Trauma und Persönlichkeitsstörungen - Klinik Rhein · Dilemma der Definition eines psychischen...

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Trauma und Persönlichkeitsstörungen Wolfgang Wöller Rhein-Klinik Bad Honnef

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Trauma und Persönlichkeitsstörungen

Wolfgang Wöller

Rhein-Klinik Bad Honnef

Traumatische Belastung bei Borderline-Persönlichkeitsstörung

Physische, sexuelle oder emotionale Miss-handlung bei bis zu 75 % der Patienten mit BPS

alle Formen der Kindesmisshandlung (Herman et al. 1989, Yen 2003, Zanarini et al. 2002)

insbes. emotionale Misshandlung (Allen 2009, Kaehler u. Freyd 2009, Lobbestael et al. 2010, Widom et al. 2009)

Komplexe Interaktion mit genetischen Faktoren

Zwillingsstudien (Bornovalova et al. 2009, Distel et al. 2008)

Gen-Umwelt-Interaktionen (z.B. Ni et al. 2006)

Traumatische Belastung bei anderen Persönlichkeitsstörungen

Dissoziale PS (Gao et al. 2010, Nederlof et al. 2010)

Paranoide PS (Lobbestael et al. 2010)

Schizoide PS (Yen et al. 2003, Lobbestael et al. 2010)

Ängstlich-vermeidende PS: körperl. und emot. Missbrauch (Rettew et al. 2003), sex. Missbrauch (Lobbestael et al. 2010) Vernachlässigung (Battle et al. 2004)

Genese von Persönlichkeitsstörungen

Komplexe Interaktion von genetischen Einflüssen und lebengeschichtlichten Belastungsfaktoren

Zwillings- und Adoptionsstudien belegen Erblichkeit von Persönlichkeitszügen, die eine Persönlichkeits-störung beschreiben (Torgersen et al. 2008; bei BPD Bornovalova et al. 2009, Distel et al. 2008, New et al. 2008, Maier u. Hawellek 2011)

Bedeutung von Gen-Polymorphismen

Assoziation des Serotonin-Transporter-Gens mit kurzem Allel und Auftreten einer Borderline-PS (Ni et al. 2006; New et al 2008).

Einfluss von Bindungs- und Beziehungstraumatisierungen

Ungünstiges familiäres Umfeld, elterliche Psycho-pathologie und Misshandlung/Missbrauch prädizieren unabhängig voneinander das spätere Auftreten einer BPS (Bradley et al. 2005).

Desorganisiertes Bindungsmuster, Misshandlung, mütterliche Feindseligkeit, unzureichende Vaterpräsenz und familiärer Stress prädizieren spätere BPS (Carlson et al. 2009, Sroufe et al. 2005).

Kindesmisshandlung, ungünstige elterliche Erziehungs-stile und Trennung von den Eltern prädizieren unabhängig voneinander das Auftreten einer PS (Bandelow et al. 2005).

Traumatisierungsmuster bei schweren Persönlichkeitsstörungen

Bindungs- und Beziehungstraumatisierungen

Misshandlungs- und Missbrauchstraumen der

Kindheit

Traumatisierungen im Erwachsenenalter

(Retraumatisierungsneigung!)

Alltagsbelastungen mit traumawertigem

subjektivem Belastungsgrad als Folge der

persönlichkeits-spezifischen Vulnerabilität

Dilemma der Definition eines psychischen Traumas

Rhein-Klinik Bad Honnef

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Objektive Definitionen – klinisch wenig hilfreich kurz- oder langanhaltende Ereignisse oder Geschehen von

außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß, die nahezu bei jedem tiefgreifende psychische Belastung auslösen würde“ (ICD-10, WHO 1994)

Subjektive Definitionen – Gefahr der Inflationierung des Traumabegriffs Überwältigung des Ich Zusammenbruch von Abwehr- und Bewältigungs-

mechanismen Zustände extremer Ohnmacht und Hilflosigkeit

Trauma-Definition

„vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedroh-lichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen der Hilflosigkeit und

schutzlosen Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst-

und Weltverständnis bewirkt.“ (Fischer u. Riedesser

1998, S. 79)

Klassifikation psychischer Traumatisierungen

einmalig,

überraschend

(Typ-I-Trauma)

kumulativ

(Typ-II-Trauma)

apersonal Unfälle

Natur-

katastrophen

Krieg

personal Vergewaltigung Kindesmissbrauch

familiäre Gewalt

Folter

Geiselhaft

KZ-Haft

Krieg

Systematik der traumaassoziierten Störungsbilder

Akute Belastungsreaktion

Einfache PTSD Komplexe PTSD

Posttraumatische Störungsbilder

Traumaassoziierte Störungsbilder

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) - Symptomatik

Intrusionen

„Flashbacks“, Alpträume

Vermeidungsverhalten

Vermeidung aller traumabezogenen Reize

emotionaler Taubheitszustand

erschwerter Zugang zu Gefühlen

anhaltende physiologische Übererregung

sympathikotone vergetative Reaktionen (RR, Puls)

„Komplexe posttraumatische Belastungsstörung“ (DESNOS = Disorders of Extreme Stress Not Otherwise Specified, Herman 1969)

1. Störungen der Emotionsregulierung schwere Persönlichkeitsstörungen, insbes.

Borderline-Persönlichkeitsstörung therapierefraktäre Depressionen

2. Dissoziative Störungen

3. Somatoforme Störungen

4. Chronische Persönlichkeitsveränderungen

5. Veränderungen des Selbst- und Weltverständnisses

Traumafolgestörungen

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Komplexe Traumafolgestörungen mit variabler Kombination verschiedener psychischer/psychosomatischer Störungsbilder depressive Symptome

dissoziative Symptome

PTBS

Somatisierungsstörungen

Essstörungen

Substanzabhängigkeit

Persönlichkeitsstörungen

(Herman 1992, Brown u. Finkelhor 1986, Felitti et al. 2002).

