheit im Güterver-kehr ein, nimmt aber mit der Erhebung der LSVA sowie der Festlegung der Bemes-sungsprinzipien für die Trassenpreise Einfluss auf wichtige Kostenelemente. Als Eigner der SBB AG setzt er zudem im Schienengüterverkehr unternehmerische Ziele für einen bedeutenden Marktakteur.

Verschiedene Argumente veranschaulichen, dass dieses Zusammenspiel zwischen Bund und privaten Akteuren sowie die Aufgaben- und Kompetenzverteilung im Schienengüterverkehr im Grundsatz richtig sind:

Wirtschaftsordnung im Transportmarkt: Aus ordnungspolitischen Überlegungen sollen die Preisbildung und das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage durch den Markt gesteuert werden. Der Bund bestimmt über die allgemeinen Rahmenbe-dingungen des Güterverkehrsmarktes den Ordnungsrahmen, innerhalb dessen die Wirtschaftsprozesse des Logistikmarktes ablaufen. Marktergebnisse stellen sich immer als "Summe" des Verhaltens der einzelnen Marktakteure ein. Konkrete Marktergebnisse im Schienengüterverkehr können durch den Bund somit nicht unmittelbar herbeigeführt werden, ohne dass die einzelnen Akteure direkt gesteuert würden. Die Festlegung eines Verlagerungsziels wie auch die Festlegung eines definierten Angebotes im Schienengüterverkehr könnte der Bund nur über ein mas-siv ausgebautes Instrumentarium, welches schwerwiegende Eingriffe in die unter-nehmerische Freiheit der einzelnen Marktakteure zur Folge hätte, erreichen. Es ist offensichtlich, dass der Bund aus ordnungspolitischen Gründen auf solche Zwangs-massnahmen verzichtet.

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20

Komplexität des Logistikmarktes: Der Logistikmarkt ist sehr komplex, dabei sind die bestimmenden Faktoren der Transportnachfrage sehr vielfältig und in der Summe durch politische Massnahmen nur sehr begrenzt beeinflussbar. Art und Höhe der Transportnachfrage sind das Ergebnis der grundsätzlichen wirtschaftlichen Entwick-lung in der Schweiz bzw. in den einzelnen Regionen der Schweiz. Ebenso bestim-mend sind die Arbeitsteilung zwischen der Schweiz und dem Ausland auf der einen Seite und das Konsumverhalten der schweizerischen Bevölkerung sowie der Ein-wohner anderer Staaten (in Bezug auf in der Schweiz hergestellte Produkte). Diese Faktoren können nicht durch konkrete verkehrspolitische Massnahmen gesteuert werden. Eine politisch gesteuerte Festlegung eines definierten Angebotes im Schie-nengüterverkehr liefe immer Gefahr, an den tatsächlichen Bedürfnissen der Nach-frager nach Transportleistungen vorbeizugehen.

Aus diesen Gründen kann der Bund nur beschränkt in den Markt eingreifen und den Güterverkehr nur bis zu einem gewissen Ausmass steuern. So können durch die Ausgestaltung der allgemeinen Rahmenbedingungen zwar gewisse Preissignale ausgesandt und die Attraktivität bestimmter Angebote erhöht werden. In der Regel kann jedoch nicht gesteuert werden, ob die Nachfrager tatsächlich die Schiene als Verkehrsträger wählen und ob bestimmte Güterverkehrsangebote tatsächlich in Anspruch genommen werden.

Bedeutung des schweizerischen Schienengüterverkehrs für die Güterversor-

gung

Der schweizerische Schienengüterverkehr ist für die Güterversorgung innerhalb der Schweiz und den Güteraustausch mit dem Ausland von grosser Bedeutung. Zwar hat der Strassengüterverkehr heute mengenmässig den weitaus grösseren Anteil an der Güterverkehrsleistung. Im Binnen-, Import- und Exportverkehr wird insgesamt aber gut ein Viertel aller Güter auf der Schiene transportiert. Die grosse Mehrheit davon wird im konventionellen Schienengüterverehr befördert, ein Grossteil im EWLV, ein geringerer Teil im KV mit verschiedenen Verkehrsträgern in der Transportkette (z.B. Strasse/Schiene).

Die Abbildungen 3 und 4 zeigen anhand von Belastungskarten, auf welchen Achsen und in welcher geographischen Verteilung heute Güterverkehrsleistungen auf der Strasse und auf dem Normalspurnetz der Eisenbahnen in der Schweiz erbracht werden. Die Karten zeigen den gesamten Güterverkehr auf den schweizerischen Strassen- und Schieneninfrastrukturen (Normalspurnetz), bilden also auch den Transitgüterverkehr ab. Anhand der Karten wird im Besonderen die Arbeitsteilung zwischen Strassen- und Schienengüterverkehr verdeutlicht: Während auf den Hauptverkehrsachsen der Schweiz (West-Ost entlang der Achsen Genf-Basel, Genf-Zürich und Basel-Zürich; Nord-Süd zwischen Basel und Chiasso) sowie in den Agglomerationen Strassen- und Schienengütertransporte in ähnlich grossem Aus-mass stattfinden, hat der Strassengüterverkehr bei der Güterverteilung bzw. beim Güterabtransport in den Regionen viel höhere Anteile.

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21

Abbildung 3: Belastungskarte Strassengüterverkehr in der Schweiz 2010

Abbildung 4: Belastungskarte Schienengüterverkehr (ohne Meterspurnetz) in der Schweiz 2010

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22

Abbildung 5 zeigt in Gegenüberstellung zu Abbildung 4 die "in der Fläche", also im Binnen-, Export- und Importverkehr erbrachten Schienengüterverkehrsleistungen. Im Gegensatz zur Abbildung des gesamten Schienengüterverkehrs liegt der Schwer-punkt der Verkehre auf der West-Ost-Achse der Schweiz bzw. im Dreieck Basel, Zürich und Lausanne. Diese werden nahezu auf dem ganzen Normalspurnetz der Schweiz erbracht. Die Belastungskarte ist letztlich ein Abbild davon, wo in der Schweiz industrielle Wertschöpfung stattfindet. Sie zeigt, wohin Rohstoffe, halbfer-tige und fertige Erzeugnisse und Konsumgüter auf der Schiene transportiert werden. Die Rangierbahnhöfe Limmattal und Lausanne sind für den Wagenladungsverkehr wichtige Bündelungs- und Knotenpunkte.

Abbildung 5: Belastungskarte Schienengüterverkehr im Binnen-, Export- und Im-portverkehr (ohne Meterspurnetz) in der Schweiz 2010

Die Gegenüberstellung der Transportleistungen von Strassen- und Schienengüter-verkehr in Abbildung 6 zeigt zudem, dass die Schiene vor allem auf langen Stre-cken ihre Vorteile gegenüber der Strasse ausspielen kann. Entsprechend ist der Marktanteil der Schiene beim Transitverkehr am höchsten.

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23

0

10

20

30

40

50

60

Import Export

Mio. t

Transportaufkommen und Modalsplit im Import + Export 2010in Mio. Tonnen und %

Luftverkehr

Pipeline

Rheinschifffahrt

Schiene

Strasse

Quelle: BFS, Basler Rheinhäfen, BAZL

60%77%

18%

17%11%

5%11%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Import Export

Abbildung 6: Transportleistung und Modalsplit Strasse und Schiene im Binnen-, Import-, Export- und Transitverkehr

Im Import-/Exportverkehr bewältigt die Schiene ein Viertel der Güterverkehrsleis-tung, auch hier ist der konventionelle Schienengüterverkehr dominant. Der Anteil des kombinierten Verkehrs ist jedoch etwas höher als im Binnenverkehr. Neben Strasse und Schiene ist auch die Rheinschifffahrt im Import und Export von Bedeu-tung.

Abbildung 7: Transportaufkommen (in Mio. Tonnen) und Modalsplit Import/Export

Die unterschiedlichen Zahlen für den Import- und Exportverkehr kommen dadurch zu Stande, dass das Transportaufkommen in Tonnen gemessen wurde. Die impor-tierten Güter sind schwerer als die exportierten Güter. Das drückt sich auch im Modalsplit aus. Schwere Güter eignen sich besser als leichte für den Schienen- und Schiffstransport.

0

2'000

4'000

6'000

8'000

10'000

12'000

14'000

Binnen Import Export Transit

Mio. tkmTransportleistung und Modalsplit Strasse und Schiene 2010

in Mio. tkm und % (ohne Binnenschiff, Pipeline und Luftverkehr)

Schiene

Strasse

Quelle: BFS

74% 74% 74%

30%

26% 26% 26%

70%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Binnen Import Export Transit

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Entwicklung der Angebote im schweizerischen Schienengüterverkehr

Der Schienengüterverkehr in der Fläche hat sich seit der ersten Bahnreform in vielfacher Hinsicht verändert. Seither wurden vermehrt neue Angebote des kombi-nierten Verkehrs entwickelt. Zugleich hat sich auch der Einzelwagenladungsverkehr, der die Feinverteilung via Anschlussgleise, Freiverlade oder Logistikzentren (vgl. z.B. 'CargoDomizil') ermöglicht, seit der Bahnreform entscheidend verändert. SBB Cargo hat als führendes Unternehmen im schweizerischen EWLV die Flächenbedie-nung durch den Aufbau regionaler Cargo-Produktionsteams neu organisiert und die vertraglichen Beziehungen zu anderen Leistungserbringen im EWLV (z.B. den Eisenbahnunternehmen des Meterspur-Netzes) neu geregelt. Im Jahr 2005 wurde die Zahl der Bedienpunkte im Rahmen des Projekts "Fokus" erheblich reduziert. Eine weitere Redimensionierung erfolgte auf den Fahrplanwechsel 2012/13. Grundsätz-lich stellt der EWLV aufgrund seiner Bündelungs- und Feinverteilungsmöglichkei-ten für eine Vielzahl von Transporten im schweizerischen Güterverkehr weiterhin eine geeignete Lösung dar.

Der Zwang zur Weiterentwicklung und Umstrukturierung der Angebote ist auch Resultat des strukturellen Wandels, dem der Güterverkehrsmarkt in der Schweiz in den letzten Jahren unterlegen ist. Durch die Abwanderung von Produktionsstandor-ten der schweren Industrie fallen Transporte, die vor allem auf der Schiene abgewi-ckelt wurden, in Teilen weg. Deswegen ist die Nachfrage von traditionell auf den Schienengüterverkehr ausgerichteten Branchen und Marktsegmenten rückläufig. Durch die zunehmende Globalisierung der Märkte nimmt zudem der Anteil der in Containern beförderten Überseefracht zu. Mit dem Ausbau der Seehäfen (z.B. Rot-terdam und Antwerpen) und grösseren Containerschiffen steigt die Bedeutung sog. Hafenhinterland-Verkehre langfristig. Im Kontinentalmarkt nimmt im Zuge der Supply-Chain- und Lager-Optimierungen die Grösse der Sendungen in der Feinver-teilung weiter ab, während die Anforderungen an die Flexibilität und Just-in-time Lieferungen steigen.

In Europa wird der Schienengüterverkehr im Vergleich zur Strasse ab einer Distanz von ca. 500 km allgemein als wettbewerbsfähiges Transportmittel erachtet. Mit Blick auf eine zukunftsgerichtete Verkehrspolitik hat sich die EU-Kommission in ihrem Weissbuch "Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum - Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssys-tem"24 das Ziel gesetzt, Verkehre ab einer Transportdistanz von 300 km zu verla-gern. In der Schweiz ist diese Distanz deutlich kleiner. Dank den geltenden staatli-chen Rahmenbedingungen (insbesondere LSVA und Nacht- und Sonntagsfahrverbot) sowie dem höheren Preisniveau im Strassengüterverkehr be-trägt heute die durchschnittliche Transportdistanz im Binnengüterverkehr rund 120 km. Je nach Branche reichen die Distanzen von 50 bis 150 km. Da die Distanzen zwischen den wichtigen Logistik- und Wirtschaftszentren der Schweiz teilweise unter 100 km liegen, müssen die Angebote zukünftig unter dem heutigen Durch-schnitt des wettbewerbsfähigen und profitablen Schienengüterverkehrs erbracht

24 KOM(2011) 144 endgültig. Die Europäische Kommission formuliert auf S. 10 des Weissbuches folgendes Ziel: "30 % des Strassengüterverkehrs über 300 km sollten bis 2030 auf andere Verkehrsträger wie Eisenbahn- oder Schiffsverkehr verlagert werden, mehr als 50 % bis 2050, was durch effiziente und umweltfreundliche Güterverkehrskorri-dore erleichtert wird. Um dieses Ziel zu erreichen, muss auch eine geeignete Infrastruktur geschaffen werden."

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werden. Sonst wird die Schiene ihren heutigen Marktanteil nicht halten können. zeigt die effektiv heute im Durchschnitt gefahrenen Transportdistanzen.

Abbildung 8: Transportdistanzen Strasse und Schiene

Die kundenseitigen Anforderungen an Logistikleistungen (Transport, Umschlag, Lagerung) haben sich seit der Bahnreform ebenfalls verändert. Die Dienstleistungs-anbieter müssen neue Produktformen und bessere Qualität sicherstellen, um ihre Kunden halten zu können. Die nationale und internationale Arbeitsteilung sowie auch die Transportkette der Konsumgüter zwischen Produktionsstätten und Verbrauchern erfolgt dabei verstärkt innerhalb von Netzstrukturen. In bestimmten Prozessschritten der Transportdienstleitungen werden Bündelungen vorgenommen, die ein vorgelagertes Sammeln und/oder ein nachgelagertes Verteilen voraussetzen. Gleichzeitig ist eine Tendenz zu kleineren Losgrössen des einzelnen Transportguts feststellbar. Die verladende Wirtschaft fordert in zunehmendem Mass, dass der Transportdienstleister ergänzende Mehrwertleistungen (Zwischenlagerung, Umpake-tierung, Umettikettierung, Warenaufbereitung, etc.) erbringen kann.

Erfahrungsgemäss schwankt die Nachfrage nach Schienengüterverkehr bereits über kurz- bis mittelfristige Zeitspannen überdurchschnittlich. Hauptgründe sind die üblicherweise späte verbindliche Nachfrage der Kunden, die Kundenstruktur sowie die vor allem im internationalen Kontext hohe Konjunkturabhängigkeit. Die starke Reaktion auf konjunkturelle Unsicherheiten betrifft vor allem Güter wie Stahl, Chemiegrundstoffe, Automobile und Öl. Dies erhöht die Geschäftsvolatilität für die Anbieter von Schienengüterverkehrsleistungen zusätzlich und zeigt die heute gerin-ge Planbarkeit des Geschäfts. Erfahrungsgemäss werden über 50 % des Volumens derzeit erst in den letzten Tagen vor dem eigentlichen Transport verbindlich durch die Kunden nachgefragt. Wegen der hohen Fixkosten im Schienengüterverkehr macht dies die Herausforderung besonders gross. Denn nur ein Teil der Kosten kann ausreichend schnell gesenkt werden. Auf der anderen Seite ist es nicht immer mög-

36

86 87

283

123102

141

257

0

50

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150

200

250

300

Binnen Import Export Transit

km

Durchschnittliche Transportdistanzen Strasse und Schiene 2010in km

Strasse

Schiene

Quelle: BFS

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lich, eine kurzfristig zunehmende Nachfrage vollständig auf der Schiene abzuwi-ckeln. Eine Ressourcenvorhaltung nur für solche Nachfragesteigerungen wäre inef-fizient.

1.1.2.5 Marktprognose für den Güterverkehr

Bestimmungsfaktoren der Güterverkehrsnachfrage

Da die Nachfrage nach Güterverkehrsleistungen sich immer aus den Bedürfnissen von Bevölkerung und Wirtschaft ableitet und mit geeigneten Transporten bewältigt wird, ist die Entwicklung dieser Faktoren zentrale Grundlage einer jeden quantitati-ven Prognose zum Güterverkehr.

Für die Schweiz ist von einer weiter steigenden Bevölkerung unter anhaltendem Altersstruktureffekt auszugehen. Für den Güterverkehr relevant ist darüber hinaus auch der zu erwartende Anstieg der Weltbevölkerung als Absatzpotenzial für Schweizer Produkte. Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz ist v.a. die weiter ansteigende Erwerbsbevölkerung. Hier besteht ein enger Zusammen-hang zur wirtschaftlichen Entwicklung, welche eine positive Entwicklung der Er-werbsbevölkerung voraussetzt. Nur so kann die Wettbewerbsfähigkeit der schweize-rischen Industrie innerhalb der internationalen Arbeitsteilung zukünftig gewährleistet werden.

Für die zukünftige volkswirtschaftliche Entwicklung ist die Frage zentral, wie sich die Globalisierung weiter entwickeln wird. Verschiedene Prognosen gehen davon aus, dass die globale Arbeitsteilung nicht im gleichen Ausmass wie in den vergan-genen Jahren weiterwachsen wird. Vielmehr wird erwartet, dass die absatznahe Produktion mit einer (teilweisen) Rückverlagerung der Produktion nach Europa wieder in den Vordergrund rückt. Dennoch werden die Wertschöpfungstiefen, d.h. der Anteil der Fertigung eines Produkts durch ein Unternehmen bzw. an einem Ort, weiter abnehmen. Der Austausch findet jedoch vermehrt innerhalb Europas und nicht mehr auf interkontinentaler Ebene statt. Der Werkplatz Schweiz kann in diesen Perspektiven bestehen, wenn er auf hoch spezialisierte, hochwertige, innovative Güter aus Schweizer Produktion mit entsprechend weltweiter Nachfrage baut.

Beim Güterverkehrsmarkt ist auf Basis der beschriebenen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu erwarten, dass die Nachfrage nach Gütertransportleistungen auf-grund der Bevölkerungsentwicklung weiterhin zunehmen wird. Das dynamische Wirtschaftswachstum, insbesondere im Aussenhandel, gibt keine Hinweise auf ein sinkendes Güterverkehrsaufkommen. Somit ist tendenziell mit einem weiterhin steigenden Aufkommen zu rechnen. Begleitet wird diese Entwicklung durch den Trend zu logistikintensiven Beschaffungs-, Produktions- und Absatzprozessen innerhalb der verladenden Wirtschaft.

Die folgenden Aussagen zur Entwicklung des schweizerischen Güterverkehrs basie-ren auf verschiedenen Prognosen, die im Vorfeld dieser Vorlage vorgenommen wurden25.

25 Bundesamt für Raumentwicklung (Hrsg.): Ergänzungen zu den schweizerischen Ver-kehrsperspektiven bis 2030. Bern 2012, sowie Verband öffentlicher Verkehr (Hrsg.): Marktanalyse und Marktprognose Schienengüterverkehr 2030. Bern 2012.

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Prognostizierter Güterverkehr in der Schweiz bis 2030

Auf der Basis von Bevölkerungswachstum sowie gesamt- und einzelwirtschaftlichen Effekten werden sowohl Aufkommen wie auch Leistung im Güterverkehr in der Schweiz bis 2030 weiter ansteigen. Dies gilt für alle drei Verkehrsarten (Binnen, Import, Export) und für die Verkehrsträger Strasse und Schiene zu gleichen Massen. Die Nachfrage konzentriert sich weiterhin auf den bereits heute dicht besiedelten Raum zwischen Basel, Bern, Genf und Zürich.

Der gesamtmodale Güterverkehr wird von den Transporten des Baugewerbes und der Baumittelindustrie massgeblich beeinflusst. Hier sind positive Erwartungen zur weiteren Entwicklung dieser Branche vorhanden (Wohnungsbedarf aufgrund Bevöl-kerungszunahmen, Renovations- und Sanierungsbedarf, Bedarf an Unterhalt, Aus-bau und teilweiser Neubau von Infrastrukturanlagen). Vor allem die Nachfrage nach Baustoffen dürfte deutlich zunehmen.

Daneben führt die Transportnachfrage bei Vor- und Endprodukten weiterer Bran-chen zu einem gesamthaften Anstieg des Güterverkehrsmarkts. Die entsprechenden Transporte erfolgen vielfach in Form von Sammelgütern (d.h. Halb- und Fertigwa-ren resp. Verbrauchsgüter gebündelt und produkteübergreifend gesammelt in ver-schiedenen Transportgefässen). Ausschlaggebend hierfür ist der Konsum von Nah-rungsmitteln und Verbrauchsgütern, der aus der Bevölkerungszunahme resultiert.

Eine ähnliche Charakteristik wie die Sammelgüter haben auch die Abfalltransporte. Dahinter stehen neben den „klassischen“ Haushaltsabfällen vermehrt Sekundärroh-stoffe aus gebrauchten resp. recycelten Produkten oder aus Produktionsprozessen.

Darüber hinaus tragen die Chemieindustrie (globale Nachfrage nach chemischen Spezialprodukten und pharmazeutischen Erzeugnissen), die Metallbearbeitung (hochspezialisierte Halberzeugnisse) und die Nahrungsmittelindustrie (globale Nachfrage nach hochwertigen, speziellen Nahrungsmitteln und Zusatzstoffen) direkt zum Transportwachstum bei. Dazu kommen Transporte mit land- und forstwirt-schaftlichen Rohprodukten. Dahinter steht wiederum eine direkte Nachfragesteige-rung durch das Bevölkerungswachstum und eine steigende Nachfrage der Nah-rungsmittelindustrie.

Eine gegenläufige Entwicklung ist bei den Energieträgern zu erwarten: Die Trans-portmengen an Rohöl und Erzeugnissen wie Treibstoffe werden deutlich zurückge-hen. Dies betrifft insbesondere den Bedarf an Heizöl und Benzin (nicht Diesel), für den der Bundesrat in seinen Energieperspektiven einen entsprechenden Minderbe-darf unterstellt.

Gesamthaft resultiert aus diesen Einzelentwicklungen über alle Märkte hinweg eine aufkommensbezogene Zunahme des schweizerischen Güterverkehrs (in Tonnen) bis 2030 um - je nach Prognose - zwischen 20 % und 40 % im Vergleich zu heute. Die logistischen Abläufe und Optimierungsprozesse, aber auch die Güterstrukturen führen auch künftig zu geringfügigen Ausdehnungen der mittleren Transportweiten, so dass die Verkehrsleistung (in Tonnenkilometern) stärker zunehmen wird als das Aufkommen.

Prognostizierter Schienengüterverkehr in der Schweiz bis 2030

Der Schienengüterverkehr besitzt gute Chancen, am gesamtmodalen Aufkommens-wachstum teilhaben zu können. Dahinter steht vor allem die steigende Fähigkeit der Bahn, Angebote im Wachstumssegment der Sammelgüter zu platzieren. Hier kann die Bahn insbesondere von kombinierten Transportprozessen Strasse-Schiene profi-

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tieren. Im restlichen konventionellen Ladungsverkehr (d.h. exkl. der zum Teil auch konventionell transportierten Stückgüter) hingegen und speziell bei einigen Massen-guttransporten sind die Aussichten weniger optimistisch.

Im Binnenverkehr stehen hinter diesen Transporten vor allem länger laufende Rela-tionen zwischen den einzelnen Landesteilen. Dies betrifft vor allem Transporte des Detailhandels mit Nahrungsmitteln und sonstigen Verbrauchsgütern. Auf den grenz-überschreitenden Relationen (Import-/Exportverkehr) kommen die bereits bei der gesamtmodalen Nachfrage relevanten Faktoren dazu: chemische Vorprodukte sowie Metalle und Halbfabrikate beim Import, Halbfabrikate und Nahrungsmittel beim Export.

Insgesamt ist zu erwarten, dass die Bahn ihr Aufkommen in den nächsten zwanzig Jahren um fast 30 % gegenüber heute wird steigern können. Klarer Haupttreiber dahinter ist die Entwicklung des Gesamtmarktes - also die generell steigende Nach-frage nach Güterverkehrsleistungen.

Erst an zweiter Stelle stehen allfällige Verlagerungen von der Strasse auf die Schie-ne. Das Potential, dass die Schiene gegenüber der Strasse zusätzliche Marktanteile gewinnen kann, ist mit Ausnahme der Sammelgüter beschränkt. Zentraler Treiber für eine stärkere Inanspruchnahme des Schienengüterverkehrs ist die generelle Fähigkeit der Bahn, auf die Nachfrage nach kombinierten, intermodalen Angeboten reagieren zu können. Dazu gehören auch entsprechende Logistikprozesse und Um-schlagskapazitäten. Relevant sind das Umschlagspotenzial und die Zusammenarbeit mit der Strasse; demgegenüber spielt die Wahl des Behältertyps (Container, Wech-selbehälter, Sattelauflieger etc.) resp. der Einsatz eines konventionellen Bahnwagens eine geringere Rolle.

Dazu kommt nach wie vor die Verfügbarkeit resp. die Bedienung von Anschluss-gleisen für Verlader mit entsprechend grösseren (regelmässigen) Volumina, aber auch die Berücksichtigung einer Bahnerschliessung von Wirtschaftsstandorten in kantonalen Siedlungsplänen. Vermehrt in den Blickpunkt der Verkehrsmittelwahl wird auch das Regulativ rücken, etwa in Form von Modalsplit-Vorgaben für spezifi-sche Transporte (Baustoffe, Abfälle) oder Verkehrserzeuger (Logistikzentren, Um-schlagsanlagen). Hier besteht ein hoher Zusammenhang zu den zunehmenden Kapa-zitätsengpässen auf der Strasse, speziell in den Agglomerationen.

Verlader entscheiden sich für die Bahn, wenn die Unternehmen des Schienengüter-verkehrs entsprechende attraktive Angebote unterbreiten können. Das heisst auch, dass Trassenkapazitäten resp. -qualitäten und Umschlagsanlagen Grundvorausset-zung für die hier beschriebene Fortsetzung des Trends sind. Insgesamt wird das Potenzial für eine Steigerung der Produktivität bei der Bahn deutlich höher einge-schätzt als für den Strassengüterverkehr.

1.1.3 Die Produktionsformen im schweizerischen Schie-nengüterverkehr und deren Herausforderungen

Grundsätzlich können die folgenden Produktionsformen im Schienengüterverkehr unterschieden werden:

Unterscheidung nach Produktionsgefäss

Wagenladungsverkehr: Die Güterwagen im Wagenladungsverkehr sind grund-sätzlich an das Transportgut angepasst, das Transportgut wird direkt in die Gü-

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Anschlussgleis

Regional-

bahnhof

Freiverlad

KV-Terminal KV-Terminal

Freiverlad

Anschlussgleis

Rangierbahnhof

terwagen verladen. Beispiele sind Kesselwagen für Flüssigkeiten wie Öl, Schüttgutwagen für Landwirtschaftsprodukte, offene Güterwagen für die Ent-sorgung von Schrott und andere schwere Güter oder Güterwagen zum Transport neuer Strassenfahrzeuge. Ergänzend dazu verkehren auch so genannte Schiebe-wandwagen, in die das Transportgut meist palettiert eingeladen wird.

Kombinierter Verkehr (KV): Den KV kennzeichnen normierte Transportbe-hälter für den multimodalen Transport. Güterwagen im kombinierten Verkehr sind für den Transport von Containern, Sattelaufliegern oder Wechselbrücken sowie auch ganze schwere Motorfahrzeuge (inkl. dem Transport der Fahrer in einem Begleitwagen) geeignet. Diese Transportgefässe sind für den Transport auf verschiedenen Verkehrsträgern (Wasser, Strasse, Schiene) geschaffen. Sie sind darum oft in ihrer Grösse normiert.

Unterscheidung nach Transportsystem

System EWLV: Einzelne Eisenbahnwagen oder Wagengruppen werden aus An-schlussgleisen oder ab Freiverladeanlagen gebündelt, zu Zügen formiert und in Rangierbahnhöfe geführt, wo neue Züge je nach Bestimmungsregion zusam-mengestellt werden. Am Bestimmungsbahnhof werden sie wieder als einzelne Wagen oder Wagengruppen in Anschlussgleise, an Freiverlade oder Terminals verteilt. Im System EWLV können sowohl Wagenladungen wie auch Wechsel-behälter (z.B. im so genannten 'Swiss Split') transportiert werden.

Abbildung 9: Schematische Darstellung des Systems EWLV

Ganzzüge (Direktverkehr): Ganzzüge verkehren als Einheit vom Abgangsan-schlussgleis zum Zielanschlussgleis oder vom Abgangsterminal zum Zieltermi-nal im KV. Sind regelmässig grosse Mengen an Gütern vom Abgangsort zum Zielort zu transportieren, werden die Verkehre bisweilen in so genannten 'Shut-tle-Zügen' abgewickelt, d.h. die Zugskompositionen bleiben zwischen den Transporten unverändert. Dies ermöglicht eine kostengünstige Produktionswei-se.

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Freiverlad /

KV-Terminal

Freiverlad /

KV-Terminal

Anschlussgleis Anschlussgleis

Abbildung 10: Schematische Darstellung von Ganzzugsverkehren

Bei kleineren Wagengruppen mit identischem Abgangs- und Zielort ist die effizien-teste oder günstigste Transportart nicht immer offensichtlich. Das System EWLV ist auf eine gute Auslastung angewiesen. So wird die SBB Cargo AG ihren Kunden oft ein Transport innerhalb des EWLV-Systemverkehrs anbieten. Für andere Bahnan-bieter kann sich für dieselbe Wagengruppe unter Umständen bereits ein Ganzzug rechnen. Die "Volatilität" solcher Transporte, für die sowohl der EWLV als auch Ganzzüge eine mögliche Transportlösung darstellen, ist auch ein Grund für die Schwierigkeit, das System EWLV dauerhaft auszulasten.

Abbildung 11 zeigt das Verhältnis zwischen Wagenladungsverkehr und kombinier-tem Verkehr, gemessen in Tonnen. Diese Abbildung verdeutlicht die Wichtigkeit der konventionellen Wagenladungen. Auch wenn die Wachstumschancen für den KV grösser sind, transportiert der WLV/EWLV im Schienengüterverkehr in der Fläche heute mit Abstand die grösseren Mengen. Hier unterscheidet sich das Ge-wicht der verschiedenen Produktionsformen grundsätzlich vom internationalen Schienengüterverkehr auf den Nord-Süd-Achsen durch die Schweiz, wo der KV mittlerweile eine dominante Rolle spielt.

0

5'000

10'000

15'000

20'000

25'000

30'000

Binnen Import Export Transit

1'000 Netto-t

Transportaufkommen Schiene 2010Kombinierter Verkehr sowie (Einzel-)Wagenladungsverkehr/Ganzzugsverkehr

Kombinierter

Verkehr

EWLV/WLV/

Ganzzüge

Quelle: BFS

Abbildung 11: Transportaufkommen Güterverkehr in der Fläche nach Produktions-art

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31

1.1.3.1 System Einzelwagenladungsverkehr

Der EWLV ist im schweizerischen Schienengüterverkehr heute von zentraler Bedeu-tung. Das System EWLV verfügt über eine Vielzahl von Anschlussgleisen und die Möglichkeit der Bündelung kleiner Verkehrsmengen in Rangierbahnhöfen und dezentralen Teambahnhöfen. Aufgrund der Bündelungseffekte ist der Transport zu anderen Anschlussgleisen kostengünstig. Dieser Effekt kann sich jedoch nur entfal-ten, wenn die nötigen Mengen am Abgangs- wie auch Zielbahnhof vorhanden sind.

Auch in anderen europäischen Ländern sind konventionelle Wagenladungsverkehre weiterhin ein wesentlicher Bestandteil von Transport- und Logistikkonzepten von Industrie- und Handelsunternehmen. Im Import-/Exportverkehr sind diese Verkehre mit der Schweiz verknüpft. Einzelne Wagen oder kleine Wagengruppen werden in grenzüberschreitender Zustellung von/zu Anschlussgleisen oder Freiverladeanlagen in der Schweiz geführt. Dies bedingt einen hohen Grad an Interoperabilität der Bahnwagen im Einzelwagenladungsverkehr.