Komorbidität der Borderline- Persönlichkeitsstörung mit ...

PTBS: 39,2 bis 51 % (McGlashan et al., 2000, Golier et al. 2003, Grant et al. 2008, Yen et al. 2002)

dissoziativen Störungen: 53 % (Zittel et al.

2005) bis 72,5 % (Sar et al. 2006)

und dissoziativen Störungen: Eine Zufallsstichprobe erfahrener Kliniker fand, dass 53 % der Patienten, die wegen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung behandelt wurden, eine komorbide dissoziative Störung aufwiesen. 11 % von ihnen erfüllten die Diagnose einer Dissoziativen Identitätsstörung (Zittel et al. 2005). In der Untersuchung von Sar et al. (2006) wiesen sogar 72,5 % der Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung gleichzeitig eine dissoziative Störung auf.

Was sind Persönlichkeitsstörungen?

Diagnostisches Konstrukt zur Beschreibung von anhaltenden Auffälligkeiten im Erleben, Denken und Verhalten

nachhaltige Störung des zwischenmenschlichen Zusammenlebens

Risiko für die psychische Gesundheit

Leidensdruck für die Person oder ihre Umwelt

gestörte soziale Funktions- und Leistungsfähigkeit

in Kindheit oder Jugend erworben

nicht durch eine körperliche Ursache bedingt

Was sind Persönlichkeitsstörungen?

Konstrukt zur Beschreibung dysfunktionaler interpersoneller Beziehungsmuster

Aspekte von Dysfunktionalität in Bezug auf die Lebensbewältigung

Selbstschädigung

Fremdschädigung

Interpersoneller Aspekt

Typologie von Persönlichkeitsstörungen

nach ICD-10

Emotional instabile (Borderline-) PS (F60.31)

[Narzisstische PS (F60.8)]

Histrionische PS (F 60.4)

Abhängige (asthenische) PS (F 60.7)

Dissoziale PS (F60.2)

Paranoide PS (F60.0)

Schizoide PS (F60.1)

Anankastische (zwanghafte) PS (F 60.5)

Ängstliche (vermeidende) PS (F 60.6)

Problematik der Diagnosekategorie „Persönlichkeitsstörungen“

Starke Überlappung der Unterkategorien

Suggestion kategorialer Krankheitseinheiten – dimensionale Modelle wären sinnvoller

Problematik der Etikettierung und Festschreibung

Begriff der Persönlichkeitsstörung: Historische Entwicklung

Psychopathie Hypothese konstitutioneller Anlage

Charakterstörung, Charakterneurose Hypothese frühkindlich erworbener

Eigenschaften

Persönlichkeitsstörung nach ICD-10: rein deskriptiver Begriff

Problembereiche bei Persönlichkeitsstörungen

Persönlichkeitsstörungen als Störungen der

interpersonellen Kommunikation

Vielzahl interpersoneller Konflikte und

Verwicklungen

Neigung zu Instabilität/hohe Komorbidität

Diskrepanz zwischen Selbst- und

Fremdwahrnehmung

Neigung zu dysfunktionalem, manipulativem

oder (auto)destruktivem Verhalten

(„Agieren“)

Problembereiche bei Persönlichkeitsstörungen

Maladaptive Verhaltensmuster erfassen die therapeutische Beziehung („schwierige Patienten“)

Problematische Beziehungsgestaltung mit rascher und heftiger Übertragungsentwicklung

Feindselig-entwertende-vorwurfsvolle Beziehungsgestaltung: Gefahr des Beziehungs- oder Therapieabbruchs

Abhängig-idealisierende Beziehungsgestaltung: Gefahr der malignen Abhängigkeitsentwicklung

Problembereiche bei

Persönlichkeitsstörungen auf der

Ebene defizitärer Ich-Funktionen

Störung der Emotionsregulierung Störungen der Fähigkeit zur Mentalisierung,

Impulskontrolle, Selbst-Objekt-Differenzierung, Objektkonstanz, kognitive Defizite

Unzureichende Integration der Persönlichkeit (Identitätsstörung, Identitätsdiffusion, Ego-State-Disorder)

maladaptive Verhaltens- und

Beziehungsmuster

Störung der Emotionsregulierung

rasch wechselnde globale und undifferenzierte

Affektzustände und quälende

Spannungszustände

interpersonell reaktiv ausgelöst

können bis zu Stunden andauern

Oszillieren von Depression, Wut, Angst, Leere

und Depression (Koenigsberg et al. 2002, Lieb et al. 2004, Stiglmayr 2011, Wolff

et al. 2007).

Traumatische Affekte

Scham

Wut

Leere Verzweiflung

Ohnmacht

Ver-

lassen-

sein

Schuldgefühle

Selbstverletzendes Verhalten

Substanzmissbrauch (Alkohol, Drogen)

Fressattacken und

selbstindiziertes Erbrechen

Risikoverhalten (schnelles

Autofahren)

Selbstschädigende Verhaltensweisen zur Kompensation der gestörten Emotionsregulierung

Hyperreagibilität

Borderline-Patienten sind hyperreagibel und wachsam

überempfindlich gegenüber negativen Stimuli (Sieswerda et al. 2007).

schon nach schwachen Reizen schnelle und intensive Erregungsmuster (Jacob et al. 2009).

bemerken oft kleinste mimische Veränderung im Gesicht

Soziale Wahrnehmung

Die soziale Wahrnehmung ist durch ein

verstärktes Bedrohungserleben charakterisiert.

Borderline-Patienten nehmen neutrale Gesichter

tendenziell als bedrohlich und nicht wohlwollend

wahr (Donegan et al. 2003, Lynch et al. 2006, Scott et al. 2011,

Koenigsberg et al. 2009).

Aggressive Reaktionen

Borderline-Patienten zeigten bei experimentell induzierten Frustrationen beim Spielen ein dreifach höheres Aggressionsniveau als gesunde Probanden (Dougherty et al. 1999).