Für die Produktion des EWLV-Systemverkehrs sind neben den Schienen- bzw. Trassenkapazitäten und den Anlagen zum Be- und Entlad verschiedene Infrastruktu-ren für die Produktion des Schienengüterverkehrs relevant. Grundsätzlich können folgende Anlagetypen unterschieden werden:

Betriebsnotwendige Gleise (Gleise in Bahnhöfen, Gleisanbindung an Stre-cken)

Umschlag in Freiverladeanlagen

Rangierbahnhöfe

Mit dem Wachstum des Schienengüterverkehrs und den sich wandelnden logisti-schen Anforderungen ändert sich auch der Bedarf an Anlagen für die Produktion im Schienengüterverkehr. In Frage stehen die Zahl der Anlagen und die Anforderungen an deren Funktionalitäten.

Die Existenz solcher Anlagen und ihre Weiterentwicklung sind für die Erbringung von Schienengüterverkehrsleistungen in der Fläche zwingend. Für das System EWLV sind leistungsfähige Rangierbahnhöfe nötig, um die verschiedenen regiona-len Güterzüge entbündeln und neu formieren zu können. Ebenso müssen an den regionalen Produktionsstandorten (Teambahnhöfe) die notwendigen Anlagen vor-handen sein, damit die erforderlichen Rangierungen zum lokalen Formieren und Bündeln der regionalen Güterzüge vorgenommen werden können. Daneben braucht es auch Anlagen zum Abstellen von Zügen bzw. Kompositionen und Wagengrup-pen.

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Abbildung 12: Übersicht über die Rangieranlagen

Das System EWLV wie auch das Angebot konventioneller Ganzzüge basieren auf einer hohen Anschlussgleisdichte in den Produktions- und Handelszentren der Schweiz. Nur so ist gewährleistet, dass die zur Ausschöpfung der Bündelungseffekte erforderlichen Mengen vorhanden sind. Obwohl Anschlussgleise privates Eigentum sind und damit rechtlich nicht zur Bahninfrastruktur im Sinne des Eisenbahngeset-zes26 gehören, sichern sie den Anschliessern den Zugang zum Schienennetz. Dies ist vergleichbar mit der Strassenanbindung eines Industrieareals.

Die Dichte und Verteilung des aktuellen Anschlussgleissystems der Schweiz lässt sich wie folgt abbilden:

26 SR 742.101

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Abbildung 13: Anschlussgleisdichte Schweiz27

Die “Systemführerschaft” im EWLV

Im Gegensatz zum Ganzzugsverkehr, wo sich die Rolle des Eisenbahnverkehrsun-ternehmens auf das Führen eines Zuges vom Bestimmungs- zum Zielort beschränkt, ist im Einzelwagenverkehr die Angebotserstellung weitaus komplexer. Daher stellt sich zentral die Frage der Koordination des Angebots. Das Betreiben eines Systems Einzelwagenladungsverkehr bedingt die Definition zahlreicher Standards, welche über Prozesse und Systeme umgesetzt werden müssen. Die gesamte Auslastungsver-antwortung des Netzwerkes liegt in der Regel beim Eisenbahnverkehrsunternehmen. Zum Angebot gehört auch das Management des Bahnwagens, den der Kunde für seinen Transport bestellen kann. Zur Handhabung der angebotenen Bedienpunkte ist eine umfassende Flächenorganisation notwendig. Können Gebiete nicht selber produziert werden, so ist zu koordinieren, wie die dazu notwendigen Leistungen eingekauft werden können. Die Nahbedienung an Anschlussgleise und Freiverlade wird verbunden mit regelmässig verkehrenden Ferngüterzügen, welche zu bzw. über die Rangierbahnhöfe der Infrastruktur geführt werden.

Mit der Bahnreform und der damit verbundenen neuen Rollenverteilung im Schie-nengüterverkehr hat sich auf der Basis des hohen Koordinationsbedarfs die Frage der Systemführerschaft im EWLV gestellt. Diese Rolle erfüllen üblicherweise die nationalen Staatsbahnen.

Bisher wurde SBB Cargo die Verantwortung über das EWLV-System im Rahmen der Leistungsvereinbarung Bund-SBB (LV)28 übertragen, indem ihr die Systemfüh-

27 Quelle: Stölzle, W., Hofmann, E., Lampe, K. (2012): Logistikmarktstudie Schweiz 2012, GS1 Schweiz, Bern, S. 82

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rerschaft zugeteilt wurde. Die in der LV erwähnte Systemführerschaft wird aber in ihren konkreten Aufgaben inhaltlich nicht weiter definiert, was den Auftrag unklar und nicht sehr verbindlich macht. Es ist daher ungeklärt, welche Pflichten, Rechte oder Ziele mit der Systemführerschaft auf rechtlicher Basis verbunden sein sollen.

Für den EWLV in der Schweiz ist kennzeichnend, dass die SBB Cargo AG annä-hernd sämtliche Leistungen der Prozesskette auf dem Normalspurnetz in Eigenleis-tung erbringt. Einzige Ausnahme sind die Rangierbewegungen in den Rangierbahn-höfen, welche durch die Infrastrukturbetreiberin (SBB Infrastruktur) erbracht wird. Dieser hohe Eigenanteil an der Wertschöpfungskette bedeutet aber auch, dass das Auslastungsrisiko der Verkehrsangebote bei SBB Cargo liegt. Im Falle eines Nach-fragerückgangs führt dies zu einer zeitverzögerten Kostenanpassung.

Ökonomisch betrachtet ist das System EWLV heute ein natürliches Monopol. Ange-sichts der bestehenden Nachfrage erscheint es weder effizient noch überhaupt mög-lich, zwei Netze nebeneinander mit einem weitgehend identischen Bedienungsraster aufrecht zu erhalten. Eine zu geringe Auslastung der im System verkehrenden Züge stellt schon heute das zentrale Verlustrisiko für SBB Cargo dar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen insbesondere des Netzzugangs würden ein konkurrierendes EWLV-Systems heute zwar ermöglichen. Neben den erwähnten Schwierigkeiten bei der Auslastung der Systemzüge ist der Betrieb eines EWLV-Systems aber sehr fixkostenintensiv. Auslastungsrisiko, hohe Fixkosten und geringe Ertragsaussichten haben bisher Konkurrenten ferngehalten. Die Angebote von SBB Cargo stehen daher nicht in Konkurrenz zu einem andern Angebot im EWLV. Trotzdem sind die Verkehre im EWLV dem Wettbewerb ausgesetzt. Sie können beispielsweise von Angeboten der Konkurrenz im Ganzzugsverkehr, im kombinierten Verkehr oder auf der Strasse abgeworben werden.

Herausforderungen des schweizerischen Einzelwagenladungsverkehrs

Nachfrageentwicklung und Auslastungsrisiko

Die Produktion des EWLV-Systems hat sich seit der Bahnreform entscheidend verändert. SBB Cargo hat die Flächenbedienung mehrmals neu organisiert. Es wurden an den Regionalbahnhöfen regionale Cargo-Produktionsteams formiert, die für die Feinverteilung verantwortlich sind und die vertraglichen Beziehungen zu anderen Leistungserbringen im EWLV - beispielsweise den Transportunternehmen des Meterspur-Netzes - pflegen. Im Rahmen der Neuausrichtung im Projekt „Fokus“ wurde 2005 die Zahl der Bedienpunkte erheblich reduziert. Eine weitere Redimensi-onierung ist auf den Fahrplanwechsel 2012/13 erfolgt.

In vielen europäischen Staaten ist der Trend zur Redimensionierung vergleichbar oder bereits weiter fortgeschritten. Nur noch wenige ehemalige Staatsbahnen (z.B. in Deutschland, Österreich, Belgien) bieten EWLV in Form eines Systemverkehrs an. Auf internationaler Ebene haben verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen eine Allianz ("XRail") gebildet, an der auch SBB Cargo beteiligt ist. So wollen sie das Angebot im internationalen EWLV besser koordinieren und eine Qualitätssteigerung erreichen.

Der Herausforderungen des EWLV sind für SBB Cargo und für die meisten Anbie-ter in Europa ähnlich. Für die industrielle Verarbeitung in der Schweiz stehen klassi-

28 Vgl. z.B. die Leistungsvereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB) für die Jahre 2011–2012, BBl 2011 3523

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sche Massen- und Volumengüter zunehmend nicht mehr im Vordergrund. In den logistischen Abläufen verlangt die verladende Wirtschaft kürzere Transportzeiten, die Sendungsgrössen werden kleiner und die Lagerhaltung wird zentralisiert. Dies führt in der Summe zu einer geringeren Attraktivität des heutigen Angebots im EWLV, da dieser seine Stärken insbesondere bei volumen- und gewichtsträchtigen Gütern nicht mehr im bisherigen Ausmass nutzen kann.

Aufgrund des beobachteten Nachfragerückgangs nehmen die Erlöse im EWLV ab. Mit dem Rückgang des EWLV in anderen Ländern wird auch das EWLV-System in der Schweiz geschwächt. Die Finanzierung der notwendigen Investitionen für eine Weiterführung des EWLV ist damit langfristig nicht gesichert. Zudem ist das EWLV-System fixkostenlastig. Die Auslastungsrisiken sind daher hoch. Für die zukünftige Ausgestaltung der Angebote im EWLV müssen Auslastungs- und Bünde-lungsmöglichkeiten geprüft werden. Auch ist zu prüfen, ob und wie die Zusammen-arbeit Strasse - Schiene verbessert werden kann.

Innovations- und Koordinationspotentiale

Von verschiedenen Seiten wird unterstellt, dass insbesondere das System EWLV noch Potenziale zur Effizienzsteigerung hat. Diese zu nutzen, ist eine wesentliche Herausforderung für die Betreiber des EWLV. Hierbei stehen nicht technische Neuerungen im Vordergrund, sondern die Weiterentwicklung der unternehmeri-schen Organisation des EWLV und die Verfügbarkeit der für den EWLV erforderli-chen Schieneninfrastrukturkapazitäten und betriebsnotwendigen Anlagen.

Grundlegende technische Neuerungen im System EWLV sind für die kommenden Jahre nicht zu erwarten. Technische Innovationen, die einen hohen Nutzen für den EWLV versprechen (z.B. Einsatz der automatischen Mittelpufferkupplung oder von Intrazugs-Kommunikationstechnologien), sind mit einem sehr hohen Investitionsbe-darf verbunden und müssen zwischen den verschiedenen in- und ausländischen Akteuren koordiniert werden. Insbesondere der hohe Investitionsbedarf lässt vermu-ten, dass die Mittel für solche Umrüstungen in absehbarer Zeit nicht aufgebracht werden können.

Daneben können organisatorische Neuausrichtungen mehr Effizienz bringen. Dies gilt im Besonderen für die Ausgliederung bestimmter Stufen der Wertschöpfungs-kette oder die verstärkte Öffnung dieser Bereiche für Dritte. Beispielsweise könnten Drittanbieter ihre Leistungen innerhalb des Systems verstärkt anbieten (z.B. in der Nahbereichsbedienung) und so innovative Impulse im System setzen.

Darüber hinaus erscheint eine verstärkte und transparente Koordination zwischen dem EWLV-Angebot und der Bereitstellung der erforderlichen Trassen- und Güter-verkehrsinfrastruktur durch die Infrastrukturbetreiberin zwingend erforderlich. Sind die für den EWLV nötigen Anlagen - Rangierbahnhöfe, Gleise in Bahnhöfen, For-mierungsgleise, Freiverlade - nicht in genügender Zahl vorhanden oder zu klein dimensioniert, kann der EWLV nicht entsprechend der Nachfrage und nicht in der erforderlichen Qualität produzieren. Zugleich bestehen enge Beziehungen zwischen den verschiedenen Anlagen: Wie viele Rangier- und Formierungsanlagen in einem Teambahnhof benötigt werden, hängt von der Zahl der Freiverlade und Anschluss-gleise und den dort generierten Mengen ab. Die Dimensionierung der Rangierbahn-höfe hängt davon ab, wie viele regionale Güterzüge verarbeitet und neu gebündelt werden müssen. Die Dimensionierung hängt wiederum von der totalen Zahl der

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Rangierbahnhöfe und der verfügbaren Zahl von Trassen zu und von den Rangier-bahnhöfen ab29.

1.1.3.2 Der Kombinierte Verkehr

Der kombinierte Verkehr umfasst die Kooperation verschiedener Verkehrsträger im Verlauf der Transportkette, wobei das Transportgefäss zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern umgeschlagen wird. Als Transportgefässe können Container oder Wechselbehälter, Sattelanhänger oder auch gesamte LKW auf der Schiene transpor-tiert werden. Abbildung 14 zeigt, dass die Güter innerhalb des KV zum überwiegen-den Teil mit Containern oder Wechselbehältern transportiert werden.

0

5'000

10'000

15'000

20'000

Binnen Import Export Transit

1'000 Netto-t

Transportaufkommen im kombinierten Verkehr 2010Rola und UKV mit Sattelanhängern sowie Containern/Wechselbehältern

Rola (SGF)

Sattelanhänger

Container/WB

Quelle: BFS

Abbildung 14: Transportaufkommen im kombinierten Verkehr 2010

Binnen-KV und kontinentale Import-/Exportverkehre

Der Binnen-KV nimmt im schweizerischen Schienengüterverkehr heute eine eher untergeordnete Rolle ein (vgl. Abbildung 11). Operateure des KV sowie Eisenbahn-verkehrsunternehmen bieten nur vereinzelte Relationen mit Ganzzügen an. 2012 wurden rund 60'000 Sendungen in KV-Ganzzügen befördert30. Das entsprechende Angebot wird derzeit stark ausgebaut. Mit rund 110'000 Sendungen wurde der grössere Teil der KV-Sendungen im System EWLV von SBB Cargo transportiert. Heutige Angebote umfassen vor allem den Transport von Gütern des Detailhandels,

29 Als Beispiel: Theoretisch wäre vorstellbar, dass für das schweizerische EWLV-System nur ein Rangierbahnhof erforderlich wäre. Zugleich müssten aber alle regionalen Güter-züge dorthin geführt werden, was die Zahl an Trassen und die Distanzen dieser Züge er-heblich erhöhen würde. Auch der Rangierbahnhof müsste ganz anders dimensioniert sein, wenn nicht wie heute mehrere Rangierbahnhöfe diese Arbeiten übernähmen.

30 Quelle: Meldungen der Anbieter von KV-Leistungen im Rahmen der Bestellungen des BAV

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Paketdienste oder andere zeitsensitive Güter. Zugleich können Verlader KV-Angebote nutzen, die keinen Gleisanschluss besitzen. In vielen Fällen wird das Angebot als "door-to-door"-Leistung erbracht, indem der gesamte Transport vom Bestimmungs- zum Zielort mit verschiedenen Verkehrsmitteln durch den Anbieter (Spedition oder KV-Operateur) organisiert wird, also mit dem KV-Zug im Hauptlauf und in der Regel dem Lastwagen im Vor- und Nachlauf .

Für die kommenden Jahre wird mit einer weiter steigenden Nachfrage nach KV-Produkten im Binnenverkehr und nicht-maritimen Import-/Exportverkehren gerech-net. Für die veränderten Anforderungen der Lager- und Transportlogistik (z.B. Zentralisierung von Lagerhaltung und Kommissionierung an wenigen Logistik- und Distributionszentren) sind die Transportangebote des kombinierten Verkehrs beson-ders interessant, da sie dem Trend zu kleineren Sendungsgrössen und Sammelgütern oftmals entsprechen.

Für diese Verkehre müssen Umschlagsanlagen in der Schweiz zur Verfügung ste-hen. Entsprechende Kapazitäten müssen aufgrund des zu erwartenden geringeren Transportvolumens und der fehlenden Verknüpfung mit dem EWLV-System dezen-tral geschaffen werden können. Dennoch ist eine gute Infrastrukturanbindung für eine effiziente Verkehrsabwicklung notwendig. Für die Ansprüche im Binnen-KV genügt in einzelnen Fällen die Ausstattung eines Freiverlads mit einem mobilen Umschlagsgerät (z.B. so genannter "Reachstacker").

Import-/Exportverkehr ab und zu den Seehäfen

Heute bestehen mehrere Relationen des kombinierten Verkehrs von den Nordseehä-fen (Antwerpen, Rotterdam, Hamburg, Bremerhaven) in die Schweiz. Von Mittel-meerhäfen bestehen derzeit keine Verbindungen. Der Schienenhauptlauf zwischen Hochseeterminal und der Schweiz erfolgt auf der Schiene, der Nachlauf erfolgt auf der Strasse. Für eine Vielzahl dieser Import-/Exportverkehre ab den Seehäfen be-steht parallel die Möglichkeit, als Hauptlauf bis Basel die Rheinschifffahrt zu nut-zen.

Jährlich werden rund 100'000 Sendungen im KV mit Hauptlauf Schiene zwischen den Nordseehäfen und der Schweiz transportiert. In der Regel werden Hochseecon-tainer mit Waren (Konsumgüter, halbfertige Erzeugnisse) aus/nach Übersee beför-dert. Die Transporte erfolgen bis zu den bestehenden kleinen bis mittelgrossen KV-Terminals in der Schweiz, von dort werden Sendungen teilweise in das System EWLV (sog. Swiss Split) für den Weitertransport bis zum Anschlussgleis eingespie-sen. Aufgrund der Kapazitätsrestriktionen an den einzelnen Terminals werden zu/ab den einzelnen Terminals in der Regel nur einzelne Zugspaare pro Tag geführt.

Mit der Rheinschifffahrt werden ab/bis Basel jährlich ca. 60'000 Sendungen trans-portiert. Der Weitertransport erfolgt zu Teilen auf der Schiene (v.a. im System EWLV) und zu Teilen auf der Strasse.

Für die kommenden Jahre ist mit einer steigenden Nachfrage nach KV-Produkten im maritimen Import-/Exportverkehr zu rechnen.

Die Terminallandschaft in der Schweiz heute

Seit den 1980er Jahren entwickelt sich die Terminallandschaft in der Schweiz ent-sprechend der von Verladern, Spediteure und KV-Operateuren individuell ergriffe-nen Initiative. Der Bund hat im Rahmen der Planung der Terminallandschaft bisher nur ansatzweise eine koordinierende Funktion wahrgenommen und die Initiative

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bewusst den Terminalbetreibern überlassen. Als Folge davon wurden bis anhin keine Grossterminals, welche die Interessen vieler Benutzer bündeln könnten, realisiert.

Eine Konzentration der Terminalstandorte lässt sich im Raum Basel mit bi- und trimodalen Terminals und im Mittelland (Aarau, Birr, Niederglatt, Rekingen) fest-stellen. Die Umschlagskapazitäten der kleineren Terminals belaufen sich pro Anlage auf 20‘000 bis 60‘000 TEU/Jahr.

In der Schweiz stehen heute Umschlagskapazitäten in der Höhe von insgesamt 250‘000 TEU/Jahr für den Umschlag Schiene-Strasse und rund 100‘000 TEU/Jahr für den Umschlag Schiff-Schiene zur Verfügung. Die Terminals nehmen meist mehrere Aufgaben wahr:

Verteilung für die Region (Vor-, Nachlauf Strasse)

Verteilung im sog. Swiss Split (Containerverteilung aus Importzügen ins EWLV-System bzw. aus EWLV-System auf Exportzüge)

Lagerung von Leerbehältern

Weiterleitung von Teilzügen

Diese Aktivitäten werden aber nicht gesteuert oder zwischen den Terminalbetreibern koordiniert, sie basieren allein auf unternehmerischen Entscheidungen der einzelnen Akteure.

Die folgende Karte zeigt die Terminallandschaft heute:

Abbildung 15: Übersicht über die Terminals in der Schweiz

Es erscheint aus heutiger Sicht zweifelhaft, ob die bestehende Terminallandschaft aufgrund der bisher unkoordinierten Weiterentwicklung den Anforderungen des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV) nach einer effizienten Abwicklung gerecht werden kann.

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Herausforderungen des kombinierten Verkehrs in der Schweiz

Binnen-KV und kontinentale Import-/Exportverkehre

Die Entwicklungen in der Transport- und Lagerlogistik zeigen eine hohe Affinität zu kombinierten Transportlösungen. Diese erfolgen zwar nicht zwingend nur im KV, die Sendungsgrössen und die Notwendigkeit der Bündelung empfehlen jedoch einen kombinierten Einsatz von Bahn und Lastwagen.

Für den schweizerischen Schienengüterverkehr liegen die Herausforderungen in der Kleinräumigkeit der Schweiz. Der Schienenhauptlauf ist im Binnenverkehr kaum länger als 200 km. Solch kurze Distanzen auf der Schiene verschlechtern die Wirt-schaftlichkeit der Angebote, da die Kosten für die Ressourcenbereitstellung und Leistungserstellung schwer zu amortisieren sind.

Weil parallel zum Binnen-KV das System EWLV besteht, bleiben für den KV in der Regel nur komplementäre Angebote übrig. Diese lassen sich nur dann wirtschaftlich betreiben, wenn das Angebot die erforderliche Mindestauslastung erreicht, d.h. wenn entsprechende Bündelungsmöglichkeiten bestehen.

Import-/Exportverkehr ab und zu den Seehäfen

Aus Sicht der Prognosen spricht einiges dafür, dass die Schweiz an der Arbeitstei-lung mit Übersee weiterhin teilhat. Als Folge diverser Auflagen zum Modalsplit der grossen Seehäfen wird vor allem im Import-/Exportverkehr mit den Seehäfen ein hohes Mengenwachstum bei den Container-Zügen erwartet.

Die Mengen und die Produktion in Form von KV-Shuttlezügen machen kostengüns-tige Angebote für den Hauptlauf auf der Schiene möglich. Parallel steht der Rhein-transport für maritime Import-/Exportverkehre ab den Nordseehäfen Antwerpen und Rotterdam zur Verfügung. Für eine effiziente Produktion dieser Verkehre ist die dezentrale Terminalstruktur jedoch kein Vorteil, da für die letzten Schienenkilome-ter oftmals spezielle Herausforderungen an die Produktion bestehen (z.B. Zugslän-genrestriktionen, Rangiertätigkeiten).

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die maritimen Verkehre ab und zu den Terminals in der Schweiz auf der Strasse (bis zur Rampe des Empfängers) oder auf der Schiene (bis zum Anschlussgleis) weitergeführt werden sollen. Das heute bestehende Angebot im sog. Swiss Split baut hierbei auf die hohe Zahl bestender Gleisanschlüsse auf und sorgt für eine gewisse Grundauslastung im Sys-tem EWLV.

Um die Attraktivität des sog. Swiss Split-Angebots zu erhöhen, ist vor allem eine verbesserte Schnittstelle Terminal-System EWLV erforderlich. Eine weiterhin dezentrale Terminalentwicklung bietet kaum die notwendigen produktiven Voraus-setzungen: Ab den kleineren Terminals müssten Züge bis zum nächsten Rangier-bahnhof geführt und erst dort auf die Regionalzüge verteilt werden. Wie heute bestünden weiterhin viele Schnittstellen, die das System wenig effizient machen.

Weiterentwicklung der Terminallandschaft der Schweiz

Vor allem um das Wachstum bei den Verkehren ab und zu den Seehäfen aufzufan-gen, braucht es zusätzliche Terminalkapazitäten. Gemäss einer Studie des BAV31 ist für den Zeithorizont 2020 bis 2030 ein Umschlagsbedarf von 440‘000 bis 570‘000

31 Infras IVT: Grossterminalstudie - Beurteilung der Terminalprojekte Gateway Limmattal und Basel Nord, 19.06.12

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TEU/Jahr für das System Schiene-Strasse und 145‘000 bis 155‘000 TEU/Jahr für Schiff-Schiene nötig.

Ohne zusätzliche Umladeanlagen in der Schweiz besteht die hohe Wahrscheinlich-keit, dass die Ladungen dieser Züge vor oder an der Schweizer Grenze auf die Strasse verlagert und danach auf der Strasse in der Schweiz verteilt werden. Im Gegensatz zu heute wäre eine Bedienung bis zum Anschlussgleis oder Freiverlad im Rahmen des EWLV-Systems dann nicht möglich. Eine Einspeisung in das EWLV-System funktioniert nur, wenn die Ganzzüge bis zu schweizerischen Terminals geführt werden und von dort eine einfache Eingliederung ins System EWLV mög-lich ist.

SBB Cargo und verschiedene KV-Operateure haben den Bedarf an grossen KV-Umschlagsanlagen beim BAV angemeldet. Mit den Projekten Gateway Limmattal und Basel Nord sollen laut SBB die erwarteten Mengen auf der Schiene abgewickelt werden können. Der Terminal Basel-Nord soll dem Umschlag Schiene-Strasse in der Nordwestschweiz sowie dem Umschlag Rheinschiff-Schiene für die ganze Schweiz dienen. Der Gateway Limmattal soll als Terminal für alle KV-Züge im Import-/Exportverkehr bis ins Schweizer Mittelland dienen. Durch die Anbindung an den Rangierbahnhof Limmattal werden die Voraussetzungen für eine vereinfachte Wei-terführung der Swiss Split-Verkehre bis zum Anschlussgleis oder eine dezentrale Umschlagsanlage geschaffen.

Auch für den Binnen-KV sind Umschlagseinrichtungen erforderlich. Um einen möglichst langen Schienenlauf zu ermöglichen, sollten solche Anlagen für die ganze Schweiz an den wichtigsten Produktions- und Logistikstandorten bestehen. Insbe-sondere aufgrund der Annahme, dass das lokale Verkehrsvolumen jeweils gering ist, genügt für die Ansprüche des Binnen-KV in einzelnen Fällen z.B. die Ausrüstung eines Freiverlads mit einem mobilen Umschlagsgerät (sog. "Reachstacker").

1.1.3.3 Die Meterspurbahnen

Die Meterspurbahnen weisen verschiedene Produktionsformen im Güterkehr auf. Sie sammeln und verteilen auf ihren jeweiligen Infrastrukturen Wagen analog dem System EWLV und sind für die Feinverteilung in ihrem angestammten Gebiet verantwortlich. Teilweise bestehen Umschlags- oder Verknüpfungspunkte zum System EWLV, der von SBB Cargo auf dem Normalspurnetz angeboten wird. Hinzu kommen Angebote im kombinierten Verkehr sowie auch konventionelle Ganzzüge (z.B. Mineralöl- oder Holztransporte). Vereinzelt werden auch Gütertransporte in einer gemischten Produktion mit Personenverkehrsangeboten durchgeführt.

In den Bergen kommt dem Schienengüterverkehr - insbesondere der Meterspurbah-nen - traditionell eine besondere Rolle zu (Ökologie, Tourismus, Versorgungssi-cherheit insbes. im Winter). Vor allem im Gebirge kann der Schienengüterverkehr aufgrund der Topografie in der Regel nur zu höheren Kosten angeboten werden. Die wichtigen Anbieter sind die Rhätische Bahn (RhB), die Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB) oder Chemins de fer du Jura (CJ).

Abbildung 16 zeigt die transportierten Mengen und Tonnenkilometer auf Meter-spurbahnen. Im Binnengüterverkehr auf der Schiene werden in der Schweiz rund 1 Million Tonnen Güter transportiert. Die Transportleistung liegt bei über 50 Mio. tkm. Dies verdeutlicht aber auch, dass die Transportdistanzen mit durchschnittlich 50 km sehr kurz sind. Im Vergleich zum Schienengüterverkehr auf dem Normal-

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0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

3.5

0

10

20

30

40

50

60

70

tkm Tonnen tkm Tonnen tkm Tonnen tkm Tonnen tkm Tonnen

2007 2008 2009 2010 2011

in Mio. tMio. Netto-tkm

Güterverkehr MeterspurbahnenTransportleistung und Transportmengen 2007-2011

Netto-tkm (linke Skala)

Tonnen (rechte Skala)

Quelle: BAV, Bemerkung: Transportmengen 2010 geschätzt: Mittelwert von 2009 und 2011

spurnetz ist der Anteil der Meterspurbahnen unbedeutend. Die Bedeutung des Gü-terverkehrs auf Meterspurbahnen ist trotzdem vor allem in den Gebirgsregionen der Schweiz gross, weil sie Güter in topografisch schwierigen Gebieten sicher und ganzjährig transportieren können.

Abbildung 16: Transportmengen im Güterverkehr bei den Meterspurbahnen

Herausforderungen für den Güterverkehr der Meterspurbahnen

Die Bedeutung von Meterspurbahnen im Schienengüterverkehr fokussiert sich auf die Gebirgsregionen mit den für die Gütertransportangebote anspruchsvollen topo-grafischen Bedingungen. Die grösste Herausforderung an den Güterverkehr der Meterspurbahnen stellt so die effiziente Produktion dar. Dies wird erschwert, da aufgrund der dünnen Besiedelung und Industriedichte das erforderliche Transport-aufkommen für eine hohe Auslastung nicht vorhanden ist.

1.1.4 Der Bedarf an Infrastrukturkapazitäten für den Schienengüterverkehr

Der Bund plant gemeinsam mit den Bahnen den Ausbau der schweizerischen Eisen-bahninfrastruktur. Die Finanzierung der wesentlichsten Investitionen erfolgt heute über den FinöV-Fonds32. Die Eisenbahnstrecken und die Bahnhofsinfrastruktur werden in aller Regel vom Personen- und Güterverkehr gemeinsam genutzt. Viele Strecken werden schon heute an der Auslastungsgrenze betrieben. Die Bedürfnisse der Netznutzer können nicht immer vollständig befriedigt werden. Auf vielen Stre-ckenabschnitten bestehen Nutzungskonflikte, die zwar meist gelöst werden können, die aber zu Qualitätseinbussen bei den Verkehrsangeboten führen. Insbesondere im Bereich Basel-Zürich-Aargau ist die Konzentration der Güterverkehre sehr hoch

32 Vgl. Artikel 196 Ziffer 3 BV, SR 101

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(vgl. die Belastungskarte des schweizerischen Schienengüterverkehrs, Abbildung 5).

Im Rahmen der Vorlage zur Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur33 (FABI) werden die anstehenden grossen Ausbauschritte der schweizerischen Eisen-bahninfrastruktur behandelt. Zu jedem Ausbauschritt plant das BAV die Kapazitäts-verteilung auf Personen- und Güterverkehr in Form von so genannten Systemfahr-plänen. Innerhalb der Weiterentwicklung der schweizerischen Eisenbahninfra-struktur im Rahmen von FABI werden auch spezifische Güterverkehrsanlagen geplant und finanziert. Dies betrifft die Rangierbahnhöfe, die Teambahnhöfe und die Freiverladeanlagen. Die Weiterentwicklung der bestehenden Anlagen innerhalb der Eisenbahninfrastruktur ist also grundsätzlich gesichert.

Die Trassenkapazitäten für die Produktion des Schienengüterverkehrs in der Fläche sind heute oft knapp. Zugleich besteht die Gefahr, dass neue Personenverkehrsange-bote dem Schienengüterverkehr die Trassen - vor allem als Folge der geltenden Prioritätenregelung des EBG34 - streitig machen und auch die Ausbauplanung des Bundes vorwiegend auf Projekte zur Verbesserung des Angebots im Personenver-kehr ausgerichtet ist35.

Für den Schienengüterverkehr existiert bereits heute ein Systemfahrplan, der auf-bauend auf den grundlegenden Bedürfnissen Trassen für den Güterverkehr reser-viert. Diese Tatsache kennt man vor allem bei den reservierten Trassen auf den Transitachsen. Aber auch für den Güterverkehr in der Fläche sind Trassen reserviert, jedoch sind diese Trassen mit Blick auf die Fahrplanerstellung aufgrund der gelten-den Prioritätenregelung nicht verbindlich gesichert.

Die Wahrnehmung der verladenden Wirtschaft und der Logistikbranche ist teilweise jedoch anders, weil kein Einbezug dieser Akteure in den Prozess der Trassenplanung und der Trassenzuweisung erfolgt. Die Kommunikation über die vorhandenen Trassen läuft zwischen den Eisenbahninfrastrukturunternehmen und den Eisenbahn-verkehrsunternehmen (EVU). Die EVU können nicht allen Bedürfnissen nach Ver-lade- und Abladezeiten eines gewünschten Transports ihrer Kunden nachkommen. Dies hat in der Regel aber vielfältige Gründe. Die verfügbaren Trassen für den Güterverkehr stellen dabei nur ein Element unter mehreren dar.