Genauere Analysen der Sequenzen der Emotionen ergaben, dass Zuständen des Ärgers und der Wut am häufigsten Zustände der Angst vorausgingen (Reisch et al. 2008).

Selbstbezogene schädigende Verhaltensmuster als Ausdruck komplexer traumabedingter Funktionsdefizite

Gefahren nicht antizipieren (können)

nicht für sich sorgen können (können)

sich nicht abgrenzen (können)

sich nicht schützen (können)

hilflos sein, nicht handeln (können)

erneuter Opferstatus (Reviktimisierungsneigung)

Maladaptive Interaktionsmuster

Interaktionspartner fühlen sich kontrolliert oder manipuliert, übervorteilt und unfair behandelt fühlen.

Verhalten meist nicht absichtlich manipulativ, sondern motiviert durch Versuche, schmerzhafte Emotionen zu bewältigen und verdeckte Befriedigung von Bedürfnisse zu erreichen Kontrolle ausüben, um Verfügbarkeit des

regulierenden Objektes zu sichern andere in Sorge versetzen, gefahrlos Verbundenheit

herzustellen

Interpersonelle schädigende Verhaltensweisen zur Kompensation der gestörten Emotionsregulierung

zum Schutz vor Kränkungen, Verletzungen und

Ohnmachterleben

entwerten

Aufmerksamkeit oder Zuwendung erzwingen

unter Druck setzen, erpressen

sich zurückziehen

drohen, beschuldigen, entwerten

sich unangemessen verführerisch verhalten

Abgrenzung: Persönlichkeitsstruktur

Psa.-neurosenpsychologischer Begriff zur Beschreibung der Persönlichkeit auf der Basis der vorherrschenden Abwehrstruktur

Z.B. zwanghafte, hysterische, depressive etc. Persönlichkeitsstruktur

kein Krankheits- oder Störungsbegriff

keine Dysfunktionalität

keine interpersonelle Auswirkungen

Abgrenzung: Persönlichkeitsveränderung

Verwendung 1: wie Persönlichkeitsstörung, jedoch im

Erwachsenenalter erworben Z.B. Persönlichkeitsveränderungen bei Holocaust-Opfern

Verwendung 2: intrapsychische Veränderungen mit hohem

Leidensdruck

erhaltene Funktionalität

keine oder kaum interpersonelle Auswirkungen Z.B. Selbstentwertung und Täteridealisierung bei

Traumatisierten

5 Plausible Modelle zur Erklärung

klinischer Phänomene bei traumabedingten Persönlichkeitsstörungen

Ev. 33

Neurobiologische Befunde bei Borderline-

Persönlichkeitsstörung

präfrontale Dysfunktion beim Anhören persönlicher Scripts von Verlassenheit und Misshandlung (Schmahl et al., 2003, 2004, Silbersweig et al. 2007)

Neutrale Gesichter werden als bedrohlich erlebt (Donegan et al., 2003)

Verstärktes Bedrohungserleben

Neurobiologische Befunde bei Borderline-

Persönlichkeitsstörung

Dysfunktionales kortikolimbische Netzwerk gesteigerte Amygdala-Aktivierung bei Darbietung

emotional aufgeladener Bilder (Herpertz et al., 2001)

oder Gesichtern (Donegan et al., 2003)

Volumenminderungen im Bereich des präfrontalen

Kortex und des Hippokampus (Irle et al. 2005;Tebartz

van Elst et al. 2003) sowie des vorderen zingulären

Kortex (Minzenberg et al. 2008)

verminderte Aktivität des orbitofrontalen Kortex (OFC)

und des vorderen zingulären Kortex (New et al. 2002,

Silbersweig et al. 2007)

Neurobiologie bei

chronischer PTBS

Überaktivität und erhöhte

Reaktionsbereitschaft der

Amygdala (Shin et al. 2006)

vermindertes Hippo-

kampus-Volumen (Karl et al.

2006)

verminderte Volumina und

Aktivität des präfrontalen

Kortex (PFC) einschl. des

vorderen zingulären Kortex

(ACC) (Rauch et al. 2003, Woodward

et al. 2006).

Neurobiologie der

Borderline-Störung

gesteigerte Amygdala-Aktivierung bei Darbietung emotional aufgeladener Bilder (Donegan et al., 2003)

Volumenminderungen im Bereich des präfrontalen Kortex und des Hippo-kampus (Irle et al. 2005;Tebartz van

Elst et al. 2003) sowie des vorderen zingulären Kortex (Minzenberg et al. 2008)

verminderte Aktivität des orbitofrontalen Kortex (OFC) und des vorderen zingulären Kortex (New et al. 2002)

Das Wachstum des präfrontalen Cortex (als Zentrum der Emotionsregulierung) ist in hohem Maße abhängig von der Qualität des mütterlichen Attunement und der Bindungserfahrung

Modell der erfahrungsabhängigen

Hirnentwicklung

Unangemessene elterliche Reaktionen auf kindliche

Affektzustände

negative emotionale Zustände des Kindes bleiben

über längere Zeit unreguliert

„chaotische“ biochemische Veränderungen im

kindlichen Gehirn: dauerhaft erhöhte Cortisonspiegel, exzessive Freisetzung

von Adrenalin und Noradrenalin und anderer toxischer

Substanzen

vermindertes neuronales Wachstum im Bereich der

präfrontalen Strukturen

Modell der erfahrungsabhängigen

Hirnentwicklung

Rückgang von Synapsen und Beschleunigen des normalen Prozesses des programmierten Zelltodes (Zhang et al. 1997, McLaughlin et

al. 1998).