Die Nachfrageschwankungen beim Güterverkehr machen die Aufgabe der Trassen-planung für den Güterverkehr schwieriger als für den Personenverkehr. Der Güter-verkehr benötigt in Zeiten eines Nachfragerückganges einen Teil der für ihn reser-vierten Trassen nicht. Umgekehrt sind in den Zeiten der wirtschaftlichen Prosperität bzw. der steigenden Nachfrage nach Schienengüterverkehrsdienstleistungen die Trassen für den Güterverkehr in Spitzenzeiten immer knapp. Dazu kommt, dass die Vertreter des Güterverkehrs im Gegensatz zu denjenigen des Personenverkehrs nicht in der Lage sind, sich auf langfristige Kapazitätsbestellungen zu verpflichten. Ihr Planungshorizont ist heute erfahrungsgemäss kurzfristig. Auf der Seite der Güter-verkehrsbranche entsteht daher der Eindruck, dass die Verantwortlichen der Tras-senplanung nicht auf ihre Bedürfnisse eingehen. Diese wiederum finden auf der anderen Seite keine Ansprechpartner, welche die generellen Bedürfnisse des Güter-

33 BBl 2012 1577 34 Art. 9a EBG, SR 742.101. 35 Vgl. auch die Ergebnisse des SVI-Forschungspakets 'Strategien zum wesensgerechten

Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz', Teilprojekt F: Einschätzungen der Infrastrukturnutzer zur Weiterentwicklung des Regulativs, Schlussbericht, Bern 2012.

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verkehrs im Planungszeitpunkt vertreten können. Aufgrund dieser Ausgangslage betrachtet es das BAV als seine Aufgabe, die Interessen des Güterverkehrs bei der Trassenplanung und -zuteilung zu vertreten und die notwendigen Kapazitäten si-cherzustellen. Dabei ist es allerdings notwendig, dass sich die Vertreter des Güter-verkehrs bei den Güterverkehrsprognosen einbringen. Denn darauf basieren die Planungen.

In der Planung für das strategische Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur (STEP) im Rahmen von FABI36 wurde mit einer deutlichen Zunahme des Schienen-güterverkehrs international wie national gerechnet. Es wurden auch Qualitätsbedürf-nisse wie Vertaktung, Verknüpfungsmöglichkeiten Trassen, Zuglänge, Fahrzeit zwischen Knoten, Profil, Geschwindigkeit und Traktion berücksichtigt. Das Ergeb-nis ist ein 'Systemfahrplan' für den Güterverkehr unter Berücksichtigung der Ver-kehrsmengen, die für 2030 erwartet werden.

Tatsache bleibt aber, dass die Trassen für den Güterverkehr heute und in den nächs-ten Jahren knapp sein werden. Neue Personenverkehrsangebote ohne Ausbau der zur Verfügung stehenden Infrastruktur können diese Situation noch verschärfen. Dies hat auch zur Folge, dass die nachgefragten Trassen oft nicht in der gewünschten Qualität angeboten werden können. Dies führt in vielen Fällen zu Abstrichen bei der Produktivität der Bahnanbieter und der Verlader.

1.1.5 Planungsprozess Güterverkehrsanlagen

Heute planen die im Güterverkehr tätigen Unternehmen und die Verlader ihre Gü-terverkehrsanlagen in der Regel autonom, und das zuständige BAV beurteilt die einzelnen Gesuche um finanzielle Beiträge des Bundes. Dabei bleibt bisweilen offen, ob die für die Realisierung der Verkehrsmengen erforderlichen Trassenkapa-zitäten dauerhaft gesichert werden können und ob unterschiedliche Projekte unter Umständen auf die gleichen Verkehre abzielen. Ein grosses Anliegen der Vertreter der Güterverkehrsbranche ist daher eine gesamtschweizerisch koordinierte Planung der Kapazitäten des Netzes und der Güterverkehrsanlagen unter Einbezug der Bran-chenvertreter des Güterverkehrs.

Die besondere Herausforderung eines solchen Planungsprozesses bilden jedoch die hohe Abhängigkeit von der allgemeinen volkswirtschaftlichen Entwicklung und die über einen langen Planungshorizont vorherrschende Unsicherheit über die Markt-entwicklung. Die in den vergangenen Jahren erfolgte gravierende Umstrukturierung der Logistikprozesse erschwert die Planung zusätzlich. Diese Faktoren senken die Investitionsbereitschaft von Unternehmen im Schienengüterverkehr.

1.1.6 Die Förderinstrumente der öffentlichen Hand heute

1.1.6.1 Übersicht Fördermittel

Die finanzielle Förderung des Schienengüterverkehrs durch den Bund erfolgt heute auf vielfältige Weise. Diese Vielfältigkeit ist überwiegend historisch bedingt und mit den verschiedenen politischen Vorlagen schrittweise gewachsen und ergänzt wor-

36 BBl 2012 1577

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den. Sie entspricht nicht einer ganzheitlichen Betrachtung bzw. gar einem konzepti-onellen Ansatz.

Der Trassenpreis stellt einen wesentlichen Faktor in der Kostenstruktur des Schie-nengüterverkehrs dar. Er basiert auf dem Grenzkostenprinzip. Die einzelnen Ele-mente des Trassenpreises wurden mehrmals überarbeitet. Die letzte Änderung trat am 1. Januar 2013 in Kraft, nachdem umfangreiche Abklärungen gemacht worden waren. Im Rahmen dieser Vorlage wird der Trassenpreis nicht erneut zur Diskussion gestellt (vgl. Ziffer 1.1.2.3).

Die verschiedenen Bereiche des Schienengüterverkehrs in der Fläche und die heuti-gen „Angriffspunkte“ der verschiedenen Fördermassnahmen können folgendermas-sen dargestellt werden:

Abbildung 17: Übersicht über die "Angriffspunkte" für die Fördermassnahmen des Bundes im Güterverkehr37

Für die Förderung des Schienengüterverkehrs setzt der Bund heute ein umfassendes Instrumentarium ein, das an den verschiedensten Punkten der Wertschöpfungskette im Wagenladungsverkehr und kombinierten Verkehr ansetzt. Die Höhe der einge-setzten Mittel belief sich in den letzten Jahren auf jeweils rund 200 bis 230 Millio-nen Franken. Davon wird rund die Hälfte über die Leistungsvereinbarungen mit den Infrastrukturbetreiberinnen finanziert. Mit dieser Vorlage ist nicht vorgesehen, den

37 MinVG: Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe (MinVG), SR 724.116.2; GüTG: Bundesgesetz über den Gütertransport von Bahn- und Schifffahrtsunternehmen (Gütertransportgesetz, GüTG, SR 742.41; SVAG: Bundesgesetz über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (Schwerver-kehrsabgabegesetz, SVAG), SR 641.81; AnGV: Verordnung über die Anschlussgleise (AnGV), SR 742.141.51; BGFV: Verordnung über die Förderung des Bahngüterverkehrs (BGFV), SR 740.12.

Rangierbahnhof:

Bestellung im Rahmen LV

Anschlussgleis:

Investitionsbeiträge

gemäss MinVG,

AnGV

KV-Terminal:

Investitionsbei-

träge gemäss

MinVG, BGFV

Freiverlad:

Bestellung im

Rahmen LV

System Wagenladungsverkehr

UKV-Ganzzüge

Betriebsbeiträge an EWLV

gemäss GüTG, BGFV

Betriebsbeiträge an UKV

gemäss GüTG, BGFV

KV-Terminal:

Investitionsbeiträge

gemäss MinVG,

BGFV

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finanziellen Rahmen zu erhöhen oder weitere Förderinstrumente zu den bisherigen hinzuzufügen. Der Güterverkehr soll neu auf Basis einer expliziten Zielsetzung gefördert werden. Zudem soll das Instrumentarium vereinfacht und transparenter gestaltet werden.

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Übersicht über die finanzielle Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche

RG 2011 RG 2012 VA 2013 FP 2014 FP 2015 FP 2016

LV SBB Infrastruktur Investitionsbeitrag nur Anteil Investitionen Rangierbahnhöfe; A4300.0115

33 33 33 35 14 20

LV SBB Infrastruktur Betriebsbeiträge nur Anteil ungedeckte Kosten Rangierbahnhöfe; A2310.0213

104 100 100 100 100 100

Terminalanlagen nur Anteil für nicht alpenquerenden Verkehr A4300.014; finanziert aus SFSV

5 3 27 14 10 10

Anschlussgleise A4300.0121; finanziert aus SFSV

16 12 22 18 23 23

Abgeltung nicht alpenquerender Güterverkehr

A2310.0450; Anteil KV finanziert aus SFSV 33 29 30 28 29 29

Rückerstattung LSVA E1100.0109

19 19 20 20 20 20

Abgeltungen Güterverkehr Schmalspurbahnen

A2310.0451 6 6 6 6 6 6

Total 216 202 238 221 202 198

Tabelle 1: Übersicht über die Förderinstrumente und die Entwicklung der Bundesbeiträge (nicht enthalten sind Betrieb und Substanzerhalt der Freiverladeanlagen der SBB sowie Finanzhilfen für Infrastrukturanlagen für den Güterverkehr bei den Privatbahnen)

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1.1.6.2 Investitionsbeiträge als Finanzhilfen

Für die Realisierung von Güterverkehrsanlagen (private Anschlussgleise und Um-schlagsanlagen für den kombinierten Verkehr) gewährt der Bund heute Investitions-beiträge. Je nachdem, ob es sich um eine Anlage für den kombinierten Verkehr handelt oder nicht, werden unterschiedliche Förderkriterien angewendet und unter-schiedliche Fördermittel zur Verfügung gestellt (Darlehen und/oder A-fonds-perdu-Beiträge). Auch die Höhe der möglichen Bundesbeteiligung hängt vom Typ der zu realisierenden Anlage ab.

Anschlussgleise

Den Bau und die Erneuerung privater Anschlussgleise fördert der Bund seit 1986 mit zweckgebundenen Mineralölsteuergeldern. Dabei beteiligt er sich mit 40 bis 60 % an den jeweiligen Investitionskosten der verladenden Wirtschaft. Mit Auflagen stellt er sicher, dass die Mindesttransportmengen erreicht werden, die der Bundesrat in der Verordnung über die Anschlussgleise38 festgelegt hat. Andernfalls macht er eine Rückerstattung der Investitionshilfe geltend. Der Bund verlangt gewisse mini-male Verkehrsmengen (Wagen, Tonnen), die eine wirtschaftliche Bedienung erlau-ben sollen.

Der Voranschlag 2013 sieht einen Betrag von 22 Mio. Franken für die Förderung von Anschlussgleisen vor.

Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs

Im kombinierten Verkehr beteiligt sich der Bund gemäss der Verordnung über die Förderung des Bahngüterverkehrs39 am Bau von Umschlagsanlagen für den kombi-nierten Verkehr im In- und Ausland. So schafft er die Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum des UKV und beseitigt Engpässe. Terminalbetreiber als An-tragssteller müssen ein Mitfinanzierungsgesuch einreichen. Projekte werden nach verschiedenen Kriterien auf ihre Förderwürdigkeit und das Fördervolumen hin geprüft: Bedarf (Kapazitätsbedarf) und Standort (Nachweis von fehlenden Termi-nalkapazitäten, Bewertung Terminalstandort, Erschliessung Strasse/Schiene, Aus-baumöglichkeit), Kosten (Kosten der Investition im Verhältnis zur Umschlagsmen-ge), Wirtschaftlichkeit und Subventionseffizienz (erforderliche Fördermittel pro Umschlag, Kosten-Nutzen-Verhältnis), Verlagerung (Verlagerungseffekt von Stras-se auf Schiene; vermiedene Strassenkilometer auf schweizerischem Boden). Der Eigenmittelanteil des Antragsstellers muss nach gängiger Praxis mindestens 20 % betragen. Maximal 80 % werden durch den Bund gedeckt. Das Verhältnis A-fonds-perdu-Mittel zu Darlehen ergibt sich aus der Prüfung der verschiedenen Förderkrite-rien.

Der Kredit für KV-Terminals im Jahr 2013 beläuft sich auf insgesamt 37 Mio. Franken. Er umfasst sowohl KV-Terminals im (nicht alpenquerenden) Binnen- bzw. Import- und Exportverkehr (vgl. die rund 27 Mio. Franken für das Jahr 2013 in Tabelle 1) sowie auch KV-Terminals für den alpenquerenden Verkehr in der Schweiz und im angrenzenden Ausland.

38 AnGV, SR 742.141.51 39 BGFV, SR 740.12

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Güterverkehrsspezifische Anlagen der allgemeinen Eisenbahninfrastruktur

Auch güterverkehrsspezifische Anlagen der allgemeinen Eisenbahninfrastruktur (wie z.B. Rangieranlagen, Freiverladeanlagen) werden durch den Bund im Rahmen der Leistungsvereinbarung mit den Schweizerischen Bundesbahnen bestellt. Die Förderung erfolgt auf Basis der Bestimmungen des EBG, nach denen öffentliche Verladeanlagen und Rangierbahnhöfe zur öffentlichen Eisenbahninfrastruktur zäh-len und zum vom Bund bestellten Leistungsangebot zählen40.

Jährlich sind ungefähr 130 Mio. Franken aus den Mitteln der Leistungsvereinbarung zwischen der Eidgenossenschaft und den SBB für güterverkehrsspezifische Anlagen vorgesehen. Diese Mittel dienen sowohl den Ersatzinvestitionen wie auch der De-ckung der ungedeckten Betriebskosten dieser Anlagen, indem den Benutzern der Rangieranlagen nur ein Teil der effektiven Kosten in Rechnung gestellt wird.

1.1.6.3 Betriebsbeiträge als Abgeltungen

Im nicht alpenquerenden Verkehr werden sowohl das Angebot im EWLV wie auch verschiedene Angebote im kombinierten Verkehr (Binnen-, Import- und Exportver-kehre) durch den Bund bestellt und abgegolten. Bestellung und Abgeltung erfolgen auf Basis der Verordnung über die Förderung des Bahngüterverkehrs41.

Das Parlament hat dafür über den Zahlungsrahmen für die Förderung des nicht alpenquerenden Schienengüterverkehrs für die Jahre 2010 bis 2015 Mittel in der Höhe von 200 Mio. Franken bewilligt42. Im Rahmen des Nachtrag I/2010 wurde dieser Zahlungsrahmen - begründet mit dem Wegfall des Deckungsbeitrags als Bestandteil des Trassenpreises für den Güterverkehr - um 20 Mio. auf neu 180 Mio. Franken gekürzt.

In der Praxis legt der Bund jährlich die Abgeltung pro Wagenladung bzw. pro KV-Sendung fest. 2013 beläuft sich die Abgeltung pro zugestellten beladenen Wagen im EWLV auf 35 Franken. Der Abgeltungssatz pro KV-Sendung ist abhängig von der Transportdistanz innerhalb der Schweiz und beläuft sich auf maximal 70 Franken. In der Folge werden nur die tatsächlich transportierten Sendungen oder Wagenladun-gen abgegolten. Insgesamt sind dafür im Jahr 2013 30 Mio. Franken budgetiert.

Seit dem Inkrafttreten der Güterverkehrsvorlage werden auch die Abgeltungen im Güterverkehr der Meterspurbahnen nicht mehr über die Bestellung im Regionalver-kehr abgewickelt. Das Parlament hat für die Jahre 2011-2015 einen separaten Zah-lungsrahmen in der Höhe von 30 Mio. Franken gesprochen43. Für diese Abgeltungen stehen jährlich maximal 6 Mio. Franken zur Verfügung.

Im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs erfolgt zudem eine pauschale Rückerstattung der LSVA gemäss Artikel 4 des Bundesgesetzes über eine leistungs-abhängige Schwerverkehrsabgabe (SVAG)44. Für die Bemessung der Höhe der Rückerstattung wird zwischen kleinen und grossen Umschlagsbehältern unterschie-den. Sie beträgt heute 24 Franken für kleine und 37 Franken für grosse Behälter. Die

40 Vgl. Art. 46, 51 und 62 EBG, SR 742.101 41 Vgl. Art. 12 - 17 BGFV, SR 740.12 42 BBl 2009 8287 43 BBl 2009 8289 44 SR 641.81, sowie Verordnung über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (Schwerverkehrsabgabeverordnung, SVAV) SR 641.811.

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Rückerstattungen schlagen sich in Mindereinnahmen bei der LSVA in Höhe von jährlich knapp 20 Mio. Franken nieder. Dies wiederum hat zur Folge, dass weniger zweckgebundene Mittel in den FinöV-Fonds bzw. an die Kantone fliessen.

1.1.6.4 Abhängigkeiten zur Verlagerungspolitik

Die Verlagerung des alpenquerenden Güterschwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene ist ein Hauptziel der schweizerischen Verkehrspolitik. Volk und Stände haben mit der Annahme des Alpenschutzartikels (Art. 84 der Bundesverfassung45) den Willen geäussert, den alpenquerenden Schwerverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Das ausführende Güterverkehrsverlagerungsgesetz (GVVG)46

ist als Bestandteil der Güterverkehrsvorlage am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Zum Schutz des Alpengebietes soll der alpenquerende Güterschwerverkehr auf nachhaltige Weise von der Strasse auf die Schiene verlagert werden. In diesem Zusammenhang wurde die maximale Anzahl Fahrten im alpenquerenden Strassen-gütertransport festgelegt.

Das in diesem Zusammenhang eingesetzte Instrumentarium weist einige Schnittstel-len zum Güterverkehr in der Fläche auf. So wird die LSVA bekanntlich in der ge-samten Schweiz für alle Verkehre erhoben. Auch auf die Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf haben alle KV-Verkehre Anspruch. KV-Investitionen mit Schwerpunkt im alpenquerenden Bereich können auch Binnen- oder nicht alpenque-renden Import- und Exportverkehren nützen. In diesen Bereichen bestehen daher gewisse gegenseitige Abhängigkeiten zwischen der gewünschten Entwicklung im alpenquerenden und im nicht alpenquerenden Verkehr.

Die zentrale Schlüsselmassnahme für den alpenquerenden Schienengüterverkehr ist die Bestellung von Relationen im kombinierten Verkehr. Diese Massnahme weist keine direkten Schnittstellen mit dem Güterverkehr in der Fläche auf.

1.2 Die Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienen-güterverkehrs in der Fläche

1.2.1 Grundsätze der Gesamtkonzeption

1.2.1.1 Ziele als Grundlage für die Förderung

Der Bund fördert den Schienengüterverkehr in der Fläche schon heute auf vielfältige Weise. Die Förderung erfolgt aber nicht aufgrund von ausformulierten Zielen des Bundes. Sie ist historisch gewachsen und daher wenig fokussiert47. Der Mangel an übergeordneten Zielen des Bundes war ein wesentlicher Auslöser für die parlamen-tarische Motion, welche zu dieser Vorlage geführt hat. Diesem Umstand will der Bund gerecht werden.

45 SR 101 46 SR 740.1 47 Vgl. auch die Ergebnisse des SVI-Forschungspakets 'Strategien zum wesensgerechten

Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz', Teilprojekt G: Zielsystem im Güterverkehr, Schlussbericht, Bern 2012.

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Die übergeordneten Ziele für den Güterverkehr in der Fläche müssen daher klar festgelegt werden. An diesen Zielen muss sich das vorgeschlagene Förderinstrumen-tarium orientieren und messen lassen. Im Rahmen dieser Vorlage ist nicht vorgese-hen, die finanziellen Mittel für den Güterverkehr in der Fläche zu erhöhen. Die Mittel des Bundes, die bereits heute eingesetzt werden, sollen aber zielgerichteter verwendet werden.

1.2.1.2 Schwerpunkte der Förderung und Beitrag der Wirt-schaft

Im Grundsatz wird eine Eigenwirtschaftlichkeit der Schienenverkehrsangebote in der Fläche angestrebt. Die Nachfrager nach Güterverkehrsleistungen, also die Wirt-schaft, müssen einen entscheidenden Beitrag zur effizienteren Bereitstellung der EWLV- und KV-Angebote leisten.

Die heutige Situation eines in weiten Teilen defizitären Schienengüterverkehrs in der Fläche soll nicht durch staatliche Förderung 'kosmetisch' verbessert werden. Die an der Transportkette beteiligten Unternehmungen müssen ihren Beitrag primär auf der Kostenseite leisten. Dies betrifft die Eisenbahnverkehrsunternehmen, aber auch die Infrastrukturbetreiberinnen, die Betreiberinnen von Umschlagsanlagen, die Operateure, Spediteure und die verladende Wirtschaft. Alle Akteure müssen zur Verbesserung der Ergebnisse Massnahmen zur Steigerung der Effizienz in ihren eigenen Verantwortungsbereichen ergreifen, innovative Produkte entwickeln oder notwendige Preismassnahmen ergreifen.

Der Bund sorgt in erster Linie für günstige Rahmenbedingungen und für die not-wendigen Infrastrukturen für eine nachhaltige Entwicklung des Gütertransports. Die Betriebsbeiträge für Angebote im Schienengüterverkehr ergänzen diese Hauptför-derinstrumente punktuell. Sie ermöglichen den Kantonen und dem Bund die Ent-wicklung des Schienengüterverkehrs so zu lenken, wie sie aus politischer und raum-planerischer Sicht erwünscht ist. Diese Unterstützung soll die Anreizsysteme des Marktes nicht beeinträchtigen. Die beteiligten Unternehmen sollen selbst das grösste Interesse daran haben, das „richtige“ Produkt anzubieten, um die Transportbedürf-nisse der Volkswirtschaft zu befriedigen.

1.2.1.3 Zusammenwirken der Verkehrsträger

Die verschiedenen Verkehrsträger ergänzen sich je nach ihren Stärken. Die Schiene hat Vorteile bei grossen, regelmässigen Lastaufkommen und bei der Überbrückung des Nachtfahrverbots auf der Strasse. Die Feinverteilung und Transporte in ländli-chen Regionen erfolgen schwergewichtig auf der Strasse. Eine Duplizierung von Verkehrsinfrastrukturen ist nicht in jedem Fall sinnvoll, kann die Hauptverkehrsach-sen aber gegenseitig entlasten. In diesem Sinn ist die "Ko-Modalität" eine zwingen-de Voraussetzung für eine Gesamtkonzeption für den Schienengüterverkehr in der Fläche: Die verschiedene Verkehrsträger werden, entweder einzeln oder in Kombi-nation, so gewählt, dass eine optimale sowie nachhaltige Ressourcennutzung und Güterversorgung aller Landesteile erreicht werden.

In diesem Zusammenspiel der Verkehrsträger kommt dem Schienengüterverkehr in der Fläche unter verschiedenen Aspekten eine tragende Rolle zu:

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51

Beitrag für die verladende Wirtschaft

Bahninfrastruktur und güterverkehrsspezifische Bahnanlagen und die darauf er-brachten Güterverkehrsangebote bilden ein wichtiges logistisches Rückgrat der schweizerischen Wirtschaft. Verschiedene Marktsegmente, u.a. die chemische und metallverarbeitende Industrie sowie der Detailhandel, stützen ihre transportlogisti-schen Prozesse heute und gemäss den Marktprognosen auch in Zukunft auf die Angebote im Schienengüterverkehr ab. Vielfach ist der Bahntransport vollständig in die komplexen Produktions- und Logistikprozesse integriert. Dies schlägt sich auch in bedeutsamen Investitionen dieser Unternehmen in bahnspezifische Transport- und Logistikinfrastrukturen (Ladeeinrichtungen, Anschlussgleise) nieder.

Für die in diesen Branchen aktiven Unternehmen bieten Schienenverkehrsangebote Vorteile in Bezug auf Berechenbarkeit und Pünktlichkeit auf Basis eines festen Fahrplans sowie aufgrund der Transportleistungsfähigkeit. Das Transportsystem Strasse hingegen ist stauanfällig, was sich negativ auf Berechenbarkeit und Pünkt-lichkeit auswirkt.

Beitrag zur Entlastung der Strasseninfrastrukturen

In den Ballungsgebieten sind die Infrastrukturkapazitäten auf der Strasse und der Schiene knapp. Es ist schon heute unterlässlich, dass beide Verkehrsträger für den Gütertransport genutzt werden und sich gegenseitig entlasten. Mit dem prognosti-zierten Wachstum der Gütermengen wird diese ergänzende Zusammenarbeit in Zukunft noch wichtiger.

Abbildung 18 zeigt illustrativ die Entwicklung der Staustunden auf den schweizeri-schen Nationalstrassen zwischen 2003 und 2011. Dabei wird das Wachstum der Staustunden deutlich48. Die Angebote im Schienenverkehr werden durch die Staus auf den Strassen zu einem noch entscheidenderen Faktor bei der Versorgungssicher-heit und der Standortattraktivität der Schweiz. Damit die Güter in den Ballungsge-bieten auf der Schiene und der Strasse effizient transportiert werden können, muss die Feinverteilung mit beiden Verkehrsträgern in die Regionen möglich sein.

48 Vgl. ASTRA Jahresbericht 2011, Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der National-strassen: „Die erneut festgestellte Zunahme der Stauereignisse kann eine direkte Folge zu-sätzlicher Verkehrsbehinderungen auf dem stark ausgelasteten Nationalstrassennetz sein. Sie kann aber auch auf die weiter verbesserte Erfassung der Stauereignisse zurückzuführen sein. Welcher dieser beiden Effekte massgebend ist, lässt sich erst mit Bestimmtheit eruieren, wenn Verkehrsbehinderungen auf den Nationalstrassen mit einer sehr hohen Zuverlässigkeit erfasst werden können. Dies ist heute nicht umfassend gewährleistet. Dessen ungeachtet weist die starke Zunahme der in den beiden letzten Jahren erfassten Staustunden dar-auf hin, dass das hoch ausgelastete Nationalstrassennetz zunehmend instabil wird. Bereits eine gerin-ge weitere Verkehrszunahme während den Spitzenzeiten kann zu einer überproportional hohen Zunahme der Staustunden führen. Dies gilt insbesondere für die sehr stark ausgelastete Nationalstrasse im Grossraum Zürich.“

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52

Abbildung 18: ASTRA Jahresbericht 2011 Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen: Entwicklung der jährlichen Staustunden

Ein Schienengüterverkehrsangebot in der Fläche entlastet die Strasseninfrastrukturen und verbessert den Verkehrsfluss. Ohne den Schienengüterverkehr in der Fläche ergäben sich mindestens 3 Mio. zusätzliche Lastwagenfahrten pro Jahr. In der Folge würden sich Stauhäufigkeit und Staudauer zusätzlich erhöhen. Die erwarteten Zu-wächse beim Güterverkehr würden die Problematik weiter steigender Verkehrsbe-lastungen auf der Strasse zusätzlich verschärfen.

Beitrag zur Versorgung von Berg- und anderen peripheren Regionen

In den Bergregionen gilt es die heutige Arbeitsteilung zwischen Strasse und Schiene zu erhalten. Insbesondere in diesen Regionen als Lebens- und Wirtschaftsraum garantieren die vorhandene Bahninfrastruktur und das auf ihr erbrachte Güterver-kehrsangebot die Versorgung mit und den Abtransport von Gütern.

Mit Blick auf die zukünftige volkswirtschaftliche Entwicklung kann die Existenz eines Schienengüterverkehrsangebots auch in den Randregionen den Anreiz geben, dass Industriestandorte bestehen bleiben oder neue Gewerbebetriebe angelockt werden. Dies gilt speziell in den Marktsegmenten, für welche die Schiene die güns-tigsten transportlogistischen Leistungen anbietet.

Flankierung des Nachtfahrverbots

In der Schweiz existiert seit vielen Jahren das Nachtfahrverbot (vgl. Ziffer 1.1.2.3). Es schützt die Bevölkerung vor nächtlichem Strassenverkehrslärm besonders dort, wo Zufahrten zu Produktionsstätten durch oder nahe an Wohngebieten vorbeiführen. Dieses Nachtfahrverbot ist sowohl in der Bevölkerung als auch in der Wirtschaft anerkannt und akzeptiert. Die verladende Wirtschaft hat ihre Produktions- und Logistikprozesse an das Fahrverbot angepasst.

Eine Vielzahl von Unternehmen der produzierenden Wirtschaft (z.B. metallverarbei-tende oder chemische Industrie) und des Detailhandels sind auf Versorgungs- und Entsorgungsprozesse auch in der Nacht angewiesen. Angebote des Schienengüter-verkehrs in der Fläche bieten so auch während der Nachtzeiten eine Alternative. Ohne sie müssten die Unternehmen zusätzlich in die Lagerhaltung für Vor- und

0

2'000

4'000

6'000

8'000

10'000

12'000

14'000

16'000

18'000

20'000

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Stunden

Stauentwicklung auf dem gesamten Nationalstrassennetz 2003-2011

Anderes

Baustellen

Unfälle

Überlastung

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Fertigprodukte investieren, um eine reibungslose Produktion zu ermöglichen. Für den Detailhandel gewährleistet die Schiene die Versorgung mit Frischwaren.

Schienengüterverkehrsangebote in der Fläche erhöhen in der Konsequenz die breite Akzeptanz des Nachtfahrverbots in der Schweiz. Denn mögliche Wettbewerbs-nachteile von Unternehmen in der Schweiz werden gegenüber Unternehmen im europäischen Ausland (ohne Nachtfahrverbot) reduziert.

Beitrag zur Entlastung der Umwelt

Der Schienengüterverkehr in der Schweiz trägt wesentlich zur Entlastung der Um-welt im Bereich der Luftschadstoffe (NOX, NO2, PM10 aus Verbrennungsprozessen bei) bei. Aufgrund des nahezu CO2-freien Strom-Mix der Schweizer Bahnen ermög-licht der Schienengüterverkehr zudem eine starke Reduktion der Treibhausgasemis-sionen im Vergleich zum Strassentransport. In einer aktuellen Studie im Rahmen des vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) koordinierten SVI-Forschungspakets 'Strate-gien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz'49 wurden aktuelle Zahlen zur Emission von Luftschadstoffen im Schweizer Güterverkehr zusammengestellt. Die nachfolgende Karte zeigt den Anteil der schweren Güterfahrzeuge an den gesamten Stickoxidemissionen (NOX) des Stras-senverkehrs in der Schweiz für das Jahr 2010.

Abbildung 19: Stickoxidemissionen der Schweren Nutzfahrzeuge in der Schweiz 2010. Quelle: SVI Forschungspaket Güterverkehr, Teilprojekt H

Deutlich sichtbar wird dabei der hohe Anteil des Schwerverkehrs im Mittelland im Dreieck Basel-Zürich-Bern sowie auf der A2 in Richtung Luzern sowie der gesam-ten Gotthardachse. Dort ist der Schwerverkehr für 40 bis 60 % (orange) bzw. 60 bis 80 % (rot) der Gesamt-Stickoxidemissionen des Strassenverkehrs verantwortlich.

49 Teilprojekt H: Ortsbezogene Massnahmen zur Reduktion der Auswirkungen des Güter-verkehrs, Teil I: Referenzzustände 2010 und 2020 "Umweltatlas", Schlussbericht, Bern 2012.

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In Bezug auf lungengängige Feinstaubemissionen aus Verbrennungsprozessen ist der Anteil des Schwerverkehrs an den Gesamtemissionen des Strassenverkehrs deutlich niedriger als bei den Stickoxiden und liegt in einem Bereich von 15 bis 20 %.

Insgesamt ergibt dies für den Binnen-, Import- und Exportverkehr im Jahr 2010 annäherungsweise die unten stehenden Gesamtemissionen:

Einheit Strasse Schiene

Verkehrsleistung Bin-

nen-, Import-, Export-

verkehr

Mio.

tkm 13'288 4'682

Emissionen Stickoxide

NOx Tonnen 27'033 486

Emissionen PM10

Auspuff Tonnen 176 8.1

Emissionsfaktoren in g pro Tkm

Stickoxide NOx g/tkm 2.03 0.10

PM10 Auspuff-

Emissionen g/tkm 0.0132 0.0017

Tabelle 2: Luftschadstoffbelastung des Güterverkehrs im Binnen-, Import- und Exportverkehr in der Schweiz auf Strasse und Schiene. Quelle: SVI Forschungspaket Güterverkehr, Teilprojekt H, eigene Berechnungen.

Die oben stehende Tabelle zeigt, dass die Luftschadstoffbelastung des Schienengü-terverkehrs pro transportierte Tonne und Kilometer bei den Stickoxiden um einen Faktor 20 tiefer ist als beim Strassengüterverkehr. Bei den lungengängigen Fein-staubpartikeln aus Verbrennungsprozessen hat die Schiene 7 bis 8 mal tiefere Emis-sionen pro Tonnenkilometer. Die strengeren Vorgaben für neu zugelassene Strassen-fahrzeuge dürften allerdings dazu führen, dass diese Unterschiede künftig geringer werden.

Neben einer im Vergleich zur Strasse signifikant tieferen Luftschadstoffbelastung trägt die Schiene aufgrund des eigenen CO2-freien Kraftwerkparks bzw. den lang-fristigen Bezugsrechten an CO2-freiem Strom wesentlich zu einer geringeren Emis-sion von Treibhausgasen im Verkehr bei. Gestützt auf die Forschungsarbeiten im Rahmen des SVI-Forschungsprogramms zum Güterverkehr50 lassen sich für den Strassengüterverkehr in der Schweiz Gesamtemissionen von ca. 1.45 Mio. Tonnen CO2 abschätzen (ohne Transitverkehr). Dies entspricht knapp 4 % der jährlichen CO2-Emissionen in der Schweiz. Pro Tonnenkilometer werden auf der Strasse ca. 110 g CO2 emittiert. Oder anders ausgedrückt: Wird eine Ladung von 10 t über 100 km statt auf der Strasse auf der Schiene transportiert, so können ca. 110 kg CO2 eingespart werden. Der Schienengüterverkehr leistet daher einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen des Verkehrs.

50 Teilprojekt H: Ortsbezogene Massnahmen zur Reduktion der Auswirkungen des Güter-verkehrs, Teil I: Referenzzustände 2010 und 2020 "Umweltatlas", Schlussbericht, Bern 2012.

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1.2.2 Überblick über die Gesamtkonzeption

1.2.2.1 Grundsätze und Ziele

Gemäss dem aktuellen Stand der parlamentarischen Beratungen zu FABI ist eine Verankerung des Schienengüterverkehrs in Art. 81a (neu) der Bundesverfassung mit folgendem Wortlaut vorgesehen: "Bund und Kantone sorgen für ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Verkehr auf Schiene, Strasse, Wasser und mit Seilbahnen in allen Landesgegenden. Die Belange des Schienengüterverkehrs sind dabei ange-messen zu berücksichtigen."51 Die in dieser Vorlage vorgeschlagenen Ziele können auf dieser (im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zu FABI eingebrachten) Bestimmung aufbauen. Eine Anpassung der Bundesverfassung zum Schienengüter-verkehr in der Fläche im Rahmen dieser Vorlage würde daher keinen Mehrwert schaffen.

Im Rahmen dieser Vorlage definiert der Bund Grundsätze und Ziele für den Gü-terverkehr in der Fläche und die Aufgaben des Bundes auf Gesetzesstufe. Die För-derinstrumente sollen in ihrer Ausgestaltung und Bemessung in Zukunft daran ausgerichtet werden:

1. Der Bund setzt Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung des Güterverkehrs und ein effizientes Zusammenwirken der Verkehrsträger bei der Güterversorgung.

2. Der Bund sorgt für eine bedarfsgerechte Eisenbahninfrastruktur und geeignete Güterverkehrsanlagen.

3. Der Bund sorgt für den diskriminierungsfreien Zugang zu den Güterverkehrs-anlagen.

4. Angebote im Schienengüterverkehr müssen eigenwirtschaftlich sein. Von diesem Grundsatz soll nur abgewichen werden, wenn Bund und Kantone ge-meinsam nicht kostendeckende Angebote sicherstellen wollen oder wenn eine befristete Förderung eines neuen Angebots dessen Entwicklung zu einer nach-haltigen Eigenwirtschaftlichkeit unterstützt.

Beschreibung Ziel 1

Der Bund setzt in erster Linie die Rahmenbedingungen für die Verkehrsträger. Dabei stehen drei Elemente im Vordergrund: die Nachhaltigkeit der Angebote, die Versorgung des Landes mit Gütern und das Zusammenwirken der Verkehrsträ-ger. Unter dem Zusammenwirken der Verkehrsträger versteht sich vor allem eine angemessene Ko-Modalität zwischen Strasse und Schiene.

Beschreibung Ziel 2

Der Bund plant die bedarfsgerechte Infrastruktur für den Eisenbahnverkehr und die bedeutenden Güterverkehrsanlagen für den Schienengüterverkehr. Er beteiligt sich an der Finanzierung der Anlagen. Er sichert mit geeigneten Massnahmen die Kapazitäten für den Schienengüterverkehr in hochbelasteten Teilen des Schienen-netzes.

51 Geschäfts-Nr. 12.016

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Beschreibung Ziel 3

Der Bund legt die Zugangsregeln für die von ihm finanziell unterstützten Anlagen fest und gewährleistet so allen Marktteilnehmern die diskriminierungsfreie Nutzung dieser Anlagen.

Beschreibung Ziel 4

Die Angebote im Schienengüterverkehr sollen grundsätzlich von den Eisenbahnver-kehrsunternehmen und Speditionen in eigener Verantwortung und eigenwirtschaft-lich erbracht werden. Der Bund unterstützt subsidiär zusammen mit den Kantonen die regionale wirtschaftliche Entwicklung und trägt den raumplanerischen Aspekten Rechnung. Zusammen mit den Kantonen kann so der Bund einem angemessenen Angebot im Schienenverkehr Sorge tragen. Insbesondere im Berggebiet kann es sinnvoll sein, bestehende Eisenbahninfrastrukturen für Gütertransporte zu nutzen.

1.2.2.2 Verworfene Ziele

Ein konkretes Verlagerungsziel (z.B. im Sinne eines definierten Marktanteils der Schiene) oder die staatliche Bestimmung eines Grundangebots (z.B. im Sinne eines definierten Bediennetzes im EWLV) sollen für den Güterverkehr in der Fläche nicht vorgegeben werden. Diese Varianten wurden geprüft und - auch als Ergebnis der Diskussion mit den Branchenakteuren - verworfen. Wichtigste Gründe dafür sind:

Im Binnen-, Export- und Importverkehr ist ein Zusammenspiel zwischen Strasse und Schiene von grosser Bedeutung. Aufgrund der knappen Infrastruk-turverfügbarkeit beider Verkehrsträger ist eine Ko-Modalität in Zentren und Agglomerationen unverzichtbar. Auch für die Güterversorgung in den Berg- und Randregionen ist die Zusammenarbeit von Strasse und Schiene wichtig.

Die Entwicklung der Warenflüsse und die Standortwahl der Unternehmen liessen sich vom Bund nur mit massiven Eingriffen in die private Wirtschaft erreichen. Solche Eingriffe sind mit der Wirtschaftsordnung der Schweiz nicht vereinbar. Ein starres Verlagerungsziel kann der Bund darum nicht garantie-ren. Es ist aber wichtig, dass der Bund mit den Förderinstrumenten flexibel auf die Anforderungen des Marktes reagieren kann.

Die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft wandeln sich ständig, ebenso die technischen Möglichkeiten und Logistikprozesse im Gütertransport. Ein im Voraus definiertes Verlagerungsziel oder gar ein staatlich definiertes Bedien-netz wird dem nicht gerecht.

1.2.2.3 Instrumente zur Förderung des Schienengüterver-kehrs

Die heute schon vorhandenen Instrumente und Mittel zur Förderung des Schienen-güterverkehrs werden auf die in dieser Vorlage neu formulierten Grundsätze und Ziele ausgerichtet. Konkret wird das Engagement des Bundes bei der Planung, Bewirtschaftung und Finanzierung der Infrastrukturen für den Schienengüterverkehr intensiviert. Gleichzeitig werden die Angebote im Schienengütertransport zurück-haltender, aber zielgerichteter unterstützt.

Die Rahmenbedingungen des Strassengüterverkehrs, insbesondere das Nacht- und Sonntagsfahrverbot, die 40-Tonnen-Limite (inkl. 44-Tonnen-

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Limite im Vor- und Nachlauf des KV), die Höhe der LSVA und das Kabota-geverbot sollen weiterhin unverändert gelten. Diese Rahmenbedingungen sind in der Bevölkerung breit akzeptiert. Sie sind in erster Linie umweltpolitisch motiviert, indem sie allgemeine Rahmenbedingungen zum Schutz der Bevöl-kerung und zur Internalisierung externer Kosten darstellen. Die ‚Schienen-freundlichkeit‘ ist somit nicht Ziel, sondern Ergebnis dieser Regelungen. Den-noch sind sie für die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs und ein angemessenes Angebot mit Schienengüterverkehr unverzichtbar.

Der Bund sorgt mit neuen Instrumenten der Kapazitätssicherung, namentlich einem verbindlichen langfristigen Netznutzungskonzept und kurzfristigen Netznutzungsplänen, für eine sinnvolle Verteilung der verfügbaren Schienen-infrastrukturkapazitäten auf die Verkehrsarten in der Planung und bei der Trassenvergabe. Den Interessen des Personen- und des Güterverkehrs soll je-weils angemessen Rechnung getragen werden. System- oder Takttrassen für den Güterverkehr können damit über die Planung bis hin zur Trassenvergabe gesichert werden.

Der Bund sorgt für die Bereitstellung von Rangierbahnhöfen und unterstützt die Verfügbarkeit von Umschlagsanlagen Schiene-Strasse und Gleisanlagen an den Bedienpunkten. Er führt hierfür einen institutionalisierten Planungspro-

zess ein. Der Bund erarbeitet in Zusammenarbeit mit den Kantonen ein Kon-zept für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und de-ren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur. Die Inhalte des Konzepts werden soweit erforderlich im Sachplan festgeschrieben und mit den Richtplänen der Kantone abgestimmt. Die betroffenen Akteure, also Ver-treter der Güterverkehrsunternehmen und der verladenden Wirtschaft, werden bei der Planung angehört. Sie spielen zudem eine aktive Rolle bei der Erarbei-tung der zugrundliegenden Verkehrsprognosen.

Die finanzielle Förderung von Güterverkehrsanlagen erfolgt über A-fonds-perdu-Beiträge gestützt auf die Vorgaben des oben erwähnten Konzepts. Für kleinere Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs erfolgt die Förderung analog zur Förderung von Anschlussgleisen.

In definierten Bereichen erfolgt die Verrechnung der Kosten nach Vorgabe des Bundes wie bisher zu Grenzkostenpreisen (Trassenpreise, Rangierleistungen in Rangierbahnhöfen).

Die Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs wird beibehalten.

Die vom Bund geförderten Anlagen unterstehen alle dem diskriminierungs-

freien Zugang. Der Bund kann hierfür konkrete Auflagen verfügen. Die Ein-haltung der Regeln soll in Zukunft durch die Schiedskommission im Eisen-bahnverkehr (SKE) verstärkt überwacht werden. Zugleich kann der Bund auch den Zugang zu gewissen Dienstleistungen auf den Güterverkehrsanlagen zur Gewährung der Diskriminierungsfreiheit regeln.

Der Bund kann gemeinsam mit den betroffenen Kantonen die naturräumlichen Unterschiede mit Betriebsbeiträgen durch gezielte Bestellungen ausgleichen und für eine angemessene Bedienung in diesen Räumen sorgen. Diese Be-triebsförderung erfolgt gestützt auf kantonale Güterverkehrskonzepte. Insbe-

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sondere die bestehenden Betriebsbeiträge an Meterspurbahnen in den Bergre-gionen sollen mit diesem Instrument erhalten bleiben.

Der Bund gewährt zudem zeitlich befristete Betriebsbeiträge für neue Ange-bote des Schienengüterverkehrs in der Fläche im Sinne einer Anschubfinanzie-rung. Er übernimmt dabei einen Teil des Risikos beim Aufbau neuer Angebote im Schienengüterverkehr.

Die heute gewährten Betriebsbeiträge an den Einzelwagenladungsverkehr und den nicht alpenquerenden kombinierten Verkehr fallen nach einer Über-gangsfrist weg. Die frei werdenden Fördermittel werden teilweise für die künftigen gemeinsamen Bestellungen mit den Kantonen und die befristeten Anschubfinanzierungen für neue Angebote eingesetzt.

Anstelle der heute im Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG)52 definierten Kernaufgabe Güterverkehr soll eine Kann-Vorschrift für das Angebot von Güterverkehrsleistungen definiert werden. Dienstleis-tungen im Güterverkehr zählen heute zu den Kernaufgaben der SBB. Gleich-zeitig sind in der laufenden Leistungsvereinbarung mit den SBB auch strategi-sche Ausrichtungen im Bereich des Güterverkehrs vereinbart. Dies sorgt einerseits für Unklarheiten bei den Zielsetzungen des Bundes im Bereich des Schienengüterverkehrs und beschränkt andererseits die unternehmerischen Freiheiten wie auch die eigenwirtschaftliche Ausrichtung der SBB.

Die Bestimmungen zu Bau, Betrieb und Aufsicht von Güterverkehrsanlagen werden erheblich vereinfacht. Auf diesem Weg soll für alle Beteiligten eine Senkung des administratives Aufwands bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung eines dichten Anschlussgleisnetzes ermöglicht werden.

1.2.3 Ausgestaltung der neuen Instrumente

1.2.3.1 Langfristiges Netznutzungskonzept (NNK)

Das langfristige Netznutzungskonzept (NNK) und die nachgelagerten Netznut-zungspläne (NNP) dienen der Sicherung von Infrastrukturkapazitäten für die Ver-kehrsarten im Eisenbahnverkehr:

Personenfernverkehr

Regionaler Personenverkehr

Internationaler Güterverkehr auf den in der EU-Gesetzgebung verankerten Güterverkehrskorridoren53

Binnengüterverkehr und internationaler Güterverkehr ausserhalb der Gü-terverkehrskorridore

Weitere wichtige Verkehrsarten (z.B. Autoverlad)

Die Entwicklung der schweizerischen Eisenbahninfrastruktur erfolgt gleichberech-tigt für Personen- und Schienengüterverkehr. Dabei werden die Ansprüche der

52 Vgl. Art. 3 SBBG, SR 742.31. 53 Festlegung der Linienführung der Güterverkehrskorridore entsprechend der Verordnung

(EU) Nr. 913/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güter-verkehr.

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Verkehrsarten an die Infrastruktur aufeinander abgestimmt und die verschiedenen Massnahmen für Personen- und Güterverkehr im strategischen Entwicklungspro-gramm Bahninfrastruktur (STEP) gesamthaft geplant, beurteilt und priorisiert. Die Eisenbahninfrastrukturbetreiberinnen erstellen die Planung im Auftrag des BAV.

Diese Entwicklung erfolgt im Rahmen einer "rollenden Planung", d.h. eine bereits erfolgte Planung kann aktualisiert, konkretisiert und überarbeitet werden.

Angebotsplanungen beruhen grundsätzlich auf einem Bedarfsnachweis, der unter anderem aus der prognostizierten Nachfrageentwicklung abgeleitet wird. Grundlage für die künftige Nachfrageentwicklung des nationalen Verkehrs sind Personen- und Güterverkehrsprognosen des Bundes, die mit regionalen Verkehrsprognosen ergänzt werden können.

Das BAV sorgt für nachvollziehbare Entscheide über die Aufnahme von Massnah-men in den jeweiligen Ausbauschritten des strategischen Entwicklungsprogramms. Es beabsichtigt, die interessierten Kreise, u.a. auch die Güterverkehrsbranche, bei der Erarbeitung künftiger STEP-Botschaften noch stärker in die Planung einzube-ziehen und die Ergebnisse mit ihnen zu diskutieren. Ziel ist es, dass entsprechende Einschätzungen der Branchenakteure in die Planung einfliessen können.

Aufgrund Erfahrungen der letzten Jahre soll das Parlament künftig nicht mehr ein grosses Infrastruktur-Entwicklungsprogramm mit mehr als 20 Jahren Umsetzungs-dauer beschliessen. Stattdessen sollen einzelne Ausbauschritte alle vier bis acht Jahre genehmigt und realisiert werden.

Daher ist es wichtig, STEP alle vier Jahre daraufhin zu überprüfen, ob sich die Rahmenbedingungen verändert haben und ob die Massnahmen oder deren Priorisie-rung angepasst werden müssen. Mit den schrittweise zu fassenden Beschlüssen bleibt die notwendige Flexibilität erhalten.

Zur Sicherung der Kapazitäten im Personen- und Güterverkehr werden dem Pla-nungsprozess, der mit der Vorlage FABI54 definiert worden ist, im Rahmen von STEP folgende Elemente hinzugefügt:

a) Die langfristigen Angebotsplanungen für die Ausbauschritte von STEP, die von den Infrastrukturbetreiberinnen im Auftrag des BAV erarbeitet worden sind, liegen in Form von Netzplänen mit Systemtrassen vor (Sys-temtrassen definieren auf den schweizerischen Streckenabschnitten die Anzahl Trassen pro Stunde mit den Ankunfts- und Abfahrtszeiten in Kno-ten für eine Modellstunde). Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen bean-tragen beim BAV im Rahmen der Angebotsplanung die Zuteilung der Plantrassen auf die eingangs erwähnten Verkehrsarten. Das BAV ent-scheidet, ob die Zuteilung der Trassen den Zielen des Bundes entspricht und ob die Planung weit genug ist, um als verbindlich erklärt zu werden. Wenn dies der Fall ist, unterbreitet das BAV dem Bundesrat das Netznut-zungskonzept.

b) Der Bundesrat kann auf dieser Grundlage eine langfristige Netznutzung für verbindlich erklären. Dabei legt er die Verteilung der zukünftigen Ka-pazität auf die Verkehrsarten für ein bestimmtes Planungsjahr anhand von Netzplänen mit Systemtrassen fest. Er definiert, ergänzt oder ändert damit ein sogenanntes "Netznutzungskonzept" (NNK).

54 BBl 2012 1577

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c) In der Regel alle vier oder acht Jahre überprüft das BAV das STEP und die identifizierten Massnahmen. Bei allfälligen Änderungen wird in der Regel auch das Netznutzungskonzept angepasst.

d) Auch Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Eisenbahnverkehrsunternehmen und Kantone können Begehren zur Änderung der Netznutzungskonzepte einreichen. Über solche Anträge beschliesst der Bundesrat.

e) Die interessierten Kreise (Kantone, Branchenakteure, Verbände etc.) wer-den bei der ersten Verbindlichkeitserklärung eines Netznutzungskonzepts und bei wesentlichen Änderungen angehört.

f) Das Netznutzungskonzept ist die zwingende Vorgabe für Netznutzungs-pläne (NNP; vgl. folgende Ziffer). Die angestrebte Kapazitätssicherung ist damit von der ersten verbindlichen Planung bis zum Ausführungsjahr ge-sichert.

1.2.3.2 Der Netznutzungsplan (NNP)

Die Netznutzungspläne (NNP) beinhalten genau wie das Netznutzungskonzept vor allem die Verteilung der geplanten Trassen auf die Verkehrsarten. Während das Netznutzungskonzept bis zum siebten Planungsjahr vor der eigentlichen Verkehrs-durchführung gilt und verbindlich ist, bestehen Netznutzungspläne für die Planungs-jahre eins bis sechs vor dem jeweils aktuellen Fahrplanjahr.

Die Infrastrukturbetreiberinnen erarbeiten für die sechs Jahre vor dem Fahrplanjahr je einen Netznutzungsplan. Der Netznutzungsplan wird grundsätzlich sechs Jahre vor dem Ausführungsjahr erstellt und vom BAV unter Berücksichtigung des Netz-nutzungskonzepts genehmigt und somit verbindlich festgelegt. Er gilt ab Beschluss bis zum Zeitpunkt der Trassenvergabe rund vier Monate vor Fahrplanbeginn. Bei der Trassenvergabe ist die im Netznutzungsplan festgelegte Verteilung der Trassen zwingend einzuhalten. Im Gegensatz zum Netznutzungsplan, der die Verteilung der Trassen im Sinne von allgemeinen Bestimmungen zur Kapazitätsnutzung auf die Verkehrsarten festlegt, werden bei der Trassenvergabe die Trassen den Unterneh-men zugeteilt, die eine Trasse wollen und für den Verkehr verantwortlich sind. Die Prozesse der Trassenvergabe, also der Vergabe der Trassen an die einzelnen EVU, bleiben nach Inkrafttreten der Neuregelung unverändert. Davon ausgenommen ist, dass die im Netznutzungsplan festgelegte Trassenanzahl und -qualität pro Verkehrs-art eingehalten werden müssen.

Die heute geltende Prioritätenordnung gemäss Art. 9a EBG55 gilt nur noch subsidiär zu den Festlegungen des Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne.

Tabelle 3 zeigt beispielhaft die zeitliche Staffelung bei der Ein- und Weiterführung der Netznutzungspläne. Das übliche Verfahren mit Erstellung eines Netznutzungs-plan sechs Jahre vor dem Fahrplanjahr kommt erstmals für das Jahr 2021 zur An-wendung.

55 SR 742.101

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2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022

NNP FPJ 2016

NNP FPJ 2017

NNP FPJ 2018

NNP FPJ 2019

NNP FPJ 2020

NNP FPJ 2021

NNP FPJ 2022

NNP FPJ 2023

Legende

NNP wird erarbeitet und vom Bund genehmigt

NNP ist gültig, allenfalls Änderungsverfahren

Trassenvergabe: 4 Monate vor Beginn des Fahrplanjahres

Tabelle 3: Zeitliche Staffelung der Netznutzungspläne bei deren Einführung

Der Netznutzungsplan ist inhaltlich detaillierter als das Netznutzungskonzept. Wäh-rend das Netznutzungskonzept grundsätzlich mit Systemtrassen und einer Reihe von zweckmässigen ergänzenden Angaben arbeitet, wird mit dem Netznutzungsplan die Planung inhaltlich so verfeinert, dass die Verteilung der Trassen auf die Verkehrsar-ten im Tages- und Wochenverlauf sichtbar wird. Zudem werden die für die Planung eines Verkehrsunternehmens notwendigen zusätzlichen Parameter (z.B. Angaben zum Lichtraumprofil oder Zugslänge) festgelegt.

Zusammenfassend fliessen bei der Erarbeitung des Netznutzungsplans folgende Elemente ein:

- Das für das Planungsjahr gültige Netznutzungskonzept gilt als Vorgabe. Für die Einführungsjahre gilt der offizielle Stand der Planung des BAV für das an-visierte Fahrplanjahr (der erste Ausbauschritt im Rahmen von STEP ist 2025; vorher gilt die Planung BAHN 2000, zuzüglich der realisierten Änderungen z.B. im Rahmen von Erweiterungsinvestitionen aus den Leistungsvereinba-rungen mit den Bahnen. Dazu kommen die mit Erweiterungsinvestitionen ge-planten Änderungen (z.B. Massnahmen gemäss Bundesgesetz über die zu-künftige Entwicklung der Bahninfrastruktur56, Inbetriebnahme Gotthard-Basistunnel und Ceneri-Basistunnel);

- die verschiedenen Stufen der Inbetriebnahme von Streckenerweiterungen;

- die Baustellenplanungen und Streckensperrungen, insofern geplant;

- die zusätzlichen Trassenbegehren (eine Berücksichtigung ist nur möglich, wenn die bestehende Anzahl Trassen pro Verkehrsart nicht beeinträchtigt oder deren Qualität nicht verschlechtert wird).

56 ZEBG, SR 742.140.2

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Das Netznutzungskonzept und die Netznutzungspläne bilden immer alle normalspu-rigen Strecken der Schweiz ab. Nach Erfordernis können auch Netznutzungspläne für Strecken des Meterspurnetzes erstellt werden.

Flexibilität des Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne

Mit dem Netznutzungskonzept und den Netznutzungsplänen werden die im Zusam-menhang mit Streckenerweiterungen geplanten Angebote im Personenverkehr und die Kapazitäten für den Güterverkehr in ihrer ursprünglichen Qualität soweit sinn-voll bis zum Ausführungsjahr gesichert. Nicht verhindern sollen die beiden Instru-mente aber neue, verbesserte Fahrplankonzepte und zweckmässige Einzelmassnah-men. Eine Änderung eines Netznutzungskonzepts oder der Netznutzungspläne bleibt in jeder Phase bis zur Trassenzuteilung möglich. Grundsätzlich gelten folgende Regeln für die Änderung des Netznutzungskonzepts oder eines Netznutzungsplans:

Änderungen, welche die bestehenden Trassen in ihrer Anzahl und Qualität nicht verschlechtern, können ohne formalen Änderungsprozess im Fahrplan der betroffenen Planungsjahre und im Netznutzungskonzept bzw. Netznut-zungsplan aufgenommen werden. Das BAV muss darüber informiert werden. Es überwacht, ob die Fahrplananpassung die bisherige Trassenplanung für ei-ne Verkehrsart verschlechtert.

Das Netznutzungskonzept wird in der Regel zusammen mit STEP alle vier Jahre überprüft und wenn nötig angepasst. Dabei werden für den Güterverkehr vor allem die Prognosen überprüft. Ziel einer solchen Überprüfung wäre die Darstellung der Trassenbedürfnisse (quantitativ und qualitativ) in ihrer geogra-fischen Verteilung. Eine Anpassung kann das BAV nach Anhörung der inte-ressierten Kreise vornehmen. Die Anpassung erfolgt durch einen formalen Be-schluss des Bundesrats.

Änderungsbegehren von Eisenbahninfrastrukturbetreiberinnen, Eisenbahnver-kehrsunternehmen und Kantonen, welche zu einer Einbusse bei der Anzahl oder der Qualität der zugeteilten Trassen einer Verkehrsart führen, können im Einzelfall vom Bundesrat entschieden werden. Dabei werden die Auswirkun-gen der Änderung und die geplante Verkehrsführung einander gegenüberge-stellt.

Änderungen der Netznutzungspläne werden dem BAV zur Genehmigung unterbreitet. Falls eine Änderung der Netznutzungspläne zwingende Rückwir-kungen auf das Netznutzungskonzept hat, wird diese Änderung ohne einen Bundesratsbeschluss über die Änderung des Netznutzungskonzepts nicht defi-nitiv gültig.

Unterhaltsarbeiten und Streckensperrungen im Netznutzungsplan

Seit einigen Jahren werden Strecken, auf denen grössere Unterhaltsarbeiten durchge-führt werden müssen, häufig teilweise oder ganz gesperrt. Für die Infrastruktur-betreiberin ist dies von Vorteil, weil die Arbeiten nicht durch den laufenden Betrieb behindert werden und so in kürzerer Zeit und kostengünstiger durchgeführt werden können. Für die Eisenbahnverkehrsunternehmen aber müssen Alternativen für die Aufrechterhaltung der Angebote gesucht werden, die in der Regel nicht einfach zu finden sind, da die Alternativstrecken - insofern vorhanden - in der Regel bereits gut ausgelastet sind und den Mehrverkehr nicht ohne weiteres aufnehmen können.

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Bisher war es möglich, dass der Güterverkehr bedingt durch die in Art. 9a EBG57 verankerte Prioritätenordnung während der Dauer der Bauarbeiten vollständig verdrängt wurde. Dies wird in den meisten Fällen von allen Betroffenen als nicht zweckmässig beurteilt. In Zukunft wird das BAV die Infrastrukturbetreiberin beauf-tragen, eine konkrete Verteilung der Trassen auf der teilweise gesperrten Strecke oder auf der Strecke, die den umgeleiteten Verkehr aufnehmen wird, vorzuschlagen. Diese Planung wird vom BAV nach Konsultation der betroffenen Kreise genehmigt und gilt als Teil des betroffenen Netznutzungsplans, auch wenn die baustellenbe-dingte Trassenzuteilung nur wenige Wochen oder Monate gilt. Für erhebliche Tras-senreduktionen aufgrund von Baustellen und Streckensperrungen gelten folgende Grundsätze:

Für den nationalen Fernverkehr und den Regionalverkehr bleibt, falls der Netznutzungsplan diese Trassen vorsieht, der Vorrang für je ein stündliches Zugspaar bestehen, sofern pro Tag und Verkehrsart mindestens 1'000 Fahrgäs-te befördert werden. In das nationale Taktsystem eingebundener internationa-ler Fernverkehr gilt dabei als nationales Angebot.

Internationale Güterzüge auf den europäischen Güterverkehrskorridoren ge-niessen ebenfalls Priorität vor den restlichen Zügen.

Abgesehen von den genannten Prioritäten entscheidet das BAV anhand der Gegebenheiten im Einzelfall.

1.2.3.3 Planungsprozess für den Schienengüterverkehr und Konzept für Güterverkehrsanlagen

Mit der Einführung eines institutionalisierten Planungsprozesses für den Güterver-kehr sollen die Grundlagen für die koordinierte Planung von Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur geschaffen werden. Hierbei soll zentral das Instruments des 'Konzepts', wie es mit Art. 13 des Raumplanungsgesetzes (RPG)58 vorgesehen ist, zur Anwendung kommen. Mit dem Instrument des Konzepts erarbeitet der Bund Grundlagen, um seine raumwirksamen Aufgaben erfüllen zu können.

Das Konzept für Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwick-lung der Bahninfrastruktur ist ein Planungsinstrument, welches die bestehenden Planungen der Güterverkehrsanlagen in einem Gesamtbild für den Schienengüter-verkehr zusammenfasst. Die Festlegungen im Konzept sollen in erster Linie die Form von Zielbildern haben.

Wichtige Elemente der Zielbilder des Bundes im Rahmen des Konzepts für Güter-verkehrsanlagen sind:

Geplantes Trassenangebot für den Güterverkehr (Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne) übereinstimmend mit der Dimensionierung der Güterverkehrsanlagen;

Planung der regionalen Produktionsstandorte, insbesondere der Team-bahnhöfe für den Einzelwagenladungsverkehr;

57 SR 742.101 58 SR 700

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Planung der Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs mit Angabe des Aufgabengebiets und der Kapazität des jeweiligen Terminals;

Planung der Rangierbahnhöfe;

Aussagen zur Entwicklung der Anschlussgleise;

Aussagen zur Entwicklung bei den Freiverladeanlagen.

Grundsätzlich soll der Planungsprozess für Güterverkehrsanlagen und die Aktuali-sierung des Konzepts in einer rollenden Planung mit STEP zeitlich und inhaltlich koordiniert werden. Das heisst, dass das BAV gemeinsam mit den Infrastrukturun-ternehmen und unter Einbezug der verschiedenen Branchenakteure auch die Güter-verkehrsanlagen laufend in die Mehrjahresplanung einbezieht.

Die rollende Planung soll dabei einem systematischen und für die planende Instanz verbindlichen Prozess folgen. Wie die STEP-Planung soll auch das Güterverkehrs-konzept alle vier bis acht Jahre aktualisiert werden. Diese Aktualisierung stützt sich analog STEP im Güterverkehr auf Transportmarktstudien für den schweizerischen Schienengüterverkehr. Ziel dieser Studien (bzw. deren laufender Aktualisierung) ist die Darstellung der Trassenbedürfnisse in ihrer geografischen Verteilung sowie des Bedarfs nach spezifischen Güterverkehrsanlagen, ebenfalls differenziert nach geo-grafischen Räumen und der jeweils angestrebten Kapazitäten. Im Sinne der rollen-den Planung wird rückblickend die Entwicklung der letzten Jahre analysiert (inwie-fern Markterwartungen eingetreten sind) und darauf aufbauend der Bedarf für die jeweils folgenden zehn bis zwanzig Jahre abgeleitet. Infrastrukturbetreiberinnen, Eisenbahnverkehrsunternehmen, Verlader, Speditionen, Kantone und weitere inte-ressierte Kreise werden aufgefordert, ihre Erfahrungen und Erwartungen in die Prognosestudie einzubringen. Das BAV aktualisiert anschliessend das Konzept für den Güterverkehr und legt es nach Anhörung der interessierten Kreise für die nächs-ten vier bis acht Jahre, also bis zur nächsten Aktualisierung fest.