↓ Verminderte Funktionsfähigkeit der emotionsregulierenden Struktur des präfrontalen Cortex

Modell der verminderten Top-Down-Modulation basaler

emotionaler Systeme, insbes. der Amygdala erhöhte Bereitschaft zur Wahrnehmung von Bedrohungssignalen

1 – Orbitofrontaler Cortex

2 – Region des vorderen Cingulum

3 – Amygdala

Modell der verminderten Top-Down-

Modulation basaler emotionaler Strukturen

Präfrontales Defizit

verminderte Top-Down-

Modulation der Amygdala

Störung der Fähigkeit Störungen der Fähigkeit

zur Emotionsregulierung zur Mentalisierung

↓ ↓

Verstärktes Bedrohungserleben

Maladaptives Handeln auf der Basis dieses Bedrohungserlebens

Lebenslange Möglichkeit der Modifikation und Neuorganisationen neuronaler Verbindungen in Abhängigkeit vom Gebrauch (Huether et al. 1999)

Vielfach wiederholte Aktivierung neuronaler Netzwerke bis zur Etablierung neuer Muster

Üben und Durcharbeiten neuer Muster

Persönlichkeitsstörungen als Bindungsstörungen

Borderline-PS unsicher-ambivalente Bindungsstile (Buchheim 2011;

Fonagy et al. 1996; Levy et al. 2006, 2011; Timmerman u. Emmelkamp

2006)

unsicher-desorganisierte Bindungsmuster

(„unresolved“) (Agrawal et al., 2004, Fonagy et al., 1996, 2000;

Patrick et al. 1994)

Übrige Persönlichkeitsstörungen dissoziale PS: überwiegend unsicher-distanzierte

Bindungsstile (Timmerman u. Emmelkamp 2006).

Clusters C-PS: überwiegend unsicher-ambivalente

Bindungsmuster (Rosenstein & Horowitz 1996, West u. Sheldon

1988).

Desorganisierte Bindungen

entstehen, wenn die Bindungsfigur gleichzeitig

die Quelle von Trost und Angst ist (Main u. Hesse

1990).

Bindungsdesorganisation ist das Ergebnis einer gleich-zeitigen Aktivierung des Bindungs- und des Bedrohungs-systems gegenüber der gleichen Bezugsperson (Lyons-Ruth u. Jacobvitz 2008).

Annäherungs-Vermeidungskonflikt, der die Informationsverarbeitung und Problemlösung stört Hemmung der Mentalisierungsfunktion durch die Aktivierung des Bedrohungs-Abwehr (fight-flight-System)

Alternative Möglichkeiten der Regulation des Sicherheitsgefühl bei unzuverlässigem Bindungssystem

durch Dominanz

in sozialen Rangordnungssystemen, wenn Untergeordnete Signale der Unterwerfung senden (Keltner et al. 2003, Scott 1990)

durch verführerisches Verhalten

Psychodynamisch-

objektbeziehungstheoretische Modelle (Winnicott, Jacobson, Balint, Ferenczi, Kernberg, Bion)

Introjektion destruktiver Objektziehungsmuster verändern die Repräsentanzenwelt

Destruktive Introjekte werden zur inneren Druckentlastung re-externalisiert

Identifikation mit destruktiven frühen Objekten führt zur Präsenz täteridentifizierter Persönlichkeitsanteile

Unreife Abwehrmechanismen verzerren die Wahrnehmung der äußeren Welt

Inkompatibilität der inneren Strukturen führt zur Identitätsdiffusion

Psychodynamisches Strukturmodell

Persönlichkeitsstrukturelle Defizite (Ich-

Funktionen) Störung der Emotionsregulierung

Störungen der Impulskontrolle

Störungen der Aufmerksamkeitslenkung

Störungen der Selbst-Objekt-Differenzierung

Störungen der Objektkonstanz

Störungen der Mentalisierungsfunktion

Störungen der Ich-Integration

Strukturachse der OPD-2

Modell der Strukturellen Dissoziation der Persönlichkeit (van der Hart, Nijenhuis & Steele 2008)

Selbstzustände als dissoziierte Anteile der Persönlichkeit, die sehr komplex sein und aus unterschiedlichen Lebensperiode stammende mentale Zustände enthalten können

„Anscheinend normale Persönlichkeit“ (ANP):

Funktionalität im täglichen Leben

ANP-Anteile können die Tendenz repräsentieren, Gefühle oder Körpersensationen zu vermeiden, die an das Trauma erinnern (van der Hart et al. 2006).

„Emotionale Persönlichkeit“ (EP): mit den traumatischen Erfahrungen verbundene Persönlichkeitsanteile

Psychodynamische Therapieansätze

bei Persönlichkeitsstörungen

Übertragungsfokussierende Psychotherapie (TFP) für Borderline-Patienten (Kernberg 1993;

Clarkin et al. 2001)

Psychoanalytisch-interaktionelle Psychotherapie (Heigl-Evers u. Ott 1994)

Strukturbezogene Psychotherapie (Rudolf 2004)

Mentalisierungsbasierte Psychotherapie für Borderline-Patienten (Bateman u. Fonagy 2004)

Psychodynamische Therapieansätze bei

Persönlichkeitsstörungen

Evidenz auf der Basis von

Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP) für BPS (Kernberg 1993; Clarkin et al. 2001)

RCT Clarkin et al. (2007)

Psa.interaktionelle Psychotherapie (Heigl-Evers u. Ott 1994)

kontrollier-ten Studien

Leichsenring (2008)

Strukturbezogene Psychotherapie (Rudolf 2004)

kontrollier-ten Studie

Rudolf et al. (2004)

Mentalisierungsbasierte PT für BPS (Bateman u. Fonagy 2004)

RCT Bateman & Fonagy (2002)

Psychodynamische Therapieansätze bei

komplexen Traumafolgestörungen

Evidenz auf der Basis von

PITT (Psychodynamisch-

imaginative Trauma-

therapie (Reddemann 2011; Sachse 2010)

kontrollier-ten Studien

Sachsse et al.