Das Konzept für Güterverkehrsanlagen muss nicht für alle Anlagen dieselbe Aussa-getiefe ausweisen. Grosse Anlagen wie Terminals und Rangierbahnhöfe müssen klar positioniert und aufgeführt sowie deren Entwicklungsperspektiven dargelegt wer-den. Für kleinere Anlagen wie Anschlussgleise sollen Anpassungen an bestehenden Anlagen, Ergänzungen bei den Freiverladeanlagen sowie die Entwicklungsrichtung qualitativ aufgeführt sein.

Das Konzept ist hierbei mit einem Zeithorizont für die Realisierung der Anlagen zu verknüpfen, gleichzeitig ist die zeitliche Staffelung der finanziellen Förderung durch den Bund im Rahmen eines Mittelfristplans für die finanzielle Förderung durch den Bund anzugeben (in Form einer Präzisierung der heutigen von UVEK und EFD vereinbarten Mehrjahresprogramme im Bereich Anschlussgleise und Terminalinves-titionen). Bei der Festlegung des Konzepts und den Änderungen muss die Koordina-tion mit den weiteren raumplanerischen Instrumenten von Bund und Kantonen sichergestellt werden. Je nach raumplanerischer Wirkung einer Anlage muss diese gleichzeitig auch im Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene, und in den Richt-plänen der Kantone vermerkt sein.

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1.2.3.4 Finanzielle Förderung von Umschlagsanlagen des Kombinierten Verkehrs und privater Gleisanschlüs-se

Der Bund gewährt den Infrastrukturbetreiberinnen über die Leistungsvereinbarungen wie bisher Investitionsbeiträge an güterverkehrsspezifische Anlagen der allgemei-nen Eisenbahninfrastruktur (Rangierbahnhöfe, Rangieranlagen und Freiverladeanla-gen). Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen erfolgen wie bisher über die Spezialfinanzierungen gemäss MinVG59.

Die finanzielle Förderung von privaten Güterverkehrsanlagen ist nicht neu. Die Förderung soll mit dieser Vorlage den veränderten logistischen Bedürfnissen ange-passt und harmonisiert werden.

Folgende neue Elemente werden vorgeschlagen:

Der Beitrag des Bundes an die Kosten des Baus von Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr und von Anschlussgleisen soll einheitlich maximal 60 Prozent der anrechenbaren Kosten betragen. Heute beläuft sich die Förde-rung für Anschlussgleise auf 40 bis 60% und für Umschlagsanlagen des kom-binierten Verkehrs auf maximal 80%.

Bei grösseren Terminalanlagen von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung kann ein höherer maximaler Bundesanteil von maximal 80 Prozent gesprochen werden. Voraussetzung für einen höheren Bundesanteil ist, dass die Investition von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung ist und für eine Vielzahl von Marktteilnehmern eine wichtige Rolle spielt. Umgekehrt soll für kleine KV-Umschlagsanlagen, die ausschliesslich oder vorwiegend von einem einzigen Logistik- oder Transportunternehmen in Anspruch genommen werden, der Anteil der Förderung auf das heute bei Anschlussgleisen übliche Niveau von 40 bis 60% reduziert werden.

Für Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr und Anschlussgleise kommen bei der der Bewertung und Bestimmung der Höhe der Investitions-beiträge analoge Kriterien zur Anwendung. Das Verfahren des Bundes zur Mitfinanzierung soll für die kleineren Anlagen vereinfacht werden.

Für die Bewertung und Bemessung des Bundesbeitrags können Kategorien mit unterschiedlichen Förderanteilen des Bundes gebildet werden. Diese orientie-ren sich insbesondere am im Rahmen des institutionalisierten Planungsprozes-ses erarbeiteten Konzept für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrs-anlagen (vgl. Kapitel 1.2.3.3). Dabei sollen Kriterien wie Investitionsvolumen, verkehrliche Wirkung, raumplanerische Wirkung, Beitrag an die Verlagerung, Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu anderen Anlagen usw. zur Anwendung kommen.

Die Kantone können sich ebenfalls an Investitionen in Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs oder Anschlussgleise beteiligen.

Neu werden die Mittel für Anschlussgleise und Umschlagsanlagen in der Schweiz ausschliesslich in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen ausgerichtet. Die rückzahlbaren, meist zinslosen Darlehen an Investitionen in Umschlagsan-lagen des kombinierten Verkehrs haben sich nicht bewährt. Der Bund behält

59 SR 725.116.2

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sich zukünftig aber die Möglichkeit vor, auch A-fonds-perdu-Mittel durch Grundpfand oder Bankgarantien sichern zu lassen. Dies soll garantieren, dass die angekündigten Verkehrsmengen auch tatsächlich transportiert werden.

Die Bundesbeiträge werden wenn immer möglich an überprüfbare Bedingun-gen des diskriminierungsfreien Zugangs geknüpft. Kleinere Projekte (insbe-sondere Anschlussgleise) können davon befreit werden, was aber auch eine niedrigere Förderung zur Folge hat. Für grössere Projekte (insbesondere grös-sere KV-Umschlagsanlagen) kann der Bund die Bedingungen des diskriminie-rungsfreien Zugangs mit Auflagen konkretisieren, indem er konkrete Betrei-bermodelle verfügt oder eine Veröffentlichungspflicht für Umschlagspreise festlegt. Die Schiedskommission im Eisenbahnverkehr (SKE) erhält Kompe-tenzen für Streitfälle über den diskriminierungsfreien Zugang.

Die angestrebte Angleichung zwischen Anschlussgleis- und Terminalfinanzie-rung führt letztlich zu einer Zusammenlegung der heute separat bewirtschafte-ten Kredite A4300.014 für Terminalanlagen und A4300.0121 für Anschluss-gleise zu einem gemeinsamen Kredit für Güterverkehrsanlagen. Dieser wird weiterhin auf Basis des MinVG60 finanziert.

Grundsätzlich werden Beiträge nur noch an Neu- oder Erweiterungsinvestitio-nen ausgerichtet. Den Substanzerhalt tragen die Eigentümer der Anlage. Neu werden die Anschlussweichen der Anschlussgleise aus Finanzierungssicht der Eisenbahninfrastruktur zugeschieden und folglich im Rahmen der Leistungs-vereinbarungen mit den Infrastrukturbetreiberinnen finanziert. Im Falle des Rückbaus eines Anschlussgleises soll der Anschliesser jedoch an den Kosten der Anpassung der Infrastruktur beteiligt werden können.

Beiträge an Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr, welche im Ausland erstellt werden und lediglich unterstützt werden, wenn sie der Verla-gerung des alpenquerenden Schwerverkehrs dienen, können weiterhin auch in Form von rückzahlbaren Darlehen gewährt werden.

1.2.3.5 Förderung technischer Neuerungen

Der Bund schafft eine gesetzliche Grundlage für Beiträge an Investitionen in techni-sche Neuerungen (Innovationen) im Schienengüterverkehr. Die Unterstützung von geeigneten Innovationen soll vorderhand punktuell erfolgen. Schwergewichtig konzentrieren sich diese Beiträge auf die Entwicklung von Basistechnologien im güterspezifischen Eisenbahnsystem. Der Bund soll zudem dort Innovationen för-dern, wo eine grosse Wirkung zur effizienteren, ressourcenschonenderen Produktion erwartet wird. Im Weiteren ist es sinnvoll, die europäische Zusammenarbeit im Bereich von Innovationen zu suchen und aktiv zu fördern.

1.2.3.6 Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs

Der Bund hält am Instrument der LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs als Element der Gesamtkonzeption fest. Die LSVA-Rückerstattung, welche an Strassentransportunternehmen geleistet wird, vermindert

60 SR 725.116.2

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die LSVA-Abgabebelastung im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs, in dem pro Umschlag abhängig von der Grösse des Behälters (Container, Wechselbe-hälter, Sattelauflieger) ein bestimmter Maximalbetrag von der bezahlten LSVA zurückerstattet wird. Für die konkrete Ausgestaltung des Instruments der Rückerstat-tung sieht der Bund Optimierungen (v.a. bei Definition der Grössenkategorien und der damit verbundenen Differenzierung der Rückerstattungsbeträge) vor, die mit einer Anpassung der Ausführungsbestimmungen vorgenommen werden.

1.2.3.7 Betriebsbeiträge an Güterverkehrsangebote

Beteiligung des Bundes an Bestellungen der Kantone

Der Bund kann sich an der Bestellung von Leistungen im Schienengüterverkehr, die durch die Kantone erfolgen, beteiligen. Dabei orientiert sich der Beitrag am erwarte-ten Defizit, welches beispielsweise durch das Offenhalten eines Bedienpunktes oder durch die Produktion eines Angebots entstehen würde. Der Beitrag wird vorgängig zur Leistungserbringung ausgehandelt.

Die Kantone tragen in der Regel mindestens 50 % der mit der gemeinsamen Bestel-lung vereinbarten Beiträge. Bei der Abwicklung der Bestellung hat der Kanton die Federführung.

Voraussetzung für die Beteiligung des Bundes ist eine abgestimmte Güterverkehrs-strategie des Kantons oder ein Güterverkehrskonzept im Rahmen der Richtplanung. Diese Strategie muss mit dem Konzept des Bundes für Güterverkehrsanlagen (vgl. Ziffer 1.2.3.3) abgestimmt sein. Der Bund beteiligt sich höchstens im Rahmen der budgetierten Mittel an den Bestellungen. Die allfällige Höhe des Bundesbeitrags wird den Kantonen mitgeteilt, nachdem die Kantone das geplante Bestellvolumen festgelegt haben. Die Kantone können zusätzliche Bestellungen in eigener Verant-wortung ohne finanzielle Beteiligung des Bundes vornehmen.

Mit diesen gezielten Bestellungen können die Kantone gemeinsam mit dem Bund die eigenwirtschaftlichen Angebote der Unternehmen ergänzen und ein politisch erwünschtes und auf die aktuelle Marktlage und die regionalen Gegebenheiten zugeschnittenes Angebot sicherstellen. Im Vordergrund des Engagements des Bun-des steht der Ausgleich der naturräumlich bedingten Kostenunterschiede für die Erbringung von Güterverkehrsleistungen in den schweizerischen Bergregionen sowie die Erschliessung von Industriezonen mit Schienengüterverkehr, die einen Entwicklungsschwerpunkt eines Kantons darstellen.

Zeitlich befristete Betriebsbeiträge für neue Angebote im Schienengüterver-

kehr in der Fläche

Der Bund richtet zeitlich befristet Beiträge an im Aufbau begriffene Angebote im Schienengüterverkehre in der Fläche aus. Diese Transporte sind entweder neu oder werden bis anhin im Strassengüterverkehr abgewickelt und erschliessen somit neue Marktsegmente für den Schienengüterverkehr. Nicht förderberechtigt sind Verkehre, die nur eine neue logistische Lösung für bestehende Schienengüterverkehrsangebote darstellen. Eine Überführung von EWLV-Angeboten in den KV ist entsprechend von der Förderung ausgeschlossen. Der Fokus dieser befristeten Anschubfinanzie-rungen liegt bei Angeboten im Binnenverkehr.

Der Bundesbeitrag an ein neues Schienenangebot wird vorgängig festgelegt. Er orientiert sich am erwarteten Defizit im Beitragsjahr. Um Angebotsverzerrungen zu

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vermeiden, wird der Bund einen einheitlichen Maximalbetrag für alle Angebote festlegen.

Eine Verlängerung der maximalen Frist von drei Jahren ist nicht möglich. Im erfolg-reichen Fall kann das Angebot nach drei Aufbaujahren seine Kosten durch Erträge decken. Im negativen Fall wird das Angebot angepasst oder eingestellt.

Finanzielle Entlastung des Bundes durch Abbau der Betriebsbeiträge

Die bisherigen Betriebsbeiträge an den EWLV und den Binnen-KV fallen - nach einer Übergangsfrist, in welcher die Beiträge schrittweise abgebaut werden - bis drei Jahre nach Inkrafttreten des revidierten GüTG definitiv weg.

Für 2013 sind Betriebsbeiträge von rund 30 Mio. Franken für den EWLV und KV auf Normalspur und weitere 6 Mio. Franken für den Güterverkehr auf Meterspur budgetiert. Mit den neuen Instrumenten werden diese Betriebsbeiträge schrittweise von insgesamt 36 Mio. um 24 Mio. Franken reduziert. Von den verbleibenden 12 Mio. Franken werden voraussichtlich weiterhin 6 Mio. Franken für den Güterver-kehr auf Meterspurbahnen - insbesondere in den Gebirgsregionen - reserviert sein. Es ist davon auszugehen, dass diese Angebote durch die betroffenen Kantone weiter bestellt werden, wenn der Bund sich an der Bestellung mit beteiligt. Zusätzliche 6 Mio. Franken pro Jahr sind für weitere Bestellungen mit den Kantonen und An-schubfinanzierungen vorgesehen.

Die Abgeltungen für maritime Import-/Exportverkehre werden bereits auf Ende 2015 abgeschafft. Die langläufigen Verkehre im kombinierten Verkehr ab den Nordseehäfen müssen bis dahin ohne Abgeltungen auskommen.

Der schrittweise Abbau der aktuellen, umfangreichen Betriebsbeiträge leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der im Rahmen des Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspakets 2014 (KAP 2014) geforderten Sparvorgaben im Be-reich des Schienengüterverkehrs in der Fläche61.

1.2.3.8 Weiterentwicklung der SBB Cargo als wichtigster Anbieter im Schienengüterverkehr der Schweiz

Gemäss Art. 3 des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG)62 zählen Dienstleistungen im Güterverkehr zu den Kernaufgaben der SBB. Gleichzeitig werden heute im Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit den SBB auch strategische Ausrichtungen im Bereich des Güterverkehrs vereinbart. Mit dieser Vorlage werden diesbezüglich die folgenden Anpassungen vorgeschlagen:

1. Anstelle der heute im SBBG definierten Kernaufgabe Güterverkehr soll eine Kann-Vorschrift für das Angebot von Güterverkehrsleistungen definiert wer-den.

2. Der Bund gewährleistet mit einer im SBBG verankerten Bestimmung, dass der Entscheid über die Aufgabe des Systems Einzelwagenladungsverkehr oder wesentlicher Teile dieses Angebots der Generalversammlung (also dem Bun-

61 Vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über das Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungs-paket 2014 (KAPG 2014) vom 19. Dezember 2012

62 SR 742.31

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desrat) vorgelegt werden muss. Dies soll sicherstellen, dass ein solcher Schritt nur innert einer angemessenen Frist erfolgen kann. 63.

1.2.3.9 Vereinfachung der Bestimmung zu Bau, Betrieb und Aufsicht von Anschlussgleisen und Umschlagsanla-gen

Die im bestehenden Anschlussgleisgesetz vom 5. Oktober 199064 in Bezug auf Bau und Betrieb von Güterverkehrsanlagen sowie zur Aufsicht enthaltenen Bestimmunen bedürfen einer Vereinfachung. Die umfangreichen Begriffsbestimmungen gemäss Artikel 2 Anschlussgleisgesetz sind nicht mehr erforderlich, wo noch nötig, werden die Fachausdrücke neu in den entsprechenden Gesetzesbestimmungen umschrieben. Der Grundgedanke, Güterverkehrsanlagen auch raumplanerisch zu planen und zu sichern, wird beibehalten, aber nicht mehr als zwingendes Erfordernis definiert, zumal sich in der Praxis die Idee des Gesetzes von 1990 nicht durchgesetzt hat, neue Anschlussgleise vor allem mittels Nutzungsplänen zu genehmigen. Im Zentrum stand und steht vielmehr die Baubewilligung nach kantonalem Recht. Entsprechend dieser Erkenntnis wird das Gesetz nun aufgehoben. Die neue Regelung ist einfacher und übersichtlicher. Sie umfasst noch vier Bestimmungen (Erschliessung, Baubewil-ligung, Enteignung, sowie ein Verweis auf das Eisenbahngesetz bezüglich der Sicherheitsbestimmungen).

1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1 Grundsätze und Ziele

Die Grundsätze und Ziele bilden die Grundpfeiler der Gesamtkonzeption zur Förde-rung des Schienengüterverkehrs in der Fläche. Mit den vorgeschlagenen Instrumen-ten sollen in erster Linie die gesetzlich festgelegten Grundsätze umgesetzt und die Ziele erreicht werden können. Weiter geben die Ziele und Grundsätze den Rahmen für das Instrumentarium zur Förderung des Schienengüterverkehrs und dessen Ausprägung vor. Sie tragen dem Spannungsfeld zwischen den grundsätzlichen Mechanismen des Marktes und den staatlichen Zielen Rechnung. Aus ihnen leiten sich klare Aufgabenstellungen für den Bund ab.

Begründung Ziel 1

Der Bund konzentriert sich mit Blick auf den Schienengüterverkehrsmarkt in erster Linie auf die Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen für den Güterverkehr. Dabei stehen die nachhaltige Entwicklung des Gütertransports, die Güterversorgung des Landes und das effiziente Zusammenwirken der Verkehrsträger im Vordergrund. Die Verkehrsträger sollen sich in ihrem Zusammenspiel sinnvoll ergänzen, sich gegenseitigen unterstützen und die knappen Infrastukturkapazitäten auf Strasse und Schiene gegenseitig entlasten.

Es ist nicht vorgesehen, über die Formulierung der Ziele den heute bestehenden finanziellen Rahmen zur Förderung des Schienengüterverkehrs zu erweitern. Viel-mehr sollen die Fördertatbestände fokussiert und konzeptionell abgestimmt werden.

63 Vgl. Art. 10 Abs. 2 SBBG, SR 742.31 64 SR 742.141.5

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Der Bund fördert heute den Schienengüterverkehr in der Fläche - je nach Bezugsjahr - mit 70 bis 110 Mio. Franken pro Jahr. Dabei ist die Finanzierung von Rangier- und Freiverladeanlagen über die Leistungsvereinbarung mit der SBB AG nicht mitge-rechnet. Die im Rahmen der Gesamtkonzeption beschlossenen Förderinstrumente sollen in ihrer Ausgestaltung und Bemessung (Schwerpunkte innerhalb der Instru-mente) neu an den vorgeschlagenen Grundsätzen ausgerichtet und dementsprechend zielgerichtet eingesetzt werden. Eine solche konzeptionelle und in sich grundsätzlich geschlossene Ausrichtung gab es in der Vergangenheit nicht.

Begründung Ziel 2

Der Staat unterstützt die Verfügbarkeit allgemeiner Verkehrsinfrastrukturen, die ein funktions- und leistungsfähiges Güterverkehrsangebot benötigt. Der Bundesrat betrachtet es als einen Aspekt der Sicherstellung der Güterversorgung, die Finanzie-rung der notwendigen Infrastrukturen langfristig zu sichern. Das gilt für das Schie-nen- wie für das Strassennetz. Für den Schienenverkehr geschieht dies im Rahmen der vorhandenen Steuerungs- und Finanzierungsinstrumente des Eisenbahngesetzes und zukunftsorientiert mit der STEP-Planung. Die Planung der Kapazitäten für den Personen- und den Güterverkehr erfolgt innerhalb STEP gleichberechtigt.

Wo die erforderlichen Bündelungsmöglichkeiten zur Auslastung der Angebote sowie eine geeignete Struktur für den Gütertransport auf der Schiene oder in Kom-bination Schiene/Strasse und Schiff/Schiene vorhanden sind, unterstützt der Bund die Güterverkehrsanlagen wie bisher finanziell. Damit können optimale infrastruktu-relle Voraussetzungen für die Entwicklung des Gütertransports auf der Schiene geschaffen werden.

Der Staat muss nicht nur geeignete Infrastrukturen schaffen, sondern auch die ge-planten Kapazitäten sicherstellen. Weil Güter- und Personenverkehr das Schienen-netz der Schweiz grundsätzlich gemeinsam nutzen, kann diese Aufgabe nicht nur den Infrastrukturbetreiberinnen überlassen werden. Denn die Interessenabwägung zwischen Güter- und Personenverkehr ist angesichts knapper Infrastrukturkapazitä-ten vermehrt eine politische Aufgabe. Die Umsetzung eines institutionalisierten Planungsprozesses für den Güterverkehr und die Kapazitätssicherung für die ver-schiedenen Verkehrsarten wird deswegen mit dieser Vorlage neu zu einer Aufgabe des Bundes.

Begründung Ziel 3

Die Schieneninfrastrukturen für den Güterverkehr und die Güterverkehrsanlagen können nur ihren vollen Nutzen entfalten, wenn sie allen Interessenten auch für eine Nutzung zu gleichen Bedingungen zugänglich sind. Schon heute überwacht die SKE den diskriminierungsfreien Zugang auf die Eisenbahninfrastruktur. Dazu gehören auch Rangieranlagen, Teambahnhöfe und Freiverladeanlagen. Nicht zur öffentlichen Eisenbahninfrastruktur gehören Terminals und Anschlussgleise. Bisher verlangte der Bund den diskriminierungsfreien Zugang bei diesen Anlagen im Rahmen der Mitfi-nanzierungszusagen. Eine Überwachung der Einhaltung konnte nur ungenügend sichergestellt werden. In Zukunft soll die SKE auch hier tätig werden.

Begründung Ziel 4

Güterverkehrsdienstleistungen sollen auch im Schienengüterverkehr grundsätzlich eigenwirtschaftlich erbracht werden. Eine vorübergehende oder dauerhafte Abwei-chung vom Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit kann nur ausnahmsweise toleriert werden. Möglich sein soll das dort, wo die Kantone oder Regionen aus gewichtigen

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Gründen nicht kostendeckende Angebote im Schienengüterverkehr sicherstellen wollen wie z.B. aus Gründen der ganzjährigen Versorgungssicherheit in Bergregio-nen oder an industriellen Entwicklungsschwerpunkten. In diesen Fällen soll sich der Bund an diesen Angeboten beteiligen und die Kantone bei der Sicherstellung von Schienengüterverkehrsdienstleistungen unterstützen können.

Eine befristete Bundesunterstützung einzelner neuer Angebote während ihrer Ein-führungsphase soll ebenso möglich bleiben. Das gilt auch für die finanzielle Unter-stützung von Investitionen in sinnvolle Innovationen, wenn dadurch nachhaltige und selbsttragende Verkehrsangebote auf der Schiene geschaffen werden können.

Die verworfenen Ziele wurden schon unter Ziffer 1.2.2.2 als wichtiges Element bei der Festlegung der Grundsätze und Ziele dargelegt.

1.3.2 Die Auswahl der Instrumente zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche

Den Schwerpunkt der Instrumente der Gesamtkonzeption zur Förderung des Schie-nengüterverkehrs in der Fläche bilden die Rahmenbedingungen für den Güterver-kehr:

Der Bund bestätigt mit dieser Vorlage die geltenden Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr.

Der Bund sorgt mit den neuen Instrumenten Netznutzungskonzept und Netz-nutzungsplan für die Kapazitätssicherung des Güter- und Personenverkehrs auf der knappen Schieneninfrastruktur.

Der Bund sorgt für eine abgestimmte Planung der Güterverkehrsanlagen.

Der Bund sorgt für den diskriminierungsfreien Zugang zu den Anlagen.

Folgende Massnahmen sollen darüber hinaus die Entwicklung des Angebots im Schienengüterverkehr in der Fläche unterstützen:

Der Bund unterstützt den Bau und die Erweiterung der Anlagen des Güterver-kehrs mit Beiträgen zwischen 40 % und 60 % an den Gesamtkosten. Bei Um-schlagsanlagen von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung kann die Förde-rung auf bis zu 80% erhöht werden. Bei Güterverkehrsanlagen, die zur öffentlichen Bahninfrastruktur zählen, beträgt der Anteil des Bundes weiterhin 100 %.

Die Eisenbahninfrastruktur und die der Eisenbahninfrastruktur zugeordneten Anlagen wie Rangieranlagen können durch den Güterverkehr zu Grenzkosten benützt werden.

Die Rückerstattungen der LSVA im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs werden beibehalten.

Der Bund kann punktuell Innovationen fördern, wenn diese nachhaltig zu einer effizienteren und ressourcenschonenderen Produktion beitragen.

All diese Instrumente sind Voraussetzung für erfolgreiche Angebote im schweizeri-schen Güterverkehr auf der Schiene. Sie sind die Grundlage für wettbewerbsfähige Preise und sorgen mit der Sicherstellung des diskriminierungsfreien Zugangs für den notwendigen Wettbewerb zwischen den Anbietern, wo ein solcher möglich ist. Die meisten Anlagen des Schienengüterverkehrs würden aufgrund der Marktkräfte nicht

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realisiert, da das Risiko für diese umfangreichen Investitionen für eine reine Privat-finanzierung oftmals zu gross ist. Über die Volumen im Güterverkehr wird kurzfris-tig disponiert, während diese Anlagen über 10 bis 50 Jahre abgeschrieben werden müssen. Jedes einzelne dieser Förderinstrumente ist notwendig, damit weiterhin ein sinnvolles Angebot im Schienengüterverkehr erbracht werden kann, eine Verlage-rung des Schienengüterverkehrs auf die Strasse verhindert wird und das für die Zukunft erwartete Wachstum des Gütertransports nicht ausschliesslich auf der Strasse stattfindet. Der Schienengüterverkehr soll weiterhin zur Entlastung der Umwelt und der Strasseninfrastrukturen in der Schweiz beitragen. Dies geschieht in einem Ausmass, das im internationalen Vergleich erheblich ist.

Zwei zusätzliche Instrumente sollen subsidiär dafür sorgen, dass der Bund und die Kantone gewisse Korrekturen bei den eigenwirtschaftlichen Angeboten der Unter-nehmungen vornehmen können. Dies wird nötig, wenn die politisch erwünschte Versorgung in den Regionen und die Nachhaltigkeit beim Gütertransport nicht erreicht werden.

Beteiligung des Bundes an Bestellungen von Güterverkehrsangeboten durch Kantone.

Befristete Betriebsbeiträge für den Aufbau von neuen und neue Marktsegmen-te erschliessenden Schienengüterverkehrsangeboten.

Die Umformulierung der heutigen Kernaufgabe Güterverkehr der SBB zu einer Kann-Vorschrift für das Angebot von Güterverkehrsleistungen ist flankierend zu verstehen, indem die eigenwirtschaftliche Ausrichtung der SBB im Güterverkehrs-geschäft gestützt wird. Darüber hinaus sollen das Bewilligungsverfahren für den Bau und Betrieb von Anschlussgleisen und Umschlagsanlagen vereinfacht und die Zu-ständigkeiten von Bund, Kantonen und Gemeinden klarer definiert werden.

1.3.3 Verworfene Instrumente

Die Auswahl des Instrumentariums zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche hängt von den definierten Zielsetzungen ab. Die Verfolgung eines konkreten Verlagerungsziels oder die Festlegung eines Grundangebots im Schienengüterver-kehr hätten ein Instrumentarium zur Folge, das weit umfassender und tiefer in die Marktverhältnisse sowie die Arbeitsteilung zwischen Strasse und Schiene eingreift.

Mit der Definition - also faktisch der Bestellung - einer Grundversorgung im Schie-nengüterverkehr (insbesondere im EWLV) müssten auch die Rechte und Pflichten der Anbieter festgelegt werden. Letztlich müsste der Bund auch die Rollen und Aufgaben der einzelnen Unternehmen über die Bestellung bestimmen. Dies hätte eine Schliessung des Marktes zur Folge: Der Bund müsste im Rahmen eines Verga-beverfahrens festlegen, bei wem die Leistung bestellt würde. Die Unternehmen des Schienengüterverkehrs hätten dem Bund Offerten vorzulegen, wie sie das angestreb-te Grundangebot erbringen wollten. Eine so definierte Systemführerschaft würde einen Schutz des EWLV-Marktes vor Marktzutritt mit sich bringen.

Der Bund hätte die ungedeckten Kosten des von ihm bestellten Angebots abzugel-ten. Sofern eine solche Bestellung über das heute erbrachte Angebot hinausginge, würde dies auch den heutigen finanziellen Rahmen sprengen, der als Obergrenze einer zukünftigen Förderung zu betrachten ist. Daher ist diese Variante auch unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der Budgetneutralität keine Option.

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Deswegen ist die Idee eines Angebots, das der Bund definiert, bestellt und bezahlt, aus ordnungs- und finanzpolitischen Gründen verworfen worden.

1.3.4 Begründungen zu den neuen Instrumenten

1.3.4.1 Das langfristige Netznutzungskonzept und der Netz-nutzungsplan

Die zeitliche und örtliche Verfügbarkeit der für einen attraktiven und qualitativ hochwertigen Schienengüterverkehr erforderlichen Infrastruktur ist ein Kernanliegen der Vorlage. Im Rahmen der FABI-Vorlage65 und der damit verbundenen STEP-Planung sind schon wichtige Schritte für die entsprechende Planung in die Wege geleitet worden. Bei der Sicherung der geplanten Kapazitäten für den Personen- und Güterverkehr bestehen aber noch Lücken. In den nächsten Jahren, in denen sich das STEP noch nicht auf die Fahrplanjahre auswirkt, gibt es bei den Kapazitäten für den Güterverkehr noch Defizite und Engpässe. Das Problem besteht nicht nur in der Anzahl der zur Verfügung stehenden Trassen, sondern auch in deren Qualität und zeitlicher Lage. In allen Gesprächen, die mit Vertretern der Branche geführt wurden, war es eines der dringendsten Anliegen, dass die Verfügbarkeit der Infrastruktur sichergestellt und verbessert wird. Die folgenden Faktoren wirken unmittelbar auf die Verfügbarkeit von Trassen für den Güterverkehr ein:

1. Auf vielen Strecken bestehen Engpässe. Während der Spitzenzeiten sind die Strecken durch Züge des Personen- und Güterverkehrs vollständig ausgelastet.

2. Der vertaktete Personenverkehr hat beim Netzzugang Vorrang vor dem Güter-verkehr (Art. 9a des EBG66). Dazu ist anzumerken, dass das EBG dem Bun-desrat das Recht gibt, unter Berücksichtigung volkswirtschaftlicher und raum-planerischer Anliegen Ausnahmen von der Prioritätenordnung zu gewähren.

3. Die für den Güterverkehr erforderlichen Trassen, welche im Zusammenhang mit Infrastrukturprojekten ursprünglich geplant waren, werden später durch Projekte des Personenverkehrs oftmals verdrängt oder in die Randzeiten ver-schoben.

4. Güterzüge fahren langsamer als Reisezüge des Fernverkehrs; die maximale Geschwindigkeit auf einzelnen Streckenabschnitten wird von Güterzügen oft nicht erreicht. Bei gleicher Geschwindigkeit beider Verkehre stünden ungleich mehr Trassen zur Verfügung als heute.

Für eine kostengünstige Produktion müssen die Umläufe der Fahrzeuge und der Einsatz des Fahrpersonals optimiert werden. Wenn Trassen für den Güterverkehr nur konzentriert auf wenige Stunden in der Nacht und die wenigen Stunden ausserhalb der Hauptverkehrszeit verfügbar sind, können keine vernünftigen Umläufe bei für Güterverkehrsangebote erforderlichen Fahrzeugen und Personal erreicht werden. Die Produktion wird dadurch erheblich teurer.

Mit der Vorlage FABI67 entscheidet das Parlament unter anderem über den Ausbau der Schieneninfrastruktur und die dafür notwendigen Mittel. In den geplanten Aus-bauschritten wird auch der Güterverkehr berücksichtigt. Auf allen wichtigen Stre-

65 BBl 2012 1577 66 SR 742.101 67 BBl 2012 1577

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cken sind für den Güterverkehr stündliche Trassen geplant. Diese Planung in Form von Netz- oder Systemfahrplänen sieht stündliche Trassen vor, die dem Güterver-kehr eine effiziente Produktion ermöglichen. Sie basiert auf den aktuellsten Ver-kehrsprognosen und anderen verfügbaren Informationen, welche dem BAV zur Verfügung stehen. Diese Netz- bzw. Systemfahrpläne sind heute unverbindlich. Ziel dieser Vorlage ist es, die Planung der Trassen und damit die Verteilung auf die Verkehrsarten mit den Instrumenten des langfristigen Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne verbindlich festzulegen. Dies sichert die notwendige Anzahl und Qualität der Trassen für den Güterverkehr und den Personenverkehr über die ver-schiedenen Planungsperioden bis hin zur Verkehrsdurchführung in der jeweils aktuellen Fahrplanperiode.