2006; Lampe et

al. 2008, Kruse et al. 2010)

Ressourcenbasierte

Pychodynamische Therapie (RPT)

zur Behandlung von Patienten mit traumaassoziierten Persönlichkeitsstörungen

Ev. 58

Zielgruppen des Konzepts

Primäre Zielgruppe: Persönlichkeitsstörungen

mit Komorbidität einer Posttraumatischen Belastungsstörung (i. S.

d. ICD-10) und/oder

einer dissoziativen Störung

in zweiter Linie: Persönlichkeitsstörung ohne komorbide

Posttraumatische Belastungsstörung oder

dissoziative Störung

Phasenorientiertes Therapiekonzept

1. Sicherheit, Halt und die Stärkung der

Bewältigungskompetenz

2. Emotionsregulierung und Selbstfürsorge

3. Mentalisierung und die Entwicklung stabiler

Repräsentanzen

4. Schonende Traumabearbeitung

5. Konfliktorientiertes Arbeiten an maladaptiven

Verhaltensmustern

Phase 1:

Sicherheit, Halt und die Stärkung der

Bewältigungskompetenz

Externe Emotionsregulierung zur Reduktion des erhöhten Bedrohungs-erlebens: Maximaler Kontrast zur traumatischen Situation

Traumatische Situation Therapeutische Situation

Bedrohung, Unsicherheit Sicherheit

Kontrollverlust Kontrolle

Verwirrung, Intransparenz Aufklärung, Transparenz

Alleingelassensein reale Präsenz

Sicherheit

Äußere Sicherheit (Täterkontakte?)

Soziale Sicherheit

Sicherheitsgefühl in der therapeutischen

Beziehung

Bedingungen der Behandlungssituation (z.B.

Sitzanordnung)

Antizipation des Unsicherheitsgefühls der

Patienten

Kontrolle

Kontrollbedürfnis der Patienten respektieren

Einbezug der Patientin in therapeutische

Entscheidungen

Wahlmöglicheiten anbieten

fortgesetztes Einholen des Einverständnisses

der Patientin

Zusammenhang zwischen Mentalisierungsfunktion und Emotionsregulierung

Die Fähigkeit zur Mentalisierung ist in hohem

Maße von der Qualität der Emotions-

regulierung abhängig.

emotionaler Dysregulation potenziell vieldeutige

Verhaltensweisen anderer Menschen werden

vorschnell im Sinne einer gegen die eigene Person

gerichteten Schädigungsabsicht interpretiert

Verstärkung des Bedrohungserleben bei

eingeschränkter Mentalisierungsfunktion

„Individuals with borderline personality disorder are normal mentalizers except in the context of

attachment relationships.“

(Fonagy & Bateman 2007)

Fonagy P, Bateman AW (2007). Mentalizing and borderline personality disorder. J Ment Health; 16(1): 83 – 101.

Inverse Beziehung zwischen Mentalisierungs-

funktion und Aktivierung des Bindungssystems

Aktivierung des Bindungssystems hemmt die

Mentalisierungsfähigkeit normaler Erwachsener (Bartels u .

Zeki 2004, Mikulincer u. Shaver 2007).

Sicher gebundene Personen: Mentalisierungsfunktion

(präfrontale Aktivität) bleibt auch bei aktiviertem

Bindungssystem erhalten

Bei unsicher gebundenen wird die Mentalisierungs-

funktion um so stärker deaktiviert, je mehr das

Bindungssystem aktiviert ist.

Borderline: Tendenz zur schnellen Aufnahme enttäuschend

verlaufender Beziehungen

Therapeutische Konsequenz: Deaktivierung des stark

aktivierten Bindungssystem, um die Mentalisierungsfunktion zu

stärken (Levy et al. 2011)

Therapeutische Haltung

Antiregressives Beziehungsangebot mit

Stärkung der Eigenverantwortung der Pat. Vermittlung von Bindungssicherheit, jedoch

möglichst geringe Aktivierung des Bindungs-

systems zur Erhaltung der Mentalisierungs-

funktion

möglichst geringe Aktivierung von Retter- oder

Täterübertragungen

ggf. aktives Ansprechen der Übertragungs-

muster

dadurch geringere emotionale Belastung der

Therapeuten

Unterstützende Techniken zur Reduktion des Bedrohungs- und Spannungserlebens

Bilaterale Stimulationstechniken

(„Butterfly-Hug“)

Klopftechniken der energetischen

Psychologie

Klopfroutinen mit Stimulation

definierter Akupunktur-Punkte (Gallo; TFT

nach Callahan etc.)

Einteilung der Ressourcen nach Smith & Grawe (2003)

interpersonale

• z.B. wert-schätzende Beziehungen

intrapsychische

• z.B. soziale Kompetenzen

motivationale

• Ziele zur Erreichung von Grund-bedürfnissen

potenziale

• Kompetenzen zur Erreichung von Grundbedürfnissen

Definition von Ressourcen nach Nestmann (1996)

"Letztlich alles, was von einer bestimmten

Person (ohne selbstschädigend zu sein) in

einer bestimmten Situation wertgeschätzt wird

oder als hilfreich erlebt wird, kann als eine

Ressource betrachtet werden.”

Als Ressource kann alles genutzt werden, was einen positiven Körperstate

hervorruft!

Ressourcenaktivierung

Aktivierung bisheriger Bewältigungsformen

Aktives Herbeiführen von State-Wechseln im

Sinne positiver emotionaler Zustände durch

positive Aktivitäten

Aktivierung positiver Erinnerungsbilder

imaginative Techniken

Ressourcen- und Traumadiagnostik

zu Behandlungsbeginn

ressourcenreiche Momente des Lebens, Stärken, Fähigkeiten und hilfreiche Beziehungen explorieren

Bewältigungsstrategien der Gegenwart und Vergangenheit erfragen

keine Exploration traumatischer Ereignisse

spontanes Berichten traumatischer Erfahrungen eher begrenzen

Ressourcen- und Traumadiagnostik

bei tragfähiger therapeutischer Beziehung und ausreichender Emotionskontrolle mit der Bearbeitung von Alltagsstressoren

beginnen

bei Kindheitstraumen subjektiven Belastungsgrad der Befragung und der Inhalte abschätzen

Patientin bestimmen lassen, ob und was sie erzählt

Distanzierungstechniken vermitteln

in der Phase der Traumabearbeitung Erfragen von Details nur soweit notwendig

Regeln, Vereinbarungen, Verträge

zum Schutz der Patientin, der Therapeutin

und der Therapie vor destruktiven Persön-

lichkeitsanteilen

Einbezug der Patienten bei der Erarbeitung

von Vereinbarungen und Therapieverträgen

(„Schlupflöcher“)

Narzisstische Persönlichkeitsstörung

Durchgängiges Muster:

Verlangen nach übermäßiger Bestätigung und Bewunderung

Kleinheits- und Nichtigkeitsgefühle

Kompensatorische Verhaltensmuster

grandioses Gefühl eigener Wichtigkeit

ansprüchliches Verhalten: Nur das Beste ist gut genug

entwertend, überheblich, arrogant

ausbeuterisch, ausschließlich an der eigenen Bedürfnisbefriedigung orientiert

Psychodynamik:

Schwere Störung des Selbstwertgefühls

Beziehungsgestaltung bei narzisstischer Persönlichkeitsstörung

respektvolle, gleichberechtigte und wenig konfrontative therapeutische Haltung sich für Stärken und Kompetenzen interessieren

psychisches Erleben validieren

Wahlmöglichkeiten und Kontrolle einräumen

Gefühl zu vermitteln, »gesehen« und »wahrgenommen« und als wertvoll und bedeutsam angenommen zu sein

Vorsicht beim Ansprechen von Kränkungserleben empathisches Einfühlen in Gefühle des Verletztseins

Begrenzungen inadäquater Verhaltensweisen mit eigener Begrenztheit begründen

Abhängige (asthenische) Persönlichkeits-

störung (F 60.7)

Durchgängiges Muster: Abhängig-anklammerndes Verhalten

Neigung zu Gefügigkeit und Unterordnung unter eine Bezugsperson

Delegation aller Lebensentscheidungen an andere Menschen

Psychodynamik:

Beziehungserfahrung des Verlassenwerdens

anhaltende Angst vor Wiederholung dieser Beziehungserfahrung

Beziehungsgestaltung bei abhängiger Persönlichkeitsstörung

Gefahr der Entwicklung einer malignen Abhängigkeitsbeziehung beachten Schwere der den Trennungsängsten zugrunde liegenden

Störung anerkennen

ressourcenaktivierende, selbstwertstärkende und autonomiefördernde Interventionen keine einseitige Beschäftigung mit Traumatisierungen

der Vergangenheit

frühzeitig auf zeitliche Begrenztheit und das Ende der Therapie hinweisen

Histrionische Persönlichkeitsstörung

(F 60.4 )

Durchgängiges Muster:

übertriebener Ausdruck von Gefühlen, Neigung zu Theatralik und Dramatisierung

gesteigertes Verlangens nach Aufmerksamkeit und Bewunderung

oft unangemessen sexuell verführerisch

Neigung zu manipulativen Verhaltensweisen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse

Psychodynamik:

Beziehungserfahrung des Nicht-Wahrgenommenwerdens/ Angst davor

Beziehungsgestaltung bei histrionischer Persönlichkeitsstörung

Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Bewunderung als basale Bedürfnisse nach Wahrgenommenwerden und Gesehenwerden würdigen

Gegenübertragungsimpulse des Nicht-ernst-nehmen-Könnens reflektieren

Abwehrfunktion der Emotionalität erkennen

authentische Affekte identifizieren

globale und diffuse Denkstruktur sowie Mentalisierungsdefizite beachten

Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung (F 60.5)

Durchgängiges Muster:

Genauigkeit, Gewissenhaftigkeit bis zur Pedanterie

übertriebene Ordnungsliebe und Rigidität

Perfektionismus

neigen zu starkem Zweifel und verstärkter Vorsicht

haben eine Vorliebe für Details, Regeln, Listen, Ordnung, Organisation oder Schemata

Psychodynamik:

Angst vor Chaos, Unordnung, Desintegration

Ängstliche (vermeidende)

Persönlichkeitsstörung (F 60.6)

Durchgängiges Muster:

Vermeidung aus Angst und Minderwertigkeitsgefühlen

Vorstellung, sozial minderwertig, unattraktiv oder anderen unterlegen zu sein

übertriebene Erwartung, von anderen kritisiert oder zurückgewiesen zu werden

Vermeidung sozialer oder beruflicher Aktivitäten

Psychodynamik:

Angst vor Kritik, Missbilligung oder Zurückweisung

Beziehungsgestaltung bei ängstlich-vermeidender Persönlichkeitsstörung

Ängste vor Verletzung und Beschämung beachten

Schutzbedürfnisse anerkennen

Bedürfnisse und Ängste erwachsener und kindlicher Persönlichkeitsanteile differenzieren

Vereinbarungen zum Umgang mit Vermeidungstendenzen treffen

Schizoide Persönlichkeitsstörung

(F60.1)

Durchgängiges Muster:

Neigung zur sozialen Isolierung und zum Einzelgängertum

kühl und emotional distanziert

unnahbar mit geringer Fähigkeit zu warmen, zärtlichen Gefühlen

zeigen sich oft gleichgültig gegenüber sozialen Regeln, aber auch gegenüber Lob und Kritik von Seiten anderer

Psychodynamik

Beziehungserfahrung von Verletzung und Demütigung

anhaltende Angst vor Wiederholung dieser Beziehungserfahrung

Beziehungsgestaltung bei schizoider Persönlichkeitsstörung

Distanzbedürfnisse als Schutz vor Verletzlichkeit in Beziehungen verstehen

Sicherheitsbedürfnis in der Therapie beachten

Näheängste und gesteigertes Autonomiebedürfnis respektieren

ressourcenaktivierende Imaginationen anbieten

gegenüber Emotionslosigkeit und intellektueller Abwehr Geduld aufbringen

vorsichtig affektdifferenzierend arbeiten

Paranoide Persönlichkeitsstörung

(F60.0)