1.3.4.2 Planungsprozess für den Schienengüterverkehr und Konzept für Güterverkehrsanlagen

Ein wichtiges Anliegen der Vertreter der Güterverkehrsbranche ist es, dass die Güterverkehrsanlagen und die Infrastrukturkapazitäten gemeinsam mit ihnen geplant und gesamtschweizerisch koordiniert werden. So sollen die knappen Bundesmittel effizient eingesetzt werden und es soll vermieden werden, dass sich neue Güterver-kehrsanlagen gegenseitig Konkurrenz machen.

Heute planen die im Güterverkehr tätigen Unternehmen und die Verlader ihre Gü-terverkehrsanlagen in der Regel autonom und das BAV bearbeitet als zuständige Behörde die entsprechenden Gesuche um Bundesbeiträge einzeln. Dabei bleibt zum Beispiel offen, ob die für die Realisierung der Verkehrsmengen erforderlichen Trassen überhaupt vorhanden sind und ob nicht unterschiedliche Projekte auf die gleichen Verkehre abzielen und so beim BAV zu viele oder falsch dimensionierte Gesuche eingereicht werden. Eine unternehmensübergreifende Planung dieser Anlagen könnte entscheidende Verbesserungen bringen. Die verfügbaren Mittel würden so auf für alle Beteiligten zweckmässige Infrastrukturen konzentriert. Jede Investition soll analogen Kosten- und Nutzenkriterien unterworfen sein. Wichtig bei der Festlegung der geeignetsten Projekte ist zudem die Gesamtsicht der Güterver-kehrsentwicklung über die kommenden Jahre.

Ergebnis dieses institutionalisierten Prozesses ist die Erstellung und Aktualisierung eines Konzepts, wie es in Art. 13 RPG68 vorgesehen ist. Mit ihm kann die Entwick-lung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Schie-neninfrastrukturentwicklung gesteuert werden. Wesentliches Element des Konzepts sind Zielbilder für das angestrebte Trassenangebot im Güterverkehr, für Rangier- und andere spezifische Güterverkehrsanlagen und für KV-Umschlagsanlagen. Diese Zielbilder würden den grundsätzlichen Bedarf und fallweise auch die geografische Ansiedlung bzw. Verteilung - selbstverständlich aufbauend auf den bisherigen Anlagen - und deren Entwicklungspotentiale aufzeigen. Mit diesen Zielbildern kann die Vergabe von Bundesbeiträgen auf die vom Bund gesetzten Ziele ausgerichtet und anhand einer koordinierten Planung geprüft werden.

Zugleich wird mit einem institutionalisierten Planungsprozess und dessen Veranke-rung in einem Konzept die Möglichkeit geschaffen, dass die Anliegen des Schienen-güterverkehrs in der Raumplanung berücksichtigt werden können. Denn Elemente

68 SR 700

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des Konzepts fliessen in den Sachplan Verkehr und in die Richtplanungen der Kan-tone ein. Dies ermöglicht zuvorderst die Vorhaltung von Flächen für grössere und für das schweizweite oder regionale Angebot im Schienengüterverkehr bedeutende Anlagen. Daneben wird auch eine vereinheitlichte Praxis bei der gemäss heutigem Anschlussgleisgesetz69 und mit dieser Vorlage revidierten GüTG vorgesehenen und durch Einsatz von Massnahmen der Raumplanung angestrebten Erschliessung von Industrie- und Gewerbezonen mit Anschlussgleisen ermöglicht.

1.3.4.3 Finanzielle Förderung von Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs und privater Gleisanschlüsse

Der Bund zahlt bereits heute Beiträge an die Errichtung und Erweiterung von Um-schlagsanlagen des kombinierten Verkehrs und von Anschlussgleisen. Neu ist, dass die Bedingungen und Kriterien für die Vergabe angeglichen und die Kredite zu-sammengefasst und gemeinsam bewirtschaftet werden sollen70. Die Möglichkeit, auch Umschlagsanlagen im Ausland zur Unterstützung der Verlagerung des alpen-querenden Verkehrs finanziell zu fördern, bleibt von dieser Zusammenführung des Fördertatbestands unberührt.

Die Vorteile dieser Harmonisierung sind vielfältig:

Für die Förderung von Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen gelten diesel-ben übergeordneten Ziele. Damit die Gewährung von Investitionsbeiträgen besser auf die Ziele ausgerichtet werden kann, müssen die Bedingungen und Kriterien für die Vergabe angeglichen werden.

Jede Umschlagsanlage verfügt über ein oder mehrere Anschlussgleise. Eine Ungleichbehandlung innerhalb eines Gesuchs führt zu aufwändigen Abgren-zungsproblemen.

Die administrativen Abläufe werden einfacher, und die Prüfung von Gesuchen wird nachvollziehbarer.

Die Gleichbehandlung (nicht Gleichsetzung) der Gesuchsteller ist besser si-chergestellt. Das heisst nicht, dass Anschlussgleise und Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs grundsätzlich mit dem gleichen Bundesanteil an die Investitionen rechnen dürfen. Die verkehrliche Bedeutung, das Risiko der Fi-nanzierung, die Grösse der Anlage sowie Offenheit und Zugangsmöglichkei-ten für Dritte werden bei der Bemessung des Bundesanteils eine Rolle spielen. Dies hat auch die Festlegung zur Folge, dass Bundesbeiträge für Umschlags-anlagen von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung maximal 80 % - anstelle der sonst vorgesehenen 60 % - betragen können. Grosse Umschlagsanlagen sind sehr kapitalintensiv, so dass die Gefahr besteht, dass sie ohne einen höhe-ren Bundesbeitrag nicht realisiert würden.

Die Bewirtschaftung der Bundesmittel in einem Kreditposten bringt Vorteile für Umschlagsanlagen und Anschlussgleise. Programmverschiebungen, be-gründete Mehr- oder Minderkosten einer Anlage und Verzögerungen beim Baufortschritt können innerhalb eines grösseren Budgetpostens besser ausge-glichen werden.

69 SR 742.141.5 70 Betroffen sind die heutigen Voranschlagskredite A4300.0121 für Anschlussgleise und

A4300.0141 für Terminalanlagen.

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Beiträge an Terminals und Anschlussgleise werden zukünftig nur noch in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen gewährt. Die Vergabe von Darlehen hat sich nicht be-währt. Die Betreiber von Terminals sind aufgrund der Marktentwicklung selten in der Lage, gewährte Darlehen zurückzuzahlen. Das führt auch dazu, dass der Auf-wand für die Bewirtschaftung dieser Darlehen hoch ist. In Fällen, wo die Rückzah-lungsraten und die Verzinsung der Darlehen über die Benützungspreise der Um-schlagsanlage finanziert werden, geht dies zu Lasten der Anbieter im kombinierten Verkehr. Diese Belastung ist aufgrund der heutigen Wettbewerbsverhältnisse nicht wünschenswert.

Mit der Harmonisierung der Kriterien und Bedingungen für die Vergabe von Investi-tionshilfen für Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs und Anschlussgleise fallen die bisherigen Bundesbeiträge an die Erneuerung bzw. Sanierung bestehender Anschlussgleise weg. Im Gegenzug wird die Anschlussweiche neu finanziell der Eisenbahninfrastruktur zugeschieden. Bei Erneuerungsbedarf stellen Anschlusswei-chen innerhalb der Anschlussgleisanlage weitaus die grösste Investition dar. Diese Anschlussweichen werden in Zukunft über die Leistungsvereinbarungen mit den Infrastrukturbetreiberinnen finanziert (mit einem durchschnittlichen Total von ca. 5 Mio. Franken jährlich). Damit dürfte die Umstellung für die Anschlussgleisbesitzer verkraftbar sein. Andererseits trägt sie viel zur Vereinfachung und Transparenz der Förderinstrumente und zur Aufgabenteilung zwischen Infrastrukturbetreiberin und Anschlussgleisbesitzer bei. Beim Rückbau von Anschlussgleisen sollen Anschliesser aber finanziell beteiligt werden können, da es in erster Linie ein Beschluss des Anschlussgleisbesitzers ist, ein Anschlussgleis definitiv zu entfernen.

1.3.4.4 Innovationen

Förderinstrumente für Innovationen, also Investitionen in technische Neuerungen, werden zwar von Seiten der Branche erwünscht und auch als notwendig erachtet. Sie sind aber in der Ausgestaltung und Umsetzung schwierig. Eine staatliche Einfluss-nahme auf konkrete Innovationen kann zu unerwünschten Verzerrungen führen (z.B. nicht marktgerechte Systementscheide). Das Risiko für Fehlinvestitionen ist entspre-chend hoch.

Die zusätzliche Problematik bei der Förderung neuer Technologien besteht in der Tatsache, dass sie ihre Wirkung erst entfalten, wenn eine schweiz- oder gar europa-weite Umrüstung der Systeme erfolgt ist. Ein Beispiel hierfür ist die automatische Mittelpufferkupplung. Aufgrund der sich immer verändernden Wagenzusammen-stellungen der Züge müssten alle Wagen in einem kommunizierenden Gütertrans-portsystem mit dieser technischen Neuerung ausgerüstet sein. Nur dann könnten die Betreiber vom automatischen Kuppeln profitieren und Ressourcen für das Rangieren eingespart werden. Eine Umrüstung aller Wagen könnte aber Jahrzehnte dauern. Damit fallen Investition und Wirkung zeitlich weit auseinander.

Nicht abgestimmte Alleingänge durch die Schweiz bei technischen Innovationen für Bahnfahrzeuge im Güterverkehr wären zudem wenig sinnvoll und brächten im seltensten Fall einen hohen Nutzen. Denn ein Grossteil des Rollmaterials muss auch grenzüberschreitend eingesetzt werden, oder die Standards müssen international geregelt werden. Der (test- oder pilotweise) Einsatz solcher technischer Neuerungen, insbesondere in geschlossenen Systemen, soll aber möglich und auch in einem sinnvollen Ausmass gefördert werden.

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Vor dem Hintergrund dieser Problematik der staatlichen Innovationsförderung ist der punktuelle Einsatz dieses Förderinstruments mittelfristig die vorerst sinnvollste Lösung. Einfach gesagt: Der Bund „wartet“ auf eine lohnende Innovation, bei der die vorgängig beschriebenen Probleme nicht oder nur unwesentlich zu Tragen kommen. Sollten sich auf europäischer Ebene neue effizientere oder kostenreduzie-rende Standards durchsetzen, die eine entsprechende Nachrüstung oder Anpassung des schweizerischen Wagenparks nach sich ziehen, muss die punktuelle Förderung von technischen Neuerungen überprüft werden.

Zugleich ist es nicht Absicht des Bundes, vollständig passiv auf solche Erneuerun-gen im Bahnsystem zu warten. Im Rahmen seiner Tätigkeiten in den zuständigen europäischen Gremien wird sich der Bund für die Einführung von Neuerungen einsetzen. Er fordert auch alle Eisenbahnunternehmen und anderen Branchenakteure auf, an der flächendeckenden Umsetzung von produktivitätssteigernden und kosten-senkenden technischen Neuerungen mitzuwirken.

1.3.4.5 LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs

Bereits heute erstattet der Bund im kombinierten Verkehr die für den Vor- und Nachlauf im Inland entrichtete LSVA bis zu einem Maximalbetrag zurück. Diese Förderung ist laut den Branchenvertretern vor allem mit Blick auf KV-Angebote im Binnenverkehr höchst effektiv. Mit diesem Instrument werden so gezielte Anreize für eine Stärkung des kombinierten Verkehrs und eine geeignete Verknüpfung von Schienen- und Strassengüterverkehr geschaffen. Da die Höhe des Rückerstattungs-betrags beschränkt ist, erhalten die Transporteure einen hohen Anreiz, einen nahe gelegenen und geeigneten Terminal anzusteuern und so den Strassennachlauf eher kurz zu halten.

In einer vom BAV beauftragten Studie71 wurde nachgewiesen, dass die Aufhebung der Rückerstattung der LSVA tatsächlich eine gewisse Rückverlagerung von Trans-porten von der Schiene auf die Strasse zur Folge hätte. Diese Verlagerung wider-spräche den Zielen des Bundes zur Stärkung des Schienengüterverkehrs, so dass am Instrument der LSVA-Rückerstattung als Element der Gesamtkonzeption grundsätz-lich festgehalten wird. Mit der genannten Studie wurde auch aufgezeigt, dass eine Überprüfung der Grössenkategorien der LSVA-Rückerstattung angezeigt ist, da die heutigen Differenzierungen zwischen den verschiedenen Behältertypen und -grössen teils wenig plausibel sind und je nach eingesetzten Behältern zu Ungleichbehand-lungen führen können. Entsprechende Optimierungsmöglichkeiten sollen mit den Ausführungsbestimmungen umgesetzt werden.

Verworfene Variante

Die ersatzlose Abschaffung der Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs wurde wie eingangs erwähnt eingehend geprüft.

Als Alternative zur LSVA-Rückerstattung wurde auch eine Umwandlung in einen "Umschlagsbonus" erwogen. Wie die LSVA-Rückerstattung würde ein Beitrag des Bundes an den Umschlag im kombinierten Verkehr die Kosten für den kombinierten

71 Ecoplan: Evaluation der LSVA-Rückerstattung und der Betriebsabgeltung als Förderin-strumente im unbegleiteten kombinierten Verkehr. Schlussbericht zuhanden des Bundes-amts für Verkehr. Bern 2012.

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Verkehr senken. Diese Beiträge könnten als Pauschale für einen getätigten Um-schlag in der Regel über die Betreiber der Umschlagsanlagen abgerechnet werden. Diese müssten den Beitrag an die verschiedenen Transportunternehmen im Vor- und Nachlauf weitergeben. Bei dezentralem Umschlag (z.B. auf einem Freiverlad) würde der Bund den pauschalen Umschlagsbonus direkt mit den Transportunternehmen abrechnen.

Beitragsberechtigt wären alle Umschläge im kombinierten Verkehr zwischen Stras-se-Schiene und Schiff-Schiene sowie Schiene-Schiene auf schweizerischem Territo-rium. Der Umschlagsbonus würde unabhängig von der Umschlagstechnik (Portal-kran, Reachstacker, Mobiler-Technologien u.a.) gewährt.

Die Rückerstattung der LSVA ist, so wie sie heute ausgestaltet ist, eine versteckte Subvention, indem dem Bund Mindereinnahmen bei der LSVA entstehen. Der Bund ist daher bestrebt, versteckte Subventionen durch direkte Subventionen abzulösen, um die Transparenz bei den Fördertatbeständen zu erhöhen. Auf die Umwandlung der LSVA-Rückerstattung in einen Umschlagsbonus wurde jedoch verzichtet, da dies den Bundeshaushalt direkt mit 20 Millionen Franken pro Jahr belasten würde und die mit der KAP-Botschaft festgelegte Sparvorgabe durch den Güterverkehr nicht eingehalten bliebe. Zwar würden sich die Nettoeinnahmen aus der LSVA erhöhen (zu 1/3 = 6.5 Mio. Franken an die Kantone und zu 2/3 = 13.5 Mio. Franken an den FinöV-Fonds bzw. BIF). Diese Nettoeinnahmen können aber der Sparvorga-be des KAP nicht angerechnet werden.

1.3.4.6 Betriebsbeiträge an Güterverkehrsangebote

Beteiligung des Bundes an Bestellungen der Kantone

Die Anbieter des EWLV sollen eigenverantwortlich handeln und ein nachhaltig eigenwirtschaftliches Netz anbieten. Sie sollen neue für den EWLV geeignete Transporte akquirieren und bestehende unwirtschaftliche Angebote zu geeigneteren Angeboten in einer anderen Produktionsform oder eines anderen Verkehrsträgers transferieren. Das EWLV-Netz soll sich - sowohl beim Angebot an Bedienpunkten oder konkreten Transportlösungen als auch in der konkreten Produktionsgestaltung - den Bedürfnissen des Verkehrs laufend anpassen können und nicht vom Bund starr vorgegeben werden. Gleiches gilt für das Angebot von Relationen oder Linienzügen im kombinierten Verkehr.

Unter dem Gesichtspunkt einer möglichst angemessenen Güterversorgung in den verschiedenen Regionen und den Aspekten der Raumplanung sollen die Kantone mit Hilfe des Bundes Angebote im Wagenladungsverkehr und kombinierten Verkehr erhalten oder aufbauen können, wenn dies aus Sicht der Kantone und des Bundes für die Entwicklung einer Region von zentraler Bedeutung ist. Für den Erhalt oder Aufbau dieser Angebote entschädigen sie die Unternehmen. Diese Möglichkeit ist heute explizit auf die Meterspurbahnen eingeschränkt, was einer willkürlichen Abgrenzung ohne sachliche Kriterien entspricht. Eine Ausweitung auf andere Regionen ist daher gerechtfertigt.

Konkret können das eigenwirtschaftlich betriebene Netz im EWLV und die eigen-wirtschaftlichen Angebote im KV in gewissen Fällen von der raumplanerisch und politisch erwünschten Versorgung der Kantone und des Bundes abweichen. Gründe dafür können sein:

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Grunderschliessung in geografisch sensiblen Regionen (insbesondere Bergregionen, z.B. während der Wintermonate) vor allem durch die Me-terspurbahnen;

Industrielle Entwicklungsschwerpunkte der Kantone im Aufbau, für die eine Erschliessung mit Angeboten des Schienengüterverkehrs sinnvoll ist;

Überbrückung bei vorübergehendem Rückgang der Verkehrsmengen auf der Schiene an wichtigen Standorten des Schienenverkehrs.

Mit einer finanziellen Mindestbeteiligung der Kantone von 50 % an den Bestellun-gen wird der Federführung der Kantone Rechnung getragen. Die Kantone bestim-men letztlich, unter welchen Voraussetzungen eine Bestellung notwendig erscheint. Der Bund beteiligt sich an der Bestellung, wenn er die Gründe für die Bestellung als gerechtfertigt erachtet und die Voraussetzungen für die Beteiligung des Bundes (Güterverkehrsstrategie des Kantons oder ein Güterverkehrskonzept im Rahmen der Richtplanung) gegeben sind. Mit der Bestimmung solcher Voraussetzungen und der Abstimmung mit dem Konzept für Güterverkehrsanlagen stellt der Bund die konzep-tionelle Einbettung und somit auch Nachhaltigkeit solcher Bestellungen sicher. Der Bundesrat kann die Kriterien und Voraussetzungen für eine Beteiligung des Bundes an der Bestellung weiter konkretisieren. So kann er z.B. in Bezug auf das Güterver-kehrsangebot in den Bergregionen die naturräumlich bedingten höheren Produkti-onskosten als Massstab für seinen Förderbeitrag betrachten.

Der Mindestanteil der Kantone von 50 % ist höher als die heutige Förderung der Angebote der Meterspurbahnen durch die Kantone.

Im Ergebnis können Bund und Kantone gemeinsam mit gezielten Bestellungen die eigenwirtschaftlichen Angebote der Unternehmen ergänzen und ein politisch er-wünschtes und auf die aktuelle bzw. zukünftig erwartete Marktlage und die regiona-len Besonderheiten zugeschnittenes Angebot sicherstellen.

Zeitlich befristete Betriebsbeiträge für neue Angebote im Schienengüterver-

kehr in der Fläche

Der Bund soll die Möglichkeit haben, den Aufbau neuer, vielversprechender Ver-kehrsangebote im Schienengüterverkehr in der Fläche zu fördern. Er kann helfen, das Auslastungsrisiko in den ersten drei Jahren zu tragen. Diese Förderung dient der Stärkung des Schienengüterverkehrs in der Fläche, indem Anreize zur Entwick-lung von neuen Angeboten, die neue Nachfragersegmente erschliessen gesetzt werden. Dies erhöht die Chance einer Verlagerung von Güterverkehren von der Strasse auf die Schiene bzw. der Abwicklung von Neuverkehren auf der Schiene.

Aus Sicht des Bundes müssen erfolgversprechende Angebote nach spätestens drei Jahren selbsttragend sein, um nachhaltig bestehen zu können. In diesem Zeitraum muss die preisliche Attraktivität und nötige Qualität eines Angebots nachgewiesen werden, um eine ausreichende Auslastung des Angebots zu erreichen.

Finanzielle Entlastung des Bundes durch Abbau der Betriebsbeiträge

Die schrittweise Reduktion der Betriebsbeiträge nach Inkrafttreten der Neuregelung gibt den beteiligten Unternehmen Zeit, um die erforderlichen Massnahmen zur Anpassung der Preise und Konditionen der Angebote vorzunehmen.

Auf ein Weiterführen der Bestellung und Abgeltung der verschiedenen Verkehre des Schienengüterverkehrs in der Fläche in der heutigen Form wird verzichtet. Die Branchenakteure haben sich in der Vorkonsultation zu dieser Vorlage in breiter

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Form für eine Abschaffung dieser Form der Förderung ausgesprochen, da sie nicht als nachhaltig erachtet wird. Das Primat der Eigenwirtschaftlichkeit zukünftiger Angebote des Schienengüterverkehrs in der Fläche bringt es mit sich, dass der Bund nicht mehr über eine umfassende Bestellung und Abgeltung von Leistungen Einfluss auf das Bediennetz des EWLV und Angebote im kombinierten Verkehr nimmt. Die verschiedenen Anbieter sollen eigenverantwortlich handeln und ein nachhaltig eigenwirtschaftliches Angebot erstellen.

Vom Bund in Auftrag gegebene Expertisen zeigen, dass mit dem Abbau der Abgel-tungen Änderungen des Verkehrsvolumens zwischen 2 % und 5% einhergehen können. Entscheidend ist, im welchem Ausmass der Ausfall der Förderbeiträge auf die Transportpreise überwälzt werden kann und wie die Verlader auf diese Preisän-derungen reagieren. Der schrittweise Abbau kann dem entgegenwirken, da der Markt Planungssicherheit erhält und sich sukzessive der neuen Situation anpassen kann. Allgemein wird die Nachfrage nach Bahntransporten für maritime Container als unelastisch erachtet, so dass in diesem Bereich ein schnellerer Abgeltungsabbau gerechtfertigt ist.

1.3.4.7 Weiterentwicklung der SBB Cargo als wichtigste Anbieterin im Schienengüterverkehr in der Fläche

Für den Bundesrat ist ein langfristiges gutes Güterverkehrsangebot wichtig.

Branchenvertreter und nicht zuletzt auch die SBB AG haben in den Abklärungen für diese Vorlage die Befreiung der SBB von der Pflicht begrüsst, den Güterverkehr als Kernaufgabe zu betreiben. Dabei gehen die Befürworter davon aus, dass die SBB vorerst der grösste Anbieter von Güterverkehrsleistungen insbesondere des Systems EWLV bleibt und sich nicht unvermittelt aus dem Güterverkehrsgeschäft zurück-zieht. Für diese Einschätzung spricht auch die Tatsache, dass die SBB für den Gü-terverkehr in der Fläche umfangreiche Personal- und Fahrzeugressourcen einsetzen und mit den Rangierbahnhöfen bedeutende Anlagen zu diesem Zweck betreiben. Diese Ressourcen können unter den heutigen Rahmenbedingungen der SBB AG nicht über Nacht freigestellt werden.

Mit der Befreiung der SBB von der Pflicht, Güterverkehr als Kernaufgabe zu betrei-ben, sind verschiedene Vorteile verbunden:

- Der Bund kann sich auf die Aufgaben konzentrieren, die im GüTG defi-niert werden. Die Zielsetzungen für den Schienengüterverkehr sind allein dort festgehalten. Konkret kann der Bund bei der Zielsetzung den Gege-benheiten des geöffneten Marktes besser Rechnung tragen. Unklarheiten zwischen den übergeordneten Zielen und denjenigen in der Leistungsver-einbarung können vermieden werden. Als Eigner der SBB AG bleibt der Bund aber in dieses Thema involviert.

- Die unternehmerische Freiheit der SBB wird gestärkt. Sie kann sich besser auf die Anforderungen des Marktes ausrichten und die Eigenwirtschaft-lichkeit erreichen. Sie ist nicht mehr - wie oft bis anhin - einem Zielkon-flikt zwischen einem (über die Leistungsvereinbarungen erfolgten) unkla-ren Service-public-Auftrag und dem Grundsatz eines eigenwirtschaft-lichen Angebots unterworfen. Sie kann unter Berufung auf das Primat der Eigenwirtschaftlichkeit die Erbringung von Angeboten ablehnen.

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Angesichts der Tatsache, dass das System EWLV für die verladende Wirtschaft ausserordentlich wichtig ist, soll der heutige Betreiber SBB diesen Verkehr nicht von heute auf morgen aufgeben können. Der Bund sorgt mit der zukünftig im SBBG verankerten Bestimmung und der Auflage eines Bundesratsentscheides (in seiner Rolle als Generalversammlung der SBB) für einen geordneten Transformationspro-zess beim EWLV. Insbesondere können so private und öffentliche Investitionen in Güterverkehrsanlagen geschützt werden. Verlader und Transportunternehmen erhal-ten die Möglichkeit, Alternativangebote zu prüfen. Der Bundesrat wird so in die Lage versetzt, von den SBB Massnahmen für einen geordneten Übergang zu verlan-gen und im Auftrag der Bundesversammlung allenfalls die Möglichkeit einer umfas-senden Bestellung zu prüfen.

Die organisatorische und eigentumsrechtliche Weiterentwicklung von SBB Cargo ist nicht Gegenstand dieser Vorlage. Handlungsoptionen wie eine Teilprivatisierung oder die Ausgliederung des Cargo-Geschäfts aus den SBB wären - parallel zu den beschriebenen Massnahmen des geordneten Übergangs - vor allem dann zu ergreifen und im Rahmen einer separaten Gesetzesvorlage umzusetzen, wenn auch zukünftig organisatorische und strukturelle Probleme die Erbringung eines eigenwirtschaftli-chen Angebots verunmöglichen würden.

1.3.4.8 Vereinfachung der Bestimmung zu Bau, Betrieb und Aufsicht von Anschlussgleisen und Umschlagsanla-gen

Das Bewilligungsverfahren für Güterverkehrsanlagen soll vereinfacht und gestrafft werden. Das bisher wenig transparente Nebeneinander von kantonalrechtlicher Baubewilligung einerseits und sicherheitstechnischer Zustimmungsverfügung des BAV andererseits soll zugunsten eines konzentrierten und koordinierten Entscheid-verfahrens vereinfacht werden. Die erforderliche Sicherheitsprüfung in Bezug auf die Vorschriften der Eisenbahngesetzgebung obliegt dem BAV, welches zuhanden der kantonalrechtlichen Bewilligungsbehörde eine verbindliche Stellungnahme abgibt. Die darin enthaltenen Auflagen sind in die Baubewilligung zu übernehmen. In der Betriebsphase ergibt sich eine geteilte Aufsichtszuständigkeit: Jene des BAV beschränkt sich auf die eisenbahntechnischen Aspekte, die der kommunalen und kantonalen Behörden umfasst alle übrigen Bereiche, insbesondere die Aufsicht in Bezug auf die Einhaltung der Umweltschutzgesetzgebung.

Weiter soll auf die Vorgabe verzichtet werden, dass Anschlussgleise und Um-schlagsanlagen nur auf der Grundlage eines Nutzungsplans bewilligt werden können und nur der Nutzungsplan den allenfalls erforderlichen Enteignungstitel darstellt. In aller Regel wird es aber weiterhin so sein - und bleibt den betroffenen Kantonen und Gemeinden überlassen -, dass die Erschliessung von Industrie- und Gewerbezonen und deren Anbindung an das übergeordnete Schienennetz mittels Anschlussgleisen mit den Instrumenten der Raumplanung erfolgt.

1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Mit der Vorlage der Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche erhält der Bund die Federführung für den Planungsprozess im Schienen-güterverkehr. Innerhalb dieses Prozesses ist eine regelmässige Erarbeitung bzw.

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Aktualisierung von Prognosen für den Güterverkehr sowie die Erstellung eines Konzepts für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur vorgesehen. Bisher wurde die Planung von Infrastruktur und Güterverkehrsanlagen nicht zwischen den Branchenakteuren koordiniert. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe sind für das zuständige Bundesamt für Verkehr (BAV) zusätzliche Ressourcen im Umfang von 100 Stellenprozent erforderlich, welche über die mit FABI bewilligten Stellen finan-ziert werden.

Weitere zusätzliche 100 Stellenprozent sind für die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Netznutzungskonzept und den Netznutzungsplänen notwendig.

1.5 Rechtsvergleich mit dem europäischen Recht

Die Förderung des Schienengüterverkehrs 'in der Fläche' spielt im europäischen Umfeld eine untergeordnete Rolle. In verschiedenen Ländern werden Investitionen in Umschlagsanlagen entweder auf Ebene der Staaten oder auf Ebene der Regionen unterstützt, teilweise besteht auch eine Förderung von Anschlussgleiseinrichtungen (z.B. Deutschland). Die Formen der Förderung wurden in die Erarbeitung dieser Vorlage einbezogen und bewertet. Auf europäischer Ebene werden mit dem Marco-Polo-Förderprogramm Mittel zur Förderung des Güterverkehrs gesprochen. Das Programm fokussiert auf die Verlagerung internationaler Strassengüterverkehre auf alternative Verkehrsträger sowie intermodale Transportketten und wird als Anschub-finanzierung ausgerichtet.

Ein weiterer Schwerpunkt der europäischen Schienengüterverkehrspolitik liegt in der Förderung europäischer Güterverkehrskorridore. Die Verordnung (EU) Nr. 913/2010 vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennet-zes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr verlangt eine Kapazitätssicherung für grenzüberschreitende Korridortrassen. Diese Kapazitätssicherung wird mit dieser Vorlage durch das Instrument des Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne gewährleistet.

Die weiteren beantragten Rechtsänderungen sind vom geltenden europäischen Recht nicht tangiert. Sie stehen im Einklang mit dem Landverkehrsabkommen, das die Umsetzung der schweizerischen Verkehrspolitik absichert. Art. 35 dieses Abkom-mens72 ermöglicht der Schweiz, finanzielle Unterstützungsmassnahmen zur Förde-rung des Schienengüterverkehrs zu ergreifen.

1.6 Umsetzung

Die Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche enthält Anpassungen auf Gesetzesstufe.

Insbesondere die Änderungen im Gütertransportgesetz und Eisenbahngesetz machen gewisse Anpassungen auf Verordnungsstufe erforderlich. Dies betrifft insbesondere die Konkretisierung der verschiedenen Massnahmen der finanziellen Förderung.

72 SR 0.740.72

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1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit der vorliegenden Vorlage werden die Forderungen der nachstehenden parlamen-tarischen Vorstösse erfüllt:

10.3881 M Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche (S KVF-S, 14.10.10)

11.3284 M Terminalpolitik des Bundes (N Hutter Markus, 18.03.11)

12.3311 P Keine Gefährdung der Verlagerung des Güterverkehrs durch eine falsche Prioritätensetzung (N Grossen, 16.03.12)

12.3419 M Genügende und qualitativ gute Trassen für den Güterverkehr sichern (S Janiak, 31.05.12)

2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

2.1 Einbettung der Vorlage

Diese Vorlage umfasst die Änderung von insgesamt fünf Bundesgesetzen. Im Zent-rum steht dabei die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Gütertransport durch Bahn- und Schifffahrtsunternehmen (Gütertransportgesetz, GüTG)73. Im Zuge dieser Totalrevision wird das Bundesgesetz über die Anschlussgleise aufgehoben bzw. dessen Inhalt soweit erforderlich in das Gütertransportgesetz integriert. Dieser Schritt ist aus rechtssystematischer Sicht konsequent, weil die Finanzierungsmodali-täten von Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs und von Anschlussgleisen harmonisiert werden und die beiden Regelungsbereiche infolgedessen verschmelzen. An den Inhalten des Bundesgesetzes über die Anschlussgleise soll grundsätzlich festgehalten werden, jedoch wird eine Vereinfachung angestrebt. Wesentlichste materielle Änderung ist die vollständige Zuweisung der Schnittstelle zwischen privatem Anschlussgleis und Schienennetz (Anschlussweiche) in die finanzielle Verantwortung der Eisenbahninfrastruktur. Im Übrigen wurden die bestehenden Inhalte des Anschlussgleisgesetzes bereinigt, wo eine Regelung auf Verordnungsstu-fe genügt. Damit geht aber keine inhaltliche Neuausrichtung einher.