Durchgängiges Muster:

ungerechtfertigtes Misstrauen gegenüber anderen Menschen

Neigung, anderen Menschen bösartige Motive zu unterstellen

neutrale oder freundliche Handlungen anderer werden als feindlich missdeutet

Psychodynamik:

Angst vor eigenen destruktiven Impulsen, die projiziert werden

Dissoziale Persönlichkeitsstörung (F60.2)

Durchgängiges Muster:

Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Regeln und Normen

Neigung zu Kriminalität

Neigung zu aggressivem und gewalttätigem Verhalten

oft oberflächlich charmant, aber falsch und unaufrichtig

Empathie-Mangel

Psychodynamik:

Beziehungserfahrung schwerer Gewalterfahrungen und/oder emotionale Vernachlässigung in der Kindheit

Abwehr von wirklicher Liebe und Bindung

Täteridentifikation als Überlebensstrategie

Beziehungsgestaltung bei emotional instabiler Persönlichkeitsstörung

Stimmungswechsel als Ausdruck emotionaler Dysregulation und wechselnder »States« auffassen

autodestruktive und risikoreiche Verhaltensweisen in ihrer regulativen Funktion verstehen und begrenzen

Abwehrfunktion aggressiver und entwertender Reaktionen verstehen

im manipulativen Agieren Bedürfnis nach externer Emotionsregulierung erkennen

zu intensive Näheangebote ebenso wie abrupte Trennungen vermeiden

bei Ärger und Wut Auslöser für Bedrohungsgefühle in der therapeutischen Situation suchen, Kontrolle und Wahlmöglichkeiten einräumen, Erklärungen geben

Der „verletzliche Punkt“: Edukation und Reparatur der Beziehung

unvermittelt heftige emotionale Reaktion zeigen an, dass der „verletzliche Punkt getroffen wurde unerwartete Angriffe, plötzliches Weglaufen aus der

Sitzung

„Umkippen“ der Übertragung

Aussetzen reifer Ich-Funktionen

Edukation edukative Vorbereitung: kein „Gehen auf Eierschalen“

„Reparatur der Beziehung“: empathisches Annehmen des Nicht-Verstehens

Nicht-Verstehen als Ausdruck persönlicher Begrenzung

Edukation zu Persönlichkeitsstörungen

ängstlich-vermeidende Persönlichkeitszüge als Übergenera-lisierung einer ursprünglich sinnvollen Vermeidungshaltung erklären

Anklammerungsneigung abhängiger Persönlichkeiten auf kindliche Verlassenheitsängste zurückführen

Affektübertreibung und Dramatisierung histrionischer Persönlichkeiten als Versuch erklären, sich in der Not Gehör zu verschaffen

paranoide Persönlichkeitszüge als übersteigerte Vorsicht erläutern

Spaltungstendenz der emotional instabilen Persön-lichkeitsstörung mit der Notwendigkeit einer klaren Trennung zwischen »guten« und »schlechten« Beziehungsmustern erklären

Persönlichkeitsspezifisches Stresserleben

Alleingelassenwerden

Autonomieeinschränkung

Identitätsbedrohung

Selbstwert- und Schamregulation

Phase 2:

Emotionsregulierung und

Selbstfürsorge

Selbstwahrnehmung fördern

Kein unmittelbares Handeln, sondern durch Selbstexploration des gegenwärtigen Erlebens

erkennen, dass das aktuelle Erleben nicht die Gegenwart widerspiegelt, sondern einem früheren Zustand zuzuordnen ist

„Sortieren“ des Affekts: Anteile der Gegenwart vs. Anteile der Vergangenheit

Förderung der Affektwahrnehmung und Affektdifferenzierung

Differenzierung von Vergangenheits- und Gegenwartsanteilen undifferenzierter Affektzustände

Imaginatives „Wegpacken“ der Vergangenheitsanteile

Emotionsregulierung: Pendeltechnik

Ausgiebige Aktivierung von Ressourcen-States Positives Erinnerungsbild oder

Imagination Positives Körpergefühl im Wechsel mit

ultrakurzer Aktivierung des negativ-emotionalen Trauma-States Ggf. in Verbindung mit Distanzierungstechniken

(Fine u. Berkowitz 2001; Levine 1998; Reddemann et al. 2011, Knipe 2011)

Emotionsregulierung: Pendeltechnik

Verankerung der Ressourcen-States mit bilateraler Stimulation: 5-6 langsame

Augenbewegungen/Tappings

Langsame Steigerung der Expositionszeit

negativer States

Fine u. Berkowitz 2001; Levine 1998; Reddemann et al.

2011;

Knipe 2011: CIPOS (Constant Installation of of Present

Orientation and Safety)

Förderung der Selbstfürsorge

Arbeit an verinnerlichten Verboten

Bestätigung, dass Selbstfürsorge erlaubt ist

Mahnung, dass Selbstfürsorge geboten ist

Hilfe beim Einüben („was tut Ihnen gut?“)

Konkrete Möglichkeiten selbstfürsorglichen Umgangs nennen

Phase 3:

Mentalisierung und die Entwicklung

stabiler Repräsentanzen

Ich-Funktionsdefizite

Eingeschränkte Fähigkeit zu ...