Die Angleichung der Finanzierungsmodalitäten für Anschlussgleise und Anlagen des kombinierten Verkehrs bedingt auch eine Anpassung des Bundesgesetzes über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenab-gabe (MinVG)74, das die Eckpunkte der Finanzierung regelt.

Die Einführung der neuen Instrumente Netznutzungskonzept und Netznutzungsplan erfolgt im Eisenbahngesetz (EBG)75. Die Einführung der gleichen gesetzlichen Grundlagen für die Einführung von Konformitätsbewertungen für den Transport gefährlicher Güter auf Schiene wie Strasse erfordert eine Anpassung des Strassen-verkehrsgesetzes (SVG)76.

Schliesslich erfordert die Entbindung der SBB von der bisherigen Kernaufgabe der Erbringung von Güterverkehrsdienstleistungen eine Anpassung des Bundesgesetzes

73 SR 742.41 74 SR 725.116.2 75 SR 742.101 76 SR 741.01

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über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG)77. Die folgende Konkordanztabel-le gibt einen Überblick über sämtliche Gesetzesänderungen dieser Vorlage:

77 SR 742.31

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Gesetz Bereich Inhalt

Gütertransportgesetz Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich Anpassung des bisherigen Geltungsbereichs

Art. 2 Grundsätze und Ziele Neue Festlegung von Grundsätzen und Zielen für den Gütertransport

Art. 3 Konzept Festlegung eines Konzepts für Güterverkehrsanlagen

Art. 4 Transport gefährlicher Güter Anpassung der Formulierung des bisherigen Art. 5 GüTG

Art. 5 Bisheriger Art. 6 GüTG

2. Abschnitt: Finanzielle Förderung (Art. 6-8)

Neues Förderregime unter Fusion der bestehenden Grundsätze in den Bereichen Anschlussgleise und Investitionshilfen des kombinierten Verkehrs

3. Abschnitt: Bewilligungsverfahren (Art. 9 - 12)

Vereinfachung der Inhalte des bisherigen Bundesge-setzes über die Anschlussgleise

4. Abschnitt: Beziehungen zwischen Infrastruk-turbetreiberin und Anschliessern (Art. 13 - 17)

Inhalte des bisherigen Bundesgesetzes über die An-schlussgleise

5. Abschnitt: Wagenverwendungsvertrag und Beförderungsvertrag (Art. 18 - 20)

Bisherige Art. 9 und 10 GüTG sowie neue Haftungs-regelung

6. Abschnitt: Aufsicht, Rechtspflege und Straf-bestimmungen (Art. 21- 25)

Aufsichtsregime unter Fusion der bestehenden Grund-sätze in den Bereichen Anschlussgleise und Investiti-onshilfen des kombinierten Verkehrs

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen (Art. 26-29)

Vollzug, Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts sowie Übergangsfrist für altrechtlich bestellte Angebo-te

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Mineralölsteuer-verwendungsgesetz

Art. 18 Harmonisierte Grundsätze zur Beteiligung des Bundes an Anschlussgleisen und Investitions- oder Betriebs-beiträgen des kombinierten Verkehrs

Art. 21 und 22 aufgehoben

Strassenverkehrsgesetz Art. 30 Abs. 4 und 5 Anpassungen der bisherigen Formulierungen zum Gefahrguttransport auf der Strasse

Eisenbahngesetz Art. 9b Einführung der Instrumente "Netznutzungskonzept" und "Netznutzungspläne"

Art. 40abis Anpassung der Aufgaben der SKE

Art. 40 b Abs. 2 Anpassung der Haftungsformulierung (Streichung eines falschen Verweises)

Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbah-nen

Art. 3 Entbindung der SBB von der Kernaufgabe Güterver-kehr als zwingende Verpflichtung

Art. 8 Abs. 6 Zustimmungserfordernis der Generalversammlung zu einer Aufgabe des EWLV

Tabelle 4: Konkordanztabelle mit Überblick über sämtliche Gesetzesänderungen dieser Vorlage

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2.2 Gütertransportgesetz (Totalrevision)

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich

Die Bestimmungen betreffend den Gefahrguttransport, die Transporte im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation, die ausservertragliche Haftung sowie den Beförderungsvertrag gelten auch für die Schifffahrt und die Seilbahnen. Die übrigen Bestimmungen gelten für den Transport von Gütern auf der Schiene und für den Bau und den Betrieb von Anschlussgleisen und Umschlagsanlagen (Güterverkehrsanla-gen). Der Gütertransport auf der Schiene macht mengenmässig den mit Abstand grössten Anteil aus. Dass die Bestimmungen namentlich über die Anschlussgleise nur für die Schiene gelten, versteht sich von selbst.

Art. 2 Grundsätze und Ziele

Die Festlegung der wesentlichen Grundsätze und Ziele für den Güterverkehr ist neu. Es soll im Gesetz klar zum Ausdruck gebracht werden, was der Bund im Güterver-kehr anstrebt und wofür er selbst in welchem Umfang die Verantwortung über-nimmt. Die Anbieter von Güterverkehrsleistungen befinden sich zumeist in einem intra- und intermodalen Markt. Sämtliche Beteiligten im Schienengüterverkehr haben ein Interesse an stabilen und verlässlichen Eckpunkten, an denen der Staat sein Handeln ausrichtet.

Absatz 1 bringt zum Ausdruck, dass für den Bund das Setzen der Rahmenbedingun-gen für den Schienengüterverkehr im Vordergrund steht. Die verschiedenen Ver-kehrsträger sollen bei der Güterversorgung nicht gegeneinander ausgespielt werden. Stattdessen strebt der Bund ein sinnvolles und effizientes Miteinander der Verkehrs-träger (Ko-Modalität) an. Im Zusammenhang mit der Festlegung der grundlegenden Rahmenbedingungen soll dieses Zusammenwirken der Verkehrsträger ermöglichen, dass der Güterverkehr in der Schweiz insgesamt nachhaltig erfolgen kann. Hierbei sind die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung der notwendigen Eisenbahninf-rastruktur für den Güterverkehr und die Unterstützung von geeigneten Güterver-kehrsanlagen von zentraler Bedeutung. Die Planung der allgemeinen Eisenbahninf-rastruktur ist nicht Gegenstand der Vorlage (vgl. dazu FABI). Die Erstellung von Güterverkehrsanlagen (z.B. Anschlussgleise und Umschlagsanlagen) und ihre An-bindung an die Eisenbahninfrastruktur liegen im unmittelbaren Regulationsbereich des Gütertransportgesetzes. Wo möglich, setzt sich der Bund zudem dafür ein, dass private Anlagen auch Dritten diskriminierungsfrei zur Verfügung stehen. Dies kann er dort per Auflage durchsetzen, wo sich der Bund selbst finanziell an der Erstellung privater Anlagen beteiligt. Bei Investitionen, die vollständig privat finanziert sind, hat der Bund nur beschränkte Möglichkeiten. Immerhin wird der eigentliche An-schluss an die Eisenbahninfrastruktur (Anschlussweise) künftig nicht mehr von Privaten mitfinanziert. In diesem Zusammenhang erscheint es durchaus denkbar, dass auch (seltene) rein privat finanzierte Anlagen in zumutbarem Umfang Dritten geöffnet werden können. Voraussetzung dafür ist natürlich primär ein konkretes Interesse an einer derartigen Öffnung. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ausserhalb von Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr wenig Bedarf bzw. Nachfrage nach einem Zugang zu privaten Anlagen besteht.

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Gestützt auf Absatz 2 sollen die Sicherstellung nicht kostendeckender Güterver-kehrsangebote gemeinsam mit den Kantonen und befristete Anschubfinanzierungen für neue Angebote möglich sein. Betriebsbeiträge für den nicht alpenquerenden Schienengüterverkehr können durch den Bund gewährt werden, bilden aber die Ausnahme. Grundsätzlich gilt das Primat der Eigenwirtschaftlichkeit. Künftig sollen nicht kostendeckende Angebote unter finanzieller Mithilfe des Bundes nur dann weitergeführt werden können, wenn die Kantone unter Bezug auf kantonale Güter-verkehrskonzepte oder -strategien (z.B. die Versorgung von Berggebieten) solche Angebote bestellen. Der Bund allein soll Angebote im nicht alpenquerenden Schie-nengüterverkehr während ihrer Einführungsphase befristet als Anschubfinanzierung subventionieren können, sofern eine nachhaltige Eigenwirtschaftlichkeit nach der Einführungsphase erreicht werden kann. Permanente Betriebsbeiträge für nicht kostendeckende Angebote im nicht alpenquerenden Schienengüterverkehr durch den Bund wird es künftig - mit Ausnahme der gemeinsamen Bestellungen mit den Kan-tonen - nicht mehr geben. Die Möglichkeit des Bundes, auf Basis der Bestimmungen des GVVG78 Betriebsbeiträge für den alpenquerenden kombinierten Verkehr soll von diesen Bestimmungen unberührt bleiben.

Absatz 3 und 4 wurden aus dem bisherigen Gesetz übernommen. Aufgrund der neuen Einbettung muss in Absatz 4 klargestellt werden, dass der Bundesrat die Möglichkeit hat, die Zusammenarbeit der Unternehmen untereinander und der verladenden Wirtschaft zu regeln.

Art. 3 Konzept

Konzepte sind Instrumente der Raumplanung und in Artikel 13 des Raumplanungs-gesetzes vom 22. Juni 197979 geregelt. Neu soll für die Entwicklung der bedeuten-den Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisen-bahninfrastruktur ein solches Konzept erarbeitet werden. Es ersetzt im Bereich der Investitionen des kombinierten Verkehrs sowie der Anschlussgleise die bisherigen Mehrjahresprogramme. In den Erarbeitungs- und Anpassungsprozess werden neben den betroffenen Kantonen neu auch die verschiedenen Akteure des Güterverkehrs auf geeignete Weise mit einbezogen. Zudem sollen dem Konzept und den darin enthaltenen Zielbildern auch die künftigen Kapazitätsbedürfnisse des Schienengü-terverkehrs zu Grunde gelegt werden. Das Konzept wird sämtliche bedeutenden Güterverkehrsanlagen umfassen. Dazu gehören nicht nur die KV-Umschlagsanlagen und die Anschlussgleise, sondern - im Sinne der Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur - auch die geplanten und finanzierten Anlagen wie Ran-gierbahnhöfe, Anlagen in Teambahnhöfen und Freiverladeanlagen. Damit nimmt der Bund seine Verantwortung bei der nationalen Steuerung und Koordination von grösseren Investitionen, die er finanziell unterstützt, wahr. Dieses neue Konzept ist eng mit dem Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene (SIS) abzustimmen.

Art. 4 Transport gefährlicher Güter (GüTG Art. 5)

Absatz 1 wird dahingehend ergänzt, dass die Kompetenz des Bundesrates für den Erlass von Vorschriften über den Transport gefährlicher Güter sowohl hinsichtlich des Verkehrsträger Schiene als auch für die Strasse gilt.

Mit der Anpassung von Absatz 2 werden die gesetzlichen Grundlagen für die Ein-führung der Konformitätsbewertung bzw. die Durchführung von Prüfungen durch

78 SR 740.1 79 SR 700

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private Unternehmen geschaffen. Dem Bundesrat kommt die Aufgabe zu, in diesen Bereichen die notwendigen Vorschriften zu erlassen. Die Formulierung erfolgt analog zu Art. 26 des Bundesgesetzes über Seilbahnen zur Personenbeförderung vom 23. Juni 200680 (Seilbahngesetz, SebG). Inhaltlich folgt die Bestimmungen der in der Verordnung vom 31. Oktober 2012 über das Inverkehrbringen und die Markt-überwachung von Gefahrgutumschliessungen81 (Gefahrgutumschliessungsverord-nung, GGUV) vorgenommenen "New Approach" mit Konformitätsbescheinigungen für Umschliessungen zur Beförderung gefährlicher Güter.

Art. 5 Transporte im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation (GüTG Art. 6)

Die Bestimmung wird unverändert übernommen.

2. Abschnitt: Finanzielle Förderung

Art. 6 Investitionsbeiträge

Diese Bestimmung harmonisiert die Beteiligung des Bundes an sämtlichen Investiti-onen in Güterverkehrsanlagen auf schweizerischem Staatsgebiet. Während bisher die Förderung von Anschlussgleisen anderen Regeln folgte als die Beteiligung des Bundes an Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs, sollen künftig einheitliche Grundsätze angewendet werden. Die Bundeshilfen sollen künftig im Inland einheit-lich mit nichtrückzahlbaren Geldleistungen (A-fonds-perdu-Beiträgen) gewährt werden (vgl. Art. 3 des Subventionsgesetzes82). Für die Ungleichbehandlung von Anschlussgleisen und Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs bestehen keine sachlichen Gründe. Die Differenzierung hat in der Vergangenheit bisweilen dazu geführt, dass im selben Projektperimeter unterschiedliche Finanzierungsgrundsätze zur Anwendung gelangen konnten. Für die Förderung von Investitionen in den kombinierten Verkehr im Ausland sollen nach wie vor auch Darlehen gewährt werden. Neu soll - wie bisher für die Investitionen im kombinierten Verkehr - für alle Güterverkehrsanlagen eine maximale Obergrenze von 60 % der anrechenbaren Kosten gelten. Nur für Projekte für Umschlagsanlagen von nationaler verkehrspoliti-scher Bedeutung kann ein maximaler Beitrag des Bundes von bis zu 80% der anre-chenbaren Kosten gesprochen werden. Gefördert wird nach differenzierten Krite-rien, die nebst der Wirtschaftlichkeit der Anlagen auch raumplanerische-, verkehrs- und umweltpolitische Gründe widerspiegeln. Zudem wird nur die Erstellung geför-dert, die Beteiligung des Bundes an der Erneuerung von Anschlussgleisen entfällt; im Gegenzug wird die kostenintensive Anschlussweiche vollständig dem Schienen-netz zugeschieden. Der diskriminierungsfreie Zugang zu Güterverkehrsanlagen soll durch den Bund in angemessener Weise sichergestellt werden. Dies bedeutet, dass ein privater Terminalbetreiber unter Umständen dulden muss, dass seine Anlage von einem Dritten für den Umschlag von Wechselbehältern im kombinierten Verkehr - gegen angemessenes Entgelt - benutzt wird. Nur auf diese Weise kann der Bund die Koordination und Planung der Kapazitäten, wie sie dem Zielbild zugrunde liegen, garantieren. Vorbehalten von dieser Regelung bleibt, dass zur Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs geförderte Terminalanlagen im Ausland auch in Form von rückzahlbaren Darlehen finanziell unterstützt werden können.

80 SR 743.01 81 SR 930.111.4 82 SR 616.1

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Art. 7 Betriebsbeiträge

Absatz 1 stipuliert den Grundsatz, dass der Bund - im Gegensatz zu heute - nur gemeinsam mit den Kantonen nicht kostendeckende Angebote im Schienengüter-verkehr bestellen kann. Zu denken ist in diesem Zusammenhang insbesondere an die Versorgung der Berggebiete, welche häufig auf Meterspurbahnen erfolgt. Der Bund beteiligt sich somit an den Bestellungen der Kantone und sieht keine selbständige oder autonome Förderung vor. Die Modalitäten des Angebots sind in den Angebots- oder Leistungsvereinbarungen detailliert festzulegen; die mögliche Spanne reicht hierbei von der Aufrechterhaltung eines Bedienpunktes im EWLV-Netz von SBB Cargo hin zu einzelnen Verbindungen eines regionalen Eisenbahnverkehrsunter-nehmens.

Absatz 2 regelt das (bestehende) Bestellverfahren im alpenquerenden kombinierten Verkehr. Im alpenquerenden Bereich soll der Bund nach wie vor alleine als Besteller auftreten, um die Zielerreichung des Güterverlagerungsgesetzes83 zu unterstützen.

Absatz 3 regelt die so genannte "Anschubfinanzierung". Sofern ein neues Angebot eine nachhaltige Kostendeckung erreichen kann, dafür aber etwas Zeit benötigt im Zusammenhang mit der Markteinführung und der Erschliessung neuer Nachfrage-segmente, soll der Bund eine auf maximal drei Jahre befristete finanzielle Unterstüt-zung beschliessen können.

Art. 8 Technische Neuerungen

Der Bund soll die Möglichkeit haben, technische Neuerungen zu fördern, sofern sich dadurch ein nachhaltiger Nutzen für den Schienengüterverkehr schaffen lässt und sich die Innovation ohne Bundeshilfe als nicht umsetzbar erweist. Die Unterstützung erfolgt in Form eines finanziellen Beitrags an die konkrete Investition in eine techni-sche Neuerung.

3. Abschnitt: Bewilligungsverfahren

In diesem Abschnitt sind die (zwingend auf Gesetzesstufe zu regelnden) Bestim-mungen des aufgehobenen Bundesgesetzes über die Anschlussgleise enthalten. Sie werden konsequent auf den Anwendungsbereich von Umschlagsanlagen ausgedehnt. Es gibt keine hier relevanten Umschlagsanlagen, die nicht auch Anschlussgleise umfassen bzw. durch solche erschlossen werden. Dies war schon bisher so, diesem Umstand wurde aber bisher wenig Beachtung geschenkt. Bisweilen führte dies zu unterschiedlichen Betrachtungsweisen in einem einzelnen Projekt, sowohl was die bewilligungsrechtlichen Aspekte wie auch das anzuwendende Förderregime betraf.

Diejenigen Artikel des Bundesgesetzes über die Anschlussgleise, die nicht zwingend auf Gesetzesstufe geregelt werden müssen, entfallen nun bzw. sind so weit erforder-lich auf Verordnungsstufe zu regeln. Die neuen Regelungen sind einfacher und übersichtlicher. Die Begriffsbestimmungen (Artikel 2 Anschlussgleisgesetz) sind weitgehend entbehrlich. Wo noch nötig, werden Begriffe direkt in den entsprechen-den Artikeln oder in den Botschaftserläuterungen definiert bzw. erklärt.

83 SR 740.1

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Art. 9 Erschliessung (Art. 5, Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 des Anschlussgleisgesetzes)

Die Bestimmungen werden gegenüber dem geltenden Recht gestrafft. Die direkte Bewilligung von Anschlussgleisen durch kantonale Nutzungs- bzw. Sondernut-zungspläne hat in der Praxis nie diejenige Bedeutung erlangt, die sich der Gesetzge-ber erhofft hatte. Stattdessen wurden und werden die meisten Anschlussgleise (Neu- oder Ausbau bzw. Anpassung) mittels Baubewilligungen gemäss kantonalem Recht realisiert. Weitergehende Regelungen im Bundesrecht erübrigen sich; es ist und bleibt Sache der Kantone und der Gemeinden, ob und wieweit sie auch künftig Anschlussgleise mittels den Instrumenten der Raumplanung (wie insbesondere Sondernutzungspläne) realisieren wollen.

Art. 10 Baubewilligung

Diese neue Bestimmung regelt das für die Genehmigung von Anschlussgleisen zur Anwendung gelangende Verfahren. Dabei wird an die bestehende Zuständigkeits-ordnung angeknüpft. Auch weiterhin erteilt die nach kantonalem Recht zuständige Behörde die Baubewilligung für eine Güterverkehrsanlage. Sie hat im Rahmen des Bewilligungsverfahrens obligatorisch eine technische Beurteilung des BAV einzu-holen. Diese Stellungnahme des BAV, welches sich dabei auf eine bei der Infrastrukturbetreiberin einzuholende Beurteilung stützt, ist für die Baubewilli-gungsbehörde verbindlich. Mit diesem Ansatz soll gewährleistet werden, dass die sich bei einer Güterverkehrsanlage stellenden Sicherheitsfragen von der dazu kom-petenten Eisenbahnaufsichtsbehörde beurteilt werden und in die Baubewilligung einfliessen. Dies stellt eine Stärkung der Sicherheitsaufsicht gegenüber der Regelung von Artikel 18m Eisenbahngesetz in Bezug auf sog. Nebenanlagen der Eisenbahn dar. Dort ist das BAV nur in gewissen Fällen in das Verfahren einzubeziehen, womit keine Gewähr besteht, dass die Sicherheitsaspekte fachlich ausreichend geprüft werden.

Im Interesse einer Vereinfachung der Verfahrensabläufe soll dagegen auf eine separate Zustimmungsverfügung des BAV, wie sie gemäss heutigem Recht vorgese-hen ist, verzichtet werden. Der mit dem Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren vom 18. Juni 199984 auf Bundesebene eingeführte Grundsatz "ein Projekt, ein Verfahren, ein Entscheid" wird damit auch für Güterverkehrsanlagen umgesetzt.

Mit der Eröffnung der Baubewilligung an das BAV besteht für dieses die Möglich-keit der Beschwerdeführung, sofern seine Auflagen zu Handen der Baubewilli-gungsbehörde nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Erhebung von Rechtsmitteln soll indessen die ultima ratio darstellen. Vielmehr sollen allfällige Differenzen, die sich aus der Stellungnahme des BAV einerseits und Eingaben Dritter (z.B. Einsprecher) andererseits ergeben, vor dem Entscheid mit den üblichen Bereinigungsinstrumenten geklärt werden. Die Leitbehörde nimmt hierfür mit dem BAV zeitgerecht Kontakt auf.

Art. 11 Enteignung (Art. 16 des Anschlussgleisgesetzes)

Auch weiterhin soll für den Bau und den Betrieb von Güterverkehrsanlagen das Enteignungsrecht nach dem Bundesgesetz über die Enteignung in Anspruch ge-

84 AS 2009 3071

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nommen werden können. Dabei wird die Voraussetzung fallen gelassen, dass das Enteignungsrecht nur mit dem rechtskräftig genehmigten Nutzungsplan erteilt wird. Sodann wird die Einschränkung auf das zuständige Gemeinwesen als möglicher Enteigner aufgehoben. Es soll sowohl dem Gemeinwesen im Rahmen einer allfälli-gen Planung als auch einem Dritten, der eine Güterverkehrsanlage im Sinne des Gesetzes erstellen und betreiben will, möglich sein, nötigenfalls das Enteignungs-recht in Anspruch zu nehmen. Dieses steht erst dann zur Verfügung, wenn die Be-mühungen für einen freihändigen Erwerb der erforderlichen Rechte gescheitert sind. Entsprechend den Konzentrationsgrundsätzen in den Verfahren sind die von einer Güterverkehrsanlage Betroffenen aufgefordert, innerhalb der Auflagefrist auch sämtliche enteignungsrechtlichen Begehren bei der Leitbehörde (Baubewilligungs-behörde) vorzubringen.

Art. 12 Technische Bestimmungen der Eisenbahngesetzgebung

Mit dieser Bestimmung wird die Gesetzgebung über die Eisenbahnen - namentlich der Eisenbahnverordnung (EBV)85 - und ihrer Ausführungsbestimmungen, für Güterverkehrsanlagen als verbindlich erklärt. Aufgrund der gegenüber dem Stamm-netz geringeren Sicherheitsrelevanz wird dem BAV die Befugnis eingeräumt, die Anforderungen zu reduzieren.

4. Abschnitt: Beziehungen zwischen Infrastrukturbetreiberin und Anschliessern

Art. 13 Pflicht zur Anschlussgewährung (Art. 3 und 15 Abs. 1 des Anschlussgleisgesetzes)

Die Bestimmungen werden - mit Ausnahme kleiner begrifflicher Anpassungen - unverändert übernommen.

Art. 14 Eigentumsverhältnisse (Art. 4 des Anschlussgleisgesetzes)

Die Bestimmung aus Artikel 4 Absatz 1 und 2 werden - mit Ausnahme begrifflicher Anpassungen - unverändert übernommen. Die Errichtung einer Dienstbarkeit für Anschlussgleise ist nicht zwingend erforderlich und fand bisher auch selten Anwen-dung. Die Bestimmungen von Absatz 3 und 4 werden gestrichen, da sie in der Praxis keine Bedeutung erlangt haben. Der bisherige Artikel 4 Absatz 3 schafft zudem eine Vermutung, die selbstredend ist, und Absatz 4 nennt eine zivilrechtliche Selbstver-ständlichkeit.

Art. 15 Anschlussvertrag (Art. 6 Abs. 1 und 2 des Anschlussgleisgesetzes)

Die Bestimmung wird unverändert übernommen.

Art. 16 Gegenseitige Pflichten unter Anschliessern (Art. 10 des Anschlussgleisgesetzes)

Die Bestimmung wird unverändert übernommen.

Art. 17 Kosten (Art. 11 des Anschlussgleisgesetzes)

85 SR 742.141.1

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Dieser Artikel basiert auf Art. 11 des geltenden Anschlussgleisgesetzes. Es wird davon ausgegangen, dass bei einer Umschlagsanlage der Betreiber oder (nicht opera-tive) Eigentümer dieser Anlage auch Anschliesser im Sinne des Gesetzes ist.

In Absatz 2 wird neu festgelegt, dass die Kosten der netzseitigen Anpassungen in der Regel von der Infrastrukturbetreiberin und nicht vom Anschliesser zu tragen sind. Dies betrifft insbesondere Kosten im Zusammenhang mit den so genannten "An-schlussweichen", den eigentlichen Schnittstellen zwischen privaten Anlagen und dem Schienennetz. Die Gründe für diese Neuausrichtung liegen insbesondere im Umstand, dass die Infrastrukturbetreiberin solche netzseitigen Anpassungen meist in eigener Regie und mit eigenem Zeitplan auslöst. Zudem zieht der Besitzer des zugehörigen privaten Anschlussgleises daraus keinen direkten Vorteil. Die Finanzie-rung derartiger Schnittstellen über das allgemeine Schienennetz erscheint daher sowohl sachlich als auch administrativ als einfachere Variante. Die damit verbunde-ne Entlastung privater Anschlussgleisbesitzer wird im Zuge der Harmonisierung mit den Förderbestimmungen zu den Umschlagsanlagen durch das Wegfallen der Bun-desbeteiligung an den Erneuerungskosten von Anschlussgleisen kompensiert.

Absatz 3 legt jedoch fest, dass im Falle des Rückbaus des Anschlussgleises der Anschliesser weiterhin an den Kosten der Infrastrukturanpassung beteiligt werden kann. In diesem Fall ist der Beschluss des Anschliesser Grund für die bauliche Massnahme und die Infrastrukturbetreiberin hat keinen unmittelbaren Nutzen.

Der im bisherigen Art. 11 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Anschlussgleise enthaltene Verweis auf das MinVG86 wird gestrichen, da dieser nicht erforderlich ist. Im Rahmen dieser Vorlage werden zudem die Bestimmungen des MinVG zu Beiträgen an Güterverkehrsanlagen neu geregelt.

5. Abschnitt: Wagenverwendungsvertrag und Beförderungsvertrag

Art. 18 Wagenverwendungsvertrag (Art. 9 GüTG)

Die Bestimmung wird unverändert übernommen.

Art. 19 Beförderungsvertrag (Art. 10 GüTG)

Die Bestimmung wird unverändert übernommen.

Art. 20 Haftung Haftungsbestimmungen für den Eisenbahnverkehr finden sich im Eisenbahngesetz87 (Artikel 40b-40f EBG) sowie im Personenbeförderungsgesetz (Artikel 21, 27 und 42-51 PBG). Das geltende Gütertransportgesetz verweist für die ausservertragliche Haftung auf die Artikel 40b-40f EBG. Dieser Verweis macht keinen Sinn, weil umgekehrt Artikel 40b Absatz 2 Buchstabe b EBG wiederum auf das Gütertrans-portgesetz verweist. Die neue Regelung ist einfacher und regelt nur noch die Haf-tung für diejenigen Risiken, die mit dem Betrieb von Güterverkehrsanlagen charak-teristischerweise verbunden sind. Haftungsbestimmungen für die transportierten Güter erübrigen sich, weil hier zum eine das Obligationenrecht und zum anderen das internationale Recht, namentlich das Übereinkommen über dein internationalen Eisenbahnverkehr COTIF mit seinen Anhängen88 Anwendung findet. Der massgeb-

86 SR 725.116.2 87 SR 742.101 88 SR 0.742.403.1

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liche Anhang des COTIF wird in Artikel 19 Absatz 3 GüTG genannt, weshalb in Artikel 20 ein entsprechender Hinweis ausreicht.

Die Regelung für die Güterverkehrsanlagen lehnt sich eng an den Wortlaut von Artikel 40b Absatz 1 und Artikel 40c Absatz 1 EBG an. Im Eisenbahngesetz ist der Hinweis auf das Gütertransportgesetz anzupassen, weil dort schon bisher keine entsprechende Regelung enthalten ist und auch mit der vorliegenden Revision nicht sein wird. Siehe dazu die Bemerkungen zu Artikel 40c EBG.

6. Abschnitt: Aufsicht, Rechtspflege und Strafbestimmungen

Art. 21 Aufsicht über die Güterverkehrsanlagen (Art. 11 GüTG und Art. 17 des Anschlussgleisgesetzes)

Hier wird geregelt, dass dem BAV in Abgrenzung zu den Befugnissen der kantona-len und kommunalen Behörden (Absatz 4) die technische Aufsicht über die Güter-verkehrsanlagen obliegt und welche Instrumente ihm hierfür neben jenen, welche sich aus der Eisenbahngesetzgebung ergeben, zur Verfügung stehen.

In Absatz 4 wird ausdrücklich festgehalten, dass die Güterverkehrsanlagen im Übri-gen der Aufsicht durch die Leitbehörde oder die nach kantonalem Recht zuständige Behörde unterstehen, insbesondere in Bezug auf den Vollzug der Umweltschutzge-setzgebung. Dabei stehen erfahrungsgemäss die Bereiche Lärm, Gewässerschutz und Störfallvorsorge im Vordergrund. Damit sowohl das BAV als auch die nach kantonalem Recht zuständige Behörde ihre jeweilige Aufsichtsfunktion wahrnehmen können, sind die Anschliesser verpflichtet, den Behörden das notwendige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Art. 22 Rechtsschutz (Art. 12 GüTG und Art. 21 des Anschlussgleisgesetzes)

Die Rechtsschutzbestimmungen werden unverändert übernommen und vereint.

Art. 23 Übertretungen (Art. 13 GüTG)

Eine Bestrafung mit Busse erfolgt, wenn die Pflichten nach Artikel 5, den Bestim-mungen zu Transporten im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation, vorsätz-lich verletzt werden. Diese Regelung entspricht dem geltenden Recht.

Art. 24 Vergehen (Art. 14 GüTG)

Die Bestimmung bezüglich strafbarer Handlungen im Gefahrgutbereich wird unver-ändert übernommen.

Art. 25 Zuständigkeit (Art. 16 GüTG)

Die Bestimmung von Art. 16 Abs. 1 des geltenden GüTG wird unverändert über-nommen. Die Regelung zur Mitteilung der Urteile und Einstellungsbeschlüsse an die Bundesanwaltschaft wird gestrichen, da sie keinen Nutzen hat.

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 26 Vollzug

Der Bundesrat wird ermächtigt, die Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

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Gemäss Absatz 2 darf er auch Vorschriften erlassen, um Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Gütertransport zu verhindern. Durch diese Bestimmung wird gewährleistet, dass Dritten der Zugang zu bestimmten Dienstleistungen inner-halb des Gütertransports diskriminierungsfrei gewährt wird.

Art. 27 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

Die Aufhebung und Änderungen bisherigen Rechts sind im Anhang festgehalten. Das Gütertransportgesetz vom 19. Dezember 2008 sowie das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über die Anschlussgleise werden aufgehoben.

Art. 28 Übergangsbestimmungen

Altrechtlich bestellte Angebote folgen anderen Kriterien und Gesetzmässigkeiten als die neu nach Artikel 7 gesprochenen Betriebsbeiträge. Absatz 1 räumt den betroffe-nen Unternehmen genügend Zeit ein, um sich auf die neuen Bedingungen einzustel-len. Eine entsprechende Übergangsfrist von drei Jahren erscheint angemessen.

Subventionen sind grundsätzlich zu befristen. Absatz 2 soll verhindern, dass sich Subventionstatbestände verstetigen und unbesehen allfälliger Veränderungen des Bedarfs weitergeführt werden. Die in Absatz 2 festgelegte Befristung bis Ende 2027 entspricht drei Legislaturperioden und ist angemessen.

Art. 29 Referendum und Inkrafttreten

Diese Bestimmung entspricht dem an dieser Stelle üblichen.

2.3 Bundesgesetz über die Anschlussgleise

Das Bundesgesetz über die Anschlussgleise wird mit Artikel 27 GüTG aufgehoben. Diejenigen Inhalte, die auch künftig auf Gesetzesstufe zu regeln sind, werden zwecks Harmonisierung mit den Bestimmungen über die Förderung von Um-schlagsanlagen neu in das Gütertransportgesetz integriert. Auf diese Weise können sämtliche Bestimmungen, aber auch die Subventionstatbestände im Zusammenhang mit dem Schienengüterverkehr in einem einzigen Gesetz, dem Gütertransportgesetz zusammengefasst werden.

2.4 Bundesgesetz über die Verwendung der zweckge-bundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassen-abgabe

5. Kapitel: Übrige werkgebundene Beiträge

1. Abschnitt (neu): Beiträge an private Anschlussgleise und zur Förderung des kombinierten Verkehrs und des Transports begleiteter Motorfahrzeuge

Art. 18 (Zusammenfassung und Harmonisierung Art. 18, 21 und 22 MinVG)

Die Harmonisierung der Förderung von Anschlussgleisen mit der Ausrichtung von Investitionsbeiträgen für den konventionellen Verkehr macht eine Neufassung der Art. 18, 21 und 22 notwendig. Der Grundsatz der Ausrichtung von Beiträgen aus verkehrs- und umweltpolitischen Gründen gilt für jede Bundesbeteiligung in diesem Zusammenhang. Gründe für eine sachliche Differenzierung bestehen keine. Zwar

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können die konkreten Beiträge je nach zu beurteilendem Projekt unter Umständen stark variieren (z.B. von einem kleineren privaten Anschlussgleis zu einer internati-onal bedeutenden Umschlagsplattform im kombinierten Verkehr). Die Details sind wie bisher auf Verordnungsstufe zu regeln.

2.5 Strassenverkehrsgesetz

Art. 30 Absatz 4 und 5

Mit der Anpassung von Absatz 4 und Absatz 5 werden analog zur Anpassung von Art. 4 Absatz 2 GüTG die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung der Konfor-mitätsbewertung bzw. die Durchführung von Prüfungen durch private Unternehmen für Umschliessungen zur Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse geschaffen.

2.6 Eisenbahngesetz

Art. 9a Gewährung des Netzzugangs

Mit der Bahnreform 2.2 wird der Artikel 9a um die Absätze 3 und 4 erweitert. Die Gewährung des Netzzugangs wird mit dieser Vorlage noch einmal präzisiert. Damit die Artikel zum Netzzugang, zur Trassenvergabe und zum Entgelt thematisch lesbar bleiben, wird er besser strukturiert. Artikel 9a thematisiert Regeln zur Gewährung des Netzzugangs. Er beinhaltet die früheren Absätze 1, 4, 5 und 6.

Art. 9b Netznutzung und Trassenvergabe

Dieser Artikel ist textlich neu. Er ersetzt die früheren Absätze 2 und 3 des früheren Artikels 9a zur Prioritätenordnung. Mit der Neuregelung werden die Instrumente des Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne eingeführt. Die Prioritätenord-nung wie sie heute definiert ist, gilt nur noch für die mit dem Netznutzungskonzept und den Netznutzungsplänen nicht zugeteilten Trassen, den sogenannten Restkapazi-täten. In den Bereichen, in welchen der Bundesrat die Netznutzung mit einem Netz-nutzungskonzept oder Netznutzungsplänen festlegt, wird die Prioritätenordnung übersteuert.

Das Netznutzungskonzept ist ein Instrument der langfristigen Kapazitätssicherung. Es wird vom Bundesrat beschlossen und stützt sich auf die Angebotskonzepte, welche innerhalb von STEP festgelegt und angepasst werden. Das Parlament be-schliesst gestützt auf die Angebotskonzepte die Infrastrukturausbauten. Bei der Erarbeitung der Angebotskonzepte gilt grundsätzlich die Gleichwertigkeit des Per-sonen- und Güterverkehrs. Bei der Zuteilung der Trassen soll zudem der schweizeri-sche Taktfahrplan und das Knotenprinzip im Personenverkehr erhalten werden. Andererseits soll der Personenverkehr einer effizienten Abwicklung des Schienen-güterverkehrs nicht im Wege stehen. Die Netznutzungspläne dienen der kurzfristi-gen Kapazitätssicherung.

Mit dem Netznutzungskonzept und den Netznutzungsplänen werden Trassenkapazi-täten verbindlich auf die Verkehrsarten oder Nutzergruppen wie den Personenfern-verkehr, den regionalen Personenverkehr, den internationalen Güterverkehr auf den europäischen Güterverkehrskorridoren, den restlichen Güterverkehr und auf den weiteren Verkehr wie den Autoverlad zugeteilt. Mit diesen Instrumenten erfolgt keine Zuteilung auf einzelne Unternehmen. Dies erfolgt erst mit der Trassenvergabe. In der Regel bestehen sechs Netznutzungspläne für die kommenden Fahrplanjahre

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gleichzeitig. Sie werden von den Infrastrukturbetreiberinnen erarbeitet und dem BAV zur Genehmigung vorgelegt. Dies bedingt, dass das BAV über die wesentli-chen Konflikte und die Lösungsvarianten bei der Trassenzuordnung auf die Ver-kehrsarten durch die Infrastrukturbetreiberinnen informiert ist. Für die Erarbeitung der Netznutzungspläne ist das Netznutzungskonzept verbindlich. Für die Trassen-vergabe sind die Netznutzungspläne verbindlich. Änderungen der Netznutzungskon-zepts beschliesst der Bundesrat. Netznutzungspläne und -konzepte können auf Antrag geändert werden. Falls eine durch das BAV genehmigte Änderung der Netz-nutzungspläne zwingende Rückwirkungen auf das Netznutzungskonzept hat, wird diese Änderung ohne einen Bundesratsbeschluss über die Änderung des Netznut-zungskonzepts nicht definitiv gültig. Die Details zu den beiden Instrumenten regelt der Bundesrat.

Art. 9c Recht auf Entgelt

Der frühere Artikel 9b wird aufgrund der Neustrukturierung des früheren Artikels 9a zu 9c.

Artikel 40abis Aufgaben

Da der Bundesrat in Art. 29 Abs. 2 GüTG die Kompetenz erhält, Vorschriften zur Verhinderung von Diskriminierungen im Zusammenhang mit Dienstleistungen innerhalb des Gütertransports aufzustellen, muss die Schweizerische Schiedskom-mission im Eisenbahnverkehr (SKE) dazu berechtigt werden, die Einhaltung solcher Vorschriften überprüfen zu dürfen. Dazu ist sie - vor allem nach ihrer Stärkung im Rahmen der Bahnreform 2.2 - besser geeignet als die Wettbewerbskommission (WEKO).

Artikel 40b Absatz 2 Buchstabe b

Das Gütertransportgesetz enthält schon in der geltenden Fassung keine eigenständi-gen Haftungsbestimmungen, sondern lediglich einen Verweis auf diejenigen des Eisenbahngesetzes. Der dort enthaltene Verweis auf das Gütertransportgesetz wird somit Zirkelschluss. Die vorliegende Revision bietet Gelegenheit, diesen zu beheben und, was sachgerechter ist, im Eisenbahngesetz für beförderte Sachen neu auf das Obligationenrecht und die massgeblichen internationalen Vorschriften zu verweisen.

2.7 Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbah-nen

Art. 3 Zweck und Unternehmensgrundsätze

Die SBB werden von der Kernaufgabe der Erbringung von Dienstleistungen im Güterverkehr entbunden. Das bedeutet keineswegs, dass die SBB fortan keine oder weniger Güterverkehrsdienstleistungen anbieten werden; aber die Erbringung dieser Dienstleistungen gehört nicht mehr zu ihren gesetzlich zwingenden Aufgaben. Mit Ausnahme des Einzelwagenladungsverkehrs (vgl. dazu Art. 10) darf das Unterneh-men selbst darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang Güterverkehrsangebote im Markt erbracht werden.

Art. 8 Abs. 6

Die Aufgabe des Einzelwagenladungsverkehrs stellt einen Entscheid von grosser, auch politischer Tragweite dar. Aus Sicht der SBB als spezialgesetzlicher Aktienge-sellschaft soll ein solcher Entscheid durch die Generalversammlung getragen wer-

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den. Denn gemäss Artikel 698 Absatz 2 Ziffer 6. des Obligationenrechts entscheidet die Generalversammlung über Gegenstände, die ihr durch das Gesetz oder die Statu-ten vorbehalten sind. Dieser Vorbehalt wird vorliegend als neuer Absatz 6 in Artikel 8 des SBB-Gesetzes aufgenommen.

3 Auswirkungen

3.1 Auswirkungen auf den Bund

3.1.1 Finanzielle Auswirkungen

Einzelne Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen finden sich auch unter den Ziffern 1.2.3.4 und 1.2.3.7.

Mit der Kürzung der Kredite für Güterverkehrsanlagen und Betriebsbeiträge um das in der KAP-Botschaft vorgegebene Ausmass kommt die Vorlage der Sparvorgabe aus dem KAP 2014 nach (in der Summe -20 Mio. Franken pro Jahr; ab 2015).

Unter dem Regime der vorgeschlagenen Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche werden Investitionsbeiträge an Güterverkehrs-anlagen weiterhin aus dem zweckgebundenen Fonds Spezialfinanzierung Strassen-verkehr (SFSV) finanziert. Die Betriebsbeiträge für den nicht alpenquerenden KV, die aktuell ebenfalls über SFSV-Mittel finanziert sind (im Jahr 2012 rund 13 Mio. Franken), werden abgebaut und fallen nach der Übergangsfrist von drei Jahren ganz weg.

Aus heutiger Sicht ergibt sich folgende Belastung des Bundesbudgets:

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Finanzielle Auswirkungen der Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche

Kredit 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021

Investitionen Güterver-kehrsanlagen (inkl. KV-Terminals im Ausland)

finanziert aus SFSV

55 (-15)

60 (-10)

60 65 60 55 50

Betriebsbeiträge

Teil KV finanziert aus SFSV

30 (-5)

24 (-10)

17 12 12 12 12

Rückerstattungen LSVA

20 (0) 20 (0) 20 20 20 20 20

Total Auswirkungen

auf das Bundesbudget

105 (-20) 104 (-20) 97 97 92 87 82

Tabelle 5: Auswirkungen der Vorlage auf das Bundesbudget 2015 bis 2021 in Mio. Franken. (in Klammer: Δ gegenüber dem aktuellen Finanz-plan)

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3.1.2 Personelle Auswirkungen

Die Verlagerung von Aufgaben und der steigende Koordinationsbedarf verursachen im BAV einen personellen Mehraufwand. Dieser entsteht durch die Einführung und Umsetzung des Instruments Netznutzungskonzept/Netznutzungspläne. Der Mehr-aufwand für Aufbau und Umsetzung des institutionalisierten Planungsprozesses und die Erstellung eines Konzepts für Güterverkehrsanlagen erfolgt über eine mit FABI bewilligte Stelle.

Der bisherige Einsatz personeller Ressourcen für Betriebsbeiträge im EWLV, für den nicht alpenquerenden KV und den Güterverkehr der Schmalspurbahnen hält sich in etwa die Waage mit dem Ressourcenbedarf, der für Anschubfinanzierungen und den zusammen mit dem Bund vorgesehenen Bestellungen geplant ist (40 Stellenpro-zente).

Die im Rahmen der Vorlage geplanten Neuregelungen führen damit netto zu einem personellen Mehrbedarf für den Bund im Umfang von 100 Stellenprozent:

Erhöhungen Departement Kurzbeschrieb Anzahl Stellen

UVEK Netznutzungskonzept/Netznutzungspläne 100 Stellenprozente

3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berg-gebiete

Die Kantone sind in ähnlicher Weise an einem leistungsfähigen Schienengüterver-kehr in der Fläche interessiert wie der Bund. Mit der Vorlage werden folgende Berührungspunkte zu den Kantonen angesprochen und geregelt:

Die vorgesehene Zielsetzung geht von einer Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen aus, wenn es darum geht, die Versorgung der Regionen zu gewährleisten.

Als Konsequenz daraus kann der Bund gemeinsam mit den betroffenen Kantonen die naturräumlichen Unterschiede mit Betriebsbeiträgen durch gezielte Bestellungen ausgleichen und für eine angemessene Bedienung in diesen Räumen sorgen. Diese Betriebsförderung erfolgt gestützt auf kantonale Güterverkehrsstrategien oder Gü-terverkehrskonzepte. Insbesondere die bestehenden Betriebsbeiträge an Meterspur-bahnen sollen dank diesem Instrument erhalten bleiben. Indem der Bund eine finan-zielle Mindestbeteiligung der Kantone von 50 % an den Bestellungen vorsieht, ist dies im Durchschnitt mit einer leichten finanziellen Mehrbelastung der Kantone verbunden.

Von den Kantonen wird erwartet, dass sie sich mit Güterverkehrskonzepten und den Instrumenten der Raumplanung aktiv an einer politisch und verkehrlich abgestimm-ten Gütertransportpolitik beteiligen. Dies kann im Rahmen der beschriebenen Be-stellungen durch die Kantone, an denen sich der Bund finanziell beteiligt, erfolgen.

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Mit den neuen Instrumenten Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne wird die Verteilung der Kapazitäten für die Verkehrsarten Personenfernverkehr, regionaler Personenverkehr, internationaler Güterverkehr auf den europäischen Güterverkehrs-korridoren, restlicher Güterverkehr und weitere wichtige Verkehrsarten (z.B. Auto-verlad) verbindlich festgelegt. Zudem wird ein institutionalisierter Änderungspro-zess für das Netznutzungskonzept und die Netznutzungspläne definiert. Die Kantone sind einerseits davon betroffen, weil sie federführend den regionalen Personenver-kehr planen. Sie müssen Planungen, welche zu Änderungen des Netznutzungskon-zepts oder der Netznutzungspläne führen, neu beantragen. In strittigen oder unklaren Fällen entscheidet der Bundesrat. Andererseits werden sie bei der Erarbeitung des Netznutzungskonzepts, der Netznutzungspläne und deren Änderungen aktiv ange-hört.

Damit die Infrastrukturkapazitäten und die Güterverkehrsanlagen gesamtschweize-risch aufeinander abgestimmt werden können, führt der Bund ein neues Planungsin-strument ein: Für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur wird ein Konzept nach Art. 13 RPG erarbeitet. Es legt die regionalen Schwerpunkte bei der Entwicklung von Güterverkehrsanlagen fest. Die Kantone werden bei den zugrundeliegenden Prognosen einbezogen und zur Planung angehört. Das Konzept konkretisiert die Planung grosser Anlagen, welche ebenfalls in den Sachplan Verkehr und in die Richtplanungen der Kantone einfliessen sollen.

3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Gesamtkonzeption zur Förderung des Güterverkehrs in der Fläche unterstützt die Entwicklung der Volkswirtschaft. Der Bund sorgt für eine leistungsfähige Infra-struktur für den Güterverkehr. Dies dient zu einem erheblichen Masse der verladen-den Wirtschaft der Schweiz und erhöht die Attraktivität des Industrie- und Dienst-leistungsstandorts Schweiz im internationalen Vergleich. Der Güteraustausch innerhalb der Schweiz sowie zwischen der Schweiz und dem Ausland erhält stabile Rahmenbedingungen, so dass langfristig die erforderlichen Kapazitäten auch bei den Güterverkehrsanlagen erstellt werden und marktgerechte Angebote im Schienengü-terverkehr bestehen können. Angesichts der wachsenden Staustunden auf der Strasse kann die vorgelegte Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche mit der neuen Ausrichtung einen nachhaltigen Beitrag zur Entlastung der Strassen leisten. Die beiden Verkehrsträger Strasse und Schiene ergänzen sich, um die Versorgung der Volkswirtschaft mit Gütern zu gewährleisten.

3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Vorlage stärkt mit den neu festgelegten Zielen den sozialen Zusammenhalt der Schweiz. Ein leistungsfähiges und nachhaltiges Angebot im Schienengüterverkehr unterstützt dies mittelbar: Eine nachhaltige Entwicklung des Güterverkehrs und das effiziente Zusammenwirken der Verkehrsträger bei der Güterversorgung sind die Kernelemente hierfür.

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3.5 Auswirkungen auf die Umwelt

Mit den definierten Förderinstrumenten für den Güterverkehr in der Fläche und dem damit angestrebten leistungsfähigen Angebot an Schienengüterverkehrsleistungen wird ein ressourcenschonender und emissionsarmer Gütertransport in der Schweiz gestärkt. Mit dem Zeithorizont 2020 vermag zwar auch der Strassengüterverkehr seine Luftschadstoffbelastung aufgrund verbesserter Fahrzeugtechnologien (Euro VI) deutlich zu reduzieren. Doch auch im Schienengüterverkehr können durch den zunehmenden Einsatz von Hybrid-Lokomotiven mit Partikelfilter namhafte Reduk-tionen im Rangierbetrieb realisiert werden. Insgesamt reduziert sich - unter Einbe-zug dieser technischen Entwicklungen - die Belastung des Strassengüterverkehrs bei den Stickoxidemissionen in einer Grössenordnung von -45 %, bei den Partikelemis-sionen um knapp 70 % (jeweils bezogen auf die Transportleistung). Da auch die Schiene Verbesserungen bei den Luftschadstoffemissionen bis dahin realisiert haben wird, bleiben bei den Stickoxidemissionen die Relationen zwischen Strasse und Schiene in etwa konstant (Schiene mit um den Faktor 20 tieferen NOX Emissionen), bei den Partikelemissionen aus Verbrennungsprozessen reduziert sich dieser Faktor auf ca. 2.

Nahezu unverändert bleiben die Vorteile des Schienengüterverkehrs in Bezug auf die Treibhausgasemissionen (insbesondere CO2). Kann der Anteil des Schienengü-terverkehrs durch die definierten Förderinstrumente gehalten bzw. gesteigert wer-den, entlastet dies die Schweizer Treibhausgasbilanz um über 0,5 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr.

4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 201289 zur Legislaturplanung 2011-2015 angekündigt.

4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Die Steigerung der Attraktivität des Güterverkehrs auf der Schiene ist eine der laufenden Massnahmen des Bundes zur Gewährleistung einer nachhaltigen Raum-entwicklung im Rahmen der Strategie "Nachhaltige Entwicklung" des Bundesrats90.

5 Rechtliche Aspekte

5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Kernstück der Vorlage ist die Überarbeitung des Gütertransportgesetzes und die Eingliederung des Bundesgesetzes über die Anschlussgleise in dieses Gesetz. Das GüTG kann sich auf die Bestimmung zur angemessenen Berücksichtigung des

89 BBl 2012 481, hier 618. 90 Vgl. Schweizerischer Bundesrat, Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012 - 2015, hier S.

30.

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Güterverkehrs beziehen, die gemäss aktuellem Stand der parlamentarischen Bera-tungen zu FABI mit dem neuen Artikel 81a in die Bundesverfassung aufgenommen werden dürfte.

Die geplanten Änderungen des MinVG, SVG, EBG und SBBG und stützen sich auf die im Ingress der jeweiligen Gesetze genannten Verfassungsbestimmungen.

5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die in dieser Vorlage vorgeschlagenen Massnahmen stehen im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, namentlich dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse91 (Landverkehrsabkommen). Gemäss Art. 35 des Landverkehrsabkommens ist es der Schweiz erlaubt, finanzielle Unterstützungsmassnahmen zur Förderung des Schie-nengüterverkehrs zu ergreifen. Die in dieser Vorlage beschriebenen finanziellen Förderinstrumente sind nicht diskriminierend ausgestaltet und verursachen keine unverhältnismässigen Wettbewerbsverzerrungen.

Auch die vorgesehenen Instrumente bezüglich der Verteilung der verfügbaren Schieneninfrastrukturkapazitäten sind mit dem Landverkehrsabkommen vereinbar. Die Verordnung (EU) Nr. 913/2010 vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr, enthält Bestimmungen für eine Kapazitätssicherung für grenzüberschreitende Korridortras-sen. Diese Kapazitätssicherung wird mit dieser Vorlage durch das Instrument des Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne vorgenommen. Damit schafft die Schweizer Seite die Voraussetzungen zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 913/2010.

5.3 Erlassform

Die vorliegende Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche kann nur ihre Wirkung entfalten, wenn ihre Grundsätze und Ziele sowie die Massnahmen als rechtssetzende Bestimmungen erlassen werden. Wichtige rechtset-zende Bestimmungen sind gemäss Art. 164 Abs. 1 BV92 in der Form des Bundesge-setzes zu erlassen. Mit der Gesamtkonzeption wird somit eine Änderung des Güter-transportgesetzes (Totalrevision) inklusive verschiedener Änderungen des bisherigen Rechts vorgenommen. In das neue Gesetz integriert werden überdies die bisher in einem separaten Gesetz enthaltenen Bestimmungen über die Anschluss-gleise. Damit wird auf Gesetzesstufe zusammengefügt, was sachlich zusammenge-hört. Das Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Ausgabenbremse dient der Disziplinierung des Bundes in seiner Ausgabenpoli-tik. Die Bundesversammlung muss Ausgaben ab einer gewissen Höhe mit qualifi-

91 SR 0.740.72 92 SR 101

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ziertem Mehr beschliessen. Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV93 ist die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte erforderlich für Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Mio. Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Mio. Franken nach sich ziehen.

Mit dieser Vorlage werden keine Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen bean-tragt. Vielmehr werden die vorgesehenen Ausgaben, die der Bundesrat in dieser Vorlage für die Fördertatbestände vorschlägt, der Bundesversammlung als Kredite im Rahmen der jeweiligen jährlichen Botschaften zum Voranschlag der Schweizeri-schen Eidgenossenschaft unterbreitet.

Damit untersteht die finanzielle Unterstützung von Investitionen in technische Neuerungen (Art. 8 GüTG) der Ausgabenbremse.

5.5 Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetz-gebung

Die finanziellen Mittel zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche stellen Subventionen dar. Aus diesem Grund sind die Bestimmungen des Subventi-onsgesetzes vom 5. Oktober 199094 anwendbar. Die Grundsätze des Subventionsge-setzes werden mit den vorgeschlagenen Bestimmungen nicht in Frage gestellt. Die finanzielle Förderung wird vorerst auf Ende 2027 befristet.

93 SR 101 94 SR 616.1

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Glossar

A-fonds-perdu-Beitrag Investitionsbeiträge der öffentlichen Hand, auf deren Rückzahlung von vorne herein verzichtet wird

Alpenquerender Güterverkehr

Güterverkehr, der den Alpenhauptkamm überquert

Anschlussgleis Erschliessung eines Geländes oder Gebäudes, das selbst nicht zur Eisenbahninfrastruktur gehört, durch Bahnglei-se zum Gütertransport; in Privatbesitz und nicht im Besitz der Infrastrukturbetreiberin

Bimodal hier: dient zwei Verkehrsträgern

Binnengüterverkehr Verkehr innerhalb eines Landes; nicht grenzüberschrei-tend

Cargo Domizil Produktname für Angebot im Stückgutverkehr; wurde 1981 als Betriebsteil der SBB gegründet. Heute eigen-ständige AG für den Stückguttransport auf Strasse und Schiene.

Container meist genormter und stapelbarer Grossraumbehälter zur Lagerung und zum Transport von Gütern.

Eckhöhe im Zusammenhang mit dem Lichtraumprofil eines Eisenbahntunnels die maximal zulässige Höhe für einen durch den Tunnel transportierten KV-Behälter

Einzelwagenladungs- Verkehr (EWLV)

Produktionsform, mit der einzelne Wagen oder Wagen-gruppen in verschiedenen Kundengleisanschlüssen und Freiverladeanlagen regional gesammelt, zu ganzen Zügen zusammengestellt und in Rangierbahnhöfe ge-führt werden, wo neue Züge je nach Bestimmungsregion zusammengestellt werden

Exportgüterverkehr Güterverkehr mit Abgangsort in der Schweiz und Be-stimmungsort im Ausland.

Freiverlad Verlad von Gütern auf die Bahn ohne spezielle Verlade-vorrichtung wie ein Kran oder eine Horizontalum-schlagseinrichtung; im Gegensatz zum Anschlussgleis oder Terminal Teil der öffentlich zugänglichen Eisen-bahninfrastruktur

Güterverkehrsanlagen private Anschlussgleise und Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr

Güterverkehrsspezifische Anlagen der allgemeinen Eisenbahninfrastruktur

Rangierbahnhöfe, Rangieranlagen, Freiverladeanlagen

Horizontalumschlag Umschlag von Gütern (im kombinierten Verkehr) zwi-schen Schiene und Strasse ohne Kran

Importgüterverkehr Güterverkehr mit Abgangsort im Ausland und Bestim-mungsort in der Schweiz

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Just-in-time-Produktion Produktionsstrategie, die als Ziel die Schaffung durch-gängiger Material- und Informationsflüsse entlang der Lieferkette verfolgt und zu schnelleren Auftragsbearbei-tung und -flüssen führen soll; basiert auf einer interorga-nisatorischen Prozessbetrachtung; auch als bedarfssyn-chrone Produktion bezeichnet

Kabotage Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes (im Binnengüterverkehr) durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen (bzw. das Recht, dies zu tun)

Knoten Bahnhof mit mindestens zwei, meist mehreren aufeinan-der abgestimmten Linien des Personenverkehrs

Kombinierter Verkehr Bahntransport von Containern, begleiteten oder unbe-gleiteten Lastwagen, Anhängerzügen, Sattelmotorfahr-zeugen, Anhängern, Sattelaufliegern und abnehmbaren Aufbauten (Wechselaufbauten), wobei der Umschlag zwischen Strassen- oder Rheintransport und Eisenbahn oder Eisenbahn-Eisenbahn ohne Wechsel des Transport-gefässes erfolgt und durch besondere Bauten, Anlagen und Einrichtungen erleichtert wird

Ko-Modalität optimierte Benutzung der verschiedenen Verkehrsträger entweder allein oder in Kombination

Meterspur Bahninfrastruktur mit einer Spurweite von einem Meter (auch 'Schmalspur' genannt); grösstes zusammenhängen-des Meterspurstreckennetz in der Schweiz ist dasjenige der Rhätischen Bahn und der Matterhorn Gotthard Bahn.

Modalsplit Verteilung des Verkehrsaufkommens bzw. der Verkehrs-leistung auf die verschiedenen Verkehrsträger

Naturräumlich den geographischen Raum betreffende Einheit, die durch Parameter der Geofaktoren Klima, Relief, Wasserhaus-halt, Boden, geologischer Bau und Bios charakterisiert wird; der sehr ähnliche geographische Begriff der Land-schaft wird teils in identischer Bedeutung verwendet, teils auch differenziert, indem „Naturraum“ allein die naturgesetzlich determinierte Komponente des jeweili-gen Raumausschnittes beschreibt, während „Landschaft“ weitere Komponenten wie die aktuelle Landnutzung einschliesst.

Netzgrafik schematische Darstellung eines vertakteten Fahrplans anhand einer Modellstunde; jedes im Takt verkehrende Zugpaar erscheint als Strich, der die bedienten Knoten-bahnhöfe unter Angabe der Ankunfts- und Abfahrtszei-ten miteinander verbindet

Netzplan schematische Abbildung eines Linien- und Knotensys-tem innerhalb eines definierten Gebietes; im Gegensatz zur Netzgrafik muss der Fahrplan bei einem Netzplan nicht sichtbar sein

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Netzzugang Benützung der Infrastruktur eines anderen Eisenbahnun-ternehmens durch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen; Netzzugang (auch Open Access genannt) sichert auch den diskriminierungsfreien Zugang zu Infrastrukturein-richtungen, die ein so genanntes natürliches Monopol darstellen - hier das Schienennetz - mit geeigneten staat-lichen Rahmenbedingungen.

Normalspur Bahninfrastruktur mit einer Spurweite von 1435 Milli-metern als übliche Spurweite in der Schweiz und den umliegenden Ländern; neben der Normalspur gibt es in der Schweiz eine Minderheit von schmalspurigen z.B. meterspurigen Strecken

Rangierbahnhof Rangierbahnhöfe sind die Zugbildungsbahnhöfe des Einzelwagenverkehrs; im Einzelwagenverkehr beförder-ten Güterwagen müssen für den Transport zu Zügen zusammengestellt, die Züge später wieder zerlegt wer-den; ein aufgegebener Wagen wird in der Regel mehrere Male rangiert, und zwar in Abgangs- und Zielbahnhof sowie während des Laufweges in Rangierbahnhöfen

Reachstacker Mobile Lastkrane, die zum Stapeln und Umschlagen von Containern, Wechselbehältern und Sattelaufliegern vor allem im kombinierten Verkehr dienen

Sattelauflieger Anhänger, der im Strassenverkehr einen Teil seines Gewichts auf die Achsen eines Zugfahrzeugs verlagert, mit bestimmten Vorrichtungen für die Kranbarkeit im kombinierten Verkehr einsetzbar

Supply Chain Lieferkette, logistischer Ablauf

Swiss Split Produktname für Angebot der Schweizerischen Güter-bahnen zur Feinverteilung der internationalen Behälter des kombinierten Verkehrs innerhalb des Einzelwagen-ladungsverkehrs

Systemfahrplan vertakteter Fahrplan, auch gültig für den Güterverkehr

Systemgüterverkehr Güterverkehr, der in Systemtrassen verkehrt

Systemtrassen Systemtrassen sind Trassen die innerhalb eines Taktfahr-plan stündlich oder zweistündlich immer gleich vorhan-den sind und somit nicht individuell für einen bestimm-ten Zug reserviert werden

Taktfahrplan Fahrplan, bei dem Trassen in regelmässigen, sich perio-disch wiederholenden Abständen geplant werden. Die Zahl der Abfahrten in einem bestimmten Zeitraum wird als Taktfrequenz bezeichnet

Teambahnhof Regionalbahnhof im Bahngütertransport bzw. regionaler Produktionsstandort im Einzelwagenladungsverkehr, von dem in der Regel eine Zustellung an die Anschlussgleise erfolgt

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Terminal, KV-Terminal

Umschlagsbahnhof des kombinierten Verkehrs (KV)

Traktion ziehende Kraft, hier bei Zügen, im Bahnverkehr durch Lokomotive erbracht

Transitgüterverkehr Güterverkehr durch die Schweiz, Abgangs- und Bestim-mungsort liegen im Ausland

Transportaufkommen beförderte Verkehrsmenge (im Güterverkehr beförderte Tonnen)

Transportleistung Produkt aus Verkehrsmenge und seiner zurückgelegten Strecke (im Güterverkehr: Produkt aus beförderten Tonnen und zurückgelegter Distanz)

Trasse Berechtigung, eine bestimmte Strecke des Bahnnetzes zu fix definierten Zeiten mit einem spezifischen Zug (Län-ge, Gewicht, Profil, Geschwindigkeit) zu befahren (ähn-lich einem "Slot" in der Luftfahrt)

Trassenpreis Entgelt für die Benützung einer Schieneninfrastruktur

Trimodal hier: drei Verkehrsträgern dienlich (Strasse, Schiene, Schiff)

Verkehrsträger Transportmittel oder -system (Schiene, Strasse, Wasser, Luft etc.)

Vertikalumschlag Umlad eines Transportgefässes (im kombinierten Ver-kehr) mit Kranung des Gefässes

Wechselbehälter; Wechselbrücken

Container-ähnlicher, nicht stapelbarer Transportbehälter im kombinierten Verkehr (KV)