Impulskontrolle

Kognitive Funktionen, u.a. Mentalisierung

Objektkonstanz

Erzeugung kohärenter Narrative

Lösung interpersoneller Konflikte

Inanspruchnahme von Hilfe

Abgrenzung von schädigenden

Interaktionen

Artikulation eigener Bedürfnisse

Motivation zu konstanter Arbeit

Mentalisierungsfähigkeit fördern

zur Selbstbeobachtung und Reflexions-fähigkeit anleiten

subjektive Bedeutung der Phänomene klären

anregen, Hypothesen zu Befindlichkeiten und Motivationen anderer Menschen zu bilden

anregen, mehrere Perspektiven zu sehen

Aufbau spezifischer Ich-Funktionen mit Hilfe ressourcenaktivierender Techniken

Wie hoch ist die subjektive Belastung durch den aktuellen Stressor? (SUD 1-10).

Welche Fähigkeit/Kompetenz brauchen Sie zur Bewälti-gung des aktuellen Stressors?

Wann in Ihrem Leben stand Ihnen diese Kompetenz einmal zur Verfügung?

Erinnern Sie diese Situation möglichst lebendig. Spüren Sie auch das zugehörige positive Körpergefühl.

Verankerung der Ressourcenerinnerung und des positiven Körpergefühls mittels Stimulationstechniken

Wie hoch ist die subjektive Stressbelastung jetzt?

Perspektive reiferer und unreiferer Persönlichkeitsanteile

... hilft persönlichkeitsgestörte Patienten nicht ausschließlich über den momentan aktualisierten Zustand als Person zu definieren

unter auslösenden Bedingungen Rückgriff auf regressive Erlebens- und Verhaltensmuster

Rettungswünsche und Vernichtungsängste

(Kleinkind)

gezielte Wutreaktionen als „Identifikation mit dem

Aggressor“ (größeres Kind)

Heftige Entwertung und gewaltsame Handlungen

(pubertär, adoleszent)

Perspektive reiferer und unreiferer Persönlichkeitsanteile

Aus ressoucenorientierter Sicht sollen persönlich-keitsgestörte Menschen nicht über ihre unreifen oder destruktiven Persönlichkeitsanteile definiert werden, selbst dann nicht, wenn diese aktuell sehr dominant sind.

Kontextabhängigkeit des Reifenniveaus

Referenzpunkte ist das reifste Organisationsniveau

Verständnis aggressiver Reaktions-muster einzelner Persönlichkeitsanteile

„Stärkere“ Persönlichkeitsanteile („inner leader“) als „Schutzmacht“ jüngerer und verletzlicher Persönlichkeitsanteile

Bestrafen, Beschimpfen und Einschüchtern verletzlicher Persönlichkeitsanteile ein, um sie vor Schädigungen der misshandelnden Bezugspersonen zu bewahren

Arbeit mit dem „Inneren Kind“

Mitarbeit der akzeptierenden und nicht verurteilenden Erwachsenenanteile gewinnen

Mit dem „inneren Kind“ in Kontakt treten Vorsichtige Annäherung an das „Kind“ ressourcenreiche Seiten des

„Kindes“ nutzen Ängste vor den negativen Seiten

„Kindes“ bearbeiten

die erwachsene Person auffordern, dem „Kind“ das zu geben, was es braucht

Phase 4:

Schonende Traumabearbeitung

Interventionen auf der Basis des Modells der adaptiven Informationsverarbeitung

Ziel: Verarbeitung dysfunktionaler Erinnerungen durch Einbindung in funktionale Netzwerke

Voraussetzung: Es müssen genügend funktionale Netzwerke vorhanden sein

Traumaspefische Stabilisierung: Aktivierung funktionaler Netzwerke („Ressourcennetzwerke“)

Traumabearbeitung: Verknüpfung der dysfunktionalen Erinnerungen mit funktionalen Netzwerken

Evidenzbasierte Verfahren zur

Behandlung der PTBS

EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing)

Kognitiv-behaviorale Verfahren

Psychodynamische Therapie (mit eingeschränkter

RCT-Evidenz)

NICE-Guidelines (National Institute of Clinical Excellence 2005),

Australian Guidelines (Australian Centre for Posttraumatic Mental Health 2007)

Deutsche Leitlinie der AWMF

Metaanalysen (Bradley et al. 2005, Seidler u. Wagner 2006, Bisson u. Andrew 2007, Bisson et al. 2007).

Reden über traumatische Erfahrungen?

„Normale“ Informationsverarbeitung mit hoher Stressbelastung

entlastende Wirkung

„Traumatische“ Informationsverarbeitung mit hoher Stressbelastung

Aktivierung weiterer Traumanetzwerke

Verschlechterung

EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) (Shapiro 1989)

Identifikation der traumatischen Szene sowie der zugehörigen stehenden negativen Überzeugung über die eigene Person

Prozessieren der traumatischen Szene durch „bilaterale Stimulation“ Sequenzen von 20-30 seitenalternierenden

Augenbewegungen (oder akustischen bzw. haptischen Reizen) unter Beachtung unter Beachtung des subjektiven Erlebens des Patienten und der Körperempfindungen

Reduktion der subjektiven Stressbelastung der traumatischen Szene

Modifikation der negativen Überzeugungen

EMDR

Ideal bei einfacher PTBS nach Monotraumen bei

prämorbid gesunden Patienten

Beachtung der Indikationskriterien und der

Kontraindikationen

Gefahr der Retraumatisierung bei nicht sachgemäßer

Anwendung, inbes. bei

unzureichender Stabilität des Patienten

schwerer dissoziativer Komorbidität

anhaltendem Täterkontakt mit Traumatisierungs-

risiko

Schonende Traumabearbeitung

Ausgiebige Ressourcenaktivierung im Wechsel mit ultrakurzer Traumaexposition Pendeltechnik (Fine u. Berkowitz 2001; Levine 1998)

CIPOS (Constant Installation of of Present Orientation and Safety) (Knipe 2011)

EMDR im „umgekehrten“ Standardprotokoll (Hofmann

2001)

Beginn mit klar umschriebenen und gut erinnerbaren Traumen oder belastenden Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit

Arbeit mit persönlichkeitsspezifischen Alltagsstressoren

5

Phase 5:

Konfliktorientiertes Arbeiten an

maladaptiven Verhaltensmustern